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Einstweiliger Rechtsschutz – Zugang zu Geschäftsräumlichkeiten und E-Mail-Accounts

ArbG Düsseldorf – Az.: 8 Ga 27/20 – Urteil vom 10.06.2020

1. Die Verfügungsklage wird kostenpflichtig abgewiesen.

2. Streitwert der Entscheidung: 72.576,18

3. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die Beschäftigung des Verfügungsklägers durch die Verfügungsbeklagte einschließlich des Zugangs zu den Geschäftsräumlichkeiten und seinen dienstlichen E-Mail-Accounts sowie der Freischaltung seiner Mobiltelefonnummer.

Die Verfügungsbeklagte ist eine große Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mit mehr als 10.000 Mitarbeitern. Mit Betriebszugehörigkeit seit Anfang 2007 ist der Verfügungskläger bei ihr auf der Grundlage zuletzt eines Vertrages vom 23.05./11.06.2012 als Partner im Bereich Tax & Legal Public Services mit Dienstsitz in Düsseldorf tätig. Überdies ist er Prokurist und seit Anfang 2020 geschäftsführender Rechtsanwalt bei der Q., einem mit der Verfügungsbeklagten verbundenen Unternehmen. Er erzielt ein durchschnittliches monatliches Entgelt iHv. 55.827,83 EUR brutto.

Der Verfügungskläger betreut für die Verfügungsbeklagte und die Q. Mandanten der Energiewirtschaftsbranche und dabei eine Vielzahl außergerichtlicher und gerichtlicher Verfahren, wegen einiger auf die Darstellung des Verfügungsklägers auf S. 4 f. des Schriftsatzes vom 26.04.2020 Bezug genommen wird (Bl. 4 f. d.A.). Wie alle Partner ist der Verfügungskläger selbst mitverantwortlich für den wirtschaftlichen Erfolg der Verfügungsbeklagten, regelt seinen eigenen Geschäftsbereich und seine Mandanten autonom und ist unmittelbarer mandatsverantwortlicher Ansprechpartner für die Mandanten.

Am 20.04.2020 teilte der Verfügungskläger dem weiteren Partner L. der Verfügungsbeklagten seinen Wechselwillen zu F. mit, einem in Konkurrenz stehenden Netzwerk anderer Wirtschaftsprüfungsgesellschaften; er habe einen neuen Anstellungsvertrag unterzeichnet. Herr L. gab dies am 23.04.2020 an verschiedene Funktionsträger der Verfügungsbeklagten weiter.

Am gleichen Tag schaltete die Verfügungsbeklagte den Zugang des Verfügungsklägers zu seinen dienstlichen E-Mail-Accounts und seiner dienstlichen Mobiltelefonnummer ab. Am Tag darauf sperrte sie dessen Zugang zu dem Bürogebäude am Standort Düsseldorf.

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung verfolgt der Verfügungskläger gerichtlich seine Beschäftigung. Er besitze einen Verfügungsanspruch auf Beschäftigung im unbelasteten Arbeitsverhältnis, bei dem mangels Kündigung keine vertragliche Rechtsgrundlage für eine Freistellung bestehe und sein Beschäftigungsinteresse überwiege. Er habe noch keine finale Entscheidung über einen Wechsel getroffen. Die Spekulationen, dass er zu einem Mitbewerber wechsle, rechtfertigten die Maßnahmen der Verfügungsbeklagten nicht.

Ihm stehe ein Verfügungsgrund zur Seite. Dieser folge bereits daraus, dass ein berechtigtes Interesse der Verfügungsbeklagten an der Aufrechterhaltung eines offenkundig rechtswidrigen Zustandes nicht anzuerkennen sei und sein Verfügungsanspruch durch Zeitablauf vereitelt werde. Zudem bestehe auch besondere Dringlichkeit. Seine Beschäftigung sei geboten, um seine Position bei der Verfügungsbeklagten zu wahren. Zudem sei seine berufliche Reputation gefährdet. Zum einen drohe Gesichtsverlust bei ihm zugeordneten Mitarbeitern, nachdem die Verfügungsbeklagte in der – unstreitigen – E-Mail vom 24.04.2020 (Anlage Ast 6, Bl. 23 d.A.) unredliches Verhalten seiner suggeriert habe. Zum anderen sei die sachgerechte Behandlung der von ihm betreuten Verfahren nur gewährleistet, wenn er tatsächlich beschäftigt und dabei Zugang zu den dienstlichen Kommunikationsmitteln sowie seinem beA-Postfach besitze. Bei sachwidriger Behandlung nur einer Angelegenheit und wegen der derzeit bestehenden mangelnden Erreichbarkeit drohe ihm in der Energieversorgungsbranche ein Reputationsverlust und der Verfügungsbeklagten erhebliche Haftung. Zudem torpediere die Verfügungsbeklagte die nach §§ 32, 33 Berufsordnung der Rechtsanwälte (BORA) bei einer Beendigung der gemeinschaftlichen Berufsausübung vorgesehene Information an Mandanten, damit sie über den Fortbestand der Mandatierung entscheiden können.

Einstweiliger Rechtsschutz - Zugang zu Geschäftsräumlichkeiten und E-Mail-Accounts
(Symbolfoto: Von Oleksandr Berezko/Shutterstock.com)

Der Verfügungskläger beantragt zuletzt, der Verfügungsbeklagten bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes in angemessener Höhe für jeden Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise Zwangshaft, bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache aufzugeben,

1. ihn als Partner im Bereich Tax & Legal Public Services am Standort Düsseldorf weiterzubeschäftigen,

2. ihm Zugang zu den Geschäftsräumlichkeiten der Antragsgegnerin und dem von ihm bislang genutzten Büro in der Niederlassung der Antragsgegnerin N. zu gewähren,

3. ihm Zugang zu seinen Dienst-E-Mail-Accounts e. und e. zu gewähren und die Nutzung dieser E-Mail-Accounts zu ermöglichen,

hilfsweise ihm einen dienstlichen E-Mail-Account zur Nutzung zur Verfügung zu stellen und dessen Nutzung zu ermöglichen,

4. seine Mobilnummer 1. freizuschalten und ihm Zugriff auf diese Mobilnummer zu gewähren und deren Nutzung zu ermöglichen,

hilfsweise ihm eine Mobilnummer zur dienstlichen Nutzung zur Verfügung zu stellen und deren Nutzung zu ermöglichen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt, die Verfügungsklage abzuweisen.

Sie behauptet, der bundesweit zuständige Kostenstellenleiter des Bereichs, Dr. T., habe am 22.04.2020 von einem Personalberater aus dem Umfeld von F. erfahren, dass die Abwerbung einer größeren Gruppe von Mitarbeitern bevorstehe. Dies und die Aussagen des Verfügungsklägers habe sie zum Anlass genommen, ihn freizustellen. Die Freistellung sei rechtmäßig, um der drohenden Abwerbung von Mandanten und Mitarbeitern vorzubeugen und Geschäftsgeheimnisse zu schützen.

Der Antrag könne sich nicht auf einen Verfügungsgrund stützen. Wegen der damit im Erfolgsfalle einhergehenden Vorwegnahme der Hauptsache sei besondere Eilbedürftigkeit, ein gesteigertes Beschäftigungsinteresse erforderlich, das hier nicht bestehe. Die Bearbeitung der von dem Verfügungskläger betreuten Mandate sei durch andere Partner und Mitarbeiter sicher gestellt. Für einen Reputationsverlust gebe es keine objektiven Anhaltspunkte, zumal Freistellungen von Partnern bei Kündigungen marktüblich seien.

Die Kammer hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen mit Beschluss vom 30.04.2020 für zulässig erklärt (Bl. 82 ff. d.A.). Die dagegen erhobene sofortige Beschwerde hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 04.06.2020 – 3 Ta 155/20 – zurückgewiesen (Bl. 123 ff. d.A.).

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Ergebnis der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die mit den zuletzt gestellten Anträgen zulässige Verfügungsklage ist insgesamt unbegründet.

a)  Es ist bereits zweifelhaft, ob der Verfügungskläger seine Begehren auf einen Verfügungsanspruch stützen kann.

Der Arbeitnehmer hat einen von der Rechtsprechung im Wege der Rechtsfortbildung entwickelten Beschäftigungsanspruch (BAG 17. Dezember 2015 – 6 AZR 186/14 – Rn. 27; 24. Juni 2015 – 5 AZR 462/14 – Rn. 34). Ein einseitiger Verzicht des Arbeitgebers auf die Arbeitsleistung ist im Gesetz nicht vorgesehen. Darum ist eine einseitige Suspendierung des Arbeitnehmers im bestehenden Arbeitsverhältnis ohne vertragliche Vereinbarung grundsätzlich nicht zulässig. Etwas anderes gilt dann, wenn der Beschäftigung überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen (BAG GS 27. Februar 1985 – GS 1/84 -; BAG 17. Dezember 2015 – 6 AZR 186/14 – Rn. 27 mwN.; LAG Rheinland-Pfalz 14. März 2017 – 8 Sa 388/16 -). Möglich ist dies u.U. infolge einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers (LAG Schleswig-Holstein 15. Februar 2018 – 5 Sa 425/17 -; Kreitner, in Küttner, Personalbuch 27. Aufl., Stichwort „Freistellung von der Arbeit“ Rn. 17 f.).

Es erscheint der Kammer nicht gänzlich abwegig, wenn eine Rechtsberatungs- und Steuerprüfungsgesellschaft wie die Verfügungsbeklagte einen bei ihr in herausgehobener Stellung beschäftigten Partner, der zugleich Prokurist und geschäftsführender Rechtsanwalt eines mit ihr verbundenen Unternehmens ist, bereits infolge seiner gegenüber Kollegen getroffenen Aussage, dass er zum größten Wettbewerber wechseln wolle und dort einen Anstellungsvertrag unterzeichnet habe, freistellt. Dies gilt umso mehr, sollte die Verfügungsbeklagte belastbare Informationen über den bevorstehenden Versuch der Abwerbung mehrerer Beschäftigter aus dem Team des Verfügungsklägers erhalten haben (wie sie freilich unsubstantiiert behauptet). Die Kammer kann dies aber dahingestellt sein lassen.

b)  Der daneben notwendige Verfügungsgrund liegt nicht vor, sodass die Verfügungsklage mit allen Anträgen unbegründet ist.

aa)  Für die vom Kläger begehrte Leistungsverfügung bedarf es eines Verfügungsgrundes. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf führte dazu im Urteil vom 01.06.2005 – 12 Sa 352/05 – aus:

„Mit der einstweiligen Verfügung auf tatsächliche Beschäftigung wird keine Sicherungsverfügung, sondern eine Leistungsverfügung (Befriedigungsverfügung) begehrt. Nach ganz herrschender Auffassung ist eine Leistungsverfügung (ausnahmsweise) zulässig. Dabei sind an den Verfügungsgrund (§ 940 ZPO) strenge Anforderungen zu stellen: (1) Der Antragsteller muss auf die sofortige Erfüllung seines Anspruchs dringend angewiesen sein, (2) die geschuldete Handlung ist, wenn sie ihren Sinn nicht verlieren soll, so kurzfristig zu erbringen, dass die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht möglich ist, und (3) der dem Antragsteller aus der Nichterfüllung drohende Schaden steht außer Verhältnis zu dem Schaden, der dem Antragsgegner aus der sofortigen – vorläufigen – Erfüllung droht […]. Indem diese Kriterien auch für die Beschäftigungsverfügung zu gelten haben, genügt als Verfügungsgrund nicht der sukzessive Untergang des Beschäftigungsanspruchs durch Zeitablauf. [… Es] bleibt zu verlangen, dass der Arbeitnehmer über die bloße, durch seine Nichtbeschäftigung verursachte Rechtsbeeinträchtigung hinaus ein ernsthaftes Bedürfnis an einer gerichtlichen Eilentscheidung glaubhaft macht, z. B. die von tatsächlicher Beschäftigung abhängige Erlangung oder Sicherung einer beruflichen Qualifikation […]“ (LAG Düsseldorf 1. Juni 2005 – 12 Sa 352/05 – mwN. und umfangreicher Auseinandersetzung mit der Gegenmeinung).

„Die Regelungsverfügung setzt neben dem Verfügungsanspruch einen Verfügungsgrund voraus. Nach § 940 ZPO liegt dieser vor, wenn die begehrte Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Antragsteller hat den Verfügungsgrund darzulegen und ggf. glaubhaft zu machen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Februar 2001, EuGRZ 2001, 333). Bedarf es daher für den Erlass einer einstweiligen Verfügung stets der Dringlichkeit einer vorläufigen Regelung, würde diesem gesetzlichen Erfordernis praktisch die Substanz genommen, wenn man die (in jeder Nichterfüllung von Ansprüchen bzw. Verletzung von Rechten liegende) Rechtsbeeinträchtigung als Verfügungsgrund ausreichen ließe. Das Gesetz sieht vom Erfordernis des Verfügungsgrundes auch nicht für solche Ansprüche ab, die wie der Anspruch auf Arbeitsleistung und tatsächliche Beschäftigung – zeitgebunden und nicht nachholbar sind (absolute Fixschuld) und daher aufgrund Zeitablaufs erlöschen.

Der Justizgewährungsanspruch auf effektiven Rechtsschutz gilt nicht nur für den Anspruchsteller (Gläubiger), sondern ebenso für den Anspruchsgegner (Schuldner). Er wird, richtig verstanden, primär durch das Hauptverfahren verwirklicht. So vermag die erstinstanzliche Entscheidung im ordentlichen Prozessverfahren schon die gebotene Vorklärung des Beschäftigungsanspruchs zu erbringen […]. Für das Eilverfahren gilt dies nicht. Indem hier nur eine summarische, kursorische Prüfung stattfindet, die Gewährung rechtlichen Gehörs verkürzt und die Anforderung an die gerichtliche Aufklärung des Sachverhalts herabgesetzt werden, steigt das Risiko rechtlicher Fehlbeurteilung […] sowie unzutreffender tatsächlicher Annahmen, weil etwa entscheidungserheblicher Sachverhalt nicht vollständig und wahrheitsgemäß vorgetragen wird. Damit erhöht sich die Gefahr, dass die Verfügung, wenn zu Unrecht erlassen oder nicht erforderliche Anordnungen enthaltend, irreversible Nachteile und irreparable Schäden zeitigt. Aus diesem Grund läuft die Auffassung, dass das Vorliegen eines Beschäftigungsanspruchs den Verfügungsgrund indiziert, auf eine Überhöhung der Richtigkeitsgewähr einer Eilentscheidung hinaus. Gleichzeitig wird, indem die Anforderungen an den Verfügungsgrund abgesenkt werden, mit der Beschäftigungsverfügung dem Antragsteller ein Instrument in die Hand gegeben, mit dem er aus taktischen Gründen, ohne dass die tatsächliche Beschäftigung ihm ein dringliches Anliegen ist, sich in Konfliktlagen günstiger positionieren kann und das ihm die Durchsetzung anderer Ziele erleichtert […]“ (LAG Düsseldorf aaO. mwN.).

Dem schließt sich die Kammer insbesondere wegen des gesetzlichen Erfordernisses der Abwendung wesentlicher Nachteile in § 940 ZPO und der außerhalb dessen nicht gebotenen Verkürzung rechtlichen Gehörs für die Antragsgegnerseite an (ebenso LAG Baden-Württemberg 16. Februar 2017 – 21 SaGa 1/16 -; LAG Schleswig-Holstein 20. April 2012 – 5 SaGa 1/12 -; LAG Düsseldorf 4. Dezember 2003 – 11 Sa 1507/03 -; aA. LAG Hessen 28. Juni 2010 – 16 SaGa 811/10 -; LAG Hamm 8. November 2004 – 8 Sa 1798/04 -).

bb)  Solche wesentliche Nachteile des Verfügungsklägers aus seiner Nichtbeschäftigung einschließlich des fehlenden Zugangs zu den dienstlichen Kommunikationsmitteln sind nicht vorgetragen.

(1)  Das von dem Verfügungskläger eingebrachte Haftungsrisiko, das bei unsachgemäßer Behandlung der sonst von ihm betreuten Mandate und laufenden Verfahren durch andere Partner und Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten drohe, stellt keinen relevanten Nachteil des Verfügungsklägers dar. Das Risiko trifft die Verfügungsbeklagte, die dies offensichtlich hinnimmt. Dem Verfügungskläger, dem die Erbringung der sonst geschuldeten Leistung im Moment unmöglich ist, droht kein Regress.

(2)  Entsprechend verhält es sich bei dem Umstand, dass der Verfügungskläger die dienstlichen Kommunikationsmittel – Mobiltelefon, E-Mail-Accounts, beA-Postfach – nicht nutzen kann und so für die Mandanten nicht erreichbar ist. Die Nutzung der Kommunikationsmittel erfolgt im Interesse der Verfügungsbeklagten, sodass sie vergegenwärtigen und bewältigen muss, wenn der Verfügungskläger auf ihre Veranlassung die Kommunikationswege nicht überwachen und bedienen kann. Ohnehin ist anzunehmen, dass der Verfügungsbeklagten deren Kontrolle durch ihre Mitarbeiter möglich ist. Für das beA-Postfach wurde in der Kammerverhandlung von dem Vertreter der Verfügungsbeklagten bejaht, dass die Mitarbeiter Leserechte hätten, ohne dass der Verfügungskläger Einwände erhob.

(3)  Ein hinreichender Reputationsverlust ist nicht dargetan.

(a)  Einen etwaigen Reputationsverlust bei den ihm zugeordneten Mitarbeitern, den der Verfügungskläger durch die E-Mail vom 24.04.2020 ausgelöst sieht, muss er hinnehmen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Verfügungskläger die Annahme der Verfügungsbeklagten und damit den Inhalt der E-Mail, dass er zu F. wechseln werde, durch seine Äußerungen selbst verursacht hat. Außerdem liegt ein unbeschädigtes Ansehen einer Führungskraft bei den Mitarbeitern nicht nur im Interesse der Führungskraft, sondern auch des Arbeitgebers. Die Verfügungsbeklagte nimmt auch dies in Kauf.

(b)  Ein drohender relevanter Reputationsverlust bei Mandanten infolge der Nichtbeschäftigung ist nicht ersichtlich. So kann die Kammer nicht erkennen, dass die Verfügungsbeklagte mit der Vielzahl tätiger Partner und weiterer Rechtsanwälte nicht in der Lage wäre, ohne den Verfügungskläger dessen betreute Mandate und laufenden Verfahren ordnungsgemäß zu bearbeiten. Soweit der Verfügungskläger zu der anhängig gemachten Verfassungsbeschwerde vorträgt, dass dabei eine von 98 Anlagen gefehlt habe, ist nicht dargetan, warum an dieser Anlage die Zulässigkeit der Beschwerde scheitern sollte. Der weitere Umstand, dass die Antragsschrift von einem Partner unterschrieben worden sei, auf den die Vollmacht nach § 22 BVerfGG nicht ausgestellt gewesen sei, steht der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde derzeit nicht entgegen. Es ist möglich, die Vollmacht bis zur mündlichen Verhandlung nachzureichen (Grünewald, in BeckOK BVerfGG 8. Edition, § 22 Rn. 32). Und schließlich ist nicht dargetan, warum die Wahrnehmung des Termins vor dem Kartellsenat des Bundesgerichtshofs nicht durch einen anderen Partner der Verfügungsbeklagten erfolgen konnte, zumal dieser elf Kalendertage Zeit zur Einarbeitung hatte. Wenn überhaupt eine Angelegenheit fehlerhaft bearbeitet worden sein sollte, ist fraglich, warum der angeblich auftretende Reputationsverlust den Verfügungskläger treffen sollte, obwohl die Mandanten in einer Rechtsbeziehung mit der Verfügungsbeklagten stehen.

(4)  Ein Verfügungsgrund ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beschäftigung des Verfügungsklägers geboten sei, um (auch im Übrigen) seine Position und seine beruflichen Chancen im Unternehmen der Verfügungsbeklagten zu wahren. Es ist unklar, welchen Nachteil der Verfügungskläger befürchtet, erst recht warum dieser wesentlich sein soll. Der Verfügungskläger hat sein Vorbringen auch nicht präzisiert, nachdem die Verfügungsbeklagte diesen Aspekt als nicht nachvollziehbar gerügt und mit Nichtwissen bestritten hat.

(5)  Es ist nicht ersichtlich, dass die Verfügungsbeklagte die nach §§ 32, 33 BORA gebotene Mitteilung an die betroffenen Mandanten „torpedieren“ würde. Sofern und sobald der Weggang des Verfügungsklägers von der Verfügungsbeklagten entschieden sein sollte, besteht jede Möglichkeit zur Beteiligung.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG.

III.

Der Streitwert der Entscheidung ist gemäß den §§ 3 ff. ZPO zu bestimmen und nach § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Die Kammer hat – wie das Landesarbeitsgericht Düsseldorf im Beschluss vom 04.06.2020 – für den Antrag zu 1) ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt, für die Anträge zu 2) bis 4) jeweils 10 % dessen angesetzt und es für das vorliegende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bei diesen Werten belassen, da die Hauptsache durch die zuletzt gestellten Anträge bis zu einer Entscheidung in der ersten Instanz vorweggenommen würde.

IV.

Die Berufung war nicht gesondert zuzulassen, da kein Zulassungstatbestand im Sinne des § 64 Abs. 3 ArbGG vorliegt.

 

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