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Dienstfahrräder – Keine Überwälzung von Leasingraten für erkrankte Arbeitnehmerin

ArbG Osnabrück – Az.: 3 Ca 229/19 – Urteil vom 05.11.2019

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

3. Der Streitwert wird festgesetzt auf € 978,55

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung von Leasingkosten der beklagten Arbeitnehmerin für zwei ihr im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis aufgrund Leasingverträge zur Verfügung gestellter Dienstfahrräder.

Die Beklagte wurde bei der Klägerin seit einem nicht näher bekannten Zeitpunkt in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis als Arbeitnehmerin beschäftigt.

Die Klägerin stellte der Beklagten nach Maßgabe zweier Leasingverträge zwei Diensträder der … als Arbeitnehmerin zur Verfügung. Die beklagte Arbeitnehmerin war zur Privatnutzung der Diensträder berechtigt. Wegen der zu Grunde liegenden Vereinbarungen betreffend die vorbezeichneten Diensträder per Leasing wird auf die von der Klägerin zur Gerichtsakte eingereichten Vertragsunterlagen, nämlich die Einzelvertragsunterlagen Arbeitnehmerleasing, Ablichtung Blatt 4 der Akte, den Überlassungsvertrag zwischen der Beklagten und der Klägerin, Blatt 5 – 8 der Akte, sowie den Einzelleasingvertrag Arbeitnehmer-Leasing, Ablichtung Blatt 9 der Akte im Einzelnen Bezug genommen. Bei den zu Grunde liegenden Bedingungen für jedes der beiden Dienstfahrräder handelte es sich um insoweit identische Bedingungen mit der Maßgabe, dass auf der ersten Seite des weiteren Vertrages die Bedingungen entsprechend angepasst worden sind. Wegen der Vorgangsnummer der beiden Leasingverträge ist es so, dass es sich einmal bei der Leasingvertragsnummer mit der Endnummer 31, wie zur Gerichtsakte vorgelegt und einmal um die Leasingvertragsnummer mit der Endnummer 30 gehandelt hat. Der Leasingvertrag (Ablichtung Blatt 5-8 der Akte) trägt für den Arbeitgeber eine Unterschrift. In gleicher Weise ist dieser Leasingvertrag von der Beklagten unterzeichnet worden. Die Diensträder hatten jeweils einen Wert in Höhe von 2.499,00 €. Nach den in Ziffer 6 des Leasingvertrages vereinbarten steuerlichen und sozialversicherungspflichtigen Vorschriften war die Berechtigung zur privaten Nutzung des Dienstrades als steuerpflichtiger und sozialpflichtiger Sachbezug (geldwerter Vorteil) dargestellt, der der Lohnbesteuerung unterlag. Ziffer 6 des Leasingvertrages wies daraufhin, dass nach den derzeit geltenden Bestimmungen der geldwerte Vorteil für die Benutzung des Dienstrades zu privaten Zwecken für Fahrräder und Pedelecs monatlich 1 % der auf volle 100 € abgerundeten unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers beträgt. Nach der Aufstellung in dem Überlassungsvertrag betreffend das Leasing der Diensträder (Ablichtung Blatt 5 der Akte) war eine Höhe der Gehaltsumwandlung in Höhe von 99,32 € vereinbart. Diese setzte sich aus der Leasingrate exklusive gesetzliche Mehrwertsteuer bei Kostentragung durch die Arbeitnehmerin in Höhe von 65,49 €, einer Prämie für Rundumschutz des Rades bei Kostentragung durch die Arbeitnehmerin in Höhe von 7,50 € und einer Prämie für Business bei Kostentragung durch die Arbeitnehmerin in Höhe von 10,47 € zusammen.

Neben weiteren Bedingungen des Leasingvertrages vom 02.11.2017 (Ablichtung Blatt 5 – 8 der Akte) war darin u.a. wie folgt statuiert:

4.

Folgen vorzeitiger Beendigung

Eine vorzeitige Beendigung der Vereinbarung führt zu erhöhten Kosten (z.B. Leasingkosten).

5.

Ruhen des Beschäftigungsverhältnisses und Wegfall der Verpflichtung zur Fortzahlung der Vergütung

Der/Die Arbeitnehmer/in ist zur Rückgabe des Dienstrades an den Arbeitgeber verpflichtet, wenn der Arbeitgeber zur Fortzahlung der Vergütung auf Grund des Ruhens des Beschäftigungsverhältnisses (z.B. Elternzeit) oder aufgrund länger andauernde Erkrankung nicht mehr verpflichtet ist und die Rückgabe des Dienstrades schriftlich mit einer Frist von 14 Tagen zum Monatsende von dem/der Arbeitnehmer/in verlangt. Ein Anspruch des/der Arbeitnehmer/in auf Entschädigung für die entgangene private Nutzungsmöglichkeit besteht nicht.

Sofern der Arbeitgeber von seinem Recht auf Herausgabe des Dienstrades nicht Gebrauch macht, ist der/die Arbeitnehmer/in für den Fall der Unterbrechung der Gehaltszahlung verpflichtet, die ausstehenden Leasingraten an den Arbeitgeber in gleicher Höhe zu zahlen. Die Berechtigung zur Privatnutzung des Dienstrades kann auch in diesem Fall einen geldwerten Vorteil darstellen, der ggf. zu versteuern und ggf. zu verbeitragen ist. Der/die Arbeitnehmer/in hat unverzüglich zu den ausstehenden Leasingraten dem Arbeitgeber, den hierfür erforderlichen Betrag zur Verfügung zu stellen.

Weiterhin war in Ziffer 5 der Bedingungen des Leasingvertrages vereinbart, dass der Arbeitgeber aus Vereinfachungsgründen die ausstehenden Leasingraten, etwa anfallende Lohnsteuer sowie anfallende Sozialversicherungsbeiträge nachträglich von den regelmäßigen Vergütungen in einer Summe oder in mehreren Teilen in gesetzlich zulässiger Höhe einbehalten kann. Hiermit erklärte sich der Arbeitnehmer in dem Leasingvertrag ausdrücklich einverstanden.

Die Beklagte war im Arbeitsverhältnis zur Klägerin seit dem 22. August 2018 ohne Lohnfortzahlung arbeitsunfähig fortlaufend erkrankt und bezog Krankengeld. Mit Schreiben vom 02.05.2019 (Ablichtung Blatt 10) verlangte die Klägerin von der Beklagten die ausstehenden Leasingraten für die beiden Fahrräder des Fahrradleasing und wies daraufhin, dass die Beklagte als Arbeitnehmerin im Falle der Gehaltsunterbrechung verpflichtet ist, die Raten für das Fahrradleasing an den Arbeitgeber weiterzahlen zu müssen. In dem vorbezeichneten Schreiben vom 02.05.2019 listete die Beklagte für die Monate Dezember 2018 bis einschließlich April 2019 die ausstehenden Raten in einer Monatshöhe a 195,71 € auf und forderte von der Beklagten den Gesamtbetrag der Leasingraten für die vorbezeichneten Monate in Höhe von 978,55 € an sie zu überweisen.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte sei verpflichtet an sie die offenen Leasingraten für die Monate Dezember 2018 bis April 2019 in Höhe von gesamt 978,55 € für die beiden Diensträder zu zahlen. Sie ist der Auffassung, dass die Überlassungsverträge der Parteien betreffend die beiden Diensträder vom 02.11.2017 einer AGB-Kontrolle nicht unterlägen. Insbesondere stellten die Vertragsbedingungen für die Leasingräder keine unangemessene Benachteiligung dar. Die Überlassungsverträge vom 02.11.2017 enthielten keine AGB-Klauseln, die mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar seien. Auf eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 2 BGB habe sich die Beklagte noch der Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Übrigen berufen.

Die arbeitsvertraglichen Verfallfristen seien gewahrt. Der Personalleiter der Klägerin … habe die Klägerin innerhalb der vertraglichen Verfallfrist angerufen und sie darauf hingewiesen, dass sie verpflichtet sei, die ausstehenden Leasingraten für das Fahrradleasing an den Arbeitgeber weiter zu zahlen. Dieses Telefonat habe im April 2019 stattgefunden. Personalleiter … habe auf die offenen Leasingraten hingewiesen und im Rahmen des Telefongespräches die offenen Leasingraten ab Dezember 2018 geltend gemacht.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 978,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass der Anspruch bereits nach § 10 des zwischen den Parteien vereinbarten Arbeitsvertrages dem Verfall unterliege. Die Anwendung der Verfallfristen stehe dem Anspruch der Klägerin bereits insoweit schon deshalb entgegen, weil immer zum 22. des laufenden Monats die Abrechnung der Beklagten gegenüber getätigt worden sei. Dies bedeute vorliegend, dass die Abrechnung für Januar 2019 am 22.01.2019 getätigt worden sei. Zum Zeitpunkt der Erhebung der streitgegenständlichen Klage Ende Mai 2019 sei zu diesem Zeitpunkt die vermeintlichen Ansprüche aus Februar 2019 und früher bereits verfallen gewesen.

Im Übrigen ist die Beklagte der Auffassung, dass die von der Klägerin gestellten allgemeinen Vertragsbedingungen bezüglich der streitbefangenen Leasingräder nicht nur gegen die guten Sitten verstießen, sondern auch gegen gesetzliche Verbote. Durch die Konstruktion insbesondere der Überlassung von Leasingfahrzeugen auch an unbeteiligte Dritte, wie Ehepartner der Beschäftigten, dürfte eine Steuerverkürzung vorliegen. Schon deshalb seien die gesetzlichen AGB-Klauseln mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren. Die Beklagte hätte die Tragweite dieser Klauseln nicht erkennen können und hätte einen derartigen Vertrag nicht gegengezeichnet, da sie unter keinen Umständen Beihilfe zu fragwürdigen Konstruktionen habe leisten wollen. Eine Forderung auf Zahlung der Leasingraten seitens des Personalleiters … der Klägerin habe es nicht gegeben, insbesondere nicht in einem undatierten und insofern nicht einlassungsfähigen von der Klägerin behaupteten Telefonat im April 2018.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 02. August 2019 als Anlage einen Arbeitsvertrag für Beschäftigte geringen Umfanges mit ihr als Arbeitnehmerin zur Gerichtsakte in Ablichtung eingereicht. Aus § 10 dieses Arbeitsvertrages vom 19.02.2019 ergibt sich, dass in jenem Arbeitsvertrag Verfallfristen vereinbart sind für alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben. Danach sind derartige Ansprüche von den Vertragsschließenden binnen einer Frist von 3 Monaten seit ihrer Fälligkeit geltend zu machen. Nach dieser Zeit sind sie erloschen. Als Arbeitgeber in diesem Arbeitsvertrag beginnend ab dem 01.03.2019 ist … als Arbeitgeber bezeichnet. Unter Beifügung eines Stempels am Ende des bezeichneten Arbeitsvertrages für die vorbezeichnete Arbeitgeberin ist eine arbeitgeberseitige Unterschrift wie auch die dortige Unterschrift der Klägerin erfolgt. Wegen des von der Klägerin zur Gerichtsakte eingereichten Arbeitsvertrages in Ablichtung wie vorbezeichnet wird auf Blatt 43 – 45 der Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Dienstfahrräder - Keine Überwälzung von Leasingraten für erkrankte Arbeitnehmerin
(Symbolfoto: Von NDAB Creativity /Shutterstock.com)

Die Klägerin hat gegen die Beklagte als Arbeitnehmerin aus einem zwischen ihnen bestehenden sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis keinen Anspruch auf Zahlung der Leasingkosten für zwei Diensträder in einer Höhe von gesamt 978,55 € für die Monate Dezember 2018 bis April 2019 je Monat in Höhe von 195,71 €. Die Klägerin kann von der Beklagten den vorbezeichneten Betrag an etwa ausstehenden Leasingraten von der Beklagten nicht verlangen. Hierfür besteht keine Anspruchsgrundlage. Diese ergibt sich insbesondere nicht aus dem zwischen den Parteien vereinbarten Leasingvertrag über die Überlassung von zwei Leasingrädern im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis der Parteien.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 02.05.2019 (Ablichtung Blatt 10 der Akte) den vorbezeichneten Gesamtanspruch für die Monate 12/2018 – 4/2019 gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass entgegen der Auffassung der Beklagten die etwaigen Ansprüche der Klägerin jedenfalls keiner Verfallfrist unterliegen. Anhaltspunkte für eine wirksame Vereinbarung einer Verfallfrist ergeben sich nicht. Soweit die Beklagte einen Arbeitsvertrag als vertragliche Basis im Arbeitsverhältnis zur Klägerin mit Schriftsatz vom 02.08.2019 (Blatt 42 der Akte, dort Ablichtung Blatt 43 – 45 der Akte) vorgelegt hat, tragen diese Vereinbarungen eine etwaige Verfallfrist nicht. Es besteht keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass dieser Arbeitsvertrag beginnend mit dem 01.09.2019 die maßgeblichen arbeitsvertraglichen Bedingungen zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits darstellen. Auf Arbeitgeberseite ist Vertragspartner dieses Arbeitsvertrages nicht die Klägerin, sondern eine andere, davon abweichende … . Dies ergibt sich sowohl aus der Bezeichnung des dortigen Arbeitgebers in der als Anlage beigefügten Arbeitsvertrag. Darin ist sowohl in der Bezeichnung als Arbeitgeber die … als auch per Stempel mit entsprechender Bezeichnung bei der Unterschrift unter diesem Arbeitsvertrag bezeichnet.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass selbst bei unterstellter Vereinbarung einer wirksamen arbeitsvertraglichen Verfallfrist unter Vereinbarung einer Geltendmachungsfrist von 3 Monaten ab Fälligkeit die Beklagte sich hierauf nicht berufen kann. Vorliegend geht es um die Zahlung von Leasingraten für den Zeitraum, in dem die Beklagte als Arbeitnehmerin keine Lohnansprüche gegen ihre Arbeitgeberin hat. Dabei kann dahinstehen bleiben, ab wann im Arbeitsverhältnis der Parteien die Lohnansprüche als solches fällig gestellt und eine Fälligkeit hierfür vereinbart worden ist. Die Fälligkeit der Lohnansprüche besagt nichts dazu aus, wann und zu welchem Zeitpunkt etwaige Leasingraten zu Lasten der beklagten Arbeitnehmerin fällig werden. Dies ergibt sich auch nicht aus den zwischen den Parteien vereinbarten Leasingverträgen über die der Beklagten überlassenen Diensträder. Auch unter Berücksichtigung der zwischen den Parteien aus Vereinfachungsgründen vereinbarten nachträglichen Zahlung von Leasingraten für den Fall des mangelnden Bezugs von Arbeitsvergütung ergibt sich, dass jedenfalls eine Verpflichtung zur Zahlung von Leasingraten im Arbeitsverhältnis nicht auf den zwingend gleichen Zeitpunkt bezogen ist wie die Fälligkeit einer Vergütung.

Unbeschadet dessen kann die Klägerin von der Beklagten die von ihr geltend gemachten Leasingraten für den Zeitraum Dezember 2018 bis April 2019 in vorbezeichneter Höhe nicht verlangen. Als einzige Anspruchsgrundlage für die Zahlung von Leasingraten für die beiden Dienstfahrräder kommt der zwischen den Parteien vereinbarte Überlassungsvertrag (Ablichtung Blatt 5 – 8 der Akte) in Betracht. Darin ist die Überwälzung von Leasingraten für die Diensträder zu Lasten der beklagten Arbeitnehmerin für Zeiten, in denen der Arbeitgeber zur Fortzahlung der Vergütung aufgrund des Ruhen des Beschäftigungsverhältnisses oder aufgrund länger andauernder Erkrankung nicht mehr verpflichtet ist, nicht wirksam vereinbart worden.

Bei den Bedingungen des zwischen den Parteien vereinbarten Überlassungsvertrages über die der Beklagten als Arbeitnehmerin überlassenen zwei Diensträder, soweit es nicht den Vertragsgegenstand in Ziffer 1 des Überlassungsvertrages als solches betrifft, nämlich hinsichtlich der dortigen Bedingungen Ziffer 2 bis 16 handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen.

Gemäß § 305 Abs. 1 BGB sind solche vertraglichen Bedingungen allgemeine Geschäftsbedingungen, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert worden sind und die eine Vertragspartei, nämlich der Verwender der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich bei den Vertragsbedingungen des zwischen den Parteien vereinbarten Überlassungsvertrages über die Leasingräder, jedenfalls in den Ziffern 2 bis 16 (vgl. Blatt 6 – 8 der Akte) um vorformulierte Vertragsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, die von der klagenden Arbeitgeberin der Klägerin im Zusammenhang mit der Überlassung der streitbefangenen Diensträder gestellt worden sind.

Die Verwendung von vorformulierten Vertragsinhalten im Arbeitsrecht ist nicht nur durch Vorformulierung seitens des Arbeitgebers der Regelfall, sondern ist vorliegend auch als Gestellung seitens des Arbeitgebers anzunehmen. Es besteht vorliegend keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass es sich vorliegend um individualisierte, im Einzelfall ausgehandelte Vertragsbedingungen handelt, die von der Arbeitnehmerin in das Arbeitsverhältnis der Parteien eingebracht worden seien. Für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Bedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB liegen bereits dann vor, wenn eine Partei von einer anderen vorformulierte Vertragsbedingungen nutzt, selbst wenn die Partei eine mehrfache Verwendung nicht plant. Es reicht deshalb für das Vorliegen von allgemeinen Geschäftsbedingungen im Rahmen von Verträgen aus, wenn der Arbeitgeber einmalig beabsichtigt, diese Vertragsbedingungen zu verwenden.

Die Gestellung der Vertragsbedingungen des zu Grunde liegenden Leasingvertrages über die Leasingräder durch den Arbeitgeber ist zwischen den Parteien als solches nicht streitig. Dies ergibt sich auch daraus, dass die klagende Arbeitgeberin nach Ziffer 1 des Überlassungsvertrages für die Leasingräder betreffend Vertragsgegenstand als Überlasserin der Diensträder an die beklagte Arbeitnehmerin explizit aufgeführt worden ist.

Die zu Grunde liegenden Bedingungen des Überlassungsvertrages sind erkennbar und offensichtlich auch für eine Vielzahl von diversen entsprechenden Verträgen der Arbeitgeberin im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB jedenfalls geplant. Dies ergibt sich nicht nur aus dem äußeren Erscheinungsbild der vereinbarten Bedingungen. Es ist darauf hinzuweisen, dass bereits die Bezeichnung des anderen Vertragsteils als Arbeitnehmer in seiner gendermäßigen Form auf eine beabsichtigte Vielzahl von Verwendungen dieser Bedingungen hinweist. Die Bedingungen weisen auch typischerweise allgemeine Regelungen auf, die für eine Vielzahl von gleichartigen Verträgen geregelt werden sollen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es sich bereits in Bezug auf die Beklagte um zwei gleichartige Verträge über überlassene Diensträder handelt. Die Klägerin hat mit der Beklagten zwei gleichlautende Verträge über Diensträder abgeschlossen, dir sich lediglich in der Endziffer der Vertragsnummer unterscheiden.

Aus den Vertragsbedingungen ergibt sich keine wirksame Anspruchsgrundlage zu Gunsten der Klägerin in Bezug auf die Zahlung der Leasingraten für die beiden überlassenen Leasingräder im geltend gemachten Zeitraum. Die Klägerin kann sich nicht wirksam gegen die Beklagte darauf berufen, dass die beklagte Arbeitnehmerin nach dem zweiten Absatz in Ziffer 5 der Vertragsbedingungen verpflichtet ist, für den Fall der Unterbrechung der Gehaltszahlungen die ausstehenden Leasingraten an den Arbeitgeber in gleicher Höhe zu zahlen. Diese Bedingung des Leasingvertrages ist vielmehr kein wirksamer Vertragsbestandteil geworden. Vielmehr sind die Vertragsbedingungen über die Überlassung der beiden Leasingräder zum Teil insoweit als überraschende und mehrdeutige Klauseln im Sinne von § 305 c BGB, sowie als unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 BGB zu werten.

Gemäß § 306 Abs. 1 BGB führt die Unwirksamkeit allgemeiner Geschäftsbedingungen lediglich zu einer Teilunwirksamkeit des zu Grunde liegenden Vertrages. Der Vertrag bleibt im Übrigen wirksam. Rechtsfolge der nicht wirksamen Einbeziehung allgemeiner Geschäftsbedingungen in einen zu Grunde liegenden Vertrag ist, dass diese Bestimmungen nicht wirksamer Vertragsbestandteil geworden sind, sondern der Inhalt des Vertrages sich nach den gesetzlichen Vorschriften richtet. Es gilt der Grundsatz über das Verbot der geltungserhaltenen Reduktion. Dies bedeutet, dass bei nicht wirksamer Einbeziehungen von allgemeinen Geschäftsbedingungen in einen zu Grunde liegenden Vertrag regelmäßig diese Vorschriften auch entgegen einer sogenannten Salvatorischen Klausel nicht auf ihren geltungserhaltenden Bereich reduziert und insoweit aufrechterhalten werden können. Der Vertrag richtet sich vielmehr dann nach den gesetzlichen Bestimmungen ohne Anwendung der unwirksamen Vertragsbestandteile.

Die Vertragsklausel in Ziffer 5 Abs. 2 des zwischen den Parteien vereinbarten Überlassungsvertrages ist entgegen den Anforderungen an die allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 305 c BGB als intransparent zu beurteilen. Die Verpflichtung zur Übernahme der Leasingraten bei Wegfall der Vergütung ist in den Vertrag nicht hinreichend deutlich gemacht worden und widersprüchlich formuliert. Aufgrund des vertraglichen Hinweises auf „erhöhte Kosten (z.B. Leasingkosten)“ hat die beklagte Arbeitnehmerin nicht damit rechnen müssen, dass diese für sie nicht nur bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder Insolvenz des Arbeitnehmers anfallen, sondern auch in Zeiten ohne Gehaltszahlung. Nach den vertraglichen Vereinbarungen in Ziffer 4 der zu Grunde liegenden Bedingungen hat die Klägerin lediglich damit rechnen müssen, dass eine vorzeitige Beendigung der Vereinbarung über die Überlassung der Leasingräder zu erhöhten Leasingkosten führt. Sie hat nur damit rechnen müssen, dass unter dieser Voraussetzung die ausdrücklich in Ziffer 4 der Vertragsbedingung aufgeführten Leasingkosten als erhöhte Kosten auf sie zukommen. Nach den Vertragsbedingungen auch unter Einbeziehung von Ziffer 5 des Überlassungsvertrages hatte die beklagte Arbeitnehmerin nicht mit hinreichender Deutlichkeit damit rechnen müssen, dass die lediglich bei vorzeitigen Beendigung der Vereinbarung auf sie zukommende Überwälzung der Leasingkosten auch für andere Fälle gilt.

Die mangelnde Transparenz der Vereinbarungen zeigt sich insoweit insbesondere auch deutlich daran, dass der Klägerin als Arbeitgeberin für den Fall des Ruhens des Beschäftigungsverhältnisses und Wegfall der Verpflichtung zur Fortzahlung der Vergütung ein verschachteltes Recht hinsichtlich der Leasingräder vorbehalten worden ist. Nach der Vereinbarung in Ziffer 5 des zu Grunde liegenden Überlassungsvertrages ist die überlassende Klägerin für diese Fälle berechtigt, die Rückgabe der Diensträder unter Einhaltung einer Frist von 14 Tagen zum Monatsende von der Arbeitnehmerin zu fordern. Nach den weiter vereinbarten Bedingungen in Ziffer 5 des Überlassungsvertrages hat sich die Arbeitgeberin ein Wahlrecht für den Fall des Ruhens des Beschäftigungsverhältnisses und des Wegfalls der Verpflichtung zur Fortzahlung der Vergütung vorbehalten lassen, welches sie ohne weitergehende Bedingungen ausüben kann. Erst dann wenn die überlassene Arbeitgeberin von ihrem Herausgaberecht für diese Situation keinen Gebrauch macht, kann sie begründungslos zur Überwälzung der Leasingraten übergehen. Dies verdeutlicht, dass die beklagte Arbeitnehmerin von der Arbeitgeberin für den Fall des Ruhens des Beschäftigungsverhältnisses und des Wegfalls der Verpflichtung zur Fortzahlung der Vergütung nicht transparent auf die sich daraus ergebenden Folgen hingewiesen worden ist. Sie kann aufgrund der Verschachtelungen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht hinreichend erkennen, welche Pflichten für diesen Fall auf sie kommen.

Des Weiteren stellt die Vertragsklausel in Ziffer 5 des Überlassungsvertrages nach Auffassung des Arbeitsgerichts eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers im Sinne von § 307 BGB dar. Nach Absatz 2 von § 307 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung eines Vertragspartners von Verwendern allgemeiner Geschäftsbedingungen im Zweifel dann anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen worden ist, nicht zu vereinbaren ist oder wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet ist.

Diese Voraussetzungen sind beide vorliegend gegeben. Es mag nach Auffassung der Kammer mit den wesentlichen Grundgedanken des Entgeltfortzahlungsgesetzes vereinbar sein, dass bei entsprechender Vertragsgestaltung der Arbeitgeber das Dienstrad bei Ablauf des 6-wöchigen Lohnfortzahlungszeitraumes von dem weiterhin erkrankten Arbeitnehmer zurückfordern kann. Das Dienstrad ist Teil des Sachbezuges der Klägerin gewesen. Sie hat für die Gestellung der Diensträder als Sachlohnbezug auf einen Teil ihrer arbeitsvertraglichen Vergütung unter Ausnutzung der steuerlichen Gegebenheiten in Höhe der Leasingraten verzichtet. Dies ergibt sich aus den Berechnungen zur Höhe der Gehaltsumwandlung in § 1 betreffend Vertragsgegenstand der Überlassungsverträge. Mit der Überwälzung der Leasingraten auf die Arbeitnehmerin für Zeiten, in denen bei weiterbestehender Erkrankung der Entgeltfortzahlungszeitraum gesetzlich nicht mehr besteht wird von den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in der Weise abgewichen, dass die Überwälzung der Leasingraten davon nicht mehr als vereinbart anzusehen ist. Ein verständiger Arbeitnehmer muss weder damit rechnen, noch besteht aufgrund gesetzlicher Situation dafür eine Anspruchsgrundlage, dass darüber hinaus der Arbeitgeber in den Fällen auch die Leasingkosten und damit sein Unternehmerrisiko wegen der Fortzahlung der Leasingraten auf den erkrankten Arbeitnehmer abwälzt.

Im Übrigen sieht das Arbeitsgericht auch die wesentlichen Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben durch diese allgemeinen Geschäftsbedingungen des Überlassungsvertrages derart eingeschränkt, dass die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet ist. Ziel des Überlassungsvertrages über die Diensträder ist gewesen, dass eine Überlassung unter Ausnutzung der steuerlichen Gegebenheiten auch im Hinblick auf die vereinbarte Gehaltsumwandlung in der Vergütung der Klägerin in Höhe der Leasingraten stattfinden soll. Dieser Vertragszweck kann statt der vereinbarten Gehaltsumwandlung bei Überwälzung der Leasingraten auf den betroffenen Arbeitnehmer für Zeiten der mangelnden Verpflichtung zur Fortzahlung der Vergütung nicht mehr erreicht werden. Das besondere Interesse eines Arbeitnehmers auf Überlassung von Leasingrädern nicht zum vollen Leasingpreis wie in einem Geschäft, sondern unter Ausnutzung der steuerlichen Gegebenheiten mit Gehaltsumwandlung findet nicht mehr statt. Dem insoweit gestehenden Interesse seitens des Arbeitgebers wäre ausreichend Rechnung getragen, wenn er sich für diesen Fall auf die Rückgabe der Leasingräder vertraglich beschränkt hätte. Insbesondere die voraussetzungslose Abkehr von dem Herausgabeverlangen seitens des Arbeitgebers und der nach den Vertragsbedingungen dann entstehenden Pflicht des Arbeitnehmers zur Zahlung der Leasingkosten wird aus diesen Gründen als unangemessen angesehen.

Im Übrigen weist das Arbeitsgericht daraufhin, dass in der Dienstradvereinbarung für Dritte, am Arbeitsverhältnis nicht beteiligte Personen unter Ausnutzung steuerrechtlicher Belange des Arbeitnehmers eine Steuerverkürzung gesehen werden könnte. Die Arbeitnehmerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie mangels Aufklärung die Tragweite dieser Klausel nicht habe erkennen können und einen derartigen Vertrag nicht vereinbart hätte. Die sich daraus ergebende Teilnichtigkeit des Überlassungsvertrages jedenfalls wegen des einen Dienstfahrrades führt gemäß § 139 BGB zur Unwirksamkeit des einen betreffenden Dienstfahrradvertrages/Leasingvertrages insgesamt. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass bei Kenntnis der steuerrechtlichen Problematik betreffend vereinbarte Gehaltsumwandlung die Parteien wegen des Dienstfahrrades für eine dritte Person, die am Arbeitsverhältnis nicht beteiligt ist dann einen derartigen Leasingvertrag ohne Vereinbarung einer Gehaltsumwandlung abgeschlossen hätten. Dafür besteht keinerlei Anhaltspunkt. Die gemäß § 139 BGB im Zweifel zur Vollnichtigkeit des Vertrages führende Teilnichtigkeit eines Vertragsbestandteils lässt jedenfalls für eins der beiden Diensträder ebenfalls den Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Leasingraten entfallen. Bei bestehender Vollunwirksamkeit eines der Verträge über die Überlassung eines der beiden Leasingräder besteht keine vertragliche Überwälzungsklausel hinsichtlich der Leasingkosten.

Mangels Hauptanspruch steht der Klägerin auch kein Zinsanspruch zu.

Der Streitwert ist festgesetzt worden nach Maßgabe der geltend gemachten Hauptforderung.

Die Berufung ist nicht gesondert zugelassen worden. Anhaltspunkte für eine gesonderte Zulassung der Berufung haben nicht vorgelegen. Diese ist auch nicht beantragt oder angeregt worden.

 

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