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Betriebsbedingte Kündigung – Rechtswirksamkeit – Weiterbeschäftigungsanspruch

ArbG Gelsenkirchen – Az.: 2 Ca 953/19 – Urteil vom 27.11.2019

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch schriftliche fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 03.06.2019, zugegangen am 04.06.2019, zum 31.12.2019 nicht aufgelöst wird.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den im Arbeitsvertrag geregelten Arbeitsbedingungen als Kauenwärter bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen.

3. Der Antrag auf Ausschluss der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Weiterbeschäftigungsantrags wird abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

5. Der Streitwert wird auf 15.288,68 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung sowie um den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch.

Der 1968 geborene, verheiratete Kläger, der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, ist seit dem 01.09.1986 bei der Beklagten beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 01.07.1997 heißt es, dass er ab dem 01.07.1997 in der Lohngruppe 273 als Kraftwagenfahrer 1 für Arbeiten im Übertage-Bereich des Bergwerks Q auf unbestimmte Dauer beschäftigt wird und dass der Arbeitgeber berechtigt ist, dem Arbeitnehmer auch andere seinen Fähigkeiten entsprechende Tätigkeiten im Rahmen des Zumutbaren zu übertragen sowie in andere Betriebe des Arbeitgebers zu versetzen. Kraft vertraglicher Bezugnahmeklausel finden auf das Arbeitsverhältnis die zwischen der IGBCE und dem UVR abgeschlossenen Tarifverträge des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus Anwendung. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den vorgelegten Arbeitsvertrag vom 01.07.1997 (Anlage K1, Bl. 8 d. A.) verwiesen.

Aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Sehbehinderung konnte der Kläger die Tätigkeit als Kraftwagenfahrer nicht mehr ausüben. Seitdem ist er als Kauenwärter/Vorarbeiter im Kauenbereich auf dem Bergwerk Q, Schacht 10, tätig. Er wird nach der Lohngruppe 11 vergütet. Ausweislich der Lohnabrechnung für April 2019 (Gesamtbrutto ./. 4 Monate) erhielt der Kläger einen durchschnittlichen Bruttomonatslohn in Höhe von 3.822,17 Euro.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein Bergbauunternehmen, das zum Stand September 2019 rund 2.000 Arbeitnehmer beschäftigte. Mit dem Steinkohlefinanzierungsgesetz vom 20.12.2007 beschloss der Gesetzgeber die Beendigung der subventionierten Förderung der Steinkohle in Deutschland zum Ende des Jahres 2018. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Steinkohlefinanzierungsgesetzes am 15.07.2011 wurde die bis dahin vorgesehene Revisionsklausel gestrichen. Damit stand die Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus zum Jahresende 2018 endgültig fest. Daraufhin schlossen die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat der Beklagten am 30.04.2015 den sog. Gesamtinteressenausgleich NEU, in welchem die Stilllegung der seinerzeit von der Beklagten noch betriebenen zwei Bergwerke, B und Q, beschlossen wurde. Das Bergwerk B wurde zum 31.12.2015 stillgelegt.

Die Beklagte unterhält derzeit noch folgende vier Betriebe, was der Kläger mit Nichtwissen bestreitet: den Betrieb „Servicebereich Belegschaft“, den Betrieb „Servicebereich Technik- und Logistikdienste“ (abgekürzt Betrieb BT), einen Betrieb, in dem per Tarifvertrag der Zentralbereich, der Bereich Standort- und Geodienste und der Servicebereich Kaufmännische Dienste zusammen gefasst sind, und den Betrieb „Bergwerk Q“.

Unter dem 29.01.2019 wurde zwischen dem Vorstand der Beklagten und dem Betriebsrat des Bergwerks Q „in Ergänzung des Gesamtinteressenausgleichs NEU vom 30.04.2015“ ein „Interessenausgleich Stilllegung Bergwerk Q“ geschlossen, der auszugsweise wie folgt lautet:

„2 Ausgangssituation

Der Gesetzgeber hat mit dem Steinkohlefinanzierungsgesetz vom 20.12.2007 die Beendigung der subventionierten Förderung der Steinkohle in Deutschland zum Ende des Jahres 2018 beschlossen; mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Steinkohlefinanzierungsgesetzes vom 15.07.2011 wurde die bis dahin vorgesehene Revisionsklausel gestrichen. Damit war die Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus zum Ende des Jahres 2018 endgültig. Der Aufsichtsrat der S Aktiengesellschaft hat vor diesem Hintergrund am 16.09.2015 den Beschluss gefasst, das Bergwerk Q zum 31.12.2018 stillzulegen.

Dieser Vereinbarung liegt die gemeinsame Hoffnung zugrunde, dass so wenig Arbeitnehmer wie möglich aus betriebsbedingten Gründen in die Arbeitslosigkeit gekündigt werden müssen.

3 Unternehmerische Maßnahme

3.1 Stilllegung des Bergwerks, Nachlaufphase

Das Bergwerk Q wurde zum 31.12.2018 stillgelegt. Die infolge der Stilllegung notwendigen Nacharbeiten (inklusive Vorbereitungsarbeiten für die spätere Durchführung der sogenannten Ewigkeitsarbeiten) werden nach derzeitiger Planung bis etwa 31.12.2019 andauern. Mit der Stilllegung und dem Abschluss der Nacharbeiten entfallen alle Arbeitsplätze im Betrieb Bergwerk Q, so dass alle Arbeitnehmer, die nicht vorher aus dem Betrieb ausscheiden, eine ordentliche betriebsbedingte Beendigungskündigung erhalten. Das gilt auch für die Arbeitnehmer, für die entgegen derzeitiger Annahmen rechtskräftig gerichtlich die Unwirksamkeit einer vereinbarten Befristung und damit das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses festgestellt werden sollte.

3.2 Personalanpassungen

Zur Umsetzung der notwendigen Personalanpassung wird das Unternehmen ordentliche betriebsbedingte Kündigungen soweit möglich ins APG und soweit das wegen Fehlens der Voraussetzungen nicht möglich ist, in den Arbeitsmarkt aussprechen. Das Unternehmen kann die von der Beendigung bedrohten Arbeitsverhältnisse im Einvernehmen mit den Arbeitnehmern auch durch Aufhebungsverträge beenden.

3.3 Vorgehensweise

Die Einzelheiten (insbesondere die Kündigungs- und Beendigungstermine) der sich infolge des notwendigen sukzessiven Rückbaus ergebenden Personalanpassung ergeben sich aus der Stilllegungs- und Nachlaufphasenplanung, die die Betriebsparteien intensiv erörtert haben. Eine Liste aller Arbeitnehmer des Betriebes – inklusive der leitenden Angestellten – ist diesem Interessenausgleich als Anlage 1 beigefügt.

Die Arbeitnehmer, die nach derzeitigem Kenntnisstand APG-berechtigt sind und eine Kündigung ins APG erhalten sollen, sind in der als Anlage 2 beigefügten Liste (Kündigungsliste ins APG) zusammengefasst. Die Arbeitnehmer, die mangels APG-Berechtigung in den Arbeitsmarkt gekündigt werden müssen, sind in der als Anlage 3 beigefügten Liste (Kündigungsliste in den Arbeitsmarkt) zusammengefasst. In der Anlage 4 sind die Arbeitnehmer erfasst, die derzeit gerichtlich geltend machen, dass ihr Arbeitsverhältnis wegen Unwirksamkeit einer vereinbarten Befristung fortbesteht.

4 Rechte des Betriebsrats, Stellungnahme gem. § 17 Abs. 3 KSchG

Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gem. §§ 102ff BetrVG bleiben unberührt. Mit Abschluss dieses Interessenausgleichs ist auch das Konsultationsverfahren nach § 17 KSchG, dessen ordnungsgemäße Durchführung der Betriebsrat hiermit bestätigt, abgeschlossen. Dieser Interessenausgleich ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 KSchG.“

Die von den Betriebsparteien unter dem 29.01.2019 unterzeichnete Anlage 1 des Interessenausgleichs (Liste der Arbeitnehmer) umfasst 27 Seiten und 1.130 Arbeitnehmer, die von den Betriebsparteien unter dem 29.01.2019 unterzeichnete Anlage 2 des Interessenausgleichs (Kündigungsliste ins APG) umfasst 10 Seiten  und 395 Arbeitnehmer, die von den Betriebsparteien unter dem 29.01.2019 unterzeichnete Anlage 3 des Interessenausgleichs (Kündigungsliste in den Arbeitsmarkt) umfasst 7 Seiten und 260 Arbeitnehmer und die von den Betriebsparteien unter dem 29.01.2019 unterzeichnete Anlage 4 des Interessenausgleichs (Liste der Befristungskläger) umfasst 7 Arbeitnehmer.

Für die weiteren Einzelheiten des Interessenausgleichs vom 29.01.2019 nebst Anlagen wird auf diesen (Anlage 2 zum Schriftsatz vom 05.09.2019) Bezug genommen.

Der Kläger befindet sich auf der sog. Kündigungsliste in den Arbeitsmarkt. Er ist nicht APG-berechtigt.

Mit Schreiben vom 11.03.2019 erstattete die Beklagte gegenüber der Agentur für Arbeit Gelsenkirchen, u.a. unter Vorlage einer Stellungnahme des Betriebsrats vom 08.03.2019, eine Massenentlassungsanzeige. Danach werden im Betrieb regelmäßig 1.032 Arbeitnehmer beschäftigt, von denen insgesamt 650 Arbeitnehmer (391 APG-Berechtigte, 254 Nicht-APG-Berechtigte und 5 Entfristungskläger) entlassen werden sollen. In dem Begleitschreiben der Beklagten vom 11.03.2019 heißt es auszugsweise:

„1. Betriebsvereinbarung Freiwilligenprogramm 2019 für das Bergwerk Q

Um die Zahl der am Ende notwendig werdenden betriebsbedingten Kündigungen in den Arbeitsmarkt so gering wie möglich halten zu können, können nicht APG-fähige Mitarbeiter in der Zeit vom 01.02.2019 bis zum 31.03.2019 im Rahmen eines Freiwilligenprogramms zu bestimmten Bedingungen mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden. […] Auf dem Bergwerk Q sind derzeit insgesamt 1.032 Arbeitnehmer (ohne Entfristungskläger – siehe unten) zzgl. 260 Leiharbeitnehmer beschäftigt. […]

2. Interessenausgleichs und Sozialplan für das Bergwerk Q

[…]

Zur Umsetzung der trotz des Freiwilligenprogramms ggf. noch erforderlichen Personalanpassung wird die S betriebsbedingte Kündigungen unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfristen ins APG und, soweit das wegen Fehlens der Voraussetzungen nicht möglich ist, in den Arbeitsmarkt aussprechen. Alle Mitarbeiter des Betriebs Bergwerk Q, gleich ob sie ins APG oder in den Arbeitsmarkt gekündigt werden müssen, erhalten eine Kündigung bis zum Jahresende, so sie nicht zuvor aus anderen Gründen ausscheiden. Daher ist eine Sozialauswahl nicht erforderlich.

Die Betriebspartner haben im Rahmen des Sozialplans die Einrichtung einer Transfergesellschaft vereinbart. Daher können die nicht APG-fähigen Mitarbeiter, die nicht im Rahmen des Freiwilligenprogramms ausscheiden, eine betriebsbedingte Kündigung noch durch einen Wechsel in die Transfergesellschaft abwenden. Der dazu erforderliche dreiseitige Vertrag kann nur in der Zeit vom 15.03.2019 bis 15.04.2019 abgeschlossen werden. Daher wird erst am 16.04.2019 feststehen, welche Mitarbeiter von diesen Möglichkeiten keinen Gebrauch gemacht haben und deshalb eine betriebsbedingte Kündigung in den Arbeitsmarkt erhalten müssen. Es ist beabsichtigt, diese Kündigungen im Juni 2019 auszusprechen. […]

3. Gesamtanzahl bevorstehender Entlassungen

Da wir angesichts der verschiedenen Optionen, die den Mitarbeitern von den Betriebspartnern angeboten werden, […], nicht vorhersehen können, wie viele Mitarbeiter sich für jeweils welche Option entscheiden, müssen wir für die Erstattung der Massenentlassungsanzeige davon ausgehen, dass theoretisch alle nicht APG-fähigen Arbeitnehmer entweder vom Freiwilligenprogramm Gebrauch machen oder in die Transfergesellschaft wechseln. […] Die Mitarbeiter, die weder das eine noch das andere möchten, werden im Juni betriebsbedingt zum 31.12.2019 gekündigt. Hinzu kommen noch fünf ehemals befristet beschäftigte Mitarbeiter, deren Arbeitsvertrag aufgrund des Ablaufs der Befristung beendet ist. Da diese Mitarbeiter jedoch gegen die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses Klage erhoben haben, steht noch nicht rechtskräftig fest, dass diese Arbeitsverhältnisse beendet sind. Diesen Mitarbeitern werden wir – vorsorglich – eine betriebsbedingte Kündigung in den Arbeitsmarkt zum 31.12.2019 aussprechen. Wie bereits oben erwähnt, werden alle APG-fähigen Mitarbeiter des Bergwerks ebenfalls bis zum Ende des Jahres eine betriebsbedingte Kündigung ins APG erhalten. Das ergibt, wie den Anlagen D bis F dieses Schreibens zu entnehmen ist, eine Gesamtzahl von 650 Entlassungen, die anzuzeigen sind.

Für die weiteren Einzelheiten der Massenentlassungsanzeige wird auf diese nebst Anlagen (Anlage 4 zum Schriftsatz vom 05.09.2019) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 11.03.2019 (Anlage 5 zum Schriftsatz vom 05.09.2019) bestätigte die Agentur für Arbeit Gelsenkirchen, dass die Massenentlassungsanzeige vom 11.03.2019 vollständig eingegangen sei.

Mit Schreiben vom 10.04.2019 (Anlage 6 zum Schriftsatz vom 05.09.2019) wurde die Vertrauensperson der Schwerbehinderten über die beabsichtigte Kündigung des Klägers zum 31.12.2019 informiert. Diese gab unter dem 16.04.2019 eine abschließende Stellungnahme ab. Mit Schreiben vom 17.04.2019 (Anlage 7 zum Schriftsatz vom 05.09.2019) teilte die Beklagte der Vertrauensperson der Schwerbehinderten mit, dass die beabsichtigte Kündigung nun ausgesprochen werde.

Ebenfalls mit Schreiben vom 10.04.2019 (Anlage 8 zum Schriftsatz vom 05.09.2019), auf welches für die Einzelheiten verwiesen wird, hörte die Beklagten den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung des Klägers zum 31.12.2019 an. Ausweislich der Betriebsratsanhörung machten 41 Nicht-APG-Berechtigte von dem Freiwilligenprogramm Gebrauch und wechselte ein Nicht-APG-Berechtigter in die Transfergesellschaft, so dass 213 Nicht-APG-Berechtigte zum 31.12.2019 gekündigt werden sollten. Unter dem 16.04.2019 teilte der Betriebsrat mit, keine Einwendungen gegen die Kündigung des Klägers zu erheben.

Auf den Antrag der Beklagten vom 23.04.2019 hin erteilte das Inklusionsamt mit Bescheid vom 21.05.2019 (Anlage 9 zum Schriftsatz vom 05.09.2019) die Zustimmung zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.

Mit Schreiben vom 03.06.2019, dem Kläger am 04.06.2019 zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2019 als dem tarifvertraglich nächst zulässigen Termin.

Auf dem Bergwerk Q gibt es die Schächte Q 1 und Q 2 sowie die Schächte 9 und 10. Die Schächte 9 und 10 werden derzeit verfüllt, die übrigen Schächte sind noch offen.

Mit seiner am 12.06.2019 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 24.06.2019 zugestellten Klage wendet sich der Kläger gegen die Rechtswirksamkeit der Kündigung vom 03.06.2019 und begehrt seine Weiterbeschäftigung.

Der Kläger macht geltend, dass die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt sei. Es sei weder jetzt noch im Kündigungszeitpunkt nachvollziehbar, dass sein Arbeitsplatz zum 31.12.2019 wegfallen solle. Die Kaue bleibe bestehen und werde trotz der Verfüllung der Schächte weiterhin benötigt. Als Kauenwärter sei er auch nicht im engeren Sinne mit Nacharbeiten beschäftigt. Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb die Nacharbeiten zum 31.12.2019 abgeschlossen sein sollen. Der Vortrag der Beklagten hierzu sei unsubstantiiert. Der Beklagten müssten Pläne vorliegen und es frage sich, warum die Beklagte diese nicht vorlege. Von einer Stilllegung des Bergwerks könne erst mit dem Abschluss der Nacharbeiten gesprochen werden. Bei den Nacharbeiten handele es sich mit Ausnahme der Abfallentsorgung nicht um bloße Abwicklungsarbeiten. Es sei auch fraglich sei, ob ein Bergwerk überhaupt stillgelegt werden könne, da stets eine Bewetterung und Maßnahmen zur Wasserhaltung notwendig seien. Zudem sollen nach seinem Kenntnisstand 10 bis 11 Standorte zu Brunnenstandorten umgebaut werden; dafür würden auch Mitarbeiter benötigt, für die wiederum eine Kaue und ein Warenlager benötigt werde. Der Kläger macht weiter geltend, dass Mitarbeiter in der Anpassungsphase noch beschäftigt würden, manche bis Ende 2020, manche bis Ende 2021.

Dass es sich bei den von der Beklagten genannten vier Bereichen ihres Unternehmens „Servicebereich Belegschaft“, „Servicebereich Technik- und Logistikdienste“, „Betrieb mit Zentralbereich, Standort- und Geodienste und Servicebereich kaufmännische Dienste“ und „Bergwerk Q“ um eigenständige Betriebe handele, bestreitet der Kläger mit Nichtwissen. Er macht geltend, dass es sich nur um Betriebsteile oder um einen gemeinsamen Betrieb handele. Zumindest stillschweigend seien sie rechtlich verbunden und es gebe einen einheitlichen Leitungsapparat. Zudem dienten offenbar alle Betriebe einem Zweck, nämlich der Durchführung der Ewigkeitsarbeiten.

Des Weiteren macht der Kläger geltend, dass sich die Frage stelle, weshalb die Beklagte eigenen Arbeitnehmern kündige, aber noch Leiharbeitnehmer beschäftige. Zudem sei er, der Kläger, auch bei der Ausgabe im Warenlager oder als Lagerarbeiter, als Pförtner und in anderen Betrieben einsetzbar. Das Warenlager werde auch weiterhin benötigt. Es würden auch Mitarbeiter im Bereich der Wasserhaltung gesucht; dort seien auch Arbeitnehmer von Fremdfirmen im Einsatz.

Zudem ist der Kläger der Auffassung, dass eine Sozialauswahl erforderlich gewesen sei und die Mitarbeiter in den anderen Betrieben zu berücksichtigen seien.

Letztlich bestreitet der Kläger die ordnungsgemäße Durchführung des Konsultationsverfahrens, die ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige, die ordnungsgemäße Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung sowie die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats mit Nichtwissen.

Der Kläger beantragt zuletzt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch schriftliche fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 03.06.2019, zugegangen am 04.06.2019, zum 31.12.2019 nicht aufgelöst wird und

2. für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den im Arbeitsvertrag geregelten Arbeitsbedingungen als Kauenwärter bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen und hilfsweise die vorläufige Vollstreckbarkeit bezüglich des Weiterbeschäftigungsantrags auszuschließen.

Die Beklagte beruft sich auf den Interessenausgleich mit Namensliste und die Vermutungswirkung des § 1 Absatz 5 KSchG. Der Umstand, dass in den drei im Interessenausgleich genannten Namenslisten weniger zu kündigende Arbeitnehmer genannt seien als im Betrieb beschäftigt wurden, erkläre sich damit, dass für die nicht in den Namenslisten genannten Arbeitnehmer bereits Ausscheidenstatbestände spätestens zum 31.12.2019 gegeben gewesen seien. Dies erkläre sich mit vorangegangenen Kündigungen oder einer Verlegung in den Betrieb „Servicebereich Technik- und Logistikdienste“. So habe es schon in den Jahren 2017 und 2018 Kündigungen ins APG gegeben. Die noch zu kündigenden Arbeitnehmer seien vollständig auf die drei Namenslisten aufgeteilt worden.

Die Beklagte behauptet, dass am 14.09.2018 die letzte Kohleförderung stattgefunden habe, ab dem 15.09.2018 mit den Nacharbeiten zum Rauben des Bergwerks (Ausräumen von Anlagen, Betriebsstoffen, Rohrleitungen etc, Abdämmung der Grubenfelder, Entsorgung der Abfälle, Bewetterung des Grubengebäudes während der Abschlussarbeiten, Umsetzung von Maßnahmen zur Sicherung vorhandener Wasserwege) begonnen worden sei und am 21.12.2018 symbolisch das letzte Stück Kohle präsentiert worden sei. Die Strecke von 95,7 km unter Tage zum Stand 01.11.2018 werde sich zum 31.12.2019 auf rund 8 km verkleinern. Der Betrieb des Bergwerks Q sei bereits im Jahr 2018 stillgelegt worden; entscheidend für eine Betriebsstilllegung sei die Aufgabe des Betriebszwecks. Die Nacharbeiten würden spätestens zum Jahresende 2019 beendet sein. Ab da existiere der Betrieb des Bergwerks nicht mehr. Mit dem Ende der Nacharbeiten sei die Stilllegung abgewickelt. Aufräumarbeiten würden an der Betriebsstilllegung auch nichts ändern. Der Kläger verkenne den arbeitsrechtlichen Stilllegungsbegriff. Nach der Beendigung einer Produktion würden immer abzuwickelnde oder gegen Gefahren abzusichernde Liegenschaften verbleiben. Nur weil in anderen Betrieben auch nach der Stilllegung des Bergwerks noch „Arbeit“ zu tun sei, die ggf. auch im Kontext der vormaligen Förderung/Produktionstätigkeit stehe, bedeute dies nicht, dass das Bergwerk nicht stillgelegt sei. Für Tätigkeiten wie beispielsweise die Wasserhaltung, die Bergschadensregulierung und die Betriebsrentenabrechnung gebe es in ihrem Unternehmen bestimmte Organisationseinheiten, die zuständig seien. Infolge der Stilllegung entfalle der Arbeitsplatz des Klägers. Das Fehlen von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten werde nach § 1 Absatz 5 KSchG vermutet; zudem habe der Kläger nicht konkret zu Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten vorgetragen. Am Schacht 10 werde es spätestens ab dem 31.12.2019 keine Kaue mehr geben. Am 22.10.2019 seien – was unstreitig ist – die Förderseile und der Förderkorb in den Revieren 373 und 230 geraubt worden. Eine Seilfahrt sei an Schacht 10 – unstreitig – aktuell nicht mehr möglich. Kauen würden nur für heutige oder spätere Arbeiten, die von anderen Betrieben ihres Unternehmens im Rahmen der (dann) Ewigkeitsarbeiten erfolgten, noch benötigt.

Die Schächte Q 1 und 2 würden nur aus Gründen der Gefahrenabwehr bis zur endgültigen Genehmigung des Wasserhaltungskonzepts offen bleiben und nach erfolgter Genehmigung verfüllt. Dafür sei der Betrieb Servicebereich Technik- und Logistikdienste zuständig, der diese Aufgaben schon für andere Bergwerke übernommen habe und ab dem 01.01.2020 auch für Q übernehmen werde. Q sei kein Wasserhaltungsstandort für die Ewigkeit.

Die Beklagte führt weiter an, dass es sich bei den Bereichen „Servicebereich Belegschaft“, „Servicebereich Technik- und Logistikdienste“, „Betrieb mit Zentralbereich, Standort- und Geodienste und Servicebereich kaufmännische Dienste“ und „Bergwerk Q“ um eigenständige Betriebe handele. Die Behauptung des Klägers, es handele sich um einen einzigen Betrieb sei unsubstantiiert und unsinnig. Dem Kläger sei bekannt, dass es sich bei dem Bergwerk Q um einen eigenen Betrieb mit eigenem Betriebsrat handele.

Eine Sozialauswahl sei nicht erforderlich gewesen. Zudem obliege es dem Kläger, eine grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl darzulegen.

Die Beklagte behauptet weiter, dass sie den Betriebsrat am 15.01.2019 ausführlich mündlich über die Betriebsstillegung informiert habe und unter dem 23.01.2019 nochmals schriftlich mit den Inhalten nach § 17 Absatz 2 KSchG, was der Kläger mit Nichtwissen bestreitet. Am 25.01.2019 hätten die Betriebsparteien über die Gründe für die Entlassungen, die Möglichkeiten der Verhinderung der Entlassungen und eine Milderung der Folgen verhandelt, was der Kläger mit Nichtwissen bestreitet. Mit dem Abschluss des Interessenausgleichs am 29.01.2019 seien das Konsultationsverfahren und die Interessenausgleichsverhandlungen ordnungsgemäß abgeschlossen worden, was der Betriebsrat nochmal mit Schreiben vom 08.03.2019 bestätigt habe.

Ein Weiterbeschäftigungsanspruch sei nicht gegeben. Zum einen sei die Kündigung wirksam. Zum anderen sei eine Weiterbeschäftigung des Klägers unmöglich. Freie Arbeitsplätze für den Kläger gebe es auch in anderen Betrieben ihres Unternehmens nicht. Soweit in anderen Betrieben ab dem 01.01.2020 noch Leiharbeitnehmer beschäftigt würden, so handele es sich um hochqualifizierte Spezialisten wie Hydrogeologen und IT-Spezialisten. Eine Materialausgabe gebe es nach dem 31.12.2019 auf Q nicht mehr. Der Betrieb „Servicebereich Technik- und Logistikdienste“ verfüge über kein vergleichbares Materialausgabezentrum. Dort sei und werde auch kein geeigneter Arbeitsplatz für den Kläger frei. Es gebe dort vielmehr einen Personalüberhang. Gleiches gelte für die Wasserhaltung und die Kauen in anderen Betrieben. Auch in anderen Betrieben würde im Kauenbereich Personal abgebaut.

Jedenfalls sei ihr eine Weiterbeschäftigung des Klägers unzumutbar. Der konkrete Arbeitsplatz des Klägers existiere nicht mehr, das Bergwerk habe seine Betriebstätigkeit eingestellt, die Stilllegung sei mit dem Rückbau und Rauben unumkehrbar, die Steinkohleförderung sei seit dem 31.12.2018 untersagt und der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass für ihn ein Arbeitsplatz erst geschaffen werde. Zudem wolle der Kläger mit seinem Weiterbeschäftigungsantrag die Beschäftigung auf einer einzigen bestimmten Stelle festschreiben lassen; darauf habe er aber nach § 106 GewO keinen Anspruch.

Hilfsweise sei die vorläufige Vollstreckbarkeit bezüglich des Weiterbeschäftigungsanspruchs auszuschließen. Die Weiterbeschäftigung brächte ihr einen nicht zu ersetzenden Nachteil, da der Kläger nicht wertschöpfend einsetzbar sei und alle Arbeitsplätze in anderen Betrieben besetzt seien. Etwaige Ergebnisse einer Weiterbeschäftigung des Klägers wären für sie belastend.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsprotokolle verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der Antrag der Beklagten auf Ausschluss der vorläufigen Vollstreckbarkeit ist unbegründet.

I.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird durch die Kündigung vom 03.06.2019 nicht beendet. Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger als Kauenwärter bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag weiter zu beschäftigen.

1.1

Die Kündigung gilt nicht bereits gemäß § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Der Kläger hat die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung rechtzeitig geltend gemacht. Er hat die dreiwöchige Klagefrist nach § 4 Satz 1 KSchG gewahrt. Die Kündigung ist dem Kläger am 04.06.2019 zugegangen. Die Kündigungsschutzklage des Klägers ging am 12.06.2019 bei Gericht ein und wurde der Beklagten am 24.06.2019 – und damit demnächst im Sinne von § 167 ZPO – zugestellt.

1.2

Die Rechtswirksamkeit der Kündigung beurteilt sich nach den Vorschriften des KSchG. Der Kläger war, als ihm die Kündigung zuging, bereits weit länger als sechs Monate für die Beklagte tätig, § 1 Absatz 1 KSchG. Die Beklagte beschäftigte in ihrem Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer vollzeitig, § 23 Absatz 1 Satz 2 KSchG.

Die Kündigung vom 03.06.2019 ist nicht gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Auf die Vermutungswirkung des § 1 Absatz 5 KSchG kann sich die Beklagte nicht berufen.

1.2.1

Nach § 1 Absatz 2 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung unter anderem dann sozial gerechtfertigt, wenn dringende betriebliche Erfordernisse der Weiterbeschäftigung des zu kündigenden Arbeitnehmers entgegenstehen und der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt hat.

Betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung liegen vor, falls aufgrund betrieblicher Ursachen ein Überhang an Arbeitskräften entsteht und dadurch das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG können sich betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung aus innerbetrieblichen Umständen oder durch außerbetriebliche Gründe ergeben (vgl. u. a. BAG, Urteil vom 07.12.1978, Az. 2 AZR 155/77; BAG, Urteil vom 20.02.1986, Az. 2 AZR 212/85; BAG, Urteil vom 17.06.1999, Az. 2 AZR 141/99). Innerbetriebliche Umstände sind beispielsweise Rationalisierungsmaßnahmen, Produktionseinschränkungen oder Produktionsumstellungen. Diese Umstände beruhen auf einer Organisationsentscheidung des Arbeitgebers, die als freie Unternehmerentscheidung vom Arbeitsgericht grundsätzlich hinzunehmen ist und nur auf Unsachlichkeit oder Willkür hin überprüft werden kann (BAG, Urteil vom 26.09.2002, NZA, 2003, 549, 550; BAG, Urteil vom 30.06.2002, NZA 2003, 608, 609). Außerbetriebliche Gründe, wie beispielsweise Umsatzrückgang oder Auftragsrückgang, können eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn dadurch der Arbeitsanfall so weit zurückgeht, dass für einen oder mehrere Arbeitnehmer das Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung entfällt; der Umsatz bzw. Auftragsrückgang muss unmittelbar zur Verringerung der Arbeitsmenge führen (BAG, Urteil vom 15.06.1989, AP Nr. 45 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Im Übrigen ist vom Gericht lediglich nachzuprüfen, ob eine unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt und durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG, Urteil vom 17.06.1999, Az. 2 AZR 522/98 m.w.N.).

Die betrieblichen Erfordernisse müssen „dringend“ sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig machen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, der betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet als durch eine Kündigung zu entsprechen. Die Kündigung muss wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein (BAG, Urteil vom 17.06.1999, Az. 2 AZR 141/99; BAG, Urteil vom 26.09.2002, Az. 2 AZR 636/01). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist der Zugang der Kündigungserklärung. Zu diesem Zeitpunkt muss mit dem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu rechnen sein. Für die insoweit aufzustellende Prognose kommt es darauf an, ob die betrieblichen Umstände bei Zugang der Kündigung greifbare Formen angenommen haben, so dass bei einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Betrachtung zu erwarten ist, zum Zeitpunkt des Kündigungstermins werde ein Ereignis eintreten, das die Entlassung erforderlich macht (BAG, Urteil vom 12.04.2002, NZA 2002, 1205, 1206 zu innerbetrieblichen Umständen; BAG, Urteil vom 13.06.2002, NZA 2003, 608, 610 zu außerbetrieblichen Gründen).

Die Stilllegung des gesamten Betriebs durch den Arbeitgeber gehört zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 1 KSchG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung darstellen können (st. Rspr., vgl. BAG, NZA 2009, 1267). Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszwecks dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen. Mit der Stilllegung des gesamten Betriebs entfallen alle Beschäftigungsmöglichkeiten. Der Arbeitgeber ist aber nicht gehalten, eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Neben der Kündigung wegen erfolgter Stilllegung kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht. Erforderlich ist dazu aber, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb endgültig und nicht nur vorübergehend stillzulegen (vgl. BAG, NZA 2007, 1431). Der Ernsthaftigkeit der Stilllegungsabsicht steht dabei nicht entgegen, dass sich der Arbeitgeber entschlossen hat, die gekündigten Arbeitnehmer in der jeweiligen Kündigungsfrist noch für die Abarbeitung vorhandener Aufträge einzusetzen. Der Arbeitgeber erfüllt damit gegenüber den tatsächlich eingesetzten Arbeitnehmern lediglich seine auch im gekündigten Arbeitsverhältnis bestehende Beschäftigungspflicht (vgl. BAG, AP KSchG 1969 § 17 Nr. 28). Die geplanten Maßnahmen müssen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits „greifbare Formen“ angenommen haben. Diese liegen vor, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung auf Grund einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Betrachtung davon auszugehen ist, bis zum Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfrist werde mit einiger Sicherheit der Eintritt eines die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes, d. h. die Stilllegung, gegeben sein. Von einer Stilllegung kann jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Miet- oder Pachtverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen darf, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt (vgl. BAG, NZA 2011, 1143).

Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für die dringenden betrieblichen Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen. Beruft sich der Arbeitgeber auf den betriebsbedingten Kündigungsgrund der Stilllegung, so ist, wenn das Vorliegen eines Stilllegungsentschlusses im Kündigungszeitpunkt bestritten wird, der Arbeitgeber daher grundsätzlich verpflichtet, substanziiert darzulegen, dass und zu welchem Zeitpunkt er diejenigen organisatorischen Maßnahmen, die sich rechtlich als Betriebsstilllegung darstellen, geplant und beschlossen hat. Über diese Entschlussfassung hinaus muss der Arbeitgeber substanziiert vortragen, dass auch die geplanten Maßnahmen selbst im Kündigungszeitpunkt bereits greifbare Formen angenommen hatten. Der Umfang der Darlegungslast hängt dabei auch davon ab, wie sich der gekündigte Arbeitnehmer auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung der Kündigung einlässt (vgl. BAG, NJW 1981, 1686).

Sind bei einer Kündigung aufgrund einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird jedoch gemäß § 1 Absatz 5 KSchG vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse nach § 1 Absatz 2 KSchG bedingt ist und kann die Sozialauswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit geprüft werden. Der Arbeitgeber ist insoweit für das Vorliegen einer Betriebsänderung, die Kausalität der Betriebsänderung für die Kündigung und den rechtswirksamen Abschluss eines Interessenausgleichs mit Namensliste darlegungs- und beweispflichtig (BAG, Urteil vom 26.03.2009, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 19). Dabei reicht es für das Eingreifen der Vermutungswirkung des § 1 Absatz 5 KSchG nicht aus, dass lediglich über Teile eines geplanten Stellenabbaus ein Interessenausgleich mit Namensliste zustande kommt. Arbeitgeber und Betriebsrat müssen sich vielmehr über die gesamte geplante Betriebsänderung in einem Interessenausgleich verständigen (BAG, Urteil vom 17.03.2016, Az. 2 AZR 182/15, NZA 2016, 1072). Regelmäßig wird nur aus einer die unternehmerische Entscheidung insgesamt erfassenden Liste deutlich, wie sich die dem Interessenausgleich zugrunde liegende Betriebsänderung aus Sicht der Betriebsparteien auf die konkreten Beschäftigungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer im Betrieb insgesamt auswirkt, welche Arbeitnehmer unter Beachtung sozialer Auswahlgesichtspunkte gekündigt werden müssen und welche nicht und ob die Betriebsparteien bei der sozialen Auswahl ein von ihnen zugrunde gelegtes System, vor allem was die Bildung von Vergleichsgruppen anbelangt, durchgängig eingehalten haben (BAG, Urteil vom 26.03.2009, Az. 2 AZR 296/07, juris, Rn. 35).

1.2.2

Nach diesen Grundsätzen ist die Kündigung vorliegend nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt.

(1)

Die Beklagte kann sich nicht auf die Vermutungswirkung des § 1 Absatz 5 KSchG berufen.

Vorauszuschicken ist, dass davon auszugehen ist, dass es sich bei dem Bergwerk Q, für das ein eigenständiger Betriebsrat gebildet wurde, mangels anderweitigen substantiierten Vortrags des Klägers um einen eigenständigen Betrieb i. S. d. KSchG handelt.

Gegenstand des Interessenausgleichs vom 29.01.2019 ist die Stilllegung des Betriebs des Bergwerks Q und der Abschluss der Nacharbeiten (inklusive Vorbereitungsarbeiten für die spätere Durchführung der sogenannten Ewigkeitsarbeiten), wodurch alle Arbeitsplätze im Betrieb Bergwerk Q entfallen sollen. Allen Arbeitnehmern des Betriebs, die nicht vorher aus dem Betrieb ausscheiden, soll daher gekündigt werden.

Die Steinkohleförderung wurde bereits zum 31.12.2018 eingestellt. Dies führte jedoch noch nicht zu einem Wegfall der Arbeitsplätze auf dem Bergwerk Q. Auch der Kläger ist trotz Einstellung der Steinkohleförderung vor fast einem Jahr noch weiterhin als Kauenwärter tätig. Erst mit dem Abschluss der Nacharbeiten sollen auch ausweislich des Interessenausgleichs vom 29.01.2019 alle Arbeitsplätze auf Q wegfallen. Allerdings sind nicht alle im Betrieb Bergwerk Q beschäftigten Arbeitnehmer auf einer der drei Namenslisten genannt, sondern nur 662 von 1.130 Arbeitnehmern. Über 40% der auf dem Bergwerk Q beschäftigten Arbeitnehmer, nämlich 468, stehen somit nicht auf den Namenslisten. Diese sollen offenbar ausweislich des Interessenausgleichs vom 29.01.2019 „vorher aus dem Betrieb ausscheiden“. Nach dem Vorbringen der Beklagten soll dies darauf zurückzuführen sein, dass für diese bereits ein Ausscheiden aus dem Betrieb spätestens zum 31.12.2019 aufgrund vorangegangener Kündigungen oder einer Verlegung in den Betrieb „Servicebereich Technik- und Logistikdienste“ festgestanden habe. Konkrete Angaben hierzu fehlen. Wenn aber unstreitig Aufgaben, die zuvor vom Bergwerk Q ausgeführt wurden, ab dem 01.01.2020 auf einen anderen Betrieb der Beklagten, den Betrieb „Servicebereich Technik- und Logistikdienste“, verlagert werden und Arbeitnehmer vom Bergwerk Q in den Betrieb „Servicebereich Technik-und Logistikdienste“ verlegt werden, ist dies ein wesentlicher Aspekt der Betriebsänderung. Anders als bei einer vollständigen Betriebsstilllegung werden in diesem Fall nicht die Arbeitsverhältnisse aller Arbeitnehmer beendet, sondern teilweise auf einen anderen Betrieb übertragen. Es ist nicht zulässig, einen Teil der Arbeitnehmer des einen, einzustellenden Betriebs in einen anderen Betrieb zu versetzen, und die restlichen Arbeitnehmer ohne Durchführung einer Sozialauswahl wegen Betriebsstilllegung zu kündigen (vgl. BAG, Urteil vom 21.05.2005, Az. 8 AZR 409/13, juris, Rn. 58). Die unternehmerische Entscheidung ist daher mit den vorliegenden drei Namenslisten nicht vollständig abgebildet.

Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, dass auch den APG-berechtigten Arbeitnehmern des Betriebs Bergwerk Q zum 31.12.2019 gekündigt worden wäre. Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Klägers werden APG-berechtigte Arbeitnehmer noch bis Ende 2020 oder Ende 2021 beschäftigt. Zwar wurde die Entlassung auch der APG-berechtigten Arbeitnehmer gegenüber der Arbeitsagentur angezeigt, allerdings heißt es dort nur bezüglich der Nicht-APG-berechtigten Arbeitnehmer, dass diese im Juni 2019 zum 31.12.2019 gekündigt werden sollen. Bezüglich der APG-berechtigten Arbeitnehmer heißt es hingegen in der Massenentlassungsanzeige lediglich unkonkret, dass diese eine Kündigung bis zum Jahresende erhalten sollen, worunter auch eine erst im Dezember 2019 auszusprechende Kündigung zu einem weiter in der Zukunft liegenden Termin fallen würde. Auch in der Betriebsratsanhörung heißt es nur allgemein, dass auch alle noch auf dem Bergwerk befindlichen APG-fähigen und KAL-fähigen Arbeitnehmer, gekündigt werden, sofern sie nicht vorher aus dem Betrieb ausscheiden.

Nach alledem ist die konkrete Betriebsänderung und deren Kausalität für die Entlassung des Klägers nicht hinreichend erkennbar und wird die der Kündigung zu Grunde liegende Betriebsänderung von dem Interessenausgleich mit Namensliste vom 29.01.2019 nicht vollständig erfasst.

Die Vermutungswirkung des § 1 Absatz 5 KSchG greift daher vorliegend nicht ein.

(2)

Umstände, die dringende betriebliche Erfordernisse zur Kündigung im Sinne von § 1 Absatz 2 KSchG darstellen könnten, sind von der Beklagten nicht hinreichend substantiiert dargelegt worden. Es ist nicht ersichtlich, dass im Kündigungszeitpunkt die Prognose gerechtfertigt gewesen wäre, dass der Arbeitsplatz des Klägers spätestens zum 31.12.2019 wegfallen werde.

Zwar wird unstreitig seit Ende 2018 keine Steinkohle mehr auf dem Bergwerk Q gefördert. Allerdings führte dies allein auch nach dem Vortrag der Beklagten noch nicht zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeiten. Vielmehr sind umfangreiche Nacharbeiten erforderlich. Weshalb diese nach der Prognose im Kündigungszeitpunkt spätestens zum 31.12.2019 abgeschlossen sein sollen, hat die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Sie behauptet diesen Umstand lediglich pauschal und verweist auf die unstreitig derzeit laufende Verfüllung der Schächte 9 und 10 und den Abbau des Förderkorbs/-seils an Schacht 10. Dies genügt nicht, um den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers im Unternehmen der Beklagten darzulegen, zumal auch künftig unstreitig – in anderen Betrieben – noch Kauenwärter benötigt werden und auch die Schächte 1 und 2 jedenfalls bis zu einer noch nicht absehbaren Genehmigung der Wasserhaltung offen gehalten werden. Es hätte der Beklagten oblegen, die im Interessenausgleich pauschal in Bezug genommene Stilllegungs- und Nachlaufphasenplanung konkret darzulegen und so zu verdeutlichen, aufgrund welcher Umstände der Beschäftigungsbedarf für den Kläger in ihrem Unternehmen, ausgehend vom Kündigungszeitpunkt, spätestens zum 31.12.2019 entfallen soll. Der Verweis darauf, dass es im Kauenbereich einen Personalüberhang gebe und das Materialausgabezentrum im Betrieb „Servicebereich Technik- und Logistikdienste“ nicht mit dem des Bergwerks Q vergleichbar sei und auch dort ein Personalüberhang gegeben sei, genügt insofern nicht.

(3)

Des Weiteren erschließt sich angesichts des Umstands, dass nicht allen Arbeitnehmern des Betriebs Bergwerk Q spätestens zum 31.12.2019 gekündigt wurde, sondern insbesondere auch Arbeitnehmer in den Betrieb „Servicebereich Technik- und Logistikdienst“ verlegt wurden/werden, nicht, weshalb eine Sozialauswahl entbehrlich gewesen sein sollte.

Wurde entgegen § 1 Absatz 3 KSchG keine Sozialauswahl vorgenommen, so spricht eine vom Arbeitgeber auszuräumende tatsächliche Vermutung dafür, dass die Auswahl auch im Ergebnis sozialwidrig ist (vgl. BAG, Urteil vom 20.09.2012, Az. 6 AZR 483/11, juris). Entsprechendes Vorbringen der Beklagten ist nicht erfolgt.

(4)

Ob die Kündigung aus weiteren Gründen rechtsunwirksam ist, kann daher dahinstehen.

2.

Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag als Kauenwärter weiter zu beschäftigen.

2.1

Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, seinen Arbeitnehmer vertragsgemäß zu beschäftigten, wenn er dies verlangt. Der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers ist aus §§ 611, 613 BGB in Verbindung mit § 242 BGB abzuleiten. Die Generalklausel des § 242 BGB wird dabei durch die Wertentscheidung der Artikel 1 und 2 Grundgesetz ausgefüllt (BAG, Großer Senat, Beschluss vom 27.02.1995, Az. GS 1/84, juris).

Da der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch aus einer sich aus Treu und Glauben ergebenden Pflicht des Arbeitgebers herzuleiten ist, muss er allerdings dort zurücktreten, wo überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Der Arbeitgeber ist nach Treu und Glauben nicht verpflichtet, die Interessen des Arbeitnehmers ohne Rücksicht auf eigene überwiegende und schutzwerte Interessen zu fördern. Deshalb bedarf es, wenn der Arbeitgeber die Beschäftigung des Arbeitnehmers ablehnt, einer Abwägung der beiderseitigen Interessen zur Feststellung, ob das Interesse des Arbeitgebers an einer Nichtbeschäftigung schutzwürdig ist und überwiegt (BAG, Großer Senat, Beschluss vom 27.02.1995, Az. GS 1/84). Liegt – wie hier – ein instanzabschließendes Urteil vor, das die Unwirksamkeit der Kündigung feststellt, überwiegt in der Regel das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers das Interesse des Arbeitgebers an einer Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers (BAG, Großer Senat, Beschluss vom 27.02.1995, Az. GS 1/84; vgl. auch LAG Hamm, Urteil vom 18.02.2011, Az. 10 Sa 2006/10, juris). Dies gilt nur dann nicht, wenn besondere bzw. zusätzliche Umstände vorliegen, aus denen sich im Einzelfall ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers ergibt, den Arbeitnehmer nicht zu beschäftigen (BAG, Großer Senat, Beschluss vom 27.02.1995, Az. GS 1/84).

2.2

Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers zu bejahen.

Die Kündigung vom 03.06.2019 ist – wie ausgeführt – unwirksam. Eine weitere Kündigung wurde von der Beklagten bislang nicht erklärt.

Dem daher grundsätzlich bestehenden Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers stehen überwiegende Interessen der Beklagten nicht entgegen.

Insbesondere ist der Beklagten eine Weiterbeschäftigung des Klägers nicht wegen Wegfall des Arbeitsplatzes unmöglich. Hierzu fehlt es – wie dargelegt – schon an einem substantiierten Vorbringen der Beklagten. Weder ist ersichtlich, dass die Tätigkeit des Klägers als Kauenwärter auf Q zum 31.12.2019 entfallen wird, noch dass eine Tätigkeit als Kauenwärter in anderen Betrieben der Beklagten, in denen unstreitig auch künftig noch Kauen betrieben werden, unmöglich wäre.

Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass ein Beschäftigungsanspruch nur dann entfällt, wenn es dem Arbeitgeber auch nicht möglich ist, dem Arbeitnehmer durch Direktionsrecht einen anderen Arbeitsplatz zuzuweisen. Dass dies vorliegend der Fall wäre, ist nicht substantiiert dargelegt. Das Direktionsrecht verliert die Beklagte auch mit der tenorierten Beschäftigungspflicht nicht.

3.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit bezüglich des Weiterbeschäftigungsanspruchs ist auch nicht gemäß § 62 Absatz 1 Satz 2 ArbGG auszuschließen.

Nach § 62 Absatz 1 Satz 2 ArbGG ist auf Antrag des Beklagten die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen, wenn der Beklagte glaubhaft macht, dass die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.

Dass die vorläufige Weiterbeschäftigung des Klägers der Beklagten einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, ist weder glaubhaft gemacht, noch sonst ersichtlich.

Ein nicht zu ersetzender Nachteil ist mehr als ein schwer zu ersetzender Nachteil und liegt vor, wenn er nicht abgewendet und bei Wegfall des Vollstreckungstitels nicht durch Geld oder andere Mittel ausgeglichen werden kann. Durch die vorläufige Vollstreckbarkeit sollen keine endgültigen Verhältnisse geschaffen werden (Koch in: Erfurter Kommentar, 20. Auflage 2020, ArbGG § 62 Rn. 4).

Die Tatsache der Weiterbeschäftigung allein stellt keinen solchen nicht zu ersetzenden Nachteil für die Arbeitgeberin als Vollstreckungsschuldnerin dar. Für die mit der Beschäftigung verbundene Entgeltzahlung erhält diese im Gegenzug die übliche Arbeitsleistung. Allein die Einschränkung der Handlungsfreiheit, die für die Arbeitgeberin mit dem Zwang zur Beschäftigung des Arbeitnehmers verbunden ist, ist nicht bereits ein unersetzbarer Nachteil i.S.d. § 62 Abs. 1 Satz 2 ArbGG. Anderenfalls wäre ein Weiterbeschäftigungsanspruch vor Rechtskraft eines insoweit stattgebenden Urteils nicht vollstreckbar. Deshalb ist die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Weiterbeschäftigungstitel nur bei Vorliegen besonderer Umstände denkbar – etwa dem Wegfall des betreffenden Arbeitsplatzes und der daraus resultierenden objektiven Unmöglichkeit der Beschäftigung oder bei konkret zu befürchtenden Schäden, die bei einer tatsächlichen Beschäftigung drohten, oder sonstiger atypischer Umstände, die im Einzelfall mit einer Beschäftigung verbunden sein mögen (LAG München, Beschluss vom 05.03.2018, Az. 4 Sa 823/17, BeckRS 2018, 15082).

Dass solche besonderen Umstände vorliegend gegeben wären, ist – wie bereits ausgeführt – nicht ersichtlich.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Absatz 2 ArbGG i. V. m. § 91 Absatz 1 ZPO. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits als unterlegene Partei zu tragen.

III.

Der gemäß § 61 Absatz 1 ArbGG im Urteil festzusetzende Streitwert war nach § 42 Absatz 3 GKG mit insgesamt vier Bruttomonatsverdiensten des Klägers in Ansatz zu bringen: drei Bruttomonatsverdienste für den Kündigungsschutzantrag, ein Bruttomonatsverdienst für den Weiterbeschäftigungsantrag.

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