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Entfristungsklage – Wirksamkeit einer sachgrundlosen Befristung

ArbG Düsseldorf – Az.: 13 Ca 1518/18 – Urteil vom 21.09.2018

1. Die Beklagte wird verurteilt, über das Angebot des Klägers auf unbefristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 04.09.2018 hinaus unter Beachtung der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts neu zu entscheiden.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 81 % und der Beklagten zu 19 % auferlegt.

4. Der Streitwert wird auf 30.451,04 Euro festgesetzt.

5. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Befristung des Arbeitsverhältnisses, über die Besetzung mehrerer Stellen sowie über die Leistungsbewertung des Klägers.

Der am 1. geborene Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60. Er ist deutscher Staatsangehöriger. Der Kläger ist Volljurist und arbeitete ab Mai 2010 als Anwalt, unter anderem auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts.

Mitte August 2016 bewarb sich der Kläger auf eine Ausschreibung des C. (im Folgenden: C.). In einer E-Mail des Personalmanagements des C. vom 24.08.2016 an den Kläger heißt es wie folgt:

„Sehr geehrter Herr B.,

wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie für eine Einstellung beim C. vorgesehen sind.

Es ist beabsichtigt, Sie – vorbehaltlich der Vorlage eines Führungszeugnisses ohne Eintrag sowie der Zustimmung aller zu beteiligenden Gremien – zum 05.09.2016 bis 04.03.2017 als Anhörer beim C. einzustellen. Es handelt sich um einen auf sechs Monate befristeten Arbeitsvertrag der Entgeltgruppe E12 TVÖD des Bundes.“

Am 05.09.2016 wurde der Kläger von der Beklagten für das D., eingestellt (vgl. Arbeitsvertrag vom 24.08./29.08.2016, Anlage K 8, Bl. 20 f. der Gerichtsakte). Der Arbeitsvertrag war zunächst auf ein halbes Jahr befristet. Das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt des Klägers beträgt 3.806,38 Euro.

Vom 05.09.2016 bis zum 23.09.2016 besuchte der Kläger eine Schulung für Anhörer. Der Kläger wurde danach zunächst ausschließlich als sog. „Anhörer“ eingesetzt. In der Zeit vom 16.01. bis zum 20.01.2017 wurde der Kläger zum sog. „Entscheider“ aufgeschult, da die Behördenleitung des C. beschlossen hatte, die Tätigkeit des Anhörers und Entscheiders wieder zusammenzuführen. Seit dem 21.01.2017 arbeitete der Kläger auf Grund der erfolgreich absolvierten Aufschulung als Entscheider.

Im Februar 2017 wurde der Arbeitsvertrag auf insgesamt zwei Jahre, also bis zum 04.09.2018 verlängert (vgl. Änderungsvertrag vom 03.02./07.02.2017, Anlage K 9, Bl. 22 der Gerichtsakte).

Vom 09.05.2017 bis zum 10.05.2017 besuchte der Kläger eine zweitägige Schulung zum Sonderbeauftragten für unbegleitete Minderjährige.

Mit Stellenausschreibung vom 18.08.2017, Kenn-Nr. C.-2017-378-i (Anlage B 5, Bl. 94 ff. der Gerichtsakte), schrieb die Beklagte mehrere Stellen als Sachbearbeiter/in aller Fachrichtungen in der Entgeltgruppe 12. Des Weiteren schrieben die Beklagte mit Ausschreibung vom 21.09.2017, Kenn-Nr. C.-2017-600-i (Anlage B 6, Bl. 97 ff. der Gerichtsakte), Stellen als Entscheider/in in der Entgeltgruppe 12 aus. Aus der Übersicht der Entfristungsmöglichkeiten zur Stellenausschreibung C.-2017-307-i ergibt sich, in welchen Organisationsbereichen bzw. in welchen Referaten insoweit Entfristungsmöglichkeiten bestanden (vgl. Anlage B 7, Bl. 100 der Gerichtsakte). Wie viele Stellen in welchen Referaten auf Grund der Stellenausschreibung C.-2017-600-i zu besetzen waren, ergibt sich aus der Stellenausschreibung selbst. Zielgruppe der Ausschreibung waren ausschließlich befristete Tarifbeschäftigte der Entgeltgruppe 12.

Bei der Online-Bewerbung mussten die Bewerber ihre Wunschreferenz in eine verbindliche Reihenfolge bringen. Der Kläger bewarb sich auf die unbefristeten E 12-Stellen in folgenden Referaten mit folgender Priorisierung:

1) 534

2) 535

3) 538

4) 539

5) 531

Für das Verfahren existiert eine Bewertungsrichtlinie (Anlage B 8, Bl. 101 ff. der Gerichtsakte). Die Bewertungsrichtlinie und die ergänzende Handlungsempfehlung zur Bewertungsrichtlinie (Anlage B 9, Bl. 111 ff. der Gerichtsakte) beinhalten u.a. ausführliche Angaben zum Bewertungsinhalt, zum detaillierten Ablauf des Bewertungsverfahrens sowie zu den am Verfahren beteiligten Personen. Die Bewertungsrichtlinie sieht neun Notenstufen (1 bis 9 Punkte) vor.

Für jeden Bewerber wurde durch die jeweils zuständige Abteilungsleitung als Bewerter eine Leistungsbewertung für die im sechsmonatigen Bewertungszeitraum erbrachte Arbeitsleistung erstellt. Die unmittelbaren Vorgesetzten, in der Regel die Referatsleitungen, fungierten dabei als Berichterstattende.

Mit Schreiben vom 12.02.2018 (Anlage K 1, Bl. 6 der Gerichtsakte), dem Kläger zugegangen am 15.02.2018, teilte das C. dem Kläger mit, aufgrund der von ihm nicht erreichten Mindestgesamtnote von 5 Punkten sei es leider ausgeschlossen, ihm eine unbefristete Stelle anzubieten. Dem Schreiben beigefügt waren die Leistungsbewertung vom 06.11.2017 (Anlage K 2, Bl. 7 ff. der Gerichtsakte). Danach erzielte der Kläger eine „Gesamtnote rechnerisch“ von 4,00 sowie eine „Gesamtnote unter Berücksichtigung des Gesamteindrucks (einstellig)“ von 4 (vgl. Anlage K 2, Bl. 7 ff. der Gerichtsakte). Die Gesamtbeurteilung wurde wie folgt zusammenfassend begründet: „Das rechnerisch ermittelte Ergebnis spiegelt den Gesamteindruck zutreffend wider. Die Qualität der Ergebnisse entspricht hierbei stets den Anforderungen. Die Ergebnisse können in der Regel mit geringfügigen Änderungen verwertet werden. Die Fachkenntnisse entsprechen in der Regel den Anforderungen. Eine Vertiefung der Fachkenntnisse ist in Teilen erforderlich.“

Des Weiteren war dem Schreiben vom 12.02.2018 eine Aufstellung der jeweiligen zur Entfristung erforderlichen Mindestnoten für alle Referate (Bl. 11 der Gerichtsakte) beigefügt.

Mit seiner am 27.02.2018 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen und der Beklagten am 06.03.2018 zugestellten Klage begehrt der Kläger in erster Linie die Feststellung, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. Hilfsweise verlangt der Kläger den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags mit Wirkung zum 05.09.2018. Darüber hinaus macht der Kläger eine neue Leistungsbewertung geltend.

Der Kläger vertritt die Auffassung, sein Arbeitsverhältnis bestehe auf Grund unwirksamer Befristung ohnehin als unbefristetes Arbeitsverhältnis und ende deshalb nicht mit Ablauf der Befristung am 04.09.2018. Durch die Änderung der Tätigkeit vom Anhörer zum Entscheider sei der Vertragsinhalt so wesentlich geändert worden, dass der Vertrag vom 03.02./07.02.2017 bei genauer Betrachtung keine „Verlängerung“ darstelle, sondern den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags mit geändertem Vertragsinhalt. Die Beklagte habe sich mit der Stellenbeschreibung auf einen Vertragsinhalt (Tätigkeit als Anhörer) festgelegt, auch wenn der Vertrag vom 24.08./27.08.2016 selbst keine Tätigkeitsbeschreibung enthalte. Die in dem Arbeitsvertrag vom 03.02./07.02.2017 vereinbarte Befristung bis zum 04.09.2018 sei daher gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unwirksam.

Darüber hinaus sei das Auswahlverfahren nicht ordnungsgemäß entsprechend dem Grundsatz der Bestenauslese durchgeführt worden. Insbesondere bestreite er die Richtigkeit der Benotung. Das C. habe die schlechte Note von 4 Punkten nicht begründet. Es habe hierfür weder Tatsachen vorgetragen noch eine begründete, mit nachvollziehbaren Argumenten begründete Leistungsbeurteilung abgegeben. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Bewertungsrichtlinie den Zeitraum vom 16.03. bis 15.09.2017 zugrunde lege, die sechs Monate zuvor hingegen nicht, in denen er ebenfalls beachtliche und überdurchschnittliche Leistungen erbracht habe. Zu berücksichtigen sei, dass er – insoweit unstreitig – über die Befähigung zum Richteramt verfüge, während seine Mitbewerber zum großen Teil nicht über eine juristische Ausbildung verfügten. Er verfüge auf Grund seines juristischen Studiums und Referendariats über erhebliche Kenntnisse und Fähigkeiten, wie sie die Tätigkeit des Entscheiders beim C. erforderten.

Die Benotung im Rahmen seiner Leistungsbewertung sei fehlerhaft. Seine Leistungen müssten mit mindestens 6,5 Punkten bewertet werden. Das C. habe die schlechte Note von nur vier Punkten nicht begründet; es habe hierfür weder Tatsachen vorgetragen noch eine begründete, mit nachvollziehbaren Argumenten begründete Leistungsbeurteilung abgegeben. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang, dass er – insoweit unstreitig – auf Grund zweier bestandener Staatsexamen über die Befähigung zum Richteramt verfüge, während seine Mitbewerber zum großen Teil nicht über eine juristische Ausbildung verfügten. Insofern sei es erstaunlich, dass er mit seiner Leistungsbewertung von 4 Punkten das Schlusslicht unter 45 Mitarbeitern im Entfristungsverfahren darstelle.

In einem Vorgespräch zum Austausch von Leistungen im Oktober 2017 mit dem Referatsleiter Herr D. habe kein Austausch von Meinungen stattgefunden. Das Gespräch mit dem Zeugen D. sei auf eine stichprobenartige Zusammenfassung der Tätigkeitsfelder eines Entscheiders hinausgelaufen. Der Zeuge D. habe ihm erneut die Beschwerde der Frau T. vorgehalten; er sei voreingenommen in das Vorgespräch gegangen. In der Liste des Zeugen D. mit den Stichpunkten über die üblichen Tätigkeitsfelder eines Entscheiders fehlten erhebliche Bereiche an Sonderfunktionen, die ihm, dem Kläger, in der gesamten Zeit seit der Befristungsverlängerung auf Grund seiner Leistungen anvertraut worden seien. Der Zeuge D. habe die seine, des Klägers, Leistungen unter Berufung auf die wenigen Bescheide, die durch die Qualitätssicherung hätten korrigiert werden müssen, als schlecht und unterdurchschnittlich dargestellt. Der Zeuge D. habe ihm mitgeteilt, er liege bei 4,5 bis 5,6 Punkten. Dabei habe er in den ersten sechs Monaten eine Gesamtbeurteilung von 2,4 (Schulnote) und habe nach Aussage des Zeugen D. zum oberen Viertel der Mitarbeiter gehört.

Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Bewertungsrichtlinie den Zeitraum vom 16.03.2017 bis 15.09.2017 zugrunde lege, die sechs Monate zuvor hingegen nicht, in denen er ebenfalls beachtliche und überdurchschnittliche Leistungen erbracht habe.

Nach seiner Beobachtung seien auffällig viele Mitarbeiter mit Behinderung aus dem Entfristungsverfahrens des gehobenen Dienstes herausgefallen, nämlich die Zeugen G. und N..

Darüber hinaus habe er nie eine besondere Schulung nach § 81 Abs. 4 Nr. 2 SGB IX a.F. erhalten; die Verletzung dieser gesetzlichen Pflicht habe ihm den verfassungsrechtlich gewährleisteten Zugang zu dem angestrebten Amt erschwert.

Vor seiner Tätigkeit als Anhörer wie auch als Entscheider hätte er unabhängig von seiner Behinderung auf jeden Fall folgende Schulungen besuchen müssen: EASO-Schulungen (europarechtliche Schulungen), insgesamt 3 Module (materielles Recht, Gesprächstechnik/Anhörungstechnik, Beweiswürdigung) sowie Materielles Recht (Bescheiderstellung Teil I und Bescheiderstellung Teil II). Diese Schulungen seien bei dem C. für alle Anhörer und Entscheider vorgesehen; sie seien von den entsprechenden Mitarbeitern in der Zeit vor dem großen Ansturm von Flüchtlingen auf Veranlassung der jeweiligen Vorgesetzten regelmäßig absolviert worden. Er, der Kläger, habe – insoweit unstreitig – lediglich die Schulung Materielles Recht Teil I in Nürnberg besucht, allerdings erst im Dezember 2017 und damit weit nach dem Bewertungszeitraum.

Der Kläger beantragt,

1.

festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach Maßgabe des Arbeitsvertrages vom 03.02./07.02.2017 besteht.

2.

die Beklagte zu verurteilen, seine Leistungen zum Stichtag 15.02.2018 mit der Gesamtnote von mindestens 6,5 Punkten zu bewerten.

3.

hilfsweise im Verhältnis zum Antrag zu 1: die Beklagte zu verurteilen, mit ihm einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 05.09.2018 abzuschließen, nach dem er, der Kläger, über den 04.09.2018 hinaus unbefristet zu ansonsten unveränderten Arbeitsbedingungen als Einzelentscheider in einem Arbeitsverhältnis bei der Beklagten (C.) in der Entgeltgruppe E 12, Stufe 2 steht.

4.

hilfsweise im Verhältnis zum Antrag zu 2: die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts neu zu beurteilen.

5.

hilfsweise im Verhältnis zum Antrag zu 3: die Beklagte zu verurteilen, ihn über die Entfristung seines Arbeitsverhältnisses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts neu zu bescheiden.

6.

die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens nach Maßgabe des Arbeitsvertrags vom 03.02./07.02.2017 zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung die Befristung des Arbeitsvertrags bzw. die Verlängerung seien wirksam. Mit dem Verlängerungsvertrag vom 03.02./07.02.2017 sei keine inhaltliche Änderung des Arbeitsverhältnisses einhergegangen. Sie trägt dazu vor, es gebe nicht die Position des „Anhörers“ und des „Entscheiders“; vielmehr handele es sich um eine letztlich einheitliche Position, die lediglich auf Grund der Flüchtlingskrise de facto vorübergehend in eine Anhörer- und Entscheidertätigkeit aufgegliedert wurde. Bei dem damals erforderlich gewesenen massiven Personalaufbau sei es unmöglich gewesen, alle neuen Mitarbeiter/innen sofort für die Tätigkeit als Sachbearbeiter-Entscheider zu schulden. Sowohl die Tätigkeit eines/r Anhörers/in wie auch die Tätigkeit eines/r Entscheiders/in seien in die Entgeltgruppe E 12 TVöD (Bund) eingruppiert.

Der Kläger sei im Bewerbungsverfahren nicht mehr berücksichtigt worden, weil er eine Leistungsbewertung von nur 4 Punkten erzielt habe. Die Leistungsbewertung des Klägers sei nicht zu beanstanden. Der Kläger lege nicht dar, für welche Leistungen eine Bewertung mit mindestens 6,5 Punkte gerechtfertigt sei. Allein die Befähigung zum Richteramt reiche nicht aus, weil es bei dem streitgegenständlichen Entfristungsverfahren nicht auf Studienabschlüsse oder sonstige Qualifikationen angekommen sei, sondern auf die in der konkreten Tätigkeit im Bewertungszeitraum gezeigten Leistungen; diese seien bei dem Kläger hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt im Bewertungszeitraum gute Leistungen erbracht.

Alle im Referat 534 eingesetzten Teamleiter und Qualitätsbeauftragten seien als zusätzliche Erkenntnisquellen in die Leistungsbewertung einbezogen worden, um so ein individuelles, objektives Leistungsbild des Klägers zu erzielen und einen einheitlichen Bewertungsmaßstab sicherzustellen.

Die „Leistungs- und Befähigungseinschätzung“ vom 29.12.2016 habe für die aktuelle Leistungsbewertung nur äußerst geringen Aussagewert. Bei diesem Dokument handele es sich – insoweit unstreitig – um eine Bewertung anlässlich der damals anstehenden Vertragsverlängerungen der Anhörerinnen und Anhörer im Projekt „Erweitertes Instrumentarium“ (E.I.), für das auch der Kläger als Anhörer eingestellt worden sei. Der Kläger sei damals nicht als Entscheider tätig gewesen, also in der Funktion, die für die streitgegenständliche Leistungsbewertung maßgeblich gewesen sei.

Die vom Kläger vorgetragenen erschwerten Bedingungen der Einarbeitung seien aus ihrer Sicht für die Leistungsbewertung nicht relevant; sie seien der Hochphase des Flüchtlingszustroms und der Eröffnung vieler neuer Dienststellen geschuldet gewesen.

Der Kläger habe alle Schulungen bekommen, die auch die anderen befristet Beschäftigten mit derselben Aufgabe erhalten hätten; eine Benachteiligung sei insoweit nicht ersichtlich. Die vom Kläger angeführten EASO-Schulungen und Schulungen Bescheiderstellung habe kein in 2016 eingestellter Anhörer erhalten; die Anhörer seien nie für EASO-Schulungen vorgesehen gewesen. Im Jahr 2016 sei die Qualifizierung für neu eingestellte Entscheider und Anhörer neu aufgesetzt worden, weil bei Einstellung von mehreren tausend Mitarbeitern die bisherigen Schulungen vom Umfang her nicht durchführbar gewesen seien. Die vom Kläger angeführten Schulungen seien gar nicht angeboten worden. Die befristet Beschäftigten, die am Entfristungsverfahren teilgenommen hätten, hätten sämtlich Schulungen im gleichen Umfang erhalten. Soweit der Kläger pauschal behaupte, er habe keine besondere Schulung nach § 81 Abs. 4 Satz 2 SGB IX a.F. erhalten, sei der Vortrag bereits unsubstantiiert, zumal sich aus ihm nicht ergebe, welche Schulung ihm hätte helfen können, mit seiner körperlichen Behinderung in der Arbeit besser umzugehen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

Die Klage hat nur teilweise Erfolg.

I.

Der Antrag auf Feststellung, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht, ist zulässig, aber unbegründet. Denn die im Änderungsvertrag vom 03.02./07.02.2017 vereinbarte Befristung des Arbeitsvertrages bis zum 05.09.2018 ist wirksam.

I.

Die im Änderungsvertrag vom 03.02./07.02.2017 vereinbarte Befristung ist ohne Sachgrund wirksam, weil es sich um eine nach § 14 Abs. 2 Satz 1 zulässige Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrags vom 24.08./29.08.2016 handelt.

1.

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. TzBfG auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags zulässig.

a)

Das Tatbestandsmerkmal der Verlängerung im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. TzBfG eines nach § 14 Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. TzBfG sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags setzt voraus, dass die Vereinbarung über das Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts noch vor Abschluss der Laufzeit des bisherigen Vertrags in schriftlicher Form erfolgt und der Vertragsinhalt ansonsten unverändert bleibt. Eine Verlängerung im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. TzBfG setzt demnach voraus, dass sie noch während der Laufzeit des zu verlängernden Vertrags schriftlich vereinbart und nur die Vertragsdauer geändert wird. Anderenfalls liegt der Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags vor, der nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ohne Sachgrund unzulässig ist, da zwischen den Parteien bereits ein Arbeitsverhältnis bestanden hat (vgl. BAG, Urteil vom 20.02.2008 – 7 AZR 786/06 – AP Nr. 43 zu § 14 TzBfG = juris; BAG, Urteil vom 23.08.2006 – 7 AZR 12/06 – AP Nr. 1 zu § 14 TzBfG Verlängerung = juris).

b)

Hingegen ist die einvernehmliche Änderung der Arbeitsbedingungen während der Laufzeit eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags befristungsrechtlich nicht von Bedeutung. Eine derartige Vereinbarung unterliegt nicht der Befristungskontrolle. Sie enthält keine erneute, die bereits bestehende Befristungsabrede ablösende Befristung, die ihrerseits auf ihre Wirksamkeit überprüft werden könnte (BAG, Urteil vom 16.01.2008 – 7 AZR 603/06 – AP Nr. 5 zu § 9 TzBfG = juris).

2.

Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem Änderungsvertrag vom 03.02./07.02.2017 um eine Verlängerung des am 24.08./29.08.2016 geschlossenen befristeten Arbeitsvertrags. Die Tatsache, dass der Kläger seit 21.01.2017 auf Grund der erfolgreich absolvierten Aufschulung als Entscheider arbeitete, steht dem nicht entgegen. Hierfür spricht auch eine an Sinn und Zweck des § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. TzBfG orientierte Betrachtung.

a)

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts soll der Arbeitnehmer bei der Entscheidung über die Verlängerung des nach § 14 Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. TzBfG befristeten Arbeitsverhältnisses davor geschützt werden, dass der Arbeitgeber dessen Fortsetzung davon abhängig macht, dass der Arbeitnehmer geänderte Arbeitsbedingungen akzeptiert oder dass er durch das Angebot anderer Arbeitsbedingungen zum Abschluss eines weiteren sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags veranlasst wird (BAG, Urteil vom 18.01.2006 – 7 AZR 178/05 – AP Nr. 22 zu § 14 TzBfG). Die Vorschrift dient nicht nur einem Flexibilisierungsinteresse des Arbeitgebers, sondern schützt auch die Entschlussfreiheit des Arbeitnehmers gegenüber der angebotenen Verlängerung seines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags. Der für den Arbeitnehmer bestehende Entscheidungsfreiraum wird in Frage gestellt, wenn der Arbeitgeber die Vertragsfortsetzung mit einem privatautonom gestalteten Angebot zur Vertragsänderung verbindet. Dies gilt selbst dann, wenn die angebotenen Arbeitsvertragsbedingungen für den Arbeitnehmer gegenüber dem bisherigen Vertragsinhalt günstiger sind (BAG, Urteil vom 23.08.2006 – 7 AZR 12/06 – AP Nr. 1 zu § 14 TzBfG Verlängerung).

b)

Nach diesen Grundsätzen war der Kläger bei Abschluss des Änderungsvertrags am 03.02./02.2017 nicht in seinem Entscheidungsfreiraum eingeschränkt, weil dieser keine inhaltliche Änderung des Arbeitsverhältnisses vorsieht. Ein Zusammenhang zwischen der auf Grund des Direktionsrechts der Beklagten erfolgten Änderung der Tätigkeit des Klägers ab dem 21.01.2017 und dem später abgeschlossenen Änderungsvertrag ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

II.

Da die Entfristungsklage erfolglos bleibt, war auch über den Hilfsantrag auf Verurteilung der Beklagten, mit dem Kläger einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 05.09.2018 abzuschließen, zu entscheiden; dieser Antrag ist zwar zulässig, aber unbegründet.

1.

Der Antrag ist zulässig. Er ist allerdings dahingehend auszulegen, dass der Kläger begehrt, die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf unbefristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 04.09.2018 hinaus anzunehmen.

a)

Die nach ihrem Wortlaut auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags gerichtete Klage ist als Antrag auf Abgabe einer Annahmeerklärung zu verstehen. Prozesshandlungen unterliegen der Auslegung durch das Gericht (vgl. BAG, Urteil vom 14.08.2007 – 9 AZR 943/06 – BAGE 123, 358-369 = juris, Rdnr. 11). Der Kläger will ohne weiteren Zwischenschritt das Zustandekommen eines unbefristeten Arbeitsvertrags erreichen. Dafür spricht u.a., dass er schon mit dem Hauptantrag die Unwirksamkeit der Befristung des Änderungsvertrags vom 03.02./07.02.2017 geltend macht. Hierfür wollte sich der Kläger des prozessual sinnvollen Mittels bedienen. Dieser Wille war für die Beklagte auch erkennbar. Für einen Antrag auf Abgabe eines Angebots hätte dagegen kein Rechtsschutzbedürfnis bestanden (vgl. BAG, Urteil vom 14.08.2007 – 9 AZR 943/06 – a.a.O.). In Wirklichkeit unterbreitet der Kläger der Beklagten mit seinem Antrag ein eigenes Angebot und verlangt dessen Annahme, um mit Rechtskraft des stattgebenden Urteils nach § 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO den Vertragsschluss herbeizuführen (vgl. dazu auch BAG, Urteil vom 23.01.2007 – 9 AZR 393/06 – AP ATG § 2 Nr. 8 = juris, Rdnr. 11).

b)

Dieser durch Auslegung gewonnene Antrag ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger erstrebt die Verurteilung der Beklagten zum Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags, der hinsichtlich der sonstigen Arbeitsbedingungen denjenigen seines bisherigen befristeten Arbeitsvertrags entspricht.

2.

Die so verstandene Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags.

a)

Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 24.09.2002 – 2 BvR 857/02 – Rdnr. 9, juris). Jede Bewerbung muss nach diesen Kriterien beurteilt werden. Dies gilt sowohl für Einstellungen als auch für den beruflichen Aufstieg innerhalb des öffentlichen Dienstes (vgl. BAG, Urteil vom 19.02.2008 – 9 AZR 70/07 – Rdnr. 23, juris). Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen (sog. Bestenauslese). Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse des Bewerbers an seinem beruflichen Fortkommen Rechnung (vgl. BAG, Urteil vom 16.02.2012 – 8 AZR 697/10 – Rdnr. 36, juris; BAG, Urteil vom 24.03.2009 – 9 AZR 277/08 – Rdnr. 15, juris; BAG, Urteil vom 19.02.2008 – 9 AZR 70/07 – Rdnr. 24, juris). Die Bestimmung begründet ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und auf deren Durchführung anhand der in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Auswahlkriterien (vgl. BAG, Urteil vom 16.02.2012 – 8 AZR 697/10 – Rdnr. 36, juris; BAG, Urteil vom 12.10.2010 – 9 AZR 554/09 – Rdnr. 33, juris; BAG, Urteil vom 24.03.2009 – 9 AZR 277/08 – Rdnr. 15, juris). Die Bewerber können verlangen, dass die Auswahlentscheidung nach den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien erfolgt.

Ein Anspruch auf Einstellung oder Beförderung wächst dem Bewerber indessen nur zu, wenn sich nach den Verhältnissen im Einzelfall jede andere Entscheidung als rechtswidrig oder ermessensfehlerhaft darstellt und mithin die Berücksichtigung dieses Bewerbers die einzig rechtmäßige Entscheidung ist, weil er absolut und im Verhältnis zu den Mitbewerbern der in jeder Hinsicht am besten geeignete ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BAG, Urteil vom 12.10.2010 – 9 AZR 554/09 – Rdnr. 68, juris; BAG, Urteil vom 24.03.2009 – 9 AZR 277/08 – Rdnr. 15, juris; BAG, Urteil vom 02.12.1997 – 9 AZR 668/96 – AP Nr. 41 zu Art. 33 Abs. 2 GG = juris; BAG, Urteil vom 02.12.1997 – 9 AZR 445/96 – AP Nr. 40 zu Art. 33 Abs. 2 GG = juris; BAG, Urteil vom 05.03.1996 – 1 AZR 590/02 (A) – AP Nr. 226 zu Art. 3 GG = juris). Erst wenn die klagende Partei ihrer diesbezüglichen Darlegungslast genügt, obliegt es dem Arbeitgeber, dem Vortrag substantiiert entgegenzutreten (BAG, Urteil vom 12.10.2010 – 9 AZR 554/09 – a.a.O.)

b)

Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger im Verhältnis zu den anderen Bewerbern nicht. Aus dem Sachvortrag des Klägers ergibt sich nicht, dass eine sog. „Ermessensreduzierung auf Null“ vorliegt, die Übertragung der Stelle an den Kläger also die einzig rechtmäßige Entscheidung ist. Mit anderen Worten steht nicht bereits jetzt fest, dass der Kläger in dem Bewerbungsverfahren zur Gruppe der am besten geeigneten Kandidaten gehört.

III.

Da der Antrag auf Abgabe einer Annahmeerklärung unbegründet ist, war auch über den Hilfsantrag zu entscheiden. Dieser ist in der gebotenen Auslegung zulässig und begründet.

1.

Der Antrag ist zulässig. Er ist allerdings dahingehend auszulegen, dass der Kläger begehrt, die Beklagte zu verurteilen, über sein Angebot auf unbefristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 04.09.2018 hinaus unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (siehe dazu auch oben unter Punkt II 1 a). Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf erneute Durchführung des Auswahlverfahrens nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG hat. Der Kläger hat seinen Antrag § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO nachgebildet. Er entspricht insoweit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur beamtenrechtlichen Konkurrentenklage. Anders als im verwaltungsrechtlichen Verfahren fehlt hier jedoch ein belastender Verwaltungsakt. Es bedarf daher im bürgerlich-rechtlichen Rechtsstreit nicht der Aufhebung der Ablehnungsentscheidung (BAG, Urteil vom 21. Januar 2003 – 9 AZR 72/02 – BAGE 104, 295-302 = juris, Rdnr. 25; BAG, Urteil vom 02.12.1997 – 9 AZR 668/96 – BAGE 87, 171 = juris). Die Kammer hat den Antrag entsprechend dem im bürgerlich-rechtlichen Rechtsstreit möglichen Rechtsschutzziel ausgelegt (vgl. BAG, Urteil vom 21. Januar 2003 – 9 AZR 72/02 – a.a.O.).

2.

Der Antrag ist auch begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, über das Angebot des Klägers auf unbefristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 04.09.2018 hinaus unter Beachtung der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts neu zu entscheiden. Denn der Bewerberverfahrensanspruch des Klägers hat keine hinreichende Beachtung gefunden. Die Beklagte hat nicht nachvollziehbar dargelegt, wie das Ergebnis des schriftlichen Testverfahrens zu Stande gekommen ist, insbesondere wie sich die für die Vergabe der unbefristeten Stellen maßgebliche Bewertung ermittelt.

a)

Anders als der private hat der öffentliche Arbeitgeber zwar bei der Frage, welche Anforderungen er in seiner Stellenausschreibung an Bewerber stellt, Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten. Nach dieser Verfassungsnorm besteht nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Öffentliche Ämter in diesem Sinne sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch Stellen, die mit Arbeitern und Angestellten besetzt werden. Art. 33 Abs. 2 GG dient einerseits dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes und trägt andererseits dem berechtigten Interesse des Bewerbers an seinem beruflichen Fortkommen Rechnung. Art. 33 Abs. 2 GG begründet damit ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und auf deren Durchführung anhand der in der Stellenausschreibung genannten Auswahlkriterien (sog. Bewerber-/Bewerbungsverfahrensanspruch; BAG, Urteil vom 16.02.2012 – 8 AZR 697/10 – NZA 2012, 667 = juris; BAG, Urteil vom 07.04.2011 – 8 AZR 679/09 – NZA-RR 2011, 494 = juris).

b)

Nach diesen Grundsätzen geht die Kammer davon aus, dass der Bewerberverfahrensanspruch des Klägers verletzt ist. Die Beklagte hat keine nachvollziehbaren Leistungsvergleiche vorgenommen.

aa)

Eine Auswahl nach den Kriterien von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung setzt als Entscheidungsgrundlage eine Bewertung der Bewerber im Hinblick auf ihre Eignung für die zu besetzende Stelle voraus. Diese kann durch dienstliche Beurteilungen, Zeugnisse oder aktuelle Leistungsberichte vorgenommen werden. Nur auf dieser Grundlage ist es dem Arbeitgeber möglich, eine Auswahlentscheidung zu treffen, die den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG gerecht wird. Durch die Auswahl des am besten geeigneten Bewerbers sollen zwei Ziele erreicht werden: die Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Klärung der Wettbewerbssituation unter den Bewerbern (BVerwG, Urteil vom 18.07.2001 – 2 C 41/00 – DRiZ 2003, 49 = juris; BAG, Urteil vom 21.01.2003 – 9 AZR 72/02 – juris; BAG, Urteil vom 28.05.2002 – 9 AZR 751/00 – juris). In welcher Form der Arbeitgeber den zur Erreichung dieser Ziele notwendigen Leistungsvergleich unter den Bewerbern vornimmt, bleibt solange seiner Gestaltung überlassen, wie ihm nicht gesetzliche Vorschriften ein bestimmtes Verfahren vorschreiben.

Die Bestenauslese und Chancengleichheit sämtlicher Bewerber verlangen allerdings ein Mindestmaß an verfahrensrechtlichen Vorkehrungen. Dazu gehören für die Bewertung der Leistungen ein einheitlicher Bewertungsmaßstab sowie ein möglichst gemeinsamer Stichtag für die Durchführung der Bewertung (BVerwG, Urteil vom 18.07.2001 – 2 C 41/00 – a.a.O.).

Schließlich sind die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes verpflichtet, die Leistungsbewertungen und die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Diese Pflicht folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG. Sie gilt damit sowohl für Beamte als auch für Arbeiter und für Angestellte. Ein dem späteren Konkurrentenklageverfahren vorgelagertes Auswahlverfahren darf nicht so ausgestaltet sein, daß es den gerichtlichen Rechtsschutz vereitelt oder unzumutbar erschwert (BVerfG, Kammerbeschluss vom 19.09.1989 – 2 BvR 1576/88 – NJW 1990, 501 = juris). Das wäre aber dann der Fall, wenn der unterlegene Bewerber keine oder nur eine lückenhafte Kenntnis über die Entscheidungsgrundlagen hätte. Er könnte nicht sachgerecht darüber entscheiden, ob er die Auswahlentscheidung hinnehmen oder gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen soll (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.06.1997 – 1 TG 2183/97 – ZTR 1997, 526). Das Dokumentationsgebot ist für die Transparenz der Auswahlentscheidung unverzichtbar (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 10.10.1989 – 1 TG 2751/89 – ZBR 1990, 185 und für Prüfungsentscheidungen BVerwG, Urteil vom 09.12.1992 – 6 C 3/92 – BVerwGE 91, 262 = juris). Es ist für eine Konkurrentenklage zwingende Voraussetzung zur verfassungsrechtlichen Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes, denn nur die schriftliche Dokumentation gewährleistet eine gleiche und zuverlässige Information. Sie stellt sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind. Sie ermöglicht zudem eine Selbstkontrolle des Auswählenden. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung geht daher zu Recht davon aus, dass nur so eine verlässliche Grundlage für das Auswahlverfahren zur Verfügung steht und die Chancengleichheit sichergestellt werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 21.01.2003 – 9 AZR 72/02 – BAGE 104, 295-302 = juris, Rdnr. 43).

bb)

Nach diesen Grundsätzen ist davon auszugehen, dass der Bewerberverfahrensanspruch des Klägers verletzt ist, weil die Beklagte keine nachvollziehbaren Leistungsvergleiche vorgenommen hat. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten gerügt, dass nicht nachvollziehbar sei, wie das Ergebnis des schriftlichen Testverfahrens zu Stande gekommen ist und insbesondere wie sich die für die Vergabe der unbefristeten Stellen maßgebliche Bewertung ermittelt. Die Beklagte hat hierzu keine ausreichenden Erklärungen mitgeteilt. Die Beklagte hat die Leistungsbewertung des Klägers im Wesentlichen damit begründet, von 14 Leistungsmerkmalen seien alle 14 mit der Note 4 bewertet worden, somit habe sich in der Gesamtschau klar die Note 4 ergeben, die infolgedessen auch als Gesamtnote vergeben worden sei. Die Beklagte hat jedoch weder in der Leistungsbewertung selbst noch durch Vorlage entsprechender Unterlagen im Prozess erklärt, auf Grund welcher Tatsachen die 14 Leistungsmerkmale mit der Note 4 bewertet wurden. Die Leistungsbewertung ist somit auch nicht ausreichend schriftlich dokumentiert worden. Wenn aber das Zustandekommen der entscheidenden Note nicht objektiv nachvollzogen werden kann, verstößt die Beklagte gegen die Grundsätze des Auswahlverfahrens gemäß Art. 33 Abs. 2 GG, da die Transparenz des Auswahlverfahrens zu einer tragenden Säule der Bestenauslese gehört (s.o.). Letztendlich ist damit auch ein Leistungsvergleich mit anderen Bewerbern nicht möglich.

IV.

Soweit der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, seine Leistungen zum Stichtag 15.02.2018 mit der Gesamtnote von mindestens 6,5 Punkten zu bewerten, ist die Klage bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.

1.

Für eine Klage auf Neuvornahme der Leistungsbewertung fehlt jedenfalls dann das Rechtsschutzbedürfnis, sofern der Kläger daneben eine Konkurrentenklage erhebt. Denn die Leistungsbewertung ist lediglich unselbständiger Teil des Bewerbungsverfahrens um die unbefristet zu besetzenden Stellen. Nach Ziffer 2 der Bewertungsrichtlinie (Anlage B 8, Bl. 101 ff. der Gerichtsakte) haben die Leistungsbewertungen das Ziel, „ein aussagefähiges, objektives und vergleichbares Bild der Leistung der Beschäftigten zu gewinnen, die sich auf unbefristet zu besetzende Stellen bewerben. Sie dienen als Grundlage für Auswahlentscheidungen zur Besetzung dieser Stellen.“ Die Leistungsbewertung stellt damit nur eine Vorfrage im Rahmen der neuen Entscheidung über die Vergabe der unbefristeten Stellen dar. Hat die Klage auf Neubescheidung – wie hier – Erfolg, ist in diesem Rahmen ohne weiteres auch die Leistungsbewertung des Klägers zu überprüfen; hat die Klage auf Neubescheidung keinen Erfolg, bedarf es keiner neuen Leistungsbewertung. Für eine gesonderte Klage auf Neuvornahme der Leistungsbewertung fehlt es insoweit an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.

2.

Selbst wenn man für eine gesonderte Klage ein Rechtschutzbedürfnis anerkennen wollte, könnte der Kläger jedenfalls eine Ersetzung der von der Beklagten vorgenommenen Bewertung und die Zuweisung einer konkreten anderen Punktzahl durch das Gericht nicht verlangen (vgl. BAG, Urteil vom 24.01.2007 – 4 AZR 629/06 – BAGE 121, 91 = juris, Rdnr. 42).

V.

Auch der Hilfsantrag auf Neubeurteilung des Klägers unter Beachtung der Rechtssauffassung des Gerichts ist unzulässig. Auch diesem Antrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Es wird insoweit auf die Ausführungen zum Hauptantrag (Punkt IV) Bezug genommen.

VI.

Der auf Weiterbeschäftigung gerichtete Klageantrag zu ist der Kammer nicht zur Entscheidung angefallen. Der Kläger macht seine vorläufige Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits geltend. Der Weiterbeschäftigungsantrag steht daher unter der innerprozessualen Bedingung des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1 (vgl. BAG, Urteil vom 18. Juni 2008 – 7 AZR 214/07 – Rdnr. 34, juris). Diese Bedingung ist nicht eingetreten.

B.

Die Kostenentscheidung beruht 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

C.

Der Streitwert wurde festgesetzt gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO. Für den Entfristungsantrag hat die Kammer den Quartalsverdienst des Klägers angesetzt. Für die Konkurrentenklage (Haupt- und Hilfsantrag) war einheitlich ebenfalls der Quartalsverdienst anzusetzen. Die Anträge im Zusammenhang mit der Leistungsbewertung sind einheitlich mit einem Bruttomonatsgehalt berücksichtigt worden.

D.

Für eine gesonderte Zulassung der Berufung gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG gibt es keinen Anlass.

 

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