Eine Buchhalterin forderte Überstundenvergütung und legte als zentralen Beleg den Ausdruck der elektronischen Zeiterfassung vor, die sie selbst verwaltete. Da die Arbeitnehmerin alleinige Kontrolle über die Daten besaß, konnte der Arbeitgeber den Beweiswert der erfassten Stunden vollständig bestreiten.
Übersicht:
- Der Fall vor Gericht
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Reicht der Ausdruck aus der elektronischen Zeiterfassung als Beweis für meine Überstunden?
- Was muss ich beweisen, wenn mein Arbeitgeber meine geleisteten Überstunden bestreitet?
- Wie muss ich meine Überstunden konkret darlegen, damit sie vor Gericht anerkannt werden?
- Was passiert mit meiner Klage, wenn ich das Zeiterfassungssystem selbst verwalten konnte?
- Wie mache ich meinen digitalen Überstundensaldo für den Arbeitgeber verbindlich und gültig?
- Glossar
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 5 Sa 73/19 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg‑Vorpommern
- Datum: 05.11.2019
- Aktenzeichen: 5 Sa 73/19
- Verfahren: Berufung
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Überstundenvergütung, Darlegungs- und Beweislast
- Das Problem: Eine ehemalige Buchhalterin forderte die Bezahlung von über 276 Überstunden. Als Beweis legte sie Ausdrucke aus dem elektronischen Zeiterfassungssystem vor. Der Arbeitgeber bestritt die Anordnung der Überstunden und die Gültigkeit der selbst erstellten Aufzeichnungen.
- Die Rechtsfrage: Reichen Ausdrucke aus dem elektronischen Arbeitszeitkonto als Beweis für Überstunden aus? Dies gilt besonders, wenn der Arbeitnehmer das System selbst verwalten und Daten nachtragen konnte.
- Die Antwort: Nein. Das Gericht wies die Klage ab. Die Klägerin erfüllte die hohen juristischen Anforderungen an die Beweisführung nicht. Die selbst erzeugten Ausdrucke reichen nicht, weil der Arbeitgeber den Saldo bestritt und die Stunden nie bestätigt wurden.
- Die Bedeutung: Arbeitnehmer müssen die Anordnung oder Duldung von Überstunden detailliert nachweisen. Die bloße Existenz eines Guthabens in einem Zeiterfassungssystem ist ohne Bestätigung des Arbeitgebers kein ausreichender Beleg. Der Nachweis muss konkrete Angaben zu den einzelnen Arbeitstagen enthalten.
Der Fall vor Gericht
Reicht der Ausdruck aus der Zeiterfassung als Beweis für Überstunden?
Eine Buchhalterin hatte den Schlüssel zum digitalen Tresor ihrer Arbeitszeit. Als Administratorin des elektronischen Zeiterfassungssystems konnte sie jede Minute ihrer Anwesenheit protokollieren. Nach ihrer Kündigung präsentierte sie die Rechnung: über 276 Überstunden, fein säuberlich vom System aufgelistet.

Doch genau dieses Privileg, die alleinige Kontrolle über die Daten, sollte ihren Anspruch vor Gericht pulverisieren. Der Fall landete vor dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern und zeigt, warum ein digitaler Stundenzettel nicht automatisch ein gültiger Scheck ist.
Die Ausgangslage war klar. Die Buchhalterin forderte von ihrem ehemaligen Arbeitgeber die Vergütung für 276,25 Überstunden. Ihr Beweismittel: ein Ausdruck aus dem System „ZEIT-Plus für Windows“ mit dem Titel „Überstunden-Freizeitkonto“. Der Arbeitgeber weigerte sich zu zahlen. Er argumentierte, er habe niemals Überstunden angeordnet, gebilligt oder geduldet. Zudem hegte er Zweifel an der Korrektheit der Daten. Die Buchhalterin habe als Administratorin selbst Zeiten nachtragen können. Auffällig seien etwa über Monate hinweg exakt auf die Sekunde genau gebuchte Mittagspausen – ein Indiz für manuelle Eingriffe, nicht für reales Ein- und Ausstempeln am Terminal.
Warum scheiterte die Buchhalterin mit ihrem digitalen Nachweis?
Das Gericht machte kurzen Prozess mit der Hoffnung der Klägerin, der Computerausdruck allein genüge. Die Richter folgten einer klaren und strengen Linie, die vom Bundesarbeitsgericht vorgegeben ist. Der entscheidende Punkt war die fehlende Anerkennung der Stunden durch den Arbeitgeber.
Ein Arbeitnehmer, der eine Vergütung für Mehrarbeit fordert, muss nachweisen, dass er diese Stunden tatsächlich geleistet hat. Er muss auch belegen, dass der Arbeitgeber diese zusätzlichen Stunden angeordnet, gebilligt, geduldet oder sie zur Erledigung der zugewiesenen Arbeit notwendig waren (§ 611a Abs. 2 BGB). Ein selbst erstellter Ausdruck aus einem Zeiterfassungssystem, auf das man als Mitarbeiter – und hier sogar als Administrator – selbst Zugriff hat, ist dafür zu wenig. Er ist im Kern nur eine Behauptung des Mitarbeiters in digitaler Form.
Der Arbeitgeber hatte die Richtigkeit des Saldos bestritten. Er hatte sich die Zahlen nie zu eigen gemacht, etwa durch eine monatliche Abzeichnung der Stundenkonten oder eine unangefochtene Mitteilung des Saldos. Ohne eine solche Bestätigung bleibt die volle Beweislast bei der Arbeitnehmerin. Sie hätte konkret vortragen müssen, an welchen Tagen sie von wann bis wann über die vereinbarten 40 Wochenstunden hinaus gearbeitet hat und welche Aufgaben sie in dieser Zeit erledigte. Eine pauschale Liste mit einem Endsaldo reicht nicht aus.
Wer muss vor Gericht was genau beweisen?
Die Logik des Arbeitsrechts bei Überstunden ist eine Kaskade von Pflichten. Zuerst ist der Arbeitnehmer am Zug. Er muss detailliert darlegen, wann er welche Überstunden auf wessen Veranlassung geleistet hat.
- Bei Anordnung: Der Arbeitnehmer muss beweisen, welcher Vorgesetzte wann und wie die Mehrarbeit konkret angeordnet hat. Ein allgemeiner Hinweis im Arbeitsvertrag, dass Mehrarbeit geleistet werden muss, genügt nicht für eine konkrete Zahlungsforderung.
- Bei Billigung: Der Arbeitnehmer muss nachweisen, dass der Arbeitgeber die geleisteten Überstunden im Nachhinein genehmigt hat. Das kann durch eine Unterschrift auf einem Stundenzettel oder die widerspruchslose Annahme einer Stundenliste geschehen.
- Bei Duldung: Hier muss der Arbeitnehmer zeigen, dass der Arbeitgeber von den Überstunden wusste, aber nichts dagegen unternommen hat und man daraus schließen konnte, dass er mit ihnen einverstanden ist.
- Bei Notwendigkeit: Der Arbeitnehmer muss darlegen, dass ihm so viel Arbeit zugewiesen wurde, dass sie unmöglich in der normalen Arbeitszeit zu schaffen war, und der Arbeitgeber dies wusste oder hätte wissen müssen.
Die Buchhalterin hatte zu keinem dieser Punkte konkrete Fakten vorgetragen. Sie verließ sich allein auf die von ihr gepflegten Daten. Da der Arbeitgeber diese Daten aber nie als korrekt bestätigt hatte und die Klägerin selbst die Kontrolle über das System besaß, blieb der Ausdruck eine einseitige Behauptung. Das Landesarbeitsgericht wies ihre Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil kostenpflichtig zurück (§ 97 Abs. 1 ZPO). Die Klage auf Überstundenvergütung war gescheitert.
Die Urteilslogik
Die bloße Dokumentation von Mehrarbeit in einem vom Arbeitnehmer verwalteten System ersetzt niemals die spezifische Darlegungslast für den Anspruch auf Überstundenvergütung.
- [Anerkennung des Saldos]: Solange der Arbeitgeber das Arbeitszeitkonto nicht aktiv abzeichnet oder den Überstundensaldo widerspruchslos akzeptiert, bleibt die dokumentierte Zeit eine einseitige Behauptung des Mitarbeiters.
- [Beweiswert Digitaler Daten]: Ein Computerausdruck der Zeiterfassung besitzt keinen automatischen Beweiswert für Überstunden, insbesondere wenn der Arbeitnehmer selbst die administrative Kontrolle über die Eingaben hatte.
- [Konkrete Darlegungspflicht]: Arbeitnehmer müssen detailliert darlegen, an welchen Tagen, für welche Aufgaben und auf wessen konkrete Anordnung hin sie Mehrarbeit leisteten; ein pauschaler Gesamtsaldo erfüllt diese Beweislast nicht.
Der Anspruch auf Überstundenvergütung basiert auf der konkreten Autorisierung oder Notwendigkeit der Mehrarbeit, nicht auf einer rein internen Dokumentation der Anwesenheit.
Benötigen Sie Hilfe?
Bestreitet Ihr Arbeitgeber die Gültigkeit Ihrer elektronisch erfassten Überstunden? Lassen Sie sich zu den Beweisanforderungen in Ihrem Fall unverbindlich beraten.
Experten Kommentar
Ein digitaler Stundenzettel fühlt sich oft nach unumstößlicher Wahrheit an, aber vor Gericht ist er nur Tinte auf Papier, wenn der Arbeitgeber nicht mitspielt. Dieses Urteil zieht eine klare rote Linie: Die schiere Existenz eines Zeiterfassungssystems ersetzt nicht die traditionelle Darlegungslast des Arbeitnehmers. Wer als Mitarbeiter seine Arbeitszeiten selbst erfasst oder das System administriert, braucht die explizite monatliche Bestätigung des Saldos durch den Chef. Ohne diese Anerkennung bleibt der Computerausdruck eine einseitige Behauptung – für Arbeitnehmer zählt die Unterschrift des Vorgesetzten rechtlich mehr als der automatisch generierte Timestamp.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Reicht der Ausdruck aus der elektronischen Zeiterfassung als Beweis für meine Überstunden?
Nein, der einfache Ausdruck aus einem digitalen Zeiterfassungssystem genügt in der Regel nicht als alleiniger Beweis für Ihre Überstunden. Wenn der Arbeitgeber die Richtigkeit dieser Daten bestreitet, wertet das Gericht den Ausdruck lediglich als eine einseitige Behauptung des Mitarbeiters in digitaler Form. Das System dokumentiert zwar die Anwesenheit, ersetzt aber nicht den Nachweis, dass der Arbeitgeber die Stunden auch angeordnet oder gebilligt hat. Ihnen obliegt in jedem Fall die volle Beweislast.
Der Ausdruck allein dient nur als Beleg dafür, dass Sie zu bestimmten Zeiten gestempelt haben. Sie müssen jedoch zusätzlich beweisen, dass die geleistete Mehrarbeit tatsächlich von einem Vorgesetzten explizit angeordnet, nachträglich genehmigt (gebilligt) oder zumindest geduldet wurde. Fehlt diese formelle Anerkennung, wie beispielsweise die monatliche Abzeichnung der Stundenkonten durch die Personalabteilung, akzeptieren Gerichte den digitalen Saldo nicht als rechtsverbindlich.
Die Beweiskraft des Zeiterfassungssystems sinkt besonders drastisch, wenn Sie als Mitarbeiter Admin-Rechte oder die Möglichkeit zur manuellen Bearbeitung der Daten hatten. Konkret: Eine pauschale Stundenliste mit einem Endsaldo reicht vor Gericht nicht aus. Sie müssen detailliert vortragen, welche konkreten Aufgaben die Mehrarbeit an den jeweiligen Tagen notwendig machten und auf wessen Anweisung hin Sie diese ausführten.
Führen Sie deshalb sofort ein detailliertes, persönliches Protokoll, in dem Sie neben den Uhrzeiten auch die konkrete erledigte Aufgabe und den veranlassenden Vorgesetzten notieren.
Was muss ich beweisen, wenn mein Arbeitgeber meine geleisteten Überstunden bestreitet?
Wenn der Arbeitgeber Ihre Mehrarbeit ablehnt, tragen Sie die volle Beweislast vor Gericht. Sie müssen nicht nur die tatsächliche Arbeitszeit nachweisen, sondern auch die Zustimmung des Arbeitgebers. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) verlangt von Arbeitnehmern einen doppelten Nachweis für die Vergütung von Überstunden, gestützt auf § 611a Abs. 2 BGB.
Die Regel: Sie müssen detailliert belegen, dass die Überstunden entweder angeordnet, gebilligt oder zumindest geduldet wurden. Vortragen müssen Sie exakt, welcher Vorgesetzte Ihnen wann die konkrete Mehrarbeit befohlen hat. Wurden die Stunden im Nachhinein akzeptiert, liegt eine Billigung vor, oft durch eine Unterschrift auf der Stundenliste. Wenn der Arbeitgeber von den geleisteten Stunden wusste, aber nichts dagegen unternahm, gilt dies als Duldung.
Ist keine direkte Anweisung zu finden, bleibt der Nachweis der Notwendigkeit. Hierfür müssen Sie plausibel darlegen, dass die Ihnen zugewiesene Arbeitsmenge objektiv nicht in der normalen Arbeitszeit zu erledigen war. Der Arbeitgeber musste diese Überlastung erkennen und die Mehrarbeit dennoch in Kauf nehmen. Pauschale Aussagen, dass einfach „viel zu tun war“, reichen den Gerichten nicht aus. Die konkreten Aufgaben und die notwendige Verlängerung der Arbeitszeit sind präzise zu beschreiben.
Identifizieren Sie alle strittigen Stunden und suchen Sie gezielt nach E-Mails, Chats oder Protokollen, die belegen, dass Vorgesetzte über die Mehrarbeit informiert waren oder diese verlangt haben.
Wie muss ich meine Überstunden konkret darlegen, damit sie vor Gericht anerkannt werden?
Die Regel: Eine pauschale Stundenliste oder der Endsaldos Ihrer Zeiterfassung reichen vor Gericht nicht aus. Um den Arbeitgeber erfolgreich auf Vergütung zu verklagen, müssen Sie eine detaillierte, chronologische Aufstellung vorlegen, die keine Angriffsfläche bietet. Richter verlangen den sogenannten substanziierte Vortrag der Arbeitsleistung. Dies bedeutet, dass Sie jede Überstunde einzeln begründen und mit spezifischen Fakten untermauern müssen.
Der Arbeitnehmer trägt die doppelte Beweislast: Er muss die Leistung der Stunden und die Zustimmung des Arbeitgebers beweisen. Listen Sie deshalb für jeden strittigen Tag die exakten Start- und Endzeiten der Mehrarbeit auf. Der entscheidende Punkt ist die Kausalität: Die Überstunden müssen direkt auf eine Anordnung des Vorgesetzten oder die objektive Notwendigkeit zur Erledigung der zugewiesenen Aufgaben zurückzuführen sein. Eine bloße Anwesenheit im Büro über die Regelarbeitszeit hinaus beweist die notwendige Mehrarbeit nicht.
Konkret: Benennen Sie die Tätigkeit spezifisch. Schreiben Sie nicht nur „Ablage und Korrespondenz“, sondern „Abschluss der Quartalsbilanz XY zur Einhaltung der gesetzlichen Frist ZZZ, angeordnet durch Vorgesetzten Mustermann“. Fehlt dieser konkrete Bezug zu den arbeitsvertraglichen Pflichten, kann das Gericht die Stunden leicht als unnötige Eigeninitiative abtun. Die Buchhalterin scheiterte in ihrem Fall, weil sie lediglich einen Gesamtsaldo vorlegte. Eine pauschale Behauptung, die keine Angriffsfläche bietet, ist für das Gericht nutzlos.
Erstellen Sie sofort eine Spaltentabelle, die Datum, Start- und Endzeit, die konkrete Tätigkeit und den Namen des anweisenden Vorgesetzten festhält.
Was passiert mit meiner Klage, wenn ich das Zeiterfassungssystem selbst verwalten konnte?
Die alleinige Kontrolle über das Zeiterfassungssystem stellt ein massives Risiko für Ihre Klage auf Überstundenvergütung dar. Ihre Kontrollfunktion macht den digitalen Ausdruck vor Gericht nahezu wertlos. Das Dokument wird lediglich als eine einseitige Behauptung des Mitarbeiters gewertet. Der Arbeitgeber muss die Korrektheit der von Ihnen erfassten Daten nicht beweisen, sondern die Richtigkeit lediglich anzweifeln.
Der zentrale Grund für diese strenge Haltung liegt in der Beweislastverteilung und dem Schutz vor Manipulation. Besaßen Sie Admin-Rechte oder die Möglichkeit zur manuellen Eingabe der Zeiten, sehen Gerichte die objektive Beweiskraft des Ausdrucks als massiv gemindert an. Entscheidend ist dabei nicht die Frage, ob Sie die Daten ehrlich erfasst haben. Relevant ist einzig die Möglichkeit der Manipulation und die fehlende Kontrollinstanz des Arbeitgebers. Ohne die Bestätigung der Stunden durch den Arbeitgeber bleibt die Beweislast voll bei Ihnen.
Diese Problematik zeigte sich exemplarisch im Fall einer Buchhalterin, die ihr eigenes Zeiterfassungssystem pflegte. Ihr Anspruch scheiterte, weil der Arbeitgeber argumentierte, die von ihr kontrollierten Zeiten könnten nachträglich eingefügt worden sein. Wenn Ihr Anspruch auf Kontrolle beruht, müssen Sie sekundäre Beweismittel vorlegen, die von Dritten oder dem System automatisch generiert wurden. Dazu gehören etwa Server-Logs, die Ihre Login-Zeiten belegen, oder Zeugenaussagen von Kollegen.
Suchen Sie dringend nach unabhängigen Nachweisen, die Ihre Anwesenheit und die Notwendigkeit der Mehrarbeit objektiv belegen.
(181 Wörter)
Wie mache ich meinen digitalen Überstundensaldo für den Arbeitgeber verbindlich und gültig?
Der digitale Saldo wird erst dann juristisch gültig und verbindlich, wenn der Arbeitgeber diesen formal Anerkennung schenkt. Solange die erfassten Zeiten nur in Ihrem System stehen, gelten sie ohne Gegenzeichnung lediglich als Ihre einseitige Behauptung. Der sicherste Weg, zukünftige Konflikte zu verhindern, ist die Etablierung einer monatlichen, widerspruchslosen Abzeichnung des Stundenkontos durch einen Vorgesetzten.
Der zentrale Schlüssel liegt darin, dass der Arbeitgeber sich die erfassten Zahlen „zu eigen macht“. Fehlt die formelle Bestätigung durch eine Unterschrift oder eine offizielle Mitteilung des Saldos, bleibt die gesamte Beweislast beim Arbeitnehmer. Diese Regelung verhindert, dass Sie Ihre Überstunden allein durch den Ausdruck eines Systems nachweisen können, auf das der Arbeitgeber keinen steuernden Zugriff hatte. Der Arbeitgeber muss die Korrektheit der geleisteten Stunden akzeptieren, um diese als valide anzusehen.
Fordern Sie proaktiv eine klare interne Richtlinie, die eine verbindliche, monatliche Prüfung der Stunden vorsieht. Diese Richtlinie sollte definieren, welche autorisierte Person das Zeiterfassungsdokument prüft und anschließend freigibt. Vermeiden Sie es unbedingt, sich auf unregelmäßige, informelle Einsichtnahmen oder mündliche Zusagen des Vorgesetzten zu verlassen, da diese keine formelle Bestätigung für das Unternehmensarchiv darstellen.
Senden Sie Ihren vollständigen Zeiterfassungsreport am Ende jedes Monats per E-Mail an Ihren direkten Vorgesetzten und die Personalabteilung mit der klaren Aufforderung zur zeitnahen Prüfung und Freigabe.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Anerkennung
Die Anerkennung meint im Arbeitsrecht die formelle Bestätigung eines Anspruchs oder eines Sachverhalts durch den Arbeitgeber, beispielsweise der geleisteten Überstunden. Das Gesetz stellt so sicher, dass ein Arbeitgeber die durchgeführte Mehrarbeit nicht im Nachhinein willkürlich ablehnen kann, wenn er sie zuvor verbindlich akzeptiert hat.
Beispiel: Ohne die offizielle Anerkennung der digitalen Stundenkonten durch die Personalabteilung behält der Arbeitgeber das Recht, die Richtigkeit der erfassten Zeiten jederzeit zu bestreiten.
Beweislast
Die Beweislast legt fest, welche Partei in einem Gerichtsverfahren für eine bestimmte Tatsache die Beweise vorlegen muss, um damit erfolgreich zu sein. Juristen nutzen die Beweislastverteilung als Regelmechanismus: Kann eine Behauptung (z. B. „Ich habe Überstunden geleistet“) nicht bewiesen werden, geht die Partei, die die Beweislast trägt, automatisch leer aus.
Beispiel: Im vorliegenden Arbeitsrechtsstreit trug die Buchhalterin die volle Beweislast dafür, dass ihre Überstunden entweder angeordnet, gebilligt oder geduldet worden waren.
Billigung
Von Billigung spricht man, wenn der Arbeitgeber Überstunden nicht direkt angeordnet hat, aber die bereits geleistete Mehrarbeit nachträglich explizit genehmigt, etwa durch die Unterschrift auf einem Stundenzettel. Diese Form der Zustimmung schafft Klarheit und Rechtssicherheit, da der Arbeitnehmer weiß, dass seine bereits geleistete Arbeit vergütet wird, selbst wenn die Anweisung im Vorfeld fehlte.
Beispiel: Eine Billigung hätte vorgelegen, wenn der Vorgesetzte das von der Buchhalterin erstellte „Überstunden-Freizeitkonto“ monatlich unterschrieben und damit die Richtigkeit formal akzeptiert hätte.
Duldung
Die Duldung von Überstunden liegt vor, wenn der Arbeitgeber von der geleisteten Mehrarbeit Kenntnis hat, aber nicht einschreitet und die Stunden in dem Wissen hinnimmt, dass sie zur Erledigung der zugewiesenen Arbeit notwendig sind. Der Gesetzgeber schützt den Arbeitnehmer davor, dass der Arbeitgeber wegschaut, wenn offensichtlich Mehrarbeit anfällt, um diese später nicht vergüten zu müssen.
Beispiel: Hätte der Arbeitgeber über Monate hinweg die tägliche Anwesenheit der Buchhalterin deutlich nach Feierabend bemerkt und dies ohne Beanstandung toleriert, wäre dies als eine Duldung der Überstunden gewertet worden.
Substanziierter Vortrag
Ein substanziierter Vortrag ist die juristische Anforderung, eine Behauptung vor Gericht detailliert und mit konkreten Fakten zu untermauern, anstatt sich auf pauschale Angaben zu beschränken. Nur wenn die Sachlage klar und präzise dargelegt wird, können Gerichte eine fundierte Entscheidung treffen; eine ungenaue Behauptung ohne Details ist für die juristische Prüfung unbrauchbar.
Beispiel: Die Buchhalterin scheiterte, weil sie lediglich einen Gesamtsaldo vorlegte, anstatt in einem substanziierten Vortrag exakt darzulegen, welche konkreten Aufgaben die Mehrarbeit an den strittigen Tagen notwendig machten.
Das vorliegende Urteil
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern – Az.: 5 Sa 73/19 – Urteil vom 05.11.2019
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