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Einigungsgebühr – Vergleichsmehrwert

Wenn der Staat die Anwaltsrechnung übernimmt, stellt sich oft die Frage nach dem genauen Preis. Ein aktuelles Urteil wirft nun ein Schlaglicht auf die Einigungsgebühr in Fällen der Prozesskostenhilfe. Hier stritt ein Anwalt mit der Staatskasse über die Höhe seiner Vergütung für einen umfassenden gerichtlichen Vergleich, der weit über den ursprünglichen Gerichtsstreit hinausging. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Kempten enthüllt, wer in diesem Tauziehen um Steuergelder die Oberhand behält.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 1 Ca 221/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: ArbG Kempten
  • Datum: 26.10.2021
  • Aktenzeichen: 1 Ca 221/21
  • Verfahrensart: Erinnerungsverfahren gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss
  • Rechtsbereiche: Prozesskostenhilferecht, Rechtsanwaltsvergütungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Der beigeordnete Rechtsanwalt, der eine höhere Vergütung aus der Staatskasse beantragte und dagegen Erinnerung einlegte.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Der Sachverhalt drehte sich um die Festsetzung der Vergütung für einen im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt. Dieser beantragte die Festsetzung einer 1,5 Einigungsgebühr aus dem Gegenstandswert der mit verglichenen, nicht rechtshängigen Ansprüche, die in einen gerichtlichen Vergleich einbezogen wurden.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage betraf die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Einigungsgebühr für außergerichtliche Ansprüche, die in einem gerichtlichen Vergleich mitgeregelt wurden. Es ging darum, ob die Neufassung des § 48 Abs. 1 RVG die bisherige ständige Rechtsprechung aufhebt, nach der für mitverglichene Ansprüche in PKH-Fällen nur eine 1,0 Einigungsgebühr aus der Staatskasse festzusetzen ist.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Erinnerung des beigeordneten Rechtsanwalts gegen den PKH-Festsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Kempten wurde zurückgewiesen.
  • Begründung: Das Gericht bestätigte die Festsetzung der Vergütung durch den Urkundsbeamten und folgte der bisherigen ständigen Rechtsprechung der Kostenkammer des Landesarbeitsgerichts München. Es hielt daran fest, dass bei bewilligter Prozesskostenhilfe für mit zu vergleichende Ansprüche aus der Staatskasse lediglich eine 1,0 Einigungsgebühr erstattet werden kann.
  • Folgen: Die Entscheidung bedeutet, dass die vom Rechtsanwalt angeführte Gesetzesänderung keinen Einfluss auf die Begrenzung der aus der Staatskasse zu erstattenden Einigungsgebühr in Fällen mit bewilligter Prozesskostenhilfe hat.

Der Fall vor Gericht


Wenn der Staat den Anwalt zahlt: Streit um die Höhe der Gebühren bei einem Vergleich

Jeder kann in eine Situation geraten, in der ein Rechtsstreit unausweichlich scheint. Doch was, wenn das Geld für einen Anwalt oder die Gerichtskosten fehlt? Hier kommt die Prozesskostenhilfe, oft PKH abgekürzt, ins Spiel. Das ist eine staatliche Unterstützung, die es Menschen mit geringem Einkommen ermöglicht, die Kosten für ein Gerichtsverfahren und den eigenen Anwalt zu decken. Ziel ist es, jedem den Zugang zum Recht zu sichern. Oft enden solche Verfahren nicht mit einem Urteil, sondern mit einem gerichtlichen Vergleich. Das ist eine Art Friedensschluss vor Gericht, bei dem sich beide Seiten einigen und der Streit damit beendet ist. Für eine solche Einigung erhält der Anwalt eine zusätzliche Gebühr, die sogenannte Einigungsgebühr. Ein Fall vor dem Arbeitsgericht Kempten zeigt nun, dass es selbst bei dieser staatlich finanzierten Hilfe zu Unstimmigkeiten kommen kann, insbesondere bei der Frage: Wie hoch darf diese Gebühr sein?

Ein Anwalt, ein Vergleich und eine umstrittene Gebührenrechnung

Justizbeamter übergibt Anwalt offiziellen Bescheid im Amtszimmer, bei angespanntem Austausch
Amtsschreibtisch & Gebührenstreit: Gerichtliche Kürzungen bei Anwaltshonorar sorgen für Unstimmigkeiten. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

In dem konkreten Fall vertrat ein Rechtsanwalt einen Mandanten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden war. Der Fall landete vor Gericht, doch es kam zu keinem Urteil. Stattdessen schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich. Das Besondere daran war, dass dieser Vergleich nicht nur die ursprüngliche Klage beendete, sondern auch weitere Streitpunkte zwischen den Parteien klärte, die zuvor gar nicht Teil des Gerichtsverfahrens waren. Man spricht hier von mitverglichenen, nicht rechtshängigen Ansprüchen. Rechtshängig bedeutet, dass ein Anspruch offiziell bei einem Gericht eingereicht und dem Gegner zugestellt wurde. Die zusätzlichen Punkte waren also bis dahin eine reine außergerichtliche Auseinandersetzung.

Nach dem erfolgreichen Vergleich reichte der Anwalt seine Rechnung bei der Staatskasse ein, um seine Vergütung zu erhalten. Für die Einigung über die zusätzlichen, nicht rechtshängigen Ansprüche forderte er eine 1,5-fache Einigungsgebühr. Diese Gebührenhöhe ist im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), dem Gesetz, das die Bezahlung von Anwälten regelt, für außergerichtliche Einigungen grundsätzlich vorgesehen.

Der erste Bescheid: Warum das Gericht zunächst weniger zahlte

Die Rechnung des Anwalts landete auf dem Tisch des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. Dies ist ein Justizbeamter am Gericht, der für viele administrative Aufgaben zuständig ist, unter anderem für die Berechnung und Festsetzung von Anwaltsgebühren, die im Rahmen der Prozesskostenhilfe aus der Staatskasse bezahlt werden.

Der Urkundsbeamte prüfte den Antrag und kam zu einem anderen Ergebnis als der Anwalt. Er setzte für die gesamte Einigung – also sowohl für den ursprünglichen Streit vor Gericht als auch für die zusätzlich beigelegten Punkte – nur eine 1,0-fache Einigungsgebühr fest. Aber warum diese Kürzung? Der Beamte berief sich dabei auf die ständige Rechtsprechung, also eine langjährige und gefestigte Rechtsauffassung, der zuständigen höheren Instanz, des Landesarbeitsgerichts München. Diese besagte in einem früheren Beschluss klar: Wenn für mitverglichene Ansprüche ebenfalls Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, erstattet die Staatskasse nur eine 1,0-fache Einigungsgebühr, nicht mehr. Der Gedanke dahinter ist, dass die Staatskasse zwar den Zugang zum Recht ermöglichen, aber die Kosten in einem überschaubaren Rahmen halten soll. Dieser Beschluss wurde dem Anwalt zugestellt.

Der Widerspruch des Anwalts: Ein neues Gesetz soll alles ändern

Der Rechtsanwalt war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden. Er legte dagegen ein Rechtsmittel ein, das in diesem Fall als Erinnerung bezeichnet wird. Eine Erinnerung ist eine formelle Beschwerde gegen die Entscheidung eines Urkundsbeamten, über die dann ein Richter entscheiden muss.

Seine Begründung war auf den ersten Blick überzeugend: Er argumentierte, die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts München, auf die sich der Urkundsbeamte stützte, sei veraltet. Sie beziehe sich auf eine alte Fassung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes. Zum 1. Januar 2021 sei jedoch eine Neufassung des entscheidenden Paragrafen, des § 48 RVG, in Kraft getreten. Nach Ansicht des Anwalts änderte diese Gesetzesnovelle die Lage grundlegend. Er war der Meinung, dass durch das neue Gesetz nun auch bei Fällen mit Prozesskostenhilfe die höhere 1,5-fache Einigungsgebühr für mitverglichene Ansprüche von der Staatskasse bezahlt werden müsse.

Der Urkundsbeamte prüfte die Argumente des Anwalts, blieb aber bei seiner ursprünglichen Meinung. Er erließ einen sogenannten Nichtabhilfebeschluss. Das bedeutet, er half der Beschwerde nicht ab, sondern legte die gesamte Angelegenheit einem Richter des Arbeitsgerichts zur endgültigen Entscheidung vor.

Die Kernfrage für das Gericht: Sticht neues Gesetz alte Rechtsprechung?

Der Fall lag nun also beim Richter. Dieser musste eine sehr spezifische, aber für Anwälte und die Staatskasse wichtige Frage klären: Hat die Gesetzesänderung im § 48 RVG zum Jahresbeginn 2021 die bisherige, jahrelang praktizierte Regelung zur Begrenzung der Einigungsgebühr in PKH-Fällen tatsächlich außer Kraft gesetzt? Oder anders gefragt: Muss die Staatskasse seit 2021 Anwälten mehr Geld für Vergleiche zahlen, die außergerichtliche Streitigkeiten miterledigen?

Es ging also um die Auslegung eines Gesetzes. Wie ist der neue Text zu verstehen? Wollte der Gesetzgeber mit der Änderung tatsächlich eine höhere Vergütung in diesen speziellen Fällen ermöglichen, oder handelte es sich um eine allgemeine Anpassung, die an der Sonderregelung für die Prozesskostenhilfe nichts ändern sollte?

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts: Die Beschwerde wird zurückgewiesen

Das Arbeitsgericht Kempten wies die Erinnerung des Rechtsanwalts zurück. Das bedeutet, der Anwalt scheiterte mit seiner Forderung nach einer höheren Gebühr. Die Entscheidung des Urkundsbeamten, nur eine 1,0-fache Einigungsgebühr festzusetzen, wurde vom Gericht als korrekt bestätigt.

Die Begründung: Warum das Gericht bei der alten Regelung blieb

Die Begründung des Gerichts war kurz und eindeutig. Es schloss sich vollumfänglich der Auffassung des Urkundsbeamten und der bisherigen Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts München an. Das Gericht erklärte, dass es die im ursprünglichen Festsetzungsbeschluss und im Nichtabhilfebeschluss dargelegten Gründe für zutreffend hält und sich diese zu eigen macht.

Was bedeutet das konkret? Das Gericht war nicht der Ansicht, dass die Neufassung des § 48 RVG die etablierte Praxis ändert. Es vertrat weiterhin die Auffassung, dass die Staatskasse im Rahmen der Prozesskostenhilfe für mitverglichene Ansprüche nur eine 1,0-fache Einigungsgebühr erstatten muss. Die Gesetzesänderung, so die implizite Aussage des Gerichts, hatte nicht zum Ziel, die Kosten für die Staatskasse in diesen Konstellationen zu erhöhen. Die langjährige Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts München, die eine sparsame Verwendung von Steuergeldern bei der Prozesskostenhilfe sicherstellen soll, hat demnach auch nach der Gesetzesnovelle weiterhin Bestand. Der Verweis auf den alten Beschluss des Landesarbeitsgerichts München aus dem Jahr 2009 wurde damit als weiterhin gültige Auslegungshilfe bestätigt.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass die Prozesskostenhilfe zwar den Zugang zum Recht für Menschen mit wenig Geld sichert, aber die staatliche Finanzierung bewusst begrenzt bleibt. Selbst wenn ein Anwalt bei einem Vergleich zusätzliche Streitpunkte klärt, die nicht offiziell vor Gericht verhandelt wurden, zahlt die Staatskasse nur die niedrigere Gebühr von 100 Prozent statt der üblichen 150 Prozent für außergerichtliche Einigungen. Die Gesetzesänderung von 2021 hat daran nichts geändert – das Gericht folgte weiterhin der langjährigen Rechtsprechung, die Steuergelder bei der Prozesskostenhilfe sparsam verwendet. Für Betroffene bedeutet dies, dass sie auch künftig mit der bewährten, aber begrenzten staatlichen Unterstützung rechnen können, ohne dass höhere Anwaltsgebühren die Prozesskostenhilfe verteuern.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist Prozesskostenhilfe (PKH) und wie kann sie mir helfen, wenn ich mir keinen Anwalt leisten kann?

Prozesskostenhilfe (PKH) ist eine staatliche Unterstützung in Deutschland, die sicherstellen soll, dass jeder Bürger ungeachtet seiner finanziellen Lage Zugang zu Gericht und damit zu seinem Recht bekommt. Sie hilft Ihnen, ein Gerichtsverfahren zu führen, auch wenn Sie die dafür anfallenden Kosten nicht selbst aufbringen können.

Wie hilft Ihnen Prozesskostenhilfe konkret?

Die Prozesskostenhilfe übernimmt unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten für ein Gerichtsverfahren. Das bedeutet, dass sie die Gerichtskosten und die Kosten Ihres eigenen Anwalts ganz oder teilweise trägt. Stellen Sie sich vor, Sie müssen Ihre Rechte vor Gericht durchsetzen oder sich gegen eine Klage verteidigen, haben aber nicht genug Geld für die anfallenden Gebühren. Genau hier greift die Prozesskostenhilfe: Sie ermöglicht es Ihnen, einen Anwalt zu beauftragen und Ihr Anliegen vor Gericht zu bringen.

Welche Voraussetzungen müssen für Prozesskostenhilfe erfüllt sein?

Die Vergabe von Prozesskostenhilfe ist an zwei zentrale Bedingungen geknüpft:

  1. Finanzielle Bedürftigkeit: Sie müssen nachweisen, dass Sie die Kosten für das Gerichtsverfahren nicht selbst tragen können. Das Gericht prüft hier Ihr Einkommen, Ihre Ausgaben (wie Miete, Lebenshaltungskosten, Unterhaltspflichten) und Ihr Vermögen. Wenn Ihr Einkommen nach Abzug notwendiger Ausgaben und Freibeträge nicht ausreicht, um die Gerichtskosten und Anwaltsgebühren zu bezahlen, sind Sie finanziell bedürftig.
  2. Aussicht auf Erfolg und keine Mutwilligkeit: Ihr beabsichtigtes Gerichtsverfahren – sei es eine Klage oder eine Verteidigung – muss eine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben. Das bedeutet, dass Ihr Anliegen nicht offensichtlich aussichtslos sein darf. Gleichzeitig darf die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig sein. Eine Klage gilt als mutwillig, wenn eine verständige Person, die über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, in der gleichen Situation das Verfahren nicht führen würde, weil es zum Beispiel nur der Schikane dient oder völlig unnötig ist.

Welche Kosten werden durch Prozesskostenhilfe gedeckt?

Die Prozesskostenhilfe deckt in der Regel die Gerichtskosten und die Kosten Ihres eigenen Anwalts ab. Diese Kosten müssen Sie dann nicht oder nur in Raten zahlen. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass die Prozesskostenhilfe nicht die Kosten der Gegenseite übernimmt, wenn Sie das Verfahren verlieren. Wenn Sie also vor Gericht unterliegen, müssen Sie die Anwaltskosten des Gegners in der Regel selbst tragen, auch wenn Ihnen Prozesskostenhilfe bewilligt wurde.

Muss Prozesskostenhilfe zurückgezahlt werden?

Prozesskostenhilfe kann bewilligt werden mit oder ohne Ratenzahlung. Ob Sie etwas zurückzahlen müssen, hängt von Ihrer finanziellen Situation ab. Das Gericht kann anordnen, dass Sie die Kosten in monatlichen Raten zurückzahlen müssen, wenn Ihr Einkommen eine bestimmte Grenze überschreitet. Es prüft auch bis zu vier Jahre nach dem Ende des Verfahrens, ob sich Ihre finanziellen Verhältnisse wesentlich verbessert haben. Sollte dies der Fall sein, kann das Gericht eine Rückzahlung oder eine Erhöhung der Raten anordnen. Wenn sich Ihre finanzielle Situation nicht bessert, müssen Sie unter Umständen gar nichts zurückzahlen.


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Was ist ein gerichtlicher Vergleich und welche Vorteile bietet er in einem Rechtsstreit?

Ein gerichtlicher Vergleich ist eine freiwillige Einigung zwischen den Parteien eines Rechtsstreits, die vor Gericht geschlossen und vom Gericht protokolliert wird. Stellen Sie sich vor, zwei Parteien streiten vor Gericht über eine Sache. Anstatt auf ein Urteil zu warten, das vom Gericht gesprochen wird, einigen sich die Parteien darauf, ihren Streit durch einen Kompromiss beizulegen. Diese Einigung wird dann vom Gericht schriftlich festgehalten.

Das Besondere an einem gerichtlichen Vergleich ist seine rechtliche Wirkung: Er ist ein sogenannter Vollstreckungstitel. Das bedeutet, dass die im Vergleich festgehaltenen Vereinbarungen wie ein Gerichtsurteil durchgesetzt werden können, falls eine Partei ihren Pflichten nicht nachkommt. Ein gerichtlicher Vergleich beendet den Rechtsstreit in der Regel endgültig, ohne dass es zu einem Urteil oder weiteren gerichtlichen Schritten kommen muss.

Welche Vorteile bietet ein gerichtlicher Vergleich?

Ein gerichtlicher Vergleich bietet in einem Rechtsstreit mehrere bedeutende Vorteile für die beteiligten Parteien:

  • Zeit- und Kostenersparnis: Ein Gerichtsverfahren kann sich über Monate oder sogar Jahre hinziehen, insbesondere wenn es zu mehreren Instanzen kommt (zum Beispiel erst Amtsgericht, dann Landgericht und so weiter). Jeder dieser Schritte verursacht zusätzliche Kosten für Gericht und Anwälte. Durch einen Vergleich wird der Rechtsstreit schneller beendet. Das spart nicht nur Zeit, sondern oft auch erhebliche Kosten, da teure Beweisaufnahmen oder weitere Verhandlungen entfallen.
  • Kalkulierbarkeit und Risikominimierung: Wenn ein Richter ein Urteil spricht, ist das Ergebnis oft schwer vorhersehbar. Es gibt immer das Risiko, den Prozess vollständig zu verlieren und am Ende die gesamten Kosten des Gegners tragen zu müssen. Ein Vergleich ermöglicht es den Parteien, das Ergebnis selbst zu gestalten und das Prozessrisiko zu minimieren. Beide Seiten wissen genau, worauf sie sich einlassen und was sie am Ende erhalten oder leisten müssen.
  • Flexibilität und maßgeschneiderte Lösungen: Ein Gericht ist an die geltenden Gesetze gebunden und kann oft nur eine von zwei Seiten Recht geben. Ein Vergleich bietet den Parteien die Möglichkeit, kreative und individuelle Lösungen zu finden, die über das hinausgehen, was ein Gericht anordnen könnte. Zum Beispiel könnten sie nicht nur eine Geldzahlung, sondern auch eine Dienstleistung oder die Lieferung einer Ware vereinbaren, die für beide Seiten sinnvoll ist.
  • Endgültigkeit und Rechtssicherheit: Ein gerichtlicher Vergleich ist in der Regel rechtskräftig und kann nicht mehr angefochten werden. Das schafft sofortige Rechtssicherheit und beendet den Streit final. Für Sie bedeutet das, dass der Fall abgeschlossen ist und keine weiteren Überraschungen zu erwarten sind, im Gegensatz zu einem Urteil, das in höhere Instanzen weitergezogen werden kann.
  • Schonung von Beziehungen: In vielen Fällen, zum Beispiel bei Nachbarschaftsstreitigkeiten oder innerhalb von Familien, kann ein langwieriger Prozess die Beziehung zwischen den Parteien nachhaltig schädigen. Ein Vergleich ermöglicht es, den Konflikt einvernehmlich zu beenden und die Beziehung weniger zu belasten, da keine Seite als eindeutiger Verlierer dasteht.

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Wie werden Anwaltsgebühren bei einem gerichtlichen Vergleich berechnet, wenn ich Prozesskostenhilfe erhalte?

Wenn Sie Prozesskostenhilfe (PKH) erhalten und Ihr Rechtsstreit vor Gericht durch einen Vergleich beendet wird, ergeben sich besondere Regelungen für die Anwaltsgebühren. Ein gerichtlicher Vergleich ist eine Vereinbarung zwischen den Parteien, die den Streit beilegt und vom Gericht bestätigt wird.

Die Einigungsgebühr: Eine besondere Vergütung für den Vergleich

Für die erfolgreiche Beilegung eines Rechtsstreits durch einen Vergleich fällt in der Regel eine spezielle Anwaltsgebühr an, die sogenannte Einigungsgebühr. Diese Gebühr entsteht für die Mitwirkung des Anwalts an der Einigung, die den Rechtsstreit beendet oder einen Teil davon erledigt. Sie ist eine zusätzliche Gebühr zu den normalen Gebühren, die für das Gerichtsverfahren selbst anfallen.

Die Höhe der Einigungsgebühr hängt wie die anderen Anwaltsgebühren vom sogenannten Streitwert ab. Der Streitwert ist der finanzielle Wert, um den es in dem Rechtsstreit geht. Die Einigungsgebühr ist eine Belohnung dafür, dass der Anwalt durch seine Vermittlung und seinen Einsatz dazu beigetragen hat, dass eine aufwendige und oft langwierige Gerichtsverhandlung mit einem Urteil vermieden werden konnte.

Übernahme der Einigungsgebühr durch die Prozesskostenhilfe

Wenn Ihnen Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, deckt diese prinzipiell die gesetzlichen Anwaltsgebühren ab, die für das Gerichtsverfahren entstehen. Dies schließt auch die genannte Einigungsgebühr ein, sofern der Vergleich im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens zustande kommt, für das die PKH bewilligt wurde.

Das bedeutet konkret:

  • Die Staatskasse übernimmt die Einigungsgebühr: Ihr Anwalt rechnet die Einigungsgebühr direkt mit der Staatskasse ab, sofern die Prozesskostenhilfe für das Verfahren bewilligt wurde.
  • Keine zusätzlichen Kosten für Sie (meistens): Für Sie fallen in der Regel keine zusätzlichen Anwaltskosten für die Einigungsgebühr an, wenn die Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungen gewährt wurde. Die Gebühren werden dann direkt von der Staatskasse an den Anwalt gezahlt.
  • Mögliche Rückzahlungen: Es ist wichtig zu wissen, dass die Prozesskostenhilfe eine Vorschussleistung des Staates ist. Verbessern sich Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb von vier Jahren nach Abschluss des Verfahrens erheblich, kann die Staatskasse die gezahlten Anwaltskosten, einschließlich der Einigungsgebühr, von Ihnen zurückfordern. Dies wird aber gesondert geprüft.

Für Sie als Laie ist es somit wichtig zu verstehen, dass die Prozesskostenhilfe eine umfassende Unterstützung bei den notwendigen Anwaltsgebühren bietet, auch wenn es zu einem Vergleich kommt und dafür eine zusätzliche Einigungsgebühr anfällt.


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Was bedeutet es, wenn ein Vergleich auch Ansprüche umfasst, die ursprünglich nicht vor Gericht waren (nicht rechtshängige Ansprüche)?

Ein gerichtlicher Vergleich ist eine Vereinbarung zwischen den Parteien, die einen Rechtsstreit beendet. Oft wird in einem Gerichtsverfahren nur über einen bestimmten Streitpunkt verhandelt, der mit der Klage eingereicht wurde – dies nennt man einen „rechtshängigen Anspruch“.

Doch es kommt häufig vor, dass Parteien nicht nur den aktuell vor Gericht verhandelten Streitpunkt regeln möchten, sondern auch andere Fragen oder „Ansprüche“, die zwischen ihnen bestehen, aber bisher noch nicht offiziell bei Gericht geltend gemacht wurden. Solche Ansprüche nennt man „nicht rechtshängige Ansprüche“.

Warum werden nicht rechtshängige Ansprüche in einen Vergleich einbezogen?

Der Hauptgrund für die Einbeziehung solcher Ansprüche ist das Streben nach umfassendem Rechtsfrieden. Stellen Sie sich vor, Sie haben nicht nur einen Konflikt, der Sie vor Gericht gebracht hat, sondern auch zwei oder drei kleinere, aber verwandte Streitigkeiten mit derselben Person oder Firma. Statt für jeden Streitpunkt einen neuen Prozess beginnen zu müssen, bietet ein Vergleich die Möglichkeit, alle offenen Fragen auf einmal zu klären.

Dies geschieht, um:

  • Alle Konflikte zu beenden: Ein Vergleich kann so gestaltet werden, dass er alle potenziellen zukünftigen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien endgültig beseitigt. Es ist wie ein großes „Aufräumen“, bei dem alle offenen Themen auf den Tisch kommen und gemeinsam gelöst werden.
  • Klarheit und Sicherheit zu schaffen: Beide Seiten wissen genau, woran sie sind, und können mit einem abgeschlossenen Kapitel leben, ohne befürchten zu müssen, dass in Zukunft neue Klagen wegen alter, ungelöster Probleme eingereicht werden.
  • Zeit und Kosten zu sparen: Obwohl die Einbeziehung weiterer Ansprüche den Vergleich komplexer machen kann, ist es oft effizienter und kostengünstiger, alles in einem Schritt zu regeln, anstatt mehrere separate Prozesse führen zu müssen.

Die rechtliche Bedeutung eines solchen Vergleichs

Wenn ein Vergleich auch nicht rechtshängige Ansprüche umfasst und gerichtlich protokolliert wird, hat er eine sehr starke Bindungswirkung. Diese Wirkung ist vergleichbar mit der eines endgültigen Gerichtsurteils. Das bedeutet:

  • Endgültige Klärung: Die im Vergleich geregelten Ansprüche können in der Regel nicht mehr neu eingeklagt werden. Sie gelten als abschließend geklärt.
  • Vollstreckbarkeit: Ein gerichtlich protokollierter Vergleich ist ein sogenannter „Vollstreckungstitel“. Das bedeutet, wenn eine Partei die vereinbarte Leistung nicht erbringt (z.B. eine Zahlung), kann die andere Partei die Zwangsvollstreckung einleiten, ohne erst ein Urteil erwirken zu müssen.

Auswirkungen auf Anwaltsgebühren

Anwaltsgebühren bemessen sich in der Regel nach dem sogenannten „Gegenstandswert“ oder „Streitwert“ der Angelegenheit. Das ist der finanzielle Wert dessen, worum es im Rechtsstreit geht.

  • Erhöhung des Gegenstandswerts: Wenn ein Vergleich nicht nur den ursprünglich eingeklagten Anspruch, sondern auch weitere, bisher nicht rechtshängige Ansprüche mit einem eigenen Wert regelt, erhöht sich dadurch der Gesamtwert der Angelegenheit, auf deren Basis die Anwaltsgebühren berechnet werden.
  • Höhere Gebühren: Ein höherer Gegenstandswert führt in der Regel zu höheren Anwaltsgebühren, da die anwaltliche Tätigkeit sich auf ein breiteres Spektrum an Themen erstreckt und potenziell komplexer ist. Die Gebühren für den Vergleich selbst sind im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelt und bemessen sich nach dem Wert aller im Vergleich geregelten Punkte.

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Kann es bei einem Vergleich mit Prozesskostenhilfe für mich zu zusätzlichen Kosten oder Rückzahlungen kommen?

Ja, sowohl zusätzliche Kosten als auch Rückzahlungen der Prozesskostenhilfe (PKH) können unter bestimmten Voraussetzungen entstehen, auch wenn Sie einen Vergleich schließen. Das Gesetz hat hierfür klare Regeln, die Ihnen Sicherheit und Transparenz bieten sollen.

Mögliche zusätzliche Kosten durch den Vergleich

Prozesskostenhilfe deckt in der Regel die eigenen Rechtsanwaltsgebühren und die Gerichtskosten ab. Wenn Sie einen Vergleich schließen, kann die Kostenverteilung jedoch anders geregelt werden, als es ohne PKH der Fall wäre oder als es bei einem Gerichtsurteil wäre.

  • Kosten der Gegenseite: Ein häufiger Punkt ist die Übernahme der Kosten der Gegenseite. Prozesskostenhilfe deckt nicht die Kosten des Gegners ab, wenn Sie diese aufgrund eines Vergleichs oder eines Urteils tragen müssen. Wenn ein Vergleich zum Beispiel vorsieht, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt (was bei Vergleichen oft der Fall ist) oder dass Sie einen Teil der Kosten des Gegners übernehmen, dann müssen Sie diesen Anteil selbst zahlen. Die PKH schützt Sie hier nicht vor der Verpflichtung, die Kosten der Gegenseite zu tragen.
  • Umfang des Vergleichs: Stellen Sie sich vor, der Vergleich beinhaltet eine Regelung, die über den ursprünglichen Streitwert hinausgeht. Zum Beispiel einigen Sie sich nicht nur über die Klageforderung, sondern auch über weitere, bisher nicht eingeklagte Ansprüche. Für diese zusätzlichen Vereinbarungen im Vergleich kann ein Anwalt unter Umständen zusätzliche Gebühren abrechnen, die nicht von der ursprünglichen PKH-Bewilligung umfasst sind. Dies ist aber selten, da die PKH normalerweise den gesamten Umfang des Rechtsstreits abdeckt.

Rückzahlung der Prozesskostenhilfe

Die Prozesskostenhilfe ist keine einmalige, endgültige Leistung. Sie wird unter dem Vorbehalt gewährt, dass sich Ihre finanziellen Verhältnisse in der Zukunft nicht wesentlich verbessern.

  • Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse: Das Gericht prüft bis zu vier Jahre lang, nachdem das Verfahren abgeschlossen wurde, ob sich Ihr Einkommen oder Ihr Vermögen wesentlich verbessert hat. Eine wesentliche Verbesserung liegt vor, wenn Sie nach Abzug Ihrer Freibeträge und Belastungen monatlich mehr als 10 Euro zur Rückzahlung leisten könnten.
  • Erhalt einer Zahlung aus dem Vergleich: Wenn Sie durch den geschlossenen Vergleich eine Zahlung von der Gegenseite erhalten, kann dies dazu führen, dass Ihr Vermögen oder Ihr Einkommen steigt. Diese Verbesserung Ihrer finanziellen Lage kann eine Rückzahlungspflicht auslösen.
  • Ratenzahlungen: Falls eine Rückzahlung nötig wird, müssen Sie den Betrag in monatlichen Raten zurückzahlen. Die Höhe dieser Raten wird so festgelegt, dass sie Ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht überfordern. Der maximale monatliche Betrag liegt dabei oft bei 40 bis 50 Euro, kann aber je nach Einkommen auch höher oder niedriger sein. Es ist also nicht so, dass Sie den gesamten Betrag auf einmal zurückzahlen müssen.
  • Volle Rückzahlung: Die PKH muss nur insoweit zurückgezahlt werden, als Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse dies innerhalb der vierjährigen Frist zulassen. Wenn sich Ihre Verhältnisse dauerhaft nicht verbessern, müssen Sie nichts zurückzahlen.

Für Sie bedeutet das: Ein Vergleich mit Prozesskostenhilfe bietet Ihnen in der Regel einen guten Schutz vor hohen finanziellen Belastungen. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass Kosten des Gegners, die Sie im Vergleich selbst übernehmen, oder eine deutliche Verbesserung Ihrer Finanzen nach dem Verfahren zu eigenen Zahlungen oder Rückzahlungen führen können.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar für Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht: Der Schriftzug 'Glossar' vor dem Foto einer belebten Baustelle

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Prozesskostenhilfe (PKH)

Prozesskostenhilfe ist eine staatliche Unterstützung, die Personen mit geringem Einkommen ermöglicht, vor Gericht zu klagen oder sich zu verteidigen, ohne die Kosten für Gericht und Anwalt vollständig selbst tragen zu müssen. Sie sichert den Zugang zum Recht, indem sie die anfallenden Kosten ganz oder teilweise übernimmt, wenn der Antragsteller finanziell bedürftig ist und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint (§§ 114 ff. ZPO). Die PKH deckt insbesondere Gerichtskosten und die Gebühren des eigenen Anwalts ab, wobei Rückzahlungen möglich sind, wenn sich die finanzielle Lage verbessert.

Beispiel: Wenn jemand gegen einen Arbeitgeber klagt, aber nicht genug Geld für einen Anwalt hat, kann PKH beantragt werden, um das Verfahren zu finanzieren.

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Gerichtlicher Vergleich

Ein gerichtlicher Vergleich ist eine verbindliche Einigung zwischen den Streitparteien, die vor Gericht geschlossen und protokolliert wird, um einen Rechtsstreit ohne Urteil zu beenden. Er hat die Wirkung eines Vollstreckungstitels, das heißt, die Vereinbarungen können zwangsweise durchgesetzt werden wie ein Gerichtsurteil (§ 794 ZPO). Ein Vergleich spart Zeit und Kosten, da weitere Gerichtsverfahren vermieden werden, und bietet den Parteien Rechtssicherheit und Flexibilität bei der Streitbeilegung.

Beispiel: Zwei Nachbarn streiten über eine Grundstücksgrenze und einigen sich vor Gericht auf eine Lösung, die dort schriftlich festgehalten wird – die Übereinkunft ist vollstreckbar wie ein Urteil.

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Einigungsgebühr

Die Einigungsgebühr ist eine zusätzliche Anwaltsvergütung, die anfällt, wenn ein Rechtsstreit durch Vergleich beendet wird. Sie soll die anwaltliche Leistung honorieren, die zur Einigung beiträgt (§ 48 RVG). Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem Streitwert und beträgt je nach Fall beispielsweise das 1,0- oder 1,5-fache der Grundgebühr. Bei Prozesskostenhilfe wird die Einigungsgebühr in der Regel von der Staatskasse bezahlt, allerdings gibt es Streit darüber, wie hoch sie beiVergleichen mit nicht rechtshängigen Ansprüchen sein darf.

Beispiel: Ein Anwalt, der für seinen Mandanten einen Vergleich schließt, erhält zusätzlich zur normalen Verfahrensgebühr eine Einigungsgebühr für diese besondere Leistung.

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Rechtshängigkeit

Rechtshängigkeit bezeichnet den Zustand, wenn eine Klage oder ein Anspruch bei Gericht eingereicht und dem Gegner offiziell zugestellt wurde. Ab diesem Zeitpunkt ist der Streit rechtlich anhängig, und es beginnt das Gerichtsverfahren (§ 253 ZPO). Nicht rechtshängige Ansprüche hingegen sind Forderungen oder Streitpunkte, die noch nicht formell vor Gericht geltend gemacht wurden. Dies ist wichtig, weil unterschiedliche Regeln für die Anwaltsgebühren bei mitverglichenen rechtshängigen und nicht rechtshängigen Ansprüchen gelten können.

Beispiel: Eine Person reicht eine Klage beim Arbeitsgericht ein – ab dann ist der Anspruch rechtshängig. Weitere Streitpunkte, die noch nicht eingereicht wurden, gelten als nicht rechtshängig.

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Nichtabhilfebeschluss

Ein Nichtabhilfebeschluss ist eine formelle Entscheidung eines Urkundsbeamten oder Behördenleiters, die eine eingereichte Beschwerde oder Erinnerung abweist und keine Änderung der vorherigen Entscheidung vornimmt. Er leitet in der Regel den Fall an eine höhere Instanz oder einen Richter weiter, der dann endgültig entscheidet. Im beschriebenen Fall bedeutet der Nichtabhilfebeschluss, dass die beanstandete Gebührenfestsetzung unverändert bleibt und nun ein Richter die Rechtsfrage klären muss.

Beispiel: Wenn ein Anwalt eine Rechnung beanstandet und der Gerichtsvollzieher dies ablehnt, bekommt er einen Nichtabhilfebeschluss, mit dem Fall wird ein Richter befasst.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 48 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG): Regelt die Höhe der Einigungsgebühr, die ein Rechtsanwalt bei einem Vergleich erhalten kann. Die Norm differenziert zwischen verschiedenen Arten von Einigungen, einschließlich der Regelungen bei Prozesskostenhilfe (PKH). | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die zentrale Frage ist, ob die Neufassung des § 48 RVG im Jahr 2021 eine höhere Einigungsgebühr bei mitverglichenen, nicht rechtshängigen Ansprüchen auch im PKH-Verfahren ermöglicht.
  • Prozesskostenhilfe (PKH) – §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO): Gewährt bedürftigen Personen Zugang zum Recht, indem die Gerichts- und Anwaltskosten vom Staat übernommen werden. Ziel ist es, eine finanzielle Hürde für rechtliche Auseinandersetzungen zu beseitigen, jedoch mit dem Grundsatz der Sparsamkeit der Staatsmittel. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Frage der Vergütungszahlung durch die Staatskasse richtet sich nach den besonderen Beschränkungen und Vorgaben der PKH, insbesondere hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit von Gebühren für Einigungen.
  • Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts (LAG) München: Hat in einem früheren Beschluss festgelegt, dass bei Prozesskostenhilfe für mitverglichene Ansprüche nur eine 1,0-fache Einigungsgebühr erstattungsfähig ist, um eine Kostenexplosion zu verhindern. Diese Rechtsprechung ist prägend für die Auslegung des § 48 RVG in PKH-Fällen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stützt seine Entscheidung darauf, dass diese ständige Rechtsprechung trotz Gesetzesnovelle weiterhin Gültigkeit hat und die höhergehende Gebühr nicht zu zahlen ist.
  • Erinnerung (§§ 58 GVG i.V.m. §§ 792 ff. ZPO): Ein Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, das einem Richter vorgelegt wird zur endgültigen Entscheidung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Rechtsanwalt nutzte die Erinnerung, um die Festsetzung der Einigungsgebühr durch den Urkundsbeamten anzufechten, was den Verfahrensweg zum Arbeitsgericht eröffnete.
  • Auslegung von Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit bestehender Rechtsprechung: Grundsatz, dass neue Gesetze im Kontext des bisherigen Rechtsverständnisses und der Parlamentarischen Materialien auszulegen sind, wobei nicht jede Änderung automatisch eine Abkehr von etablierter Praxis bedeutet. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Arbeitsgericht Kempten entschied, dass die 2021 erfolgte Neufassung des § 48 RVG keine intendierte Änderung der Gebührenregelung für PKH-Fälle darstellt, somit bleibt die bisherige Rechtsprechung maßgeblich.
  • Gebührenrecht der Rechtsanwälte bei gerichtlichen Vergleichen: Gesamthaft wird das Recht zur Gebührenbemessung durch das RVG bestimmt, unterstützt durch anwaltliche Gebührenverordnungen und gerichtliche Entscheidungen, welche die Höhe und Art der erstattungsfähigen Vergütungen bei unterschiedlichen Verfahrenskonstellationen definieren. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Fall zeigt die Spannungsfelder zwischen gesetzlichen Regelungen, praktischer Vergütungsfestsetzung und der Rolle der Verwaltungsorgane (Urkundsbeamter) im Rahmen der PKH.

Das vorliegende Urteil


ArbG Kempten – Az.: 1 Ca 221/21 – Beschluss vom 26.10.2021


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