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Corona-Sonderzahlung in Altersteilzeit-Freistellungsphase

ArbG Würzburg – Az.: 4 Ca 207/21 – Urteil vom 29.07.2021

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Der Streitwert wird auf 200, — € festgesetzt.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin, welche sich in Altersteilzeit befindet, eine sogenannte „Corona-Prämie“ zusteht.

Die Klägerin arbeitet seit 01.02.1976 für die Beklagte und war zuletzt im Bereich KHV W. beschäftigt. Seit 01.10.2018 befindet sie sich in Altersteilzeit im Blockmodell. Die Freistellungsphase begann am 01.08.2020.

Der Altersteilzeitvertrag der Parteien (Anlage K1 zum Klageschriftsatz vom 12.03.2021) beruht auf dem Altersteilzeitgesetz und auf dem Tarifvertrag zur flexiblen Arbeitszeitregelung für ältere Beschäftigte (TV FlexAZ) vom 27.02.2010 in seiner jeweils geltenden Fassung. Die Arbeitszeit der Klägerin sollte auf die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit reduziert werden, wobei vom 01.10.2018 bis 31.07.2020 die sogenannte Arbeitsphase vorgesehen war, während derer die Klägerin in Vollzeit arbeitet, und von 01.08.2020 bis 31.05.2022 die Freistellungsphase, in welcher die Klägerin keine Arbeitsleistung mehr erbringen sollte. Während des gesamten Altersteilzeitarbeitsverhältnisses erhält die Klägerin Entgelt nach Maßgabe der reduzierten Arbeitszeit, also für 19,25 Stunden pro Woche, sowie zusätzlich Aufstockungsleistungen. Der Altersteilzeitarbeitsvertrag nimmt hierzu in§ 4 Abs. 1 ausdrücklich Bezug auf§ 7 Abs. 1 bzw. Abs. 2 TV FlexAZ.

Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist weiterhin der Tarifvertrag Corona Sonderzahlung 2020 anwendbar. Dieser Tarifvertrag trat am 25.10.2020 in Kraft und lautet in§ 2:

§ 2 Einmalige Corona-Sonderzahlung.

Corona-Sonderzahlung in Altersteilzeit-Freistellungsphase
(Symbolfoto: Avi Rozen/Shutterstock.com)

(1) Personen, die unter den Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fallen, erhalten eine einmalige Corona-Sonderzahlung spätestens mit dem Tabellenentgelt des Monats Dezember 2020 ausgezahlt, wenn ihr Arbeitsverhältnis am 01. Oktober 2020 bestand und an mindestens einem Tag zwischen dem 01. März. 2020 und dem 31. Oktober 2020 Anspruch auf Entgelt bestanden hat.

(2) …. .

Die Protokollerklärung zu diesem Absatz lautet auszugsweise:

Die einmalige Corona Sonderzahlung wird zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitsentgelt gewährt. Es handelt sich um eine Beihilfe bzw. Unterstützung des Arbeitgebers zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona Krise im Sinne des § 3 Nr. 11 a des Einkommenssteuergesetzes.

….

Die Klägerin ist der rechtlichen Auffassung, ihr stünde diese Corona-Sonderzahlung in Höhe von 200, — Euro zu. Die Anspruchsvoraussetzungen der Klägerin gemäß § 2 TV Corona-Sonderzahlung 2020 seien erfüllt.

Sie beantragt deshalb: Die Beklagte wird verurteilt, 200, — Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.03.2021 an die Klägerin zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Tarifvertrag Corona-Sonderzahlung 2020 sei erst am 25.10.2020 in Kraft getreten, die Klägerin habe sich aber seit dem 01.08.2020 bereits in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befunden. Die Klägerin habe also im Zeitraum 01.10.2018 bis 31.07.2020 während der Arbeitsphase ein sogenanntes Wertguthaben aufgebaut, in dem sie nur einen Teil der in diesem Zeitraum erarbeiteten Vergütung ausbezahlt erhalten habe. Dieses entstandene Wertguthaben werde sodann in der Freistellungsphase ab 01.08.2020 an die Klägerin ausgezahlt. Die Freistellungsphase diene damit lediglich zum Ausgleich des während der Arbeitsphase aufgebauten Wertguthabens. Da der Tarifvertrag Corona Sonderzahlung 2020 erst am 25.10.2020 in Kraft getreten sei und die Fälligkeit der Zulage damit frühestens im Oktober 2020 entstanden sei, hätte die Klägerin zumindest noch am 01.10.2020 in der Arbeitsphase der Altersteilzeit sein müssen, um ggf. noch eine Chance auf Zahlung der Prämie haben zu können.

Auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist gemäß § 2 Abs. 1, Ziff. 3 a ArbGG eröffnet, das Arbeitsgericht Würzburg, Kammer Schweinfurt, ist gemäߧ 48 Abs. 1 a ArbGG zur Entscheidung örtlich zuständig, denn der Arbeitsort der Klägerin befand sich im Zuständigkeitsbezirk der Kammer Schweinfurt. Die Klage ist zulässig.

II.

Die Klage ist aber nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Corona Sonderzahlung gemäß § 2 Abs. 1 TV Corona-SZ 2020.

Zutreffend ist zwar, dass – bei isolierter Lektüre dieser Vereinbarung – die Klägerin die darin enthaltenen Voraussetzungen erfüllt hat. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin bestand am 1. Oktober 2020 (wenn auch bereits in Form eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses in der Freistellungsphase), und die Klägerin hat, das wurde von der Beklagtenseite nicht bestritten, zwischen dem 1. März 2020 und dem Beginn ihrer Freistellung an mindestens einem Tag Anspruch auf Entgelt gehabt.

Auch vom Sinn und Zweck dieser Vereinbarung würde der Klägerin die Zahlung grundsätzlich zustehen. Sie befand sich im „Corona-Zeitraum“ vom ersten März 2020 bis 31. Oktober 2020 zumindest teilweise noch in der Arbeitsphase, so dass auch sie von den zusätzlichen Belastungen durch die Corona Krise betroffen war.

Allerdings ist eine (gewissermaßen nachträgliche) Auszahlung der Corona- Sonderzahlung an die Klägerin nicht mit der Methodik des § 7 Abs. 2 TV Flex AZ vereinbar. Diese Vorschrift sieht vor, dass die Beschäftigten während der Arbeitsphase des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Blockmodell das Tabellenentgelt und alle sonstigen Entgeltbestandteile in Höhe der Hälfte des Entgeltes, das sie andernfalls erhalten hätten, ausgezahlt bekommen. Die andere Hälfte des Entgelts fließt in das Wertguthaben ein und wird in der Freistellungsphase ratierlich ausgezahlt. Während der Freistellungsphase haben die Altersteilzeitarbeitnehmer also nur Anspruch auf Auszahlung des Wertguthabens. Andere Ansprüche können sie während der Freistellungsphase nicht haben. In das Wertguthaben wiederum kann nur das einfließen, was während der Arbeitsphase bereits erarbeitet oder doch zumindest bereits absehbar gewesen ist. Andernfalls kann in Bezug auf das betreffende Entgelt ein Wertguthaben nicht aufgebaut werden.

Die von der Klägerin geforderte Corona-Sonderzahlung war aber zum Zeitpunkt des Aufbaus des Wertguthabens schlicht noch nicht vorhanden. Der Tarifvertrag Corona Sonderzahlung trat erst am 25.10.2020 in Kraft; vorher – während des Zeitraums, während dem die Klägerin ihr Wertguthaben aufgebaut hat (bis 31;07.2020) – war eine Zahlungsverpflichtung nach diesem Tarifvertrag noch nicht rechtlich entstanden. Es war in diesem Zeitraum auch nicht verbindlich erkennbar, dass ein derartiger Anspruch noch entstehen würde. Er konnte deshalb in das Wertguthaben nicht einfließen.

Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 TV FlexAZ erweist sich insofern als die gegenüber § 2 TV Corona SZ 2020 speziellere Vorschrift.

Die Kostenentscheidung beruht auf§§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 ZPO, der Streitwert wurde gemäߧ 61 Abs. 1 ArbGG in Höhe des eingeklagten Betrages festgesetzt. Die Berufung wurde gemäß § 64 Absatz 3 Ziff. 2 b ArbGG zugelassen.

 

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