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Böswillig unterlassener anderweitiger Verdienst – Annahmeverzugslohn

Ein Luftverkehrsunternehmen und sein Mitarbeiter liefern sich eine erbitterte juristische Schlacht, bei der es um mehr als nur die Frage geht, wer Recht hat. Nach einer Kündigung steht nun die Frage im Raum: Hat der gefeuerte Pilot wirklich alles versucht, um einen neuen Job zu finden, oder spekulierte er auf Kosten seines Ex-Arbeitgebers? Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die feinen Linien zwischen Recht und Gerechtigkeit im Arbeitsrecht.

Übersicht:

Zum vorliegenden Urteil Az.: 6 SLa 172/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
  • Datum: 17.10.2024
  • Aktenzeichen: 6 SLa 172/24
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Beteiligte Parteien:
  • Der Kläger, ein Operations- und Verkaufsleiter, der gegen eine Fristlose Kündigung vorgeht und Entgelt aus Annahmeverzug fordert.
  • Die Beklagte, ein Luftverkehrsunternehmen, das das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger durch (erneute) Kündigung beenden will.
  • Um was ging es?
  • Sachverhalt: Der Kläger wehrt sich gegen eine fristlose Kündigung (hilfsweise ordentliche Kündigung) durch die Beklagte. Zuvor hatte die Beklagte bereits erfolglos versucht, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Der Kläger fordert zudem Entgelt aus Annahmeverzug.
  • Kern des Rechtsstreits: Ist die (erneute) fristlose Kündigung der Beklagten wirksam und hat der Kläger Anspruch auf Entgelt aus Annahmeverzug?
  • Was wurde entschieden?
  • Entscheidung: Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln wird zurückgewiesen.
  • Folgen: Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Fall vor Gericht


LAG Köln Urteil im Fokus: Streit um Annahmeverzugslohn nach Kündigung

Pilot im Homeoffice, schaut nachdenklich aus dem Fenster, umgeben von unöffentlichen Stellenanzeigen und einem Staub laptop.
Annahmeverzugslohn und böswilliges Unterlassen | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat am 17. Oktober 2024 ein Urteil (Az.: 6 SLa 172/24) gefällt, das sich mit den komplexen Fragen des Annahmeverzugslohns und des böswillig unterlassenen anderweitigen Verdienstes auseinandersetzt. Im Kern des Rechtsstreits steht ein Arbeitsverhältnis im Luftverkehrsgewerbe, das bereits in der Vergangenheit Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen war. Das aktuelle Urteil befasst sich mit einer erneuten Kündigung und den daraus resultierenden Lohnforderungen eines Arbeitnehmers.

Erneute Auseinandersetzung vor dem Arbeitsgericht: Fortsetzung eines langjährigen Konflikts

Die Parteien, ein Luftverkehrsunternehmen und ein Arbeitnehmer, sind keine Unbekannten vor dem Arbeitsgericht. Wie aus dem Urteil hervorgeht, gab es bereits ein früheres Verfahren, in dem die Beklagte (das Unternehmen) erfolglos versucht hatte, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Nun streiten sie erneut über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung und die damit verbundenen Entgeltforderungen des Klägers (des Arbeitnehmers) im Rahmen des Annahmeverzugs.

Hintergrund des Konflikts: Vorwürfe und Gegenvorwürfe im ersten Rechtsstreit

Der aktuelle Rechtsstreit wurzelt in einem Vorfall vom 11. Dezember 2019. Damals eskalierte eine Situation zwischen dem Kläger und seinem Vorgesetzten. Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis, weil der Kläger angeblich wahrheitswidrig behauptet habe, sein Vorgesetzter habe ihn mit Fäusten geschlagen und grob beleidigt. Dieser Vorwurf der Falschaussage bildete den Kern des ersten Kündigungsschutzprozesses.

Beweislastverteilung im vorherigen Verfahren: Kündigungsschutz versus Schmerzensgeld

Im ersten Rechtsstreit lastete die Beweislast für die angebliche Falschheit der Behauptung des Klägers auf der Beklagten im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses. Gleichzeitig forderte der Kläger Schmerzensgeld, wobei er in diesem Fall die Beweislast für die tatsächlichen Schläge und Beleidigungen trug. Diese unterschiedliche Beweislastverteilung ist ein wesentlicher Aspekt für das Verständnis der komplexen Rechtslage.

Ausgang des vorherigen Verfahrens: Kündigungsschutz erfolgreich, Schmerzensgeldanspruch gescheitert

Das vorherige Verfahren vor dem LAG Köln (Az.: 8 Sa 473/22) endete mit einem Urteil, das sowohl für den Kläger als auch für die Beklagte teilweise erfolgreich war. Die Kündigungsschutzklage des Klägers war erfolgreich, die Kündigung wurde als unwirksam erklärt. Sein Schmerzensgeldantrag hingegen blieb erfolglos. Der Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers wurde im Hinblick auf eine neue Kündigung abgewiesen – ebendiese neue Kündigung ist nun Gegenstand des aktuellen Rechtsstreits. Die Revision gegen dieses Urteil wurde vom Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen.

Kernfrage des aktuellen Urteils: Annahmeverzugslohn und böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes

Im aktuellen Verfahren geht es nun um die Frage, ob die Beklagte dem Kläger für die Zeit nach der erneuten Kündigung Annahmeverzugslohn zahlen muss. Ein zentraler Punkt dabei ist, ob der Kläger böswillig einen anderweitigen Verdienst unterlassen hat. Dies bedeutet, dass das Gericht prüfen musste, ob der Kläger zumutbare Bemühungen unternommen hat, um eine neue Arbeitsstelle zu finden und somit seinen Schaden zu mindern.

Entscheidung des LAG Köln: Berufung der Beklagten zurückgewiesen

Das LAG Köln hat im aktuellen Urteil die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln zurückgewiesen. Dies bedeutet, dass das LAG die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt hat. Die Beklagte muss somit die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Die Revision wurde nicht zugelassen, was die Entscheidung des LAG Köln in der aktuellen Instanz abschließend macht.

Begründung des Gerichts: Zweifel an der „Wahrheitswidrigkeit“ der ursprünglichen Behauptung

Das LAG Köln stützt seine Entscheidung auf die Feststellungen im vorherigen Verfahren. Das Arbeitsgericht Köln hatte dort bereits Zweifel daran geäußert, dass der Kläger die Tätlichkeiten seines Vorgesetzten „leichtfertig oder gar vorsätzlich“ erfunden habe. Obwohl der Kläger in der Schilderung der Faustschläge möglicherweise übertrieben haben mag, bleiben laut Gericht „erhebliche Zweifel“ an einer bewussten Falschaussage. Diese Zweifel wirken sich nun im aktuellen Verfahren zugunsten des Klägers aus.

Bedeutung des Urteils für Betroffene: Stärkung der Arbeitnehmerrechte bei Kündigung und Annahmeverzug

Das Urteil des LAG Köln stärkt die Rechte von Arbeitnehmern in Kündigungsschutzverfahren und im Zusammenhang mit Annahmeverzugslohn. Es unterstreicht, dass Arbeitgeber die Beweislast für die „Wahrheitswidrigkeit“ von Behauptungen ihrer Arbeitnehmer tragen, wenn sie darauf eine Kündigung stützen. Zudem zeigt das Urteil, dass Gerichte bei der Prüfung des böswilligen Unterlassens anderweitigen Verdienstes die Gesamtumstände des Falls berücksichtigen und nicht schematisch vorgehen.

Konsequenzen für Arbeitnehmer: Anspruch auf Annahmeverzugslohn bei unberechtigter Kündigung

Für Arbeitnehmer bedeutet dies, dass sie im Falle einer unberechtigten Kündigung grundsätzlich Anspruch auf Annahmeverzugslohn haben. Sie sind zwar verpflichtet, sich um eine neue Stelle zu bemühen, aber die Anforderungen an diese Bemühungen dürfen nicht überzogen sein. Arbeitgeber können sich nicht einfach darauf berufen, der Arbeitnehmer habe böswillig einen Verdienst unterlassen, ohne dies konkret nachzuweisen.

Konsequenzen für Arbeitgeber: Sorgfältige Prüfung von Kündigungsgründen und Beweislast

Für Arbeitgeber bedeutet das Urteil, dass sie Kündigungsgründe sorgfältig prüfen und die Beweislast für ihre Vorwürfe im Kündigungsschutzprozess ernst nehmen müssen. Insbesondere bei Vorwürfen der Falschaussage oder des Fehlverhaltens von Arbeitnehmern müssen Arbeitgeber stichhaltige Beweise vorlegen können. Die pauschale Behauptung des böswilligen Unterlassens anderweitigen Verdienstes im Annahmeverzugsverfahren reicht nicht aus, um die Lohnzahlungspflicht zu umgehen.

Fazit: Ein komplexer Fall mit Signalwirkung für das Arbeitsrecht

Das Urteil des LAG Köln im Fall des Annahmeverzugslohns ist ein weiteres Kapitel in einem langjährigen Arbeitsrechtsstreit. Es verdeutlicht die Komplexität von Kündigungsschutzverfahren und die Bedeutung der Beweislastverteilung. Gleichzeitig sendet es ein wichtiges Signal zur Stärkung der Arbeitnehmerrechte und zur fairen Auslegung des böswilligen Unterlassens anderweitigen Verdienstes im deutschen Arbeitsrecht.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass eine erneute Kündigung wegen desselben Sachverhalts unzulässig ist, wenn ein Gericht bereits rechtskräftig über diesen Vorfall entschieden hat. Das Prinzip der Rechtskraft verhindert, dass Arbeitgeber denselben Kündigungsgrund mehrfach verwenden können, selbst wenn sie ihn anders formulieren. Besonders wichtig: Auch wenn der Arbeitnehmer seinen Anspruch (hier: Schmerzensgeld) nicht beweisen konnte, bedeutet dies nicht automatisch, dass er gelogen hat – es können einfach Beweisschwierigkeiten vorliegen, was keinen Kündigungsgrund darstellt.


Hinweise und Tipps

Praxistipps für Arbeitnehmer bei Kündigung und Annahmeverzug

Wenn Ihr Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung beendet wurde und Sie der Meinung sind, dass diese unrechtmäßig ist, sollten Sie umgehend handeln, um Ihre Rechte zu wahren. Annahmeverzug des Arbeitgebers bedeutet, dass Sie weiterhin Anspruch auf Ihr Gehalt haben, obwohl Sie nicht arbeiten.

⚖️ DISCLAIMER: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar und ersetzen nicht die individuelle juristische Beratung. Jeder Fall ist anders und kann besondere Umstände aufweisen, die einer speziellen Einschätzung bedürfen.

Tipp 1: Kündigungsschutzklage einreichen

Erheben Sie innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht. Diese Klage ist entscheidend, um die Wirksamkeit der Kündigung überprüfen zu lassen und Ihren Arbeitsplatz zu erhalten oder eine Abfindung zu verhandeln.

⚠️ ACHTUNG: Die dreiwöchige Frist ist unbedingt einzuhalten, da die Kündigung ansonsten als wirksam gilt!


Tipp 2: Annahmeverzug geltend machen

Bieten Sie Ihrem Arbeitgeber Ihre Arbeitsleistung nach der Kündigung weiterhin an, auch wenn er diese ablehnt. Dies ist wichtig, um Ihren Anspruch auf Entgeltzahlung wegen Annahmeverzugs aufrechtzuerhalten. Dokumentieren Sie die Ablehnung der Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber.

Beispiel: Senden Sie Ihrem Arbeitgeber ein Einschreiben mit Rückschein, in dem Sie Ihre Arbeitsleistung anbieten und auf den Annahmeverzug hinweisen.


Tipp 3: Jobsuche dokumentieren

Auch wenn Sie gegen die Kündigung vorgehen, sollten Sie sich unverzüglich um eine neue Arbeitsstelle bemühen. Dokumentieren Sie Ihre Bemühungen (Bewerbungen, Vorstellungsgespräche), um im Falle einer späteren Auseinandersetzung über den Annahmeverzug nachweisen zu können, dass Sie aktiv nach einer neuen Beschäftigung gesucht haben. Dies kann Ihre Chancen auf eine Entschädigung erhöhen.


Tipp 4: Arbeitslosengeld beantragen

Beantragen Sie umgehend Arbeitslosengeld, auch wenn Sie gegen die Kündigung vorgehen. Dies sichert Ihren Lebensunterhalt und kann in einem späteren Rechtsstreit positiv berücksichtigt werden.

⚠️ ACHTUNG: Die Bewilligung von Arbeitslosengeld kann beeinflusst werden, wenn Sie sich nicht aktiv um eine neue Arbeitsstelle bemühen.


Checkliste: Vorgehen bei Kündigung

  • Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen einreichen
  • Arbeitsleistung anbieten und Annahmeverzug dokumentieren
  • Aktive Jobsuche nachweisen
  • Arbeitslosengeld beantragen

Benötigen Sie Hilfe?

Komplexe Konfliktsituationen im Arbeitsrecht im Blick

In Fällen, in denen Fragen rund um den Annahmeverzugslohn und das böswillige Unterlassen anderweitigen Verdienstes den Streitpunkt bilden, kann die Beweislastverteilung schnell zu Unsicherheiten führen. Besonders wenn arbeitsrechtliche Ansprüche und die Gestaltung von Kündigungsprozessen aufeinander treffen, ist es entscheidend, die individuellen Umstände eingehend zu beleuchten.

Wir unterstützen Sie dabei, Ihre individuelle Situation sachlich und präzise zu analysieren. Unser Ansatz basiert auf transparenter Beratung und klaren Lösungswegen, die Ihnen helfen, Ihre Rechte im Spannungsfeld zwischen Arbeitnehmeransprüchen und Arbeitgeberpflichten besser zu verstehen. Lassen Sie uns Ihre Fragen besprechen und gemeinsam ermitteln, welche Schritte zur Klärung beitragen können.

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Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet Annahmeverzugslohn konkret für Arbeitnehmer nach einer Kündigung?

Der Annahmeverzugslohn ist eine wichtige Regelung im Arbeitsrecht, die Arbeitnehmern in bestimmten Situationen den Anspruch auf Lohnzahlung gewährt, auch wenn sie keine Arbeit leisten. Dies tritt ein, wenn der Arbeitgeber die angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt, obwohl das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Ein häufiges Beispiel hierfür ist die Zeit nach einer Kündigung, die sich später als unwirksam herausstellt.

Voraussetzungen für den Annahmeverzug

Damit ein Arbeitnehmer Anspruch auf Annahmeverzugslohn hat, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses: Das Arbeitsverhältnis muss rechtlich weiter bestehen, z.B. während eines Kündigungsschutzprozesses.
  • Angebot der Arbeitsleistung: Der Arbeitnehmer muss seine Arbeitsleistung anbieten. Dies kann durch ein tatsächliches oder wörtliches Angebot erfolgen.
  • Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit: Der Arbeitnehmer muss in der Lage und bereit sein, zu arbeiten.
  • Nichtannahme der Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber: Der Arbeitgeber muss die angebotene Arbeitsleistung ablehnen oder nicht annehmen.

Folgen des Annahmeverzugs

Wenn der Arbeitgeber in Annahmeverzug gerät, muss er den vertraglich vereinbarten Lohn zahlen, auch wenn der Arbeitnehmer keine Arbeit leistet. Der Arbeitnehmer muss jedoch anderweitige Einkünfte anrechnen lassen, die er während dieser Zeit erzielt. Wenn er eine zumutbare Arbeitsmöglichkeit ablehnt, kann ihm das fiktiv erzielbare Einkommen angerechnet werden.

Böswilliges Unterlassen

Ein böswilliges Unterlassen von Verdienstmöglichkeiten kann dazu führen, dass der Arbeitnehmer den Anspruch auf Annahmeverzugslohn verliert. Dies ist der Fall, wenn er eine zumutbare Arbeitsmöglichkeit ablehnt oder sich nicht um neue Stellen bemüht.

Praktische Bedeutung

Für Arbeitnehmer ist es wichtig, die Arbeitsleistung nach einer Kündigung weiterhin anzubieten, um den Anspruch auf Annahmeverzugslohn zu sichern. Dies kann durch schriftliche oder mündliche Angebote erfolgen. Dokumentiert man seine Bemühungen, kann man im Streitfall besser nachweisen, dass man bereit war zu arbeiten.


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Wann spricht man von „böswilligem Unterlassen“ eines anderweitigen Verdienstes und welche Auswirkungen hat dies auf den Annahmeverzugslohn?

Böswilliges Unterlassen eines anderweitigen Verdienstes liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer vorsätzlich und bewusst eine ihm zumutbare Arbeit nicht annimmt oder deren Aufnahme verhindert. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer in Kenntnis aller objektiven Umstände untätig bleibt oder die Aufnahme der Arbeit bewusst verhindert, ohne dass eine Schädigungsabsicht erforderlich ist. Fahrlässiges oder sorgfaltswidriges Verhalten reicht nicht aus, um von Böswilligkeit zu sprechen.

Auswirkungen auf den Annahmeverzugslohn:

  • Anrechnung fiktiven Verdienstes: Wenn ein Arbeitnehmer böswillig anderweitigen Verdienst unterlässt, muss er sich den fiktiven Verdienst, den er hätte erzielen können, auf seinen Annahmeverzugslohn anrechnen lassen. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber nicht den vollen Betrag des Annahmeverzugslohns zahlen muss, sondern nur den Teil, der über den fiktiven Verdienst hinausgeht.
  • Pflicht zur Eigenbemühung: Arbeitnehmer haben die Pflicht, sich um eine neue Stelle zu bemühen. Wenn sie dies nicht tun, kann dies als böswilliges Unterlassen gewertet werden. Eine Meldung bei der Agentur für Arbeit und das Nachgehen von Vermittlungsvorschlägen können helfen, ein solches Unterlassen zu vermeiden.

Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie sind arbeitslos, nachdem Ihr Arbeitgeber eine unwirksame Kündigung ausgesprochen hat. Wenn Sie sich nicht um eine neue Stelle bemühen und keine zumutbare Arbeit annehmen, könnte dies als böswilliges Unterlassen angesehen werden. In diesem Fall müssten Sie sich den Verdienst, den Sie hätten erzielen können, auf Ihren Annahmeverzugslohn anrechnen lassen.


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Welche Pflichten habe ich als Arbeitnehmer, um einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn nicht zu gefährden?

Um Ihren Anspruch auf Annahmeverzugslohn zu sichern, sollten Sie als Arbeitnehmer folgende Schritte beachten:

1. Angebot der Arbeitsleistung:

  • Sie müssen Ihre Arbeitsleistung dem Arbeitgeber anbieten. Dies kann durch tatsächliches Erscheinen am Arbeitsplatz oder durch ein wörtliches Angebot geschehen, insbesondere wenn der Arbeitgeber bereits erklärt hat, die Leistung nicht anzunehmen.

2. Aktive Suche nach einer neuen Beschäftigung:

  • Zumutbare Beschäftigung: Sie sollten sich aktiv um eine neue Beschäftigung bemühen, die als zumutbar gilt. Dies bedeutet, dass Sie keine unzumutbaren Angebote annehmen müssen, aber solche, die Ihrer Qualifikation und Fähigkeiten entsprechen.
  • Dokumentation der Bemühungen: Dokumentieren Sie Ihre Bewerbungsbemühungen und die Kontakte mit potenziellen Arbeitgebern. Dies kann bei einem möglichen Rechtsstreit hilfreich sein, um nachzuweisen, dass Sie sich nicht böswillig um eine neue Beschäftigung verweigert haben.

3. Anrechnung anderweitigen Verdienstes:

  • Wenn Sie während des Annahmeverzugs anderweitig verdienen, muss sich dies auf Ihren Annahmeverzugslohn anrechnen lassen. Auch das böswillige Unterlassen einer zumutbaren Beschäftigung kann zu einer Anrechnung führen.

4. Meldung bei der Arbeitsagentur:

  • Melden Sie sich arbeitsuchend bei der Agentur für Arbeit, um Ihre Bemühungen um eine neue Beschäftigung zu dokumentieren. Dies kann auch bei der Beurteilung des Annahmeverzugslohns relevant sein.

Indem Sie diese Schritte beachten, können Sie Ihren Anspruch auf Annahmeverzugslohn besser sichern.


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Wie muss der Arbeitgeber beweisen, dass ich „böswillig“ einen Verdienst unterlassen habe?

Wenn ein Arbeitgeber behauptet, dass Sie böswillig einen Verdienst unterlassen haben, trägt er die Beweislast. Das bedeutet, dass er nachweisen muss, dass Sie während des Annahmeverzugs vorsätzlich und ohne triftigen Grund eine zumutbare anderweitige Arbeit nicht aufgenommen haben.

Was muss der Arbeitgeber beweisen?

Der Arbeitgeber muss folgende Punkte darlegen:

  • Beschäftigungsmöglichkeiten: Er muss nachweisen, dass während des Annahmeverzugs zumutbare Arbeitsmöglichkeiten für Sie bestanden haben.
  • Zumutbarkeit der Arbeit: Er muss zeigen, dass die angebotenen oder verfügbaren Arbeiten für Sie zumutbar waren. Dazu gehören Aspekte wie Vergütung, Arbeitszeit und Tätigkeit.
  • Böswilligkeit: Der Arbeitgeber muss Indizien vorbringen, die darauf hindeuten, dass Sie vorsätzlich untätig geblieben sind oder die Aufnahme einer Arbeit bewusst verhindert haben.

Wie können Sie sich verteidigen?

Wenn Sie sich gegen den Vorwurf des böswilligen Unterlassens verteidigen möchten, können Sie folgende Schritte unternehmen:

  • Arbeitslosmeldung: Sie sollten sich bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend melden und deren Vermittlungsangeboten nachgehen. Dies kann helfen, den Vorwurf der Böswilligkeit zu entkräften.
  • Bewerbungen: Sie sollten sich aktiv um Stellen bewerben, die Ihnen zumutbar sind. Wenn Sie Stellenangebote ablehnen, sollten Sie plausible Gründe dafür haben.
  • Dokumentation: Halten Sie Ihre Bemühungen um eine neue Stelle schriftlich fest. Dies kann bei einem möglichen Gerichtsverfahren hilfreich sein.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Beurteilung der Böswilligkeit immer eine Einzelfallentscheidung ist, bei der alle Umstände berücksichtigt werden müssen.


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Kann ich auch dann Annahmeverzugslohn fordern, wenn die Kündigung unwirksam ist, aber ich mich bereits nach einer neuen Stelle umsehe?

Wenn eine Kündigung unwirksam ist, hat der Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf Annahmeverzugslohn, solange das Arbeitsverhältnis rechtlich fortbesteht. Dieser Anspruch entsteht, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleistung nicht annimmt, obwohl der Arbeitnehmer bereit ist zu arbeiten. Die Suche nach einer neuen Stelle ist grundsätzlich nicht schädlich für den Anspruch auf Annahmeverzugslohn.

Allerdings kann die aktive Suche nach einer neuen Stelle unter bestimmten Umständen als böswilliges Unterlassen gewertet werden, wenn der Arbeitnehmer keine Bemühungen nachweisen kann, die Arbeitsleistung beim alten Arbeitgeber weiterhin anzubieten oder wenn er zumutbare Stellenangebote ablehnt. Böswilliges Unterlassen bedeutet, dass der Arbeitnehmer es unterlässt, eine zumutbare Arbeit anzunehmen oder sich um eine solche zu bemühen, was zu einer Anrechnung auf den Annahmeverzugslohn führen kann.

Um den Anspruch auf Annahmeverzugslohn zu sichern, sollte der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung schriftlich anbieten und nachweisen, dass er weiterhin bereit ist, für den alten Arbeitgeber zu arbeiten. Gleichzeitig kann die Suche nach einer neuen Stelle durchgeführt werden, solange dies nicht als Ablehnung der alten Arbeitsleistung interpretiert wird.

Wichtige Punkte:

  • Annahmeverzugslohn bleibt bestehen, solange die Kündigung unwirksam ist.
  • Arbeitsleistungsangebot sollte schriftlich erfolgen.
  • Suche nach einer neuen Stelle ist grundsätzlich erlaubt, kann aber unter bestimmten Umständen als böswilliges Unterlassen gewertet werden.

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⚖️ DISCLAIMER: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Annahmeverzugslohn

Annahmeverzugslohn ist die Vergütung, die ein Arbeitgeber zahlen muss, wenn er die Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers nicht annimmt, obwohl dieser arbeitsbereit ist und seine Leistung anbietet. Dies ist besonders relevant bei Kündigungen, wenn der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Kündigung geltend macht. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 615 BGB in Verbindung mit § 293 ff. BGB. Der Arbeitgeber gerät in Annahmeverzug, wenn er die angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt.

Beispiel: Nach einer unwirksamen Kündigung bietet ein Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung ausdrücklich an, der Arbeitgeber lässt ihn jedoch nicht arbeiten. Der Arbeitnehmer behält seinen Vergütungsanspruch, ohne tatsächlich arbeiten zu müssen.


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Böswillig unterlassener anderweitiger Verdienst

Dies bezeichnet Einkünfte, die ein Arbeitnehmer hätte erzielen können, wenn er sich ausreichend um eine andere Beschäftigung bemüht hätte. Nach § 615 Satz 2 BGB muss sich ein Arbeitnehmer im Annahmeverzug anrechnen lassen, was er böswillig zu erwerben unterlässt. Böswilligkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer zumutbare Erwerbsmöglichkeiten absichtlich nicht wahrnimmt. Die Beweislast für diese Böswilligkeit trägt der Arbeitgeber.

Beispiel: Ein gekündigter Pilot bewirbt sich absichtlich nur bei Airlines, die aktuell nachweislich keine Piloten einstellen, obwohl es offene Stellen bei anderen Fluggesellschaften gibt, um weiterhin Annahmeverzugslohn zu erhalten.


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Rechtskraft

Rechtskraft bezeichnet die Eigenschaft einer gerichtlichen Entscheidung, die bewirkt, dass diese endgültig und verbindlich wird und nicht mehr mit regulären Rechtsmitteln angefochten werden kann. Man unterscheidet zwischen formeller und materieller Rechtskraft. Die formelle Rechtskraft tritt ein, wenn ein Urteil nicht mehr mit Rechtsmitteln anfechtbar ist. Die materielle Rechtskraft bewirkt, dass der entschiedene Sachverhalt nicht mehr Gegenstand eines neuen Verfahrens sein kann (ne bis in idem-Grundsatz).

Beispiel: Wenn ein Arbeitsgericht bereits rechtskräftig entschieden hat, dass eine Kündigung unwirksam ist, kann der Arbeitgeber nicht erneut wegen desselben Sachverhalts kündigen, selbst wenn er den Grund anders formuliert.


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Fristlose Kündigung

Eine fristlose Kündigung (auch außerordentliche Kündigung genannt) beendet ein Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Sie ist gemäß § 626 BGB nur zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der es dem Kündigenden unzumutbar macht, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. Die Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen erfolgen.

Beispiel: Ein Mitarbeiter wird bei Diebstahl von Firmeneigentum ertappt, was einen erheblichen Vertrauensbruch darstellt und dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht.


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Berufungsverfahren

Ein Berufungsverfahren ist ein Rechtsmittelverfahren, bei dem eine höhere Instanz ein Urteil einer niedrigeren Instanz überprüft. Im Arbeitsrecht wird die Berufung gegen Urteile des Arbeitsgerichts beim Landesarbeitsgericht eingelegt. Die Berufung muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils eingelegt und innerhalb von zwei Monaten begründet werden. Das Berufungsgericht überprüft sowohl rechtliche als auch tatsächliche Aspekte des Falls.

Beispiel: Nachdem das Arbeitsgericht Köln einer Klage gegen eine Kündigung stattgegeben hat, legt der Arbeitgeber Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln ein, um eine erneute Überprüfung des Falls zu erreichen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Dieser Paragraph regelt den allgemeinen Kündigungsschutz und besagt, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam ist, wenn sie nicht durch Gründe im Verhalten oder in der Person des Arbeitnehmers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht prüft hier, ob die erneute fristlose Kündigung der Beklagten sozial gerechtfertigt ist. Da bereits eine frühere Kündigungsschutzklage erfolgreich war, liegt der Fokus erneut auf der Rechtmäßigkeit der Kündigung im Kontext des Kündigungsschutzgesetzes.
  • § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph erlaubt eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund, wenn Tatsachen vorliegen, die es dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Beklagte hat fristlos gekündigt, daher muss ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB vorliegen. Das Gericht muss prüfen, ob die der Kündigung zugrunde liegenden Vorwürfe des Arbeitgebers einen solchen wichtigen Grund darstellen, der eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt.
  • § 4 Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Dieser Paragraph setzt eine Frist von drei Wochen für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage fest. Versäumt der Arbeitnehmer diese Frist, gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam, selbst wenn sie materiell unberechtigt war. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Obwohl im Urteil nicht explizit erwähnt, ist die Klagefrist des § 4 KSchG grundlegend. Der Kläger hat offensichtlich fristgerecht gegen die Kündigung geklagt, da das Urteil des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts vorliegen, was die Einhaltung der Frist voraussetzt.
  • § 615 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph regelt den Annahmeverzug des Arbeitgebers. Wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht annimmt, obwohl der Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung bereit und in der Lage ist, muss der Arbeitgeber trotzdem das vereinbarte Gehalt zahlen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger fordert Entgelt aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges. Dies bedeutet, dass er trotz der Kündigung weiterhin Gehalt verlangt, da er seine Arbeitsleistung angeboten hat und die Beklagte diese nicht angenommen hat, falls die Kündigung unwirksam ist.

Das vorliegende Urteil


Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 6 SLa 172/24 – Urteil vom 17.10.2024


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