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Bewerbungsverfahren öffentlicher Dienst – Anspruch auf Neubescheidung

ArbG Dortmund – Az.: 2 Ca 2120/17 – Urteil vom 20.02.2018

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Streitwert wird auf 8.292,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Ablehnung der Bewerbung der Klägerin für die intern ausgeschriebene Stelle einer Aktionsraumbeauftragen fehlerhaft war und deshalb die Beklagte zu einer neuen Auswahlentscheidung verpflichtet ist.

Die Klägerin ist seit dem 17.8.2011 bei der Beklagten durchgehend beschäftigt. Sie übt die Tätigkeit einer Beauftragten für Chancengleichheit beim Jobcenter aus und erzielt eine Bruttovergütung von 3.891,00 Euro (EG 10).

Im zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag vom 23.8.2012 (Bl. 5 ff. d.A.) heißt es in § 1 wie folgt:

„Frau I wird ab dem 01.09.2012 in der Tätigkeit als Beauftragte für Chancengleichheit ausschließlich für das Jobcenter E auf unbestimmte Zeit eingestellt.“

Die Beklagte schrieb unter der laufenden Nummer Sa 153 intern zwei Planstellen für Aktionsraumbeauftragte im Dezernat Arbeit, Gesundheit, Soziales, Sport und Freizeit aus, die mit EG 11 TVöD bewertet sind. Hierauf bewarb sich die Klägerin unter dem 28.4.2017 innerhalb der Bewerbungsfrist.

Mit Schreiben vom 23.5.2017 wurde der Klägerin durch die Beklagte mitgeteilt, dass sie in dem Ausschreibungsverfahren keine Berücksichtigung finden könne, weil sie ausschließlich für das Jobcenter eingestellt sei (Ablichtung des Schreibens Bl. 14 d.A.).

Die Klägerin hatte im Jahr 2016 mit gesonderter Klage vom 1.6.2016 beim Arbeitsgericht Dortmund (Az.: 3 Ca 2183/16) beantragt, die Beklagte zu verurteilen, sie auch bei internen Stellenausschreibungen bei der Bewerberauswahl zu berücksichtigen. Zuvor war die Klägerin bei einer nur intern ausgeschriebenen Stelle nicht in den Kreis der zulässigen Bewerber einbezogen worden. Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 6.10.2016 entschieden, dass die Klage zulässig, aber unbegründet sei. Der Klägerin stehe ein solcher Anspruch nicht zu. Die Beklagte sei berechtigt, die Klägerin bei internen Stellenausschreibungen nicht zu berücksichtigen. Wegen des weiteren Inhalts des Urteils wird auf die beigezogene Akte 3 Ca 2183/16, dort Bl. 25 ff. d.A., ergänzend Bezug genommen.

Die zunächst eingelegte Berufung gegen die Entscheidung der 3. Kammer (3 Ca 2183/16) hat die Klägerin zurückgenommen.

Die Klägerin begehrt mit ihrer bei Gericht am 12.6.2017 eingegangenen und der Beklagten 10.6.2017 zugestellten Klage, eine Neubescheidung ihrer Bewerbung.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass Urteil des Arbeitsgerichts vom 6.10.2016 sei falsch und trägt hierzu vor. Sie müsse auch bei internen Stellenausschreibungen berücksichtigt werden.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Auswahlentscheidung zur Besetzung der mit den laufenden Nummern Sa 153/17 ausgeschriebenen zwei Stellen für Aktionsraumbeauftragte unter Berücksichtigung der Auffassung des erkennenden Gerichts zu wiederholen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass das Urteil des Arbeitsgerichts vom 6.10.2016 Bestand haben müsse. Die Beklagte sei berechtigt, die Klägerin bei internen Stellenausschreibungen nicht zu berücksichtigen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Begrenzung auf interne Bewerbung – wozu die Klägerin nicht zu zählen sei – sei zulässig. Der der Stellenbesetzung vorgelagerte Prozess der Bestimmung des Personenkreis, der für die Bewerbung zugelassen werden soll, lägen sachliche Erwägungen zu Grunde. Der Personalaufwand für die Mitarbeiter, die im Jobcenter eingesetzt würden, sei zu 100 % refinanziert. Die Personalkosten würden in vollem Umfang durch die Bundesagentur für Arbeit erstattet. Jede Einstellung von Mitarbeitern, die wie die Klägerin ausschließlich für das Jobcenter eingestellt worden seien, auf Stellen bei der Beklagten selbst, würde daher wie eine externe Einstellung zur Steigerung der Gesamtpersonalkosten führen. Zudem könnten keine KW Vermerke realisiert werden.

Die Akte des Arbeitsgerichts Dortmund zum Aktenzeichen 3 Ca 2183/16 sowie zum Verfahren 2 Ga 19/17 wurde beigezogen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftstücke nebst Anlagen sowie den Inhalt des Sitzungsprotokolls ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Begrenzung der Ausschreibung auf interne Bewerbung ist nach Auffassung des Gerichts zulässig. Nach der rechtskräftigen Entscheidung der 3. Kammer des Arbeitsgerichts ist die Beklagte nicht verpflichtet, die Klägerin bei rein internen Ausschreibungen zu berücksichtigen.

Bewerbungsverfahren öffentlicher Dienst – Anspruch auf Neubescheidung
(Symbolfoto: Von Elle Aon/Shutterstock.com)

Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Bewerber können verlangen, dass die Auswahlentscheidung nach diesen Kriterien erfolgt. Dieser Grundsatz der Bestenauslese gilt nicht nur für Beamte, sondern auch für Arbeiter und Angestellte im Öffentlichen Dienst. Nach Art. 33 Abs. 2 GG haben alle Beschäftigtengruppen Anspruch auf Zugang zu einem öffentlichen Amt, sofern nicht ein ausdrücklicher Funktionsvorbehalt zur Wahrnehmung Hoheitlicher Aufgaben besteht (vgl. BAG, Urt. v. 18. September 2001 – 9 AZR 410/00 = AP Nr. 52 zu Art. 33 Abs. 2 GG). Aus Art. 33 Abs. 2 GG folgt nicht nur ein Anspruch auf Übertragung einer bestimmten Stelle, wenn der Anspruchsteller als bester Bewerber die Voraussetzungen für deren Besetzung erfüllt. Vielmehr besteht auch ein Anspruch auf erneute Auswahl, wenn sich die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers als rechtsfehlerhaft erweist und die ausgeschriebene Stelle noch nicht besetzt ist. Dabei hat der Arbeitgeber bei seiner erneuten Auswahlentscheidung die vom Gericht festgestellten Auswahlfehler zu unterlassen und ist insoweit an die Rechtsauffassung des Gerichts gebunden (vgl. BAG, Urt. v. 5. November 2002 – 9 AZR 451/01 = AP Nr. 57 zu Art. 33 Abs. 2 GG; Urt. v. 21. Januar 2003 – 9 AZR 72/02 = AP Nr. 59 zu Art. 33 Abs. 2 GG).

Nach diesen Grundsätzen ist ein Bewerbungsanspruch für die Klägerin dem Grunde nach gegeben. Allerdings besteht dieser Anspruch auf Grund der rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht, wenn die Beklagte nur intern Stellenausschreibungen vornimmt.

1.

Die Begrenzung auf interne Bewerbungen ist rechtmäßig.

Wie das Landesarbeitsgericht im Berufungsverfahren hinsichtlich der einstweiligen Verfügung ausführt, obliegt es allein dem Haushaltsgesetzgeber, darüber zu bestimmen, wie viele Stellen im öffentlichen Dienst geschaffen werden (LAG Hamm, 11 SaGa 9/17, Seite 10). Der öffentliche Arbeitgeber hat aufgrund seiner Organisationsfreiheit das Recht, zwischen verschiedenen Möglichkeiten, eine Stelle zu besetzen, zu wählen. Wie er diese Organisationsfreiheit nutzt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen (vgl. BAG 23. Januar 2007 – 9 AZR 492/06 – Rn. 40 mwN, BAGE 121, 67). Ein Art. 33 Abs. 2 GG entsprechendes Auswahlverfahren ist durchzuführen, wenn der öffentliche Arbeitgeber die zu besetzende Stelle unbeschränkt ausgeschrieben hat.

Die vorliegend vorgenommene Begrenzung auf interne Bewerber ist unter Berücksichtigung der Ausführungen der beklagten Stadt zulässig. Die Beklagte gibt an, sie könne die Gesamtpersonalkosten nicht wie geplant reduzieren, wenn sie die Klägerin und andere nur für die Tätigkeit beim Jobcenter eingestellte Mitarbeiter berücksichtige. Dies ist nach den Ausführungen der Beklagten nachvollziehbar und für das Gericht ein ausreichendes Kriterium zur Begrenzung des Bewerberkreises. Unter Haushaltsgesichtspunkten würden durch die Einstellung der Klägerin die Gesamtpersonalkosten wie bei einer externen Einstellung steigen. Auch die beabsichtigte Realisierung von KW Vermerken kann nur bei einer auch kostenmäßig sich auswirkenden Einstellung erreicht werden.

Daher ist die Begrenzung auf interne Bewerber zulässig.

2.

Für rein intern ausgeschriebene Stellen besteht jedoch kein Bewerbungsanspruch der Klägerin.

Die dritte Kammer des Arbeitsgerichts hat die damalige Leistungsklage der Klägerin rechtskräftig abgewiesen, mit der die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten erreichen wollte, sie bei internen Stellenausschreibungen zu berücksichtigen. Die dritte Kammer hat die Klage als zulässig, aber unbegründet angesehen. Die Entscheidung ist in Rechtskraft erwachsen und bindet die Parteien ebenso wie das Gericht.

Die materielle Rechtskraft eines Urteils hat zur Folge, dass erneute, abweichende Entscheidungen desselben oder eines anderen Gerichts innerhalb bestimmter objektiver, subjektiver und zeitlicher Grenzen ausgeschlossen sind. Eine erneute Sachentscheidung liegt nicht nur vor, wenn der Streitgegenstand des zweiten Rechtsstreits mit dem des ersten identisch ist, sondern auch in den Fällen der Präjudizialität, nämlich dann, wenn die im Vorprozess entschiedene Rechtsfolge Vorfrage für die Entscheidung eines nachfolgenden Rechtsstreit ist (BAG 25.04.2007 – 10 AZR 586/06 -, juris mit weiteren Nachweisen). Hat das Gericht im Zweitprozess den Streitgegenstand des rechtskräftig entschiedenen Vorprozesses als Vorfrage erneut zu prüfen, so hat es den Inhalt der rechtskräftigen Entscheidung in seinem Urteil zugrunde zu legen. Die Rechtskraft der Erstentscheidung hindert den Richter, die Vorfrage neu zu beurteilen. Damit ist jede selbständige Verhandlung, Beweisaufnahme oder Entscheidung über das festgestellte Tatbestandsmerkmal unzulässig (vgl. BAG 25.04.2007 – 10 AZR 586/06 -, juris; BGH 01.12.1993 – XIII ZR 41/93 -, juris; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Auflage, vor § 322 Randzahl 41, § 322 Randzahl 12 mit weiteren Nachweisen).

Die Beklagte ist daher nicht verpflichtet, die Klägerin bei der vorliegenden Stellenausschreibung zu berücksichtigen. Ein Anspruch auf Neubescheidung besteht nicht.

II.

Die Klägerin hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

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