Skip to content

Betriebsbedingte Kündigung – Streichung einer Hierarchieebene

Hessisches Landesarbeitsgericht – Az.: 14 Sa 587/15 – Urteil vom 13.05.2016

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Dezember 2014 – 21 Ca 4666/14 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um die Wirksamkeit zweier ordentlicher, aus betriebsbedingten Gründen ausgesprochener Kündigungen der Beklagten.

Der Kläger ist seit dem 1. Januar 2003 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrags vom 28. August 2002 (Bl. 5 d.A.) zuletzt als Managing Direktor im Bereich A beschäftigt, wobei streitig ist, ob ihm dort zuletzt ausschließlich die Kundenbetreuung hinsichtlich der Produktbereiche B und C oblag.

Sein durchschnittliches Bruttomonatseinkommen einschließlich Boni belief sich zuletzt auf 34.166,67 EUR.

Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens, ihrer Anträge, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird im Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

In der Berufungsinstanz ist unstreitig geworden, dass innerhalb der Abteilung D nach April 2014 zwei weitere Senior Sales-Mitarbeiter nämlich Herr E und Herr F bei der Beklagten ausgeschieden sind. Herr G wurde zum Managing Director ernannt und ist seit seiner Beförderung zum „Head of Fixed Income Solutions“ nicht nur Leiter des Bereichs H, sondern zudem Leiter des Bereichs I. Seine Kompetenzen wurden erweitert und der Bereich J ist nur noch Teilaspekt seiner Tätigkeit. Im Jahr 2014, nach der Freistellung des Klägers, wurde Herr K mit einem jährlichen Fixgehalt in Höhe von 70.00,00 EUR im Rahmen einer Vollzeitstelle in das Team des Klägers aufgenommen. Vorgesetzter von Herrn K ist Herr G.

Eine Information der bisherigen externen Ansprechpartner der Kunden des Klägers über eine Strategieänderung der Beklagten hat nicht stattgefunden. Diese haben auch keine Mitteilung darüber erhalten, dass man sie nicht mehr oder nicht mehr wie bisher betreuen werde.

Zur Erfüllung des im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Weiterbeschäftigungsanspruchs beschäftigte die Beklagte den Kläger vom 1. Dezember 2014 bis zum 30. April 2015 im Wege einer Prozessbeschäftigung in dem Bereich L. Im Rahmen einer Änderungskündigung bot sie ihm eine freie Stelle als Businessmanager in diesem Bereich auf dem Level eines Vice President an. Der Kläger nahm das Angebot unter Vorbehalt an und übt die Stelle jedenfalls seit dem 1. Mai 2015 aus.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat den Kündigungsschutzanträgen mit Urteil vom 18. Dezember 2014 – 21 Ca 466/14 – stattgegeben und die allgemeine Feststellungsklage als unzulässig abgewiesen. Es hat angenommen, sowohl die Kündigung vom 24. Juni 2014 als auch die vom 14. Juli 2014 seien mangels sozialer Rechtfertigung unwirksam. Die Beklagte habe nicht ausreichend substantiiert zur Begründung des Wegfalls des Arbeitsplatzes des Klägers vorgetragen, insbesondere nicht ausreichend die Auswirkungen der unternehmerischen Vorgaben und Planungen für das zu erwartende Arbeitsvolumen dargelegt. Hier beschränke sich ihr Vortrag im Wesentlichen auf die pauschale Behauptung, die Kundenbetreuung im Bereich H werde genau den Umfang haben, dass die verbliebenen Mitarbeiter die Aufgaben ohne überobligatorische Mehrarbeit leisten können. Ein solcher Vortrag sei jedoch nicht ausreichend, um dem Gericht die Überprüfung der Durchführung und Nachhaltigkeit der behaupteten Entscheidung zu ermöglichen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 23. April 2015 zugestellte Urteil am 22. Mai 2015 Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23. Juli 2015 am 23. Juli 2015 begründet.

Die Beklagte rügt, das Arbeitsgericht habe den Prüfungsmaßstab betreffend die getroffene unternehmerische Entscheidung verkannt und die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers im Hinblick auf die organisatorische Durchführbarkeit der unternehmerischen Entscheidung überspannt. Es habe im Übrigen übersehen, dass ihre unternehmerische Entscheidung nicht allein im Abbau einer Hierarchieebene oder der Streichung eines Arbeitsplatzes bestanden habe, sondern vielmehr außerbetriebliche Umstände Anlass für ihre Entscheidung gewesen seien. Insoweit behauptet die Beklagte weiterhin, der Kläger sei nur innerhalb des Bereichs H tätig gewesen und innerhalb dieses Bereichs seit Jahren ausschließlich auf J spezialisiert gewesen und zwar auf B und C ihrer Kunden. Der Markt für B sei in Deutschland aber eingebrochen. Infolge der Finanzkrise hätten die deutschen Banken einschließlich ihrer Kunden im Bereich J ihre Bilanzen verstärkt um USD-Werte bereinigt bzw. diese reduziert, indem sie sich von entsprechenden Investments, insbesondere also auch B getrennt hätten. Ähnliches gelte für Refinanzierungslösungen, wie sie sie im Bereich der J angeboten habe. Der Markteinbruch im Geschäftsbereich des Klägers spiegele sich auch in einem Einbruch des vom Kläger in diesem Bereich generierten Ertrags wieder, der von ca. 14 Mio. US-Dollar im Jahre 2011 und 18 Mio. US-Dollar im Jahr 2012 auf einen Ertrag von nur ca. 6 Mio. US-Dollar im Jahre 2013 und auf 938.000 US-Dollar in der ersten Jahreshälfte des Jahres 2014 zurückgegangen sei. Durch den kleiner gewordenen Markt fänden auch weniger Transaktionen statt, mit der Folge, dass weniger Mails, Telefonate, Vertragsverhandlungen, Besprechungen und Kundenbesuche anfielen. Der Kunde M, auf den der Kläger über Jahre hinweg mehr als 50 Prozent seines Arbeitseinsatzes erbracht habe, habe aufgrund der dargestellten Entwicklung im Geschäftsbereich J schon seit längerem keine Transaktionen mehr getätigt.

Die Beklagte behauptet, basierend auf diesen äußeren Umständen habe sie in der Woche vom 7. April 2014 entschieden, im Geschäftsbereich des Klägers angesichts der stark rückläufigen Geschäftsentwicklung und einer negativen Prognose bezüglich des zukünftigen Potenzials des Geschäftsbereichs, die bislang durch den maßgeblichen Einsatz von Senior Sales-Mitarbeitern geprägte Salesstrategie – auch aus Kostengründen – aufzugeben und die Senior-Sales-Ebene zum Ende des zweiten Quartals, d. h. zum Juni 2014 zu reduzieren und nur noch mit einer reduzierten Zahl von Senior Sales-Mitarbeitern tätig zu werden. Insoweit habe sie entschieden, dass der Vorstand, Herr N, zusammen mit dem Head of Fixed Income Sales, Herrn O, die Kundenbetreuung für Bankkunden in Deutschland im Bereich P noch stärker als zuvor übernehmen solle, soweit auf Kundenseite Senior-Mitarbeiter beteiligt sind, bzw. verstärkt als Ansprechpartner für die verbliebenen Mitarbeiter zur Verfügung stehen solle. Hierbei sollten beide Herren wie schon bislang durch Herrn G und dessen Team unterstützt werden. Mit dieser unternehmerischen Entscheidung gehe eine Veränderung von Arbeitsabläufen einher. So seien bisher Besuche bei Kunden, Anrufe, Besprechungen und die Bearbeitung von Projektaufgaben regelmäßig unter ständiger Begleitung von Senior-Sales-Mitarbeitern abgewickelt worden. Dagegen erfolgte nun die Kontrolle und die Begleitung jüngerer Mitarbeiter durch Senior-Sales-Mitarbeiter mit deutlich reduziertem Zeitaufwand. So nähmen diese nicht mehr an allen Besprechungen und Telefonaten persönlich teil, sondern nur von Zeit zu Zeit über einen besonders wichtigen Punkt. Während früher eine „Doppelbetreuung“ durch Senior-Sales-Manager stattgefunden habe, weil regelmäßig ein oder mehrere Teammitglieder mit geringerer Berufserfahrung und oft sogar mehrere Teammitglieder auf Seniorebene an Telefonaten und Besprechungen teilgenommen hätten, sei dies nach dem neuen Organisationskonzept nicht gewünscht und werde so auch nicht mehr wahrgenommen. Dass weniger Zeit für die Erledigung einer Aufgabe zur Verfügung stehe, könne und werde auf vielfältige Weise kompensiert, etwa durch Weglassen nicht zwingend notwendiger Zwischenschritte, durch Akzeptanz einer höheren Fehlerquote, durch Vermeidung von Mehrfachbesetzungen bei der Erarbeitung eines Arbeitsprodukts und durch Vermeidung von „Zeitfressern“, insbesondere langatmigen Besprechungen, Telefonkonferenzen, Schriftwechsel usw.

Die Beklagte behauptet, die getroffene unternehmerische Entscheidung sei auch mit Freistellung des Klägers im Juni 2014 für den Bereich H umgesetzt und damit nach außen dokumentiert worden. Seit der Freistellung des Klägers werde wie geplant die Kundenakquise und Betreuung in diesem Bereich durch die Herren N und O durchgeführt, soweit auf Kundenseite Senior-Mitarbeiter stehen und die Betreuung auf der hohen Hierarchieebene Erfolg versprechend oder notwendig erscheine. Diese nähmen nun vermehrt Senior-Meetings mit Kunden wahr, Herr O zum Beispiel mit mindestens 20 % mehr als zuvor. Sie würden durch Herrn G und dessen Team unterstützt, die weiterhin die Kundenbetreuung unterhalb des Senior-Levels durchführten. Werde die aktive Betreuung der Kunden des Klägers nicht durch die Herren N und O unterstützt durch Herrn G durchgeführt, werde diese infolge der unternehmerischen Entscheidung auf alle Schultern im Bereich H verteilt. Die Einstellung des Berufsanfänger Herr K stehe dem Wegfall des Beschäftigungsbedarfs für den Kläger nicht entgegen. Dies ergebe sich schon daraus, dass er – unstreitig – nicht in der Lage sei, die Aufgaben des Klägers wahrzunehmen.

Die Beklagte behauptet, entsprechend der von ihr gestellten Prognose führe die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung auch nicht zu einer rechtswidrigen Leistungsverdichtung und damit verbunden einer überobligatorischen Mehrarbeit und zwar weder bei Herrn O noch bei Herrn G oder dessen Mitarbeitern. Insoweit sei zu beachten, dass in den betroffenen Sales-Funktionen nicht von einer unveränderten und gleichbleibenden Arbeitsmenge auszugehen sei, sondern die Arbeitsmenge der vorhandenen Arbeitskapazität angepasst werden könne und mit der Freistellung des Klägers auch tatsächlich auf die Arbeitskapazität der verbleibenden Mitarbeiter angepasst worden sei. Sei die aktive Kundenbetreuung im Bereich D einschließlich des Bereichs H nur noch in eingeschränktem Umfang möglich, werde dies von ihr nicht nur wirtschaftlich hingenommen, sondern entspreche gerade ihrer neue Strategie. Herr O habe seine Reisetätigkeiten wesentlich reduziert, um vor allem den verbleibenden Mitarbeitern als Ansprechpartner auf Seniorebene zur Verfügung zu stehen. Insbesondere reise dieser nur noch etwa alle drei Wochen zu Gesprächen bei der Konzerngesellschaft in London. Auch hierdurch trete eine Entlastung für die Mitarbeiter des Teams ein. Hinsichtlich ihrer Darlegungslast zur Frage der überobligatorischen Leistung habe das Arbeitsgericht verkannt, dass ihr Vortrag zu den für einzelne Tätigkeiten benötigten Einsatzzeiten oder der vorgehaltenen Arbeitszeit schlicht unmöglich sei. Es habe außer Betracht gelassen, dass es sich bei der vom Kläger erbrachten Tätigkeit um Dienstleistungen handele, die nur schwer quantifizierbar seien und deshalb in diesem Bereich kein überzogener Maßstab an die Darlegungspflicht des Arbeitgebers gelegt werden dürfte.

Die Beklagte behauptet, Mitarbeiter im Bereich H bestimmten die Dauer und Lage ihrer Arbeitszeit sowie ihre Pausen selbst und diese würden auch nicht dokumentiert. Dementsprechend könne sie nicht erkennen, in welchem Umfang Mitarbeiter tatsächlich während eines einzelnen Arbeitstages anwesend seien und gegebenenfalls Überstunden leisteten oder auch an ruhigeren Tagen Überstunden abbauten. Der für die Abteilung betriebsübliche Arbeitszeitrahmen liege dabei zwischen 8.30 Uhr morgens und 18.00 Uhr abends, wobei die Mitarbeiter innerhalb dieses Rahmens eigenständig die Dauer und Lage ihrer Arbeitszeit, ihrer Pausen sowie sonstige private Abwesenheitszeiten bestimmten. Seit der Freistellung des Klägers habe sich die Zahl der Arbeitsstunden der Mitarbeiter nicht verändert. Die Arbeitsintensität sei in ihren produktiven Geschäftsbereichen grundsätzlich hoch, was angesichts der gezahlten sehr hohen Gehälter angemessen sei und im Übrigen nicht nur allen, die in diesen Positionen arbeiten bekannt sei, sondern im Hinblick auf die verfolgte Karriere als eigenverantwortlich getätigte Investition in die berufliche Zukunft erbracht werde.

Die Beklagte ist der Auffassung, sie habe die soziale Auswahl ordnungsgemäß durchgeführt. Bezüglich der diesbezüglichen Ausführungen der Beklagten wird auf Seite 38 – 68 der Berufungsbegründungsschrift (Bl. 354 – 381 d.A.) und auf Seite 13 – 23 (Bl. 572 – 582 d.A.) des Schriftsatzes der Beklagten vom 4. Mai 2016 Bezug genommen. Die Beklagte ist auch der Auffassung, der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden. Im Hinblick auf ihren diesbezüglichen Vortrag wird auf Seite 65 – 67 der Berufungsbegründungschrift (Bl. 381 – 383 d.A.) verwiesen.

Schließlich behauptet die Beklagte, zum Zeitpunkt der Kündigungsentscheidung und des Ausspruchs der Kündigung am 24. Juni und am 14. Juli 2014 habe auch keine Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung des Klägers auf einem anderen freien zumutbaren und geeigneten Arbeitsplatz existiert. Erst im Dezember 2014 habe es bei ihr die freie Stelle als Businessmanager im Bereich L auf dem Level eines Vice President, gegeben, die der Kläger – insoweit unstreitig – im Rahmen einer später ausgesprochenen Änderungskündigung unter Vorbehalt annahm und seit dem 1. Mai 2015 ausübt. Diese Stelle unterscheide sich von der, auf der der Kläger aufgrund des im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Weiterbeschäftigungsanspruchs vom 1. Dezember 2014 bis zum 30. April 2015 tätig geworden sei. Den Projekttätigkeiten, mit denen der Kläger insoweit im Wege der Prozessbeschäftigung beschäftigt worden sei, liege keine freie und dauerhafte Position auf dem Level eines Managing Direktor im Bereich L zugrunde, sondern sie sei lediglich vorübergehend für die Prozessbeschäftigung geschaffen worden. Tatsächlich frei sei im Dezember 2014 lediglich die ausgeschriebene Stelle gewesen, die dem Kläger mit der Änderungskündigung angeboten wurde. Beide Beschäftigungsmöglichkeiten seien zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigungen aber noch nicht absehbar gewesen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Dezember 2014 – 21 Ca 466/14 – teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und behauptet weiterhin, die Möglichkeiten für seine Weiterbeschäftigung seien nicht entfallen. Er sei nicht ausschließlich auf die Bereiche B und C spezialisiert oder nur in diesem Bereich tätig gewesen. Vielmehr habe er eine Vielzahl weiterer Aufgaben wahrgenommen, die sich zum Teil auch aus dem starken Wandel an den Finanzmärkten seit Ausbruch der Finanzkrise ergeben hätten. Es handele sich hierbei etwa um Lösungen zur Optimierung des Eigenkapitals, zur gesicherten Refinanzierung in Fremdwährungen, zur Umschuldung notleidender Kredite, zur Verbesserung der Zinsmarge, etwa durch Zinsderivate, zur Vermeidung von Volatilität in der Gewinn- und Verlustrechnung, zum Abbau von Altportofolien, zu Kooperationen mit Private Equity Firmen und Hedgefonds, für Kooperationen mit Versicherungen und Pensionskassen und für Institutsgruppen, denen auf Grund der Basel 3-Regelungen Nachteile in der Fremdwährungsumrechnung ihrer Beteiligungen entstehen. Es sei unzutreffend, dass er 50 % seiner Arbeitszeit mit dem Kunden M verbracht habe, er habe vielmehr zusätzlich die Kunden Q, R, S, T und U betreut.

Der Kläger behauptet, abgesehen davon, dass die Beklagte den Kreis der von ihm ausgeübten Tätigkeiten viel zu eng ziehe, seien noch nicht einmal diese Tätigkeiten weggefallen. Das Geschäft für Transaktionen und Solutions sei nicht eingebrochen. Gleiches gelte für den Markt für B. Bis heute gäbe es zahlreiche Transaktionen zur Auflösung und Refinanzierung von Portofolien, die früher verkauft worden seien.

Er behauptet weiterhin, die Sales-Strategie der Beklagten sei jedenfalls nicht mehr stark durch den Einsatz von Senior-Sales-Mitarbeitern geprägt gewesen, nachdem die Beklagte beispielsweise im Jahr 2008 einen umfangreichen Personalabbau vorgenommen habe, der insoweit fast ausschließlich Directors und Managing Directors betroffen habe. Es habe insofern ein Austausch von erfahrenen Mitarbeitern gegen jüngere Mitarbeiter stattgefunden, die zumeist den Titel Associate oder Vice President geführt hätten. Eine Unterstützung bei Kundengesprächen durch die Herren N und O habe nur sehr unregelmäßig stattgefunden, da diese andere Aufgaben wahrnähmen und im Zuge dessen häufig abwesend bzw. auf Dienstreise seien.

Eine unternehmerische Entscheidung der Beklagten, die zum Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten führe, sei nicht getroffen worden. Offenbar hätten lediglich bestehende Tätigkeiten umverteilt werden sollen, ohne dass eine Änderung der Organisation erfolgt sei. Insbesondere sei nicht entschieden worden, die Herren N und O zusätzlich in die Betreuung von Kunden einzubinden. Ein solches Vorhaben sei auch nicht umgesetzt worden. Die Herren N und O hätten keinerlei freie Kapazitäten, um nunmehr Kunden zu betreuen, die bislang er betreut habe oder Neukunden zu akquirieren. Auch andere Mitarbeiter des Bereichs verfügten nicht über freien Kapazitäten, dies es ermöglichten, ihnen zusätzliche Arbeiten zuzuweisen, die bisher er verrichtet habe, ohne dass dies zwangsläufig zu einer überobligatorischen Mehrarbeit des betroffenen Mitarbeiters führe. Dass es tatsächlich nicht um eine Umstrukturierung, sondern um eine singuläre Entscheidung gegangen sei, sich von ihm trennen zu wollen, zeige sich auch daran, dass die Beklagte seinen unmittelbaren Kollegen Herrn G – insoweit unstreitig – zum Managing Director befördert habe. Gleiches gelte im Hinblick auf die unstreitige Einstellung des Mitarbeiters K im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Freistellung und Entlassung. Eine Verkleinerung der Teams, die sich um Projekte kümmern, sei nicht erfolgt. Auch in der Vergangenheit seien nur maximal zwei Mitarbeiter pro Projekt gleichzeitig eingesetzt gewesen.

Der Kläger behauptet, die Mitarbeiter seines Teams arbeiteten in der Regel von 8.00 Uhr morgens bis mindestens 18.30 Uhr – 19.00 Uhr abends, meistens ohne Mittagspause. Hinzu kämen zahlreiche Dienstreisen in Deutschland und nach London sowie häufige Abendveranstaltungen bei Kunden. Einzelne Teammitglieder kämen mehrmals im Jahr auch an Wochenenden ins Büro. Unter Kundenbetreuung sei im Zusammenhang mit typischen Projekten eine oftmals tägliche und zum Teil über Stunden andauernde Rücksprache und Abstimmung mit den Kunden zu verstehen. Dabei müssten die Mitarbeiter auch sicherstellen, dass sie für die Kunden erreichbar sind, um Rückfragen und Problemstellungen ohne zeitlichen Aufschub beantworten zu können. Dementsprechend würden bei Mitarbeitern dieses Bereichs die arbeitsvertraglich und gesetzlich festgelegten Höchstarbeitszeiten immer erreicht, wobei es auch regelmäßig zu deutlich höheren Arbeitszeiten komme, auch ohne dass seine Aufgaben auf andere Mitarbeiter übertragen würden. Tatsächlich werde die Arbeitszeit der Mitarbeiter sehr wohl kontrolliert. So werde großer Wert darauf gelegt, dass die Mitarbeiter ab 8.00 Uhr am Arbeitsplatz seien und überprüft, wann die Mitarbeiter sich in die IT-Systeme einloggen. In gleicher Weise werde zum Feierabend Druck aufgebaut, der dazu führe, dass die Mitarbeiter möglichst nicht bereits um 18.30 Uhr gehen. Zwar würden Überstunden nicht konkret angeordnet, es werde jedoch von den Mitarbeitern erwartet, dass sie diese erbringen, um das Arbeitspensum zu erfüllen.

Der Kläger behauptet, die Stelle, auf der er im Wege der Weiterbeschäftigung seit dem 1. Dezember 2104 beschäftigt werde, sei mit der identisch, die ihm im Rahmen der Änderungskündigung angeboten wurde, und die er unstreitig seit Mai 2015 ausübt. Lediglich die Höhe seines Gehaltes, nicht jedoch die ihm zugewiesenen Aufgaben hätten sich geändert. Hinsichtlich des Vortrags des Klägers zur Sozialauswahl wird auf Seite 33 – 42 der Berufungserwiderung (Bl. 478 – 487 d.A.) und auf Seite 11 – 14 seines Schriftsatzes vom 11. Mai 2016 (Bl. 608 – 611 d.A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 13. Mai 2016 verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist statthaft, §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 64 Abs. 2 c) ArbGG, § 511 ZPO. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO.

II.

Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Kündigungsschutzklage ist begründet. Die Kündigungen der Beklagten vom 24. Juni 2014 und vom 14. Juli 2014 sind unwirksam. Sie sie sind sozialwidrig, § 1 Abs. 1 und 2 KSchG. Kündigungsgründe, die die Kündigungen sozial rechtfertigen, sind nicht gegeben. Die Kündigungen sind nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse – auf andere Kündigungsgründe beruft sich die Beklagte nicht – bedingt.

Ob die Kündigungen zudem wegen fehlerhafter Sozialauswahl, § 1 Abs. 3 KSchG und/ oder unzureichender Anhörung des Betriebsrats, § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG, unwirksam sind, kann offen bleiben.

1.

Eine Kündigung ist iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, wenn der Bedarf für eine Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers im Betrieb voraussichtlich zum Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist dauerhaft entfallen ist. Dazu müssen im Tätigkeitsbereich des Gekündigten zu diesem Zeitpunkt voraussichtlich mehr Arbeitnehmer beschäftigt sein, als zur Erledigung der zukünftig anfallenden Arbeiten benötigt werden. Entscheidend ist, dass im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung die auf Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt ist, mit Ablauf der Kündigungsfrist werde mit hinreichender Sicherheit ein die Entlassung erforderlich machender betrieblicher Grund vorliegen (BAG std. Rechtspr. vgl. nur BAG 20. Februar 2014 – 2 AZR 346/12 –, BAGE 147, 237).

Betriebliche Erfordernisse, die eine Kündigung bedingen, können sich zum einen aus außerbetrieblichen Umständen ergeben. Passt der Arbeitgeber im Fall eines Auftragsverlustes oder eines reduzierten Auftragsbestands die Anzahl der benötigten Arbeitnehmer an die verbliebene Arbeitsmenge an, kann sich daraus ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung ergeben, wenn der Arbeitsanfall – dauerhaft – so zurückgegangen ist, dass zukünftig für einen oder mehrere Arbeitnehmer kein Bedürfnis für eine Beschäftigung mehr besteht (BAG 20. Februar 2014 – 2 AZR 346/12 – m.w.N. BAGE 147, 237).

Ein Rückgang des Arbeitskräftebedarfs kann sich auch daraus ergeben, dass der Arbeitgeber sich zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer dauerhaft entfallen lässt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur daraufhin, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 20. Februar 2014 – 2 AZR 346/12 – BAGE 147, 237; BAG 29. August 2013 – 2 AZR 809/12 – BAGE 146, 37; BAG 20. Dezember 2012 – 2 AZR 867/11 – NZA 2013, 1003). Ohne Einschränkung nachzuprüfen ist hingegen, ob die fragliche Entscheidung faktisch umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer wirklich entfallen ist (BAG 29. August 2013 – 2 AZR 809/12 – BAGE 146, 37; BAG 24. Mai 2012 – 2 AZR 124/11 – NZA 2012, 1223). Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen. Daran fehlt es, wenn die Entscheidung in ihrer Folge zu einer Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbliebenen Personals führen würde oder sie lediglich Vorwand dafür ist, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird (BAG 20. Dezember 2012 – 2 AZR 867/11 – NZA 2013, 1003; BAG 24. Mai 2012 – 2 AZR 124/11 – NZA 2012, 1223). Der Arbeitgeber muss deshalb, wie vom Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, dann, wenn die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene oder einer einzelnen Stelle hinausläuft und dies mit dem Entschluss verbunden ist, verbleibende Arbeiten umzuverteilen, konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Nur so kann geprüft werden, ob die Entscheidung den dargestellten Voraussetzungen genügt. Der Arbeitgeber muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, d.h. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigt werden können (BAG 20. Februar 2014 – 2 AZR 346/12 – BAGE 147, 237; BAG 29. August 2013 – 2 AZR 809/12 – BAGE 146, 37; BAG 20. Dezember 2012 – 2 AZR 867/11 – NZA 2013, 1003).

2.

Vorliegend versteht die Kammer den Vortrag der Beklagten dahingehend, dass sie sich darauf beruft, dass zum einen außerbetriebliche Umstände nach einer anzustellenden Prognose einen Teil der klägerischen Tätigkeiten entfallen ließen und der verbleibende Teil aufgrund einer getroffenen Unternehmerentscheidung prognostisch entfiel (vgl. etwa Seite 9 des Schriftsatzes vom 12. November 2014, Bl. 112 d.A.). Aber auch wenn man den Vortrag dahingehend versteht, dass die außerbetrieblichen Umstände lediglich Anlass für die behauptete Unternehmerentscheidung war – so ist uU der Vortrag auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 4. Mai 2016 (Bl. 560 d.A.) zu verstehen – ist ein dringendes betriebliches Erfordernis nach den genannten Maßstäben nicht ausreichend vorgetragen.

a) Die insoweit darlegungspflichtige Beklagte hat nicht in einer § 138 Abs. 1, 2 ZPO genügenden Weise dargetragen, dass zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs bereits davon auszugehen war, dass durch die Bindung an außerbetriebliche Umstände die Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers teilweise entfallen sein würde und sie sich zudem zu einer organisatorischen Maßnahme entschlossen hatte, deren Umsetzung nach einer betriebswirtschaftlich vernünftigen Prognose das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Klägers auch im Übrigen beseitigte.

aa) Voraussetzung der Darlegung des prognostizierten Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit des zu kündigenden Arbeitnehmers ist zunächst, dass der Arbeitgeber nachvollziehbar darlegt, mit welchen Aufgaben der Arbeitnehmer zuvor befasst war. Nur dann können die Auswirkungen außerbetrieblicher Umstände oder innerbetrieblicher Organisationsentscheidungen auf das Beschäftigungsvolumen, an dessen Erledigung der gekündigte Arbeitnehmer beteiligt ist, beurteilt werden. Bereits daran fehlt es hier. Der pauschale Vortrag der Beklagten, der Kläger sei nur innerhalb des Bereichs H tätig gewesen und innerhalb dieses Bereichs seit Jahren ausschließlich auf J spezialisiert gewesen und zwar auf B und C ihrer Kunden reicht insofern nicht aus. Der Kläger hat dies sowohl erstinstanzlich als auch in der Berufungserwiderung substantiiert bestritten und vorgetragen, dass er nicht auf die genannten Produkte beschränkt, sondern auch mit Kreditprodukten, Verbriefungen und Repo-Geschäften befasst war. Er hat im Einzelnen dargetan, im Bereich welcher weiterer Aufgabenstellungen er beschäftigt war. Er hat dargelegt, dass er nicht nur im konkreten Kundenauftrag tätig war, sondern auch ohne das Vorliegen eines solchen neue Geschäftsmodelle und Produkte entwickelt hat. Auf diesen Vortrag hat die Beklagte nicht erwidert. Weder hat sie dargelegt, dass sich bei den vom Kläger genannten Aufgaben lediglich um Teilaufgaben der von ihr genannten Aufgabenbereiche handele noch hat sie bestritten, dass der Kläger die genannten Aufgaben ausführte.

bb) Die Beklagte hat aber auch nicht einer den dargestellten Anforderungen entsprechenden Weise dargelegt, dass zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs davon auszugehen war, dass bereits aufgrund außerbetrieblicher Umstände das Arbeitsvolumen, an dessen Erledigung der Kläger beteiligt oder für dessen Erledigung er zuständig war, reduziert war. Dabei ist ihr Vortrag selbst dann unzureichend, wenn man entgegen der Ausführungen unter aa) ihren vom Kläger substantiiert bestrittenen Vortrag zugrunde legt, er sei ausschließlich mit B und der C befasst gewesen. Soweit sie vorgetragen hat, es habe einen Markteinbruch in diesem Geschäftsbereich des Klägers gegeben und insoweit die Ertragsentwicklung betreffend die vom Kläger erwirtschafteten Beträge in diesem Bereich seit 2011 darstellt, reicht dies nicht aus. Es fehlt bereits an einem Vortrag, in welchem Umfang die Beschäftigungsmöglichkeit durch die behaupteten außerbetrieblichen Umstände entfallen sein soll (sofern der Vortrag so verstanden werden soll, dass sie sich hierauf beruft). Dies wäre der Beklagten jedoch möglich gewesen – es müsste ja nach ihrem Vortrag bereits vor Treffen der behaupteten Unternehmerentscheidung im April 2014 ein Teil des Beschäftigungsbedürfnis entfallen sein, d.h. der Kläger hätte nicht mehr in Vollzeit beschäftigt werden können.

Zudem muss der Arbeitgeber wenn er die Kündigung mit äußeren Umständen begründet, anhand seiner Auftrags- und Personalplanung im Einzelnen darstellen, warum nicht nur eine kurzfristige Abwärtsbewegung vorliegt, sondern ein dauerhafter Auftragsrückgang zu erwarten ist. Die Möglichkeit einer „normalen“, im Rahmen des Üblichen liegenden Auftragsschwankung muss prognostisch ausgeschlossen sein (BAG 20. Februar 2014 – 2 AZR 346/12 – BAGE 147, 237; BAG 23. Februar 2012 – 2 AZR 482 – NZA 2012, 852; BAG 18. Mai 2006 – 2 AZR 412/05 – DB 2006, 1962). Dem muss der Sachvortrag des Arbeitgebers gerecht werden. Er hat den nachhaltigen Rückgang des Arbeitsvolumens nachvollziehbar darzustellen, indem er die einschlägigen Daten aus repräsentativen Referenzperioden miteinander vergleicht (BAG 20. Februar 2014 – 2 AZR 346/12 – BAGE 147, 237; BAG 23. Februar 2012 – 2 AZR 482 – NZA 2012, 852). Abgesehen davon, dass ein Rückschluss von Ertrag auf Arbeitsvolumen nicht zulässig ist, hat die Beklagte hier zu einer betriebswirtschaftlich nachvollziehbaren prognostischen Entwicklung der beiden Bereiche zum Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist keinen Vortrag geleistet, sondern nur Zahlen der letzten Jahre benannt und zwar nur bezogen auf den vom Kläger erwirtschafteten Ertrag. Auch der pauschale und vom Kläger bestrittene Vortrag, er habe 50% seines Arbeitseinsatzes für die M erbracht und hier seien „seit längerem“ keine Transaktionen mehr getätigt worden, vermag die Kündigung nicht zu rechtfertigen. Entscheidend ist allein die zu erwartende Auftragsentwicklung, die gfs. anhand konkreter Referenzzeiträume aus der Vergangenheit zu prognostizieren ist.

cc) Ebenso hat die Beklagte nicht in einer ihrer Darlegungslast genügenden Weise vorgetragen, dass sie sich zudem im April 2014 zu einer organisatorischen Maßnahme entschlossen hatte, bei deren Umsetzung nach einer betriebswirtschaftlich vernünftigen Prognose das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Klägers (teilweise) entfiele.

(1) Das Arbeitsgericht hat insofern völlig zu Recht diejenigen Maßstäbe zur Überprüfung eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes angewendet, die das Bundesarbeitsgericht für die Fälle entwickelt hat, in denen die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene oder einer einzelnen Stelle hinausläuft und dies mit dem Entschluss verbunden ist, verbleibende Arbeiten umzuverteilen.

(a) Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe im April 2014 entschieden, die durch den maßgeblichen Einsatz von Senior Sales-Mitarbeitern geprägte Sales-Strategie aufzugeben, die Senior Sales-Ebene zum Ende des 2. Quartals zu reduzieren und nur noch mit einer reduzierten Zahl von Senior Sales-Mitarbeitern tätig zu werden. Sie habe weiter entschieden, dass Herr N und Herr O verstärkt die aktive Kundenbetreuung übernehmen sollten. Zu einer Entscheidung genau – und nur – diesen Inhalts hat die Beklagte auch den Betriebsrat angehört. Hiernach beinhaltet die Unternehmerentscheidung allein die Einschränkung der Funktion der Ebene Senior Sales bei gleichzeitiger Umverteilung der Arbeit auf Mitarbeiter mit geringerer Berufserfahrung einerseits und auf Herrn O und Herrn N andererseits.

(b) Soweit sie sich mit der Berufung darauf beruft, das Arbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass mit ihrer Entscheidung auch eine Veränderung von Arbeitsabläufen einhergehe, ist schon unklar, ob dies nach ihrem Vortrag Teil der im April 2014 getroffenen Unternehmerentscheidung gewesen sein soll. Es reicht nämlich gerade nicht aus, dass nachträglich bestimmte Maßnahmen ergriffen werden, um das Arbeitsvolumen mit weniger Arbeitskräften zu bewältigen, sondern dies muss Teil des vor der Kündigung feststehenden Konzepts gewesen sein. Die Beklagte behauptet insofern, die an den Transaktionen arbeitenden Teams seien verkleinert worden, die Kontrolle und die Begleitung jüngerer Mitarbeiter durch Senior-Sales-Mitarbeiter erfolge mit deutlich reduziertem Zeitaufwand, etwa weil diese nicht mehr an allen Besprechungen und Telefonaten persönlich teilnähmen, internationale Kollegen in London und New York würden stärker einbezogen, nicht zwingende Zwischenschritte würden weggelassen, höhere Fehlerquoten akzeptiert, Zeitfresser und Mehrfachbesetzungen vermieden. Außerdem würden Akquisebemühungen und der Umfang der Kundenbetreuung gesenkt. Im Hinblick auf die hierzu nicht erfolgte Anhörung des Betriebsrats, ist fraglich, ob der Vortrag als Darlegung der Unternehmerentscheidung überhaupt berücksichtigungsfähig wäre. Die genannten Maßnahmen hat die Beklagte zudem so pauschal vorgetragen, dass nicht erkennbar ist, warum und inwieweit sie das Arbeitsvolumen senken. Dass ein verkleinertes Team mit einer Arbeitsaufgabe betreut wird, wirkt sich zunächst nicht auf deren Arbeitszeitbedarf aus. Welche „langatmigen Besprechungen“ in welchem Umfang gekürzt werden und in welchem Umfang dadurch das Arbeitsvolumen gesenkt wird, ist ebensowenig erkennbar, wie die Auswirkungen des Weglassens von „Zwischenschritten“ (welche?) auf den Umfang der zu erledigenden Arbeiten. Soweit sich die Beklagte allgemein darauf beruft, sie habe entschieden, die Akquisebemühungen und den Umfang der Kundenbetreuung zu senken, ist unklar, was dies konkret bedeutet, weil sie insoweit nicht im Einzelnen dargelegt hat, wie sich Akquisebemühungen und die Kundenbetreuung zu den zuvor erbrachten unterscheiden sollten. Der Vortrag beschränkt sich darauf, dass keine Doppelbetreuung mehr erfolgen und weniger Mitarbeiter in Gespräche einbezogen werden sollten. Ob zB auch hingenommen werden sollte, dass keiner für den Kunden erreichbar ist, Terminvereinbarungen nicht eingehalten werden oder schriftliche Kundenanfragen nicht beantwortet werden oder die Beratung weniger qualifiziert erfolgen sollte (Fehlertoleranz?) erschließt sich nicht. Auch eine Zeitersparnis lässt sich nicht – auch nicht im Sinne einer bloßen Plausibilität – quantifizieren. Der Vortrag ist insofern für den Kläger auch nicht einlassungsfähig.

(2) Das Arbeitsgericht hat die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze bei einer auf Streichung einer Hierarchieebene und Umverteilung der Arbeiten auf andere Mitarbeiter gerichteten Unternehmensentscheidung auch zutreffend angewendet und die Anforderungen nicht überspannt. Zwar trifft es zu, dass bei nicht taktgebundenen Arbeiten der Arbeitgeber nicht in jedem Fall minutiös darlegen muss, welche einzelne Tätigkeiten die fraglichen Mitarbeiter künftig mit welchen Zeitanteilen zu verrichten haben (BAG 24. Mai 2012 – 2 AZR 124/11 – Juris). Es ist jedoch auch hier erforderlich, dass der Arbeitgeber die getroffenen Vereinbarungen zu Umfang und Verteilung der Arbeitszeit darstellt und Anhaltspunkte dafür darlegt, dass Freiräume für die Übernahme zusätzlicher Tätigkeiten bestanden (BAG 24. Mai 2012 – 2 AZR 124/11 – Juris)). Die unternehmerische Planung muss – und zwar aus der Sicht des Zeitpunkts Kündigungszugang – plausibel sein. Andernfalls besteht nämlich die Gefahr des Missbrauchs dergestalt, dass es bei tatsächlich nicht gesunkener Arbeitsmenge und bestehender Beschäftigungsmöglichkeit etwa zunächst zur überobligatorischen Belastung anderer Arbeitnehmer und schließlich zu Ersatzeinstellungen kommt. Dem steht das Erfordernis der sozialen Rechtfertigung von Kündigungen aber im Dienstleistungsbereich ebenso entgegen wie im produktiven Bereich.

(3) Die genannten Voraussetzungen erfüllt der Vortrag der Beklagten nicht. Dies hat das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung, der die Kammer gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ausdrücklich vollumfänglich folgt, zu Recht festgestellt. Der zweitinstanzliche Vortrag führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Weder ist hieraus erkennbar, dass bei den Herren N und O zusätzliche Kapazitäten bestanden noch dass die übrigen Mitarbeiter, etwa Herr G über solche verfügte. Auch hat die Beklagte nicht dazu vorgetragen, zu welchen Teilen zusätzlichen Arbeiten von anderen als diesen Mitarbeitern übernommen wurden, welche und wie viele dies sein sollen. Der Vortrag, es werde jedenfalls keiner überobligatorisch belastet und es würden keine Überstunden geleistet mit der gleichzeitigen Behauptung, die Arbeitszeit der Mitarbeiter sei nicht überprüfbar und die Arbeitsbelastung sei generell hoch gewesen, reicht nicht, um die getroffene Entscheidung plausibel zu machen.

(a) Wie bereits dargelegt, ist der Beklagten nicht gelungen, darzustellen, dass bereits durch äußere Umstände zum Zeitpunkt der Kündigung mit einer Verringerung der Arbeitsmenge gerechnet werden konnte und deshalb die Herren O, N und G über Freiräume verfügten. Die Behauptung, Herr O habe seine Reisetätigkeiten um 20% reduziert, weil er nur noch alle drei Wochen anstatt wöchentlich nach London fliege, ist unsubstantiiert. Entscheidend ist, wieviel Arbeitszeit er durch der Reduktion seiner Besuche in London einspart. Auch hierzu behauptet die Beklagte im Übrigen nicht, die Reduktion der Reisetätigkeit sei Teil der Unternehmerentscheidung gewesen und sei daher bei der Plausibilität der bei Kündigungszugang zu stellenden Prognose zu berücksichtigen. Ebenso hat eine Unterrichtung des Betriebsrats zu der behaupteten Reduktion der Reisetätigkeit nicht stattgefunden. Betreffend Herrn G hat die Beklagte gar nicht zu bestehenden Freiräumen vorgetragen. Dieser ist zudem seit seiner Beförderung zum „Head of Fixed Income Solutions“ nicht nur Leiter des Bereichs H, sondern zudem Leiter des Bereichs I. Seine Kompetenzen wurden nach dem Vortrag der Beklagten erweitert und der Bereich J ist nur noch Teilaspekt seiner Tätigkeit. Warum er trotzdem zusätzliche Freiräume haben soll, um Arbeiten des Klägers zu übernehmen, ist für die Kammer nicht erkennbar.Gleiches gilt im Hinblick auf Herrn N, der zum „European Solutions Coordinator“ befördert wurde. Herr K ist nach dem Vortrag der Beklagten nur im Rahmen des allgemeinen Trainee-Programms eingestellt, und kann die Aufgaben des Klägers nicht wahrnehmen, so dass auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass er die Herren O, N und G entlasten kann.

(b) Eine andere Bewertung ergibt sich nicht aus dem Vortrag der Beklagten, tatsächlich sei die Erledigung des Arbeitsvolumens durch die verbliebenen Mitarbeiter möglich, ohne dass diese Überstunden leisten müssten. Zum einen kommt es für die soziale Rechtfertigung darauf an, wovon zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs auszugehen war. Zum anderen ist der Vortrag der Beklagten widersprüchlich. Sie trägt einerseits vor, die Arbeitsintensität sei generell hoch und die Mitarbeiter würden weder hinsichtlich ihres Kommens noch hinsichtlich ihres Gehens noch hinsichtlich ihrer Pausen überwacht und eine solche Überwachung sei auch nicht möglich. Warum sie trotzdem den Umfang der Leistung von Überstunden beurteilen kann, ist nicht nachvollziehbar. Auf den Vortrag des Klägers zur Leistung von Überarbeit durch Dienstreisen oder den Besuch von Abendveranstaltungen hat die Beklagte nicht erwidert. Sie deutet zudem an, dass die Mitarbeiter aufgrund ihrer Karrierewünsche „eigenverantwortlich“ eine hohe Arbeitsintensität erbringen. Überobligatorisch ist eine Arbeitsleistung aber auch dann, wenn Mitarbeiter wegen der Verfolgung von Karriereinteressen eine höhere oder umfangreichere Arbeitsleistung erbringen, als sie dies vertraglich müssten, um das objektiv bestehende Arbeitspensum zu erledigen.

3.

Das Vorliegen betriebsbedingter Gründe kann auch unabhängig von der Frage, ob der behaupteten Unternehmerentscheidung ein plausibles Konzept zu Grunde lag und ob sie die Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger nach einer begründen Prognose entfallen ließ, nicht angenommen werden. Die Beklagte hat auch nicht in einer § 138 Abs. 1, 2 ZPO genügenden Weise vorgetragen, dass die ihrer Darlegung nach im Rahmen dieser Entscheidung beschlossenen Maßnahmen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung wenigstens greifbare Formen angenommen hatten. Auch dies unterliegt der gerichtlichen Prüfung (BAG 21. Mai 2015 – 8 AZR 409/13 –, juris; BAG 15. Dezember 2011 – 8 AZR 692/10 – NZA-RR 2012, 570; BAG 16. Dezember 2004 – 2 AZR 66/04 – NZA 2005, 761; BAG 4. Dezember 1986 – 2 AZR 233/86 – RzK I 5 c Nr. 17). Eine Umsetzung der Entscheidung liegt insbesondere entgegen der Auffassung der Beklagten weder in der Freistellung noch in der Kündigung des Klägers oder anderer Mitarbeiter. Insoweit handelt es sich nicht um die Umsetzung einer Entscheidung, die sich auf das Beschäftigungsvolumen auswirkt, sondern um die Maßnahme, deren soziale Rechtfertigung zu überprüfen ist. Maßgeblich ist, ob die behaupteten organisatorischen Änderungen bei Kündigungsausspruch greifbare Formen angenommen hatten. Dies ist nicht ersichtlich. Unstreitig hat die Beklagte gegenüber den Kunden keine geänderte Salestrategie kommuniziert. Sie hat auch nichts dafür vorgetragen, dass den Mitarbeitern des früheren Teams des Klägers mitgeteilt worden sei, dass die Arbeitsteams verkleinert würden, die Kundenbetreuung zurückgefahren werden solle, die Akquisebemühungen reduziert werden sollten, künftig „nicht notwendige Zwischenschritte“ weggelassen werden sollten, eine „höhere Fehlerquote“ akzeptiert werde, „Mehrfachbesetzungen“ bei der Erarbeitung eines Arbeitsprodukts entfallen sollten, „Besprechungen und Schriftwechsel verkürzt“ werden sollten oder die Begleitung weniger erfahrener Mitarbeiter durch Senior Sales-Mitarbeiter zeitlich eingeschränkt werde. Sie hat auch nicht dargelegt, dass die Maßnahmen greifbare Formen angenommen hätten, die nach ihrem Vortrag zur zeitlichen Entlastung derjenigen Mitarbeiter führten, die Aufgaben des Klägers übernommen haben sollen, etwa die Einschränkung der Reisetätigkeit von Herrn O organisatorisch vorbereit worden wäre oder die Einbindung von Mitarbeitern in London oder New York.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, da die Berufung der Beklagten erfolglos bleibt.

IV.

Für die Zulassung der Revision gem. § 72 Abs. 2 ArbGG ist kein gesetzlicher Grund ersichtlich.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Arbeitsrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Arbeitsrecht. Vom Arbeitsvertrag bis zur Kündigung. Nehmen Sie noch heute Kontakt zu uns auf.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Arbeitsrecht einfach erklärt

Weitere interessante arbeitsrechtliche Urteile

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!