Schluss mit dem monatlichen Papier-Lohnzettel im Briefkasten oder direkt in der Hand? Ein wegweisendes Urteil des Bundesarbeitsgerichts erlaubt Arbeitgebern nun, Gehaltsabrechnungen ausschließlich digital bereitzustellen – eine Entscheidung, die den Trend zur Digitalisierung in der Arbeitswelt weiter beschleunigt. Doch was bedeutet das konkret für Millionen Beschäftigte in Deutschland, insbesondere für diejenigen ohne privaten Computer oder Internetzugang?
Übersicht:
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Der digitale Wandel erreicht die Lohnabrechnung
- Der Fall Edeka: Ein Streit um Papier und Pixel
- Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts: Klarheit für die digitale Arbeitswelt
- Praktische Folgen: Was ändert sich für Arbeitnehmer und Arbeitgeber?
- Der Betriebsrat redet mit: Mitbestimmung bei der Digitalisierung
- Typische Szenarien: Wann ist das Urteil für Sie relevant?
- Zusammenfassung: Das Wichtigste auf einen Blick

Das Wichtigste: Kurz & knapp
BAG-Urteil zur Digitalen Gehaltsabrechnung – Das Wichtigste:
- Digitale Form erlaubt: Arbeitgeber dürfen Gehaltsabrechnungen ausschließlich elektronisch (z.B. über ein Mitarbeiterportal) bereitstellen.
- Kein Anspruch auf Papier: Ein generelles Recht des Arbeitnehmers auf eine Abrechnung in Papierform besteht nicht mehr.
- „Textform“ genügt: Die digitale Bereitstellung erfüllt die gesetzliche Anforderung der „Textform“ (§ 108 GewO).
- Zugangspflicht für Alle: Entscheidend ist: Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass auch Mitarbeiter ohne privaten PC/Internetzugang die Abrechnung im Betrieb einsehen und ausdrucken können.
- Holschuld: Der Arbeitnehmer muss die digital bereitgestellte Abrechnung selbst abrufen; der Arbeitgeber muss sie nicht nach Hause senden.
Der digitale Wandel erreicht die Lohnabrechnung
Die Digitalisierung verändert unseren Alltag und macht auch vor dem Arbeitsplatz nicht halt. Immer mehr Prozesse werden von Papier auf digitale Formate umgestellt. Eine zentrale Frage dabei war lange: Gilt das auch für die monatliche Gehaltsabrechnung, ein wichtiges Dokument für jeden Arbeitnehmer? Das Bundesarbeitsgericht (BAG), Deutschlands höchstes Gericht für Arbeitsfragen, hat dazu am 28. Januar 2025 eine Grundsatzentscheidung getroffen (Aktenzeichen: 9 AZR 487/24).
Im Kern urteilten die Richter: Ja, Arbeitgeber dürfen Lohn- und Gehaltsabrechnungen auch nur noch elektronisch, zum Beispiel über ein Online-Mitarbeiterportal, zur Verfügung stellen. Ein genereller Anspruch auf eine Abrechnung in Papierform besteht nicht mehr. Dieses Urteil hat weitreichende Folgen für Unternehmen und Beschäftigte gleichermaßen und wirft viele Fragen auf, die wir in diesem Artikel beantworten möchten.
Der Fall Edeka: Ein Streit um Papier und Pixel
Auslöser für die höchstrichterliche Entscheidung war die Klage einer Verkäuferin der Supermarktkette Edeka aus Niedersachsen. Ihr Arbeitgeber hatte, wie viele andere große Unternehmen auch, auf digitale Prozesse umgestellt.
Worum ging es genau?
Die Edeka-Gruppe, ein Unternehmen mit über 410.000 Beschäftigten, hatte im Jahr 2021 auf Basis einer Konzernbetriebsvereinbarung ein digitales Mitarbeiterportal eingeführt. Eine solche Vereinbarung ist ein Vertrag zwischen der Unternehmensleitung und dem Konzernbetriebsrat, der Regeln für alle oder mehrere Betriebe des Konzerns festlegt. Ab März 2022 stellte Edeka die monatlichen Gehaltsabrechnungen ausschließlich in diesem passwortgeschützten Online-Portal zur Verfügung. Die Papierform wurde abgeschafft.
Die betroffene Verkäuferin war damit nicht einverstanden. Sie bestand weiterhin auf einer gedruckten Gehaltsabrechnung, wie sie es jahrelang gewohnt war. Ihr Hauptargument: Sie habe der elektronischen Übermittlung ihrer Daten und der Nutzung des Portals für diesen Zweck niemals zugestimmt. Sie fühlte sich übergangen und zog vor Gericht.
Der Weg durch die Instanzen
Zunächst hatte die Verkäuferin Erfolg. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen, die zweite Instanz im Arbeitsrecht, gab ihrer Klage statt. Die Richter dort vertraten die Auffassung, dass eine Gehaltsabrechnung eine sogenannte „zugangsbedürftige Willenserklärung“ sei. Das bedeutet vereinfacht gesagt: Der Absender (hier der Arbeitgeber) muss dafür sorgen, dass die Erklärung (die Abrechnung) so in den Machtbereich des Empfängers (des Arbeitnehmers) gelangt, dass dieser unter normalen Umständen davon Kenntnis nehmen kann – klassischerweise durch den Einwurf in den Briefkasten.
Ein Online-Postfach im Mitarbeiterportal sei nur dann ein geeigneter „Briefkasten“, wenn der Mitarbeiter dieses ausdrücklich für den Empfang solcher Dokumente bestimmt habe. Da die Klägerin dies nicht getan hatte, sah das LAG ihren Anspruch auf eine Papieraushändigung als gegeben an.
Doch Edeka akzeptierte dieses Urteil nicht und legte Revision beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt ein. Damit landete der Fall bei der höchsten Instanz, die nun grundsätzlich klären musste, wie die gesetzlichen Vorgaben im digitalen Zeitalter zu interpretieren sind.
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts: Klarheit für die digitale Arbeitswelt
Die Erfurter Richter des BAG sahen den Fall anders als ihre Kollegen in Niedersachsen und fällten eine Entscheidung mit Signalwirkung für die gesamte deutsche Arbeitswelt.
Was genau hat das BAG entschieden?
Das Bundesarbeitsgericht urteilte, dass Arbeitgeber ihrer Pflicht zur Erteilung einer Gehaltsabrechnung auch dann nachkommen, wenn sie diese ausschließlich elektronisch in einem Mitarbeiterportal bereitstellen. Der Vorsitzende Richter Heinrich Kiel brachte es bei der Urteilsverkündung auf den Punkt: „Es gibt keinen Anspruch auf Papierform alter Schule.“ Die Klage der Edeka-Verkäuferin wurde somit abgewiesen.
Die rechtliche Begründung: Was bedeutet „Textform“?
Die zentrale rechtliche Frage war die Auslegung des § 108 Absatz 1 Satz 1 der Gewerbeordnung (GewO). Dieses Gesetz schreibt vor, dass Arbeitgeber bei Zahlung des Arbeitsentgelts dem Arbeitnehmer eine „Abrechnung in Textform zu erteilen“ haben.
Hier liegt der juristische Knackpunkt: Was genau bedeutet „Textform“? Viele denken dabei automatisch an Papier. Doch das Gesetz unterscheidet zwischen verschiedenen Formvorschriften. Die strengste ist die „Schriftform“ (§ 126 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB), die in der Regel ein eigenhändig unterschriebenes Dokument auf Papier erfordert (wie bei einer Kündigung).
Die „Textform“ ist weniger streng. Sie verlangt lediglich, dass die Erklärung lesbar ist, die Person des Erklärenden nennt und auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Ein dauerhafter Datenträger kann Papier sein, aber eben auch eine Datei auf einem Server, eine E-Mail oder eine Webseite – solange der Empfänger die Information speichern oder ausdrucken kann.
Das BAG stellte klar: Da § 108 GewO nur die „Textform“ verlangt, genügt die Bereitstellung einer digitalen Gehaltsabrechnung als Datei (z.B. PDF) in einem Online-Portal dieser Anforderung. Sie ist lesbar, der Arbeitgeber ist als Aussteller erkennbar, und sie ist dauerhaft im Portal gespeichert und abrufbar. Eine Unterschrift oder Papier ist nicht nötig.
Ein wichtiger Unterschied: Hol- statt Bringschuld
Zusätzlich argumentierte das BAG, dass der Anspruch des Arbeitnehmers auf die Gehaltsabrechnung eine sogenannte „Holschuld“ sei. Das klingt kompliziert, bedeutet aber im Prinzip: Der Arbeitgeber muss die Abrechnung erstellen und zur Verfügung stellen, aber der Arbeitnehmer muss sie sich gewissermaßen selbst „abholen“. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, aktiv dafür zu sorgen, dass die Abrechnung beim Arbeitnehmer zu Hause ankommt (wie bei einer „Bringschuld“, z.B. der Lieferung einer bestellten Ware).
Indem der Arbeitgeber die Gehaltsabrechnung im Mitarbeiterportal zum Abruf bereitstellt, erfüllt er seine Pflicht aus § 108 GewO. Der Arbeitnehmer kann und muss sich die Information dort selbst beschaffen. Das Portal fungiert quasi als digitaler Abholort.
Die entscheidende Bedingung: Zugang für alle
Das Gericht machte jedoch eine sehr wichtige Einschränkung, die dem Schutz der Arbeitnehmer dient: Die rein digitale Bereitstellung ist nur dann zulässig, wenn der Arbeitgeber sicherstellt, dass auch Mitarbeiter ohne private technische Ausstattung (also ohne eigenen Computer, Smartphone oder Internetanschluss) problemlos auf ihre Abrechnungen zugreifen können.
Konkret bedeutet das: Der Arbeitgeber muss im Betrieb eine Möglichkeit schaffen, dass diese Mitarbeiter
- ihre digitalen Gehaltsabrechnungen einsehen können (z.B. an einem Firmen-PC oder einem Terminal) und
- diese bei Bedarf auch ausdrucken können.
Da Edeka im verhandelten Fall nachweislich solche Zugangsmöglichkeiten im Betrieb geschaffen hatte (z.B. über Computer in Pausenräumen oder Büros), sah das BAG die Voraussetzungen für die digitale Abrechnung als erfüllt an. Wäre dies nicht der Fall gewesen, hätte das Urteil anders ausfallen können.
[themifybox]Wichtig: Digitale Gehaltsabrechnungen sind laut BAG-Urteil grundsätzlich erlaubt. Die entscheidende Voraussetzung ist jedoch: Der Arbeitgeber muss gewährleisten, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – auch diejenigen ohne privaten Computer oder Internetzugang – im Betrieb die Möglichkeit haben, ihre elektronischen Abrechnungen einzusehen und bei Bedarf auszudrucken.[/themifybox]
Praktische Folgen: Was ändert sich für Arbeitnehmer und Arbeitgeber?
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist mehr als nur die Klärung eines Einzelfalls. Es setzt einen wichtigen rechtlichen Rahmen für die fortschreitende Digitalisierung der Personalverwaltung und hat konkrete Auswirkungen.
Für Arbeitnehmer: Der digitale Gehaltszettel kommt
Für Beschäftigte bedeutet die Entscheidung vor allem eines: Sie müssen sich darauf einstellen, dass die Gehaltsabrechnung zukünftig immer häufiger nur noch digital bereitgestellt wird. Der Trend weg vom Papier wird sich durch dieses Urteil verstärken.
Das hat durchaus Vorteile:
- Ständiger Zugriff: Digitale Abrechnungen im Mitarbeiterportal sind in der Regel jederzeit und von überall (mit Internetzugang) abrufbar. Man muss nicht mehr in Aktenordnern wühlen.
- Weniger Papierkram: Die Zettelwirtschaft zu Hause entfällt.
- Archivierung: Die Dokumente sind oft über Jahre sicher im Portal gespeichert.
Es gibt aber auch Aspekte, die bedacht werden müssen:
- Zugang: Man benötigt ein Gerät (PC, Tablet, Smartphone) und einen Internetzugang, um bequem von zu Hause darauf zuzugreifen.
- Technikaffinität: Nicht jeder ist gleichermaßen vertraut im Umgang mit Online-Portalen und Passwörtern.
- Verfügbarkeit: Was passiert, wenn das Portal technisch gestört ist oder man das Unternehmen verlässt? (Hier müssen Regelungen zum Datenexport oder zur weiteren Verfügbarkeit getroffen werden).
Entscheidend bleibt: Wer privat keine Möglichkeit hat, auf die digitale Abrechnung zuzugreifen, hat durch das BAG-Urteil das verbriefte Recht, dies im Betrieb zu tun und sich die Abrechnung dort auszudrucken. Der Arbeitgeber steht hier in der Pflicht, entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Niemand darf von wichtigen Informationen über sein Gehalt abgeschnitten werden.
Für Arbeitgeber: Effizienz und neue Möglichkeiten
Für Unternehmen bestätigt das Urteil den Weg zur Digitalisierung der Personalprozesse und bietet handfeste Vorteile:
- Kosteneinsparungen: Druckkosten, Papier, Kuverts und Porto für den Versand entfallen. Auch der interne Verteilungsaufwand reduziert sich.
- Effizienzsteigerung: Die Erstellung und Verteilung digitaler Abrechnungen ist schneller und weniger fehleranfällig als manuelle Prozesse. Personalabteilungen werden entlastet.
- Umweltfreundlichkeit: Der Papierverbrauch sinkt, was der Umwelt zugutekommt.
- Modernes Image: Digitale Prozesse werden oft als Zeichen eines modernen Arbeitgebers wahrgenommen.
Das Urteil könnte auch die Tür für die Digitalisierung weiterer Personaldokumente öffnen, auch wenn hier teilweise andere rechtliche Anforderungen gelten können:
- Bereitstellung von Arbeitsverträgen (ggf. mit qualifizierter elektronischer Signatur)
- Elektronische Arbeitszeugnisse
- Digitale Übermittlung von Informationen, die bisher per Aushang erfolgten
Unternehmen müssen bei der Umstellung jedoch sorgfältig planen und die rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere den Datenschutz und die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats, beachten.
Datenschutz und Sicherheit: Was ist zu beachten?
Gehaltsabrechnungen enthalten hochsensible persönliche Daten. Daher ist es unerlässlich, dass die digitalen Mitarbeiterportale sicher sind. Passwortschutz ist das Minimum. Unternehmen müssen sicherstellen, dass die Daten vor unbefugtem Zugriff geschützt sind und die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eingehalten werden. Dazu gehört auch, die Mitarbeiter transparent darüber zu informieren, wie ihre Daten verarbeitet und gespeichert werden.
Der Betriebsrat redet mit: Mitbestimmung bei der Digitalisierung
Die Einführung eines digitalen Systems zur Bereitstellung von Gehaltsabrechnungen ist keine reine Entscheidung der Geschäftsführung. Der Betriebsrat hat hier ein wichtiges Wort mitzureden.
Warum ist der Betriebsrat beteiligt?
Die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats. Das regelt § 87 Absatz 1 Nummer 6 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG). Ein digitales Mitarbeiterportal, über das nicht nur Abrechnungen verteilt, sondern möglicherweise auch Zugriffszeiten oder andere Daten protokolliert werden könnten, fällt in der Regel unter diese Kategorie.
Der Betriebsrat achtet darauf, dass die Einführung fair abläuft, die Rechte der Arbeitnehmer gewahrt bleiben (insbesondere Datenschutz und Zugang für alle) und keine unzulässige Überwachung stattfindet.
Die Rolle der Betriebsvereinbarung
Im Fall Edeka wurde die Einführung des Portals durch eine Konzernbetriebsvereinbarung geregelt. Das ist der übliche Weg, um solche Systeme unter Beteiligung der Arbeitnehmervertretung einzuführen.
In einer solchen Vereinbarung können Details geregelt werden, wie z.B.:
- Welche Funktionen hat das Portal?
- Wie wird der Datenschutz gewährleistet?
- Wie wird der Zugang für Mitarbeiter ohne private Technik sichergestellt?
- Welche Daten werden wie lange gespeichert?
Interessanterweise hat das BAG den Edeka-Fall an das LAG Niedersachsen zurückverwiesen. Zwar ist die Grundsatzfrage zur Zulässigkeit der digitalen Abrechnung geklärt, aber die Vorinstanz muss nun noch prüfen, ob für die Einführung des Portals bei Edeka der Konzernbetriebsrat zuständig war oder ob vielleicht die lokalen Betriebsräte hätten beteiligt werden müssen. Dies zeigt, wie wichtig die korrekte Einbindung der betrieblichen Mitbestimmung bei solchen Digitalisierungsprojekten ist.
Typische Szenarien: Wann ist das Urteil für Sie relevant?
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts hat Auswirkungen auf viele Situationen im Arbeitsalltag. Hier einige Beispiele:
Szenario 1: Ihr Arbeitgeber führt ein Mitarbeiterportal für Gehaltsabrechnungen ein
Wenn Ihr Arbeitgeber ankündigt, die Lohnabrechnung künftig nur noch digital über ein Portal bereitzustellen, ist das nach dem BAG-Urteil grundsätzlich zulässig. Achten Sie darauf, dass Sie klare Informationen zur Nutzung des Portals, zum Datenschutz und zu Ihrem Passwort erhalten. Prüfen Sie, ob der Betriebsrat (sofern vorhanden) beteiligt wurde. Wichtig: Fragen Sie nach, wie der Zugang und Ausdruck im Betrieb geregelt ist, falls Sie privat keine Möglichkeit dazu haben.
Szenario 2: Sie haben keinen Computer oder Internetzugang zu Hause
Sie gehören zu den Mitarbeitern, die keinen privaten PC oder Internetanschluss besitzen oder nutzen möchten? Dann sind Sie nicht verpflichtet, sich diese Technik anzuschaffen, um Ihre Gehaltsabrechnung zu erhalten. Ihr Arbeitgeber muss Ihnen im Betrieb eine Möglichkeit bieten, auf das Portal zuzugreifen und Ihre Abrechnung einzusehen und auszudrucken. Das kann ein Computer im Pausenraum, in der Personalabteilung oder an einem anderen zugänglichen Ort sein. Sprechen Sie Ihren Vorgesetzten oder die Personalabteilung aktiv darauf an, wenn diese Möglichkeit nicht offensichtlich ist.
Szenario 3: Sie bevorzugen die Papierform, aber der Arbeitgeber stellt um
Sie haben die monatliche Abrechnung auf Papier immer geschätzt und möchten diese beibehalten? Das BAG-Urteil stellt klar, dass Ihre persönliche Präferenz allein keinen Anspruch auf die Papierform begründet. Solange der Arbeitgeber die „Textform“ (also die digitale Bereitstellung) wählt und den Zugang für alle sicherstellt (siehe Szenario 2), handelt er rechtmäßig. Sie müssen die Umstellung auf die digitale Form akzeptieren, haben aber das Recht auf Zugang und Ausdruck im Betrieb.
Zusammenfassung: Das Wichtigste auf einen Blick
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur digitalen Gehaltsabrechnung (Az. 9 AZR 487/24) ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur digitalen Arbeitswelt. Hier die Kernpunkte zusammengefasst:
- Digitale Gehaltsabrechnung ist erlaubt: Arbeitgeber dürfen Lohn- und Gehaltsabrechnungen ausschließlich elektronisch (z.B. in einem Mitarbeiterportal) bereitstellen.
- Kein genereller Anspruch auf Papier: Arbeitnehmer können nicht mehr grundsätzlich auf einer Abrechnung in Papierform bestehen.
- „Textform“ genügt: Die gesetzliche Anforderung der „Textform“ nach § 108 GewO wird durch die digitale Bereitstellung erfüllt.
- Zugang im Betrieb ist Pflicht: Entscheidend ist, dass der Arbeitgeber sicherstellt, dass auch Mitarbeiter ohne private Technik im Betrieb Zugang zur Abrechnung haben und diese ausdrucken können.
- Mitbestimmung beachten: Die Einführung solcher Systeme unterliegt in der Regel der Mitbestimmung des Betriebsrats.
Dieses Urteil fördert die Effizienz und Modernisierung in Unternehmen, nimmt aber gleichzeitig die Arbeitgeber in die Pflicht, die Rechte und Bedürfnisse aller Beschäftigten zu berücksichtigen. Für Arbeitnehmer bedeutet es eine Umstellung, aber auch die Chance, von den Vorteilen digitaler Dokumentenverwaltung zu profitieren, ohne dabei von wichtigen Informationen abgeschnitten zu werden.