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Betriebsbedingte Kündigung – Sozialauswahl – Austauschbarkeit

LAG Frankfurt – Az.: 17 Sa 1374/11 – Urteil vom 11.06.2012

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 19. Juli 2011, 5 Ca 8838/10, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und um Weiterbeschäftigung.

Die am A geborene, B und keinen Kindern unterhaltsverpflichtete Klägerin ist bei der Beklagten aufgrund Arbeitsvertrages vom 21. Juli 1992 (Bl. 7 f d.A.) und Nachtrages vom 19. Oktober 1993 (Bl. 9 d.A.) seit dem 01. August 1992 beschäftigt, zuletzt in C als Fracht-Senior-Assistentin in Teilzeit mit dem Arbeitszeitvolumen von 75% einer Vollzeitkraft und einer Vergütung in Höhe von 2.473,83 € brutto monatlich. Die Klägerin war seit Beginn ihrer Tätigkeit bei der Beklagten in der sog. Frachtabteilung beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt mehr als 10 Arbeitnehmer, in ihrem Betrieb ist ein Betriebsrat gebildet.

Im Rahmen zwischen den Betriebspartnern vor der Einigungsstelle geführter Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen stellte die Einigungsstelle durch Spruch vom 23. April 2010 den hiermit in Bezug genommenen Sozialplan (Bl. 27 f d.A.) auf, der in der Präambel als Gegenstand eine Restrukturierung der Frachtorganisation der Beklagten nennt, wobei der gesamte Frachtverkauf künftig nicht mehr über Arbeitnehmer der Beklagten, sondern im Wege eines Handelsvertreterverhältnisses erfolge, die gesamte Frachtorganisation künftig nur noch aus dem Cargo Manager und vier Arbeitnehmern für den Bereich Verkaufsunterstützung/Verwaltung bestehe und die zukünftige Frachtorganisation in C angesiedelt werde.

Nachdem die Klägerin bereits seit 18. Juni 2010 von der Arbeitsleistung freigestellt war, hörte die Beklagte nach Ablauf des Sonderkündigungsschutzes der Klägerin als Wahlvorstand zur letzten Betriebsratswahl den Betriebsrat mit Schreiben vom 02. Dezember 2010 (Bl. 34 f d.A.) zu einer beabsichtigten ordentlichen betriebsbedingten Kündigung der Klägerin an. Der Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 09. Dezember 2010 (Bl. 11 d.A.).

Mit Schreiben vom 13. Dezember 2010 (Bl. 10 d.A.), der Klägerin am 14. Dezember 2010 zugegangen, erklärte die Beklagte die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 2011.

Mit ihrer am 22. Dezember 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 28. Januar 2011 zugestellten Klage hat sich die Klägerin gegen diese Kündigung gewandt. Sie hat Kündigungsgründe bestritten, fehlerhafte Sozialauswahl gerügt und eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung bestritten.

Sie hat die Existenz der von der Beklagten behaupteten unternehmerischen Entscheidung bestritten, hat den Wegfall ihres Arbeitsplatzes bestritten, hat die Auffassung vertreten, sie könne im Bereich Passage weiterbeschäftigt werden, hat in diesem Zusammenhang auf Stellenausschreibungen der Beklagten für diesen Bereich verwiesen (Anlagenkonvolut K 5, Bl. 57 f d.A.) und die Auffassung vertreten, diese Stellen – auf die sie sich unstreitig beworben hatte – passten vom Profil her auf sie, und hat die Auffassung vertreten, in den Kreis der Sozialauswahl hätte insbesondere auch die im Bereich Passage als Senior-Assistentin beschäftigte Arbeitnehmer D mit einbezogen werden müssen. Sie hat behauptet: Ihre Tätigkeit und die der Arbeitnehmerin D seien vergleichbar. Auch in der Vergangenheit habe es öfter Quereinsteiger in den Bereich Passage gegeben, die innerhalb kürzester Einarbeitungszeit dort hätten eingesetzt werden können. Da auch im Frachtbereich Reservierungssysteme zur Anwendung kamen und sie dort ua. über viele Jahre mit dem System Sirius arbeitete und aufgrund im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit und durch Fortbildungsmaßnahmen erworbener Grundkenntnisse im Reservierungssystem AMADEUS hätte sie sich innerhalb weniger Tage in die Reservierungssysteme des Bereichs Passage einarbeiten können. Auch die Aufgaben des Bereichs Pricing in der Passageabteilung hätte sie innerhalb einer Einarbeitungszeit von wenigen Tagen ausüben können, wobei zu berücksichtigen sei, dass sie vergleichbare Tätigkeiten auch im Frachtbereich ausgeübt habe. Einer Beschäftigung im Bereich Passage stehe auch nicht entgegen, dass dort Hintergrundkenntnisse in IATA-Bestimmungen und SAS-Tarifkonditionen erforderlich seien, da für die Fracht ebenfalls IATA-Bestimmung Anwendung fänden und auch bestimmte Frachttarifkonditionen gölten, die den Kunden mitgeteilt werden müssten. Sie hat die Auffassung vertreten, nachdem sie für ein Jahr von der Arbeitsleistung freigestellt wurde, wäre es für die Beklagte möglich gewesen, sie durch Fortbildungsmaßnahmen auf den Bereich Passage vorzubereiten, sofern dies überhaupt notwendig sein sollte. Die Klägerin hat ferner die Auffassung vertreten, die Betriebsratsanhörung sei nicht ordnungsgemäß, da unvollständig. Sie hat gemeint, dem Betriebsrat hätten die von ihr im Lauf der Jahre absolvierten Fortbildungsmaßnahmen mitgeteilt werden müssen, ebenso, dass auch im Frachtbereich IATA-Bestimmungen zur Anwendung kämen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 13. Dezember 2010 nicht beendet worden ist; die Beklagte zu verurteilen, sie zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 21. Juli 1992 bzw. des Vertragsnachtrags vom 19. Oktober 1993 in der Abteilung Passage in C weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, im Februar 2010 die unternehmerische Entscheidung getroffen zu haben, nur noch eine verkleinerte und am Standort C konzentrierte Frachtabteilung als Frachtverkaufs-Innendienst mit insgesamt vier Sachbearbeitern und einem Leiter aufrechtzuerhalten und im Übrigen den eigentlichen Frachtverkauf auf einen Handelsvertreter, die E, zu übertragen. Sie hat behauptet, der Arbeitsplatz der Klägerin sei ersatzlos weggefallen und Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestünden nicht, da die Klägerin die Voraussetzungen der Anforderungsprofile der ausgeschriebenen freien Stellen nicht erfülle. Sie hat die Auffassung vertreten, eine ordnungsgemäße Sozialauswahl durchgeführt zu haben und hat in diesem Zusammenhang behauptet, die Klägerin und die Arbeitnehmerin D seien nicht miteinander vergleichbar; das Basiswissen für den Arbeitsplatz der Arbeitnehmerin D wäre nach einer Einarbeitungszeit von mindestens einem Jahr zu erlangen, wobei dann einfache Tätigkeiten möglicherweise erledigt werden könnten, was jedoch nicht dem im Service-Team der Passage geforderten Tätigkeitsprofil entspräche. Die Tätigkeit erfordere fundierte Kenntnisse der Reservierungssysteme einschließlich aller IATA-Regularien und spezifisches Hintergrundwissen in den Bereichen Tarif inkl. aller Konditionen, wobei der fachgerechte Umgang mehrmonatige Schulungen, eine Grundausbildung zur Reiseverkehrs- bzw. Luftverkehrskauffrau und entsprechende konkrete Berufserfahrung erfordere.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Klage durch am 19. Juli 2011 verkündetes Urteil, 5 Ca 8838/10, nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen F und G (Bl. 133 f d.A.) abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die behauptete Unternehmerentscheidung der Beklagten sei durch Vorlage des Sozialplans vom 23. April 2010 hinreichend belegt. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf einem freien Arbeitsplatz seien mit Vorlage eines Anlagenkonvoluts von der Klägerin nicht hinreichend vorgetragen. Die Sozialauswahl sei nicht fehlerhaft, da die Klägerin mit der Arbeitnehmerin D nicht vergleichbar sei. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Klägerin nach einer Einarbeitungszeit von ca. drei Monaten eine Grundtätigkeit in der Passage ausüben könne, dass sie aber in diesen drei Monate nicht die Position der Arbeitnehmerin D ausfüllen könne. Für eine fehlerhafte Betriebsratsanhörung bestehe kein Anhaltspunkt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen (Bl. 143 bis 147 d.A.).

Gegen dieses ihr am 29. August 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26. September 2011 Berufung eingelegt und diese am 26. Oktober 2011 begründet.

Die Klägerin bestreitet betriebsbedingte Gründe, die zum Wegfall ihres Arbeitsplatzes führten. Sie verweist auf den zwischen den Parteien in der Vergangenheit anlässlich des Ausspruchs einer Änderungskündigung geführten Rechtsstreit, auf die seinerzeit von der Beklagten behauptete Unternehmerentscheidung, den Frachtbereich nach H zu verlagern, verweist auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen diesen Rechtsstreiten und der nunmehr von der Beklagten behaupteten neuen Unternehmerentscheidung, verweist auf den unstreitigen Umstand, dass die Beklagte inzwischen die Zusammenarbeit mit dem Handelsvertreter E beendet hat, wobei allerdings ebenso unstreitig nahtlos ab 01. Juni 2011 eine Zusammenarbeit mit einem neuen Handelsvertreter I begründet wurde, verweist auf den ebenfalls unstreitigen Umstand, dass die Beklagte inzwischen die Arbeitsverhältnisse mit den im Frachtbereich weiterbeschäftigten Arbeitnehmern J und G beendet hat, und meint, hieraus sei erkennbar, dass die Beklagte von Anfang an entgegen einer anders lautenden angeblichen Unternehmerentscheidung gehandelt habe. Da die von der Beklagten behauptete Organisationsentscheidung nahe an den Kündigungsentschluss rücke, hätte die Beklagte außerdem durch weiteren Tatsachenvortrag darlegen müssen, dass ein Beschäftigungsbedürfnis entfallen sei.

Die Klägerin hält unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrages daran fest, mit der Arbeitnehmerin D vergleichbar zu sein. Sie meint, vorliegend sei eine Einarbeitungszeit von bis zu sechs Monate angemessen, wendet sich gegen die Beweiswürdigung der angefochtenen Entscheidung und behauptet, jedenfalls würde sie nicht mehr als drei Monate Einarbeitungszeit benötigen, um die Tätigkeit einer Senior-Assistentin in der Passage ausüben zu können. Sie verweist auf ihre 19-jährige Berufserfahrung bei der Beklagten und auf ihre anlässlich der Freistellung signalisierte Bereitschaft, eine Fortbildung für das AMADEUS-System zu unternehmen. Sie verweist auf ein Schulungsangebot der Schule für Touristik (Bl. 140 d.A.) und behauptet, dort könnten innerhalb von 18 Tagen AMADEUS-Kenntnisse erworben werden, wobei allein diese Schulungsmaßnahme zum Erwerb von für eine Tätigkeit in der Passage ausreichenden Kenntnissen geführt hätte und sie bestimmte, von ihr in der Anlage markierte, Ausbildungsabschnitte bereits innerhalb ihrer Tätigkeit in der Fracht ausgeübt habe und die übrigen Ausbildungsabschnitte in der Tätigkeit als Senior-Assistentin in der Passage auch nicht vorkämen. Gestaltung der Tarif- und Konditionsunterlagen falle im vergleichbaren Rahmen auch in der Fracht an. Sie habe ebenfalls Buchungen bearbeiten, Reservierungen, Umbuchungen, Stornierungen, Erstattungen, Abrechnungen bearbeiten, Tariffragen klären, Hilfestellung bei komplexen Fragestellungen der Firmenkunden geben müssen und verfüge ebenso über fundierte Kenntnisse der maßgeblichen IATA-Bestimmungen. Die Unterschiede zwischen Fracht und Passage und die zwischen den Aufgaben der Arbeitnehmerin D und denen der Klägerin – wegen deren jeweiliger Darstellung wird auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 16. April 2012 (Bl. 245 d.A.) verwiesen – seien gering. Ticketumschreibung sei vergleichbar mit der Umbuchung eines Frachtauftrages. Preisberechnungen seien in beiden Bereichen vorzunehmen, wobei aufgrund der Verschiedenheit der Fracht komplexe Fragestellungen zu bewältigen gewesen seien. Die für die Passage notwendigen Preisberechnungen seien innerhalb von maximal 21 Tagen zu erlernen. Umbuchungen und Umschreibung komplexer Streckenführungen seien auch im Bereich der Fracht angefallen. Auch im Frachtbereich habe es Großkunden gegeben, die bei gleichzeitig auftretenden komplexen Fragestellungen bevorzugt hätten behandelt werden wollen. Etwaige Besonderheiten für den Bereich Passage seien innerhalb von maximal 14 Tagen zu erlernen. Informationsweitergabe an Agenten sei in der Fracht vergleichbar mit der Abstimmung mit den Handlingspartnern, wobei auch hier komplexe Fragen zu klären gewesen seien und die Klägerin für die Anwendung in der Passage innerhalb von 14 Tagen in der Lage sei. Die Benutzung eines eigens für die Passage entwickelten Buchungssystems könne die Klägerin innerhalb von maximal vier Wochen erlernen, wobei sie einschlägige Vorkenntnisse aus Buchungssystemen im Frachtbereich habe und dort immer wieder auf das Buchungssystem Passage habe zurückgreifen müssen, wenn Fracht und Passage zusammengefallen seien.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 19. Juli 2011, 5 Ca 8838/10, abzuändern und

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche, betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 13. Dezember 2010 nicht beendet worden ist;

2. die Beklagte zu verurteilen, sie zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 21. Juli 1992 bzw. des Vertragsnachtrages vom 19. Oktober 1993 in der Abteilung „Passage“ in C weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrags und hält daran fest, die Klägerin sei qualifikationsbedingt nicht in der Lage, den Arbeitsbereich einer Senior-Assistentin in der Passage zu übernehmen. Es sei eine einjährige Einarbeitungszeit erforderlich, um für die Passage-Abteilung erforderliche Grundkenntnisse zu erwerben, wobei derartige Grundkenntnisse den Arbeitsplatzanforderungen eines Senior-Assistenten auch nicht genügen würden. Die Klägerin habe in der Frachtabteilung sog. ad-hoc-Anfragen beantwortet. Die Tätigkeit in der Passageabteilung zeichne sich durch die Beherrschung des kryptischen Buchungssystems AMADEUS unter Beachtung aller IATA-Regularien und Tarifkonditionen der Beklagten aus, wozu die Klägerin auch nicht nach einem Jahr in der Lage wäre, sowie durch erhebliche Komplexität der dort zu beantwortenden Anfragen, zu denen es erst komme, wenn die ausgebildeten und in der Regel über mehrjährige Berufserfahrung verfügenden Mitarbeiter der Reisebüros selbst nicht in der Lage seien, ein Problem zu lösen. Besondere Komplexität gegenüber den Arbeiten in der Frachtabteilung resultiere auch aus der Existenz von 22 Buchungsklassen, unterschiedlicher Serviceklassen und unterschiedlicher Konditionen verschiedener Passagiere. Die von der Klägerin behaupteten Tätigkeiten würden gerade nicht das wiedergeben, was im Helpdesk zu bearbeiten sei, sondern nahezu ausschließlich vom Callcenter in K aus erledigt.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

A. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 19. Juli 2011, 5 Ca 8838/10, ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 lit. c ArbGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO.

B. Sie ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

I. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde durch die Kündigung der Beklagten vom 13. Dezember 2010 zum 30. Juni 2011 beendet. Die Kündigung ist wirksam.

1. Die Kündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 1, 2 und 3 KSchG.

a) Die Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt.

aa) Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Die Beklagte bezieht sich auf sog. innerbetriebliche Gründe.

(1) Eine Kündigung ist aus innerbetrieblichen Gründen gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber im Unternehmen zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren innerbetrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Von den Arbeitsgerichten ist hierbei voll nachzuprüfen, ob eine derartige unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt und durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist. Dagegen ist die unternehmerische Entscheidung nicht auf sachliche Rechtfertigung oder Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 25. April 2002 – 2 AZR 260/01 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 121; BAG 07. Juli 2005 – 2 AZR 399/04 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138; BAG 10. Juli 2008 – 2 AZR 1111/06 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181; BAG 16. Dezember 2010 – 2 AZR 770/09 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186).

(2) Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht. Deshalb hat im Kündigungsschutzprozess grundsätzlich der Arbeitnehmer die Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die Maßnahme offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 23. April 2008 – 2 AZR 1110/86 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 177). In Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, kann die Vermutung, die Unternehmerentscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgte, allerdings nicht in jedem Fall von vornherein greifen. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber konkrete Angaben dazu machen, wie sich die Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten auswirkt (BAG 10. Juli 2008 – 2 AZR 1111/06 – aaO; BAG 16. Dezember 2010 – 2 AZR 770/09 – aaO).

bb) Die Beklagte hat die unternehmerische Entscheidung getroffen, den Frachtverkauf vollständig fremd zu vergeben und durch einen Handelsvertreter durchführen zu lassen und als Frachtorganisation nur noch den sog. Frachtverkaufs-Innendienst mit vier Arbeitsplätzen und einem Leiter, ausgestattet mit Home-Offices für den Bereich Verkaufsunterstützung/Verwaltung aufrechtzuerhalten.

(1) Existenz dieser Unternehmerentscheidung und tatsächliche Umsetzung ist hinreichend belegt durch den abgeschlossenen Sozialplan vom 23. April 2010, die tatsächliche Beauftragung der E als Handelsvertreter mit dem Frachtverkauf, die bereits seit Sommer 2010 erfolgte Freistellung der Klägerin von der Arbeitsleistung sowie – worauf auch die angefochtene Entscheidung zutreffend abgestellt hat – die von der Klägerin nicht bestrittenen weiteren Umsetzungsmaßnahmen der Schließung der Frachtbüros in H, L und M und der Entlassung der weiteren Frachtmitarbeiter.

(2) Auch unter Berücksichtigung der dargestellten Rechtsprechung des BAG bedurfte es keines weiteren konkretisierenden Vortrages zur Auswirkung der Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten bzw. der Verteilung des verbleibenden Arbeitsvolumens auf die verbliebenen Arbeitnehmer. Organisationsentscheidung und Kündigungsentschluss sind entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nahezu deckungsgleich. Insbesondere beschränkt sich die Organisationsentscheidung nicht auf eine reine Personalreduzierung bzw. die Entscheidung, die Frachtabteilung mit den bisherigen Aufgaben mit reduziertem Personalbestand fortzuführen. Sie besteht vielmehr darin, den eigentlichen Frachtverkauf nicht mehr selbst durchzuführen, sondern an einen Handelsvertreter zu vergeben und eine eigene Frachtabteilung nur noch für den sog. Frachtinnendienst für den Bereich Verkaufsunterstützung/Verwaltung vorzuhalten. Damit ist hinreichend dargelegt, das sämtliche mit dem eigentlichen Frachtverkauf einhergehenden Tätigkeiten bei der Beklagten nicht mehr anfallen, und dass die verbleibenden Tätigkeiten, nämlich Bearbeitung der vom Handelsvertreter „hereingeholten“ Aufträge, durch den Frachtverkaufsinnendienst erfolgen, wobei die Beklagte grundsätzlich darin frei ist, festzulegen, mit welcher Belegschaftsstärke bzw. welcher Kapazität an einzusetzenden Arbeitskräften das Unternehmensziel erreicht wird (BAG 22. September 2005 – 2 AZR 365/04 – nv., juris), wobei sich die Reorganisationsentscheidung gerade nicht darin erschöpft, Personal einzusparen.

(i) Gegen die Existenz der Unternehmerentscheidung spricht nicht, dass die Zusammenarbeit mit dem Handelsvertreter E inzwischen beendet wurde; dies schon deshalb, weil nahtlos – insoweit von der Klägerin nicht bestritten – der Frachtverkauf von einem anderen Handelsvertreter fortgesetzt wurde.

(ii) Gegen die Existenz der Unternehmerentscheidung spricht nicht, dass die Beklagte sich inzwischen auch von den im Frachtbereich weiter beschäftigten Arbeitnehmern J und G getrennt hat. Dies spricht, nachdem deren Positionen unbestritten nicht nachbesetzt wurden, allenfalls dafür, dass auch der sog. Frachtinnendienst vom Arbeitsvolumen her nicht oder nicht mehr ausgelastet ist.

(iii) Der zeitliche Zusammenhang zwischen früherer Organisationsentscheidung und vorangegangenen Änderungsschutzverfahren mit der jetzt behaupteten unternehmerischen Entscheidung spricht nicht dafür, diese sei bloß vorgeschoben. Die Beklagte räumt selbst ein, sich zu der dargestellten Unternehmerentscheidung erst entschlossen zu haben, nachdem ihre frühere Absicht – Zentralisierung der Frachtabteilung unter Beibehaltung der bisherigen Größe in H – nicht umgesetzt werden konnte, da die Mehrzahl der arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten um die 2009 ausgesprochenen Änderungskündigungen zu ihren Ungunsten entschieden wurde. Insoweit mag eine Reaktion auf den Umstand vorliegen, dass die ursprünglich beabsichtigte Organisationsänderung nicht durchgeführt werden konnte. Dies führt nicht zu der Annahme, die neue Entscheidung sei rechtsmissbräuchlich oder nicht ernst gemeint.

cc) Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf freien Arbeitsplätzen bestehen nicht. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass die Klägerin nicht dargestellt hat, inwieweit sie für die ausgeschriebenen und höheren Vergütungsgruppen zugeordneten Positionen qualifiziert sei. Konkrete Einwände hiergegen werden in der Berufung auch nicht vorgebracht.

b) Die Kündigung vom 13. Dezember 2010 ist nicht gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG wegen fehlerhafter Sozialauswahl sozial ungerechtfertigt.

Fehlerhafte Sozialauswahl kann nicht auf eine Auswahl zwischen der Klägerin und der Arbeitnehmerin D gestützt werden. Die Klägerin und die Arbeitnehmerin D sind nicht miteinander vergleichbar.

aa) Nach gefestigter Rechtsprechung des BAG bestimmt sich der Kreis der in die soziale Auswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen, also zunächst nach der ausgeübten Tätigkeit. Dies gilt nicht nur bei Identität des Arbeitsplatzes, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit und Ausbildung eine andersartige, aber gleichwertige Tätigkeit ausführen kann. Die Notwendigkeit einer kurzen Einarbeitungszeit steht einer Vergleichbarkeit nicht entgegen („qualifikationsmäßige Austauschbarkeit“). An einer Vergleichbarkeit fehlt es jedoch, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht einseitig auf den anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann („arbeitsvertragliche Austauschbarkeit“) (BAG 02. Juni 2005 – 2 AZR 480/04 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 75; BAG 05. Juni 2008 – 2 AZR 907/06 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 179; BAG 10. Juni 2010 – 2 AZR 420/09 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 98).

bb) Die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich die Unrichtigkeit der Sozialauswahl ergibt, obliegt dem Arbeitnehmer, § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG, wobei die Rechtsprechung des BAG von einer abgestuften Darlegungslast ausgeht. Hiernach ist es zunächst Sache des Arbeitnehmers, die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl darzulegen, sofern er über die hierzu erforderlichen Informationen verfügt. Soweit der Arbeitnehmer hierzu nicht in der Lage ist und er deswegen den Arbeitgeber zur Mitteilung der Gründe auffordert, die ihn zur Auswahl veranlasst haben, hat der Arbeitgeber als Folge seiner materiellen Auskunftspflicht gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 KSchG auch im Prozess substantiiert vorzutragen, wobei sich diese aus der Mitteilungspflicht ergebende Vortragslast auf die subjektiven, vom Arbeitgeber tatsächlich angestellten Überlegungen beschränkt. Demnach ist es im Prozess zunächst Sache des Arbeitnehmers, zu begründen, warum er mit Arbeitnehmern einer bestimmten Gruppe vergleichbar ist. Die bloße Behauptung, eine Vergleichbarkeit sei gegeben, reicht nicht aus. Soweit es ihm möglich ist, hat der Arbeitnehmer vielmehr darzulegen, welche Qualifikationsanforderungen bei der Ausübung der Tätigkeiten, für die er sich geeignet hält, zu erfüllen sind. Gleichzeitig hat er mitzuteilen, welche Fertigkeiten er wann und wie erworben hat und ob sie ihn zur Ausfüllung des von ihm angestrebten Arbeitsplatzes befähigen. Soweit er von einer gewissen Einarbeitungszeit ausgeht, hat er die von ihm angenommene Dauer anzugeben und zu begründen. Dies gilt auch, wenn es um die sog. Verkennung des auswahlrelevanten Personenkreises geht (BAG 05. Mai 1994 – 2 AZR 917/93 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 23; BAG 05. Dezember 2002 – 2 AZR 697/01 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 60). Erst wenn der Arbeitnehmer durch derartigen Vortrag seiner Darlegungslast genügt hat, muss der Arbeitgeber konkret darlegen, welche Qualifikationsanforderungen er an die als nicht vergleichbar angesehenen Arbeitnehmer stellt und in welcher Zeit Arbeitnehmer diese geforderten Qualifikationen erwerben können (LAG Niedersachsen 08. Oktober 2004 – 10 Sa 679/04 – nv., juris). Betriebliche Spezialisierung und aktuelles Wissen können Vergleichbarkeit ausschließen (BAG 05. Mai 1994 – 2 AZR 917/93 – aaO). Vergleichbarkeit im Sinne von Austauschbarkeit setzt voraus, dass der unmittelbar von der Kündigung betroffene Arbeitnehmer die Tätigkeit des anderen Arbeitnehmers nach einer allenfalls kurzen Einarbeitszeit übernehmen kann, wenn der Arbeitnehmer alsbald auf dem Arbeitsplatz des anderen Arbeitnehmers eingesetzt werden kann, sog. „alsbaldige Substituierbarkeit“. Dies ist zwar der Fall, wenn der von der Kündigung betroffene Arbeitnehmer in kurzer Zeit den Routinevorsprung, den der auf diesem Arbeitsplatz eingesetzte Arbeitnehmer besitzt, aufholen kann, aber jedenfalls dann nicht mehr, wenn der Arbeitnehmer innerhalb einer nicht mehr kurzen Einarbeitungszeit erst noch nicht vorhandene Spezialkenntnisse erwerben muss (LAG Niedersachen 08. Oktober 2004 – 10 Sa 679/04 – aaO), wobei das BAG eine Einarbeitungszeit von drei Monaten bereits als zu lang angesehen hat (BAG 05. Mai 1994 – 2 AZR 917/93 – aaO).

cc) Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin nicht hinreichend substantiiert dargelegt, mit der Arbeitnehmerin D vergleichbar zu sein. Es ist nicht konkret dargelegt, aufgrund welcher Kenntnisse in welcher Zeit und warum sie den Arbeitplatz der Arbeitnehmerin D ausfüllen könne. Nachdem sie auch nach der Einlassung der Beklagten (hierzu: BAG 05. Dezember 2002 – 2 AZR 697/01 – aaO) im Rahmen der sie treffenden abgestuften Darlegungslast daran festhält, Vergleichbarkeit sei gegeben, trifft sie die entsprechende Darlegungslast (LAG Niedersachsen 08. Oktober 2004 – 10 Sa 679/04 – aaO). Hierzu gehört im Einzelnen Vortrag, welche konkreten Tätigkeiten die Arbeitnehmerin D als Senior-Assistentin in der Passage ausübt, welche Qualifikationsanforderungen hierfür zu erfüllen sind, welche Fertigkeiten sie – die Klägerin – bereits mitbringt, wann und wie sie diese erworben hat, woraus sich ergibt, dass diese zur Ausfüllung des Arbeitsplatzes der Arbeitnehmerin D befähigen bzw. – soweit eine gewisse Einarbeitungszeit als erforderlich angesehen wird – deren angenommene Dauer anzugeben und zu begründen (BAG 05. Dezember 2002 – 2 AZR 697/01 – aaO). Hierzu gehört auch die Angabe, welche Defizite durch die angenommene Einarbeitungszeit behoben werden sollen und welche Maßnahmen hierfür erforderlich sind, da nur so die Dauer der Einarbeitungszeit beurteilt werden kann. Hierfür ist auch nach dem Hinweis vom 21. Februar 2012 nichts konkret vorgetragen. Einer Beweisaufnahme bedurfte es mangels hinreichend konkreten Vortrages daher nach Auffassung der Kammer überhaupt nicht. Auch aus den Angaben der erstinstanzlich vernommenen Zeugen F und G ergeben sich im Übrigen keine hinreichend konkreten Darstellungen der Tätigkeiten der Arbeitnehmerin D, der hierfür erforderlichen Qualifikationen und der zum Erwerb dieser Qualifikationen erforderlichen Schulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen und deren konkrete Dauer, die die Klägerin sich hätte zu eigen machen können.

dd) Bereits aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, ob nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB die Beklagte ggf. gehalten gewesen wäre, der Klägerin bereits während ihrer Freistellung eine Einarbeitung auf den Arbeitsplatz der Arbeitnehmerin D anzubieten und ob aufgrund der Kündigungsfrist der Klägerin und der Freistellung aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls auch eine längere als dreimonatige Einarbeitungszeit noch als „kurz“ im Sinne der dargestellten Rechtsprechung angesehen werden und eine Vergleichbarkeit begründen könnte. Im Übrigen ist der Arbeitgeber grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Arbeitnehmer umzuschulen, damit dieser aufgrund der zusätzlichen Qualifikationen dann auf einen anderen Arbeitsplatz eingesetzt werden kann, der mit einem sozial besser gestellten Arbeitnehmer besetzt ist (KR/Griebeling, 9. Aufl., KSchG, § 1 Rdnr. 620 mwN.). Der Arbeitgeber ist damit grundsätzlich nicht verpflichtet, zu Lasten eines an sich vom betriebsbedingten Grund nicht betroffenen Arbeitnehmers eine Vergleichbarkeit erst herzustellen. Dies gilt dann unabhängig von Freistellung und Dauer der Kündigungsfrist des von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmers.

ee) Die von der Klägerin im Berufungsrechtszug zur Stützung ihres Klagebegehrens herangezogene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Sozialauswahl bei Teilzeitbeschäftigung (BAG 03. Dezember 1998 – 2 AZR 341/98 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 39) ist schon deshalb nicht einschlägig, weil es sich bei den Arbeitnehmern J und G unabhängig von der Frage der Austauschbarkeit um Betriebsratsmitglieder mit Sonderkündigungsschutz, § 15 Abs. 1 KSchG, handelte und eine Änderungskündigung zum Zwecke deren Arbeitszeitreduzierung bereits damit ausgeschlossen war.

2. Die Kündigung der Beklagten vom 13. Dezember 2010 ist nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat den bei ihr gebildeten Betriebsrat ausweislich des Anhörungsschreibens vom 02. Dezember 2012 ordnungsgemäß angehört und hierbei die Kündigungsgründe mitgeteilt, auf die sie die Kündigung auch im Rechtsstreit stützt. Da die Betriebsratsanhörung subjektiv determiniert ist, ist für eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung erforderlich und ausreichend, wenn der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Gründe mitgeteilt hat (BAG 21. September 2000 – 2 AZR 385/99 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 111 mwN.). Hiernach war die Beklagte nicht gehalten, den Betriebsrat über Fortbildungsmaßnahmen der Klägerin zu informieren und darauf hinzuweisen, dass auch im Frachtbereich IATA-Bestimmungen zur Anwendung kämen oder vergleichbare Tätigkeiten im Frachtbereich und der Passage aufzuführen. Hierauf kommt es nach der Einschätzung der Beklagten gerade nicht an. Dass und warum sie die Klägerin als mit der Arbeitnehmerin D nicht vergleichbar ansieht, hat sie wiederum dem Betriebsrat ausweislich des Anhörungsschreibens mitgeteilt. Weitere Beanstandungen gegenüber der Betriebsratsanhörung werden von der Beklagten auch im Berufungsverfahren nicht mehr geltend gemacht.

II. 1. Da die Kündigung der Beklagten vom 13. Dezember 2010 wirksam ist, steht der Klägerin auch nicht der von der Rechtsprechung (BAG 27 Februar 1985 – GS 1/84 – AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 14) entwickelte vorläufige Weiterbeschäftigungsanspruch bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu.

2. Der Klägerin steht auch kein Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG zu, da kein hinreichend qualifizierter Widerspruch des Betriebsrats iSd. § 102 Abs. 3 BetrVG vorliegt. Der Widerspruch zeigt nicht auf, welche konkret benannten oder anhand abstrakter Kriterien bestimmbaren Arbeitnehmer zu Unrecht nicht in die Sozialauswahl einbezogen seien und aufgrund welcher plausibel darzustellender Umstände höhere soziale Schutzbedürftigkeit besteht, § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG (BAG 09. Juli 2003 – 5 AZR 305/02 – AP BetrVG 1972 § 102 Weiterbeschäftigung Nr. 14), auf welchem freien Arbeitsplatz überhaupt eine Weiterbeschäftigung in Betracht kommt, § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG (BAG 11. Mai 2000 – 2 AZR 54/99 – AP BetrVG 1972 § 102 Weiterbeschäftigung Nr. 13), damit auch nicht zu welchen nicht mitgeteilten Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen, § 102 Abs. 3 Nr. 4 BetrVG, oder zu welchen nicht mitgeteilten geänderten Vertragsbedingungen, wobei auch ein Einverständnis der Klägerin nicht mitgeteilt wäre, § 102 Abs. 3 Nr. 5 BetrVG.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Grund iSd. § 72 Abs. 2 ArbGG.

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