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Bonusanspruch – Ertragslage des Unternehmens – Arbeitnehmerleistung

ArbG Frankfurt – Az.: 24 Ca 7976/17 – Urteil vom 20.03.2018

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.233,00 EUR (in Worten: Sechzehntausendzweihundertdreiunddreißig und 0/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. April 2014 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.268,00 EUR (in Worten: Sechzehntausendzweihundertachtundsechzig und 0/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. April 2015 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.368,00 EUR (in Worten: Sechzehntausenddreihundertachtundsechzig und 0/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. April 2016 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 17.248,00 EUR (in Worten: Siebzehntausendzweihundertachtundvierzig und 0/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. April 2017 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 66.117,00 EUR festgesetzt.

Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen. Die Statthaftigkeit der Berufung nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes bleibt hiervon unberührt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über anteilige Bonuszahlungen für die Jahre 2013 bis 2016.

Die Beklagte hat ihren Sitz in Frankfurt am Main, verfügt über eine Banklizenz und gehört seit dem 1. September 2013 zum A. Bis zum Erwerb durch die B agierte die Beklagte innerhalb der XChanging Gruppe als sog. „Profit Center“. Seit dem Erwerb durch die B agierte sie bis einschließlich des Jahres 2015 im Sinne eines sog. „Cost Center“. Seit dem Jahr 2016 verrechnet die Beklagte ihren Kunden innerhalb des A die verursachten Kosten plus einem Aufschlag iHv. 7,6% (sog. „Cost-Plus Verrechnung“). Zwischen der Beklagten und ihrer Muttergesellschaft, der C (im Folgenden: C) besteht seit Oktober 2004 ein Gewinnabführungsvertrag und auf Grundlage eines Vertrags vom 30. Oktober / 26. November 2014 zusätzlich ein Beherrschungsvertrag. Zwischen der C und ihrer Gesellschafterin, der D (im Folgenden: D), besteht seit dem 1. Januar 2013 ein Gewinnabführungs- und E, besteht seit dem Jahr 1995 ein Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag. Der Schwerpunkt der Tätigkeit der Beklagten liegt in der Abwicklung von Wertpapiertransaktionen aller Art. Hauptkunde der Beklagten ist seit Jahren die E mit ihren Tochtergesellschaften. Im streitgegenständlichen Betrieb ist ein Betriebsrat gewählt.

Der Kläger ist seit dem 1. Juli 1997 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Derzeitige Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der als Anlage K1 (Bl. 17 ff. d.A.) vorgelegte Arbeitsvertrag vom 3. September 1998. Seine Grundvergütung betrug in den Jahren 2013 bis 2016 jeweils 93.840,00 EUR brutto pro Jahr. Auf das Arbeitsverhältnis finden daneben die als Anlage K2 (Bl. 20 ff. d.A.) vorgelegte „Betriebsvereinbarung zur Leistungs- und Entwicklungsbewertung – Performance and Development Review (PDR)“ (im Folgenden: GBV) vom 17. Oktober 2005 zwischen einer Rechtsvorgängerin der Beklagten und ihrem Gesamtbetriebsrat sowie die als Anlage K7 (Bl. 34 ff. d.A.) vorgelegte „Konzernbetriebsvereinbarung Grundsätze zur Zielvereinbarung sowie Leistungs- und Verhaltensbeurteilung (XPres)“ (im Folgenden: KBV) vom 30. November 2011 zwischen einer weiteren Rechtsvorgängerin der Beklagten und ihrem Konzernbetriebsrat Anwendung.

In dem Arbeitsvertrag, auf den im Übrigen vollinhaltlich Bezug genommen wird, heißt es auszugsweise wie folgt:

„…

Darüber hinaus erhalten Sie auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung zum Bonussystem vom 23. Oktober 1997 als freiwillige variable Vergütung einen auf das Geschäftsjahr bezogenen Bonus, der -pro rata temporis Ihrer Beschäftigung als Mitarbeiter mit Einzelvertrag im jeweiligen Geschäftsjahr- im Frühjahr des Folgejahres zur Auszahlung kommt. Die Höhe der Bonuszahlung ist abhängig von einem – auf der Grundlage von Zielvereinbarungen – festgelegten Zielbonus, Ihrer Leistung und dem Geschäftsergebnis.

…“

Mit dem als Anlage K6 (Bl. 32 f. d.A.) vorgelegten Schreiben aus Dezember 2005 stellte eine Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger einen zu erreichenden Bonus in Höhe von 20% seines Grundgehalts in Aussicht. Bis zum Geschäftsjahr 2010 wurde dem Kläger die Festlegung des maximal zu erreichenden Bonus auf 20% letztmalig mitgeteilt. Eine neue Festlegung erfolgte seitdem nicht.

In der GBV, auf die im Übrigen ebenfalls vollinhaltlich Bezug genommen wird, heißt es auszugsweise wie folgt:

„…

– Allgemeine Bestimmungen

Analyse und Festlegung der Leistungsziele und des Entwicklungsbedarfs

Überprüfung der Leistungs- und Entwicklungsziele und Leistungsbewertung

4. Bonus

4.1 Festsetzung und Ermittlung des Bonus

Nach Abschluß des Geschäftsjahres wird unter Berücksichtigung des unternehmerischen Ergebnisses festgelegt, ob und in welcher Höhe ein Betrag für Boni zur Verfügung gestellt wird und wie dieser auf die Geschäftsbereiche verteilt wird. Hierüber wird der Wirtschaftsausschuss vorab in Kenntnis gesetzt.

Die Ermittlung des individuellen Bonus jedes einzelnen Mitarbeiters bestimmt sich dann nach dem Bewertungsergebnis aus PDR und dem maximal zu erreichenden Bonus unter Berücksichtigung des für die Boni-Auszahlung auf Basis des Unternehmensergebnisses zur Verfügung gestellten Betrages (s. Anlage 4). Die Verteilungsquote des PDR-Ergebnisses (1-4) und die Höhe des maximal zu erreichenden Bonus werden jährlich neu überprüft und festgelegt.

…“

In der als Anlage K3 (Bl. 26 f. d.A.) vorgelegten „Anlage 4“ zur GBV, auf die im Übrigen vollinhaltlich Bezug genommen wird, heißt es auszugsweise wie folgt:

„Ermittlung des individuellen Bonus

Der von jedem Mitarbeiter individuell zu erreichende maximale Bonus ist abhängig von einem individuell vorgegebenen Prozentsatz vom Grundgehalt. […]

Die Gesamtgröße des individuellen Bonus wird abschließend unter Berücksichtigung des Unternehmensergebnisses (diskretionäre Gewichtung etb und Bereich) für das jeweilige Geschäftsjahr festgelegt (max. 100%).

Beispielrechnungen:

Die folgenden Berechnungen erfolgen unter einem angenommenen maximal zu erreichenden Bonus […]

und des weiteren unter einer angenommenen Gewichtung der Bewertung aus PDR von:

PDR1 = 100%

PDR2 = 70%

PDR3 = 50%

PDR4 = 0%

Beispiel Nr. 1:

Mitarbeiter: VS 4 , Jahresgehalt 60.000 Euro, max. Bonus 20%, PDR-Wert 2 Unternehmensergebnis 80%

Schritt 1: Max. Bonus, 20% vom Grundgehalt = € 12.000

Schritt 2: x 70% gem. PDR 2 = € 8.400

Schritt 3: x 80% Unternehmensergebnis = € 6.720

Der Mitarbeiter erhält einen Bruttobonus in Höhe von € 6.720.

…“

Ausweislich Ziffer 8. der als Anlage K10 (Bl. 81 ff. d.A.) vorgelegten „Leistungs- und Entwicklungsbewertung (PDR) – Professional“, auf die im Übrigen vollinhaltlich Bezug genommen wird, galt bei der Bewertung nach PDR folgende Bewertungsskala:

„1 – Hervorragend (Übertrifft die Erwartungen deutlich)

[…]

2 – Sehr Gut (Übertrifft die Erwartungen)

[…]

3 – Gut (Erfüllt die Erwartungen)

[…]

4 – Hat Entwicklungsbedarf (Erfüllt die Erwartungen nicht)

[…]

5 – Für eine Bewertung zu früh

[…]“

Ziel der durch die KBV eingeführten Änderungen war es, keine starre Bewertungsskala mehr zu haben. In der KBV, auf die im Übrigen ebenfalls vollinhaltlich Bezug genommen wird, heißt es auszugsweise wie folgt:

„…

§ 2 Bewertungsgrundlage

Einheitliche Dokumentations- und Bewertungsgrundlage für die Leistungs- und Verhaltensbeurteilung sowie für die Zielvereinbarung und die Entwicklungsplanung der Mitarbeiter ist der im IT-Tool XPres hinterlegte Inhalt zum Mitarbeiterjahresgespräch, in seiner jeweils gültigen Fassung in Schrift- bzw. Textform. […]

§ 13 Schlussbestimmungen

Diese Betriebsvereinbarung tritt zum 01. Januar 2012 in Kraft und löst:

– die Betriebsvereinbarung zur Leistungs- und Entwicklungsbewertung (Performance and Development Review – PDR) der Xchanging Transaction Bank GmbH vom 17.10.2005 in den Punkten 1 bis 3 sowie

– […] ab.

…“

In den als Anlage K9 (Bl. 69 ff. d.A.) vorgelegten Ausfüllhinweisen für das neue Mitarbeiterjahresgespräch zur Zielvereinbarung sowie Leistungs- und Verhaltensbeurteilung in der Version vom 11. Oktober 2011, auf die im Übrigen vollinhaltlich Bezug genommen wird, heißt es auszugsweise wie folgt:

„…

4. Zielvereinbarung

Endbewertung der Ziele:

Bitte beurteilen Sie hier den Status der Zielerreichung aller vereinbarten Ziele zum Jahresende und notieren erforderliche Kommentare.

Status der Zielerreichung:

– Übererfüllt – z.B. wenn ein „mehr“ erarbeitet wurde, etwas in kürzerer Zeit erreicht wurde, weniger Ressourcen verbraucht wurden, ein qualitativ besseres Ergebnis erzielt wurde (als in den Messkriterien beschrieben)

– Erfüllt – die zum Ziel vereinbarten Messkriterien sind erreicht worden

– Teilweise erfüllt – die zum Ziel vereinbarten Messkriterien sind nur teilweise erreicht worden (z.B. ein Dokument wurde nicht fehlerfrei finalisiert; die Fehlerquote wurde nicht um 5%, sondern nur um 3% reduziert; ein neuer Mitarbeiter ist statt in vier nur in zwei Prozesse unterwiesen worden)

– Nicht erfüllt – die zum Ziel vereinbarten Messkriterien sind nicht erreicht worden

– Verzögert/verschoben – Ziele sind zeitlich neu sortiert oder andere Rahmenfaktoren des Arbeitsalltages verhindern das Weiterarbeiten an einem vereinbarten Ziel (z.B. erhöhter Krankenstand, Urlaubszeit, erhöhte Auftragsvolumina, Sonderprojekte)

– Gestrichen/nicht mehr relevant – Ziele sind aufgrund veränderter Rahmenbedingungen, Aufgaben, neuer Funktionen infolge interner Versetzungen oder ähnlichem nicht mehr aktuell bzw. erreichbar

Wichtig: sollten Ziele mit dem Status „Nicht erfüllt“ oder „Verzögert/verschoben“ versehen sein, haben Sie die Möglichkeit, im elektronischen System diese Ziele in eine neue Zielvereinbarung automatisch zu übertragen.

6. Leistungs- und Verhaltensbeurteilung

WICHTIG: Im Gegensatz zu den Zielvereinbarungen wird in diesem Abschnitt das Verhalten und die Leistung des Mitarbeiters hinsichtlich seiner alltäglichen Aufgaben und Verantwortlichkeiten beurteilt und bewertet. Die Antwortskala bezieht sich also auf das im Beurteilungszeitraum gezeigte Verhalten eines Mitarbeiters. Die Beurteilung für jedes Kriterium wird auf einer 5-stufigen Skala vorgenommen, die wie folgt zu interpretieren ist:

Der Mitarbeiter zeigt über den Beurteilungszeitraum von einem Jahr …

5 = die wünschenswerten Verhaltensweisen sehr häufig/immer und die unerwünschten sehr selten/nie

4 = die wünschenswerten Verhaltensweisen häufig und die unerwünschten selten

3 = sowohl wünschenswerte als auch unerwünschte Verhaltensweisen

2 = die unerwünschten Verhaltensweisen häufig und die wünschenswerten selten

1 = die unerwünschten Verhaltensweisen sehr häufig/immer und die wünschenswerten sehr selten/nie

Nutzung der Antwortskala:

Bitte beurteilen Sie immer den Mitarbeiter in seiner Position/Funktion im Unternehmen. Die aktualisierten Stellenprofile/Job Descriptions erleichtern Ihnen die Bewertung.

Ihre Erwartungshaltung zu bestimmten Kriterien kann je nach Position/Funktion des Mitarbeiters unterschiedlich sein.

Bei einer 5-stufigen Skala gibt es eine Antwortkategorie in der Mitte. Diese Antwortkategorie hat eine inhaltliche Bedeutung ebenso wie alle anderen.

Im Gegensatz zu den Zielen können Verhaltenskriterien nicht „übererfüllt“ sein. Verhaltensweisen würden dann als übertrieben gelten und nicht mehr als wünschenswert interpretiert werden. Die Verhaltenskriterien sind normalverteilt und eine Beurteilung auf der Antwortskala bei 5 bedeutet die bestmögliche Ausprägung des Verhaltenskriteriums.

…“

In den streitgegenständlichen Jahren 2013 bis 2016 schlossen die Parteien Zielvereinbarungen. Der Kläger erfüllte alle seine Ziele jeweils bis auf wenige Ausnahmen. Teilweise übererfüllte er sie. Im Jahr 2015 übererfüllte er zwei der fünf bewerteten Ziele, zwei erfüllte er, eins erfüllte er teilweise. Die Leistungs- und Verhaltensbeurteilung des Klägers lag in den Jahren 2013 bis 2016 durchschnittlich jeweils oberhalb der Note „4“.

Die Beklagte wies für das Geschäftsjahr 2013 einen Gewinn in Höhe von 855.000,00 EUR, für das Geschäftsjahr 2014 in Höhe von 9.301.958,00 EUR, für das Geschäftsjahr 2015 in Höhe von 14.133.338,00 EUR und für das Geschäftsjahr 2016 in Höhe von 7.242.351,00 aus. Auch ihre Eigenkapital- und Umsatzrendite erhöhte sich entsprechend in der Folgezeit. Im Jahr 2013 betrug die Summe aller maximal zu erreichenden Boni ihrer bonusberechtigten Mitarbeiter 6.458.205,00 EUR, im Jahr 2014 6.168.323,00 EUR, im Jahr 2015 6.013.862,00 EUR und im Jahr 2016 5.485.735,00 EUR.

Die Verteilung des Gesamtbonustopfes erfolgte im streitgegenständlichen Zeitraum wie folgt: Für den jeweils relevanten Bereich der Beklagten wurde zunächst ein rechnerischer Pool ermittelt. Dieser rechnerische Pool orientierte sich im Jahr 2013 an der Summe aller maximal möglichen Bonusbeträge der im jeweiligen Bereich tätigen Mitarbeiter. Ab dem Jahr 2014 wurde auch auf die Bonushöhe des Vorjahres abgestellt und die Pools der Bereiche in zwei nicht miteinander zu verrechnende Töpfe – Tarifmitarbeiter und außertarifliche Mitarbeiter – aufgeteilt. Der jeweilige Team- oder Bereichsleiter hatte sodann in einem zweiten Schritt diesen Pool unter Berücksichtigung der maximal erreichbaren Bonusbeträge sowie der von ihm durchgeführten individuellen Leistungs- und Verhaltensbeurteilung auf seine Mitarbeiter zu verteilen. Die individuelle Ausgangsbasis für die Festsetzung des Bonus für den jeweiligen Mitarbeiter war der rechnerisch maximal erreichbare Bonusbetrag in Relation zum tatsächlich zur Verfügung gestellten Gesamtbonuspool der Beklagten. Dieser sollte bei einer Erreichung der Ziele und einer durchschnittlichen Leistungs- und Verhaltensbeurteilung gewährt werden. Der von der Beklagten für den Kläger ermittelte Ausgangsbonus belief sich im Jahr 2013 auf 2.439,84 EUR, in den Jahren 2014 und 2015 auf jeweils 2.627,52 EUR und im Jahr 2016 auf 2.815,20 EUR. Abschließend wurde noch ein individueller Quervergleich der einzelnen Teams vorgenommen. Obwohl die Leistungen des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum etwas überdurchschnittlich bewertet wurden, entscheid sich sein Vorgesetzter mit der Begründung, der Kläger erhalte bereits eine relativ sehr hohe Grundvergütung, gegen die Festsetzung eines höheren Bonus. Nach Erörterung mit dem Betriebsrat/Vergütungsausschuss wurden die Boni für die betroffenen Mitarbeiter sodann verbindlich festgesetzt und diesen mitgeteilt. Der Kläger erhielt für das Geschäftsjahr 2013 einen Bonus in Höhe von 2.535,00 EUR, für das Geschäftsjahr 2014 in Höhe von 2.500,00 EUR, für das Geschäftsjahr 2015 in Höhe von 2.400,00 EUR und für das Geschäftsjahr 2016 in Höhe von 1.520,00 EUR.

Mit Schriftsatz vom 22. November 2017 – bei Gericht vorab per Fax eingegangen am 23. November 2017 und der Beklagten zugestellt am 7. Dezember 2017 – hat der Kläger Klage erhoben. Er behauptet, zu Zeiten der Geltung der GBV in Gänze sei an die Mitarbeiter, die eine hervorragende Leistung erbracht hätten, ein Bonus gezahlt worden, der den individuellen Maximalbonus überstiegen habe.

Der Kläger ist der Auffassung, die Leistungsbestimmungen der Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum entsprächen nicht billigem Ermessen. Da seine Leistungen jeweils mit 100% zu bewerten seien und das Unternehmensergebnis jeweils positiv ausgefallen sei, habe er (zumindest) Anspruch auf Zahlung eines Bonus iHv. 20% seines Jahresgrundgehaltes abzüglich der bereits erfolgten Zahlungen. Die Beklagte sei ein eigenständiges Unternehmen. Dementsprechend seien als Unternehmensergebnis iSv. Ziffer 4. der GBV ihre jeweiligen Gewinne in den Jahren 2013 bis 2016 und keine anderen Kriterien zu berücksichtigen. Zudem verkenne die Beklagte im Rahmen der individuellen Zielerreichung sowie der Leistungs- und Verhaltensbeurteilung mitunter, dass die Bewertung nach PDR nicht mehr gelte. Die von der Beklagten vorgenommene Berechnungsmethode sei insgesamt rechtsfehlerhaft.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.233,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. April 2014 zu zahlen;

hilfsweise, für den Fall des vollständigen Unterliegens mit dem Klageantrag zu 1., die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Geschäftsjahr 2013 einen Bonus, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. April 2014 zu zahlen; die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.268,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. April 2015 zu zahlen;

hilfsweise, für den Fall des vollständigen Unterliegens mit dem Klageantrag zu 3., die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Geschäftsjahr 2014 einen Bonus, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. April 2015 zu zahlen;

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.368,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. April 2016 zu zahlen;

hilfsweise, für den Fall des vollständigen Unterliegens mit dem Klageantrag zu 5., die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Geschäftsjahr 2015 einen Bonus, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. April 2016 zu zahlen;

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 17.248,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. April 2017 zu zahlen;

hilfsweise, für den Fall des vollständigen Unterliegens mit dem Klageantrag zu 7., die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Geschäftsjahr 2016 einen Bonus, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. April 2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, über die Höhe der Mittel, die jedes Jahr für Bonuszahlungen zur Verfügung stünden, entscheide sie nicht selbst, sondern ihre jeweiligen Gesellschafter. Im Rahmen des A entscheide das zuständige Vergütungskomitee je Division – in diesem Fall „Bereich: COO“ – über die konkrete Höhe ihres Bonuspools. Der Prozess sehe hierbei vor, dass sie einen konkreten Vorschlag unterbreite. Das Vergütungskomitee treffe dann seine Entscheidung unter Berücksichtigung dieses Vorschlags, historischen Marktvergleichsdaten, dem Erfolg des Geschäftsbereichs des Konzerns und der wirtschaftlichen Vertretbarkeit. Sie berücksichtige bei ihrem Vorschlag einen individuellen Faktor und ihr unternehmerisches Ergebnis. Bei dem individuellen Faktor sei Ausgangspunkt für die Überlegungen die Summe der Maximalboni aller bonusberechtigten Mitarbeiter. Diese Summe werde sodann mit einem Faktor von ca. 0,65 multipliziert, um das Spektrum der Leistungsverteilung der Mitarbeiter zu reflektieren. Eine rechnerische Quantifizierung könne wie folgt hergeleitet werden: Die Erreichung der vereinbarten Ziele werde mit den Faktoren 1,0 für übererfüllt, 0,66 für erreicht, 0,33 für teilweise erreicht und 0 für nicht erreicht bewertet. Die Wertungen der Leistungs- und Verhaltensbeurteilung würden mit den Faktoren 5 = 1, 4 = 0,75, 3 = 0,5, 2 = 0,25 und 1 = 0 bewertet. Die Erfüllung der konkret vereinbarten Ziele werde sodann mit 75% gewichtet, die Leistungs- und Verhaltensbeurteilung mit 25%. Der Faktor 0,65 gehe davon aus, dass die durchschnittliche Zielerreichung bei ca. 63% (0,75 x 0,63 = 0,47) liege und Leistung und Verhalten im Durchschnitt mit der Note „3,9“ (0,25 x 0,72 = 0,18) bewertet würden, wobei die Note „3“ nicht einer Bewertung von 100% entspreche. Bei der Bewertung ihres unternehmerischen Ergebnisses für ihren Vorschlag berücksichtige sie die Erreichung des jeweiligen Budgetziels, die Qualität der erbrachten Services anhand der Anzahl der Revisionspunkte und der Anzahl von Verletzungen der vertraglich vereinbarten Service Erbringung sowie die Markt- und Umfeldbedingungen. Ausgehend hiervon sei ihr unternehmerisches Ergebnis in den Jahren 2013 und 2014 unterdurchschnittlich, im Jahr 2015 fast durchschnittlich und im Jahr 2016 durchschnittlich gewesen. Ihr tatsächlicher Bonuspool habe im Jahr 2013 839.434,00 EUR betragen, was 13% der Summe aller Maximalboni in diesem Jahr entspreche. Im Jahr 2014 habe ihr tatsächlicher Bonuspool 871.000,00 EUR betragen, was 14% der Summe aller Maximalboni in diesem Jahr entspreche. Im Jahr 2015 habe ihr tatsächlicher Bonuspool 822.000,00 EUR betragen, was 14% der Summe aller Maximalboni in diesem Jahr entspreche. Im Jahr 2016 habe ihr tatsächlicher Bonuspool 823.000,00 EUR betragen, was 15% der Summe aller Maximalboni in diesem Jahr entspreche.

Die Beklagte ist der Auffassung, sowohl die Festlegung als auch die Verteilung des Gesamtbonus in den streitgegenständlichen Jahren entspreche billigem Ermessen. Der Gesamtbonuspool sei rechtmäßig durch ihre Konzernmutter festgesetzt worden. Hinsichtlich ihres wirtschaftlichen Ergebnisses sei insbesondere zu berücksichtigen, dass sie seit September 2013 als sog. Cost Center agiere, weshalb ihr – mangels Zugang zum Markt – kein Gewinnziel gesteckt werden könne. Dementsprechend sei es folgerichtig, dass sie ab diesem Zeitpunkt im Hinblick auf die Bemessung des Bonuspools nicht mehr auf die Gewinne nach dem HGB, sondern vielmehr auf die Einhaltung der Kostenbudgets sowie weiterer Erfolgsparameter und die Situation des Konzerns abgestellt habe. Zudem ermögliche eine Quote von 65% unproblematisch eine ausreichende Berücksichtigung des Leistungsbezugs des Bonussystems.

In Ergänzung des Sach- und Streitstandes, der Beweisanträge sowie der weiteren Rechtsausführungen der Parteien wird Bezug genommen auf ihr weiteres schriftsätzliches Vorbringen sowie die zu den Akten gereichten Anlagen und die Sitzungsprotokolle, soweit dies noch nicht ausdrücklich erfolgt ist.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist – soweit zur Entscheidung angefallen – begründet.

A. Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht für die Kalenderjahre 2013 bis 2016 jeweils der geltend gemachte anteilige Bonus in Höhe der insgesamt mit den Hauptanträgen eingeklagten 66.117,00 EUR brutto nebst den jeweils miteingeklagten Zinsen zu (I.). Die Hilfsanträge fielen der Kammer mangels jeweiligen Eintritts der innerprozessualen Bedingung nicht zur Entscheidung an (II.).

I. Der Kläger hat für den streitgegenständlichen Zeitraum jeweils einen Anspruch auf Zahlung der maximalen Boni iHv. 20% seines Grundgehalts – abzüglich der bereits erhaltenen Boni – aus §§ 611 Abs. 1, 611a Abs. 2 BGB iVm. dem Arbeitsvertrag iVm. Ziffer 4. der GBV iVm. der KBV iVm. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB.

1. Dass dem Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum dem Grunde nach jeweils ein Bonusanspruch zusteht, steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Die Beklagte hat dem Kläger für die Geschäftsjahre 2013 bis 2016 jeweils einen (anteiligen) Bonus gezahlt.

2. Die Gesamtgröße des individuellen Bonus wird gemäß „Anlage 4“ zur GBV abschließend „diskretionär“ durch die Beklagte festgelegt. Die Festlegung hatte deshalb durch die Beklagte gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen. Die Festsetzung der einzelnen Boni durch die Beklagte entspricht nicht billigem Ermessen und ist unverbindlich (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Bestimmung hat deshalb gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil zu erfolgen.

a) Die Festsetzung der einzelnen Boni durch die Beklagte entspricht nicht billigem Ermessen.

aa) Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Bestimmungsberechtigte die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte (st. Rspr., zuletzt z.B. BAG 3. August 2016 – 10 AZR 710/14 – NZA 2016, 1334). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. insg. dazu BAG 19. März 2014 – 10 AZR 622/13 – NZA 2014, 595, mwN.).

bb) In Ansehung dieser Grundsätze hat die Beklagte nicht dargelegt, dass die von ihr getroffenen Leistungsbestimmungen billigem Ermessen entsprechen.

(1) Hat ein Arbeitgeber nach § 315 BGB über einen Bonusanspruch zu entscheiden, der gleichermaßen auf der Ertragslage des Unternehmens wie auf der Leistung des Arbeitnehmers beruht, muss ein festzusetzendes Bonusbudget – in Abhängigkeit von der Ertragslage – regelmäßig eine Größenordnung erreichen, die den Leistungsbezug des Bonussystems beachtet und ausreicht, die durch Abschluss von Zielvereinbarungen angestrebten und tatsächlich erbrachten Leistungen angemessen zu honorieren (BAG 19. März 2014 – 10 AZR 622/13 – NZA 2014, 595).

(2) Dies ist vorliegend nicht der Fall. Nach dem Vortrag der Beklagten entsprach ihr behaupteter Bonuspool in den streitgegenständlichen Jahren jeweils 13% bis 15% der Summe aller maximal zu erreichenden Boni ihrer bonusberechtigten Mitarbeiter im jeweiligen Jahr. Diese Budgets entsprechen keiner Größenordnung, die den Leistungsbezug des Bonussystems beachtet und ausreicht, die durch Abschluss von Zielvereinbarungen angestrebten und tatsächlich erbrachten Leistungen angemessen zu honorieren.

(a) In Ansehung der (weiterhin) geltenden Regelungen der GBV hätte die Summe aller maximal zu erreichenden Boni der bonusberechtigten Mitarbeiter der Beklagten in einem Jahr jeweils Ausgangspunkt und damit erste Orientierungsgröße für die Bildung von Bonustöpfen bei ihr sein müssen. Im Widerspruch hierzu hat die Beklagte jedoch rechtsfehlerhaft als individuelle Ausgangsbasis für die Festsetzung des Bonus für den jeweiligen Mitarbeiter den rechnerisch maximal erreichbaren Bonusbetrag in Relation zum tatsächlich zur Verfügung gestellten Gesamtbonuspool, der seinerseits jeweils nur ausgereicht haben soll, um 13% bis 15% der maximal zu erreichbaren Boni zu gewähren, gewählt.

(b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Betriebsvereinbarungen wegen ihres normativen Charakters nach den für Tarifverträge und Gesetze geltenden Regeln auszulegen. Auszugehen ist dabei vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 18. September 2012 – 3 AZR 431/10 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 58, mwN.).

(c) Hiernach ergibt sich aus der „Anlage 4“ zur GBV und den dort aufgeführten Berechnungsbeispielen bereits nach dem Wortlaut eindeutig, dass Ausgangsbasis für die Ermittlung des individuellen Bonus jeweils der maximal zu erreichende Bonus ist („Schritt 1“).

(d) Sodann ist – als möglicher erster Minderungsfaktor – in einem zweiten Schritt die individuelle Komponente – im streitgegenständlichen Zeitraum bestehend aus dem Zielerreichungsgrad und der Leistungs- und Verhaltensbeurteilung, aber gerade nicht mehr PDR – zu berücksichtigen. Dies hat die Beklagte getan und hierbei insoweit zutreffend darauf abgestellt, dass bei einer Erreichung der Ziele und einer durchschnittlichen Leistungs- und Verhaltensbeurteilung – sofern das Unternehmensergebnis nicht mit unter 100% zu bewerten ist – grundsätzlich – vorbehaltlich einer abschließenden Ermessensausübung – die Ausgangsboni zu gewähren sind. Da die Bewertung nach PDR nicht mehr gilt, sondern insoweit die KBV, ist maßgeblich, dass nach den diesbezüglichen Ausfüllhinweisen für das neue Mitarbeiterjahresgespräch zur Zielvereinbarung sowie Leistungs- und Verhaltensbeurteilung auch eine individuelle Komponente von über 100% möglich ist. Eine Gewichtung wie noch unter PDR – übertrifft die Erwartungen deutlich = 100% – sieht die KBV nicht vor. Die Ausführungen der Beklagten, wie eine rechnerische Quantifizierung des von ihr behaupteten Faktors von 0,65 hergeleitet werden könne, unterstellen jedoch faktisch eine Weitergeltung von PDR und sind demgemäß unbeachtlich, da rechtsfehlerhaft.

(e) Hiernach ist – als möglicher zweiter Minderungsfaktor – in einem dritten Schritt das Unternehmensergebnis – nicht das Konzernergebnis – heranzuziehen. Das Unternehmensergebnis ist die Differenz zwischen Aufwendungen und Erträgen einer Unternehmung (Gabler Wirtschaftslexikon Online, abrufbar unter: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/unternehmensergebnis-48006/ version-271265). Abzustellen ist demgemäß jeweils auf das Ergebnis nach der Gewinn- und Verlustrechnung gemäß § 275 HGB. Da die Beklagte in den streitgegenständlichen Jahren jeweils Gewinne – durchschnittlich 7.883.316,70 EUR pro Jahr – erzielt hat, ist ihr Unternehmensergebnis mit 100% zu bewerten. Die Gesichtspunkte, die die Beklagte bei der Bewertung ihres unternehmerischen Ergebnisses herangezogen haben will, sind hierfür nicht maßgeblich. Es kommt nicht darauf an, dass die Beklagte im Sinne eines „Cost Center“ agiert hat und einem „Cost Center“ kein Gewinnziel gesteckt werden kann. Die Beklagte ist kein Teilbereich eines Unternehmens, sondern ein eigenständiges Unternehmen und weist als solches auch eine eigenständige Gewinn- und Verlustrechnung aus.

(f) Schließlich ist auch die Behauptung der Beklagten, über die Höhe der Mittel, die jedes Jahr für Bonuszahlungen zur Verfügung stünden, entscheide sie nicht selbst, sondern ihre jeweiligen Gesellschafter, im Ergebnis unerheblich. Es ist zunächst nicht nachzuvollziehen, inwiefern vorliegend maßgeblich sein soll, welche Bonustöpfe die Beklagte von ihren Gesellschaftern zur Verfügung gestellt bekommen haben will. Es geht hier nämlich um eigene (arbeits-) vertragliche Verpflichtungen der Beklagten gegenüber ihren Mitarbeitern. Überdies hat sie etwaig getroffene Entscheidungen des sog. Vergütungskomitees nicht anhand konkreter Tatsachen nach beteiligten Personen, Inhalten und Zeitpunkten der Entscheidungen dargelegt. Ihr pauschales Vorbringen, das Vergütungskomitee treffe dann seine Entscheidung über die konkrete Höhe ihres Bonuspools unter Berücksichtigung dieses Vorschlags, historischen Marktvergleichsdaten, dem Erfolg des Geschäftsbereichs des Konzerns und der wirtschaftlichen Vertretbarkeit, kann näheren Sachvortrag nicht ersetzen.

b) Wegen der Unbilligkeit der Leistungsbestimmungen der Beklagten hat die jeweilige Leistungsbestimmung gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil zu erfolgen (vgl. BAG 11. Dezember 2013 – 10 AZR 364/13 – AP BGB § 315 Nr. 112). Dies führt hier im Ergebnis in Ansehung des gesamten Prozessstoffs dazu, dass die Boni des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum billigerweise jeweils auf den maximal zu erreichenden Bonus – abzüglich der bereits erfolgten Zahlungen – festzusetzen sind.

aa) Die richterliche Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist vom Gericht auf Grundlage des Vortrags der Parteien zu treffen. Durch richterliche Ermessensentscheidung wird direkt über den geltend gemachten Anspruch entschieden und nicht nur – etwa im Sinne einer Rechtskontrolle – überprüft, ob die Festsetzung des Leistungsberechtigten zutrifft. Diese Prüfung hat bereits in der ersten Stufe nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB stattzufinden und ist Voraussetzung dafür, dass es überhaupt zu einer gerichtlichen Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kommen kann. Die Ausübung des eigenen richterlichen Ermessens findet auf Grundlage des gesamten Prozessstoffs statt. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn besteht insoweit nicht, doch ist jede Partei gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, weil das Gericht nur die ihm bekannten Umstände in seine Bestimmung einbringen kann. Bringt der Bestimmungsberechtigte bestimmte Aspekte, die in seinem Konzept der Leistungsbestimmung möglicherweise zu berücksichtigen wären, nicht ein, können sie nicht berücksichtigt werden. Dies geht zu seinen Lasten. Fehlender Vortrag des Bestimmungsberechtigten führt nicht zur Entstehung einer besonderen Darlegungslast für den Anspruchsteller. Dieser hat lediglich im eigenen Interesse die Obliegenheit, die für ihn günstigen Umstände vorzutragen (BAG 3. August 2016 – 10 AZR 710/14 NZA 2016, 1334).

bb) In Ansehung dieser Grundsätze sowie der Regelungen in der GBV und der KBV hatte die Kammer zunächst ausgehend von dem jeweils möglichen maximalen Bonus iHv. 18.768,00 EUR brutto die beiden weiteren möglichen Minderungsfaktoren individuelle Komponente und Unternehmensergebnis der Beklagten zu berücksichtigen, um sodann eine abschließende Leistungsbestimmung vornehmen zu können.

(1) Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ist hier sowohl eine individuelle Komponente als auch ein Unternehmensergebnis der Beklagten iHv. jeweils 100% zu Grunde zu legen. Die individuelle Komponente der Boni, welche sich aus zwei Komponenten – einerseits Zielerreichung und andererseits Leistungs- und Verhaltensbeurteilung – zusammensetzt, ist im streitgegenständlichen Zeitraum jeweils und damit insgesamt (rechnerisch) mit über 100% zu beurteilen – zu Gunsten der Beklagten kann hier ein Wert 100% unterstellt werden, da der Kläger jeweils seine Ziele insgesamt erfüllt und jeweils eine – sogar mehr als – durchschnittliche Leistungs- und Verhaltensbeurteilung erhalten hat (s.o. unter A. I. 2. a) bb) (2) (d)). Die Unternehmensergebnisse der Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum sind infolge ihre erheblichen Gewinne in den einzelnen streitgegenständlichen Jahren ebenfalls jeweils mit 100% zu beurteilen (s.o. unter A. I. 2. a) bb) (2) (e)).

(2) Abschließend ist zu berücksichtigen, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum sogar eine leicht überdurchschnittliche individuelle Komponente erzielt hat. Er profitiert in Ansehung des jeweiligen Unternehmensergebnisses – entsprechend erhöhte sich auch die Eigenkapital- und Umsatzrendite der Beklagten – hiervon jedoch nicht, weil sein jeweiliger Bonus auf einen maximal zu erreichenden Betrag „gedeckelt“ ist, der infolgedessen auch bei (leichter) Übererfüllung – wie hier – nicht überschritten werden kann. Die Behauptung, der Kläger erhalte bereits eine relativ sehr hohe Grundvergütung, als zutreffend unterstellt, kann in Anbetracht dessen nicht zu einer Reduzierung des jeweiligen Bonus führen. Eine Reduzierung liefe vorliegend der Anreizfunktion der individuellen Komponente zuwider. Etwaige Bonuszahlungen an den Kläger aus den Jahren 2011 und 2012 kann die Kammer mangels entsprechender Darlegungen ebenso wenig berücksichtigen wie etwa die Höhe der konkreten Leistungen an andere Arbeitnehmer.

3. Die jeweiligen Zinsansprüche des Klägers in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 247 BGB) folgen aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1, 2, Nr. 1, 288 Abs. 1, 614 BGB.

4. Ein Schriftsatznachlass gemäß § 283 Satz 1 ZPO auf den Schriftsatz des Klägers vom 9. März 2018 war der Beklagten nicht zu gewähren. Das Vorbringen des Klägers, hinsichtlich dessen die Beklagte Schriftsatznachlass beantragt hat, war nicht entscheidungserheblich.

II. Da der Kläger mit den Hauptanträgen obsiegt, war über die (echten), nach Auffassung der Kammer überflüssigen, Hilfsanträge nicht zu entscheiden.

B. Die in der Sache unterlegene Beklagte hat gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG iVm. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Der gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzende Wert des Streitgegenstandes entspricht der Summe der Klageforderungen. Der Ausspruch über die Statthaftigkeit der Berufung beruht auf § 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG. Gründe, die Berufung gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG gesondert zuzulassen, liegen nicht vor.

 

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