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Einseitige Freistellung in Kündigungsfrist – anderweitiger Verdienst – böswilliges Unterlassen

Auch bei unterlassenen Bewerbungen: Gekündigter Arbeitnehmer siegt vor Gericht und erhält Lohnnachzahlung. Arbeitgeber wollte sich mit Stellenangeboten vor Lohnzahlung drücken – Gericht sieht „entwürdigendes Klinkenputzen“ als unzumutbar an. Grundsatzurteil: Arbeitnehmer müssen nicht in aussichtslosen Situationen Bewerbungen schreiben.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Der Streit dreht sich um den Anspruch des Klägers auf Annahmeverzugsvergütung nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses.
  • Der Kläger wurde von der Beklagten gekündigt und in der Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung mit Hinweis auf potenzielle neue Einkünfte belassen.
  • Die Beklagte argumentierte, der Kläger habe aktiv daran mitgewirkt, keinen neuen Job zu finden und habe die angebotenen Stellen nicht ausreichend ausgeschöpft.
  • Das Gericht entschied zugunsten des Klägers und stellte fest, dass ihm die Vergütung zusteht.
  • Die Entscheidung beruht darauf, dass der Kläger in seiner Freistellungszeit nicht verpflichtet wurde, alle Jobangebote anzunehmen, und die Beklagte ihre Mitwirkungspflichten nicht erfüllt hat.
  • Die Entscheidung hat zur Folge, dass die Beklagte den Kläger für den Zeitraum der Freistellung bezahlen muss, trotz dessen Berufung auf potenzielle eigene Einkünfte.
  • Der Rechtsstreit könnte weitreichende Konsequenzen für ähnliche Fälle von Annahmeverzug haben und die Erwartungen an die Mitwirkungspflichten von Arbeitnehmern bei Jobangeboten neu definieren.
  • Die Zulassung der Revision gibt die Möglichkeit, dass das Urteil auf einer höheren Instanz überprüft wird, was Ungewissheiten für beide Parteien mit sich bringt.
  • Arbeitnehmer sollten sich bewusst sein, dass sie unter bestimmten Umständen Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung haben, auch wenn sie nicht alle angebotenen Stellen prüfen und annehmen.
  • Die rechtlichen Vorgaben zum Annahmeverzug können je nach Einzelfall variieren, weshalb eine individuelle Beratung ratsam ist.

Rechtliche Fallstudie: Einseitige Freistellung während der Kündigungsfrist erklart

Freistellung: Anspruch auf Vergütung trotz Nicht-Bewerbung
Gekündigt, freigestellt? Trotz unterlassener Bewerbungen kann Annahmeverzugsvergütung fällig sein! Urteil: Bewerbungen unzumutbar, Arbeitgeber muss zahlen. (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Die einseitige Freistellung von der Arbeit während einer Kündigungsfrist ist ein komplexes Thema im Arbeitsrecht, das sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber erhebliche rechtliche Auswirkungen haben kann. Bei einer solchen Freistellung wird der Mitarbeiter von seinen arbeitsvertraglichen Pflichten entbunden, behält jedoch seinen Anspruch auf Lohn. Die rechtlichen Grundlagen für eine Freistellung sind im Kündigungsschutzgesetz verankert und können verschiedene Aspekte berücksichtigen, wie etwa das Wettbewerbsverbot oder mögliche Abmahnungen.

Ein entscheidender Punkt ist dabei das Thema des anderweitigen Verdienstes. Erhält der freigestellte Arbeitnehmer Einkommen aus einer anderen Quelle, so müssen diese Verdienste unter Umständen bei eventuellen Ersatzansprüchen oder Schadensersatzansprüchen berücksichtigt werden. Gleichzeitig stellt der Arbeitgeber sicher, dass er nicht durch böswilliges Unterlassen handelt, indem er den Arbeitnehmer in der Freistellung bewusst vom Arbeitsmarkt absieht, um einen Verdienstausfall herbeizuführen.

Um diese vielschichtigen Aspekte besser zu verstehen, wird im Folgenden ein konkreter Fall vorgestellt und analysiert, der die Herausforderungen und rechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit einer einseitigen Freistellung während der Kündigungsfrist verdeutlicht.

Der Fall vor Gericht


Gericht bestätigt Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung trotz unterlassener Bewerbungen

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat in einem Urteil vom 03.05.2024 entschieden, dass ein gekündigter Arbeitnehmer Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung hat, auch wenn er sich nicht auf vom Arbeitgeber übermittelte Stellenangebote beworben hat.

Hintergrund des Rechtsstreits

Ein als Senior Consultant beschäftigter Kläger wurde von seinem Arbeitgeber zum 30.06.2023 gekündigt und freigestellt. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage. Die Beklagte übersandte dem Kläger ab Mitte Mai mehrere Exposés mit insgesamt 43 Stellenangeboten und forderte ihn auf, sich zu bewerben. Der Kläger bewarb sich erst Ende Juni auf sieben dieser Stellen. Für Juni 2023 verweigerte die Beklagte die Lohnzahlung.

Entscheidung des Arbeitsgerichts

Das Arbeitsgericht wies die Klage auf Zahlung des Junilohns ab. Es argumentierte, der Kläger habe es böswillig unterlassen, anderweitigen Verdienst zu erzielen, da er sich nicht rechtzeitig auf die übersandten Stellenangebote beworben habe.

Urteil des Landesarbeitsgerichts

Das Landesarbeitsgericht gab der Berufung des Klägers statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 6.440,00 € brutto nebst Zinsen. Das Gericht entschied, dem Kläger sei es im Mai 2023 unzumutbar gewesen, sich auf die Stellenangebote zu bewerben.

Begründung des Urteils

Das Gericht führte aus, dass bei einer Gesamtabwägung mehrere Faktoren für die Unzumutbarkeit der Bewerbungen sprachen:

  1. Der Kläger durfte den nahenden Kammertermin Ende Juni abwarten, um Klarheit über den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses zu erhalten.
  2. Die Beklagte hatte durch die einseitige Freistellung den Beschäftigungsanspruch des Klägers verletzt und wollte sich durch das Zusenden von Stellenangeboten den Rechtsfolgen entziehen.
  3. Bewerbungen hätten angesichts der Situation des Klägers geringe Erfolgsaussichten gehabt, wenn er offenbart hätte, dass er bei Obsiegen im Kündigungsschutzprozess zum alten Arbeitgeber zurückkehren wolle.

Bedeutung des Urteils

Das Gericht betonte, dass von Arbeitnehmern kein „entwürdigendes Klinkenputzen“ durch aussichtslose Bewerbungen verlangt werden dürfe. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil stärkt die Position gekündigter Arbeitnehmer, indem es klarstellt, dass die Pflicht zur Schadensminderung durch Bewerbungen auf andere Stellen während eines laufenden Kündigungsschutzverfahrens Grenzen hat. Es wird anerkannt, dass Arbeitnehmer in solchen Situationen berechtigte Interessen haben, den Ausgang des Verfahrens abzuwarten, ohne sich auf potenziell aussichtslose Bewerbungen einlassen zu müssen. Dies schützt die Würde der Arbeitnehmer und verhindert missbräuchliche Praktiken von Arbeitgebern zur Vermeidung von Annahmeverzugslohn.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie gekündigt und freigestellt wurden, stärkt dieses Urteil Ihre Position erheblich. Es zeigt, dass Sie nicht verpflichtet sind, sofort jede mögliche Stelle anzunehmen, nur um Ihrem ehemaligen Arbeitgeber Kosten zu ersparen. Sie dürfen den Ausgang Ihres Kündigungsschutzverfahrens abwarten, ohne Ihren Anspruch auf Annahmeverzugslohn zu verlieren. Das Gericht erkennt an, dass Bewerbungen in dieser Situation oft aussichtslos sind und Ihnen nicht zugemutet werden können. Wichtig ist: Dokumentieren Sie Ihre Situation und Bemühungen sorgfältig, falls es zu einem Rechtsstreit kommt. Nach einer für Sie positiven Gerichtsentscheidung sollten Sie sich jedoch aktiv um neue Stellen bemühen, wenn Ihr alter Arbeitgeber Sie nicht zurücknimmt.


FAQ – Häufige Fragen

Sie haben Fragen? Wir haben Antworten! Unsere FAQ-Rubrik bietet Ihnen prägnante und informative Antworten auf häufig gestellte Fragen zu einem breiten Themenspektrum. Tauchen Sie ein und finden Sie schnell und einfach die Informationen, die Sie benötigen.

Was ist eine Annahmeverzugsvergütung und wann habe ich als gekündigter Arbeitnehmer Anspruch darauf?

Eine Annahmeverzugsvergütung ist der Lohnanspruch, den Sie als Arbeitnehmer haben, wenn Ihr Arbeitgeber Ihre angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt, obwohl Sie arbeitsfähig und arbeitsbereit sind. Dies tritt häufig bei Kündigungen auf, insbesondere wenn der Arbeitgeber Sie während der Kündigungsfrist freistellt.

Der Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung entsteht, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Es besteht ein wirksames Arbeitsverhältnis.
  2. Sie bieten Ihre Arbeitsleistung ordnungsgemäß an.
  3. Der Arbeitgeber nimmt Ihre Arbeitsleistung nicht an.
  4. Sie sind arbeitsfähig und arbeitsbereit.

Rechtliche Grundlagen

Die rechtliche Grundlage für den Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung findet sich in § 615 Satz 1 BGB in Verbindung mit §§ 293 ff. BGB. Diese Regelungen sollen verhindern, dass der Arbeitgeber durch einseitiges Handeln den Arbeitnehmer um seinen Lohn bringen kann.

Besonderheiten bei Kündigungen

Bei einer Kündigung ist die Situation oft komplex. Wenn Sie eine Kündigungsschutzklage erheben, bleibt Ihr Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung grundsätzlich bestehen, da das Arbeitsverhältnis bis zur rechtskräftigen Entscheidung als fortbestehend gilt. In diesem Fall müssen Sie Ihre Arbeitsleistung in der Regel nicht ausdrücklich anbieten, da das Angebot nach § 296 BGB als entbehrlich gilt.

Anrechnung anderweitigen Verdienstes

Beachten Sie, dass Sie sich auf die Annahmeverzugsvergütung anrechnen lassen müssen, was Sie durch anderweitige Arbeit verdienen oder böswillig zu verdienen unterlassen. Wenn Sie während der Freistellung eine andere Beschäftigung aufnehmen, wird dieser Verdienst von Ihrem Anspruch abgezogen.

Böswilliges Unterlassen

Vorsicht ist geboten bei der Frage des böswilligen Unterlassens. Wenn Sie zumutbare Arbeitsmöglichkeiten ausschlagen, kann dies als böswilliges Unterlassen gewertet werden. Sie sind verpflichtet, sich aktiv um eine andere Beschäftigung zu bemühen, um Ihren finanziellen Schaden zu begrenzen.

Höhe der Annahmeverzugsvergütung

Die Höhe der Annahmeverzugsvergütung entspricht grundsätzlich Ihrem regulären Arbeitsentgelt. Dazu gehören auch Zulagen, Zuschläge und andere Vergütungsbestandteile, die Sie normalerweise erhalten hätten.

Wenn Sie als gekündigter Arbeitnehmer mit einer Freistellung konfrontiert sind, sollten Sie Ihre Arbeitsleistung dennoch ausdrücklich anbieten, um Ihren Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung zu sichern. Dokumentieren Sie dieses Angebot schriftlich, um im Streitfall Beweise vorlegen zu können.


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Welche Pflichten habe ich als gekündigter und freigestellter Arbeitnehmer bezüglich der Suche nach einer neuen Stelle?

Als gekündigter und freigestellter Arbeitnehmer haben Sie die Pflicht, sich aktiv um eine neue Beschäftigung zu bemühen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus § 615 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 11 Nr. 2 KSchG. Sie müssen zumutbare Arbeit annehmen oder deren Annahme nicht böswillig unterlassen, um Ihren Anspruch auf Annahmeverzugslohn nicht zu gefährden.

Umfang der Bemühungen

Ihre Bemühungen um eine neue Stelle sollten ernsthaft und nachweisbar sein. Dazu gehört:

  • Regelmäßige Durchsicht von Stellenanzeigen
  • Bewerbungen auf passende Stellenangebote
  • Nutzung von Online-Jobportalen und sozialen Netzwerken
  • Kontaktaufnahme mit potenziellen Arbeitgebern
  • Registrierung bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend

Bewahren Sie Nachweise Ihrer Bemühungen auf, wie Kopien von Bewerbungsschreiben oder Eingangsbestätigungen.

Zumutbarkeit der angebotenen Arbeit

Nicht jede Arbeit müssen Sie annehmen. Die Zumutbarkeit einer Stelle hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • Art der Tätigkeit: Sie müssen keine Arbeit annehmen, die deutlich unter Ihrer Qualifikation liegt.
  • Vergütung: Eine geringfügig niedrigere Bezahlung ist in der Regel zumutbar, nicht jedoch eine erhebliche Gehaltseinbuße.
  • Arbeitsort: Längere Anfahrtswege können zumutbar sein, solange sie nicht unverhältnismäßig sind.
  • Arbeitsbedingungen: Die neue Stelle sollte in etwa Ihren bisherigen Arbeitsbedingungen entsprechen.

Wenn Sie unsicher sind, ob eine angebotene Stelle zumutbar ist, sollten Sie sie im Zweifel annehmen, um Ihren Anspruch auf Annahmeverzugslohn nicht zu gefährden.

Auskunftspflicht gegenüber dem Arbeitgeber

Ihr ehemaliger Arbeitgeber hat das Recht, Auskunft über Ihre Bemühungen und erhaltene Jobangebote zu verlangen. Sie müssen ihm mitteilen, welche Vermittlungsvorschläge Sie von der Agentur für Arbeit erhalten haben und ob Sie diese angenommen oder abgelehnt haben. Diese Auskunftspflicht umfasst Informationen zu Tätigkeit, Arbeitsort und Vergütung der angebotenen Stellen.

Konsequenzen bei Pflichtverletzung

Wenn Sie Ihre Pflichten verletzen, indem Sie zumutbare Arbeit ablehnen oder sich nicht ausreichend um eine neue Stelle bemühen, kann Ihr ehemaliger Arbeitgeber den Annahmeverzugslohn kürzen oder ganz einstellen. Er muss in diesem Fall nachweisen, dass Sie böswillig gehandelt haben.

Bedenken Sie: Ihre Bemühungen um eine neue Stelle dienen nicht nur der Erfüllung rechtlicher Pflichten, sondern auch Ihrem eigenen Interesse an einer schnellen Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Je aktiver Sie sich um eine neue Beschäftigung bemühen, desto besser sind Ihre Chancen, schnell wieder eine passende Stelle zu finden.


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Wie wirkt sich eine laufende Kündigungsschutzklage auf meine Pflicht zur Stellensuche aus?

Eine laufende Kündigungsschutzklage entbindet Sie nicht von Ihrer Pflicht zur Stellensuche. Auch während des Kündigungsschutzprozesses müssen Sie sich aktiv um eine neue Beschäftigung bemühen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus dem Grundsatz der Schadensminderungspflicht.

Bewerbungspflicht trotz Kündigungsschutzklage

Wenn Sie eine Kündigungsschutzklage eingereicht haben, signalisieren Sie damit Ihre Bereitschaft zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Dennoch müssen Sie parallel dazu zumutbare Anstrengungen unternehmen, um eine neue Stelle zu finden. Dies bedeutet konkret:

  • Sie sollten sich regelmäßig auf passende Stellenangebote bewerben.
  • Es ist ratsam, Ihre Bewerbungsbemühungen zu dokumentieren.
  • Sie müssen auch Vorschläge Ihres bisherigen Arbeitgebers für mögliche neue Stellen ernsthaft prüfen.

Auswirkungen auf den Annahmeverzugslohn

Ihre Bewerbungsbemühungen haben direkte Auswirkungen auf Ihren möglichen Anspruch auf Annahmeverzugslohn. Sollte das Gericht Ihre Kündigung für unwirksam erklären, könnte Ihnen dieser Lohn für den Zeitraum nach Ablauf der Kündigungsfrist zustehen. Allerdings kann Ihr Arbeitgeber diesen Anspruch mindern oder abwehren, wenn er nachweist, dass Sie sich nicht ausreichend um eine neue Stelle bemüht haben.

Konsequenzen bei Vernachlässigung der Stellensuche

Vernachlässigen Sie Ihre Pflicht zur Stellensuche, kann dies als böswilliges Unterlassen gewertet werden. In diesem Fall riskieren Sie:

  • Den Verlust oder die Minderung Ihres Anspruchs auf Annahmeverzugslohn.
  • Nachteile in Bezug auf Arbeitslosengeld, da die Agentur für Arbeit ebenfalls Ihre aktiven Bewerbungsbemühungen erwartet.

Stellen Sie sich vor, Sie erhalten während des laufenden Kündigungsschutzprozesses ein zumutbares Jobangebot. In einem solchen Fall sind Sie verpflichtet, dieses anzunehmen, auch wenn es nur vorübergehend ist. Andernfalls könnte Ihnen vorgeworfen werden, Ihren Schaden nicht ausreichend gemindert zu haben.

Umgang mit einseitiger Freistellung

Wenn Ihr Arbeitgeber Sie einseitig von der Arbeit freistellt, ändert dies nichts an Ihrer Bewerbungspflicht. Die Freistellung kann sogar als Aufforderung zur Stellensuche verstanden werden. In dieser Situation sollten Sie besonders aktiv nach einer neuen Beschäftigung suchen, um Ihre Schadensminderungspflicht zu erfüllen.


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Was bedeutet „böswilliges Unterlassen“ im Zusammenhang mit der Annahmeverzugsvergütung?

„Böswilliges Unterlassen“ im Kontext der Annahmeverzugsvergütung bezeichnet ein Verhalten des Arbeitnehmers, bei dem er vorsätzlich und ohne triftigen Grund die Aufnahme einer zumutbaren anderweitigen Tätigkeit unterlässt oder verhindert. Dieses Konzept ist von großer Bedeutung, da es den Anspruch auf Annahmeverzugslohn erheblich beeinflussen kann.

Voraussetzungen für böswilliges Unterlassen

Böswilliges Unterlassen liegt vor, wenn der Arbeitnehmer:

  • in Kenntnis aller objektiven Umstände vorsätzlich untätig bleibt
  • eine ihm zumutbare anderweitige Arbeit nicht aufnimmt
  • die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit bewusst verhindert

Dabei ist wichtig zu verstehen, dass keine Schädigungsabsicht des Arbeitnehmers erforderlich ist. Es genügt, wenn er eine ihm bekannte Gelegenheit zur Erwerbsarbeit vorsätzlich außer Acht lässt.

Beurteilung der Zumutbarkeit

Die Zumutbarkeit einer anderweitigen Tätigkeit wird anhand verschiedener Faktoren beurteilt. Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einer solchen Situation: Die Art der Tätigkeit, die Vergütung und die sonstigen Arbeitsbedingungen spielen eine Rolle. Eine Tätigkeit kann zumutbar sein, auch wenn sich einzelne Bedingungen wie der Arbeitgeber oder die genaue Tätigkeit ändern, solange das Gesamtbild weitgehend übereinstimmt und keine wesentlichen Nachteile entstehen.

Beweislast und Darlegungspflicht

Die Beweislast für das böswillige Unterlassen liegt grundsätzlich beim Arbeitgeber. Wenn Sie als Arbeitnehmer mit einem solchen Vorwurf konfrontiert werden, müssen Sie sich zunächst nicht rechtfertigen. Der Arbeitgeber muss konkrete Indizien vorbringen, die auf ein böswilliges Unterlassen hindeuten.

Praktische Auswirkungen

In der Praxis kann böswilliges Unterlassen dazu führen, dass Ihr Anspruch auf Annahmeverzugslohn gemindert wird oder ganz entfällt. Der Arbeitgeber kann den Wert, den Sie durch zumutbare Arbeit hätten erzielen können, von Ihrem Anspruch abziehen.

Verteidigungsstrategien für Arbeitnehmer

Wenn Ihnen böswilliges Unterlassen vorgeworfen wird, können Sie sich auf verschiedene Weise verteidigen:

  1. Weisen Sie nach, dass Sie sich aktiv um andere Arbeit bemüht haben.
  2. Zeigen Sie, dass angebotene Tätigkeiten für Sie unzumutbar waren.
  3. Legen Sie dar, warum Sie bestimmte Tätigkeiten nicht annehmen konnten (z.B. gesundheitliche Gründe, familiäre Verpflichtungen).

Bedeutung der Arbeitslosmeldung

Die bloße Unterlassung der Meldung als arbeitssuchend beim Arbeitsamt führt nicht automatisch zur Annahme böswilligen Unterlassens. Dennoch ist es ratsam, sich arbeitslos zu melden, da dies Ihre Bemühungen um eine neue Beschäftigung dokumentiert und somit den Vorwurf des böswilligen Unterlassens entkräften kann.


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Wie kann ich mich als Arbeitnehmer schützen, wenn mein Arbeitgeber mir während der Freistellung Stellenangebote zusendet?

Wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen während der Freistellung Stellenangebote zusendet, sollten Sie diese sorgfältig prüfen und angemessen darauf reagieren. Es ist wichtig, dass Sie Ihre Rechte wahren und gleichzeitig Ihren Anspruch auf Annahmeverzugslohn nicht gefährden.

Prüfung der Stellenangebote

Betrachten Sie jedes Stellenangebot kritisch und objektiv. Achten Sie darauf, ob die angebotene Stelle Ihrer Qualifikation entspricht und ob sie zumutbar ist. Eine Stelle gilt als zumutbar, wenn sie Ihrer bisherigen Tätigkeit, Ausbildung und Ihren Fähigkeiten entspricht sowie vergleichbare Arbeitsbedingungen und Vergütung bietet.

Reaktion auf die Stellenangebote

Reagieren Sie auf jedes Angebot zeitnah und schriftlich. Wenn Sie ein Angebot ablehnen, begründen Sie dies sachlich und nachvollziehbar. Führen Sie konkrete Gründe an, warum die Stelle für Sie nicht zumutbar ist, wie etwa eine zu große Entfernung zum Wohnort oder eine deutlich geringere Vergütung.

Dokumentation der Kommunikation

Bewahren Sie alle Unterlagen und Korrespondenzen sorgfältig auf. Dies umfasst die zugesendeten Stellenangebote, Ihre Antworten sowie etwaige weitere Kommunikation mit Ihrem Arbeitgeber. Diese Dokumentation kann im Falle einer späteren Auseinandersetzung von großer Bedeutung sein.

Vermeidung von böswilligem Unterlassen

Seien Sie sich bewusst, dass Sie während der Freistellung verpflichtet sind, zumutbare Stellenangebote anzunehmen oder sich zumindest ernsthaft damit auseinanderzusetzen. Ein böswilliges Unterlassen könnte Ihren Anspruch auf Annahmeverzugslohn gefährden. Böswilligkeit liegt vor, wenn Sie eine zumutbare und gleichwertige Arbeitsstelle ohne triftigen Grund ablehnen.

Wenn Sie sich unsicher sind, ob ein Stellenangebot zumutbar ist oder wie Sie am besten darauf reagieren sollten, kann es ratsam sein, sich mit der zuständigen Gewerkschaft oder einem Fachanwalt für Arbeitsrecht zu besprechen. Dies hilft Ihnen, Ihre Rechte zu wahren und gleichzeitig Ihre Pflichten als Arbeitnehmer zu erfüllen.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Einseitige Freistellung: Eine einseitige Freistellung bedeutet, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von den Arbeitsleistungen entbindet. Der Arbeitnehmer muss also nicht zur Arbeit erscheinen, bekommt aber weiterhin seinen Lohn. Diese Maßnahme wird häufig während einer Kündigungsfrist angewendet und kann verschiedene rechtliche Implikationen haben.
  • Kündigungsschutzklage: Eine Kündigungsschutzklage ist eine Klage, die ein Arbeitnehmer einreicht, um gegen eine Kündigung durch den Arbeitgeber vorzugehen. Der Mitarbeiter möchte damit erreichen, dass das Arbeitsverhältnis fortgesetzt wird, weil die Kündigung seiner Meinung nach ungerechtfertigt ist.
  • Annahmeverzugsvergütung: Dies ist der Lohn, den ein Arbeitnehmer erhält, wenn der Arbeitgeber ihn unrechtmäßig freigestellt hat und der Arbeitnehmer nicht arbeiten konnte, obwohl er dazu bereit war. Es wird davon ausgegangen, dass der Arbeitgeber im Verzug der Annahme der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers ist.
  • Schadensminderungspflicht: Dies ist die Pflicht eines Geschädigten, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Im Arbeitsrecht bedeutet dies, dass ein gekündigter Arbeitnehmer sich um eine neue Anstellung bemühen muss, um den wirtschaftlichen Schaden (z.B. den Verdienstausfall) zu mindern.
  • Böswilliges Unterlassen: Ein Verhalten, bei dem ein Arbeitnehmer absichtlich keine Einkünfte aus anderer Beschäftigung während der Freistellung erzielt, obwohl er dazu in der Lage wäre. Dieses Verhalten kann dazu führen, dass der Arbeitnehmer bestimmte Ersatzansprüche verliert.
  • Unzumutbarkeit: Ein Begriff zur Beschreibung von Situationen, in denen es unvernünftig oder untragbar wäre, bestimmte Handlungen von einer Person zu verlangen. Im Kontext des Urteils wurde festgestellt, dass es dem Arbeitnehmer nicht zugemutet werden könne, sich auf Stellenangebote zu bewerben, wenn diese unter den gegebenen Umständen aussichtslos erscheinen.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 615 Satz 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt die Anrechnung von anderweitigem Verdienst auf den Lohnanspruch des Arbeitnehmers im Falle einer Kündigung. Es besagt, dass der Arbeitgeber im Falle einer Kündigung die Lohnzahlung einstellen kann, wenn der Arbeitnehmer nachweislich anderweitigen Verdienst erzielt, während er freigestellt ist. Der Arbeitgeber ist jedoch verpflichtet, die bereits geleistete Arbeit zu vergüten. Im vorliegenden Fall geht es um die Anrechnung von Verdienst, den der Kläger während seiner Freistellung hätte erzielen können, wenn er sich um eine neue Stelle beworben hätte.
  • § 615 Satz 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt den Fortbestand des Arbeitsvertrages während der Kündigungsfrist. Er besagt, dass das Arbeitsverhältnis während der Kündigungsfrist fortbesteht und der Arbeitnehmer Anspruch auf den vertraglich vereinbarten Lohn hat. Im vorliegenden Fall wurde der Kläger während der Kündigungsfrist vom 29. März bis zum 30. Juni 2023 freigestellt. Die Beklagte hatte ihn weiterhin unter Fortzahlung seines Gehalts freigestellt, wobei sie jedoch argumentierte, dass der Kläger während dieser Zeit hätte arbeiten können und Anspruch auf Lohnfortzahlung nur dann habe, wenn er nachweise, dass er sich trotz Freistellung um eine neue Stelle bemüht habe.
  • § 620 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt das Recht des Arbeitnehmers auf Annahmeverzugsvergütung. Er besagt, dass der Arbeitnehmer im Falle einer unwirksamen Kündigung Anspruch auf den vertraglich vereinbarten Lohn hat, selbst wenn er keine Arbeitsleistung erbringt. Im vorliegenden Fall hat das Arbeitsgericht die Kündigung der Beklagten für unwirksam erklärt. Der Kläger hatte daher Anspruch auf Lohnzahlung für Juni 2023, da er während dieser Zeit freigestellt war und keine Arbeitsleistung erbracht hat.
  • § 614 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung. Er besagt, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses unter Einhaltung der Kündigungsfrist gültig ist. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte dem Kläger mit einem Schreiben vom 29. März 2023 das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2023 gekündigt. Später wurde die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch das Arbeitsgericht Villingen-Schwenningen – Kammern Radolfzell – für unwirksam erklärt.
  • Recht der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: Dieses Rechtsgebiet regelt die Ansprüche des Arbeitnehmers auf Lohnzahlung während einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Die Beklagte hat dem Kläger während seiner Freistellung ein Exposé mit verschiedenen Stellenangeboten zukommen lassen und ihn aufgefordert, sich um eine neue Stelle zu kümmern. Die Beklagte argumentierte, dass der Kläger während dieser Zeit hätte arbeiten können und deshalb keine Lohnfortzahlung beanspruchen könne. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat diese Argumentation zurückgewiesen und entschieden, dass der Kläger Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung hat, da die Kündigung unwirksam war und der Kläger während seiner Freistellung keine Arbeitsleistung erbracht hat.

Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg – Az.: 9 Sa 4/24 – Urteil vom 03.05.2024


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