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Corona-Pandemie – Direktionsrecht Arbeitgeber – Beschäftigung im Homeoffice

ArbG Siegburg – Az.: 4 Ca 2301/20 – Urteil vom 18.08.2021

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Streitwert: 26.488,- EUR.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte den Kläger ohne Mund-Nase-Bedeckung im örtlichen Rathaus tätig werden lassen muss, hilfsweise, ob die Beklagte verpflichtet ist, die vom Kläger zu erbringende Bürotätigkeit im Homeoffice erledigen zu lassen sowie um Vergütungsansprüche.

Corona-Pandemie - Direktionsrecht Arbeitgeber - Beschäftigung im Homeoffice
(Symbolfoto: fizkes/Shutterstock.com)

Der im Jahre XXX geborene, XXX und XXX zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem XXX bei der beklagten Kommune beschäftigt. Bis zum Beginn der Corona-Pandemie hatte der Kläger einen Arbeitsplatz im Rathaus der Gemeinde inne. Er war im Bauamt im Bereich Wasser und Abwasser eingesetzt. Seine Tätigkeiten erfolgten überwiegend im Büro, die restliche Zeit im Außendienst. Bei der Beklagten hat noch keine Umstellung der Bauakten auf digitale Akten stattgefunden. Es werden für die Arbeitsleistung teilweise große Pläne benutzt, die auf Kartentischen liegen und nicht digitalisiert sind. Flure und Treppenhäuser im Rathaus sind so schmal, dass sie einen Abstand von 1,5 m beim Aufeinandertreffen von Personen nicht ermöglichen.

Zu den weiteren Tätigkeiten des Klägers gehört auch die Bürgerberatung in Wasser und Abwasserfragen. Diese erfolgt teils vor Ort im Außendienst, teils nach terminlicher Anmeldung im Rathaus. Am 06.05.2020 ordnete die Beklagte für die im Rathaus gelegenen Arbeitsplätze das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung an. Der Kläger legte ein Attest vor, welches vom Werksarzt bestätigt wurde, nachdem ihm das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung nicht möglich ist. Auch die am 15.10.2020 erfolgte Aufforderung, die Tätigkeiten im Rathaus mit Gesichtsvisier als milderes Mittel des Infektionsschutzes zu erbringen, wurde vom Kläger abgelehnt. Er legte auch hierzu ein Attest vor, wonach ihm auch dieses nicht möglich sei.

Seit dem 19.10.2020 ist der Kläger nahezu durchgehend arbeitsunfähig. Bei der Beklagten gibt es eine Dienstvereinbarung zum Anspruch auf Telearbeit. Der Kläger erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen für einen Telearbeitsplatz im Rahmen dieser Dienstvereinbarung nicht.

Am 15.02.2021 fand per Videokonferenz ein BEM-Gespräch statt. Der Kläger hielt im Rahmen des BEM-Verfahrens eine ausschließliche Tätigkeit im Homeoffice für möglich. Diese hielt die Beklagte für nicht zumutbar, da sie die Persönlichkeit des Klägers so einschätzt, dass dieser ohne eine enge, direkte Führung durch Vorgesetzte nicht sinnvoll arbeiten könne und die Tätigkeit als solche auch nicht vollständig aus dem Homeoffice/mobilen Arbeitsplatz heraus erbracht werden kann. Der Leistungsaustausch und die Zurverfügungstellung der Bauakten, soweit sie transportabel seien, setzten den Besuch des Rathauses voraus. Die Zusammenarbeit und die Bürgerberatung seien wenigstens teilweise im Rathaus zu erbringen. Das BEM kam damit nicht zu dem Ergebnis, dass ein Arbeitsplatz durch Änderung der Arbeitsumstände eingerichtet werden könne, der die weitere Erkrankung des Klägers verhindert, bzw. beendet.

Der Kläger hat sein Begehren bereits in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (4 Ga 18/20; 2 SaGa 1/21) geltend gemacht. Der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung ist rechtskräftig in beiden Instanzen abgewiesen worden. Im Laufe des Eilverfahrens hat der Kläger mitgeteilt, dass die Unmöglichkeit, Maske oder Visier zu tragen, auf einer Traumatisierung in Folge einer Straftat beruhe, deren Opfer er im Alter von 13 Jahren geworden sei. Dies mache es nun unmöglich, sein Gesicht zu bedecken.

Mit Klage vom 07.12.2020 begehrt der Kläger seine Beschäftigung und die Feststellung, dass er nicht verpflichtet sei, ein Gesichtsvisier oder eine Mund-Nasen-Bedeckung beim Betreten des Rathauses und bei Gängen über die Flure und in Gemeinschaftsräumen zu tragen. Hilfsweise verlangt er, die Beschäftigung im Homeoffice. Er ist der Auffassung, durch die Atteste ausreichend dargetan zu haben, dass ihm aus gesundheitlichen Gründen das Tragen sowohl einer Mund-Nasen-Bedeckung als auch eines Gesichtsvisiers nicht zuzumuten sei. Er habe daher einen Anspruch auf Beschäftigung auch ohne entsprechende Gesichtsbedeckung. Alternativ könne die Beklagte im Homeoffice einsetzen, dies werde auch anderen Mitarbeitern gestattet. Zudem begehrt der Kläger Annahmeverzugslohn bzw. Schadensersatz in Höhe seines regelmäßigen Gehalts von der Beklagten. Die Beklagte habe ihr Direktionsrecht nicht ordnungsgemäß ausgeübt und sei somit im Annahmeverzug. Sie sei verpflichtet, dem erkrankten Kläger einen leidensgerechten Arbeitsplatz einzurichten. Sollte kein Annahmeverzugslohnanspruch bestehen, schulde die Beklagte dem Kläger Schadensersatz, das sie es versäumt habe für ihn eine leidensgerechte Beschäftigungsmöglichkeit einzurichten.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, ihn als Mitarbeiter der Verwaltung zu beschäftigen;

2. festzustellen, dass er während seiner Arbeitszeit in den Räumen der Beklagten nicht verpflichtet ist, ein Gesichtsvisier oder eine Mund-Nasen-Bedeckung bei Betreten des Rathauses und bei Gängen über die Flure und in Gemeinschaftsräumen zu tragen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Dezember 2020 3.784,00 EUR brutto abzgl. kalendertäglich gezahltem Krankengeldes in Höhe von 79,54 netto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2021 zu zahlen;

4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Januar 2021 3.784,00 EUR brutto abzgl. kalendertäglich gezahltem Krankengeldes in Höhe von 79,54 netto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2021 zu zahlen;

5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Februar 2021 3.784,00 EUR brutto abzgl. kalendertäglich gezahltem Krankengeldes in Höhe von 79,54 netto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2021 zu zahlen;

6. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat März 2021 3.784,00 EUR brutto abzgl. kalendertäglich gezahltem Krankengeldes in Höhe von 79,54 netto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2021 zu zahlen;

7. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat April 2021 3.784,00 EUR brutto abzgl. kalendertäglich gezahltem Krankengeldes in Höhe von 79,54 netto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2021 zu zahlen;

8. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Mai 2021 3.784,00 EUR brutto abzgl. kalendertäglich gezahltem Krankengeldes in Höhe von 79,54 netto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2021 zu zahlen;

Hilfsweise beantragt der Kläger, der Beklagten aufzugeben, ihm die von ihm zu leistende Bürotätigkeit im Homeoffice zu ermöglichen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Anträge unbegründet seien. Sie könne den Beschäftigungsanspruch des Klägers nur dann erfüllen, wenn dies unter Einhaltung der geltenden Hygienebestimmungen erfolge. Dies bedeute insbesondere, zumindest ein Gesichtsvisier in den Räumlichkeiten des Rathauses der Gemeinde zu tragen. Eine Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung des Klägers ohne ein entsprechendes Gesichtsvisier bestehe nicht. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, das ihr zustehende Direktionsrecht dahingehend auszuüben, dass sie den Kläger verpflichtet habe, ein Gesichtsvisier zu tragen. An der Richtigkeit der erteilten Atteste bestünden nach wie vor Zweifel, da eine genaue Diagnose nicht vorgetragen worden sei. Ein Anspruch auf eine Beschäftigung im Homeoffice bestehe nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitig ausgetauschten Schrift-sätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Dem Kläger steht kein Anspruch darauf zu, dass die Beklagte seine Arbeitsleistung im Rathaus ohne das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung duldet. Ein Anspruch des Klägers auf einen Heimarbeitsplatz, Arbeiten im Homeoffice oder als mobile Arbeit ist ebenfalls nicht gegeben.

I.

Ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung des Klägers ohne Mund-Nase-Bedeckung besteht nicht.

1.

Zwar hat der Arbeitnehmer im – hier unstreitig bestehenden – Arbeitsverhältnis grundsätzlich bei Arbeitsfähigkeit einen Anspruch auf eine tatsächliche Beschäftigung nach dem Arbeitsvertrag. Rechtsgrundlage des Beschäftigungsanspruch ist der Arbeitsvertrag, der den Arbeitnehmer gem. § 613 BGB zur persönlichen Dienstleistung für den Arbeitgeber verpflichtet. Der Anspruch beruht unmittelbar auf der sich für den Arbeitgeber aus § 242 BGB unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Werteentscheidung der Art. 1 und 2 GG über den Persönlichkeitsschutz ergebenden arbeitsvertraglichen Pflicht zur Förderung der Beschäftigungsinteressen des Arbeitsnehmers (so bereits BAG 10.11.1955 – 2 AZR 591/54, juris). Dieser Beschäftigungsanspruch muss bei Vorliegen entsprechender Besonderheiten im Einzelfall nur dann zurücktreten, wenn entweder eine vertragliche Freistellungsregelung besteht – wie hier offensichtlich nicht – oder ein Fall objektiver Unmöglichkeit besteht, oder auch dann, wenn dem Beschäftigungsanspruch im konkreten Fall überwiegende, schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen und der Arbeitnehmer demgegenüber kein besonderes, vorrangig berechtigtes Interesse an der tatsächlichen Beschäftigung geltend machen kann (LAG München 18.09.2002 – 5 Sa 619/02, juris).

2.

Einem Beschäftigungsanspruch des Klägers steht hier das ordnungsgemäß ausgeübte Direktionsrecht des Arbeitgebers gem. § 106 Abs. 1 GewO entgegen sowie der Gesundheits- und Infektionsschutz und die daraus resultierende Pflicht des Arbeitgebers, aufgrund der derzeitigen Pandemielage, seine Arbeitnehmer zum Tragen einer Maske anzuhalten. Die maßgebliche Rechtspflicht für den Arbeitgeber zur Einführung einer solchen Maskenpflicht im Betrieb ergibt sich aus seiner Fürsorgepflicht gem. § 618 BGB. Bei § 618 BGB handelt es sich um eine Teilausprägung der allgemeinen arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht, die ihrerseits wiederum Ausprägung der allgemeinen Pflicht jedes Vertragspartners zur Rücksichtnahme aus § 241 Abs. 2 BGB ist (MüKo BGB/ Henssler § 618 Rn. 1 ff.). Im Rahmen dieser Fürsorgepflicht ist der Arbeitgeber zu Schutzmaßnahmen gegenüber seinen Arbeitnehmern verpflichtet. Die öffentlich rechtlichen Arbeitsschutzvorschriften konkretisieren diese Schutzmaßnahmen (§ 3 Abs. 1 ArbSchG). Der Arbeitgeber ist demnach verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen, um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten.

In der gegenwärtigen Pandemielage bedeutet dies, dass der Arbeitgeber sicherzustellen hat, dass die Arbeitnehmer – und bei einer Behörde auch die Bürgerinnen und Bürger – an ihren Arbeitsplätzen einem nur geringen bis gar keinem Infektionsrisiko ausgesetzt werden. Die Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung – CoronaSchVO, Stand: 17.08.2021) ordnet in § 3 Abs. 1 Nr. 2 eine Maskenpflicht in geschlossenen Räumen, also auch in Büroräumen an. Bereits im Sommer 2020 waren zur Begrenzung des Infektionsrisikos die praktischen Handlungsempfehlungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales heranzuziehen, die konkrete technische, organisatorische und personenbezogene Schutzmaßnahmen aufzeigen. Letztere sehen u. a. vor, dass bei unvermeidbarem Kontakt zu anderen Personen – wie etwa in Fluren, auf der Toilette, in Pausen- oder Druckerraum – Mund-Nase-Bedeckung getragen werden müssen (vgl. SARS-Cov-2-Arbeitsschutzregel, Fassung 20.08.2020, Ziff. 4.1 Abs. 3).

Aber selbst ohne diese Verordnungen wäre die Anordnung zum Tragen der Maske nach § 106 Abs. 1 GewO grundsätzlich vom Direktionsrecht umfasst und im Einzelfall auch angemessen. Das Tragen einer FFP2- Maske oder anderen Mund-Nase-Bedeckung dient dem Infektionsschutz in beide Richtungen. Sowohl andere Mitarbeiter und Besucher des Rathauses mit Termin sollen vor Aerosolen geschützt werden, die der Kläger ausstoßen könnte und die potentiell tödlich sein könnten, wenn er sich ohne Maske im Rathaus bewegen dürfte. Die Maske verringert die Anzahl der abgegebenen Aerosole und verändert deren Ausbreitungsverhalten. Die Beklagte muss aber auch den Gesundheitsschutz des Klägers im Auge behalten. Auch hier hilft das Tragen der Maske, Infektionen durch das Einatmen von krankmachenden oder potenziell tödlichen Aerosolen zu vermeiden, die selbst bei aller Sorgfalt und Hygiene vorhanden sein könnten.

Das Weisungsrecht des Arbeitgebers erstreckt sich nach § 106 S. 2 GewO auch auf die Ordnung des Verhaltens des Arbeitnehmers im Betrieb. Das Weisungsrecht erstreckt sich daher auch auf die nach öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzvorschriften notwendigen Schutzmaßnahmen. Der Arbeitgeber kann und muss die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung im Betrieb daher mittels seines Direktionsrechts umsetzen. Die Beklagte hat als Behörde mit öffentlichem Publikumsverkehr, aber auch im Hinblick auf die in ihrem Haus beschäftigten Mitarbeiter, ein erhebliches Interesse daran, dass niemand sich in den Räumlichkeiten des Rathauses ohne eine Mund-Nase-Bedeckung bzw. eines Gesichtsvisier bewegt. Sie hat den Kläger zu Recht angewiesen, zumindest ein Gesichtsvisier außerhalb seines eigenen Büros zu tragen, was ihm Vergleich zu einer FFP2-Maske ein milderes Mittel darstellt.

Die Anordnung ist auch verhältnismäßig unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger an einer psychischen Erkrankung leidet, die es ihm unmöglich macht, der Maskenpflicht nachzukommen. Denn das Interesse der Beklagten, den Ausstoß von Aerosolen im Rathaus auf dem geringstmöglichen Niveau zu halten, geht in der Abwägung dem Interesse des Klägers, ohne Maske arbeiten zu können, vor. Dabei durfte die Beklagte auch berücksichtigen, dass der Kläger auf Grund einer psychischen Erkrankung die Maske nicht tragen kann und deshalb Anspruch auf Entgeltfortzahlung und Krankengeld hat, der in der Regel ausreichend ist, um eine Heilung zu ermöglichen.

II.

Die begehrten Vergütungsansprüche stehen dem Kläger weder nach Annahmeverzugsgesichtspunkten (§ 615 Satz 1 BGB) noch unter Schadensersatzgesichtspunkten (§ 280 Abs. 1 BGB) zu.

1.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf seine Vergütung nach § 615 Satz 1 BGB. Die Beklagte befand sich nicht im Annahmeverzug.

a.

Kommt der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste nach den §§ 293 ff. BGB in Verzug, so kann der Arbeitnehmer nach § 615 Satz 1 BGB für die in Folge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Der Arbeitgeber kommt nach § 293 BGB in Verzug, wenn er die ihm angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt. Statt des tatsächlichen Anbietens der Arbeitskraft reicht im Ausnahmefall auch das wörtliche Angebot der Arbeitskraft im Sinne von § 295 BGB aus. Das ist nur dann der Fall, wenn der Arbeitgeber bereits zuvor erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde (LAG Mecklenburg-Vorpommern 18.5.2010 – 5 SA 243/09, juris Rn. 30).

b.

Die Beklagte konnte bereits deshalb nicht in Annahmeverzug geraten, da der Kläger nach wie vor arbeitsunfähig erkrankt ist und im gesamten geltend Zeitraum war und sich im Krankengeldbezug befindet. Der Kläger kann seine Arbeitsleistung mithin nicht wie geschuldet anbieten und erbringen.

2.

Schadensersatzansprüche des Klägers bestehen nicht (§ 280 Abs. 1 BGB).

a.

Voraussetzungen eines jeden Schadensersatzanspruchs, unabhängig davon, ob er auf § 823 Abs. 1 BGB oder auf eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Fürsorge- und Treuepflicht gemäß § 280 Abs. 1 i.V.m. § 242 BGB gestützt wird, ist, dass das Leben, der Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt wird. Dabei muss die Verletzung ursächlich auf ein Handeln, Tun oder Unterlassen des Schädigers zurückgeführt werden können. Es muss ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und der Rechtsgutverletzung bestehen (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der Verletzung des Rechtsguts und dem geltend gemachten Schaden (haftungsausfüllende Kausalität).

Ferner setzen Schadensersatzansprüche gemäß § 823 Abs. 1 BGB und § 280 Abs. 1 BGB ein Verschulden des Schädigers voraus, also Vorsatz oder Fahrlässigkeit im Sinne von § 276 BGB (vgl. Palandt/Sprau, § 823 BGB Rn. 40).

b.

Es fehlt nach dem bereits an einer Pflichtverletzung der Beklagten. Weder war die Beklagte verpflichtet, den Kläger ohne Mund-Nase-Bedeckung zu beschäftigen noch besteht ein Anspruch auf eine Beschäftigung im Homeoffice (siehe dazu unter III.).

III.

Auch der Hilfsantrag des Klägers ist unbegründet.

1.

Ein Anspruch des Klägers auf einem Heimarbeitsplatz, Arbeiten im Homeoffice oder als mobile Arbeit ist ebenfalls nicht gegeben. Eine Anspruchsgrundlage auf eine Beschäftigung im Homeoffice ergibt sich weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus gesetzlichen oder tariflichen Vorschriften. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer Tätigkeiten im Homeoffice zu ermöglichen (LAG Köln, 12.04.2021 – 2 SaGa 1/21, juris; ArbG Augsburg, 07.05.2020 – 3 Ga 9/20, NZA-RR 2020 Nr. 417).

Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 4 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung, da die dortige Regelung zum Homeoffice zum einen nur bis zum 30.06.2021 Gültigkeit hatte und zum anderen kein subjektives Klagerecht beinhaltete.

2.

Zudem stehen der Einrichtung eines mobilen Arbeitsplatzes zwingende betriebsbedingte Gründe entgegen. Da das mobile Arbeiten nur die Bürotätigkeiten erfassen würde, die ohne Austausch von Bauakten und Plänen und ohne Besuch des Rathauses möglich sind, bliebe es für die restlichen Arbeiten bei einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Da das deutsche Entgeltfortzahlungsgesetz keine Teilarbeitsunfähigkeit kennt, wäre die Investition in den mobilen Arbeitsplatz unnütz, da sie die Arbeitsfähigkeit des Klägers nicht wieder herstellen kann. Die dem Kläger zugeordnete Tätigkeit ist nicht vollständig durch technische und organisatorische Maßnahmen so zu ändern, dass dieser seine vollständige Arbeitsleistung von zu Hause aus erbringen könnte. Da es bei der Beklagten an der Einrichtung der elektronischen Bauakten bislang fehlt, können die erforderlichen Arbeitsmittel nicht mit zumutbarem Aufwand für die Arbeit zu Hause zur Verfügung gestellt werden. Insbesondere das Einscannen großer Karten ist bei der Beklagten noch nicht erfolgt. Eine Verpflichtung des Arbeitgebers dies zu tun, besteht nicht – auch nicht unter dem Aspekt der Bereitstellung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes. Das Abholen von Bauakten mit Plänen setzt zudem den Besuch des Rathauses und damit den möglichen Kontakt mit anderen Arbeitnehmern voraus. Da die Pläne in der Zeit, in der sie der Kläger zu Hause bearbeitet, anderen Mitarbeitern nicht zugänglich sind, müssten Kopien angefertigt werden. Auch ist zu berücksichtigen, dass das nächtliche Abholen der Akten nicht mit § 5 ArbZG zu vereinbaren ist, da es Arbeitszeit darstellt und regelmäßig in der 11stündigen Ruhezeit liegen dürfte. Ebenso ist es nicht zumutbar, die Bürgerberatungen auf offener Straße durchführen zu lassen (vgl. insoweit LA G Köln 12.04.2021 – 2 SaGa 1/21).

IV.

1.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger als unterliegende Partei zu tragen (§ 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO).

2.

Den gem. § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzenden Streitwert hat die Kammer mit einem Gehalt für den Beschäftigungsanspruch bemessen und den Zahlungsansprüchen in Höhe ihrer Bezifferung (§ 3 ZPO).

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