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Betriebsbedingte Kündigung trotz Kurzarbeit

LAG Bremen, Az.: 2 TaBVGa 5/12, Beschluss vom 26.04.2012

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 25.04.2012 – 8 BVGa 802/12 – wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens über einen Anspruch des Beteiligten zu 1 auf Unterlassung des Ausspruchs von 11 betriebsbedingten Kündigungen, bis über den Antrag des Betriebsrats zur Einsetzung einer Einigungsstelle zum Thema Kurzarbeit rechtskräftig entschieden ist oder im Falle der Einsetzung der Einigungsstelle bis diese über den Antrag des Betriebsrats auf Einführung der Kurzarbeit abschließend entschieden hat.

Der Antragsteller ist der bei der Beteiligten zu 2 gebildete, neunköpfige Betriebsrat. Bei der Beteiligten zu 2, der Arbeitgeberin sind 254 Arbeitnehmer beschäftigt.

Betriebsbedingte Kündigung trotz Kurzarbeit
Symbolfoto: FreedomTumZ/Bigstock

Unter dem 05.03.2012 schlossen die Beteiligten einen Interessenausgleich über die Verlegung des Betriebes nach Weyhe. Unter III. Ziffer 3 des Interessenausgleichs ist geregelt, dass Personalabbaumaßnahmen im Zusammenhang mit der Verlegung des Betriebs ausgeschlossen sind. Im Rahmen des Abschlusses des Interessenausgleichs erklärte die Beteiligte zu 2 auf Nachfrage des Antragstellers, dass es keine Veranlassung gebe, sich über Kurzarbeit zu unterhalten. Nachdem die Arbeitgeberin dem Betriebsrat in der 14. und 15. Kalenderwoche mitteilte, dass das Ausscheiden von 11 Arbeitnehmern erforderlich werde, schlug der Betriebsrat die Einführung von Kurzarbeit vor. Hierüber und über die Möglichkeit, auf freiwilliger Grundlage Arbeitsplätze abzubauen, sprachen die Beteiligten auch in telefonischen Verhandlungen am 18.04.2012. Die Arbeitgeberin hielt dabei an der Absicht fest, betriebsbedingte Kündigungen aussprechen zu wollen.

Mit Schreiben vom 19.04.2012 wurden dem Betriebsrat 11 Anhörungen zur Kündigung nach § 102 BetrVG der im Antrag benannten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer übergeben. 3 der Mitarbeiter unterliegen nach der Mitteilung an den Betriebsrat besonderem tariflichen Kündigungsschutz – die Arbeitgeberin beabsichtigt, diese außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zu kündigen, 2 weitere sind schwer behindert – die Arbeitgeberin beabsichtigt, noch die Zustimmung des Integrationsamtes einzuholen. 2 noch nicht langjährig beschäftigte Mitarbeiter mit einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende sollen zum 30.06.2012 gekündigt werden. Die übrigen Mitarbeiter haben Kündigungsfristen von 6 – 7 Monaten zum Monatsende.

Die Arbeitgeberin begründet ihre Kündigungsabsicht damit, dass im Bereich „Produktion Wickelgüter“ eine „Überdeckung“ an Arbeitskräften bestehe, die wegen der signifikanten Reduzierung des Produktionsvolumens unter anderem dazu führe, dass 4 Arbeitsplätze im Bereich „leichte Monteurtätigkeiten“ und neben anderen ein Arbeitsplatz im Bereich „leichte Wicklertätigkeiten“ entfielen. Wegen der Einzelheiten der Begründung der Kündigungen gegenüber dem Betriebsrat wird auf die Anl. 4 zum Antragsschriftsatz vom 23.04.2012 (Bl. 19 ff. Der Akte) verwiesen.

In einer Sitzung am 19.04.2012 beschloss der Betriebsrat das Scheitern der Verhandlungen über die Einführung von Kurzarbeit. Er beschloss weiter die Einleitung eines Beschlussverfahrens zur Einsetzung einer Einigungsstelle über Kurzarbeit. Im Sitzungsprotokoll vom 19.04.2012 heißt es dazu unter anderem:

„Es soll eine Einigungsstelle angerufen werden mit dem Thema „Einführung von Kurzarbeit im Betrieb“ über einen Zeitraum von 6 Monaten in einem monatlichen Umfang von 1,75 h pro Mitarbeiter (ca. 250 Mitarbeiter). Bezogen auf 1/3 der Belegschaft soll eine Arbeitsreduzierung von mehr als 10 % ihres monatlichen Bruttoentgelts erreicht werden.

…“

Das Sitzungsprotokoll vom 19.04.2012 enthält unter den Ziffern 04.06 folgendes:

„Der Betriebsrat beschließt, beim Arbeitsgericht Bremen eine einstweilige Verfügung zu beantragen mit dem Ziel, dem Arbeitgeber aufzugeben, die dem Betriebsrat zur Anhörung angekündigten 11 Kündigungen nicht aussprechen zu dürfen.“

„Herr Rechtsanwalt …, wird beauftragt mit der Vertretung des Betriebsrates im Zusammenhang mit der Einleitung einer einstweiligen Verfügung.“

Mit Antragsschrift vom 19.04.2012 leitete der Betriebsrat ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren zur Einsetzung einer Einigungsstelle zum Thema Kurzarbeit ein. Dieses Verfahren ist unter dem Aktenzeichen 1 BV 116/12 anhängig.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, ihm stehe zur Wahrung und Sicherung seines Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts habe der Betriebsrat ein Initiativrecht zur Einführung von Kurzarbeit. Das Mitbestimmungsverfahren über die Einführung von Kurzarbeit sei noch nicht beendet. Das Initiativrecht des Betriebsrats werde unwiderruflich vereitelt, wenn der Arbeitgeber die 11 geplanten betriebsbedingten Kündigungen aussprechen könne. Mit Zugang der Kündigungen werde die Entscheidung über die Einführung von Kurzarbeit zur Vermeidung von betriebsbedingten Kündigungen obsolet. Der Verfügungsgrund ergebe sich daraus, dass die Arbeitgeberin nach Ablauf der Anhörungsfrist, d.h. mit Ablauf des 26.04.2012, ohne Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung die Kündigungen aussprechen könne. Der Ausspruch der Kündigungen würde den Anspruch des Betriebsrats auf Einführung der Kurzarbeit zunichtemachen. Das Landesarbeitsgericht Hamburg habe entschieden, dass eine einstweilige Verfügung zur Sicherung des Verfahrens zur Absenkung der betrieblichen Arbeitszeit nach dem Beschäftigungssicherungstarifvertrag erlassen werden könne.

Der Betriebsrat hat beantragt:

1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, die Arbeitsverhältnisse mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern

…………

zu kündigen, bis über den Antrag des Betriebsrates zur Einsetzung einer Einigungsstelle das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven – Aktenzeichen 1 BV 116/12 – bzw. ggf. das Landesarbeitsgericht rechtskräftig entschieden und den Antrag des Betriebsrates abgelehnt hat oder im Falle der Einsetzung der Einigungsstelle, bis die Einigungsstelle über den Antrag des antragstellenden Betriebsrates auf Einführung der Kurzarbeit abschließend entschieden hat.

2. Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1 des Antrags ein Ordnungsgeld bis zu EUR 10.000,00 angedroht.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, es fehle für den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung sowohl am Verfügungsanspruch als auch an einem Verfügungsgrund. Sie trägt vor, der beschlossene Personalabbau von 11 Arbeitnehmern stehe mit dem geplanten Umzug des Betriebs nach Weyhe in keinem Zusammenhang. 5 Arbeitsplätze entfielen aufgrund einer dauerhaften Unterauslastung im Bereich Wickelgüter. 6 weitere Arbeitsplätze seien von Rationalisierungsmaßnahmen betroffen. Da der Entfall der Arbeitsplätze nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft sei, stelle die Einführung von Kurzarbeit keine Alternative zu den betriebsbedingten Kündigungen dar.

Die 11 von den Kündigungen betroffenen Arbeitnehmer stellten im Verhältnis zur Gesamtbelegschaft von 254 Arbeitnehmern einen Anteil von 4,33% dar. Der geplante Personalabbau sei demnach keine Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG, welche zu Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan verpflichten würde.

Die Arbeitgeberin trägt weiter vor, ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats in Bezug auf den Ausspruch der betriebsbedingten Kündigungen bestehe nicht. Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG greife nur bei vorübergehender Verkürzung oder Verlängerung der Arbeitszeit. Der Beschäftigungsbedarf entfalle hier jedoch endgültig. Die Einführung von Kurzarbeit könne nicht durch einen Unterlassungsanspruch erzwungen werden. Dies würde einen Eingriff in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit der Arbeitgeberin darstellen. Bei Kündigungen bestehe nur das Anhörungsrecht des Betriebsrats nach § 102 BetrVG. Selbst wenn ein Initiativrecht des Betriebsrats auf Einführung von Kurzarbeit bejaht würde, hätte dieser keinen Anspruch auf Unterlassung von betriebsbedingten Kündigungen. Die vom Betriebsrat herangezogene Entscheidung des BAG vom 04.03.1986 verhalte sich nur zu der Frage des Bestehens des Initiativrechts zur Kurzarbeit. Damit sei jedoch nicht gesagt, dass ein Unterlassungsanspruch in Bezug auf geplante betriebsbedingte Kündigungen bestehe. Vorliegend sei ein Verstoß gegen ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 BetrVG nicht gegeben. Ein allgemeiner Unterlassungsanspruch sei zudem nur anzunehmen, wenn jegliches Handeln des Arbeitgebers der Zustimmung des Betriebsrats bedürfe. Dies sei bei Kündigungen nicht der Fall. Schließlich trägt die Arbeitgeberin vor, eine Missachtung von Beteiligungsrechten könne von den betroffenen Arbeitnehmern selbst geltend gemacht werden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten in 1. Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven hat am 25.04.2012 folgenden Beschluss verkündet:

1. Die Anträge wurden zurückgewiesen.

2. Diese Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, es fehle an einem Verfügungsanspruch des Betriebsrats. Ein derartiger Unterlassungsanspruch ergebe sich nicht aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG. Es gehe vorliegend nicht um die Unterlassung einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme, sondern um die Untersagung des Ausspruchs von betriebsbedingten Kündigungen, bis über die Einführung von Kurzarbeit abschließend entschieden worden sei. Ein derartiger Anspruch ergebe sich weder aus dem Gesetz noch aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die Rechtsprechung verschiedener Landesarbeitsgerichte zum Unterlassungsanspruch im Zusammenhang mit einem Interessenausgleich gemäß § 111 ff. BetrVG sei nicht einschlägig. Eine Betriebsänderung sei nicht beabsichtigt. Gegen einen Anspruch des Betriebsrats auf Unterlassung bestimmter betriebsbedingter Kündigungen bis zur abschließenden Entscheidung über die Einführung von Kurzarbeit spreche auch, dass bei Bejahung eines derartigen Anspruchs der Betriebsrat mit dem Argument, es müsse zunächst über Kurzarbeit verhandelt werden, den Ausspruch jeder geplanten betriebsbedingten Kündigung verzögern oder verhindern könne. Da es sich bei dem von den Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 BetrVG unabhängigen allgemeinen Unterlassungsanspruch bereits um einen von der Rechtsprechung entwickelten Anspruch handele, sei dieser eng zu fassen und könne auf den vorliegenden Fall nicht ausgeweitet werden.

Gegen diesen Beschluss hat der Betriebsrat mit Schriftsatz vom gleichen Tage und vor Zustellung der Entscheidung des Arbeitsgerichts Beschwerde eingelegt. Zur Begründung seiner Beschwerde bezieht er sich auf die erstinstanzliche Antragsschrift und führt ergänzend weiter aus, dass sich aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum Initiativrecht des Betriebsrates zur Einführung von Kurzarbeit ergebe, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nur durch die beantragte einstweilige Verfügung gesichert werden könne und ansonsten unwiederbringlich obsolet werde.

Der Betriebsrat beantragt, unter Abänderung der Entscheidung des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 25.04.2012, im Wege der einstweiligen Verfügung, wegen besonderer Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung – hilfsweise unter größtmöglicher Abkürzung der Ladungs- und Einlassungsfrist – zu beschließen:

1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, die Arbeitsverhältnisse mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern

2.

…………

betriebsbedingt zu kündigen, bis über den Antrag des Betriebsrates zur Einsetzung einer Einigungsstelle das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven – Aktenzeichen 1 BV 116/12 -– bzw. ggf. das Landesarbeitsgericht rechtskräftig entschieden und den Antrag des Betriebsrates abgelehnt hat oder im Falle der Einsetzung der Einigungsstelle, bis die Einigungsstelle über den Antrag des antragstellenden Betriebsrates auf Einführung der Kurzarbeit abschließend entschieden hat.

3. Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1 des Antrags ein Ordnungsgeld bis zu EUR 10.000,00 angedroht.

Die Arbeitgeberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin trägt vor, sie habe nach Kenntnisnahme vom einstweiligen Verfügungsverfahren und der Anrufung der Einigungsstelle über die Einführung von Kurzarbeit die Sinnhaftigkeit von Kurzarbeit erneut geprüft und in Anbetracht des dauerhaften Entfalls von Arbeit für falsch befunden.

Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, ein Initiativrecht des Betriebsrates würde entgegen dem Willen des Gesetzgebers dem Betriebsrat zugleich die Mitbestimmung über den Umfang der Produktion oder sonstige betriebliche Tätigkeiten eröffnen und damit unmittelbar in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte unternehmerische Entscheidungsfreiheit eingreifen. Der Unternehmer sei grundsätzlich frei, über den Umfang der Produktion, den dafür vorgesehenen Zeitraum und über die Frage, wieviel Personal er dafür einsetze wolle, zu entscheiden. Dem Wortlaut von § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG könne eine Mitbestimmung des Betriebsrates über die Entscheidung des Arbeitgebers, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen, nicht entnommen werden. Eine solche Entscheidung sei zweifelsohne auch ein aliud zu der Entscheidung, ob die Arbeitszeit im Betrieb vorübergehend verkürzt oder verlängert werden soll. Es geht dem Betriebsrat auch nicht darum, sein „Initiativrecht“ auf Einführung von Kurzarbeit mithilfe der Gerichte zu sichern, es gehe vielmehr einzig und allein darum, die getroffene unternehmerische Entscheidung unter dem Deckmantel „Kurzarbeit“ zu verhindern. Dies werde umso deutlicher, wenn man sich vor Augen führe, dass der Entfall des Beschäftigungsbedarfs bei der Arbeitgeberin dauerhaft und damit die tatbestandlichen Voraussetzungen von §§ 169,170 SGB III nicht vorlägen.

Gegen einen Unterlassungsanspruch gerichtet auf den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen spreche ferner die Systematik zu § 102 BetrVG. Dem Betriebsrat komme danach lediglich ein Anhörungsrecht zu. Die Bejahung eines Unterlassungsanspruchs würde mithin systemwidrig und gegen den Willen des Gesetzgebers auf ein echtes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei betriebsbedingten Kündigungen hinauslaufen.

Ein Unterlassungsanspruch wäre auch nicht mit den gesetzlichen Regelungen zur Betriebsänderung vereinbart. Der Gesetzgeber habe auch das in § 92 a BetrVG normierte Vorschlagsrecht des Betriebsrates zur Beschäftigungssicherung nicht mit einer echten Mitbestimmung im Falle von betriebsbedingten Kündigungen verknüpft.

Das Bundesarbeitsgericht habe in seiner Entscheidung zum Initiativrecht des Betriebsrates zur Einführung von Kurzarbeit lediglich erkannt, dass ein Initiativrecht des Betriebsrates geeignet sei, auf unternehmerische Entscheidungen des Arbeitgebers Einfluss zu nehmen und sogar im Einzelfall betriebsbedingte Kündigungen verhindern könne. Das Bundesarbeitsgericht nehme dies hin, es habe aber nicht zu erkennen gegeben, dass der Arbeitgeber ohne Zustimmung des Betriebsrates keine betriebsbedingten Kündigungen mehr aussprechen dürfe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten im Beschwerdeverfahren wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

A) Die Beschwerde des Betriebsrates ist zulässig. Der Zulässigkeit der Beschwerde des Betriebsrates steht nicht entgegen, dass sie bereits vor Zustellung des vollständig abgesetzten erstinstanzlichen Beschlusses eingelegt und begründet worden ist. Nach den §§ 89, 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG ist die Einlegung der Beschwerde schon dann möglich, wenn ein Beschluss im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zwar verkündet, aber noch nicht zugestellt ist. Die Beschwerdeschrift enthält eine ausreichende Begründung.

B) Die Beschwerde des Betriebsrates ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen.

Das Beschwerdegericht teilt Ergebnis und Begründung der angegriffenen Entscheidung des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven und sieht insoweit in entsprechender Anwendung von § 69 Abs. 2 ArbGG von der Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Ergänzend ist im Hinblick auf die Beschwerdebegründung und die Argumentation des Betriebsrates in der Anhörung der Beteiligten Folgendes auszuführen:

1. Der Antrag des Betriebsrates ist zulässig. Er umschreibt in ausreichender Klarheit die von der Arbeitgeberin zu unterlassenen Handlungen.

2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Mit den beabsichtigten Kündigungen verletzt die Arbeitgeberin keine Rechte des Betriebsrates. Sie vereitelt auch dessen Initiativrecht auf Einführung von Kurzarbeit nicht. Sie greift gleichfalls nicht in unerlaubter Weise in die Rechtsposition der betroffenen Mitarbeiter ein. Der Arbeitgeberin können daher die beabsichtigten Kündigungserklärungen nicht untersagt werden. Weiter ist weder ein Eilbedürfnis ausreichend dargelegt, noch, dass ein Ergebnis des Mitbestimmungsverfahrens die Kündigungen der Mitarbeiter hätte vermeiden können.

a) Ein Unterlassungsanspruch, soweit er nicht ausdrücklich durch Gesetz normiert ist, wird üblicherweise aus § 1004 BGB abgeleitet. Er dient dem vorbeugenden Schutz vor Eingriffen in absolute Rechte, oder solchen, die ein ähnliches Gewicht haben. Er schützt auch vor Verletzung vertraglich begründete Verpflichtungen. Er lässt sich auch in Dauerschuldverhältnissen aus den wechselseitigen Nebenpflichten ableiten.

Der drohende Eingriff muss rechtswidrig sein, auf Verschulden kommt es nicht an (Erman-Ebbing BGB 11. Auflage, § 1004 Anm. 32).

Ein Unterlassen kann auch außerhalb ausdrücklicher Handlungsverbote zur Sicherung von Rechten gerichtlich durchgesetzt werden, wenn deren Verwirklichung anders nicht sichergestellt werden kann.

aa) Die beabsichtigten Kündigungen verletzen die Rechte des Betriebsrates nicht.

α) Das BetrVG sieht für Kündigungen grundsätzlich eine eingeschränkte Mitwirkung des Betriebsrates unterhalb der Schwelle des Mitbestimmungsrechts vor. Der Arbeitgeber hat nach § 102 BetrVG anzuhören, der Betriebsrat hat die in § 102 gegebenen, je nach Art der Kündigung abgestuften Reaktionsmöglichkeiten. Erreichen die beabsichtigten Maßnahmen des Arbeitgebers das Ausmaß einer Betriebsänderung bzw. übersteigen beabsichtigte personelle Maßnahmen die Schwellenwerte des § 112 a BetrVG hat der Betriebsrat die in den §§ 111 ff. BetrVG vorgesehenen Rechte auf Information, Verhandlung und Austragung unterschiedlicher Positionen in der – nicht abschließend entscheiden könnenden – Einigungsstelle.

Die Arbeitgeberin hat das Verfahren nach § 102 BetrVG ordnungsgemäß eingeleitet, die Rechte des Betriebsrates mithin beachtet. Eine Betriebsänderung ist nicht gegeben. Weiterreichende Rechte des Betriebsrats in Bezug auf geplante Kündigungen bestehen deshalb nicht.

β) Die beabsichtigten Maßnahmen verletzen das in § 87 Abs. 1 Ziffer 3 BetrVG normierte Mitbestimmungsrecht nicht.

Bislang gibt es offenbar keine mitbestimmte Regelung der Arbeitszeit der Mitarbeiter, die Kündigungsverbote oder Kündigungserschwerungen normieren und die durch die beabsichtigten personellen Maßnahmen der Arbeitgeberin verletzt werden könnte. Die bislang existierende Arbeitszeitregelung im Betrieb ist offenbar nicht tangiert. Eine mitbestimmte Regelung über die vorübergehende Verkürzung der Arbeitszeit besteht nicht oder noch nicht. Selbst wenn sie bestünde, stünde sie betriebsbedingten Kündigungen nicht grundsätzlich entgegen. Die beabsichtigten Kündigungen entziehen zwar vom Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist den Mitarbeitern die aus einer Betriebsvereinbarung zur Absenkung der Arbeitszeit entstehenden Rechte, dies ist jedoch zwangsläufig die Folge, wenn der Arbeitgeber von den nach § 620 BGB gegebenen Möglichkeiten Gebrauch macht.

Die beabsichtigte Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit hätte ihre Bedeutung für die Rechtsposition der Gekündigten ausschließlich im Kündigungsschutzprozess. Wird sie abgeschlossen, indiziert sie das Fehlen eines dauerhaften Arbeitsmangels (s.U.). Die indizielle Wirkung kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Arbeitgeber durch detaillierten Sachvortrag widerlegen (BAG Urteil vom 26.06.1997 – Az.: 2 AZR 494/96 – AP Nr. 86 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Eine Kündigung kann nur dann entgegen eine durch Betriebsvereinbarung festgelegte Arbeitszeitverkürzung verstoßen, wenn diese für die Dauer ihrer Geltung ein Kündigungsverbot oder spezifische Kündigungseinschränkungen enthält. Solange eine derartige Vereinbarung nicht existiert, fehlt dem Antrag des Betriebsrates die Rechtsgrundlage. Aus den allgemeinen Grundsätzen zum Unterlassungsanspruch entsprechend § 1004 BGB lässt sich die Berechtigung des Antrages des Betriebsrates mithin nicht ableiten.

γ) Die beabsichtigten Kündigungen verstoßen nicht gegen den wegen der beabsichtigten Betriebsverlegung abgeschlossenen Interessenausgleich vom 05.03.2012. Der Betriebsrat hat nicht vorgetragen, dass die geplanten Maßnahmen in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit dem Umzug nach Weyhe stehen. Nur hierfür wurde festgelegt, dass keine weiteren Kündigungen ausgesprochen werden. Insofern erübrig sich eine Prüfung, ob die Arbeitgeberin trotz der Formulierung im Interessenausgleich, Kündigungen seien unzulässig, berechtigt wäre, vom Interessenausgleich abzuweichen.

δ) Die Beschwerdekammer sieht unabhängig davon, ob der Betriebsrat sich hierauf berufen hat, nicht, dass ein Unterlassungsanspruch aus § 92 a Betriebsverfassungsgesetz abgeleitet werden kann. § 92 a BetrVG begründet kein Mitbestimmungsrecht. Es ist im Zusammenhang mit § 87 Abs. 1 Z. 3 BetrVG und dem vom Bundesarbeitsgericht dem Betriebsrat zugebilligten Initiativrecht auf Einführung von Kurzarbeit zu sehen.

Wenn der Arbeitgeber auf die Initiative des Betriebsrates, entweder Maßnahmen nach § 92a BetrVG zu beraten oder nach § 87 Abs. 1 Z. 3 BetrVG Kurzarbeit einzuführen, nicht eingeht, hat dies nicht zur Folge, dass damit sachlich verbundene Entscheidungen – wie der Ausspruch von Kündigungen – rechtswidrig sind (BAG Urteil vom 18.10.2006 – Az. 2 AZR 434/05 – NZA 2007, 552 ff.; DKK-Däubler 11. Auflage § 92 a BetrVG, Anm. 21) und damit mittels Unterlassungsverfügung verhindert werden können. Die Maßnahme ist weder gegenüber dem Arbeitnehmer rechtswidrig, noch verletzt sie Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates.

Ob als betriebsverfassungsrechtliche Folge ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrates bezogen auf personelle Maßnahmen besteht, wenn der Arbeitgeber Vorschläge des Betriebsrates der Beschäftigungssicherung nach § 92 a BetrVG nicht in der dort vorgesehenen Weise eingeht – Däubler hält hier einen Unterlassungsanspruch bei nicht erschöpfter Diskussion des Vorschlags für gegeben (DKK § 92 a Anm. 25), kann dahinstehen, weil der Betriebsrat mit seinem Antrag weit über das nach der soeben zitierten Auffassung Denkbare hinausgeht. Danach kann allenfalls bis zum Abschluss des Verfahrens, gegebenenfalls mithin bis zur schriftlich begründeten Ablehnung des Vorschlages ein Stillhalten des Arbeitgebers in Bezug auf personelle Maßnahmen verlangt werden.

Das BAG lehnt eine unmittelbare Auswirkung eines Vorschlags nach § 92 a BetrVG auf die kündigungsschutzrechtliche Stellung des Arbeitnehmers ab. Eine solche Rechtsfolge würde zu einem jedenfalls bedenklichen Eingriff in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit führen. Denn ein in irgendeiner formverbindlicher Vorschlag des Betriebsrates liefe darauf hinaus, dem Arbeitgeber eine bestimmte Anzahl von zu beschäftigenden Arbeitnehmern vorzugeben. Das Verfahren nach § 92 a BetrVG könne allenfalls im Einzelfall dazu führen, dass betriebsbezogen entwickelte Vorstellungen zu berücksichtigen seien, die für den Arbeitnehmer weniger belastend seien, als betriebsbedingte Kündigungen, gleichwohl jedoch keine unzumutbare Alternative für den Arbeitgeber darstellten. Diese indirekte Wirkung käme z.B. Vorschlägen zu, denen der Arbeitgeber zugestimmt habe. Eine solche Vereinbarung könne dann gegebenenfalls eine Konkretisierung des kündigungsschutzrechtlichen ultima-ratio-Grundsatzes beinhalten und eine Selbstbindung des Arbeitgebers bewirken.

Aus der Entscheidung ergibt sich zum einen, dass die ausgesprochene Kündigung nicht per se rechtswidrig ist, und dass aber ein abgeschlossener Beratungsprozess der Initiative des Betriebsrates mit einem für den Betriebsrat positivem Ergebnis nach § 92a BetrVG im Rahmen des ultima-ratio-Grundsatzes zu berücksichtigen ist.

b) Das vom Betriebsrat beantragte Verbot, die beabsichtigten Kündigungen zu unterlassen, lässt sich nicht daraus ableiten, mit der beabsichtigten Maßnahme vereitele die Arbeitgeberin in rechtswidriger Weise die Verwirklichung des Initiativrechts des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Ziffer 3 BetrVG. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung des aus dieser Norm abgeleiteten Initiativrechts des Betriebsrates ist daher nicht notwendig.

aa) Begründete rechtliche Zweifel am Bestehen eines auf Kurzarbeit bezogenen Initiativrechts des Betriebsrates bestehen nicht. Art. 2 GG schützt auch den Unternehmer nicht vor gesetzgeberischen Eingriffen. Durch die Verringerung der Mitarbeiterschaft wird das mit der Initiative des Betriebsrats auf Einführung von Kurzarbeit verfolgte beschäftigungspolitische Ziel des Betriebsrats der Vermeidung von Kündigungen erschwert. Dies kann allerdings nur dann von rechtlicher Relevanz sein, wenn die vom Unternehmer gewählten Mittel nach betriebsverfassungsrechtlichen Normen rechtswidrig sind. Die Gerichte können die Aufgabe nicht übernehmen, durch Eingriffe in unternehmerische Entscheidungen die Verwirklichung der betriebspolitischen Ziele des Betriebsrates sicherzustellen, soweit die geplanten Maßnahmen selbst nicht rechtswidrig sind.

Mit der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamburg (Beschluss vom 24.06.1997 – Az. 3 TaBV 4/97 – AiB 1998, 226 ff.), auf die sich der Betriebsrat bezieht, lässt sich für den vorliegenden Streitfall kein anderes Ergebnis begründen. Dessen Entscheidung ist zum Beschäftigungssicherungstarifvertrag für den Bereich Nordmetall Hamburg ergangen, der vorsieht, dass Arbeitgeber und Betriebsrat die tarifliche Arbeitszeit zum Zwecke der Sicherung von Beschäftigung in einem begrenzten Umfang auch ohne Lohnausgleich absenken können. Der Tarifvertrag sieht weiter vor, dass bei Nichteinigung der Betriebsparteien eine Tarifvertragspartei die tarifliche Einigungsstelle anrufen kann, die abschließend entscheidet. Der Tarifvertrag enthält für die Zeit der vereinbarten Absenkung der tariflichen Arbeitszeit grundsätzlich ein Kündigungsverbot. Für gleichwohl „notwendige“ betriebsbedingte Kündigungen wird deren Wirksamwerden hinausgeschoben. Weiter sind gesonderte Regelungen über die Verbindlichkeit der Absenkung der Arbeitszeit bei Kündigungen vorgesehen. Das Landesarbeitsgericht Hamburg hat die Erreichung des ausdrücklich tariflich normierten Zwecks durch den Ausspruch eines zeitlich bis zum Abschluss des im Tarifvertrag vorgesehenen Verfahrens begrenzten Kündigungsverbotes durch eine einstweilige Verfügung gesichert.

Im vorliegenden Verfahren ist die normative Ausgangslage eine andere. § 87 Abs. 1 Ziffer 3 BetrVG enthält keine ausdrückliche beschäftigungssichernde Zweckbestimmung. Eine Kopplung der Arbeitszeitabsenkung mit dem Verbot von Kündigungen oder deren Erschwerung sieht das BetrVG nicht vor. Der Tarifvertrag erweitert die Einflussmöglichkeiten des Betriebsrates auf Entscheidungen des Arbeitgebers erheblich. Damit besteht ein besonderes Bedürfnis, sicherzustellen, dass die tarifvertraglichen Regelungen nicht durch vorweggenommene Arbeitgebermaßnahmen ins Leere laufen.

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 25.11.2011 – Az. 12 BVGa 01.02.2004/09 –, auf die sich der Betriebsrat gleichfalls stützt, begründet seine für den Betriebsrat positive Entscheidung ebenfalls mit dem Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung. Zu einem auf § 87 Abs. 1 Ziff. 3 BetrVG gegründeten Unterlassungsanspruch hat sich das Arbeitsgericht nicht geäußert.

bb) Der Ausgangspunkt der Argumentation des Betriebsrates, der offenbar davon annimmt, aus der Vereitelung des mit dem Initiativrecht auf Einführung der Kurzarbeit verfolgten Zwecks ergebe sich letztlich die Rechtswidrigkeit der beabsichtigten personellen Maßnahmen bzw. die Notwendigkeit durch Erlass einer einstweiligen Verfügung sicherzustellen, dass eine mitbestimmte Absenkung der Arbeitszeit die zur Kündigung anstehenden Beschäftigungsverhältnisse auch erfasst, ist nach Auffassung der Beschwerdekammer unzutreffend.

Der Betriebsrat stützt seine Sorge, eine nach Ausspruch von Kündigungen zustande gekommene Betriebsvereinbarung über Kurzarbeit könne die von Kündigungen betroffenen Mitarbeiter „nicht mehr erreichen“ auf die Entscheidung des BAG vom 04.03.1986 zum Initiativrecht des Betriebsrates (Az. 1 ABR 15/84 – AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972). Die Sorge ist unbegründet. Das Gegenteil ist der Fall.

Das BAG hat in dieser Entscheidung festgestellt, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Einführung von Kurzarbeit auch den Schutz der Arbeitnehmer vor notwendig werdenden betriebsbedingten Entlassungen zum Inhalt habe. Aus diesem Grund könne der Betriebsrat das Mitbestimmungsverfahren durch eigene Initiative einleiten. Das BAG hat in dieser Entscheidung die vom Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts zum Ausdruck gebrachten Zweifel aufgegriffen, ob bei einer betriebsbedingten Kündigung das Arbeitsgericht die organisatorischen oder technischen Maßnahmen des Arbeitgebers zur Einsparung von Arbeitsplätzen vollständig, oder nur im Rahmen einer Missbrauchskontrolle überprüfen könne (BAG Urteil vom 24. 10. 1979 – Az. 2 AZR 940/77 – AP Nr. 8 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Ausgehend hiervon hat das BAG in der Entscheidung vom 04.03.1986 ausgeführt, der Prüfung des Arbeitsgerichts unterliege nicht die Frage, ob eine ausgesprochene Kündigung durch die Anordnung von Kurzarbeit hätte vermieden werden können. Dabei hat der Erste Senat des BAG allerdings ausdrücklich betont, es unterliege der Entscheidung letztlich beider Betriebspartner, ob zur Vermeidung von Entlassungen Kurzarbeit eingeführt werden sollte oder nicht. Solange der Betriebsrat trotz seines dahingehenden Initiativrechts nicht die Einführung von Kurzarbeit verlange, sei es erst recht gerechtfertigt, bei der Prüfung der Betriebsbedingtheit einer ausgesprochenen Kündigung nicht darauf abzustellen, ob diese durch Einführung von Kurzarbeit hätte vermieden werden können.

Betrachtet man diese Entscheidung im historischen Kontext mit den damaligen Entscheidungen des Zweiten Senats zur eingeschränkten Überprüfbarkeit von Unternehmerentscheidungen wird zwar einerseits deutlich, dass der Erste Senat nicht an der eingeschränkten Überprüfbarkeit unternehmerische Entscheidung rütteln will, aber gleichzeitig die im Rahmen des zwingenden Mitbestimmungsrechts getroffene Entscheidung – Einführung von Kurzarbeit auf Initiative des Betriebsrates oder deren Ablehnung im Mitbestimmungsverfahren – als die nur eingeschränkt zu überprüfende Unternehmerentscheidung ansieht. Damit ist hinreichend klargestellt, dass ein Erfolg der Initiative des Betriebsrates im Mitbestimmungsverfahren im Kündigungsschutzprozess zu berücksichtigen ist, soweit die getroffenen Regelungen positive Auswirkungen auf den Arbeitsplatz des Gekündigten haben. Hat die Initiative des Betriebsrates keinen Erfolg, kann das Gericht nicht seine eigene Einschätzung vom Vorrang von Kurzarbeit an die Stelle des Ergebnisses des Mitbestimmungsverfahrens setzen. Insofern kommt der Frage, welcher Prüfungsmaßstab anzulegen ist, wenn die Einhaltung des ultima-ratio-Grundsatzes infrage steht, keine für das vorliegende Verfahren entscheidende Bedeutung zu. Zumindest wäre bei der Prüfung, ob der Beschäftigungsbedarf auf Dauer wegfällt, zu prüfen, ob der Arbeitgeber berechtigt von der Prognose hat ausgehen können, dass die Kurzarbeitsinitiative des Betriebsrates nicht zur Beseitigung der durch Arbeitsmangel entstandenen Überkapazität an Arbeitskräften führen könne.

Dem kann im vorliegenden Fall nicht entgegengehalten werden, dass eine Regelung für oder gegen Kurzarbeit erst nach Ausspruch der Kündigungen erfolgen kann. Der Vorschlag des Betriebsrates zur Kurzarbeit, mit dem er das Mitbestimmungsverfahren eingeleitet hat, zielt auf eine Verkürzung der Arbeitszeit für 6 Monate ab. Er deckt damit bereits für 8 von 11 Mitarbeitern den gesamten Zeitraum der Kündigungsfrist ab. Die Mitarbeiter, die tariflich vor ordentlichen Kündigungen in besonderer Weise geschützt sind, sind ohnehin nicht – wie von der Arbeitgeberin beabsichtigt – außerordentlich mit sozialer Auslauffrist wirksam kündbar. Deren ordentliche betriebsbedingte Kündigung ist nach dem einschlägigen Tarifvertrag nur mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien und gegebenenfalls nach Entscheidung der tariflichen Einigungsstelle möglich. Für 2 weitere Mitarbeiter hat die Arbeitgeberin ausweislich ihrer Mitteilung im Rahmen des Verfahrens nach § 102 BetrVG noch nicht einmal die Zustimmung des Integrationsamtes beantragt. Für die verbleibenden 3 Mitarbeiter mit kurzen Kündigungsfristen ist eine Kündigung erst zum 30.06.2012 beabsichtigt. Auch deren Kündigungsfrist liegt innerhalb des Zeitraums, für den der Betriebsrat Kurzarbeit einführen will.

Wenn eine Betriebsvereinbarung über Kurzarbeit im Mitbestimmungsverfahren zustande kommt, wäre sie als die, die ursprüngliche Unternehmerentscheidung zur Kündigung ablösende, mitbestimmte Unternehmerentscheidung im Kündigungsschutzprozess von Bedeutung. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts berücksichtigt veränderte Bedingungen, die die Kündigung überflüssig erscheinen lassen, während der Kündigungsfrist ohnehin durch Gewährung eines Wiedereinstellungsanspruchs (BAG Urteil vom 27.02.1997 – Az.: 2 AZR 160/96 – AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Wiedereinstellung).

Auch wenn eine abschließende Entscheidung über Kurzarbeit im Mitbestimmungsverfahren erst nach Ablauf der Kündigungsfrist getroffen wird, ist ein Wiedereinstellungsanspruch bei Vorliegen besonderer Bedingungen nicht ausgeschlossen (vergleiche BAG Urteil vom 25.09.2008 – Az.: 8 AZR 607/07 – AP Nr. 355 zu § 613 a BGB).

Damit entfällt unabhängig von der Frage, ob ein Verfügungsanspruch gegeben ist, letztlich auch die Notwendigkeit eines sofortigen Eingreifens durch das Gericht.

III.

Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nicht gegeben. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

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