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Fremdgeschäftsführer – Arbeitnehmereigenschaft – außerordentliche Kündigung

ArbG Stuttgart, Az.: 26 Ca 735/16, Urteil vom 21.12.2016

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 150.004,82 Euro festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten vorliegend über die Wirksamkeit von mehreren außerordentlich fristlosen Kündigungen der Beklagten und damit verbunden den Fortbestand des „Arbeitsverhältnisses“ des Klägers bis zum 31. Oktober 2016, die Verpflichtung zur Erteilung eines Endzeugnisses.

Die Beklagte zu 1) ist die Muttergesellschaft der weiteren Beklagten. Die K-Gruppe ist Engineering-Dienstleister, ua. im Bereich des Motorenbaus.

Im Zuge des Erwerbs von 30% der Gesellschaftsanteile der Beklagten zu 1) durch den Kläger wurde dieser zum Geschäftsführer der Beklagten (neben dem Geschäftsführer B) bestellt und im Handelsregister eingetragen. Der Kläger und die Beklagte zu 1) schlossen einen Geschäftsführerdienstvertrag unter dem Datum 13. Februar 2015 (Bl. 12-17 d. Akte), welcher ua. das Folgende bestimmt:

„…

Der Vertrag ersetzt den am 30.01.2013 mit der Di GmbH geschlossenen „Dienstvertrag für Geschäftsführer“. Herr D ist laut Eintragung im Handelsregister Amtsgericht S HRB xxx seit dem 13.02.2015 alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der K GmbH und aller ihrer Tochtergesellschaften sowie der Di GmbH. Entsprechend umfasst dieser Geschäftsführervertrag alle zuvor genannten Gesellschaften.

§ 1

Aufgaben und Pflichten

(1) Der Geschäftsführer ist berechtigt und verpflichtet die Gesellschaft nach Maßgabe der Satzung und des GmbH-Gesetzes alleine zu vertreten und die Geschäfte der Gesellschaft alleine zu führen. Er ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit, und zwar auch dann, wenn neben ihm noch weitere Geschäftsführer bestellt sind.

(2) Im Rahmen der Geschäftsleitung hat der Geschäftsführer für die wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Belange der Gesellschaft in bester Weise zu sorgen.

(3) Der Geschäftsführer hat die ihm obliegenden Pflichten mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nach Maßgabe des Gesetzes, der Satzung, der Gesellschafterbeschlüsse und dieses Vertrages wahrzunehmen.

(4) Bei Diensterfindungen im Sinne des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen, die der Geschäftsführer während der Dauer des Anstellungsvertrages macht, gelten die Vorschriften dieses Gesetzes in der zur Zeit der Inanspruchnahme geltenden Fassung.

§ 2

Organisation

(1) Dem Geschäftsführer obliegt die Organisation und Leitung des Unternehmens im Ganzen; gegebenenfalls aufgrund der vorgenommenen Geschäftsführerordnung.

(2) Der Geschäftsführer nimmt die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers im Sinne der arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften wahr.

(3) …

§ 3

Zustimmungsbedürftige Geschäfte

Zu den folgenden Geschäften hat der Geschäftsführer die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen:

a) Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken, ferner die Bestellung von Erbbaurechten und die Verfügung hierüber;

b) …

§ 4

Arbeitsleistung

(1) Der Geschäftsführer hat seine gesamten Kenntnisse und Erfahrungen der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen.

(2) An bestimmte Arbeitszeiten ist der Geschäftsführer nicht gebunden. Der Geschäftsführer ist gehalten, jederzeit wenn und soweit das Wohl der Gesellschaft es verlangt, zur Dienstleistung zur Verfügung zu stehen.

(3) Der Gesellschaft ist bekannt, dass der Geschäftsführer weitere Tätigkeiten ausübt, zum Beispiel als Gremiumsmitglied, u. a. in Berufsverbänden (z.B. F) sowie Konferenzorganisationen (z.B. M). Gleiches gilt für die Teilnahme an Tagungen und Kongressen, wie beispielsweise: F-Tagungen und W Motorensymposium.

Dem Geschäftsführer steht es ebenso frei, weiterhin Lehrämter, wie zum Beispiel als Lektor oder Lehrbeauftragter an Hochschulen, wie der H K oder R auszuüben.

Diese Tätigkeiten wird der Geschäftsführer fortsetzen.

In diesem Zusammenhang steht es ihm nach wie vor frei, Ämter in leitenden Funktionen, Aufsichtsratsgremien anderer Unternehmen und Ehrenämter in Organisationen anzunehmen.

§ 7

Bezüge des Geschäftsführers und sonstige Leistungen

(1) Der Geschäftsführer erhält für seine Tätigkeit ab dem 13.02.2015 ein Grundgehalt von € 250.000,00.- brutto, das in zwölf Teilraten monatlich in Höhe von € 20.834,00.- brutto ausgezahlt wird.

(2) Die Gesellschaft verpflichtet sich, das Gehalt des Geschäftsführers anzupassen.

(3) …

(7) Die Gesellschaft verpflichtet sich, dem Geschäftsführer einen Pkw als Dienstwagen zur Verfügung zu stellen, der von dem Geschäftsführer auch privat genutzt werden kann.

(9) Bei einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit des Geschäftsführers, die durch Krankheit oder aus einem anderen durch ihn nicht zu vertretenden Grund eintritt, werden die Bezüge und Leistungen gemäß der vorstehenden Absätze für sechs Monate weitergezahlt, und zwar unter Abzug eines Betrages, der dem von der Krankenkasse gezahlten Krankengeld entspricht. Die Fortzahlung erfolgt jedoch längstens bis zur Beendigung dieses Vertrages.

(10) Stirbt der Geschäftsführer während der Dauer des Anstellungsvertrages, so haben seine Unterhaltsberechtigten zusammen Anspruch auf Fortzahlung seines Gehalts im Sinne von § 7 Abs. 1 für den Sterbemonat und die drei darauffolgenden Monate. …

§ 9

Urlaub

(1) Der Geschäftsführer hat Anspruch auf einen Erholungsurlaub von 30 Werktagen pro Jahr. Als Werktag gelten alle Kalendertage, die nicht Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage sind.

(2) Soweit die Urlaubstage nicht bis zum Ende des Folgejahres in Anspruch genommen wurden, hat der Geschäftsführer Anspruch auf Abgeltung in Höhe von je Urlaubstag 1/20 des aktuellen Monatsgehaltes.

(3) Der Urlaub ist unter Berücksichtigung der Belange der Gesellschaft und in Abstimmung mit eventuell weiteren vorhandenen Geschäftsführern zu nehmen.

§ 10

Vertragsdauer, Kündigung

(1) Dieser Vertrag tritt am 13.02.2015 in Kraft und wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.

(2) Das Recht auf ordentliche Kündigung ist seitens der Gesellschaft für den Zeitraum ausgeschlossen, in dem der Geschäftsführer Inhaber von Gesellschaftsanteilen der Gesellschaft ist, auch wenn die Beteiligung den bisherigen Umfang unterschreitet.

(3) Die ordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses ist für den Geschäftsführer jederzeit mit einer Frist von sechs Monaten möglich. Die gleiche Frist gilt, soweit der Gesellschaft das Recht zur ordentlichen Kündigung zusteht.

(4) Die Kündigung bedarf der Schriftform. Der Geschäftsführer hat sein Kündigungsschreiben an die Gesellschaft zu richten; für die Fristwahrung ist die Absendung des Kündigungsschreibens maßgebend. Die Kündigung durch die Gesellschaft erfolgt durch schriftliche Mitteilung eines entsprechenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung.

(5) Eine Abberufung als Geschäftsführer gilt nur dann als Kündigung dieses Dienstvertrages mit Wirkung zum Ende des auf die Abberufung nächstfolgenden Quartals, wenn der Gesellschafterbeschluss mit Zustimmung des betroffenen Geschäftsführers erfolgt ist.

(6) Eine Abberufung als Geschäftsführer ist nur zulässig, wenn in seiner Person ein wichtiger Grund im Sinne von § 38 Abs. 2 GmbHG vorliegt oder der Geschäftsführer aus der Gesellschaft ausscheidet. Die Abberufung gilt gleichzeitig als fristlose Kündigung des Anstellungsverhältnisses mit sofortiger Wirkung.

(7) Im Fall der Abberufung sowie im Fall der Kündigung endet das Geschäftsführeramt mit dem Zugang der Mitteilung über die Abberufung bzw. über die Kündigung.

§ 11

Schlussbestimmungen

(1) …

(2) …

(3) Alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag werden im ordentlichen Rechtsweg entschieden. Gerichtsstand ist der Sitz der Gesellschaft.

(4) Der Vertrag tritt am 13.02.2015 in Kraft.

…“

Sämtliche Gesellschaftsanteile der Beklagten wurden in der Folge von der T AG erworben. Mit Schreiben vom 29. März 2016 (Bl. 314-315 d. Akte) teilten die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten für die Gesellschafterin das Folgende dem Kläger mit:

„Weisung des Alleingesellschafters der K GmbH an den Geschäftsführer Herrn D

Sehr geehrter Herr D,

unsere Mandantin, die T AG mit Sitz in Kö (Amtsgericht Si, HRB xxxx) hat uns als Rechtsberater beauftragt, sie in ihrer Eigenschaft als Alleingesellschafterin der K GmbH mit Sitz in Ko (Amtsgericht S, HRB xxxxx)(„Gesellschaft“) zu vertreten und Sie namens und im Auftrag der Gesellschafterversammlung an Ihre Pflichten als Geschäftsführer der Gesellschaft zu erinnern. In diesem Zusammenhang weist die Gesellschafterversammlung Sie ausdrücklich an, es in Ihrer Funktion als Geschäftsführer bis auf weiteres zu unterlassen,

– mit Banken, insbesondere der Sparkasse P und mit der L, Gespräche über die Finanzierung der Gesellschaft zu führen,

– Ihren Anwalt Herrn Rechtsanwalt B aus B zu beauftragen, mit den finanzierenden Banken der Gesellschaft Gespräche zu führen und in diesem Rahmen – aus persönlichem Interesse – die Wirksamkeit der Finanzierungsverträge der Gesellschaft in Frage zu stellen.

Die Erfahrungen zeigen, dass es wichtig ist, gegenüber Kreditinstituten kontinuierlich und geschlossen zu kommunizieren, damit in nicht abgestimmter Kommunikation keine Schäden, insbesondere durch den Vertrauensverlust, entstehen.

Wir dürfen Sie daher namens und im Auftrag der Gesellschafterversammlung nachdrücklich darum bitten, Ihre Arbeitsleistung auf die Ihnen im Rahmen der Geschäftsleitung übertragenen operativen Aufgaben zu konzentrieren. Soweit Sie Fragen zur finanziellen Situation der Gesellschaft haben, werden diese intern diskutiert.

…“

Am Folgetag (30. März 2016) fertigte die Gesellschafterin der Di GmbH (Beklagte zu 8) einen „Geschäftsverteilungsplan der Di GmbH“ und gab diesen dem Kläger bekannt. Der Geschäftsverteilungsplan (Bl. 306-307 d. Akte) hat den folgenden Inhalt:

„Dieser Geschäftsverteilungsplan löst alle bisherigen Regelungen ab. Gültig ab Datum der Genehmigung durch den Gesellschafter, vertreten über die K GmbH durch den Vorstand der T AG und bis zur Genehmigung eines neuen Geschäftsverteilungsplanes.

Ergänzende Feststellungen:

– Bei Themen mit Überlappung ist jeweils nur der „Lead“ im Geschäftsverteilungsplan angegeben, die anderen Teammitglieder, bzw. deren Abteilungen und Bereiche arbeiten unterstützend zu.

– Vertrieb, auch wenn nicht eigens erwähnt, ist die primäre Aufgabe aller Geschäftsführer und leitender Angestellter. Der Fokus liegt grundsätzlich auf dem Kundennutzen, nicht auf der Technologie.

– Fundamentale Entscheidungen werden nach Maßgabe der Satzung der Gesellschaft, bzw. der Regelungen des Gesellschafters diskutiert und nach den dort definierten Regeln beziehungsweise den Vorgaben und Weisungen des Gesellschafters, vertreten durch den Vorstand der T AG verabschiedet.

– Die einzelnen Resorts unterstützen sich gegenseitig und vertreten sich bei Abwesenheit.

– Das jeweils gültige Organigramm regelt die Berichtslinien. Das jeweils aktuelle Organigramm ist Teil des Geschäftsverteilungsplans.

– Geschäftsführer Entwicklung und Produkte (M):

-Produktentwicklung (OEM, Retrofit- und Aftermarktprodukte)

-Management und Leitung

– R&D Team

– Musterbau

– Konstruktion

-Budgetverantwortung Entwicklungsprojekte (Zeitlich/Finanziell)

-Koordination und Einsatzplanung R&D Ressourcen

-Patente und IP

-Operative Personalthemen

-Standortleitung Facility Wi

– Geschäftsführer Vertrieb & Projekte (D):

-OEM Vertrieb DIF-Produkte und Service weltweit

-OEM Projekte- und Key Account Management

-Budgetverantwortung Kundenprojekte (Zeitlich/Finanziell)

-Koordination und Einsatzplanung Projektmanagement Ressourcen

-Fachliche und vertriebliche Verantwortung Prüfstände

-QM und Audits

-Standortleitung Facility F

– Finance, Controlling, HR, IT

-Die kaufmännische Leitung obliegt den beiden Geschäftsführern nach Maßgabe der geltenden Gesetze

-Unterstützung bei der operativen Umsetzung (Buchhaltung, Controlling, Gehaltsabrechnungen, etc.) der Finance-Themen erfolgt durch die Gruppe

-IT Services werden durch die Gruppe in Abstimmung mit den Geschäftsführern und nach Maßgabe der gruppenweiten Regelungen erbracht

-HR Services werden durch die Gruppe in Abstimmung mit den Geschäftsführern und nach Maßgabe der gruppenweiten Regelungen erbracht

…“

Dem Schreiben vom 30. März 2016 war das Organigramm der Beklagten zu 8) beigefügt (Bl. 308 d. Akte).

Mit Schreiben vom 27. April 2016 (Bl. 18 d. Akte) kündigte der Kläger den mit allen Beklagten bestehenden Geschäftsführerdienstvertrag zum 31. Oktober 2016, hilfsweise zum nächst möglichen Termin. Weiter führt der Kläger im Kündigungsschreiben aus:

„…

Mit dem Zugang dieses Kündigungsschreibens endet nach § 10 Abs. 7 meines Dienstvertrags mein Geschäftsführeramt.

Ich bitte Sie dafür Sorge zu tragen, dass ich als Geschäftsführer aus den Handelsregistern aller betroffener Gesellschaften ausgetragen werde.

…“

Mit jeweils acht wortlautgleichen Schreiben kündigten die Beklagten mit Schreiben vom 11. Mai 2016 den „Geschäftsführerdienstvertrag mit der K E-RM GmbH außerordentlich mit fristloser Wirkung“ (Bl. 19-26 d. Akte). Jeder der Kündigungsschreiben war ein Beschluss der Gesellschafterversammlung jeweils vom 11. Mai 2016, die jeweilige Gesellschaft betreffend, beigefügt (Bl. 269-277 d. Akte).

Mit der am 31. Mai 2016 beim Arbeitsgericht Stuttgart, Kammern Ludwigsburg, eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Beendigung „seines Arbeitsverhältnisses“ durch die von den Beklagten ausgesprochenen Kündigungen und begehrt seine Weiterbeschäftigung sowie ein Arbeitszeugnis.

Nach teilweiser Klagerücknahme hat der Kläger die Klage um einen Zahlungsantrag gegen die Beklagte zu 1) zur Zahlung der Juni-Vergütung erweitert.

Am 10. Juni 2016 erfolgte die Eintragung des Ausscheidens des Klägers als Geschäftsführer im Handelsregister bzgl. aller Gesellschaften (Bl. 183 d. Akte).

Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 20. Juli 2016 (Bl. 202 u. 277 d. Akte) wurde der Kläger unter Fristsetzung bis zum 22. Juli 2016 12:00 Uhr aufgefordert, insb. den überlassenen Dienstwagen (amtl. Kennzeichen aa-bb xxxx) am Sitz der Gesellschaft herauszugeben. Mit Schreiben vom 22. Juli 2016 (Bl. 203-204 d. Akte) teilte der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten den Beklagten mit, dass durch die mangelhafte außerordentliche Kündigung der Dienstwagen, der Teil der Vergütung sei, nicht „einkassiert“ werden könne. Stichtag für die Rückgabe bleibe der 31. Oktober 2016.

Mit Email-Nachricht vom 27. Juli 2016 (Bl. 280 d. Akte) teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit, dass der Kläger am 25. Juli 2016 einen Verkehrsunfall mit dem Dienstfahrzeug erlitten habe; der Außenspiegel sei abgerissen und auch die Seitenscheibe sei beschädigt. Eine Reparatur sei notwendig. Mit Email vom selben Tag (Bl. 281 d. Akte) antwortete der Prozessbevollmächtigte der Beklagten und führte ua. aus:

„…

Wir machen Sie hiermit darauf aufmerksam, dass über die Reparatur und die Wahl der diesbezüglichen Werkstatt selbstverständlich ausschließlich unsere Mandantschaft entscheiden kann. Das Weiteren treffen unsere Mandantin als Fahrzeughalterin im Falle eines Unfalls diverse Meldepflichten, bei deren Verletzung wirtschaftliche Nachteile entstehen können.

Wir fordern Sie bzw. Ihren Mandanten daher nochmals auf, den Dienstwagen unverzüglich an unsere Mandantin zurückzugeben.

…“

Am 29. Juli 2016 brachte der Kläger das Fahrzeug – nach bereits am 25. Juli 2016 getroffener Terminsvereinbarung, aber ohne Abstimmung mit den Beklagten – zur Reparatur ins Autohaus L und veranlasste dort die Reparatur auf Rechnung der Beklagten. Das Autohaus L stellte der Beklagten zu 1) unter dem Datum 1. August 2016 eine Rechnung iHv. 2.602,79 Euro incl. Umsatzsteuer (Bl. 285-286 d. Akte).

Mit Schreiben vom 9. August 2016 (Bl. 188-189 d. Akte) wurde der Kläger „letztmalig“ aufgefordert, das Fahrzeug unverzüglich am Sitz der Beklagten zu 1) zurückzugeben. Für den Fall, dass das Fahrzeug nicht bis zum 12. August 2016 zurückgegeben werden sollte, wurde dem Kläger eine außerordentliche Kündigung angekündigt.

des Klägers außerordentlich fristlos (Schreiben vom 12. August 2016, Bl. 166 d. Akte) unter Beifügung des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 11. August 2016 (Bl. 287 d. Akte). Mit weiterem Schreiben vom 18. August 2016 kündigte die Beklagte zu 1) den Geschäftsführerdienstvertrag nochmals außerordentlich fristlos (Bl. 167 d. Akte). Auch diesem Schreiben war ein Beschluss der Gesellschafterversammlung (vom 16. August 2016; Bl. 288 d. Akte) beigefügt.

Mit Beschluss vom 25. August 2016 hat das Gericht den Zahlungsantrag (Klageerweiterung vom 26. Juli 2016) abgetrennt. Mit weiterem Beschluss vom 26. August 2016 hat die Kammer bzgl. des abgetrennten Zahlungsantrags (Aktenzeichen: 26 Ca xxxx/16) den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen verneint und diesen Rechtsstreit an das Landgericht S verwiesen. Im Übrigen hat die Kammer mit Beschluss vom 26. August 2016 (Bl. 147-157 d. Akte) den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für gegeben angesehen und dabei angenommen, dass es sich bei den angekündigten Anträgen um sog. sic-non-Anträge handelt.

Der Kläger meint im Wesentlichen, die Kündigungen der Beklagten seien schon deshalb unwirksam, weil sie alle nach dem eindeutigen Wortlaut den Geschäftsführerdienstvertrag „mit der K E-RM GmbH“ beträfen. Eine Auslegung komme bei einer Kündigung nicht in Betracht. Im Übrigen fehlte es aber auch an einem wichtigen Grund für die Kündigungen. Weil diesen Kündigungen die Unwirksamkeit „auf der Stirn“ gestanden habe, sei der Kläger nicht zur Herausgabe des Fahrzeugs verpflichtet. Damit seien auch die außerordentlichen Kündigungen vom 12. und 18. August 2016 rechtsunwirksam; es fehle an einem wichtigen Grund. Zudem sei die 2-Wochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten. Im Übrigen sei es so, dass das beschädigte Fahrzeug gar nicht hätte herausgegeben werden können. Infolge der Beschädigung des Spiegels hätte der Kläger das Fahrzeug nicht ohne Verstoß gegen § 56 StVZO bewegen können. Mit Schriftsatz vom 4. November 2016 rügt der Kläger des Weiteren die Gesellschafterbeschlüsse, insb. soweit in diesen von der K Unternehmensbeteiligungs GmbH die Rede sei und die fehlende Bevollmächtigung des Geschäftsführers Herrn B. Das Gericht habe die begehrte Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses des Klägers bis 31. Oktober 2016 auszusprechen, weil der „Geschäftsführerdienstvertrag“ tatsächlich ein Arbeitsvertrag sei. So habe der Kläger die Gesellschafterbeschlüsse zu beachten (§ 1 Abs. 3), habe seine gesamten Kenntnisse und Erfahrungen der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen (§ 4 Abs. 1) und müsse jederzeit, wenn und soweit das Wohl der Gesellschaft es verlange, zur Dienstleistung zur Verfügung stehen (§ 4 Abs. 2), weshalb die Tätigkeit für einen anderen Arbeitgeber praktisch ausscheide. Auch habe der Kläger nur Anspruch auf eine monatlich festgelegte Vergütung, wobei die Beklagte zu 1) die Einkommenssteuer abgeführt habe, und Anspruch auf Urlaub, den er mit den anderen Geschäftsführern abstimmen müsse. Für Erfindungen werde auf das Gesetz für Arbeitnehmererfindungen verwiesen. Ebenso habe er Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Insgesamt überwiegten die für ein weisungsgebundenes Arbeitsverhältnis sprechenden Gesichtspunkte. Jedenfalls hätten sich die Umstände so geändert, dass nunmehr von einem Arbeitsverhältnis auszugehen sei. In den Weisungen vom 29. (Bl. 314-315 d. Akte) und 30. März 2016 (Geschäftsverteilungsplan der Beklagten zu 8) seien nach § 37 GmbHG auch arbeitsvertragliche Weisungen zu sehen. Schon nach dem Wortlaut des Schreibens vom 29. März 2016 liege eine „Weisung“ vor. Mit der Weisung sei der Kläger gehindert gewesen, im Rahmen der Geschäftsleitung für die wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Belange der Gesellschaft in bester Weise zu sorgen. Vielmehr sei er „lahmgelegt“ und zum Projektmanager und Key-Accounter degradiert worden, was sich auch besonders im letzten Absatz des Schreibens vom 29. März 2016 zeige. Durch den Geschäftsverteilungsplan der Beklagten zu 8) vom 30. März 2016 sei der Kläger in den Betrieb erheblich eingegliedert worden, denn er sei nun zu weitgehenden Abstimmungsprozessen verpflichtet gewesen. Der Kläger sei infolge der neuen Geschäftsordnung nur noch einer von Vielen. Er habe nicht mehr bestimmen, anweisen oder führen können. Die gruppenweiten Regelungen seien vom Gesellschafter – der T AG – vorgegeben worden. Das Setzen dieser Maßstäbe seien aber keine gesellschaftsrechtlichen Vorgänge, sondern arbeitspolitische und spielten damit auf dem Gebiet des Arbeitsrechts. Im Übrigen berufe sich der Kläger hinsichtlich seiner Arbeitnehmerstellung auf die Rechtsprechung des EuGH vom 11.11.2010 (- C 232/09 – [Danosa]). Auch habe das Gericht die analoge Anwendung arbeitsrechtlicher Bestimmungen zu prüfen.

Der Kläger beantragt – nach teilweiser Klagerücknahme – zuletzt:

1. Es wird festgestellt, dass das bis zum 31. Oktober 2016 fortdauernde Arbeitsverhältnis des Klägers nicht aufgelöst worden ist durch die außerordentliche, fristlose Kündigung der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2)-8) vom 11. Mai 2016.

2. Es wird festgestellt, dass das bis zum 31. Oktober 2016 fortdauernde Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten nicht aufgelöst worden ist durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 12. August 2016.

3. Es wird festgestellt, dass das bis zum 31. Oktober 2016 fortdauernde Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten nicht aufgelöst worden ist durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 18. August 2016.

4. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, dem Kläger ein endgültiges Zeugnis zu erteilen, dass sich auf Führung und Leistung erstreckt.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten vertreten im Wesentlichen die Auffassung, dass § 10 Abs. 7 des Dienstvertrages auf die Kündigung des Geschäftsführers keine Anwendung finde, sondern nur auf Kündigungen durch die Gesellschaft. Dies ergebe die Auslegung des Vertrags bzw. eine teleologische Reduktion der Vertragsklausel. Der Kläger habe tatsächlich aber sein Geschäftsführeramt niedergelegt und sich im Anschluss an seine Kündigung arbeitsunfähig gemeldet. Dadurch sei eine ungeklärte und nicht vorhergesehene Situation entstanden. Die sofortige Amtsniederlegung sei unberechtigt gewesen und habe den rechtsgeschäftlichen Handlungsbereich der Gesellschaften in unzumutbarer Weise verengt. Deshalb sei, unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Celle vom 4. Februar 2004 (- 9 U 203/03 -), ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB gegeben. Die Kündigungen seien auch formell wirksam. Der Kläger habe eindeutig unter Berücksichtigung der jeweils beigefügten Gesellschafterbeschlüsse erkennen können und müssen, dass das jeweilige Rechtsverhältnis zur kündigenden Gesellschaft beendet werden soll. Die weiter ausgesprochenen Kündigungen vom 12. bzw. 18. August 2016 seien ebenso wirksam. Der Kläger sei nach der Kündigung vom Mai 2016 zur Herausgabe des überlassenen Fahrzeugs verpflichtet gewesen. Die Beklagte zu 1) habe daher die Rückgabe verlangt und der Kläger habe diese zu Unrecht verweigert. Die Beklagte habe sogar mit Schreiben vom 9. August 2016 den Kläger abgemahnt. Hinzu komme, dass die Beklagte nach dem Unfall eindeutig klargestellt habe, dass sie über die Reparatur entscheide. Dies habe der Kläger nicht nur missachtet, sondern auch die Reparatur auf Rechnung der Beklagten veranlasst, obwohl der Dienstvertrag gekündigt und das Geschäftsführeramt niedergelegt war. Die 2-Wochenfrist sei gewahrt. Zum einen sei die Rechnung erst am 10. August 2016 bei der Beklagten eingegangen, zum anderen handele es sich bei der verweigerten Herausgabe ohnehin um einen Dauertatbestand.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni und 25. November 2016 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A. Die Klage hat keinen Erfolg. Die vom Kläger begehrte Feststellung, dass ein zwischen ihm und den Beklagten fortbestehendes „Arbeitsverhältnis“ nicht durch die streitgegenständlichen Kündigungen vom 11. Mai, 12. und 18. August 2016 aufgelöst worden ist, kann schon mangels bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht getroffen werden. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses als Arbeitnehmer.

I. Für die Feststellungsanträge sind die Arbeitsgerichte zuständig. Die Anträge sind zulässig, aber unbegründet.

1. Für die vom Kläger gestellten Feststellungsanträge, dass die streitgegenständlichen Kündigungen der Beklagten ein mit ihm bestehendes „Arbeitsverhältnis“ nicht beendet haben, sind die Gerichte für Arbeitssachen zuständig. Hierüber hat die Kammer bereits vorab mit Beschluss vom 26. August 2016 (Bl. 147-157 d. Akte) entschieden. Der Kläger hat in seinen Schriftsätzen klarstellend ausdrücklich geltend gemacht, dass er die Feststellung des Fortbestands eines Arbeitsverhältnisses begehrt. Hierbei handelt es sich um sic-non-Anträge, mit denen der Kläger nur obsiegen kann, wenn materiell-rechtlich tatsächlich ein Arbeitsverhältnis mit den Beklagten besteht.

2. Die Feststellungsanträge sind zulässig. Hierbei handelt es sich um punktuelle Anträge iSv. §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 4 Satz 1 KSchG. Dies ergibt die Auslegung der Anträge. Insbesondere hat der Kläger einen gesonderten erweiterten Feststellungsantrag angekündigt, den er im Kammertermin zurückgenommen hat, nachdem der Beklagtenvertreter erklärt hat, dass sich die Beklagte über die angegriffenen Kündigungen hinaus, auf keine weiteren Beendigungstatbestände beruft. Das besondere Feststellungsinteresse ergibt sich aus den Wirkungen von §§ 7, 4 Satz 1 KSchG.

3. Die Feststellungsanträge haben keinen Erfolg. Das Gericht ist an der begehrten Feststellung schon deshalb gehindert, weil zwischen den Parteien materiell-rechtlich kein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Auf die Frage, ob die Kündigungen der Beklagten rechtswirksam sind, kommt es deshalb nicht an. Der Kläger kann seine Arbeitnehmereigenschaft nicht aus dem Unionsrecht ableiten. Nach nationalem deutschen Recht bestand zwischen dem Kläger und den Beklagten kein Arbeitsverhältnis, sondern ein freier Dienstvertrag.

a) Entgegen der Auffassung des Klägers kann für die Frage, ob er Arbeitnehmer ist, nicht auf das Unionsrecht und die Rechtsprechung des EuGH zurückgegriffen werden.

aa) Richtig ist, dass der EuGH zur RL 92/85/EG (Mutterschutzrichtlinie) entschieden hat, dass für die Zwecke der Richtlinie 92/85 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz die Arbeitnehmereigenschaft eines Mitglieds der Unternehmensleitung einer Kapitalgesellschaft, das dieser gegenüber Leistungen erbringt und in sie eingegliedert ist, zu bejahen ist, wenn es seine Tätigkeit für eine bestimmte Zeit nach der Weisung oder unter der Aufsicht eines anderen Organs dieser Gesellschaft ausübt und als Gegenleistung für die Tätigkeit ein Entgelt erhält (vgl. EUGH 11. November 2011 – C-232/09 – Rn. 39 ff. [Danosa], EuGHE 2010, I-11405). Ebenso hat der EuGH zwischenzeitlich für die RL 59/98/EG (Massenentlassungsrichtlinie, kurz: MERL) entschieden, dass in unionsrechtlicher Auslegung Arbeitnehmer derjenige ist, welcher während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisungen Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (vgl. EuGH 11. November 2015 – C-422/14 – Rn. 29 [Pujante Rivera], NZA 2015, 1441; 9. Juli 2015 – C-229/14 – Rn. 34 [Balkaya], NZA 2015, 861). Bei einem für eine GmbH nach deutschem Recht bestellten Fremdgeschäftsführer handelt es sich um einen Arbeitnehmer in diesem Sinne (vgl. EuGH 9. Juli 2015 – C-229/14 – Rn. 41 [Balkaya], aaO), weil dieser von der Gesellschafterversammlung ernannt und jederzeit abberufen werden kann und deren Weisungen unterliegt (vgl. EuGH 9. Juli 2015 – C-229/14 – Rn. 40 [Balkaya], aaO).

bb) Vorliegend kommt ein Rückgriff auf einen unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff aber deshalb nicht in Betracht, weil die außerordentliche Kündigung des Dienstvertrags des Klägers durch die Beklagten und – noch vielmehr – die begehrte Feststellung des Fortbestehens eines „Arbeitsverhältnisses“ keinen Bezug zu einem durch das Unionsrecht geregelten Sachverhalt aufweist. Insbesondere folgt ein solcher nicht aus Art. 30 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC).

(1) Nach Art. 30 GRC hat jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten Anspruch auf Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung. Der Begriff des Arbeitnehmers entspricht dabei dem unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff, wie er in Art. 45 Abs. 1 (vgl. EUArbR/Steinmeyer AEUV Art. 45 Rn. 11 ff.) und Art. 153 AEUV (vgl. EUArbR/Franzen AEUV Art. 153 Rn. 5 ff.) zugrunde liegt (vgl. EUArbR/Schubert GRC Art. 30 Rn. 7). Allerdings gilt die GRC nach Art. 51 Abs. 1 für die Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Union unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Der Begriff „Durchführung des Rechts der Union“ verlangt auch nach der Rechtsprechung des EuGH einen hinreichenden Zusammenhang von gewissen Grad, der darüber hinausgeht, dass die fraglichen Sachverhalte benachbart sind oder der eine von ihnen mittelbare Auswirkungen auf den anderen haben kann (vgl. EuGH 6. März 2014 – C-206/13 – Rn. 24 [Siragusa], NVwZ 2014, 575; vgl. auch: BAG 11. September 2013 – 7 AZR 843/11 – Rn. 41, BAGE 146, 48). Die Grundrechte der Union sind im Verhältnis zu einer nationalen Regelung unanwendbar, wenn die unionsrechtlichen Vorschriften in dem betreffenden Sachbereich keine Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Hinblick auf den im Ausgangsverfahren fraglichen Sachverhalt schaffen (vgl. EuGH 6. März 2014 – C-206/13 – Rn. 26 [Siragusa], aaO). Für eine Bindung der Mitgliedstaaten durch die in der GRC niedergelegten Grundrechte der Europäischen Union reicht nicht jeder sachliche Bezug einer Regelung zum bloß abstrakten Anwendungsbereich des Unionsrecht oder rein tatsächliche Auswirkungen (vgl. BVerfG 24. April 2013 – 2 BvR 1215/07 – Rn. 91 [Antiterrordatei], BVerfGE 133, 277). Dementsprechend ist auch der EuGH nicht zuständig, wenn ein Sachverhalt nicht dem Unionsrecht unterfällt und es nicht um die Anwendung nationaler Regelungen geht, mit denen Unionsrecht durchgeführt wird (vgl. BAG 8. Dezember 2011 – 6 AZN 1371/11 – Rn. 9, BAGE 140, 76). Um festzustellen, ob eine nationale Maßnahme die Durchführung des Rechts der Union im Sinne von Art. 51 Abs. 1 GRC betrifft, ist zu prüden, ob mit der fraglichen nationalen Regelung die Durchführung einer Bestimmung des Unionsrechts bezweckt wird, welchen Charakter diese Regelung hat und ob mit ihr andere als die unter das Unionsrecht fallende Ziele verfolgt werden, selbst wenn sie das Unionsrecht mittelbar beeinflussen kann, sowie ferner, ob es eine Regelung des Unionsrecht gibt, die für diesen Bereich spezifisch ist oder ihn beeinflussen kann (vgl. EuGH 10. Juli 2014 – C-198/13 – Rn. 37 [Julian Hernández], NZA 2014, 1325).

(2) Der im vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Kündigungssachverhalt weist keinen Bezug zu einer Richtlinie der europäischen Union auf. Die Kündigungen der Beklagten sind weder im Rahmen einer Massenentlassung iSd. § 17 ff. KSchG bzw. der MERL oder im Rahmen bzw. in Zusammenhang mit einem Betriebsübergang iSv. § 613a BGB bzw. der RL 2001/23/EG erfolgt. Auch der Kläger macht nicht geltend, die Kündigung falle in den Anwendungsbereich einer Richtlinie der europäischen Union (bspw. der RL 2000/78/EG). Im Übrigen begehrt der Kläger nicht lediglich die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung, sondern den Fortbestand eines „Arbeitsverhältnisses“. Es gibt aber kein einheitliches europäisches Arbeitsrecht und deshalb auch keinen von den Richtlinien losgelösten Arbeitnehmerbegriff. Die Parteien streiten über die Frage, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis nach nationalem, deutschen Recht besteht.

(3) Auch Art. 30 GRC vermittelt, nachdem die Kündigung keinen Bezug zu einem eine Richtlinie der europäischen Union konkretisierenden Rechtsbereich hat, nicht die Anwendung der GRC nach Art. 51 Abs. 1. Ungeachtet der fraglichen Reichweite von Art. 30 GRC (vgl. EUArbR/Schubert GRC Art. 30 Rn. 15; Franzen NZA-Beilage 2015, 77, 82) und des Umstands, dass im Verhältnis zu Privatpersonen ohnehin nur eine mittelbare (Dritt-)Wirkung der Grundrechte der GRC in Betracht kommt (vgl. EUArbR/Schubert GRC Art. 51 Rn. 34) ist festzustellen, dass es keinen allgemeinen unionsrechtlichen Kündigungsschutz gibt (vgl. Franzen NZA-Beilage 2015, 77, 81). Nur Richtlinien, die den Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung konkretisieren, eröffnen grundsätzlich den Anwendungsbereich von Art. 30 GRC (vgl. Meyer NZA 2014, 993, 998). Zudem verweist Art. 30 GRC ausdrücklich auf die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten. § 626 BGB regelt unabhängig von der Rechtsnatur des Dienstverhältnisses (freies Dienstverhältnis oder Arbeitsvertrag) die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung und dient nicht der Umsetzung von Unionsrecht. So hat auch der EuGH in Bezug auf die Ausnahmen zum allgemeinen Kündigungsschutz im französischen Recht in der Rechtssache Polier seine Unzuständigkeit angenommen (vgl. EuGH 16. Januar 2008 – C-361/07 – [Polier], BeckRS 2010, 91807). Weder die Anwendung der §§ 138, 242 BGB (vgl. BAG 8. Dezember 2011 – 6 AZN 1371/11 – Rn. 12, aaO; EUArbR/Schubert GRC Art. 30 Rn. 24; Pötters in Preis/Sagan Europäisches Arbeitsrecht § 2 Rn. 21) noch die Anwendung § 626 BGB stellt die Durchführung von Unionsrecht dar.

(4) Der Kläger begehrt zudem nicht lediglich die Feststellung, dass ein mit den Beklagten bestehendes Rechtsverhältnis durch die Kündigungen nicht beendet wurde, sondern die Feststellung, dass es sich bei diesem Rechtsverhältnis um ein Arbeitsverhältnis handelt. Die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt oder nicht, ist allein nach Maßgaben des nationalen Rechts zu entscheiden – weder die Bestimmung des Arbeitnehmerbegriffs der Mitgliedstaaten noch der nationalen Gesellschaftsformen und damit im Zusammenhang stehende vertragsrechtliche Fragen unterliegt der Kompetenz der Union (vgl. Reinfelder RdA 2016, 87, 94). Es gibt kein einheitliches europäisches Arbeitsrecht. So hat sich konsequenterweise auch der EuGH – in Anwendung von Art. 51 Abs. 1 GRC – in einem Fall für unzuständig gehalten, in dem es um einen nach nationalem Recht „unbefristeten Arbeitsvertrag zur Unterstützung der Unternehmer“ ging (vgl. EuGH 5. Februar 2015 – C-117/04 – Rn. 27 ff. [Nisttahuz Poclava], NZA 2015, 349). Ebenso geht das BAG davon aus, dass der Anwendungsbereich des Unionsrechts nicht bei der erstmaligen Befristung eines Arbeitsverhältnisses eröffnet ist (vgl. BAG 11. September 2013 – 7 AZR 843/11 – Rn. 40 f., aaO) und für den Arbeitnehmerbegriff von § 5 Abs. 1 ArbGG legt es den allgemeinen nationalen Arbeitnehmerbegriff zugrunde (vgl. BAG 8. September 2015 – 9 AZB 21/15 – Rn. 13, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 74 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 52; Vielmeier NZA 2016, 1241).

b) Zwischen den Parteien bestand nach deutschem Recht kein Arbeitsverhältnis. Daher kann der Fortbestand eines solchen nicht durch das Gericht festgestellt werden. Der Kläger hat einen Geschäftsführerdienstvertrag abgeschlossen, der nicht als Arbeitsvertrag gelebt wurde und stand infolge dessen in einem freien Dienstverhältnis iSv. § 611 BGB.

aa) Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (st. Rspr., vgl. BAG 29. August 2012 – 10 AZR 499/11 – Rn. 14, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 124 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 22). Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls in Betracht zu ziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend (vgl. BAG 17. April 2013 – 10 AZR 272/12 – Rn. 15, EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 24). Allerdings gelten die dargestellten Grundsätze zur Ermittlung des Rechtsverhältnisses grundsätzlich nur für solche Fälle, in denen die Parteien ihr Rechtsverhältnis gerade nicht als Arbeitsverhältnis bezeichnet haben, sondern etwa als freies Mitarbeiter- oder Dienstverhältnis. Haben die Parteien dagegen ein Arbeitsverhältnis vereinbart, so ist es auch regelmäßig als solches einzuordnen (vgl. BAG 8. September 2015 – 9 AZB 21/15 – Rn. 13 mwN, BB 2015, 2611).

bb) Der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers einer GmbH ist idR ein auf die Geschäftsbesorgung durch Ausübung des Geschäftsführeramtes gerichteter freier Dienstvertrag, der nachrangig zum gesellschaftsrechtlichen Organverhältnis diejenigen Rechtsbeziehungen zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft regelt, welche nicht bereits durch die organschaftliche Stellung des Geschäftsführers vorgegeben sind (vgl. BGH 10. Mai 2010 – II ZR 70/09 – Rn. 7, NZA 2010, 889; 10. Januar 2000 – II ZR 251/98 – zu II 1 der Gründe, NZA 2000, 376; BAG 24. November 2005 – 2 AZR 614/04 – Rn. 18, BAGE 116, 254; ErfK/Preis 17. Aufl. § 611 BGB Rn. 137; Stück GmbHR 2006, 1009, 1012; zum Meinungsstand im Schrifttum vgl. auch Preis/Sagan ZGR 2013, 26, 27 ff.). Dies gilt unabhängig davon, ob der (Fremd-)Geschäftsführer einen starken Anteilseigner, Mitgeschäftsführer etc. neben sich hat, der die konkrete Geschäftstätigkeit bestimmend mitgestaltet. Es kommt insoweit nicht entscheidend darauf an, welchen Gebrauch der GmbH-Geschäftsführer im Innenverhältnis nach § 37 Abs. 1 GmbHG von seiner im Außenverhältnis wegen § 44, § 35, § 37 Abs. 2 GmbHG unbeschränkten Vertretungsbefugnis machen darf. § 37 Abs. 1 GmbHG ist eine Norm zur Abgrenzung der Kompetenzen der Gesellschaftsorgane untereinander. Ein unternehmerisches Weisungsrecht hat die Gesellschaft auch gegenüber einem Geschäftsführer als freiem Dienstnehmer (vgl. BAG 24. November 2005 – 2 AZR 614/04 – aaO). Aus § 37 Abs. 1 GmbHG folgt ein umfassendes Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung als oberstem Organ der GmbH (vgl. Henssler/Strohn/Oetker GesR 3. Aufl. § 37 GmbHG Rn. 11). Die Tätigkeit eines Geschäftsführers ist nach dem gesetzgeberischen Willen nach § 37 GmbHG weisungsgebunden (vgl. Roth/Altmeppen/Altmeppen GmbHG 8. Aufl. § 37 Rn. 3). Das Weisungsrecht entspringt der allumfassenden Regelungszuständigkeit der Gesellschafter in allen Angelegenheiten der Gesellschaft. Sie sind das zentrale Willensbildungsorgan der GmbH und in dieser gesellschafts-verfassungsrechtlich dominierenden Stellung dem Geschäftsführer übergeordnet (vgl. OLG Frankfurt 7. Februar 1997 – 24 U 88/95 – ZIP 1997, 450). Dieses Weisungsrecht ist gesellschaftsrechtlicher, nicht arbeitsrechtlicher Natur und vermag nicht allein die für die Arbeitnehmereigenschaft notwendige persönliche Abhängigkeit zu begründen (vgl. Henssler/Strohn/Oetker GesR 3. Aufl. § 35 GmbHG Rn. 94). Berücksichtigt man, dass der Gesellschaft jedenfalls ein unternehmerisches Weisungsrecht zusteht, so kann eine Weisungsgebundenheit des GmbH-Geschäftsführers, die so stark ist, dass sie darüber hinaus auf einen Status des betroffenen GmbH-Geschäftsführers als Arbeitnehmer schließen lässt, allenfalls in extremen Ausnahmefällen in Betracht kommen (vgl. BAG 24. November 2005 – 2 AZR 614/04 – Rn. 18, aaO; Henssler/Strohn/Oetker GesR aaO: „allenfalls in atypischen Konstellationen“; Reinfelder RdA 2016, 87, 92: „Der ‚klassische‘ Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers…dürfte hingegen kaum als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren sein“). Eine Überschreitung des Weisungsrechts nach § 37 Abs. 1 GmbHG führt im Übrigen nicht ohne Weiteres dazu, dass sich diese zur arbeitsrechtlichen Weisung würde, sondern berechtigt den Geschäftsführer allenfalls zur Kündigung (vgl. OLG Karlsruhe 23. März 2011 – 7 U 81/11 – Rn. 20 ff., NZA-RR 2011, 411; Henssler/Strohn/Oetker GesR § 35 GmbHG Rn. 153). Nur dann, wenn der Gesellschaft eine über ihr gesellschaftsrechtliches Weisungsrecht hinausgehende Weisungsbefugnis auch bezüglich der Umstände zukommt, unter denen der Geschäftsführer seine Leistung zu erbringen hat, kann im Einzelfall ein Arbeitsverhältnis vorliegen. Die Gesellschaft muss dazu auch arbeitsbegleitende und verfahrensorientierte Weisungen erteilen und auf diese Weise die konkreten Modalitäten der Leistungserbringung bestimmen können (vgl. BAG 26. Mai 1999 – 5 AZR 664/98 – zu III 2 b der Gründe, AP GmbHG § 35 Nr. 10 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 76; vgl. auch BAG 31. Juli 2014 – 2 AZR 422/13 – Rn. 25, BAGE 149, 18; vgl. auch: BFH 20. Oktober 2010 – VIII R 34/08 – Rn. 20 ff., GmbHR 2011, 313). Der rechtliche Charakter des Anstellungsverhältnisses eines Organvertreters ändert sich nicht schon dadurch, dass der Organvertreter abberufen wird. Durch den Abberufungsakt wird das Anstellungsverhältnis grundsätzlich nicht zum Arbeitsverhältnis (vgl. BAG 15. November 2013 – 10 AZB 28/13 – Rn. 16, GmbHR 2014, 137; 26. August 2009 – 5 AZR 522/08 – Rn. 32, BAGE 132, 27; 24. November 2005 – 2 AZR 614/04 – Rn. 24, aaO; BGH 23. Januar 2003 – IX ZR 39/02 – zu II 1 a der Gründe, NZA 2003, 439).

cc) Nach diesen Maßstäben haben die Parteien weder infolge der im Geschäftsführerdienstvertrag vom 13. Februar 2015 getroffenen Regelungen noch infolge der tatsächlichen Vertragsdurchführung ein Arbeitsverhältnis begründet.

(1) Die im Geschäftsführerdienstvertrag vom 13. Februar 2015 getroffenen Regelungen weisen diesen als freien Dienstvertrag aus.

(a) Nach dem zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) geschlossenen „Geschäftsführerdienstvertrag“ hat der Kläger die ihm obliegenden Pflichten mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung, der Gesellschafterbeschlüsse und des Vertrags wahrzunehmen (§ 1 Abs. 3), ihm obliegt die Organisation und Leitung des Unternehmens im Ganzen (§ 2 Abs. 1), er hat weiter die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers im Sinne arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften wahrzunehmen (§ 2 Abs. 2) und ist an bestimmte Arbeitszeiten nicht gebunden (§ 4 Abs. 2). Diese Bestimmungen (insb. § 2 Abs. 2) weisen den Kläger als sozialen Gegenspieler der Arbeitnehmerschaft aus (vgl. dazu Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 16. Aufl. § 14 Rn. 3). Der Vertrag enthält keinen Hinweis, dass der Kläger inhaltlich, zeitlich oder örtlich einem Weisungsrecht unterliegt. Dies unterscheidet auch den Fall von der vom Kläger zitierten Entscheidung des OLG München vom 27. Oktober 2014 (- 7 W 2097/14 – Rn. 11, NZA-RR 2014, 660). Vielmehr stellt die in § 4 Ziff. 2 getroffene Regelung unmissverständlich klar, dass der Kläger keinem Weisungsrecht hinsichtlich der Zeit der Dienstleistung unterliegt. Soweit bestimmt ist (§ 4 Abs. 2 Satz 2), der Kläger sei gehalten, jederzeit wenn und soweit das Wohl der Gesellschaft es verlangt, zur Dienstleistung zur Verfügung zu stehen, ergibt sich auch hieraus kein Weisungsrecht bzgl. der Zeit der Dienstleistung. Nicht die Gesellschaft kann die Dienstleistung verlangen, sondern der Kläger wird angehalten, tätig zu werden, wenn das Wohl der Gesellschaft dies verlangt. Damit wird allein ein Maßstab für die Diensterbringung durch den Kläger gesetzt, nicht aber eine Weisungsgebundenheit statuiert. Entgegen der Auffassung des Klägers ist er auch nicht gehindert, für andere Unternehmen tätig zu werden. Eine feste Arbeitszeit ist nicht vereinbart und § 4 des Geschäftsführerdienstvertrags bestimmt ausdrücklich, dass es dem Kläger frei steht, „Ämter in leitenden Funktionen, Aufsichtsratsgremien anderer Unternehmen und Ehrenämtern in Organisationen anzunehmen“ (anders als im Fall des OLG München vom 27. Oktober 2014 – 7 W 2097/14 – aaO).

(b) Wenn der Kläger meint, ein Arbeitsverhältnis liege deshalb vor, weil der Kläger nach § 1 Abs. 3 des Vertrags auch an Gesellschafterbeschlüsse gebunden gewesen sei, so ist auf die Regelung des § 37 Abs. 1 GmbHG zu verweisen. Jeder Geschäftsführer ist nach § 37 Abs. 1 GmbHG gegenüber der Gesellschaft verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag bzw. durch die Beschlüsse der Gesellschafter ergeben. § 1 Abs. 3 des Geschäftsführerdienstvertrag nimmt folglich allein auf die Regelung des § 37 Abs. 1 GmbHG Bezug. Mitnichten ergibt sich folglich etwas für die Arbeitnehmerstellung des Klägers aus § 1 Abs. 3 des Vertrags. Vielmehr folgt die vertragliche Regelung dem Leitbild eines freien Dienstvertrags.

(c) Aus dem Umstand, dass sich der Kläger, wie es § 9 Abs. 3 des Vertrags vorsieht, bei seinem Urlaubswunsch mit dem weiteren Geschäftsführer abstimmen musste, folgt nicht, dass der Kläger Arbeitnehmer war. Vielmehr weist auch diese Regelung den Vertrag als freien Dienstvertrag aus (aA wohl OLG München 27. Oktober 2014 – 7 W 2097/14 – Rn. 11, aaO). Auch soweit § 9 Abs. 2 des Vertrags bestimmt, dass soweit die Urlaubstage nicht bis zum Ende des Folgejahres in Anspruch genommen wurden, der Geschäftsführer Anspruch auf Abgeltung in Höhe von je Urlaubstag 1/20 des aktuellen Monatsgehalts hat, handelt es sich nicht um eine typische Regelung eines Arbeitsvertrages. Zum einen weicht die Regelung deutlich von § 7 Abs. 3, 4 BUrlG ab, zum anderen bedurfte es – nach nationalem Rechtsverständnis – gerade einer Regelung zur Frage des Verfalls bzw. der Abgeltung von Urlaubsansprüchen, um einen entsprechenden Anspruch für einen Geschäftsführer zu schaffen, da nach § 1 BUrlG nur Arbeitnehmer in den Genuss der Anwendbarkeit des BUrlG kommen und jedenfalls nach nationalem Verständnis Fremdgeschäftsführer keine Arbeitnehmer sind. Unabhängig von der Frage, ob die Parteien in § 9 des Geschäftsführeranstellungsvertrags – im Hinblick auf die bei Fremdgeschäftsführern infolge ihrer Verbrauchereigenschaft (§ 13 BGB) idR vorzunehmende AGB-Kontrolle (vgl. BAG 19. Mai 2010 – 5 AZR 253/09 – Rn. 22 f., EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10) – tatsächlich die Geltung des BUrlG vereinbart oder nur eine Teilregelung zum Urlaub getroffen haben, können die Vertragsparteien eines Geschäftsführerdienstvertrags die Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften vereinbaren (vgl. Henssler/Strohn/Oetker GesR § 35 GmbHG Rn. 106; Reinfelder RdA 2016, 87, 91), ohne dass dadurch ein Arbeitsverhältnis entstünde. So kann etwa im Anstellungsvertrag vereinbart werden, dass die materiellen Regeln des Kündigungsschutzgesetztes zu Gunsten des Organmitglieds gelten sollen, ohne dass dies etwas an der rechtlichen Einstufung des Geschäftsführeranstellungsvertrags als freier Dienstvertrag änderte (vgl. BGH 10. Mai 2010 – II ZR 70/09 – Rn. 8, aaO).

(d) Auch die Regelungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle (§ 7 Abs. 9 des Dienstvertrages) entsprechen dem Bild eines freien Dienstvertrags. Weil die Parteien gerade von der fehlenden Arbeitnehmereigenschaft des Klägers ausgegangen sind, bedurfte es im Hinblick auf § 1 Abs. 2 EFZG einer Regelung zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Ohne Regelung fehlt es an einer Anspruchsgrundlage. Die von den Parteien getroffene Regelung entfernt sich zudem weitgehend von den Bestimmungen des EFZG, hat der Kläger nach § 7 Abs. 9 des Dienstvertrags doch Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Dauer von sechs Monaten, längstens sogar bis zur Vertragsbeendigung, nicht für sechs Wochen (§ 3 Abs. 1 EFZG). Schließlich wird in § 7 Abs. 10 des Vertrags eine für Arbeitsverhältnisse völlig untypische Regelung getroffen: Im Falle des Todes des Klägers während der Vertragsdauer erhalten die Unterhaltsberechtigten für den Sterbemonat und die auf diesen folgenden drei Monate das Entgelt weitergezahlt.

(e) Auch aus der in § 1 Abs. 4 des Geschäftsführerdienstvertrags vereinbarten Geltung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen folgt nicht, dass der Kläger Arbeitnehmer war. Vielmehr sind die Vertragsparteien darin frei, in einem freien Dienstverhältnis die Geltung arbeitsrechtlicher Vorschriften zu vereinbaren (vgl. auch: Henssler/Strohn/Oetker GesR § 35 GmbHG Rn. 97, 106). Ohne eine entsprechende Regelung wäre der Kläger bei fehlender Arbeitnehmereigenschaft von der Anwendung der gesetzlichen Regelungen ausgeschlossen gewesen, § 1 ArbNErfG (vgl. Schwab ArbNErfG 2. Aufl. § 9 Rn. 44; Stück GmbHR 2006, 1009, 1013; vgl. auch: BGH 22. Oktober 1964 – Ia ZR 8/64 – [Schnellscheibenkupplung], GRUR 1965, 302).

(f) Schließlich spricht die Vereinbarung einer festen monatlichen Vergütung nicht für die Arbeitnehmereigenschaft eines Fremdgeschäftsführers (aA OLG München 27. Oktober 2014 – 7 W 2097/14 – Rn. 11, aaO). Unabhängig davon, dass die Gegenleistung für die zu leistenden Dienste kaum geeignet ist, den Grad der sozialen Abhängigkeit zu bestimmen, ist es für Fremdgeschäftsführer gerade typisch, dass die ihnen versprochene Vergütung aus festen monatlichen Bezügen bestehen (vgl. etwa LAG Hamm 4. Mai 2016 – 2 Ta 556/15 – Rn. 29, juris).

(2) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich auch aus der Vertragsdurchführung, insb. aus dem Schreiben vom 29. März 2016 (Weisung der Alleingesellschafterin) und den Geschäftsverteilungsplan der Beklagten zu 8) vom 30. März 2016 nicht, dass der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zu den Beklagten stand.

(a) Mit dem Schreiben vom 29. März 2016 und der darin enthaltenen Weisung, künftig Gespräche mit den finanzierenden Banken ebenso zu unterlassen wie es zu unterlassen, den Prozessbevollmächtigten des Klägers zu beauftragen, solche Gespräche zu führen, hat die Alleingesellschafterin der Beklagten zu 1) keine arbeitsrechtlichen, sondern unternehmerische Weisungen erteilt. Außerhalb der in § 46 GmbHG aufgeführten Primärzuständigkeiten kann die Gesellschafterversammlung grundsätzlich weitere Angelegenheiten an sich ziehen, für welche primär andere Organe zuständig sind. In Angelegenheiten der Geschäftsführung manifestiert sich dies in der Weisungskompetenz nach § 37 Abs. 1 GmbHG (vgl. Henssler/Strohn/Mollenkopf GesR § 45 GmbHG Rn. 2). § 37 Abs. 1 GmbHG statuiert das umfassende Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung als obersten Organ der Gesellschaft. Das Weisungsrecht kann sich dabei auf einzelne Geschäftsführerentscheidungen beziehen und zwar negativ-verbietend als auch positiv-gebietend oder aber allgemeine Ge- bzw. Verbote enthalten (vgl. Henssler/Strohn/Oetker GesR § 37 GmbHG Rn. 11; Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck GmbHG 20. Aufl. § 37 Rn. 20). Das Weisungsrecht nach § 37 Abs. 1 GmbHG ist erst dort begrenzt, wo die Geschäftsführer die im Allgemein- und Gläubigerinteresse bestehenden Gesetzespflichten zu erfüllen haben (vgl. BGH 18. März 1974 – II ZR 2/72 – NJW 1974, 1088; Roth/Altmeppen/Altmeppen § 37 Rn. 6). Mit dem Schreiben vom 29. März 2016 hat die Alleingesellschafterin es dem Kläger letztlich verboten, Gespräche zur Finanzierung der Gesellschaft mit den finanzierenden Banken zu führen. Das Dürfen (§ 37 Abs. 1 GmbHG) iSd. Geschäftsführerbefugnis wurde gegenüber dem rechtlichen Können (§ 37 Abs. 2 GmbHG) begrenzt. Die Alleingesellschafterin hat die Kompetenzen der Organe untereinander abgegrenzt. Nicht der Kläger, sondern die Gesellschafterin wird künftig Gespräche zur Finanzierung der Gesellschaft mit den Banken führen. Damit liegt eindeutig eine unternehmerische Weisung iSv. § 37 Abs. 1 GmbHG vor, keine arbeitsrechtliche. Mit dieser Weisung wurde auch nicht der Kernbestand der Geschäftsführeraufgaben dem Kläger entzogen. Selbst wenn die Alleingesellschafterin mit dieser Weisung ihr Weisungsrecht nach § 37 Abs. 1 GmbHG überschritten hätte, könnte der Kläger hieraus allenfalls ein Recht zur Kündigung, nicht aber seine Arbeitnehmerstellung ableiten. Auch soweit der Kläger im Schreiben vom 29. März 2016 „nachdrücklich“ darum gebeten wird, seine „Arbeitsleistung“ auf die ihm „im Rahmen der Geschäftsverteilung übertragenen operativen Aufgaben zu konzentrieren“, macht die Gesellschafterin nicht von einem Arbeitgeberweisungsrecht Gebrauch. Zunächst ist nicht zu erkennen, dass die Gesellschafterin mit der Verwendung des Wortes „Arbeitsleistung“ den Rechtsstatus des Klägers beschreiben wollte. Für die Gesellschafterin und ihre Weisung vom 29. März 2016 spielte der rechtliche Status des Klägers als „freier Dienstnehmer“ oder als „Arbeitnehmer“ überhaupt keine spezifische Rolle. Die Gesellschafterin hatte demzufolge auch keinen Anlass das Wort „Arbeitsleistung“ in einem spezifischen rechtlichen Sinne zu verstehen; vielmehr wurde ein allgemein üblicher Ausdruck verwendet, mit dem sowohl die Leistung eines „freien Dienstnehmers“ wie auch eines „Arbeitnehmers“ beschrieben werden kann. Wenn der Kläger am Ende des Schreibens aufgefordert wird, sich auf die ihm „im Rahmen der Geschäftsverteilung übertragenen Aufgaben zu konzentrieren“, so wird letztlich nochmals das Verbot des Führens von Finanzierungsgesprächen bekräftigt. Auch mit dieser Aufforderung macht die Gesellschafterin allein von ihrem unternehmerischen Weisungsrecht nach § 37 Abs. 1 GmbHG Gebrauch.

(b) Auch der Geschäftsverteilungsplan, die Beklagte zu 8) betreffend, vom 30. März 2016 begründet nicht die Arbeitnehmerstellung des Klägers. § 37 Abs. 1 GmbHG ermöglicht es gerade, in der Satzung oder aber durch Beschluss der Gesellschafterversammlung eine Geschäftsordnung aufstellen zu können, welche eine Ressortverteilung vorsieht (vgl. Henssler/Strohn/Oetker GesR 3. Aufl. § 37 GmbHG Rn. 4). Wenn der Kläger meint, diese Ressortverteilung – der Kläger ist nun Geschäftsführer „Vertrieb & Projekt“ – zwinge ihn in eine Vielzahl von Abstimmungsprozessen und gliedere ihn in den Betrieb ein, so verkennt er, dass das Geschäftsführeramt nach § 37 Abs. 1 GmbHG weisungsgebunden ist. Seine konkrete Geschäftstätigkeit wird durch die Alleingesellschafterin entscheidend mitgestaltet. Dies ändert aber nichts daran, dass der Kläger bei der Umsetzung im Tagesgeschäft weiter „freie Hand“ hat. Der Kläger kann weiter führen, ohne dass er en détail geführt werden würde; ihm wird der konkrete Inhalt, Ort und Zeit seiner Leistungserbringung nicht vorgeschrieben. Auch wenn dem Kläger konkret vorgegeben wird, welche Aufgaben er als Geschäftsführer zu übernehmen hat, bedeutet dies nicht, dass diese Ressortzuweisung mit einem freien Dienstverhältnis unvereinbar wäre. Arbeitsbegleitende und verfahrensorientierte Weisungen sind mit der Geschäftsverteilung nicht verbunden. Der Kläger hat aus der – aus seiner Sicht – zu starken Einschränkung seines Geschäftsführeramts die Konsequenz zur Eigenkündigung gezogen. Arbeitnehmer wurde der Kläger infolge der neuen Geschäfts-/Ressortverteilung nicht.

(3) Soweit der Kläger meint, das Gericht müsse auch prüfen, ob eine analoge Anwendung arbeitsrechtlicher Bestimmungen in Betracht komme, verkennt er, dass mit den Feststellungsanträgen zugleich der Status des Klägers als „Arbeitnehmer“ bzw. die rechtliche Qualität des zwischen den Parteien bestandenen Rechtsverhältnisses festgestellt werden soll. Die ggf. in Betracht kommende entsprechende Anwendung einer einzelnen Norm des Arbeitsrechts auf das „Fremdgeschäftsführerdienstverhältnis“ – wegen einer vergleichbaren sozialen Schutzbedürftigkeit (vgl. ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 138) – ändert die rechtliche Qualität des freien Dienstverhältnisses nicht. Vielmehr ist im Einzelfall zu prüfen, ob auf das freie Dienstverhältnis wegen der ggf. bestehenden sozialen Schutzbedürftigkeit des Fremdgeschäftsführers eine bestimmte Regelung (bspw. MuSchG) Anwendung findet oder nicht (vgl. Henssler/Strohn/Oetker GesR § 35 GmbHG Rn. 97 ff.).

II. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Mit dem Zeugnisantrag macht der Kläger ausweislich seiner Klagebegründung und des gesamten Vorbringens keinen Zeugnisanspruch als freier Dienstnehmer (§ 630 BGB; vgl. Stück GmbHR 2006, 1009, 1013), sondern den Zeugnisanspruch als Arbeitnehmer nach § 109 GewO geltend. Mangels Arbeitnehmereigenschaft des Klägers steht ihm ein Anspruch auf Zeugniserteilung nach § 109 GewO nicht zu.

B. Der Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 495, 91 Abs. 1 ZPO.

C. Die Festsetzung des Urteilsstreitwerts beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG. Für die Bestandsschutzanträge liegt jeweils der 3-fache Bruttomonatsverdienst zugrunde (§ 42 Abs. 2 Satz 1 GKG), wobei eine Addition nur insoweit stattgefunden hat, als die nachfolgende Kündigung das Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts bewirken sollte. Für den Zeugnisantrag liegt ein weiterer Bruttomonatsverdienst zugrunde.

D. Veranlassung für eine gesonderte Berufungszulassung bestand nach § 64 Abs. 3 ArbGG nicht.

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