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Entgeltfortzahlungsansprüche bei Streit über bestehende Arbeitsunfähigkeit

Kaufmännische Angestellte im Rechtsstreit mit Arbeitgeber: Nur teilweise Entgeltfortzahlung trotz Krankschreibung anerkannt. Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin führten zu gerichtlicher Auseinandersetzung. Landesarbeitsgericht Niedersachsen entscheidet über Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei umstrittener Arbeitsunfähigkeit.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Der Fall betrifft den Streit über Entgeltansprüche einer Angestellten für den Monat Dezember 2022.
  • Die Angestellte war von ihrem Arbeitgeber als arbeitsunfähig abgemeldet, was zu einem Entgeltfortzahlungsstreit führte.
  • Der Arbeitgeber zweifelte die Arbeitsunfähigkeit der Angestellten an und verweigerte die Zahlung.
  • Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen entschied zugunsten der Angestellten, dass der Arbeitgeber 1.013,00 € brutto nebst Zinsen zahlen muss.
  • Das Gericht entschied so, weil die Angestellte ihre Arbeitsunfähigkeit ordnungsgemäß gemeldet und nachgewiesen hatte.
  • Die Entscheidung beruht auf der Betrachtung des schriftlichen Arbeitsvertrages und der eingereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen.
  • Der Streit wurde teilweise zugunsten des Arbeitgebers entschieden, jedoch musste er dennoch einen Großteil des geforderten Betrags zahlen.
  • Die Hälfte der Gerichtskosten tragen beide Parteien gleichermaßen.
  • Die Revision wurde nicht zugelassen, was die Entscheidung des Gerichts abschließend macht.
  • Diese Entscheidung verdeutlicht, dass eine korrekte Krankmeldung und ein gültiger Nachweis der Arbeitsunfähigkeit entscheidend für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung sind.

Gerichtsurteil: Nur teilweise Entgeltfortzahlung trotz Krankschreibung

Wer kennt es nicht: Man ist krank und fällt für einige Tage aus. Doch was passiert, wenn der Arbeitgeber die Krankheit nicht anerkennt und die Entgeltfortzahlung verweigert? In solchen Fällen kann es schnell zu Unsicherheiten kommen, denn die Rechtslage ist komplex und abhängig von verschiedenen Faktoren. Wann besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall? Was gilt im Streitfall? Und welche Möglichkeiten haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber, um ihre Interessen zu vertreten?

Diese Fragen wollen wir im Folgenden näher beleuchten. Gerade wenn eine Arbeitsunfähigkeit umstritten ist, entstehen schnell Rechtsstreitigkeiten. So muss beispielsweise geklärt werden, ob die Krankheit tatsächlich vorliegt und ob der Arbeitnehmer seine Pflicht zur Arbeitsunfähigkeitserklärung erfüllt hat. In einem aktuellen Fall hat ein Gericht nun ein Urteil gefällt, das neue Erkenntnisse zur Abgrenzung von Arbeitsunfähigkeit und Arbeitsverweigerung liefert.

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Der Fall vor Gericht


Entgeltfortzahlungsstreit bei umstrittener Arbeitsunfähigkeit

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 18.04.2024 (Az. 6 Sa 416/23) befasst sich mit einem arbeitsrechtlichen Konflikt über Entgeltfortzahlungsansprüche. Im Zentrum des Falls steht eine Klägerin, die als kaufmännische Angestellte in Teilzeit bei der beklagten Firma beschäftigt war. Das Arbeitsverhältnis endete am 15.01.2023 aufgrund einer ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber vom 15.12.2022.

Der Streit dreht sich um Entgeltansprüche der Klägerin für den Monat Dezember 2022. In diesem Zeitraum war die Arbeitnehmerin krankgeschrieben, jedoch zweifelte der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit an. Die rechtliche Auseinandersetzung entstand, weil die Beklagte die Entgeltfortzahlung für diesen Zeitraum verweigerte. Sie begründete dies mit Zweifeln an der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit der Klägerin.

Die Herausforderung für das Gericht bestand darin, die Rechtmäßigkeit der Entgeltfortzahlung bei einer umstrittenen Arbeitsunfähigkeit zu beurteilen. Es musste abgewogen werden zwischen dem Recht des Arbeitgebers, eine Arbeitsunfähigkeit anzuzweifeln, und dem Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Gerichtliche Entscheidung zur Entgeltfortzahlung

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat in seinem Urteil eine teilweise Stattgabe der Klage beschlossen. Die Beklagte wurde verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 1.013,00 € brutto nebst Zinsen zu zahlen. Dieser Betrag entspricht einem Teil der von der Klägerin geforderten Entgeltfortzahlung für den strittigen Zeitraum im Dezember 2022.

Die Entscheidung des Gerichts basiert auf einer sorgfältigen Abwägung der vorgebrachten Beweise und Argumente. Das Gericht erkannte an, dass die Klägerin für einen Teil des umstrittenen Zeitraums tatsächlich arbeitsunfähig war und somit Anspruch auf Entgeltfortzahlung hatte. Gleichzeitig berücksichtigte das Gericht auch die Zweifel des Arbeitgebers an der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit.

Rechtliche Grundlagen und Beweislast

Bei der Beurteilung des Falls stützte sich das Gericht auf die gesetzlichen Regelungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Gemäß dem Entgeltfortzahlungsgesetz haben Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf Fortzahlung ihres Gehalts für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen, wenn sie durch Krankheit arbeitsunfähig sind.

Die Beweislast in solchen Fällen ist zweigeteilt. Zunächst muss der Arbeitnehmer das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit und deren Dauer darlegen. Dies geschieht in der Regel durch Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Der Arbeitgeber trägt dann die Beweislast für Tatsachen, die den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern können.

Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin offenbar Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt. Der Arbeitgeber zweifelte deren Beweiskraft an, konnte aber nicht für den gesamten strittigen Zeitraum ausreichend Tatsachen vorbringen, um den Beweiswert vollständig zu erschüttern.

Konsequenzen und Bedeutung des Urteils

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen hat wichtige Konsequenzen für beide Parteien. Die Klägerin erhält einen erheblichen Teil der geforderten Entgeltfortzahlung, wenn auch nicht den vollen Betrag. Die Beklagte muss die zugesprochene Summe zahlen, konnte aber einen Teil ihrer Einwände erfolgreich geltend machen.

Für die arbeitsrechtliche Praxis unterstreicht dieses Urteil die Bedeutung einer sorgfältigen Dokumentation und Begründung bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeiters. Arbeitgeber sollten bei Verdachtsmomenten zeitnah und umfassend Beweise sammeln, die ihre Zweifel untermauern.

Arbeitnehmer wiederum sollten sich bewusst sein, dass eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zwar ein starkes Beweismittel ist, aber nicht in jedem Fall unanfechtbar. Sie sollten im Zweifelsfall bereit sein, ihre Arbeitsunfähigkeit auch durch weitere Nachweise zu belegen.

Das Gericht hat mit seiner Entscheidung einen ausgewogenen Mittelweg gefunden, der die Interessen beider Seiten berücksichtigt. Es zeigt sich, dass in Fällen umstrittener Arbeitsunfähigkeit eine detaillierte Einzelfallprüfung erforderlich ist, um zu einer gerechten Lösung zu gelangen.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil verdeutlicht die komplexe Abwägung zwischen dem Recht des Arbeitgebers, eine Arbeitsunfähigkeit anzuzweifeln, und dem Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung. Es unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Dokumentation für beide Seiten. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen haben zwar starke Beweiskraft, können aber bei substantiierten Zweifeln des Arbeitgebers erschüttert werden. In solchen Fällen ist eine detaillierte Einzelfallprüfung erforderlich, um zu einer ausgewogenen Entscheidung zu gelangen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen zeigt, dass auch bei Zweifeln des Arbeitgebers an Ihrer Arbeitsunfähigkeit nicht automatisch Ihr Anspruch auf Entgeltfortzahlung verfällt. Es unterstreicht die Bedeutung einer guten Dokumentation Ihrer Erkrankung. Auch wenn Ihr Arbeitgeber Ihre Arbeitsunfähigkeit anzweifelt, können Sie dennoch einen Anspruch auf zumindest teilweise Entgeltfortzahlung haben, wenn Sie Ihre Arbeitsunfähigkeit durch ärztliche Bescheinigungen oder andere Nachweise belegen können.

Das Urteil verdeutlicht auch, dass Arbeitgeber nicht leichtfertig die Arbeitsunfähigkeit ihrer Mitarbeiter anzweifeln sollten. Sie müssen ihre Zweifel gut begründen und belegen können.

Wenn Ihr Arbeitgeber Ihre Arbeitsunfähigkeit anzweifelt und die Entgeltfortzahlung verweigert, sollten Sie sich rechtlichen Rat einholen, um Ihre Rechte zu wahren.


FAQ – Häufige Fragen

Krank im Job, aber der Arbeitgeber bestreitet die Arbeitsunfähigkeit und verweigert die Entgeltfortzahlung? Eine ärgerliche Situation mit vielen Fragen. Entgeltfortzahlung bei umstrittener Arbeitsunfähigkeit – was sind Ihre Rechte, welche Schritte sind sinnvoll und welche Fristen müssen beachtet werden? Unsere FAQ liefert Ihnen die Antworten und hilft Ihnen, Ihre Rechte im Krankheitsfall durchzusetzen.


Welche Rechte haben Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verweigert?

Arbeitnehmer haben bei verweigerter Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall mehrere Möglichkeiten, ihre Rechte durchzusetzen. Der gesetzliche Anspruch auf Entgeltfortzahlung für bis zu sechs Wochen ist im Entgeltfortzahlungsgesetz klar geregelt. Verweigert der Arbeitgeber die Zahlung unberechtigt, sollten Betroffene zunächst das Gespräch suchen und auf ihren Anspruch hinweisen. Führt dies nicht zum Erfolg, empfiehlt sich die schriftliche Geltendmachung der ausstehenden Zahlungen per Einschreiben. Dabei ist es ratsam, eine angemessene Frist zur Nachzahlung zu setzen.

Bleibt der Arbeitgeber weiterhin untätig, können Arbeitnehmer rechtliche Schritte einleiten. Eine Möglichkeit besteht darin, Klage vor dem Arbeitsgericht zu erheben. Das Verfahren in der ersten Instanz ist für Arbeitnehmer kostenfrei, ein Anwalt muss nicht zwingend hinzugezogen werden. Alternativ können sich Betroffene an ihre Krankenkasse wenden. Diese zahlt in solchen Fällen vorläufig Krankengeld aus und fordert die Beträge anschließend vom Arbeitgeber zurück.

Bei wiederholter oder dauerhafter Verweigerung der Entgeltfortzahlung liegt möglicherweise eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten vor. In besonders schweren Fällen kann dies sogar eine außerordentliche Kündigung durch den Arbeitnehmer rechtfertigen. Vor einem solchen Schritt ist jedoch dringend fachkundiger Rat einzuholen.

Arbeitnehmer sollten beachten, dass sie ihre Ansprüche innerhalb bestimmter Fristen geltend machen müssen. Diese ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag, anwendbaren Tarifverträgen oder gesetzlichen Regelungen. Um keine Ansprüche zu verlieren, ist zeitnahes Handeln geboten.

Eine sorgfältige Dokumentation aller Vorfälle und Kommunikation mit dem Arbeitgeber erleichtert die spätere Durchsetzung der Ansprüche erheblich. Dazu gehören ärztliche Atteste, Gehaltsabrechnungen und der Schriftverkehr bezüglich der verweigerten Zahlungen.

In komplexeren Fällen, etwa wenn Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit bestehen, kann die Rechtslage schwieriger zu beurteilen sein. Hier ist es ratsam, frühzeitig fachkundige Unterstützung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht oder eine Gewerkschaft in Anspruch zu nehmen. Diese können die individuelle Situation bewerten und bei der Durchsetzung der Ansprüche unterstützen.

Arbeitnehmer sollten sich bewusst sein, dass die Verweigerung der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber in den meisten Fällen rechtswidrig ist. Das Gesetz schützt Beschäftigte umfassend vor finanziellen Einbußen im Krankheitsfall. Mit Kenntnis ihrer Rechte und entschlossenem Handeln können Arbeitnehmer ihre Ansprüche erfolgreich durchsetzen.

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Wie können Arbeitnehmer ihre Arbeitsunfähigkeit nachweisen, wenn der Arbeitgeber Zweifel anmeldet?

Arbeitnehmer können ihre Arbeitsunfähigkeit primär durch die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachweisen. Diese hat einen hohen Beweiswert vor Gericht. Meldet der Arbeitgeber dennoch Zweifel an, stehen Arbeitnehmern weitere Möglichkeiten zur Verfügung, um ihre Arbeitsunfähigkeit zu belegen.

Eine Option ist die Vorlage detaillierterer ärztlicher Atteste. Diese können zusätzliche Informationen zur Diagnose, Symptomatik und voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit enthalten, ohne die ärztliche Schweigepflicht zu verletzen. Arbeitnehmer sind jedoch nicht verpflichtet, dem Arbeitgeber ihre konkrete Diagnose mitzuteilen.

In manchen Fällen kann auch eine Stellungnahme des behandelnden Arztes hilfreich sein. Der Arzt kann darin die Arbeitsunfähigkeit näher erläutern und begründen, warum der Arbeitnehmer seine berufliche Tätigkeit nicht ausüben kann. Dies kann besonders bei nicht offensichtlichen Erkrankungen wie psychischen Leiden nützlich sein.

Eine weitere Möglichkeit ist die Einholung einer zweiten ärztlichen Meinung. Der Arbeitnehmer kann sich freiwillig von einem anderen Arzt untersuchen lassen, um die ursprüngliche Diagnose zu bestätigen. Dies erhöht die Glaubwürdigkeit der Arbeitsunfähigkeit.

In bestimmten Situationen können auch Fotos oder Videoaufnahmen als Nachweis dienen. Bei einem Beinbruch könnte beispielsweise ein Foto des Gipsverbandes die Arbeitsunfähigkeit untermauern. Hierbei ist jedoch stets der Datenschutz zu beachten.

Arbeitnehmer können zudem anbieten, sich vom Betriebsarzt oder einem vom Arbeitgeber bestimmten Arzt untersuchen zu lassen. Dies zeigt Kooperationsbereitschaft und kann Zweifel ausräumen. Die Kosten für eine solche Untersuchung trägt der Arbeitgeber.

Bei länger andauernder Arbeitsunfähigkeit kann der Arbeitgeber eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) anfordern. Der MDK prüft dann die Arbeitsunfähigkeit und erstellt ein Gutachten. Dieses hat einen hohen Beweiswert und kann Streitigkeiten oft beenden.

In Ausnahmefällen können auch Zeugenaussagen von Familienangehörigen oder Freunden die Arbeitsunfähigkeit bestätigen. Dies ist besonders relevant, wenn die Erkrankung mit äußerlich sichtbaren Symptomen einhergeht.

Arbeitnehmer sollten stets kooperativ sein und alle zumutbaren Nachweise erbringen. Gleichzeitig müssen sie ihre Persönlichkeitsrechte und den Datenschutz wahren. Ein offener Dialog mit dem Arbeitgeber kann oft helfen, Missverständnisse auszuräumen und das Vertrauensverhältnis zu stärken.

Besteht der Arbeitgeber trotz aller Nachweise auf seiner Zweifelsposition, können Arbeitnehmer ihre Ansprüche auf Entgeltfortzahlung gerichtlich durchsetzen. Vor Gericht hat die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung weiterhin einen hohen Beweiswert. Der Arbeitgeber muss dann konkrete Tatsachen vorbringen, die den Beweiswert der Bescheinigung erschüttern.

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Welche Beweispflichten haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem Streit um die Entgeltfortzahlung?

Bei Streitigkeiten um die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gelten spezifische Beweispflichten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer muss zunächst seine Arbeitsunfähigkeit durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung nachweisen. Diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat einen hohen Beweiswert und begründet die Vermutung, dass der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt ist.

Der Arbeitgeber kann den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern, indem er konkrete Tatsachen darlegt, die Zweifel an der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit begründen. Solche Zweifel können sich beispielsweise aus dem Verhalten des Arbeitnehmers oder aus widersprüchlichen ärztlichen Attesten ergeben. Die Darlegungs- und Beweislast für diese Zweifel trägt der Arbeitgeber.

Gelingt es dem Arbeitgeber, den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern, muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit im Einzelnen darlegen und beweisen. Dies kann durch detaillierte Schilderungen des Krankheitsverlaufs, Vorlage weiterer ärztlicher Atteste oder die Benennung des behandelnden Arztes als Zeugen erfolgen. Der Arbeitnehmer muss in diesem Fall seinen Gesundheitszustand offenlegen und die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbinden.

Bei Streitigkeiten über eine mögliche Fortsetzungserkrankung gilt eine abgestufte Darlegungslast. Der Arbeitnehmer muss zunächst darlegen, dass keine Fortsetzungserkrankung vorliegt. Bestreitet der Arbeitgeber dies, muss der Arbeitnehmer konkrete Tatsachen vortragen, die den Schluss zulassen, dass tatsächlich eine neue Erkrankung vorliegt. Hierzu muss er laienhaft schildern, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit welchen Auswirkungen auf seine Arbeitsfähigkeit bestanden haben.

Die Beweislast dafür, dass eine Arbeitsunfähigkeit schuldhaft herbeigeführt wurde und deshalb kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht, trägt der Arbeitgeber. Er muss konkrete Anhaltspunkte für ein Verschulden des Arbeitnehmers darlegen und beweisen.

In der Praxis führen diese Beweisregeln dazu, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitsunfähigkeit sorgfältig dokumentieren sollten. Arbeitgeber hingegen müssen bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit konkrete Indizien sammeln und vortragen. Die Gerichte prüfen im Streitfall, ob die vorgebrachten Tatsachen ausreichen, um den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern oder ein Verschulden des Arbeitnehmers zu belegen.

Ein anschauliches Beispiel verdeutlicht die Beweislastverteilung: Ein Arbeitnehmer legt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für zwei Wochen vor. Der Arbeitgeber erfährt, dass der Arbeitnehmer in dieser Zeit bei einer Sportveranstaltung teilgenommen hat. In diesem Fall muss der Arbeitgeber die Teilnahme an der Sportveranstaltung darlegen und beweisen. Der Arbeitnehmer muss dann erklären, warum trotz der Sportaktivität eine Arbeitsunfähigkeit vorlag, etwa weil die ärztlich verordnete Bewegungstherapie Teil der Genesung war.

Die Rechtsprechung berücksichtigt bei der Bewertung der Beweise die Umstände des Einzelfalls. Faktoren wie die Dauer der Arbeitsunfähigkeit, das Verhalten des Arbeitnehmers während der Krankschreibung und die Art der Erkrankung fließen in die gerichtliche Würdigung ein. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten daher alle relevanten Umstände sorgfältig dokumentieren, um ihre Position im Streitfall untermauern zu können.

 

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Welche Möglichkeiten haben Arbeitnehmer, finanzielle Unterstützung zu erhalten, wenn die Entgeltfortzahlung verweigert wird?

Bei einer Verweigerung der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber haben Arbeitnehmer verschiedene Möglichkeiten, finanzielle Unterstützung zu erhalten.

Krankengeld von der gesetzlichen Krankenversicherung stellt eine wichtige Option dar. Gesetzlich Krankenversicherte haben ab dem Tag nach der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld, wenn der Arbeitgeber nicht zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist. Das Krankengeld beträgt in der Regel 70 Prozent des regelmäßigen Bruttoarbeitsentgelts, maximal aber 90 Prozent des Nettoarbeitsentgelts.

Arbeitnehmer können sich auch an die Agentur für Arbeit wenden. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht die Möglichkeit, Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit zu beantragen. Dies kommt in Betracht, wenn das Arbeitsverhältnis endet und die Arbeitsunfähigkeit weiter andauert. Die Höhe richtet sich nach dem vorherigen Nettoeinkommen.

Eine weitere Option bietet das Übergangsgeld. Dieses kann beantragt werden, wenn medizinische Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt werden und dadurch kein Arbeitsentgelt erzielt werden kann. Die zuständige Stelle für die Beantragung ist in der Regel die Deutsche Rentenversicherung.

In Fällen akuter finanzieller Not können Arbeitnehmer einen Antrag auf Sozialhilfe beim örtlichen Sozialamt stellen. Die Sozialhilfe sichert das Existenzminimum ab und kann als Überbrückung dienen, bis andere Leistungen greifen.

Arbeitnehmer sollten zudem prüfen, ob sie eine private Krankentagegeldversicherung abgeschlossen haben. Diese Versicherung zahlt in der Regel ab einem bestimmten Tag der Arbeitsunfähigkeit ein vereinbartes Tagegeld.

Bei einer ungerechtfertigten Verweigerung der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber können Arbeitnehmer ihre Ansprüche auch gerichtlich durchsetzen. Hierfür empfiehlt sich die Unterstützung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht oder die Gewerkschaft. In einem Gerichtsverfahren kann nicht nur die Nachzahlung des vorenthaltenen Entgelts, sondern unter Umständen auch Schadensersatz geltend gemacht werden.

Arbeitnehmer sollten bei einer Verweigerung der Entgeltfortzahlung zeitnah handeln und sich über ihre Rechte informieren. Die Beratungsstellen der Krankenkassen, der Agentur für Arbeit sowie Gewerkschaften können dabei wertvolle Unterstützung leisten und über die individuell passenden Möglichkeiten aufklären.

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Wann sollten Arbeitnehmer rechtlichen Rat einholen, wenn es um die Entgeltfortzahlung bei Krankheit geht?

Arbeitnehmer sollten rechtlichen Rat einholen, wenn der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verweigert oder kürzt. Dies kann der Fall sein, wenn Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit bestehen oder der Arbeitgeber eine Fortsetzungserkrankung vermutet. Rechtliche Unterstützung ist ratsam, wenn der Arbeitgeber trotz ordnungsgemäßer Krankmeldung die Zahlung einstellt.

Auch bei Streitigkeiten über die Dauer der Entgeltfortzahlung ist anwaltliche Hilfe sinnvoll. Der gesetzliche Anspruch besteht für maximal sechs Wochen pro Krankheitsfall. Bei wiederholten Erkrankungen kann es zu Unklarheiten kommen, ob es sich um denselben Krankheitsfall handelt. Ein Rechtsanwalt kann prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für einen erneuten Entgeltfortzahlungsanspruch erfüllt sind.

Rechtlicher Beistand ist zudem empfehlenswert, wenn der Arbeitgeber detaillierte Informationen über die Erkrankung verlangt. Arbeitnehmer sind grundsätzlich nicht verpflichtet, die Art ihrer Erkrankung offenzulegen. Ein Anwalt kann beraten, welche Auskünfte der Arbeitgeber verlangen darf und wie der Arbeitnehmer seine Privatsphäre schützen kann.

Bei Kündigungen während oder kurz nach einer Krankschreibung sollten Arbeitnehmer umgehend rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Es könnte sich um eine unzulässige krankheitsbedingte Kündigung handeln. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann die Rechtmäßigkeit der Kündigung prüfen und gegebenenfalls dagegen vorgehen.

Wenn der Arbeitgeber eine ärztliche Untersuchung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung oder einen Betriebsarzt anordnet, ist rechtliche Beratung empfehlenswert. Ein Anwalt kann klären, unter welchen Umständen der Arbeitnehmer zu einer solchen Untersuchung verpflichtet ist.

Arbeitnehmer sollten auch dann einen Rechtsanwalt konsultieren, wenn der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung von der Offenlegung der Diagnose abhängig macht. Ein Anwalt kann in solchen Fällen die Rechte des Arbeitnehmers wahren und gleichzeitig eine für beide Seiten akzeptable Lösung finden.

Bei Unstimmigkeiten über die Höhe der Entgeltfortzahlung ist rechtliche Unterstützung ratsam. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen variable Gehaltsbestandteile wie Provisionen oder Zuschläge eine Rolle spielen. Ein Fachanwalt kann prüfen, ob die Berechnung der Entgeltfortzahlung korrekt erfolgt ist.

Wenn der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung mit der Begründung verweigert, der Arbeitnehmer habe die Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet, ist anwaltliche Hilfe dringend geboten. Ein Rechtsanwalt kann beurteilen, ob tatsächlich ein Verschulden vorliegt und wie dagegen vorzugehen ist.

Bei grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnissen oder Auslandseinsätzen können komplexe rechtliche Fragen zur Entgeltfortzahlung auftreten. In solchen Fällen ist die Konsultation eines im internationalen Arbeitsrecht erfahrenen Anwalts besonders wichtig.

Arbeitnehmer sollten auch dann rechtlichen Rat einholen, wenn der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung von der Erbringung einer Arbeitsleistung abhängig macht, obwohl eine ärztliche Krankschreibung vorliegt. Ein Anwalt kann in solchen Situationen die Rechte des Arbeitnehmers wahren und unrechtmäßige Forderungen des Arbeitgebers abwehren.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Entgeltfortzahlung: Gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers, bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers für bis zu sechs Wochen das Arbeitsentgelt weiterzuzahlen. Dies basiert auf § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz und sichert die finanzielle Existenz des Arbeitnehmers im Krankheitsfall. Die Entgeltfortzahlung beginnt am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit und setzt voraus, dass das Arbeitsverhältnis mindestens vier Wochen besteht. Wichtig ist, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitteilt und bei längerer Krankheit eine ärztliche Bescheinigung vorlegt.
  • Arbeitsunfähigkeit: Zustand, in dem ein Arbeitnehmer aufgrund von Krankheit seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht oder nur mit der Gefahr, seinen Gesundheitszustand zu verschlechtern, erbringen kann. Die Feststellung erfolgt durch einen Arzt und wird durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dokumentiert. Entscheidend ist nicht die Diagnose, sondern die Auswirkung der Erkrankung auf die Arbeitsfähigkeit. Eine Arbeitsunfähigkeit kann auch bei nur teilweiser Einschränkung der Arbeitsfähigkeit vorliegen, wenn die vertraglich geschuldete Tätigkeit nicht mehr vollständig ausgeübt werden kann.
  • Beweislast: Rechtliche Verpflichtung einer Partei in einem Gerichtsverfahren, Tatsachen zu beweisen, die ihre Ansprüche oder Einwände stützen. Im Kontext der Entgeltfortzahlung muss zunächst der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung nachweisen. Der Arbeitgeber trägt dann die Beweislast für Tatsachen, die den Beweiswert dieser Bescheinigung erschüttern können. Diese Verteilung soll einen fairen Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gewährleisten und verhindert, dass der Arbeitnehmer in Beweisnot gerät.
  • Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Ärztliches Attest, das die Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers bestätigt und deren voraussichtliche Dauer angibt. Es dient als wichtiges Beweismittel im Streitfall um die Entgeltfortzahlung. Die Bescheinigung muss spätestens am vierten Kalendertag der Arbeitsunfähigkeit beim Arbeitgeber vorliegen, sofern dieser sie nicht schon früher verlangt. Sie hat eine hohe Beweiskraft, kann aber vom Arbeitgeber angezweifelt werden, wenn konkrete Anhaltspunkte gegen ihre Richtigkeit sprechen. In diesem Fall kann der Arbeitgeber eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung veranlassen.
  • Erschütterung des Beweiswertes: Rechtliches Konzept, bei dem der Arbeitgeber Tatsachen vorbringt, die erhebliche Zweifel an der Richtigkeit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung begründen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer während der Krankschreibung bei Tätigkeiten beobachtet wird, die mit der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit unvereinbar sind. Die Erschütterung des Beweiswertes führt dazu, dass das Gericht die Umstände des Einzelfalls genauer prüfen muss und gegebenenfalls weitere Beweise erforderlich werden. Der Arbeitgeber muss dabei konkrete Indizien vorlegen, bloße Vermutungen reichen nicht aus.
  • Teilweise Stattgabe: Gerichtliche Entscheidung, bei der einem Antrag oder einer Klage nur zum Teil entsprochen wird. Im vorliegenden Fall wurde der Klage auf Entgeltfortzahlung teilweise stattgegeben, d.h. die Klägerin erhielt einen Teil des geforderten Betrags zugesprochen. Dies kann verschiedene Gründe haben, etwa dass das Gericht nur für einen Teil des strittigen Zeitraums eine Arbeitsunfähigkeit als nachgewiesen ansah. Eine teilweise Stattgabe spiegelt oft einen Kompromiss wider, bei dem die Interessen beider Parteien berücksichtigt werden. Sie kann auch Auswirkungen auf die Verteilung der Prozesskosten haben.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG): Dieser Paragraph regelt den grundsätzlichen Anspruch von Arbeitnehmern auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für bis zu sechs Wochen. Im vorliegenden Fall berief sich die Klägerin auf diesen Anspruch, da sie für den Monat Dezember 2022 krankgeschrieben war.
  • § 7 EFZG: Dieser Paragraph legt die Voraussetzungen für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung fest, insbesondere das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit. Im konkreten Fall zweifelte der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin an, was zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung führte.
  • § 281a Zivilprozessordnung (ZPO): Dieser Paragraph regelt die Beweislastverteilung in Zivilprozessen. Im vorliegenden Fall musste die Klägerin zunächst ihre Arbeitsunfähigkeit nachweisen (z.B. durch Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen), während der Arbeitgeber die Beweislast für Tatsachen trug, die den Beweiswert dieser Bescheinigungen erschüttern könnten.
  • § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph besagt, dass der Arbeitgeber das Entgelt des Arbeitnehmers fortzahlen muss, wenn dieser für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Im vorliegenden Fall war dies die Erkrankung der Klägerin.
  • § 109 Gewerbeordnung (GewO): Dieser Paragraph verpflichtet den Arbeitgeber, die Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers durch eine ärztliche Bescheinigung nachweisen zu lassen. Im konkreten Fall legte die Klägerin entsprechende Bescheinigungen vor, deren Beweiskraft jedoch vom Arbeitgeber angezweifelt wurde.

Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Niedersachsen – Az.: 6 Sa 416/23 – Urteil vom 18.04.2024

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts vom 10.05.2023 – 11 Ca 24/23 – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.013,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.01.2023 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Parteien je zur Hälfte zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Entgeltansprüche der Klägerin für den Monat Dezember 2022.

Die Klägerin war bis zum 15.01.2023 auf Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 31.03.2021 (vgl. Blatt 6 bis 9 der Akte) bei der Beklagten in Teilzeit als kaufmännische Angestellte tätig. Die vereinbarten Arbeitstage waren montags bis mittwochs. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund der ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 15.12.2022 mit Ablauf des 15.01.2023.

Auch der Lebensgefährte der Klägerin stand in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten.

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Dieses hatte er mit Schreiben vom 05.12.2022 zum 31.01.2023 gekündigt. Nachdem er zunächst bis zum 07.12.2022 seinen vertraglichen Arbeitsverpflichtungen nachgekommen war, hat er der Beklagten anschließend für den Restmonat Dezember verschiedene Erst- und Folgebescheinigung in Hinblick auf eine bei ihm bestehende Arbeitsunfähigkeit vorgelegt. In einem vom Lebensgefährten der Klägerin angestrengten gerichtlichen Verfahren vor dem Arbeitsgericht zum Aktenzeichen 11 Ca 25/23 wies das Arbeitsgericht den von diesem geltend gemachten Entgeltfortzahlungsanspruch für den Zeitraum vom 8. bis 31.12.2022 nach Vernehmung der Ärztin Frau Dr. G. und des Arztes Dr. R. ab (siehe Blatt 144 bis 149 der Akte).

Bis zum 07.12.2022 hat auch die Klägerin ihre Arbeitsleistung für die Beklagte tatsächlich erbracht.

Am Sonntag, den 12.12.2022, schrieb die Klägerin dem Geschäftsführer der Beklagten um 11:17 Uhr per WhatsApp, dass sie „morgen definitiv raus“ sei, Kopf und Gliederschmerzen sowie „ganz schlimme“ Krämpfe habe. Der Geschäftsführer der Beklagten erklärte daraufhin, er werde verschiedene Gegenstände, unter anderem den Dienstwagen des Lebensgefährten der Klägerin, noch am selben Tag von deren gemeinsamer Wohnung abholen. Zudem schrieb er der Klägerin am 12.12.2022 um 12:19 Uhr unter anderem: „ich möchte keine Kommentare ich möchte alles abholen. Dann plane ich euch jetzt aus bei der Weihnachtsfeier. Ich möchte die Woche keinen mehr sehen. Ich melde mich dann die Woche wie wir weitermachen ich brauche Zuverlässigkeit gerade im Moment und nach Weihnachten. Danke“. Wegen der weiteren Einzelheiten des WhatsApp-Chatverlaufs wird auf Blatt 54 der Akte verwiesen.

Die Klägerin reichte bei der Beklagten anschließend zunächst eine von der Ärztin Frau L. aus der Praxisgemeinschaft am 12.12.2022 aufgrund eines Telefongesprächs ausgestellte Erstbescheinigung über ihre Arbeitsunfähigkeit vom 12.12.2022 bis zum 14.12.2022 (Blatt 40 der Akte), anschließend eine von Herrn Dr. R. ebenfalls aus Praxisgemeinschaft aufgrund eines Telefonates erstellte Folgebescheinigung vom 19.12.2022 bis 21.12.2022 und schließlich eine wiederum von den Dr. R. erstellte Folgebescheinigung vom 22.12.2022 bis 13.01.2023 (Blatt 42 der Akte) ein.

Unter dem 14.12.2022 erteilte die Beklagte der Klägerin eine schriftliche Gehaltsabrechnung für den Monat Dezember 2022 erteilt, wegen deren Inhalt auf Blatt 5 der Akte verwiesen wird. Die Auszahlung der darin ausgewiesenen Vergütung an die Klägerin erfolgte nicht.

Nachdem die Klägerin einen von der Beklagten vorgeschlagenen Aufhebungsvertrag abgelehnt hatte, kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 15.12.2022, der Klägerin zugegangen am 16.12.2022, das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 15.01.2023. Unter dem 17.12.2022 bestätigte die Klägerin dem Geschäftsführer der Beklagten schriftlich den Erhalt der Kündigung und fragte diesen: „Wie sieht es denn mit der Zeit bis Januar aus? Wenn ich denn wirklich nicht mehr ins Büro kommen soll, bestätigen Sie mir das bitte noch schriftlich?“ (vgl. Blatt 57 der Akte). Der Geschäftsführer erwiderte hierauf mit Mail vom selben Tag wie folgt: „Prüfen Sie das Datum und melden sich gerne wieder. Dann sprechen wir weiter. Können gerne bis zum 15.01.2023 alles sauber abrechnen. Die 18 Tage sind klar. Urlaub etc. brauche ich dann noch dann zahle ich den Rest aus“ (vgl. Blatt 55 der Akte).

Mit der am 19.01.2023 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage hat die Klägerin die Beklagte unter anderem auf Zahlung von 2.026,00 € brutto nebst Zinsen für den Monat Dezember 2022 in Anspruch genommen.

Sie hat die Auffassung vertreten, ihr stehe für den Monat Dezember 2022 die in der Abrechnung ausgewiesene Bruttovergütung in Höhe von 2.026,00 € zu. Sie sei ab dem 12.12.2022 tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt gewesen, habe an einer langwierigen Magen-Darm-Infektion gelitten, die sich im Wesentlichen in Übelkeit, Erbrechen und Durchfall geäußert habe. Gleiches habe für ihre ganze Familie einschließlich ihres Lebensgefährten gegolten. Man habe sich offensichtlich immer wieder gegenseitig angesteckt. Ohnehin sei sie vom Geschäftsführer der Beklagten freigestellt worden. Dieser habe nicht nur sämtliche dienstlichen Gegenstände abgeholt, sondern ihr auch gesagt, sie solle nicht mehr kommen.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.026,00 € (brutto) nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.01.2023 bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, zu keiner Vergütungszahlung für den Monat Dezember verpflichtet zu sein. Die Klägerin sei nicht erkrankt gewesen. Der Beweiswert der von der Klägerin vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei erschüttert. Eine Freistellungserklärung des Geschäftsführers habe es nicht gegeben.

Mit Urteil vom 10.05.2023 hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin ein Betrag in Höhe von 2.026,00 € brutto nebst Zinsen zu zahlen. Wegen der rechtlichen Erwägungen wird auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils (Seiten 3-6 desselben, Blatt 77-80 der Akte) Bezug genommen.

Das Urteil ist der Beklagten am 16.05.2023 zugestellt worden. Mit dem am 16.06.2023 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangen Schriftsatz hat die Beklagte hiergegen Berufung eingelegt und diese, nachdem ihr zuvor Fristverlängerung gewährt worden war, unter dem 09.08.2023 begründet.

Sie ist weiterhin der Auffassung, nicht zur Zahlung von Vergütung an die Klägerin für den Monat Dezember 2022 verpflichtet zu sein. Der Beweiswert der von der Klägerin vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei erschüttert. Dazu trägt die Beklagte unter anderem nachstehendes vor:

Der Umstand, dass die Klägerin sich bereits vor Ausspruch der arbeitgeberseitigen Kündigung krankgemeldet habe, ändere nichts an der zeitlichen Koinzidenz zwischen den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass sich auch der Lebensgefährte der Klägerin krankgemeldet habe und dessen Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende dessen Arbeitsverhältnisses lückenlos festgestellt worden sei. Das spreche für eine „abgesprochene Aktion“. Es sei davon auszugehen, dass sich die Klägerin nicht haben untersuchen lassen, sondern telefonisch die nunmehr vorgelegten Arbeitsbescheinigungen begehrt und erhalten habe. Es werde bestritten, dass eine ordnungsgemäße Untersuchung und Diagnose einschließlich einer eingehenden telefonischen Anamnese durch Befragung seitens des behandelnden Arztes oder Ärztin stattgefunden hätten. Ohnehin könne die behauptete Magen-Darm-Erkrankung eine derart lange Krankheitsdauer nicht rechtfertigen. Aus dem Parallelverfahren des Lebensgefährten der Klägerin werde ersichtlich, dass Herr Dr. R. es mit den Vorschriften der Arbeitsunfähigkeit-Richtlinie (AU-RL) nicht sonderlich genau nehme. Er habe in seiner Zeugenvernehmung eingeräumt, dass er den von ihm krankgeschriebenen Lebensgefährten der Klägerin im Dezember kein einziges Mal gesehen habe. Auch seien sei die von der Klägerin vorgelegten Arbeitsbescheinigungen entgegen den AU-RL nur für Arbeitstage und nicht auch für arbeitsfreie Tage ausgestellt worden. Unklar sei auch, warum die Klägerin sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zwar bis einschließlich 13.01.2023 habe ausstellen lassen, Entgeltfortzahlung aber nur bis zum 31.12.2022 geltend mache. Das spreche dafür, dass die Klägerin bereits zum 01.01.2023 eine neue Beschäftigung aufgenommen habe.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichtes vom 10.05.2023 – 11 Ca 24/23 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend und führt dazu unter anderem nachstehendes aus:

Unstreitig stehe der Klägerin vom 01.12. bis 10.12.2022 ein Vergütungsanspruch aus tatsächlich geleisteter Arbeit zu. Für den Zeitraum danach habe sie Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Ab Sonntag, den 11.12.2002 20 sei sie arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Der Beweiswert der von ihr vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei nicht erschüttert. Eine zeitliche Koinzidenz zwischen Kündigung und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung liege schon deshalb nicht vor, weil die Klägerin nicht selbst gekündigt habe, sondern bereits krankgeschrieben gewesen sei, als sie die Kündigung der Beklagten erhalten habe. In der WhatsApp Nachricht vom 11.12.2022 habe die Klägerin der Beklagten nicht nur von Kopf – und Gliederschmerzen, sondern auch von Krämpfen berichtet. Diese seien offensichtlich durch den Magen-Darm-Infekt hervorgerufen worden. Der Geschäftsführer der Beklagten habe am diesem Sonntag die Firmenschlüssel, den Firmenwagen, das Firmenhandy und den Firmenlaptop bei ihr abgeholt. Dabei habe der Geschäftsführer nochmals erklärt, dass beide gar nicht wiederkommen brauchten, auch nicht zur betrieblichen Weihnachtsfeier. Er, der Geschäftsführer der Beklagten, wolle sich bis kommenden Mittwoch melden und mitteilen, wie das Arbeitsverhältnis beendet werde. Der Geschäftsführer habe die von der Klägerin mitgeteilte Erkrankung erkennbar nicht angezweifelt, sondern stattdessen den streitigen Vergütungsanspruch für den ganzen Monat Dezember 2022 ordnungsgemäß dem Grunde und der Höhe nach abgerechnet sowie der Klägerin die entsprechende Abrechnung übersandt. Erst nachdem die Klägerin die Auszahlung gerichtlich geltend gemacht habe, habe der Geschäftsführer der Beklagten angezweifelt, dass die Klägerin tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Die Klägerin sei seit einigen Jahren Patientin der Gemeinschaftspraxis. Dort würde sie von beiden Ärzten behandelt, je nachdem, bei wem gerade ein Termin frei sei. Entsprechend würden auch AU-Bescheinigungen ausgestellt. Am Montag, dem 12.12.2022 habe die Klägerin der Praxis angerufen und von ihrem Magen- und Darminfekt berichtet und den damit einhergehenden Symptomen. Frau L. habe erklärt, die Klägerin solle aufgrund der Ansteckungsgefahr für die anderen Patienten sowie im Hinblick auf die noch existierende Corona Pandemie nicht persönlich erscheinen und sich nach Möglichkeit schonen. Wenn es in den kommenden Tagen nicht besser werde, solle sich noch mal melden. Das sei so geschehen. Deshalb sei sie zunächst von Frau L. bis zum 14.12.2022 und dann von Herrn Dr. R. im Wege der Folgebescheinigung bis zum 19.12.2022 krankgeschrieben worden. Am 22.12.2022 sei die Klägerin persönlich in der Praxis bei Herrn Dr. R. erschienen. Dieser habe sie weiter krankgeschrieben, weil es ihr immer noch nicht besser gegangen sei. Entgegen der laienhaften Einschätzung des Beklagten sei es nicht ungewöhnlich, dass die Klägerin längere Zeit mit den Symptomen zu kämpfen gehabt habe. Die Klägerin lebe nicht alleine, sondern mit zwei Kindern und ihrem Lebensgefährten in einem Haushalt, weshalb das gegenseitige und wiederholte Ansteckungsrisiko vergleichsweise hoch sei. Die Aussagen im Rahmen der Zeugenvernehmung des Herrn Dr. R. in dem Verfahren des Lebensgefährten spielten für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin keine Rolle. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin sich nach Erhalt der Kündigung mit E-Mail vom 17.12.2022 an den Geschäftsführer der Beklagten gewandt habe. Die Antwort des Geschäftsführers bestätige, dass dieser ihr zuvor gegenüber erklärt habe, die Klägerin müsse nicht mehr zur Arbeit kommen. Der Geschäftsführer der Beklagten habe die Klägerin ganz offensichtlich freigestellt, auch, indem er jedenfalls den Inhalt der E-Mail der Klägerin nicht widersprochen und darüber hinaus erklärt habe, er werde alles sauber abrechnen und bezahlen. Dass die Klägerin nicht wieder zur Arbeit habe kommen sollen, habe Geschäftsführer auch dadurch dokumentiert, dass er bereits am 12.12.2022 den Schreibtisch der Klägerin mit ihren persönlichen Sachen ausgeräumt und teilweise entsorgt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze sowie auf die in der mündlichen Verhandlung am 18.04.2024 abgegebenen Erklärungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg.

A.

Die Berufung ist insgesamt zulässig. Sie ist statthaft, sowie form- und fristgereicht eingelegt und begründet worden, §§ 64,66 ArbGG, 519,520 ZPO.

B.

Die Berufung ist aber nur zum Teil begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten Anspruch auf Zahlung von Vergütung vom 01. bis 18.12.2022 (6 von insgesamt 12 Arbeitstagen im Dezember 2022 –  jeweils Montag, Dienstag, Mittwoch) in Höhe von 1.013,00 € brutto (I.). Die hiergegen gerichtete Berufung unterliegt der Zurückweisung. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von Entgeltfortzahlung für den Zeitraum vom 19. bis 31.12.2022 (6 von insgesamt 12 Arbeitstagen im Dezember 2022) in Höhe von weiteren 1013,00 € brutto (II.). Insoweit war die Klage abzuweisen und es hatte auf die Berufung der Beklagten eine teilweise Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu erfolgen.

I.

Die Beklagte ist dazu verpflichtet, an die Klägerin für den Zeitraum vom 01. bis 18.12.2022 die hälftige Monatsbruttovergütung in Höhe von 1.013,00 € gemäß § 611a Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag und z.T. mit § 615 BGB zu zahlen.

1.

Unstreitig hat die Klägerin vom 01. bis 10.12.2022 an den nach der vertraglichen Vereinbarung maßgeblichen drei Arbeitstagen (Montag der 05.12.2022, Dienstag der 06.12.2022 und Mittwoch 07.12.2022) ihre geschuldete Arbeitsleistung tatsächlich erbracht. Ihr Vergütungsanspruch folgt mithin aus § 611a Abs. 2 BGB i. V. m. dem Arbeitsvertrag. Die Höhe der geschuldeten Vergütung ist nicht im Streit. Sie beträgt im Monat 2.026,00 € Brutto. Bei 12 Arbeitstage im Monat Dezember 2022 errechnet sich für diese drei Arbeitstage ein Anspruch in Höhe von 506,50 € (2.026 Monatsbrutto:12 Arbeitstage im Dezember x 3 tatsächlich erbrachte Arbeitstage).

2.

Für den Zeitraum vom 12. bis 18.12.2022 schuldet die Beklagten der Klägerin bei Zugrundelegung des unstreitigen Vortrages einschließlich des Vortrages der Beklagten, den sich die Klägerin hilfsweise zu eigen gemacht hat, weitere 506,50 € brutto unter dem Aspekt des Annahmeverzuges gemäß § 615 BGB in Verbindung mit § 611a BGB und dem Arbeitsvertrag der Parteien.

a)

Es kann zwar zugunsten der Beklagten davon ausgegangen werden, dass der Klägerin insoweit kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung gemäß § 3 EFZG zusteht, weil der Beweiswert, der von der Klägerin für diesen Zeitraum vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erschüttert ist und die Klägerin weder ausreichend zu ihren Krankheitssymptomen vorgetragen noch den Beweis für das Bestehen eine Arbeitsunfähigkeit erbracht hat.

b)

Die Klägerin hat jedoch nicht nur vorgetragen, sondern auch die entsprechende WhatsApp-Kommunikation vorgelegt, wonach der Geschäftsführer der Beklagten ihr am 12.12.2022 um 12:19 Uhr u.a. geschrieben hat, dass er „euch“ – die Klägerin und deren Lebensgefährten – bei der Weihnachtsfeier „ausplane“ und „die Woche keinen mehr sehen möchte“. Die Beklagte hat zwar pauschal bestritten, der Geschäftsführer habe erklärt, dass Pärchen brauche nicht mehr zu kommen. Sie hat aber weder die Existenz noch den Inhalt der von der Klägerin vorgelegten WhatsApp-Korrespondenz am 12.12.2022 bestritten. Dabei handelt es sich jeweils um Gegenstände der eigenen Wahrnehmung, weshalb der Beklagten ein substantiiertes Bestreiten nicht nur möglich, sondern auch zumutbar gewesen wäre. Dem hat die Beklagte nicht entsprochen, woraufhin der diesbezügliche Vortrag der Klägerin gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig gilt.

c)

Danach befand sich die Beklagten für den Zeitraum der von ihrem Geschäftsführer in der WhatsApp-Nachricht vom 12.12.2022 12:19 Uhr konkretisierten Woche (12.12. bis 18.12.2022) im Verzug mit der Annahme der klägerischen Arbeitsleistung gemäß §§ 293 ff. BGB und war daher gemäß § 615 BGB trotz Nichterbringung der Arbeitsleistung zur Fortzahlung der hierfür vereinbarten Vergütung verpflichtet.

aa)

Der Arbeitgeber kommt gemäß § 293 BGB in Verzug, wenn er im erfüllbaren Arbeitsverhältnis die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung grundsätzlich tatsächlich anbieten, § 294 BGB. Ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers, § 295 BGB, genügt, wenn der Arbeitgeber ihm zuvor erklärt hat, er werde die Arbeit nicht annehmen oder sei nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer einem die tatsächliche Heranziehung übersteigenden Umfang zu beschäftigen. Für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung geht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, das Angebot der Arbeitsleistung sei regelmäßig nach § 296 BGB entbehrlich. Zudem kann ein Angebot der Arbeitsleistung seitens des Arbeitnehmers ausnahmsweise dann nicht erforderlich sein, wenn offenkundig ist, dass der Gläubiger auf seiner Weigerung, die geschuldete Leistung anzunehmen, beharrt (BAG, 10.08.2022 – 5 AZR 154/22 – Rn. 15).

bb)

Danach ist die Beklagte dadurch, dass ihr Geschäftsführer der Klägerin gegenüber in der WhatsApp-Nachricht vom 12.12.2022 erklärt hat, u.a. sie die Woche nicht mehr sehen zu wollen, im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis in Annahmeverzug gerade, ohne, dass es eines Leistungsangebots der Klägerin bedurfte Der Geschäftsführer der Beklagte hat damit unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Kläger während der kommende Woche nicht zur Arbeit kommen sollte. Auch wenn der Geschäftsführer nicht im selben Büro wie die Klägerin arbeitete, konnte das „Nicht-mehr-sehen-wollen“ bei objektiver Betrachtung auch aus Sicht der Klägerin nur umfassend im Sinne „keiner von euch soll auf der Arbeitsstelle erscheinen“ verstanden werden. Nachfragen der Klägerin waren erkennbar nicht erwünscht. Allein die Beklagte wollte insoweit aktiv werden und sich in der nächsten Woche melden, wie es weitergehe. Die Entscheidung der Beklagten zur Nichtbeschäftigung der Klägerin war abschließend getroffen, ohne dass der Klägerin hierauf noch eine Einflussmöglichkeit verbleiben sollte. nur der Geschäftsführer wollte insoweit entscheiden. Davon musste die Klägerin nach den weiteren Bemerkungen des Geschäftsführers „Ich möchte keine Kommentare“ und „Ich melde mich nächste Woche ….“ zweifelsohne ausgehen. Es war für die Klägerin danach offenkundig, dass der Geschäftsführer selbst bei einem Arbeitsangebot an seiner Weigerung, u.a. sie in der folgenden Woche in seinem Betrieb zu beschäftigen, festhalten würde. Ein auch nur wörtliches Angebot ihrerseits war danach entbehrlich. Dass sie der Beklagten anschließend Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt hat, ändert nichts an der durch Auslegung zu ermittelnden Bedeutung der WhatsApp- Nachricht, für die auf den Zeitpunkt deren Zugang bei der Klägerin am 12.12.2022 abzustellen ist.

cc)

Dem Annahmeverzug der Beklagten steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin behauptet, seinerzeit arbeitsunfähig erkrankt gewesen zu sein.

(1)

Zwar gerät der Arbeitgeber unbeschadet der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 297 BGB nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die geschuldete Arbeitsleistung aus in seiner Person liegenden Gründen zu bewirken. Dazu gehört auch die krankheitsbedingte Unfähigkeit die geschuldete Leistung zu erbrinden. Die Leistungsfähigkeit ist neben dem Leistungswillen eine vom Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraumes vorliegen muss. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer – wie vorliegend – von der Arbeitspflicht freigestellt worden ist. Deren Aufhebung bedeutet zwar einen Verzicht des Arbeitgebers auf das Angebot der Arbeitsleistung. Jedoch muss der Arbeitnehmer zur Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten leistungsfähig sein, ein Absehen von den Erfordernissen des § 297 BGB bedarf der ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien (BAG, 21.07.2021 – 5 AZR 543/20 – Rn. 9).

(2)

Zwar behauptet die Klägerin in der Hauptsache, in der Woche vom 12. bis 18.12.2022 arbeitsunfähig erkrankt und damit außerstande gewesen zu sein, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass sie sich den Vortrag der Beklagten, sie sei tatsächlich nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen, hilfsweise zu eigen gemacht hat. Die Klägerin hat sich zu Begründung ihres Entgeltantrages sowohl erst als auch zweitinstanzlich durchgängig nicht nur darauf berufen, arbeitsunfähig erkrankt gewesen, sondern auch von der Beklagten freigestellt worden zu sein. In Hinblick auf die begehrte Zahlung von Vergütung sind diese beiden Parteivorträge gleichwertig, d.h. wenn die Klägerin tatsächlich krank war, steht ihr der Anspruch als Entgeltfortzahlung zu, wenn die Klägerin tatsächlich arbeitsfähig war, steht ihr der Anspruch unter Annahmeverzugsgesichtspunkten zu. Nach dem Grundsatz der Gleichwertigkeit des Parteivorbringens kann sich die Klägerin danach die von ihrem vorrangigen Sachvortrag abweichenden Behauptungen des Beklagten – sie sei tatsächlich nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen – hilfsweise zu eigen machen und ihre Klage darauf stützen. Das hat die Klägerin auch getan indem sie sich neben der Behauptung eine Arbeitsunfähigkeit durchgängig auch auf eine Freistellung von Seiten der Beklagten berufen hat (vgl. hierzu BGH, 18.01.2018 – I ZR 150/15 – Rn. 39).

(3)

An dem Leistungswillen der Klägerin bestehen auch nach dem Vortrag der Beklagten keine begründeten Zweifel. Allein der Umstand, dass ihr Lebensgefährte das Arbeitsergebnis mit der Beklagten gekündigt und sich anschließend während der Dauer der Kündigungsfrist hat krankschreiben lassen, begründet kein ausreichendes Indiz dafür, dass auch die Klägerin deshalb das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten beenden und bis dahin ihre geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr erbringen wollte. Die – mit ihrem Lebensgefährten parallelen – Krankmeldungen im bestehenden Arbeitsverhältnis sind insoweit unzureichend. Das mag unter Umständen ein dahingehend Verdacht begründen, kann aber nicht zur Begründung der vollen Überzeugung im Sinne von § 286 ZPO ausreichen. Nicht die Klägerin, sondern allein die Beklagte ist initiativ in Hinblick auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses geworden. Die Klägerin hat ein Auflösungsangebot der Beklagten nicht angenommen. Erst die darauffolgende Kündigung seitens der Beklagten hat zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt.

c)

Der Annahmeverzug hat auf Grundlage der WhatsApp-Nachricht vom 12.12.2022 für die Klägerin erkennbar nur für die Woche vom 12. bis zum 18.12.2022 angedauert. In dieser Nachricht hat der Geschäftsführer der Beklagten einerseits die Freistellung auf die laufende Woche begrenzt und andererseits darauf hingewiesen, sich in der nächsten Woche zu melden, wie man gemeinsam weitermache. Das hat auch offensichtlich die Klägerin so verstanden. Ausweislich ihrer E-Mail vom 17.12.2022, 10.13 Uhr (vgl. Blatt 57 der Akte) hat sie die Beklagte noch während der laufenden Freistellung und nach Erhalt Kündigung vom 15.12.2022 gefragt, wie es denn mit der Zeit bis Januar aussehe. Darin hat sie Beklagte zugleich gebeten, diese solle ihr schriftlich bestätigen, wenn sie, die Klägerin wirklich nicht mehr ins Büro kommen solle. Die Klägerin war sich danach zumindest nicht sicher, ob sich die vorherige Freistellung weiter andauern sollte. Hierauf hat die Beklagte E-Mail ebenfalls vom 17.12.2022 16:12 Uhr geantwortet (vgl. Blatt 55 der Akte), ohne die von der Klägerin begehrte schriftliche Bestätigung zu erteilen. Für die Klägerin musste danach klar sein, dass mit beginnenden neuen Woche die Freistellung beendet war und insoweit weiterer Gesprächsbedarf zwischen den Parteien bestand.

d)

In den Freistellungszeitraum vom 12. bis 18.12.2022 fielen drei Arbeitstage (Montag der 12., Dienstag der 13. und Mittwoch der 14.12.2022). Ausgehend von einer Monatsbruttovergütung in Höhe von 2.026,00 € entfallen auf diese drei Tage als gemäß § 615 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag zu zahlende Vergütung 506,50 € brutto (2.026 € Monatsbrutto: 12 Arbeitstage im Dezember x 3 zu vergütende Arbeitstage).

3.

Insgesamt stehen der Klägerin mithin für den Zeitraum vom 1. bis 18.12.2022 Vergütungsansprüche in Höhe von 1.013,00 € brutto zu. Der hierauf bezogene Zinsanspruch hat seine Grundlage §§ 286 284 BGB.

II.

Für den Rest des Monats Dezember 2022, d. h. vom 19. bis 31.12.2022 stehen der Klägerin keine Vergütungsansprüche gegen die Beklagte zu. Ihre Klage ist insoweit unbegründet.

1.

Die Klägerin behauptet selbst nicht, in diesem Zeitraum ihre Arbeit vertraglich geschuldete Arbeitsleistung tatsächlich erbracht zu haben. Ein Anspruch gemäß § 611a Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag ist mithin nicht gegeben.

2.

Ein solcher besteht für diesen Zeitraum auch nicht unter dem Aspekt des Annahmeverzuges gemäß § 615 BGB. Die Beklagte hatte die Klägerin in der WhatsApp Nachricht vom 12.12.2022 – für diese erkennbar (siehe dazu die obigen Ausführungen unter B. I. 2. d)) – lediglich vom 12. bis 18.12.2022 von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt und so ihren Annahmeverzug gemäß §§ 293 ff. BGB begründet. Ab dem 19.12.2022 war die Klägerin zur Arbeitsleistung verpflichtet. Soweit sie pauschal behauptet, die Beklagte habe sie bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses freigestellt oder zumindest über den 18.12.2022 hinaus, hat sie diese Behauptung angesichts des ebenso pauschalen bestreiten Seiten der Beklagten weder substantiiert noch dafür Beweis angetreten. Das geht zu Ihren Lasten als insoweit darlegungs- und beweispflichtiger Partei.

3.

Der Klägerin steht für diesen Zeitraum kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung zu.

a)

Ein Arbeitnehmer hat nach § 3 Abs. 1 EFZG Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von 6 Wochen, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft.

b)

Nach den allgemeinen Grundsätzen trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG (BAG, 11.1 12.2019 – 5 AZR 505/18 – Rn. 16)

aa)

Der Beweis krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit wird dabei in der Regel durch die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG geführt. Der Tatrichter kann normalerweise den Beweis einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit als erbracht ansehen, wenn der Arbeitnehmer im Rechtsstreit eine ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsbescheinigung vorlegt. Aufgrund des normativ vorgegebenen hohen Beweiswertes der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genügt ein „bloßes Bestreiten“ der Arbeitsunfähigkeit mit Nichtwissen durch den Arbeitgeber dann nicht. Vielmehr kann der Arbeitgeber den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nur dadurch erschüttern, dass er tatsächliche Umstände darlegt und im Bestreitensfall beweist, die Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers begründen mit der Folge, dass der ärztlichen Bescheinigung kein Beweiswert mehr zu kommt.

bb)

Dabei kann der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG nach den Umständen des Einzelfalls auch wegen Verstößen des ausstellenden Arztes gegen bestimmte Vorgaben der Arbeitsunfähigkeit-Richtlinie (AURL) erschüttert sein. Das gilt, obwohl in § 5 EFZG die AURL nicht ausdrücklich erwähnt wird. Insoweit sind jedoch nicht alle Bestimmungen der AURL relevant. Formale Vorgaben, die in erster Linie kassenrechtliche Bedeutung haben und das Verhältnis zwischen Vertragsarzt und Krankenkasse betreffen, wie Formulare und Angaben über die Abrechnung, sind hierfür grundsätzlich ohne Belang. Anders zu beurteilen sind hingegen die Regelungen in § 4 und § 5 der AURL, die sich auf medizinische Erkenntnisse zur sicheren Feststellung der Arbeitsunfähigkeit beziehen. Hierzu gehören beispielsweise die Bestimmungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit aufgrund persönlicher ärztliche Untersuchung und zur Dauer der zu bescheinigenden Arbeitsunfähigkeit. Es handelt sich dabei zwar nicht um von Gesetzes wegen zwingende Vorgaben, die die Arbeitsvertragsparteien und Arbeitsgerichte binden. Diese Bestimmungen in den AURL enthalten aber eine Zusammenfassung allgemeiner medizinischer Erfahrungs- und Grundregeln zur validen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Sie bilden den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse ab. So verstanden können Verstöße hiergegen nach der Lebenserfahrung und Expertise des Normgebers der AURL geeignet sein, den Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Rahmen der nach § 286 ZPO vorzunehmenden Beweiswürdigung zu erschüttern. Dieses Verständnisses des Beweiswertes einer ordnungsgemäß ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entspricht auch weitgehend dem des Bundesozialgerichtes zum Krankengeldbezug. Sowohl bei der Erstfeststellung der Arbeitsunfähigkeit als auch bei nachfolgenden Feststellungen besteht danach ein Krankengeldanspruch aus § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V nur nach einer persönlichen Untersuchung des Versicherten durch den Arzt; eine telefonische Befragung genügt nicht (vgl. zum Ganzen BAG, 28.06.2023 – 5 AZR 335/22, Rn. 11-18 m.w.N.).

cc)

Gelingt es dem Arbeitgeber, den Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern, tritt hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast wieder derselbe Zustand ein, wie er vor Vorlage der Bescheinigung bestand. Es ist dann Sache des Arbeitnehmers, konkrete Tatsachen darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, die den Schluss auf eine bestehende Erkrankung zulassen. Hierzu ist substantiierter Vortrag dazu erforderlich, welche Krankheiten vorgelegen haben, welche gesundheitlichen Einschränkungen bestanden haben und welche Verhaltensmaßregeln oder Medikamente ärztlich verordnet wurden. Der Arbeitnehmer muss zumindest laienhaft bezogen auf den gesamten Entgeltfortzahlungszeitraum schildern, welche konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit welchen Auswirkungen auf seine Arbeitsfähigkeit bestanden haben (BAG, 13.1 12.2023 – 5 AZR 137/23 – Rn. 14).

c)

Bei der gebotenen Anwendung dieser Vorgaben, hat die Klägerin ihrer Darlegungslast im Hinblick eine bei ihr im Zeitraum vom 19. bis 31.12.2022 bestehende Arbeitsunfähigkeit nicht genügt.

aa)

Die bloße dahinhegende Behauptung ist angesichts des Bestreitens auf Beklagtenseite unzureichend.

bb)

Die Klägerin kann sich insoweit nicht auf die von ihr vorgelegten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen berufen. Vielmehr steht zur Überzeugung der Kammer gemäß § 286 ZPO fest, dass deren Beweiswert erschüttert ist.

(1)

Das folgt im Hinblick auf die (Folge-) Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt von Herrn Dr. R. am 19.12.2022 für den Zeitraum vom 19. bis 23.12.2022 ( vgl. Blatt 41 der Akte) schon daraus, dass diese auch nach der Einlassung der Klägerin von ihrem Arzt, Herrn Dr. R., entgegen § 4 Abs. 5 AURL nicht nach unmittelbar persönlicher Untersuchung der Klägerin in seiner Praxis oder zu Hause und auch nicht mittelbar persönlich im Wege einer Videosprechstunde, sondern allein auf einen telefonischen Kontakt hin ausgestellt worden ist. Die Sonderregelungen im Zusammenhang mit der COVID-19 – Epidemie nach § 8 AURL galten im Dezember 2022 nicht mehr. Zudem hat die Klägerin nicht ansatzweise konkret vorgetragen, genau welches Beschwerdebild sie Herrn Dr. R. am 19.12.2022 telefonisch geschildert hat. Der bloße Verweis darauf, „es sei nicht besser geworden“, ist insoweit unzureichend. Das gilt insbesondere deshalb, weil die der Folgebescheinigung vorangegangene Erstbescheinigung vom 12.12.2022 (vgl. Blatt 40 der Akte) nicht nur von einer anderen Ärztin, sondern auch von dieser wiederum entgegen § 4 Abs.5 AURL ohne persönliche Vorstellung und konkrete visuelle, körperliche oder sonstige Untersuchungen allein aufgrund von telefonischen Angaben der Klägerin ausgestellt worden war.

(2)

Im Hinblick auf die Folgebescheinigung vom 22.12.2022, ausgestellt durch den Arzt Herrn Dr. R. am selben Tag, hat die Klägerin zwar behauptet, an diesem Tag persönlich bei Herrn Dr. R. in der Praxis vorstellig geworden zu sein. Danach scheidet zwar ein neuerlicher Verstoß gegen § 4 Abs.5 AURL aus. Herr Dr. R. hat der Klägerin jedoch entgegen § 5 Abs.5 AURL eine voraussichtliche zukünftige Krankheitsdauer für einen Zeitraum von mehr als zwei Wochen bescheinigt, nämlich vom 22.12.2022 bis 13.01.2023. Zwei Wochen waren ausgehend vom 22.12.2022 bereits am 05.01.2023 abgelaufen. Die Frist des § 5 Abs.5 AURL ist von Herr Dr. R. um mehr als die Hälfte, nämlich genau 8 Tage überschritten worden. Dass es aufgrund ihrer Erkrankung oder eines besonderen Krankheitsverlaufes sachgerecht gemäß § 5 Abs.4 Satz 2 AURL gewesen sein könnte, der Klägerin eine Arbeitsunfähigkeit bis zum 13.01.2023 zu bescheinigen, ist nicht ersichtlich. Genau welche Intensität, die bei ihr noch bestehenden Beschwerden am 22.12.2022 gehabt haben, hat die Klägerin nicht konkretisiert. Immerhin konnte sie den Arzt zum ersten Mal persönlich aufsuchen. Welche Untersuchungen Herr Dr. R. vorgenommen hat, hat die Klägerin ebenso wenig ausgeführt wie, welche Behandlungsmethode, Verhaltensempfehlungen, Medikamentengabe Herr Dr. R. ihr zum Auskurieren der immerhin schon mehreren Wochen andauernden Erkrankung gegeben hat.

cc)

Die Klägerin hat ihrer sie danach – wieder – treffenden Darlegungslast zum Bestehen eine zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankung nicht genügt. Sie hat lediglich pauschal vorgetragen, während des gesamten Zeitraumes an einem Magen- und Darminfekt gelitten zu haben. Für den Zeitraum vom 19. bis 31.12.2022 hat sie keine konkreten Tatsachen darlegt, die den Schluss darauf zulassen, sie sei infolge dieser Erkrankung an der Erbringung ihrer Arbeitsleistung verhindert gewesen. Genau welche gesundheitliche Einschränkung vom 19. bis zum 31.12.2022 noch bestanden haben, hat sie nicht erläutert. Dass die vorherigen Beschwerden nicht besser geworden seien, ist kein ausreichender Vortrag. Es wäre der Klägerin zumutbar und möglich gewesen, zumindest laienhaft vorzutragen, wie sich der behauptete Magen- und Darminfekt mit seinen in der Regel recht eindeutig wahrnehmbaren Folgen konkret bei ihr ausgewirkt hat. Welche Beschwerden genau sie in welcher Frequenz und Intensität noch hatte, trägt sie nicht ansatzweise vor. Dass überhaupt und wenn ja, welche Verhaltensmaßregeln und/oder Medikamente ärztlich verordnet worden sind, legt sie auch nicht dar.

d)

Die Kammer war nicht gehalten, den von der Klägerin insoweit angetretenen Beweis in Gestalt der Zeugenvernehmung des Arztes Dr. R. zu erheben. Wird Beweis angetreten, bei dem es an der Bestimmtheit der zu beweisenden Tatsachen fehlt, und sollen durch die beabsichtigte Beweiserhebung erst die Grundlagen für substantiierte Tatsachenbehauptungen gewonnen werden, ist der Beweisantritt unzulässig und unbeachtlich. Gegenüber einem unschlüssigen und/oder nicht hinreichend konkretisierten Sachvortrag kann nicht gerügt werden, der angebotene Beweis sei nicht erhoben werden. Ein Beweisantritt kann keinen Vortrag von Tatsachen ersetzen oder ergänzen. Nach § 373 ZPO muss die beweispflichtige Partei vielmehr diejenigen Tatsachen bezeichnen, zu denen der Zeuge vernommen werden soll. Tatsachen sind konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte Gegebenheiten oder der Gegenwart angehörige Geschehnisse und Zustände. Entsprechen die unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen nicht diesen Anforderungen, hat die Beweiserhebung aufgrund dieses unzulässigen Ausforschungsbeweisantrittes zu unterbleiben (BAG, 21.01.2014 – 3 AZR 362/11 – Rn. 46). So liegt es hier. Die Klägerin hat nicht konkret zu Art, Umfang und Intensität ihren gesundheitlichen Einschränkungen und daran anknüpfenden ärztlichen Untersuchungen und Maßnahmen für den Zeitraum vom 19. bis 31.12.2022 vorgetragen. Das geht zu ihren Lasten als insoweit darlegungs- und beweispflichtiger Partei.

C.

Die Kosten des Rechtsstreites in erster und zweiter Instanz haben die Parteien gemäß § 92 Abs.1 ZPO je zur Hälfte zu tragen.

D.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, § 72 Abs.2 ArbGG.

Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72 a ArbGG) und der sofortigen Beschwerde (§ 72 b ArbGG) wird hingewiesen.

 


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