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Betriebsbedingte Kündigung – Sozialauswahl

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Az.: 3 Sa 312/09, Urteil vom 27.01.2010

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 08.07.2009 – 4 Ca 1666 c/08 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

Der Kläger ist am …1955 geboren, verheiratet und zwei Kindern gegenüber unterhaltspflichtig. Er ist schwerbehindert. Seit dem 01.08.1971 steht er zur Beklagten, bzw. zu Rechtsvorgängerinnen der Beklagten oder Konzernschwestern in einem Arbeitsvertragsverhältnis. Er ist Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft und erhielt zuletzt 4.968,15 EUR brutto monatlich.

Am 01.08.1971 begann er seine Ausbildung bei der K… W… mbH (K…).

Mit Arbeitsvertrag vom 13.10.1978 nahm der Kläger mit Wirkung ab 01.01.1979 seine Tätigkeit bei der K… S… und S… mbH (K…) auf. Zuvor traf er mit der K… am 13.10.1978 (Bl. 17 d. A.) folgende Vereinbarung:

㤠1

Betriebsbedingte Kündigung - Sozialauswahl
Symbolfoto: ilixe48/Bigstock

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem o. a. Dienstverhältnis ruhen während der Beschäftigungszeit aufgrund des Anstellungsvertrages mit der K… S… und S… mbH (K…) vom 13.10.1978.

§ 2

Die K… verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis mit Herrn V… zu den bisherigen Vertragsbedingungen unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich eingetretenen tariflichen und außertariflichen Änderungen fortzusetzen, wenn – aus welchen Gründen auch immer – der Geschäftsbetrieb der K… nicht fortgeführt wird.“

Mit Wirkung vom 01.06.1990 trat der Kläger erneut in die Dienste der K… ein. Er war dort bis zum 31.01.1991 mit Einsatzort in S… beschäftigt (Anlage K 5, Bl. 19 d. A.). Vom 01.02.1991 bis zum 31.12.2001 war der Kläger wiederum bei der K… beschäftigt. Hier war er erneut mit allen Arbeiten im Rahmen der Grundstücksveräußerung und der Bebauung tätig. Die Beschäftigung des Klägers erfolgte aufgrund eines neuen mit der K… erfolgten Arbeitsvertrages.

Die W… B… und G… AG in M… übernahm die Geschäftsbereiche, in denen der Kläger für die K… gearbeitet hatte. Aus der W… B… und G… AG ging die E… V… B…GmbH hervor. Von dieser Veränderung waren einschließlich des Klägers vier Mitarbeiter betroffen. Zwei hatten einen Arbeitsvertrag mit der K…, zwei hatten einen solchen mit der K…. Auf Veranlassung der Arbeitgeberseite kündigte der Kläger rückwirkend sein Arbeitsverhältnis mit der K… zum 31.12.2001 und schloss mit Wirkung ab 01.01.2002 mit der E… V… B…GmbH einen neuen Arbeitsvertrag ab. Darin heißt es u. a. wie folgt:

㤠1 Beginn, Dauer und Beendigung

Das Arbeitsverhältnis beginnt am 1. Januar 2002 und wird auf unbefristete Zeit abgeschlossen. Die Kündigung richtet sich dann nach den gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen. Sie bedarf der Schriftform. Die bei der K… zurückgelegte Beschäftigungszeit wird voll angerechnet. Der Arbeitnehmer wird besitzstandwahrend übernommen.

Das Arbeitsverhältnis endet auch ohne Kündigung mit dem Ende des Monats, in dem der Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet (Anlage K 6 – Bl. 21 ff d. A.).“

An die Stelle der E… V… B…GmbH ist später die Beklagte getreten. Die Beklagte ist ein Unternehmen, dessen Schwerpunkttätigkeit der Immobilienvertrieb von Konzernwohnungsbeständen ist. Sie gehört der V…-Gruppe mit Sitz in M… an, die insgesamt etwa 31.000 Wohnungen im Raum W…, M…, B… und K… im Verwaltungsbestand hat. Zu der V…-Gruppe gehören u. a. auch die K… und die K…. Der bei den einzelnen Gesellschaften angesiedelte Vertrieb von Häusern und Wohnungen wurde 2001 durch den Abschluss von Geschäftsbesorgungsverträgen bei der Beklagten gebündelt, deren Geschäftstätigkeit aus dem Verkauf von Wohnungen aus zuvor umgewandelten Miet- bzw. Ein- und Zweifamilienhäusern des Bestandes der V…-Gruppe besteht. Geschäfte für Dritte außerhalb der V…-Gruppe werden nicht betrieben. Es wurden Geschäftsbesorgungsverträge mit der K…, der B… B… B… GmbH (B…) und der G… E… mbH W… (G…) vereinbart.

Mit Mietvertrag vom 09.01.2002 (Bl. 71 f d. A.) mietete die Beklagte im Bürogebäude der K… von dieser Räumlichkeiten an. Der Kläger arbeitete stets örtlich unverändert, unberührt von diesen juristischen Veränderungen, an seinem Arbeitsplatz.

Mitte Juli 2008 fasste die Beklagte einen Gesellschafterbeschluss zur Betriebsstilllegung mit Wirkung zum 30.09.2008. Dieser Beschluss ist unter dem Datum 14.07.2008 dokumentiert (Anlage B 2, Bl. 69 f d. A.). Mit Bescheid vom 22.08.2008 erteilte das Integrationsamt – Landesverband R… – die Zustimmung zur fristgemäßen Kündigung des Klägers (Anlage B 1, Bl. 66 f d. A.). Der Kläger hat hiergegen Widerspruch eingelegt.

Mit Schreiben vom 28.08.2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers und seiner Arbeitskollegen fristgemäß zum 31. März 2009 wegen beabsichtigter Betriebsstilllegung zum 30.09.2008 (Anlage K 12 – Bl. 40 d. A.). Zum Zeitpunkt der Kündigung waren im Betrieb der Beklagten neun Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt. Später wurden die Arbeitskollegen Herr V… und Frau Ö… bei der K… weiterbeschäftigt. Sie sind jünger als der Kläger und weisen kürzere Beschäftigungszeiten auf.

Der Kläger hat stets die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt, jedenfalls sei sein Arbeitsplatz nicht weggefallen. Die Beklagte habe mit der K… und der K… einen gemeinsamen Betrieb gebildet, so dass eine unternehmensübergreifende Sozialauswahl habe durchgeführt werden müssen. Die bei der K… zum Kündigungszeitpunkt bestehenden freien Arbeitsplätze hätten nicht den jüngeren bisherigen Kollegen, sondern ihm infolge einer konzernbezogenen Weiterbeschäftigungspflicht angeboten werden müssen. Das ergebe sich vor allem auch unter Berücksichtigung der Zusatzvereinbarung vom 13.10.1978.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage nach durchgeführter Beweisaufnahme zu Vorliegen, Zeitpunkt und Durchführung eines Stilllegungsbeschlusses abgewiesen. Das ist im Wesentlichen mit der Begründung geschehen, der Kündigungsgrund einer beabsichtigten Stilllegung des Betriebes habe zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bereits in greifbarer Form vorgelegen. Es könne dahingestellt bleiben, ob ein Gemeinschaftsbetrieb vorliege. Zum Zeitpunkt der Kündigung habe jedenfalls bereits greifbar festgestanden, dass ein etwaiger Gemeinschaftsbetriebsteil mit Ablauf der Kündigungsfrist des Arbeitnehmers stillgelegt sei. Ein Anspruch auf eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht bestehe nicht. Etwas anderes ergebe sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Zusatzvereinbarung vom 13.10.1978. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand, Anträge und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts Kiel vom 08.07.2009 Bezug genommen.

Gegen diese dem Kläger am 22.07.2009 zugestellte Entscheidung legte er am 20.08.2009 Berufung ein, die nach Fristverlängerung bis zum 06.10.2009 am Tag des Fristablaufs begründet wurde.

Der Kläger ergänzt und vertieft im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen. Er ist nach wie vor der Ansicht, die Beklagte habe das Vorliegen einer ernsthaften und endgültigen Stilllegungsabsicht zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung angesichts der erstinstanzlichen Aussage des Zeugen M… nicht bewiesen. Es sei vom Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebes auszugehen. Das ergebe sich u. a. bereits aus der Personalunion des stets handelnden, erstinstanzlich als Zeugen vernommenen Herrn M…, der heute Geschäftsführer der Beklagten sei. Auch habe er ggf. als Ausnahmefall bei Ausspruch der Kündigung einen Anspruch auf eine Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz in der V…-Gruppe, der auch tatsächlich angesichts der Weiterbeschäftigungen der Arbeitskollegin Ö… und des Arbeitskollegen V… vorhanden gewesen sei. Diese Weiterbeschäftigungspflicht ergebe sich aus der Zusatzvereinbarung vom 13. Oktober 1978, die nach wie vor Gültigkeit habe sowie aus den engen personellen Verflechtungen. Die Beklagte habe insoweit allein faktisch die Möglichkeit der Einflussnahme auf eine derartige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit gehabt und diese nur deshalb nicht genutzt, weil sie ihn mit seiner langen Betriebszugehörigkeit, seines Lebensalters und seiner Schwerbehinderung nicht habe weiterbeschäftigen wollen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 08.07.2009 – 4 Ca 1666 c/08 – wird abgeändert. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 28.08.2008 nicht aufgelöst ist.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend. Ihres Erachtens ergibt sich zweifelsfrei aus dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme das Vorliegen einer Stilllegungsabsicht in greifbarer Form zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung. Ein Gemeinschaftsbetrieb habe nicht, jedenfalls nicht mehr im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung existiert. Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Ausnahmekonstellation zur Herbeiführung eines konzernbezogenen Weiterbeschäftigungsanspruches lägen nicht vor. Insbesondere könne nicht mehr auf die Zusatzvereinbarung vom 13.10.1978 zurückgegriffen werden, da das klägerische Arbeitsverhältnis mit der K… mit Wirkung zum 31.12.2001 beendet wurde.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Berufungsbegründungsfrist auch begründet worden.

II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Kündigungsschutzklage abgewiesen und das Vorliegen eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes sowie das Nichtvorliegen eines konzernbezogenen Weiterbeschäftigungsanspruches im vorliegenden Fall angenommen. Dem folgt das Berufungsgericht. Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen wird auf die ausführlichen Entscheidungsgründe des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils verwiesen. Lediglich ergänzend und auf den neuen Vortrag der Parteien eingehend, wird Folgendes ausgeführt:

1. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 KSchG ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.

a) Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen gehört nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Stilllegung des gesamten Betriebes durch den Arbeitgeber. Auch das Vorliegen einer ernsthaften Stilllegungsabsicht ist ein anerkannter Kündigungsgrund. Wird die Kündigung auf die künftige Entwicklung der betrieblichen Verhältnisse gestützt, so kann sie ausgesprochen werden, wenn die betreffenden betrieblichen Umstände im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung greifbare Formen angenommen haben (vgl. nur BAG vom 27.11.2003 – 2 AZR 48/03 – zitiert nach Juris).

b) Das Arbeitsgericht ist unter Zugrundelegung des Ergebnisses der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte am 14.07.2008 beschlossen hatte, ihren Betrieb ersatzlos und endgültig einzustellen. Die Beklagte hat insoweit einen unterzeichneten Gesellschafterbeschluss vom 14.07.2008 zur Akte gereicht (Anlage B 2, Bl. 69 f d. A.). Der damals noch nicht als Geschäftsführer der Beklagten fungierende Zeuge M… hat den Inhalt dieses Gesellschafterbeschlusses bestätigt. Danach sollte allen Arbeitnehmern gekündigt und der Betrieb bereits zum 30.09.2008 geschlossen werden. Der Zeuge M… hat im Einzelnen dargelegt, dass und wie sich diese Gesellschafterentscheidung angebahnt hat. Er hat ebenfalls ausgesagt, dass die Bestandsgesellschaften, die mit der Beklagten Geschäftsbesorgungsverträge begründet hatten, einvernehmlich mit der Beklagten sämtliche Verträge zum Ende September 2008 aufgehoben haben. Auch die Mietverträge seien aufgehoben worden. Die Räume, die die Beklagte besetzt hatte, seien nunmehr von der K… eingenommen worden. Weitere Werbeaktivitäten und weitere Verkaufsaktivitäten seien nach dem September 2008 nicht vorgenommen worden. Das ist in all den Details unbestritten geblieben. Die Beklagte hat das Kündigungsschreiben vom 14.07.2008, mit dem die Geschäftsbesorgungsverträge mit der K… und der K… gekündigt wurden, zur Akte gereicht (Anlage B 4, Bl. 112 d. A.). Ebenfalls zur Akte gereicht wurde die schriftliche Reaktion der K… vom Folgetag (Bl. 123 d. A.), wonach der Geschäftsbesorgungsvertrag einvernehmlich zum 30.09.2008 beendet wurde. Auf die ungewöhnlich kurzfristige Reaktion angesprochen, hat der Zeuge M… ausgesagt, dass die Geschäftsführer oftmals gemeinsame Termine in einem der Betriebe wahrnehmen, da sie dezentral organisiert seien. Es fänden regelmäßige Treffen in einem der Betriebe statt. Darauf könne durchaus die zügige Antwort beruhen.

Auch wenn die Kammer nicht übersehen hat, dass sowohl das Kündigungsschreiben als auch das die vorzeitige Beendigung bestätigende Schreiben vom Folgetag vom damaligen Geschäftsführer der Beklagten und gleichzeitigen Geschäftsführer der K… unterschrieben wurde, lässt dieses keinen zwingenden Rückschluss darauf zu, die Dokumente seien fingiert und rechtlich unbeachtlich. Greifbare Anhaltspunkte hierfür sind nicht ersichtlich. Insoweit fehlt entsprechendes detaillierteres substantiiertes Vorbringen. Zulässigerweise zu berücksichtigen ist auch, dass die Beklagte tatsächlich mit Wirkung zum 30.09.2008 stillgelegt wurde. Dass es sich insoweit nur um eine fingierte Stilllegung handelte und dass die Aufgabenbereiche der Beklagten ganz oder teilweise nunmehr von einer anderen Gesellschaft der V…-Gruppe weitergeführt werden, hat der Kläger nicht vorgetragen. Konkrete, sich aus der Akte ergebende Anhaltspunkte hierfür sind nicht vorhanden.

2. Die Kündigung ist auch nicht nach § 1 Abs. 3 KSchG unwirksam.

a) Danach ist eine aus dringenden betrieblichen Erfordernissen ausgesprochene Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn eine fehlerhafte Sozialauswahl durchgeführt wurde.

Da die Beklagte allen ihren Arbeitnehmern gekündigt hat, kommt vorliegend eine fehlerhafte Sozialauswahl nur unter dem Gesichtspunkt eines möglichen Erfordernisses einer unternehmensübergreifenden Sozialauswahl in Betracht. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen eines gemeinschaftlichen Betriebes.

b) Bilden mehrere Unternehmen einen gemeinschaftlichen Betrieb, so ist die Sozialauswahl bis zu einer etwaigen Auflösung des Gemeinschaftsbetriebes auf den gesamten Betrieb zu erstrecken. Eine unternehmensübergreifende Sozialauswahl ist allerdings dann nicht vorzunehmen, wenn der Gemeinschaftsbetrieb im Zeitpunkt der Kündigung nicht mehr besteht (BAG vom 29.11.2007 – 2 AZR 763/06 – zitiert nach JURIS, Rz. 23 m. w. N.). Dieser Rechtsgrundsatz gilt jedoch nicht nur dann, wenn im Zeitpunkt der Kündigung einer der Betriebe, die einen Gemeinschaftsbetrieb gebildet haben, bereits stillgelegt ist. Die „gemeinsame Klammer“, die eine unternehmensübergreifende Sozialauswahl veranlasst hat, ist regelmäßig auch dann entfallen, wenn im Zeitpunkt der Kündigung der eine der Betriebe, die zusammen einen Gemeinschaftbetrieb gebildet haben, zwar noch nicht stillgelegt ist, aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung, die bereits greifbare Formen angenommen hat, aber feststeht, dass er bei Ablauf der Kündigungsfrist des Arbeitnehmers stillgelegt sein wird (BAG vom 29.11.2007 – 2 AZR 763/06 – zitiert nach JURIS, Rz. 24 m. w. N.; BAG vom 21.05.2008 – 8 AZR 84/07 – zitiert nach JURIS, Rz. 32).

c) Das ist vorliegend der Fall, so dass dahingestellt bleiben kann, ob die Beklagte tatsächlich zusammen mit der K… und/oder der K… einen Gemeinschaftsbetrieb gebildet hat. Wie bereits erstinstanzlich zutreffend festgestellt und auch vorstehend unter Ziffer 1 b) dargelegt wurde, stand mit dem Gesellschafterbeschluss vom 14.07.2008 fest, dass der Betrieb zum 30.09.2008 stillgelegt sein wird. Die Kündigungsfrist des Klägers lief jedoch erst ab am 31.03.2009. Zu diesem Zeitpunkt war ein etwaiger Gemeinschaftsbetrieb in jedem Fall stillgelegt.

3. Der Wirksamkeit der Kündigung steht auch nicht eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem freien Arbeitsplatz im Konzern der V…-Gruppe entgegen.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist das Kündigungsschutzgesetz nicht konzernbezogen. Der Arbeitgeber ist vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung grundsätzlich nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem anderen Betrieb eines anderen Unternehmens unterzubringen. Ausnahmsweise kann jedoch eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht bestehen, z. B. dann, wenn sich ein anderes Konzernunternehmen ausdrücklich zur Übernahme des Arbeitnehmers bereit erklärt hat, sowie vor allem dann, wenn sich eine solche Verpflichtung unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag oder einer sonstigen vertraglichen Absprache oder der in der Vergangenheit geübten Praxis ergibt. Weitere Voraussetzung einer derartigen unternehmensübergreifenden Weiterbeschäftigungspflicht ist ein bestimmender Einfluss des Beschäftigungsbetriebs bzw. des vertragsschließenden Unternehmens auf die „Versetzung“. Die Entscheidung darüber darf grundsätzlich nicht dem zur Übernahme bereiten Unternehmen vorbehalten sein. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Möglichkeit der Einflussnahme aufgrund eindeutiger rechtlicher Regelungen (z. B. aufgrund eines Beherrschungsvertrages) oder eher nur faktisch besteht (BAG vom 23.04.2008 – 2 AZR 1110/06 – zitiert nach JURIS, Rz. 22 m. w. N.).

b) Das Vorliegen der Voraussetzungen einer Ausnahmefallkonstellation, die ausnahmsweise der Beklagten eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht auferlegen, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt. Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Beklagte u. a. mit der K… und der K… sowie diversen anderen Unternehmen in vielfältiger Weise personell aufs Engste verknüpft und verwoben ist. Der noch erstinstanzliche Zeuge M… ist mittlerweile auch Geschäftsführer der Beklagten und darüber hinaus Geschäftsführer der K… und der K…. Das ist nicht von der Hand zu weisen, jedoch rechtlich allein noch kein Grund für die Annahme eines bestimmenden Einflusses des Beschäftigungsbetriebes auf die K… oder die K…. Auch aus der räumlich engen Verknüpfung wird dieses nicht allein ersichtlich. Zum Vorliegen einer faktischen Einflussnahmemöglichkeit hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen. Insoweit hätte es der Darlegung konkreter Beispielfälle bedurft. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang auch nichts Näheres dazu vorgetragen, wie es zur Weiterbeschäftigung der ehemaligen Arbeitskollegen Ö… und V… gekommen ist, wer wann die maßgeblichen Gespräche geführt hat, auf wessen Veranlassung dieses geschehen ist etc.. Die Führung eines Ausforschungsbeweises zur Erfragung derartiger Details ist unzulässig.

Auch aus der Zusatzvereinbarung vom 13.10.1978 kann eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht nicht, jedenfalls nicht mehr abgeleitet werden. Es ist bereits fraglich, ob diese Zusatzvereinbarung aus dem Jahre 1978 nicht bereits ihre Wirkung verloren hat, nachdem der Kläger nach vorübergehender Beschäftigung bei der K… ab 01.06.1990 wieder in einem Arbeitsverhältnis zur K… stand. Selbst wenn insoweit angesichts des Schreibens der Beklagten vom 28.07.1999 davon ausgegangen werden sollte, dass ungeachtet der diversen Vertragswechsel die Zusage vom 13.10.1978 nach wie vor seine Gültigkeit haben sollte, ist vorliegend für die Kammer von entscheidender Bedeutung, dass der Kläger am 16.01.2002 eine Eigenkündigung ausgesprochen hat. Ob dieses auf Veranlassung der Beklagten geschehen ist, sei dahingestellt. Damit hat der Kläger jedenfalls von sich aus ein rechtliches Band beendet und mit Wirkung ab 01.01.2002 einen neuen Arbeitsvertrag mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die sich nur als Teil aus der K… abgespalten hat, begründet. Auch wenn dieses unter „Besitzstandwahrung“ geschehen ist, ist bereits höchst fraglich, ob unter dieser Besitzstandwahrung die Zusatzvereinbarung vom 13.10.1978 fällt. Jedenfalls hat sich die K… nach dem Wortlaut dieser Zusatzvereinbarung nur zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger verpflichtet, wenn die K… ihren Geschäftsbetrieb nicht fortführt. Die K… existiert jedoch nach wie vor. Aus dem Wortlaut der Zusatzvereinbarung kann daher ebenfalls eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht nicht zwingend abgeleitet werden.

Angesichts all dieser Einzelfaktoren kann hier nicht vom Vorliegen des Ausnahmefalls einer konzernbezogenen Weiterbeschäftigungspflicht ausgegangen werden. Fairnessgesichtspunkte im Umgang der Beklagten mit dem Kläger können zu keinem anderen rechtlichen Ergebnis führen.

4. Nach alledem war der Kündigungsschutzantrag unbegründet. Die Klage ist zu Recht abgewiesen worden, so dass die Berufung zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor, so dass die Revision nicht zuzulassen war. Vorliegend handelt es sich ausschließlich um eine Einzelfallenscheidung.

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