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Direktionsrecht des Arbeitsgebers aus § 106 GewO für Arbeitskleidung

Ein Produktionsmitarbeiter aus Nordrhein-Westfalen weigerte sich, die von seinem Arbeitgeber vorgeschriebene rote Arbeitshose zu tragen – und verlor deshalb seinen Job. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschied, dass die Kündigung rechtens war, da die betriebliche Kleiderordnung die rote Hose aus Sicherheitsgründen vorschrieb und der Mitarbeiter keine triftigen Gründe für seine Weigerung nennen konnte. Der Fall zeigt, wie weit die Befugnisse von Arbeitgebern bei der Kleiderordnung reichen und welche Konsequenzen Arbeitsverweigerung haben kann.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
  • Datum: 21.05.2024
  • Aktenzeichen: 3 SLa 224/24
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Kündigungsschutzrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein Mitarbeiter im Produktionsbereich, der sich gegen die Verpflichtung wehrt, eine rote Arbeitsschutzhose zu tragen. Er argumentiert, dass das Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht die Farbe der Kleidung umfassen sollte und dass keine gesetzlichen oder vertraglichen Gründe diese Vorgabe stützen.
  • Beklagte: Ein Unternehmen mit über 200 Mitarbeitern, das argumentiert, die rote Arbeitshose sei Teil der persönlichen Schutzausrüstung und diene sowohl dem Arbeitsschutz als auch der Corporate Identity.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger wurde angewiesen, bei der Arbeit eine rote Arbeitsschutzhose zu tragen, was er verweigerte. Trotz wiederholter Ermahnungen erschien er in andersfarbiger Kleidung zur Arbeit, wofür er zweimal abgemahnt wurde. Nach Fortsetzung dieses Verhaltens wurde ihm ordentlich gekündigt. Der Kläger klagte gegen diese Kündigungen und die Weisung, rote Hosen zu tragen.
  • Kern des Rechtsstreits: Die Frage, ob die Weisung zum Tragen einer roten Arbeitshose durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt ist und ob die darauf basierende Kündigung sozial gerechtfertigt war.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen. Die Kündigung war sozial gerechtfertigt und die Abmahnungen waren rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klage war demnach unbegründet.
  • Begründung: Das Gericht entschied, dass das Direktionsrecht des Arbeitgebers im konkreten Fall rechtmäßig sei, da die Anordnung der rote Arbeitshosen sowohl der Arbeitssicherheit als auch der Wahrung der Corporate Identity diene. Außerdem wurden keine gewichtigen Gegenrechte seitens des Klägers vorgebracht, welche die Vorgabe unangemessen erscheinen lassen.
  • Folgen: Der Kläger muss die Kosten des Verfahrens tragen, und die Ordentliche Kündigung bleibt bestehen. Eine Revision wurde nicht zugelassen, was das Urteil endgültig macht.

Gerichtsurteil klärt Grenzen des Direktionsrechts bei Arbeitskleidung

Das Direktionsrecht ist ein zentrales Element des Arbeitsrechts, das Arbeitgebern weitreichende Befugnisse in der Gestaltung betrieblicher Abläufe einräumt. Insbesondere § 106 der Gewerbeordnung (GewO) ermöglicht Unternehmen, verbindliche Weisungen für Mitarbeiter zu erlassen, die sich auf verschiedene Aspekte des Arbeitsverhältnisses beziehen – darunter auch Regelungen zur Arbeitskleidung.

Die Vorschriften zur Mitarbeiterkleidung sind nicht nur eine Frage der Unternehmensidentität, sondern dienen oft auch Arbeitssicherheits– und Hygienebestimmungen. Ob Firmenkleidung, persönliche Schutzausrüstung oder branchenspezifische Arbeitsordnungen – die rechtlichen Grundlagen bieten Arbeitgebern einen klaren Rahmen, um vertragliche Vorgaben zur Dienstkleidung zu definieren und durchzusetzen.

Mit der Vorstellung eines aktuellen Gerichtsurteils werden nun die konkreten rechtlichen Grenzen und Möglichkeiten des Direktionsrechts bei Arbeitskleidung näher beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Anordnung zum Tragen roter Arbeitshosen erhält Rückendeckung vom Gericht

Unternehmen darf rote Arbeitskleidung vorschreiben – Arbeitnehmer verliert nach Weigerung Kündigungsschutzprozess vor LAG Düsseldorf

Arbeiter auf dem Fabrikboden trägt blaue Jeans statt roter Arbeitskleidung, wirkt isoliert unter Kollegen.
Kleiderordnung und Arbeitnehmerkündigung | Symbolfoto: Flux gen.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat die Kündigung eines langjährigen Produktionsmitarbeiters bestätigt, der sich beharrlich weigerte, die vom Arbeitgeber vorgeschriebene rote Arbeitshose zu tragen. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Grenzen des Persönlichkeitsrechts von Arbeitnehmern bei betrieblichen Kleiderordnungen.

Betriebliche Kleiderordnung mit roter Grundfarbe

Der seit 2014 im Produktionsbereich tätige Mitarbeiter hatte die rote Arbeitshose zunächst jahrelang ohne Beanstandung getragen. Als das Unternehmen im Oktober 2023 eine neue Hausordnung mit verbindlichen Kleidervorschriften einführte, erschien er plötzlich nur noch in schwarzer oder grauer Arbeitshose. Nach zwei Abmahnungen wegen der Missachtung der Kleiderordnung kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 29. Februar 2024.

Gericht sieht berechtigte Interessen des Arbeitgebers

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf bestätigte die Rechtmäßigkeit sowohl der Kleidervorschrift als auch der darauf gestützten Kündigung. Die Richter sahen in der Anordnung zum Tragen einer roten Arbeitshose einen nur geringfügigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters. Dieser Eingriff sei durch die legitimen betrieblichen Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt.

Das Unternehmen konnte sich dabei auf mehrere sachliche Gründe berufen: Zum einen diente die rote Farbe als gut erkennbare Signalfarbe der Sichtbarkeit und damit dem Schutz der Mitarbeiter in Bereichen mit Gabelstaplerverkehr. Zum anderen förderte das einheitliche Erscheinungsbild in der Firmenfarbe die Corporate Identity und ermöglichte eine schnelle Unterscheidung von eigenen Mitarbeitern und Fremdpersonal.

Mitarbeiter trägt Risiko der Arbeitsverweigerung

Der Kläger konnte keine nachvollziehbaren Gründe für seine Weigerung vorbringen – weder medizinische noch sonstige gewichtige persönliche Umstände. Nach Auffassung des Gerichts hatte er es selbst in der Hand gehabt, die Rechtmäßigkeit der Kleiderordnung gerichtlich überprüfen zu lassen, ohne sein Arbeitsverhältnis zu gefährden. Stattdessen wählte er den Weg der offenen Konfrontation.

Das Gericht sah in der beharrlichen Weigerung, die rechtmäßigen Weisungen zu befolgen, einen so schwerwiegenden Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten, dass die Kündigung gerechtfertigt war. Dabei würdigte die Kammer positiv, dass der Arbeitgeber nicht sofort fristlos kündigte, sondern dem langjährigen Mitarbeiter mit der ordentlichen Kündigung noch die gesetzliche Kündigungsfrist gewährte.

Weitreichende Bedeutung für betriebliche Kleiderordnungen

Mit dieser Entscheidung stärkt das Landesarbeitsgericht die Position von Arbeitgebern bei der Durchsetzung von Kleiderordnungen. Diese müssen zwar verhältnismäßig sein und sachlich begründet werden können. Sind diese Voraussetzungen aber erfüllt, müssen Arbeitnehmer die Vorgaben beachten – auch wenn sie persönlich andere Vorlieben haben.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil bestätigt das Recht des Arbeitgebers, eine bestimmte Arbeitskleidung, hier eine rote Arbeitshose, verbindlich vorzuschreiben, wenn dies aus Gründen der Arbeitssicherheit und des einheitlichen Erscheinungsbildes erfolgt. Die beharrliche Weigerung eines Arbeitnehmers, diese Kleidungsvorschrift zu befolgen, kann nach vorheriger Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Besonders wichtig ist, dass selbst langjährige Betriebszugehörigkeit und frühere Befolgung der Kleiderordnung keine dauerhafte Befreiung von solchen Vorgaben begründen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Arbeitnehmer müssen Sie die vom Arbeitgeber vorgeschriebene Arbeitskleidung tragen, wenn diese aus nachvollziehbaren Gründen wie Arbeitssicherheit oder einheitlichem Erscheinungsbild angeordnet wurde. Persönliche Vorlieben oder ästhetische Einwände gegen bestimmte Farben oder Designs reichen nicht aus, um sich dieser Anweisung zu widersetzen. Ignorieren Sie entsprechende Vorgaben nicht – nach Abmahnungen kann dies zur Kündigung führen. Besprechen Sie eventuelle Bedenken gegen die Arbeitskleidung konstruktiv mit Ihrem Arbeitgeber und suchen Sie nach gemeinsamen Lösungen, statt die Anweisungen einfach zu missachten.

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Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Grenzen hat das Direktionsrecht des Arbeitgebers bei Kleidervorschriften?

Das Direktionsrecht des Arbeitgebers bei Kleidervorschriften unterliegt klaren rechtlichen Grenzen. Wenn Sie als Arbeitnehmer mit Kleidervorschriften konfrontiert werden, müssen diese bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

Grundsätzliche Reichweite

Das Weisungsrecht nach § 106 GewO erlaubt dem Arbeitgeber, Vorgaben zur Arbeitskleidung zu machen. Allerdings muss er dabei sachlich begründete Interessen nachweisen können. Diese können sich aus Sicherheitsaspekten, hygienischen Gründen oder der Corporate Identity ergeben.

Zulässige Kleidervorschriften

Kleidervorschriften sind in folgenden Fällen typischerweise zulässig:

  • Bei Kundenkontakt zur Wahrung eines einheitlichen Erscheinungsbildes
  • Zum Schutz der Arbeitssicherheit (z.B. Signalfarben in Produktionsbereichen)
  • Aus hygienischen Gründen (z.B. in Krankenhäusern)
  • Zur Unterscheidbarkeit von anderen Firmen auf dem Betriebsgelände

Grenzen des Weisungsrechts

Das Direktionsrecht findet seine Grenzen dort, wo die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer unverhältnismäßig eingeschränkt werden. Unzulässig sind Kleidervorschriften insbesondere in folgenden Fällen:

Bei Bürotätigkeiten ohne Kundenkontakt dürfen keine strengen Kleidervorschriften erlassen werden. Die Vorgabe der Unterwäschefarbe ist nur zulässig, wenn diese durch die Oberbekleidung deutlich sichtbar ist. Ein Kopftuchverbot ist unzulässig, wenn es die Religionsfreiheit einschränkt.

Verhältnismäßigkeitsprüfung

Bei jeder Kleidervorschrift muss eine Interessenabwägung stattfinden. Die betrieblichen Interessen müssen dabei gegen die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer abgewogen werden. Kleidervorschriften müssen:

  • Einem legitimen betrieblichen Zweck dienen
  • Für die Erreichung dieses Zwecks geeignet sein
  • Das mildeste Mittel zur Zweckerreichung darstellen
  • Für den Arbeitnehmer zumutbar sein

Wenn Sie als Arbeitnehmer von einer Kleidervorschrift betroffen sind, können Sie deren Rechtmäßigkeit anhand dieser Kriterien überprüfen. Beachten Sie dabei, dass die Sozialsphäre am Arbeitsplatz weniger stark geschützt ist als die Intimsphäre.


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Wie sollten Arbeitnehmer auf eine neue Kleiderordnung reagieren?

Wenn Ihr Arbeitgeber eine neue Kleiderordnung einführt, sollten Sie zunächst die rechtliche Grundlage prüfen. Das Direktionsrecht nach § 106 GewO erlaubt dem Arbeitgeber grundsätzlich, Kleidervorschriften zu erlassen.

Prüfung der Anordnung

Die neue Kleiderordnung muss nach billigem Ermessen erfolgen und darf nicht willkürlich sein. Sie muss einen betrieblich notwendigen Zweck erfüllen, wie etwa:

  • Sicherheit am Arbeitsplatz
  • Hygienische Gründe
  • Wahrung der Corporate Identity
  • Schutz der Arbeitnehmer

Rechtmäßiger Widerspruch

Wenn Sie die Kleiderordnung für unangemessen halten, können Sie dies ansprechen. Ein Widerspruch ist besonders dann gerechtfertigt, wenn die Vorgaben:

  • Ihr Persönlichkeitsrecht unverhältnismäßig einschränken
  • Nicht geschlechtsneutral sind
  • Religiöse Überzeugungen missachten
  • Gesundheitliche Beeinträchtigungen verursachen können

Konsequenzen beachten

Bei Nichteinhaltung der Kleiderordnung drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen. Der Arbeitgeber kann:

  1. Ein klärendes Gespräch führen
  2. Eine Abmahnung aussprechen
  3. Im Wiederholungsfall sogar eine Kündigung aussprechen

Wenn Sie die Kleiderordnung nicht akzeptieren möchten, sollten Sie sachlich und konstruktiv mit Ihrem Arbeitgeber sprechen. Bringen Sie dabei konkrete Gründe vor, warum die Vorgaben für Sie problematisch sind. In vielen Fällen lässt sich eine einvernehmliche Lösung finden, die beide Seiten zufriedenstellt.

Bedenken Sie: Eine Verweigerung ohne triftigen Grund kann schwerwiegende Folgen haben, wie der Fall eines Mitarbeiters zeigt, der wegen der Weigerung, eine rote Arbeitshose zu tragen, rechtmäßig gekündigt wurde.


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Wann ist eine Kündigung wegen Verstoß gegen die Kleiderordnung rechtens?

Eine Kündigung wegen Verstoß gegen die Kleiderordnung ist rechtens, wenn der Arbeitgeber sein Weisungsrecht nach § 106 GewO rechtmäßig ausübt und der Arbeitnehmer trotz Abmahnungen beharrlich gegen diese Anweisungen verstößt.

Voraussetzungen für eine rechtmäßige Kleiderordnung

Der Arbeitgeber kann eine Kleiderordnung festlegen, wenn dafür sachliche Gründe vorliegen, wie etwa:

  • Arbeitsschutz und Sicherheitsaspekte
  • Wahrung der Corporate Identity
  • Hygienische Gründe
  • Eindeutige Erkennbarkeit der Mitarbeiter

Verhältnismäßigkeit der Kündigung

Eine verhaltensbedingte Kündigung wegen Verstoßes gegen die Kleiderordnung setzt voraus:

Erste Stufe: Abmahnungen Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer zunächst durch mindestens eine, besser zwei Abmahnungen auf sein Fehlverhalten hinweisen. Die Abmahnungen müssen dem Arbeitnehmer deutlich machen, dass bei fortgesetztem Fehlverhalten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist.

Zweite Stufe: Interessenabwägung Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit werden folgende Aspekte berücksichtigt:

  • Schwere des Verstoßes gegen die Kleiderordnung
  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Bisheriges Verhalten des Arbeitnehmers
  • Bedeutung der Kleiderordnung für den Betrieb

Grenzen des Weisungsrechts

Das Weisungsrecht des Arbeitgebers wird durch das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers begrenzt. Wenn die Kleiderordnung nur die Sozialsphäre des Arbeitnehmers betrifft, reichen sachliche Gründe des Arbeitgebers für eine Einschränkung. Rein ästhetische Vorlieben des Arbeitnehmers, wie etwa die Ablehnung einer bestimmten Farbe, rechtfertigen keine Verweigerung der Arbeitskleidung.

Wenn Sie als Arbeitnehmer mit der vorgeschriebenen Arbeitskleidung nicht einverstanden sind, sollten Sie das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und Ihre Gründe sachlich darlegen. Eine bloße Verweigerung ohne triftige Gründe kann zur Kündigung führen.


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Welche Rechtsschutzmöglichkeiten haben Arbeitnehmer bei umstrittenen Kleidervorschriften?

Wenn Sie mit einer Kleidervorschrift Ihres Arbeitgebers nicht einverstanden sind, stehen Ihnen mehrere rechtliche Wege zur Verfügung.

Widerspruch gegen die Weisung

Der erste Schritt ist der formelle Widerspruch gegen die Kleidervorschrift. Dabei müssen Sie die Weisung zunächst befolgen, können aber gleichzeitig schriftlich Widerspruch einlegen. Der Widerspruch sollte die konkreten Gründe enthalten, warum die Kleidervorschrift Ihrer Meinung nach nicht rechtmäßig ist.

Überprüfung durch das Arbeitsgericht

Sie können die Rechtmäßigkeit der Kleidervorschrift durch das Arbeitsgericht überprüfen lassen. Das Gericht prüft dann, ob die Anweisung dem billigen Ermessen nach § 106 GewO entspricht. Dabei wird eine Interessenabwägung zwischen Ihrem Persönlichkeitsrecht und den betrieblichen Interessen des Arbeitgebers vorgenommen.

Betriebsrat einschalten

In Betrieben mit Betriebsrat können Sie sich an diesen wenden. Der Betriebsrat hat bei der Einführung von Kleiderordnungen ein Mitbestimmungsrecht, sofern es nicht um gesetzlich vorgeschriebene Schutzkleidung geht. Er kann Ihre Interessen gegenüber dem Arbeitgeber vertreten und auf eine einvernehmliche Lösung hinwirken.

Prüfung auf Diskriminierung

Wenn die Kleidervorschrift gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstößt, können Sie sich dagegen wehren. Dies ist der Fall, wenn die Vorgaben geschlechtsspezifisch diskriminierend sind oder Ihre religiösen Rechte unverhältnismäßig einschränken. In solchen Fällen können Sie innerhalb von zwei Monaten nach Kenntnis der Diskriminierung Ihre Ansprüche geltend machen.

Kündigungsschutzklage

Falls Ihnen wegen Nichteinhaltung der Kleidervorschrift gekündigt wurde, können Sie innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage erheben. Das Gericht prüft dann, ob die Kündigung wegen der Verweigerung der Kleidervorschrift verhältnismäßig war.


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Welche sachlichen Gründe rechtfertigen eine Kleiderordnung?

Das Direktionsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO ermöglicht die Einführung einer Kleiderordnung, wenn sachliche Gründe vorliegen. Diese müssen die Einschränkung des Persönlichkeitsrechts der Arbeitnehmer rechtfertigen.

Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz

Der wichtigste sachliche Grund ist der Arbeitsschutz. Wenn Sie in einem Produktionsbereich arbeiten, kann der Arbeitgeber spezielle Schutzkleidung vorschreiben. Beispiele hierfür sind:

  • Signalfarben für bessere Sichtbarkeit in Bereichen mit Gabelstaplerverkehr
  • Schutzkleidung in der Produktion
  • Hygienekleidung in medizinischen Einrichtungen

Corporate Identity und Außenwirkung

Ein weiterer anerkannter Grund ist die Wahrung der Corporate Identity. Wenn Sie im direkten Kundenkontakt stehen, darf der Arbeitgeber ein einheitliches Erscheinungsbild vorschreiben. Dies umfasst:

  • Einheitliche Dienstkleidung zur Wiedererkennung
  • Kleidung in Unternehmensfarben
  • Professionelle Geschäftskleidung im Kundenkontakt

Betriebliche Organisation

Die betriebliche Organisation kann ebenfalls eine Kleiderordnung rechtfertigen. Dabei geht es um:

  • Klare Erkennbarkeit der Mitarbeiterzugehörigkeit
  • Unterscheidung zwischen Mitarbeitern und Betriebsfremden
  • Vereinfachung betrieblicher Abläufe durch eindeutige Zuordnung

Verhältnismäßigkeit der Anordnung

Die Kleidervorschriften müssen stets verhältnismäßig sein. Das bedeutet, sie müssen:

  • Geeignet sein, den verfolgten Zweck zu erreichen
  • Erforderlich sein, es darf keine milderen Mittel geben
  • Angemessen sein im Verhältnis zur Einschränkung der persönlichen Freiheit

Wenn Sie von einer Kleiderordnung betroffen sind, muss der Arbeitgeber seine Anordnung auf einen dieser sachlichen Gründe stützen können. Die Einschränkung Ihrer persönlichen Freiheit bei der Kleiderwahl ist nur in der Sozialsphäre, also während der Arbeitszeit, zulässig.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Direktionsrecht

Das Direktionsrecht ist die gesetzlich verankerte Befugnis des Arbeitgebers, den Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher zu bestimmen. Es basiert auf § 106 Gewerbeordnung und erlaubt dem Arbeitgeber, verbindliche Anweisungen zu erteilen, die der Arbeitnehmer befolgen muss. Dies umfasst auch Vorgaben zur Arbeitskleidung, solange diese verhältnismäßig und sachlich begründet sind. Beispielsweise kann der Arbeitgeber aus Sicherheitsgründen das Tragen bestimmter Schutzkleidung anordnen.


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Ordentliche Kündigung

Eine ordentliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist. Sie ist im Kündigungsschutzgesetz geregelt und muss im Gegensatz zur fristlosen Kündigung nicht auf einem wichtigen Grund basieren. Der Arbeitnehmer erhält während der Kündigungsfrist weiterhin sein Gehalt. Beispiel: Eine Kündigung zum Monatsende unter Einhaltung der dreimonatigen Kündigungsfrist.


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Abmahnung

Die Abmahnung ist eine förmliche Beanstandung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer wegen eines konkreten Fehlverhaltens, verbunden mit der Aufforderung, dieses Verhalten künftig zu unterlassen. Sie ist gemäß § 314 BGB in der Regel Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer die Chance geben, sein Verhalten zu ändern. Beispiel: Wiederholtes unentschuldigtes Zuspätkommen wird abgemahnt.


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Allgemeines Persönlichkeitsrecht

Ein verfassungsrechtlich geschütztes Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, das die freie Entfaltung der Persönlichkeit schützt. Im Arbeitsrecht kann es mit dem Direktionsrecht des Arbeitgebers kollidieren, etwa bei Kleiderordnungen. In solchen Fällen muss eine Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers und dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers erfolgen. Beispiel: Die Vorgabe einer Arbeitsuniform greift in das Recht auf individuelle Kleidungswahl ein.


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Corporate Identity

Die Corporate Identity bezeichnet die strategisch geplante und einheitliche Selbstdarstellung eines Unternehmens nach innen und außen. Sie ist rechtlich relevant als legitimes betriebliches Interesse des Arbeitgebers, das Einschränkungen der persönlichen Freiheiten der Arbeitnehmer rechtfertigen kann. Dazu gehören beispielsweise einheitliche Dienstkleidung oder Verhaltensrichtlinien. Ein typisches Beispiel sind die einheitlichen Uniformen des Kabinenpersonals einer Fluggesellschaft.


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Billiges Ermessen

Ein Rechtsbegriff aus § 106 GewO, der besagt, dass Weisungen des Arbeitgebers die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigen müssen. Der Arbeitgeber muss bei Ausübung des Direktionsrechts die wesentlichen Umstände des Falls abwägen und eine faire, nachvollziehbare Entscheidung treffen. Beispiel: Bei der Anordnung von Überstunden müssen persönliche Verpflichtungen des Arbeitnehmers wie Kinderbetreuung berücksichtigt werden.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 106 Gewerbeordnung (GewO): Weisungsrecht des Arbeitgebers: Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Arbeitnehmer hinsichtlich der Ausführung der Arbeit nach billigem Ermessen zu unterrichten. Dies umfasst auch die Anordnung betrieblicher Vorschriften, wie das Tragen bestimmter Arbeitskleidung. Im vorliegenden Fall hat der Arbeitgeber dem Kläger ausdrücklich die rote Arbeitshose vorgeschrieben, was durch das Weisungsrecht gemäß § 106 GewO gedeckt ist.
  • § 241 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Pflichten aus dem Arbeitsvertrag: Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß und nach den betrieblichen Regeln auszuführen. Dazu gehört auch das Einhalten von Arbeitskleidungsanweisungen, die im Arbeitsvertrag oder in der Betriebsordnung festgelegt sind. Der Kläger hat durch das wiederholte Tragen einer schwarzen Hose diese vertraglichen Pflichten verletzt.
  • Abmahnung gemäß § 626 Abs. 1 BGB: Eine Abmahnung dient als Warnung und Aufforderung zur Verhaltensänderung bei Pflichtverletzungen. Sie ist eine notwendige Voraussetzung für eine spätere ordentliche Kündigung. In diesem Fall wurde der Kläger mehrfach abgemahnt, nachdem er die Anweisungen zur Arbeitskleidung ignoriert hatte, was den Weg für die Kündigung ebnete.
  • § 623 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Schriftform der Kündigung: Eine ordentliche Kündigung muss schriftlich erfolgen, um wirksam zu sein. Das Kündigungsschreiben muss die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und das Kündigungsdatum klar benennen. Die Beklagte hat diese formellen Anforderungen erfüllt, indem sie dem Kläger die Kündigung schriftlich zum 29.02.2024 aussprach.
  • Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG): Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz: Arbeitgeber sind verpflichtet, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer zu sorgen, was auch die Bereitstellung und das Tragen geeigneter Arbeitskleidung einschließt. Die Anweisung zur roten Arbeitshose dient der Arbeitssicherheit und Funktionalität, wodurch der Arbeitgeber seinen Pflichten gemäß dem Arbeitsschutzgesetz nachkommt.

Das vorliegende Urteil


Landesarbeitsgericht Düsseldorf – Az.: 3 SLa 224/24 – Urteil vom 21.05.2024


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