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Fristlose Arbeitsnehmerkündigung wegen Arbeitszeitbetrug

ArbG Hamburg – Az.: 7 Ca 235/11 – Teilurteil vom 05.07.2012

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 10.000,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.05.2011 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 10.000,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2011 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 35.000,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.05.2011 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27.05.2011 nicht aufgelöst worden ist.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf Euro 85.000,00 festgesetzt.

Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch eine außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten sowie um Vergütungsansprüche.

Der am … geborene Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.09.2007 auf Grundlage des Arbeitsvertrages vom 02.08.2007 (Anlage K 1, Bl. 8 d. A.) bei einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt von zuletzt EUR 16.191,33 als Category Manager Pflanzen beschäftigt. Auf den Wortlaut des Arbeitsvertrages wird Bezug genommen. Das fixe Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug EUR 10.000,00.

Die Parteien rechneten vertraglich die Betriebszugehörigkeit des Klägers bei der B. H. GmbH & Co. KG (nachfolgend „M. B.“) seit dem 01.04.1995 an. Dort war der Kläger zuvor als Zentraleinkäufer tätig gewesen. Die Beklagte erwarb die Anteile an B. im Jahr 2007. Mit der Beklagten vereinbarte der Kläger zur Wahrung von bei M. B. gesammelten Freizeitausgleichsansprüchen eine Verlängerung der ordentlichen Kündigungsfrist um 360 Arbeitstage (§ 14 Ziff. 5 des Arbeitsvertrages, Anlage K 1, Bl. 10 d.A.).

Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 30 Stunden ohne die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten. Bei der Beklagten ist ein Betriebsrat gebildet.

Für das Geschäftsjahr 2010 schlossen die Parteien im März 2010 eine Prämienvereinbarung, die eine variable Prämie von maximal EUR 35.000,00 brutto bei 100%iger Erreichung der persönlichen Ziele, zahlbar mit dem Aprilgehalt 2011, vorsieht (sog. EVA-Prämie). Die persönlichen Ziele für das Geschäftsjahr 2010 wurden zwischen dem Kläger und seinem Vorgesetzten, Herrn A. M., in einem „Formular Zielvereinbarung“ (Anlage K 4, Bl. 13 d.A.) fixiert. Auf den Wortlaut der Vereinbarung wird Bezug genommen. Der Kläger teilte der Beklagte mit dass er die Ziele zu 100% erreicht habe (Anlage K 5, Bl. 14 d.A.).

Das fixe Monatsgehalt für März und April 2011 zahlte die Beklagte nicht. Auch die EVA-Prämie zahlte die Beklagte weder an den Kläger aus noch teilte sie dem Kläger die erreichten Ergebnisse der Zielvereinbarung mit.

Der Kläger ist am Unternehmen beteiligt, die Dienstleistungen rund um den Pflanzeneinkauf erbringen. Der Kläger ist gemeinsam mit den Herren H. K. und R. S. Gesellschafter der TKS T. GmbH (im Folgenden „TKS“), einem Lieferanten von Pflanzencontainern und –karren (sog. BC-Containern), der nahezu ausschließlich den Pflanzengroßhändler der Beklagten sowie der Schwestergesellschaft von M. B., die B. Plantenservice B. V. (im Folgenden: „B.“) mit diesen Containern beliefert. Darüber hinaus sind der Kläger und die Herren H. K. und R. S. Gesellschafter der TKS GbR, die Inhaberin der Patente an den BC-Containern ist. An beiden Gesellschaften ist der Kläger mit 60 % beteiligt. Der Kläger geriet mit den Herren S. und K. in Streit; diese gaben der Beklagten in der Folge Hinweise auf vermeintliche Pflichtverletzungen des Klägers. Diese Vorwürfe machte sich die Beklagte – nach eigenen Prüfungen – zu Eigen und wirft dem Kläger vor,

– unentschuldigt bei M. B. bzw. der Beklagten gefehlt zu haben, um für die TKS tätig sein zu können,

– M. B./der Beklagten gegenüber unberechtigte Reisekosten abgerechnet zu haben,

– ein Freizeitguthaben unrechtmäßig erschlichen zu haben, und

– unter Missbrauch seiner Position bei M. B./der Beklagten unredliche eigene Vorteile erzielt zu haben.

Die TKS schloss mit der Firma H. K. B.V. (nachfolgend: „H.“) am 01.09.2007 einen Werkvertrag (Anlage B 41, Bl. 249 d.A.). Dieser Vertrag sah u.a. vor, dass H. eine Abschlussgebühr in Höhe von EUR 73.500,00 sowie jährlich weitere EUR 10.000,00 an die TKS zahlt. Zu diesem Datum befand sich H. auch mit der Beklagten in Vertragsverhandlungen über die Durchführung von Qualitätssicherungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Pflanzen.

Der Kläger wurde mit Schreiben vom 14.04.2011 und nochmals am 16.05.2011 in Gegenwart seiner Prozessbevollmächtigten zu den Kündigungsvorwürfen angehört. Eine weitere Anhörung des Klägers erfolgte mit Schreiben vom 27.12.2011 (Anlage B 79, Bl. 770 d.A.).

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27.05.2011 (Anlage K 6, Bl. 15 d. A.), dem Kläger am gleichen Tag zugegangen, fristlos, hilfsweise zum 31.12.2011. Mit der streitgegenständlichen Kündigungsschutzklage wendet sich der Kläger gegen diese Kündigung.

Der Kläger behauptet, dass die von der Beklagten vorgelegten Stundenaufstellungen, die die vom Kläger für die TKS aufgewendete Zeit belegen soll, von den Mitgesellschaftern des Klägers – S. und K. – gefälscht worden sein sollen. Eine solche Fälschung sei ohne weiteres möglich gewesen, weil der Kläger die Stundenaufstellungen nur per Email an die TKS übermittelt habe, so dass diese nachträglich leicht zu fälschen gewesen seien. Tatsächlich habe der Kläger zwar für die TKS gearbeitet, aber nur in seiner Freizeit.

Zu den Vorwürfen im Einzelnen führt der Kläger aus:

Arbeitszeitbetrug: Der Kläger habe keinen Arbeitszeitbetrug begangen. Am 25.01. und 26.01.2007 hat der Kläger zunächst – mit Schriftsatz vom 14.11.2011, S. 22 (Bl. 323 d.A.) ausgeführt, dass er an diesen Tagen frei gehabt und Überstunden abgebaut habe, dafür müsse es bei der Beklagten auch Belege geben. Mit Schriftsatz vom 20.04.2012, S. 28 (Bl. 934 d.A. ) hat der Kläger diesen Vortrag nicht aufrecht erhalten, sondern erklärt, er sei an diesen Tagen auf der Pflanzenmesse in Essen gewesen, und zwar mit den weiteren Mitarbeitern der Beklagten W., Sa. und Kl.. Es müsse auch bei der Beklagten archivierte Protokolle über Lieferantengespräche geben, aus denen sich die Teilnahme des Klägers an diesen ergibt.

Am 26.02.2008 sei der Kläger nicht für die TKS in Zürich gewesen, er habe 2 Stunden außerhalb seiner Arbeitszeit für die TKS gearbeitet und sei ansonsten normal für die Beklagte tätig gewesen.

Am 01.07.2009 habe der Kläger normal für die Beklagte gearbeitet. Den Besuch, der sich aus der TKS-Abrechnung für diesen Tag ergibt, habe der Kläger tatsächlich getätigt, aber erst am 04.07.2009. Die Aufstellung für den Juli habe der Kläger versehentlich fehlerhaft erstellt, weil er den richtigen Wochentagen die falschen Tagesdaten zugeordnet habe. Daher sei zu jedem Tagesdatum die Zahl 3 zu addieren.

Am 08.07.2009 habe der Kläger ebenfalls normal für die Beklagte gearbeitet, u.a. mit Herrn P.. Es sei hier er gleiche Verschiebefehler wie beim 01.07.2009 zu berücksichtigen. Der Kläger verweist auch auf mehrere Emails von diesem Tag (Anlage K 69, Bl. 972 d.A.).

Am 22.07.2009 habe der Kläger Urlaub gehabt (vom 20.07. bis 07.08.). Es sei hier er gleiche Verschiebefehler wie beim 01.07.2009 und 08.07.2009 zu berücksichtigen. Der Kläger verweist auf den Urlaubskalender der Beklagten (Anlage K 20, Bl. 416 d.A.) aus dem sich der Urlaub des Klägers ergebe.

Am 05.01.2010 habe der Kläger trotz Urlaub für die Beklagte gearbeitet. Hierzu verweist der Kläger auf den Urlaubskalender 2010 und Emails von diesem Tag (Anlagenkonvolut K 21). Daneben habe er 4 Stunden für die TKS gearbeitet und u.a. Patentunterlagen bearbeitet. Dies stelle keinen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten dar.

Kombinierter Arbeitszeit- und Spesenbetrug: Zu den Vorwürfen der Beklagten, der Kläger habe der Beklagten fiktive Reisekosten untergeschoben, in dem der Kläger zwar für die TKS gearbeitet, der Beklagten aber die gleichwohl Reisespesen berechnet habe, erklärt der Kläger:

Am 21.02.2008 und 22.02.2008 sei der Kläger in K. gewesen und verweist auf entsprechende Mietwagen- und Hotelrechnungen (Anlagenkonvolut K 23, Bl. 430 d.A.).

Am 29.04.2008 sei der Kläger ebenfalls in K. gewesen. Der Kläger verweist auf entsprechende Abrechnungen im Anlagenkonvolut K 25. Bl. 433 d.A.).

Am 02.08.2008 sei der Kläger auf Lieferantenbesuch bei B. gewesen. Der Kläger verweist auf eine entsprechende Mietwagenabrechnung (Anlage K 26, Bl. 434 d.A.).

Am 01.09.2008 sei der Kläger gemeinsam mit einem Vorstandsmitglied der Beklagten auf einer Gartenfachmesse in Kö. gewesen.

Am 11.09.2008 sei der Kläger in K. gewesen. Dies lasse sich auch durch die von der Beklagten vorgelegten Hotelrechnung des Hotels St. I. belegen (Anlagenkonvolut B 10).

Am 27.09.2008 habe der Kläger den ganzen Tag für die Beklagte gearbeitet: Er sei mit ca. 30 Kollegen des Zentraleinkaufs Pflanzen sowie der Category Pflanzen erst an den Niederrhein, dann in die Niederlande gefahren, um Gärtnereien und Pflanzenlieferanten zu besuchen.

Am 01.10.2008 sei der Kläger in K. gewesen. Der Kläger verweist auf einen Hotelbeleg aus St. I.(Anlage B 10), aus dem das Anreisedatum 01.10.2008 und das Abreisedatum 02.10.2008 ersichtlich sind, ferner auf entsprechende Mietwagenabrechnungen und Flugabrechnungen im Anlagenkonvolut K 30 (Bl. 441 d.A.).

Für den 09.07.2009 sei wiederum – wie bei allen Juli-2009-Terminen – die Verschiebung um 3 Tage zu berücksichtigen. Der Kläger sei am 09.07.2009 für die Beklagte von H. nach S. geflogen. Der Kläger verweist auf die Flugabrechnung in Anlage K 31 (Bl. 442).

Am 15.07.2009 sei wiederum – wie bei allen Juli-2009-Terminen – die Verschiebung um 3 Tage zu berücksichtigen. Der Kläger habe an diesem Tag für die Beklagte gearbeitet, und zwar sei er mit dem Kollegen Sa. in den Niederlanden gewesen. Der Kläger verweist auf entsprechende Flug- und Mietwagenbuchungen im Anlagenkonvolut K 32 (Bl. 443 d.A.).

Am 19.01.2010 sei der Kläger zusammen mit dem Kollegen Sa. für die Beklagte bei EFT in den Niederlanden gewesen. Der Kläger verweist auf entsprechende Buchungsbestätigung des Autovermieters (Anlage K 33, Bl. 444 d.A.).

Erschleichen von Freizeitguthaben: Der Kläger habe sich bei M. B. auch kein Freizeitguthaben erschlichen. Vielmehr übersehe die Beklagte bei ihren Vorwürfen, dass der Kläger für Arbeitsstunden an Sonnabenden und Sonntagen einen 100%igen Zuschlag und für Feiertage einen 200%igen Zuschlag erhalte. Darüber hinaus seien die von der Beklagten vorgelegten TKS-Stundenabrechnungen unrichtig. Zur Höhe des Freizeitguthabens des Klägers bei M. B. verweist dieser auf die Anlage K 39 (Bl. 452 d.A.). Hierbei handele es sich um einen Urlaubsantrag von M. B. für 2007, der einen Resturlaubsbestand von 360 Tagen aufweist und der vom Kläger nicht selbst hergestellt werden konnte, sondern nur von Frau O., die den Urlaubsstand des Klägers verwaltete.

Vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit: Der Kläger habe die Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 18.12.2006 bis 14.01.2007 nicht vorgetäuscht. Neben den von der Beklagten bereits vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ergebe sich dies aus den ärztlichen Bescheinigungen in Anlagenkonvolut K 41 (Bl. 455 d.A:) und der Patientenblätter des Klägers (Anlage K 42, Bl. 458), die die Erkrankung des Klägers weiter erläutern. Tatsächlich habe er der TKS in diesem Zeitraum in geringerem Umfang als von der Beklagten behauptet Stunden in Rechnung gestellt, allerdings handele es sich hierbei um Arbeitsleistungen seiner Ehefrau.

Versprechen und Entgegennehmen von Schmiergeldern und schmiergeldgleichen Leistungen: Der Kläger habe nicht M. B. zu Unrecht veranlasst, an ihn (unter Beteiligung der Firmen B. und des HKS Ingenieurbüros (nachfolgend: „HKS“) Gründungskosten der TKS zu erstatten, auf die der Kläger bzw. TKS keinen Anspruch hatten. Die Zahlung der HKS an die Firma B. standen Leistungen für M. B. gegenüber: M. B. sollte – so sei es mit Herrn H., dem damaligen Einkaufsleiter, vor dem 18.03.2003 vereinbart gewesen – als Gegenleistung für die Zahlung Leistungen im Zusammenhang mit dem BC-Container erhalten: Es sollte durch den Kläger und Herrn K. ein logistisches Konzept sowie ein funktionsfähiges Muster erstellt werden. Ferner wurde M. B. gegebenenfalls die Exklusivität für den BC-Container in Deutschland im Baumarktbereich erhalten.

Der Vertrag mit H. vom 01.09.2007 sei kein Scheinvertrag zur Verdeckung von Schmiergeldzahlungen gewesen. Vielmehr sei dieser Vertrag tatsächlich durchgeführt worden. Als Gegenleistung für die EUR 73.500,00 habe die TKS ein gemeinsames IT-System installiert. Hierfür gebe es auch einen Kostenverteilungsplan (Anlage K 51 – Bl. 472).

Die Nutzung der Büroräume der Firma H. in P. sei nicht durch den Kläger privat erfolgt, sondern durch die TKS. Die TKS habe einen Ausstellungsraum für ihre Produkte benötigt, H. habe hierfür einen nicht benötigten Raum mit einer Größe von ca. 25 Quadratmetern zur Verfügung gestellt. Als Gegenleistung habe H. BC-Teile erhalten sowie Möbel. An dem Eingang des Gebäudes sei auch ein TKS-Schild angebracht. Auch die auf den Raum entfallenden Nebenkosten habe die TKS beglichen.

Mit der am 03.06.2011 beim Arbeitsgericht Hamburg eingegangenen Klage beantragt der Kläger,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 10.000,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.05.2011 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 10.000,- brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2011 zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 35.000,- brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.05.2011 zu zahlen;

4. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 27.05.2011, dem Kläger zugegangen am 27.05.2011, aufgelöst wird;

hilfsweise, festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ab dem 28.05.2011 weitere 360 Arbeitstage bei einer Vergütung von monatlich EUR 6.122,87 brutto zu ansonsten unveränderten Vertragsbedingungen weiter besteht;

5. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft über die Höhe seiner EVA-Prämie gemäß der zwischen den Parteien geschlossenen Prämienvereinbarung vom März 2010 für das Geschäftsjahr 2010 (01.01.2010-31-12.2010) ohne Berücksichtigung der in den Einkaufspreisen enthaltenen Sachkosten zu erteilen.

es wird ferner angekündigt, nach erteilter Auskunft zu beantragen,

6. die Beklagte zu verurteilen, die Richtigkeit der gemäß Antrag zu 5. erteilten Auskunft an Eides statt zu versichern;

7. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger den Brutto-Betrag, der sich aus der gemäß Antrag zu 5. erteilten Auskunft über die Höhe der EVA-Prämie ergibt, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.05.2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte entgegnet, dass sich aus den gegenüber der TKS abgegebenen Tätigkeitsberichten des Klägers und anderen Unterlagen schwere Pflichtverletzungen des Klägers bzw. zumindest den entsprechenden dringenden Verdacht ergeben, die eine fristlose Kündigung rechtfertigte:

Die Behauptung des Klägers, dass die vorgelegten Tätigkeitsberichte gefälscht seien, werde durch ein seitens der TKS eingeholtes Gutachten entkräftet (Anlage B 12, B. 174 d.A.).

Zu den sonstigen Vorwürfen im Einzelnen:

Arbeitszeitbetrug: Der Kläger habe zu Lasten der Beklagten Arbeitszeitbetrug begangen:

Am 25.01. und 26.01.2007 habe der Kläger gegenüber der TKS GbR erklärt, er habe am 25.01.2007 14 Stunden (Kundenbesuch in E.) und am 26.01.2007 13 Stunden (Kundenbesuch E., Büroarbeit) für diese gearbeitet. Dies ergebe sich aus den Abrechnungen und Tätigkeitsaufstellung des Kläger gegenüber der TKS (Anlagenkonvolut B 6, Bl. 105 d.A.). Auch aus den eigenen Angaben des Klägers auf der Gesellschafterversammlung der TKS GbR vom 07.09.2010 habe der Kläger selbst erklärt, er habe an diesen beiden Tagen jeweils 12 Stunden für TKS in E. gearbeitet (Protokoll der Gesellschafterversammlung, S. 6 (Anlage B 7, Bl. 113 (118) d.A.). Ferner verweist die Beklagte auf vom Kläger gegenüber der Beklagten geltend gemachte Reisekosten für diese beiden Tage (Anlage B 60, Bl. 639 d.A.).

Der Kläger sei, dies ergebe sich aus der TKS-Aufstellung Anlage B 6 (Bl. 108 d.A.), am 26.02.2008 acht Stunden für die TKS in Z. tätig gewesen.

Am 01.07.2008 sei der Kläger laut TKS-Abrechnung Anlage B 6 (Bl. 110 d.A.), bei J. G. gewesen und habe hierfür 20 Stunden in Rechnung gestellt. Dies sei dem Kläger an einem normalen Arbeitstag für die Beklagte nicht erlaubt gewesen.

Am 08.07.2009 ergebe sich aus der TKS-Abrechnung Anlage B 6 (Bl. 110 d.A.), ein Kundenbesuch bei Br. Z. für 19 Stunden. Auch dies sei dem Kläger an einem normalen Arbeitstag für die Beklagte nicht erlaubt gewesen.

Für den 22.08.2009 ergebe sich ein unerlaubter Kundenbesuch bei G. B.. Soweit der Kläger den Urlaubskalender (Anlage B 20) vorlegt, sei dieser ohne Aussage, weil es sich nur um ein Planungsinstrument handele. Im „richtigen“ Urlaubskalender hingegen fehle der behauptete Urlaub des Klägers.

Am 05.01.2010 habe der Kläger – wie sich aus der TKS-Stundenaufstellung ergebe – dieser gegenüber 4 Stunden für „Kundenbesuch – Patentunterlagen“ aufgewendet. Umfangreiche Tätigkeiten des Klägers für diesen Tag hätten sich nicht feststellen lassen, auch seien die vom Kläger vorgelegten Emails nicht auffindbar gewesen.

Kombinierter Arbeitszeit- und Spesenbetrug: Ferner habe der Kläger der Beklagten zu Unrecht Reisespesen in Rechnung gestellt und erstattet bekommen. In Wirklichkeit seien diese Spesen entstanden für Reisen des Klägers für die TKS. Es handele sich um 11 Fälle im Zeitraum vom 21.02.2008 bis zum 19.01.2010, die im Schriftsatz der Beklagten vom 10.10.2011, S. 11 (Bl. 66 d.A.) in tabellarischer Form aufgestellt wurden und auf die Bezug genommen wird. Der Vorwurf ergebe sich aus der Gegenüberstellung der Stundenabrechnung des Klägers gegenüber der TKS und den gegenüber der Beklagten eingereichten Reisekostenabrechnungen.

Erschleichen von Freizeitguthaben: Das Freizeitguthaben des Klägers in Höhe von 360 Tagen, das Eingang in den Arbeitsvertrag des Klägers mit der Beklagten fand, habe dieser erschlichen. Die Beklage stellt zur näheren Begründung die Wochenendarbeitsstunden des Klägers mit den Tätigkeiten des Klägers gemäß den TKS-Abrechnungen gegenüber, woraus sich teilweise eine tägliche Gesamtarbeitszeit von mehr als 24 Stunden ergibt. Auf die entsprechende Aufstellung im Schriftsatz der Beklagten vom 10.10.2011, S. 18 (Bl. 73 d.A.) wird Bezug genommen. Auch sei ein Freizeitkonto des Klägers mit 360 Stunden bei M. B. gar nicht geführt worden.

Vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit: Der Kläger habe sich während des Jahreswechsels 2006/2007 zu Unrecht krankschreiben lassen. Der Kläger habe Anfang Januar 2007 für die TKS gearbeitet, obwohl er für diese Zeit bei der Beklagten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorlegte. Auf die Aufstellung der entsprechenden Stunden im Schriftsatz der Beklagten vom 10.10.2011, S. 21 (Bl. 76 d.A.) wird Bezug genommen. Der entsprechende Vorwurf ergebe sich einerseits aus den Stundenaufstellungen des Klägers gegenüber der TKS, andererseits habe der Kläger selbst in einer Gesellschafterversammlung der TKS erklärt, Stunden in diesem Zeitraum abgerechnet zu haben.

Versprechen und Entgegennehmen von Schmiergeldern und schmiergeldgleichen Leistungen: Der Kläger habe seine Stellung bei M. B. ausgenutzt, um die Gründungskosten der TKS von dieser bezahlen zu lassen. Der Kläger habe seiner Mitgesellschafter der TKS im Jahr 2003 angewiesen, der Firma B. eine Rechnung über EUR 35.000,00 netto zu stellen, was auch – über die Firma HKS, vgl. deren Rechnung vom 01.08.2003, Anlage B 29 (Bl. 234 d.A.) geschehen sei. B. habe im Gegenzug für die Begleichung dieser Rechnung M. B. belastet, diese Weiterbelastung sei durch den Kläger bei M. B. persönlich akzeptiert worden. M. B. habe dann die Rechnung von B. beglichen ohne hierfür eine Gegenleistung erhalten zu haben. HKS habe EUR 21.000,00 des vereinnahmten Betrages an den Kläger weitergeleitet.

Auch von H. habe der Kläger Schmiergeld entgegengenommen, und zwar in Höhe der von H. gemäß dem Werkvertrag geschuldeten Vergütung (EUR 73.500,00 zuzüglich EUR 10.000,00 p.a.). Der Werkvertrag zwischen H. und der Beklagten vom 01.07.2007 (Anlage B 41, Bl. 249). sei nur der Deckmantel für die Zahlung von Schmiergeld an die TKS gewesen; dies ergebe sich zum einen aus dem zeitlichen Zusammenfall zwischen diesem Vertrag und der erstmaligen Beauftragung von H. durch die Beklagte. Zum anderen ergibt sich dieses daraus, dass die TKS im Zusammenhang mit den Vertriebsbemühungen von H. keinen BC-Container verkauft hat. Die Kostenverteilungspläne für die EDV seien nicht nachvollziehbar.

Daneben habe der Kläger sich von H. auch kostenfrei einen Büroraum in P. zur Verfügung stellen lassen und verweist hierzu auf ein Schreiben der Firma H. vom 26.07.2010 (Anlage B 42, Bl. 253 d.A.). Dies stelle einen wirtschaftlichen Wert von EUR 500/Monat dar.

Nachgeschobene Kündigungsgründe: Mit Schriftsatz vom 30.05.2012 beruft sich die Beklagte auf weitere Pflichtverletzungen des Klägers bzw. den entsprechenden dringenden Verdacht:

Der Kläger habe in 5 weiteren Fällen im Jahr 2004 während seiner Arbeitszeit für M. B. Tätigkeiten gegenüber der TKS abgerechnet. Daraus ergebe sich, dass der Kläger in Wirklichkeit nicht für M. B., sondern für die TKS tätig gewesen sei. Für die Einzelheiten der Vorwürfe wird auf die Tabelle im Schriftsatz der Beklagten vom 30.50.2012, S. 2 und 3, Bezug genommen.

Ferner beruft sich die Beklagte auf die anfängliche Einlassung des Klägers für die Zeit vom 25.01.2007 und 26.01.2007, nach der er frei gehabt habe. Dies mache deutlich, dass der Kläger die Beklagte mit seiner Reisekostenabrechnung für diese beiden Tage (Anlage B 60, B. 639 d.A.) für EUR 125,50 betrogen habe. Auch für den 28./29./30.01.2004, den 30.04.2004 und den 24.05.2004 habe der Kläger Reisekosten abgerechnet, obwohl es keine Beweise für eine Tätigkeit des Klägers für M. B. gebe.

Schließlich beruft sich die Beklagte erneut auf die Tage, an denen der Kläger aus ihrer Sicht einen Abrechnungs- und Abrechnungsbetrug zu ihren Lasten begangen habe (vgl. die Aufstellung im Schriftsatz der Beklagten vom 30.05.2012, S. 10/11). Sollte aber der Kläger an diesen Tagen tatsächlich für die Beklagte gearbeitet haben, so hätte der Kläger zu Unrecht für diese Tage von der TKS/TKS GbR Vergütung erhalten. Auch dieses stelle – da die TKS Vertragspartner sowohl von M. B. als auch der Beklagten ist – eine Vertragspflichtverletzung des Klägers dar.

Zu guter Letzt habe der Kläger gegenüber M. B. auch für den 09.06.2004 sowie die Zeit vom 23.08.-25.08.2004 vorgetäuscht, arbeitsunfähig erkrankt zu sein. Tatsächlich sei er arbeitsfähig gewesen, was sich aus den Tätigkeitsaufstellungen des Klägers für die TKS für diese Tage ergebe, in denen der Kläger erhebliche (ähnliche) Tätigkeiten abgerechnet habe.

Auf den Tatsachenvortrag der Parteien in ihren Schriftsätzen und Anlagen sowie in ihren protokollierten Erklärungen wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist – soweit entscheidungsreif – begründet.

1. Der Antrag zu 4. (Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung vom 27.05.2011) ist begründet, weil die Kündigung vom 27.05.2011 unwirksam ist. Es besteht weder ein Grund zur außerordentlichen fristlosen noch zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

a. Kombinierter Spesen- und Abrechnungsbetrug: Soweit die Beklagte dem Kläger kombinierten Spesen- und Abrechnungsbetrug vorwirft, basiert dieser Vorwurf auf der Diskrepanz zwischen den TKS- Stundenabrechnungen (Anlagen B 6 (Bl. 64. d.A.), B 22 (Bl. 189 d.A.), Bl. 67 d.A. (Bl. B 86 (Bl. 1072 d.A.), B 87 (Bl. 1073 d.A.), B 88 (Bl. 1074 d.A.)). und einzelnen bei der Beklagten eingereichten Spesenabrechnungen des Klägers. Dieser Vorwurf ist jedoch nicht stichhaltig.

aa. Die von den Herren K. und S. der Beklagten zur Verfügung gestellten Tätigkeitsberichte sind in so vielen Fällen offensichtlich inhaltlich unrichtig, dass das Gericht den Berichten keinen Indizwert dafür zuzumessen vermag, dass die dort enthaltenen Angaben der tatsächlichen Arbeitsleistung des Klägers für die TKS entsprechen.

Für diese Unrichtigkeiten seien die folgenden Beispiele genannt:

– Aus der Aufstellung Februar 2008 (Anlage B 6, Bl. 108 d.A.) ergibt sich für die Zeit vom 21.02.2008 bis 26.02.2008 ein Aufenthalt des Klägers in der S.. Aus den vom Kläger unter dem Anlagenkonvolut K 23 (Bl. 430 d.A.) vorgelegten Abrechnungen ergibt sich aber, dass der Kläger am 21.02.2008 um 10.10 Uhr einen Mietwagen in Sa. übernahm und diesen am Folgetag um 16.30 Uhr wieder zurückgab. Ferner hat der Kläger für den 21.02.2008 einen Flug H.-Sa. (Abflug 8.30 Uhr, Ankunft Saarbrücken 10.00 Uhr) sowie einen Rückflug nach Hamburg für den 22.02.2008 (17.30-19.00) gebucht.

– Am 02.08.2008 war der Kläger laut TKS-Abrechnung in Ge. und rechnete hierfür 20 Stunden ab (Bl. 139 d.A.). Der Kläger hingegen legte dar, dass er an diesem Tag bei B. in Haz. war und legt hierfür auch eine Mietwagenabrechnung vom 03.08.2008 (Anlage K 26, Bl. 434 d.A.) vor, aus der sich eine Abholung des Wagens am 02.08.2008 um 13.07 am Flughafen Ams. bei nur 58 gefahrenen Kilometern ergibt. Die Entfernung vom Ams. bis Ge. beträgt aber hin und zurück über 400 Kilometer.

– Am 01.09.2008 war der Kläger laut TKS-Abrechnung 12 Stunden bei Köl. in Berlin. Der Kläger legt aber in seinem Schriftsatz vom 14.11.2011 (S. 29) – von der Beklagten unwidersprochen – dar, dass er an diesem Tag in Begleitung u.a. des (ehemaligen) Vorstands der Beklagten W. und anderen Pr.-Mitarbeitern auf der Gartenfachmesse in Kö. war und legt auch einen Bewirtungsbeleg vom gleichen Tag vor.

– Am 11.09.2008 war der Kläger laut TKS-Abrechnung auf Kundenbesuch in Ki. (Anlage K 6, Bl. 141 d.A.). Die Beklagte selbst aber legt für diesen Tag eine Hotelrechnung des Klägers eines Hotels in St. I. vor (Anlagenkonvolut B 10, Bl. 159).

– Am 27.09.2008 war der Kläger laut TKS-Abrechnung in Her.. Der Kläger hingegen legt – von der Beklagten unwidersprochen – dar, dass er an diesem Tag mit Kollegen am Nie. und in den Niederlanden unterwegs war und legt hierfür auch ein Foto des Klägers mit Kollegen vor. Die Beklagte selbst legte eine Hotelrechnung des Klägers aus Ho. sowie einen Tankbeleg des Klägers für diesen Tag aus H. vor (Anlagenkonvolut B 10, Bl. 162 d.A.).

bb. Hinzukommt aber auch folgende Überlegung: Selbst wenn man – im Sinne der Beklagten – unterstellt, dass die vorgelegten Protokolle vom Kläger stammen, wäre es auch möglich, dass der Kläger selbst unrichtige Protokolle erstellt und bei der TKS eingereicht hat. Diese Möglichkeit hat die Beklagte im Rahmen der Betriebsratsanhörung vom 23.05.2011 (Anlage B 45, Bl. 267 d.A.) noch ausdrücklich in Betracht gezogen.

Wenn man unterstellt, dass die Protokolle vom Kläger selbst „gefälscht“ worden sind, so ergibt sich daraus nicht ohne weiteres die Begründetheit der ausgesprochenen Kündigung:

Eine verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung durch außerdienstliches strafbares Verhalten kommt nur dann in Betracht, wenn durch das Verhalten das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt wird (BAG, Urt. v. 27.11.2008 – NZA 2009, S. 671). Eine konkrete Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses hat die Beklagte jedoch nicht darzulegen vermocht. Es mag sich bei der TKS zwar um einen Geschäftspartner der Beklagten bzw. M. B. gehandelt haben, konkrete Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen der TKS und der Beklagten sind jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich.

Außerdienstlich begangene Straftaten können das Arbeitsverhältnis aber auch insofern belasten, als sie bei objektiver Betrachtung ernsthafte Zweifel an der Zuverlässigkeit oder der Eignung des Arbeitnehmers für die von ihm zu verrichtende Tätigkeit begründen. Daraus kann sich das Recht des Arbeitgebers ergeben, das Arbeitsverhältnis personenbedingt zu kündigen. In der Rechtsprechung sind als entsprechende Beispiele genannt: Buchhalter, Kassierer, Lagerverwalter oder Geldboten (BAG, Urt. v. 27.11.2008, NZA 2009, S. 671).

Die Beklagte hat aber auch objektive Zweifel dieser Art, entstanden aus der Übermittlung falscher Tätigkeitsberichte an die TKS, nicht dargelegt. Dabei ist zunächst festzustellen, dass der Kläger bei der Beklagten keine eigenen Zeitaufzeichnungen führen muss. Auch ist die Art der Tätigkeit des Klägers als solche zwar von für den Erfolg der Beklagten von Bedeutung, der Kläger übt aber keine besondere Vertrauensposition aus wie die genannten Buchhalter, Kassierer pp.

Hinzu kommt, dass im Verhältnis des Klägers zur TKS Besonderheiten herrschten, die nicht ohne weiteres auf die Beklagte übertragbar sind. Besonders augenfällig ist hier, dass der Kläger selbst mehrheitlich an der TKS beteiligt ist und unzulässig hohe Rechnungen mithin den Kläger in erster Linie (wenn auch nicht allein) schädigen. Auch hätte die Beklagte an dieser Stelle darlegen müssen, dass die übrigen Gesellschafter in ihrem Abrechnungsgebaren gegenüber der TKS selbst über Zweifel erhaben waren. An dieser Stelle ist auf die Entscheidung des OLG O. vom 26.08.2011 (Anlage K 10, Bl. 389, dort Seite 15) hinzuweisen, in der das Gericht festhält, dass die Mitgesellschafter K.e und S. selbst im Jahr 2010 aufgrund von Beraterrechnungen Zahlungen der TKS in Höhe von über EUR 950.000,00 erhalten haben: Wenn der Kläger gegenüber der TKS ein dort auch von den Mitgesellschaftern gepflegtes Abrechnungsgebaren an den Tag gelegt hat, vermag dies keine Zweifel an der Geeignetheit des Klägers für die Tätigkeit bei der Beklagten begründen.

cc. Die Beklagte hat Beweis für angeboten, dass die vorgelegten Tätigkeitsaufstellungen in der vorgelegten Form bei der TKS zum Zwecke der Leistungsabrechnung vorgelegt sind, durch Zeugnis der Herren K. und S. (Schriftsatz der Beklagten vom 10.10.2011, S. 23 – Bl. 78 d.A.). Dem Beweisantritt war nicht nachzugehen, weil die entsprechende – vom Kläger bestrittene Behauptung – nicht substantiiert dargelegt wurde. Es wird weder dargelegt, wann die einzelnen Berichte der TKS zugegangen sind, noch durch wen sie eingereicht wurden oder auf welchem Weg die Einreichung erfolgte. Eine Vernehmung der Zeugen würde auf eine reine Erforschung des entsprechenden Sachverhalts hinauslaufen und ist daher unzulässig.

dd. Zu dem von der TKS eingeholten Gutachten (Anlage B 12, Bl. 174 d.A.) ist folgendes festzustellen: Es wird dort erläutert, dass, dass Manipulation von als Email-Anlage versendeten Excel-Dateien von einem Laien nicht durchführbar seien, vielmehr sei hierfür ein hohes technologisches Know-How notwendig. Wer sagt denn aber, dass eine Manipulation nicht unter Zuhilfenahme einer derartig versierten Person durchgeführt wurde? Es ist aber noch nicht einmal dargelegt, dass die von der Beklagten vorgelegten Ausdrucke den Dateien entsprechen, die dem Gutachter vorgelegt wurden.

ee. Soweit die Beklagte sich mit ihren Vorwürfen auf den 09.07.2009 und den 15.07.2009 bezieht, ist die Erläuterung des Klägers, dass er bei Erstellung der TKS-Stundenaufstellung Juli 2009 (Anlage B 6, Bl. 110 d.A.) versehentlich in der Datumszeile verrutscht sei, nachvollziehbar. Dies lässt sich bereits daraus ersehen, dass der Kläger in der Aufstellung auch die Wochenend-Stundensätze entsprechend verrutschen ließ. Für den 09.07.2009 ist der Irrtum des Klägers besonders offensichtlich: Die Beklagte wirft dem Kläger vor, für diesen Tag eine unrichtige Reisekostenabrechnung vorgelegt zu haben, tatsächlich aber – laut Stundenaufstellung – 12 Stunden Büro- und Konzeptarbeit absolviert zu haben. Der Kläger hingegen belegt seine Tätigkeit für die Beklagte für diesen Tag mit umfangreichen Reiseunterlagen Flugbelege, Mietwagen- und Hotelrechnungen, Anlage K 31, Bl. 442 d.A.). Der Widerspruch löst sich problemlos auf, wenn man die Angabe in der Stundenaufstellung vom 09.07.2009 dem 12.07.2009 zuordnet, wie der Kläger argumentiert.

b. Arbeitszeitbetrug: Die Beklagte hat nicht darzulegen vermocht, dass der Kläger die Beklagte über den Umfang der für sie erbrachten Arbeitszeit betrogen hat.

aa. Soweit die Beklagte dem Kläger für den 01.07.2009, 08.07.2009 und 22.07.2009 Arbeitszeitbetrug vorwirft, resultiert der Vorwurf auf der bereits dargelegten Verschiebung des Datums in allen Juli-2009-Abrechnungen.

bb. Soweit die Beklagte aus dem Urlaubskalender (Anlage B 80, Bl. 792 d.A.) herleiten will, dass der Kläger an diesem Tag keinen Urlaub gehabt hat, mag das Gericht dem nicht folgen. Der Kläger weist auf einen weiteren Kalender mit detaillierteren Angaben hin (Anlage K 20, Bl. 416 d.A.), in dem die Urlaubstage nicht nur mit der monatlichen Summe, sondern tageweise aufgeführt sind, und zwar zusammen mit sonstigen Fehlzeiten (z.B. Krankheit). Angesichts der Diskrepanzen zwischen den beiden Kalendern kann sich die Beklagte nicht darauf zurückziehen, dass nur der von ihr eingeführte Kalender der richtige sei, vielmehr hätte sie erläutern müssen, warum es für den Juli 2010 zu der Diskrepanz zwischen der Planung des Urlaubs des Klägers und der Angaben in dem anderen Kalender gekommen ist. Hat der Kläger seinen Urlaubsantrag zurückgezogen oder wurde der Urlaub nicht genehmigt? Oder handelt es sich doch um eine fehlerhafte Übertragung aus dem vom Kläger eingeführten „Planungskalender“?

cc. Soweit die Beklagte behauptet, der Kläger habe am 05.01.2010 keinen Urlaub gehabt – dies ergebe sich aus dem Urlaubskalender (Anlage B 80) – ist diese Behauptung als Beleg für einen Arbeitszeitbetrug nicht geeignet, denn der Kläger hat nach der Stundenaufstellung TKS für diesen Tag 4 Stunden für TKS gearbeitet. Es wäre aber völlig problemlos möglich gewesen, diese Stundenzahl auch noch nach einem normalen Arbeitstag zu bewältigen.

c. Erschleichen von Freizeitguthaben: Auch der Vorwurf, dass der Kläger sein „Freizeitguthaben“ erschlichen habe, geht ins Leere. Der Vorwurf fußt einerseits darauf, dass sich bei Addition der Arbeitszeiten des Klägers bei M. B. einerseits und der TKS andererseits gar nicht möglich sei, teilweise Summen von mehr als 24 Stunden pro Tag ergeben. Allerdings ist die Beklagte nicht auf die Behauptung des Klägers eingegangen, dass es am Wochenende und an Feiertagen Zeitgutschriften von 200% bzw. 300% der tatsächlich aufgewendeten Zeit gegeben habe. Es ist unklar, ob dieser klägerische Vortrag von der Beklagten bestritten wird oder nicht. Dieses ist im Ergebnis ohne Belang, denn die Beklagten hätte diesem Vortrag jedenfalls substantiiert entgegentreten müssen. Im Übrigen ergibt sich schon aus den Ausführungen zum kombinierten Arbeitszeit- und Spesenbetrug, dass die Kammer nicht ohne weiteres von der Echtheit der TKS-Stundenabrechnungen ausgeht. Das gilt auch im vorliegenden Fall.

Soweit die Beklagte behauptet, dass der Kläger auch ein Stundenguthaben von 360 Stunden bei M. B. gar nicht geführt hätte, ist dieser Behauptung nicht weiter nachzugehen. Der Kläger verweist auf einen Urlaubsantrag von M. B., den der Kläger nicht selbst erstellt hat, und der ebenfalls von 360 Urlaubstagen ausgeht. Es wäre allerdings zu erwarten gewesen, dass sich die Beklagte mit dieser substantiierten Behauptung näher auseinandersetzt. Die Beklagte aber schweigt hierzu.

d. Vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit vom 18.12.2006 bis 14.01.2007: Die Beklagte hat nicht darzulegen vermocht, dass sich der Kläger bei M. B. zu Unrecht krank gemeldet hat. Der Beweiswert der von der Beklagten selbst vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wird untermauert durch die vom Kläger weiter vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen und Patientenblätter in den Anlagekonvoluten K 41 und K 42. Die naheliegende und bereits vom Kläger im Schriftsatz vom 14.11.2011 aufgeworfene Frage, wie es möglich sei, dass der Kläger einerseits für die TKS am 02.01.2007 von 4.00 bis 21.00 einen Kundenbesuch in Gent gemacht haben soll, andererseits das Patientenblatt des Klägers aber belegt, dass dieser um 11.41 Uhr in Büchen einen neuen Verband erhalten hat. Gleiches gilt für den 05.01.2007: Der Kläger soll von 4.00 Uhr bis 23.00 Uhr für die TKS in den Niederlanden gewesen sein, andererseits belegt das Patientenblatt die Öffnung eines Abszesses um 11.20 Uhr in B.. Aus diesem offensichtlichen Widerspruch, den die Beklagte trotz ihre sehr ausführlichen Vortrages unkommentiert lässt, ergibt sich, dass durch die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen – Stundenabrechnungen und Protokoll der Gesellschafterversammlung – nicht ergibt, dass der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erschüttert worden wäre.

In der Tat weist aber das Protokoll der Gesellschafterversammlung der TKS GbR vom 07.09.2010 (Anlage B 7, Bl. 113 – dort S. 5) aus, dass der Kläger für die fragliche Zeit Stunden gegenüber der TKS abgerechnet zu haben, und zwar für Patentunterlagenbearbeitung. Nach dem Protokoll aber verlas der Kläger diese Stundenaufstellungen, nachdem er von Herr RA Kr. dazu aufgefordert wurde, alle von ihm gegenüber der Gesellschaft abgerechneten Stunden unter Angabe der Tätigkeit zu nennen. Es ist hier nicht die Rede von vom Kläger persönlich erbrachten Stunden.

Aber selbst wenn der Kläger bei der Erläuterung dieser Abrechnungen die Tätigkeiten seiner Frau zu Unrecht als seine eigene abgegeben haben sollte, ergibt sich nicht, welche Bedeutung dies für das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten haben sollte. Der Kläger befand sich, wie sich aus dem vorgelegten Protokoll selbst ergibt, in einer sehr kritischen Situation der Auseinandersetzung mit seinen Mitgesellschaftern der TKS GbR. Sollte der Kläger die Stunden seiner Frau auf sich umgemünzt haben – für alle weitergehenden Vorwürfe fehlt jeder Beleg – so ist überhaupt nicht ersichtlich, warum eine derart unzutreffende Behauptung des Klägers die Beklagte dazu bewegen sollte, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger für unzumutbar zu halten.

e. Annahme von Schmiergeldern: Die Beklagte ist auch nicht berechtigt, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger aufgrund dessen Vorteilsnahme und Entgegennahme von Schmiergeldern und schmiergeldgleichen Leistungen zu beenden.

aa. Die Beklagte hat nicht darzulegen vermocht, dass der Kläger Schmiergelder oder schmiergeldgleiche Leistungen von B. entgegengenommen hat (oder ein entsprechender Verdacht besteht). Die Beklagte führt aus, dass der Kläger veranlasst habe, dass M. B. EUR 35.000,00 ohne Gegenleistung an B. gezahlt habe. B. seinerseits habe diesen Betrag zuvor an eine Herrn K. gehörende Gesellschaft gezahlt.

Weiter führt die Beklagte dies auf den Kläger zurück, „da diese Weiterleitung bei M. B. durch den Kläger persönlich akzeptiert wurde“ (Schriftsatz der Beklagten vom 10.10.2011, S. 26 – Bl. 81 d.A.). Dieser Vortrag ist so unpräzise, dass dem nicht näher nachzugehen ist. Hier hätte die Beklagte darlegen müssen, wie der Kläger es vermocht haben soll, an der Leitung seines eigenen Bereiches sowie an der Buchhaltung vorbei eine solche Zahlung zu veranlassen. Hierzu aber schweigt die Beklagte. Es bleibt somit offen, welchen Anteil der Kläger an geschilderten Transaktion gehabt haben soll. Eine Pflichtverletzung des Klägers ist mithin nicht dargelegt.

Aus einem weiteren Grund hat die Beklagte eine Pflichtverletzung des Klägers nicht darzulegen vermocht: Der Kläger führte aus, dass die Zahlung nicht ohne Gegenleistung erfolgte, vielmehr sollte die Beklagte – so sei es mit Herrn H, dem damaligen Einkaufsleiter, vor dem 18.03.2003 vereinbart gewesen – Ha. Gegenleistung für die Zahlung Leistungen im Zusammenhang mit dem BC-Container erhalten: Es sollte durch den Kläger und Herrn K. ein logistisches Konzept sowie ein funktionsfähiges Muster erstellt werden. Ferner wurde M. B. gegebenenfalls die Exklusivität für den BC-Container in Deutschland im Baumarktbereich erhalten. Die Beklagte aber bestreitet in Verkennung der ihr nunmehr obliegenden Darlegungs- und Beweislast nur die Existenz einer solchen Vereinbarung. Wenn sich der Kläger zu einem Vorwurf wie vorliegend in substantiierter Weise einlässt, obliegt es nicht ihm, sondern der Beklagten diesen auszuräumen, um die Pflichtverletzung des Klägers zu belegen.

bb. Auch der Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe auf Reklamationsforderungen in Höhe von EUR 137.000,00 gegenüber der Landgard verzichtet, ohne dass diesem eine Gegenleistung gegenübergestanden hätte, bleibt im Vagen: Der Erläuterung des Klägers, dass Gegenleistung hierfür an B. gelieferte, durch Landgard genutzte Sammelcontainer gewesen seien, trat die Beklagte zunächst entgegen: Diese Lieferung sei gegen Rechnung an B. erfolgt. Der Kläger seinerseits erwiderte, dass die Container nicht veräußert, sondern vermietet worden seien. In der Tat sei der erste Mietvertrag gegenüber B., anschließend seien die Container in der bezeichneten Weise weitervermietet worden, was sich insbesondere auch aus der Email vom 02.02.2004 (Anlage K 47, Bl. 463 d.A.) und den ebenfalls vorgelegten Lieferscheinen (Anlage K 49, Bl. 465 d.A.) ergebe. Zu dieser Erläuterung schweigt die Beklagte. Ob der Vortrag des Klägers nunmehr unstreitig geworden ist oder nicht, kann aber offen bleiben, weil die Beklagte diesem Vortrag des Klägers substantiiert hätte entgegentreten müssen. In Ermangelung dessen ist eine Pflichtverletzung des Klägers nicht erkennbar.

cc. Der Vorwurf der Beklagten, bei dem zwischen H. und der TKS abgeschlossenen Werkvertrag vom 01.09.2007 (Anlage B 41, Bl. 249 d.A.) handele es sich um einen Deckmantel für die Zahlung von Schmiergeld für die Beauftragung von H. durch die Beklagte, bleibt vage Spekulation. Der Kläger erläutert zu diesem Vorwurf, dass es sich bei den in diesem Vertrag vereinbarten Abschlussgebühren von EUR 73.500,00 und EUR 10.000 pro Jahr um eine Umlage für die Anschaffung einer EDV-Anlage handelt und verweist auf einen entsprechenden Kostenverteilungsplan (Anlage K 51 – Bl. 472). Hierzu erklärt die Beklagte, dass dieser nicht nachvollziehbar und teilweise nicht leserlich sei. Hier zu könne die Beklagte zurzeit keine Stellung nehmen. Auch hier verkennt die Beklagte offensichtlich, dass es ihr obliegt, eine Pflichtverletzung oder einen dringenden Verdacht hierfür darzulegen.

Die Beklagte argumentiert weiter, dass H. bei Abschluss des Werkvertrages nicht sicher von einem Vertragsschluss mit der Beklagten habe ausgehen können. Die Zahlungen seien durch H. im Vertrauen darauf erfolgt, dass der Kläger sein Pflanzenkonzept unter Einbeziehung von H. beim Vorstand der Konzernobergesellschaft durchbringen werde. Mit anderen Worten argumentiert die Beklagte, dass H. sich gegenüber TKS zu einer erheblichen Schmiergeldzahlung verpflichtet haben soll, obwohl noch gar nicht absehbar war, ob der beabsichtigte Vertragsabschluss, den der Kläger selbst gar nicht vornehmen konnte, überhaupt zustande kommt. Wirklich logisch erscheint dies nicht. Vernünftigerweise hätten die Beteiligten die Zahlung vom Zustandekommen der Zusammenarbeit zwischen H. und der Beklagten abhängig gemacht.

Soweit die Beklagte die Kündigung auf einen Verdacht der Vorteilsannahme stützt, ist auch noch darauf hinzuweisen, dass die Beklagte offensichtlich nicht alles ihr in der konkreten Situation Zumutbare unternommen hat, um die Begründetheit des Verdachts weiter aufzuklären (vgl. BAG, Urt. v. 18.09.1997 – 2 AZR 36/97). Insbesondere hätte es ihr oblegen, den Verdacht durch eine Befragung von Herrn H. selbst weiter aufzuklären. Dies ist aber nicht geschehen, jedenfalls hat sie das Ergebnis einer solchen Befragung dem Kläger im Rahmen der Verdachtsanhörung nicht mitgeteilt (vgl. Anlage B 43, Bl. 254 d.A.).

dd. Auch der Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe unentgeltlich Räumlichkeiten bei H. für sich privat nutzen dürfen, bleibt im Dunklen. Der Vorwurf ruht auf einem Schreiben von Herrn H. vom 26.07.2010 (Anlage B 42, Bl. 253 d.A.). Die Beklagte ist aber nicht in der Lage, diese Behauptung mit einer Pflichtverletzung des Klägers im Verhältnis zu M. B. bzw. Beklagten in Zusammenhang zu bringen, sodass unklar bleibt, was dies mit der Beklagten zu tun hat und wo deren Schaden liegen soll.

Auch der Vorwurf der Beklagten, dass die Räume an den Kläger privat überlassen wurden, wird in der Tat durch das Schreiben vom 26.07.2010 gestützt. Der Vortrag des Klägers macht aber deutlich, dass das Schreiben möglicherweise unscharf formuliert ist und richtigerweise nicht an den Kläger, sondern an die TKS zu richten gewesen wäre, weil diese die Räume überlassen bekommen hat. So stellt der Kläger – von der Beklagten unwidersprochen – dar, dass an dem Eingang zu den Räumen ein Firmenschild der TKS angebracht wurde und die TKS auch die Nebenkosten der Räume getragen hat. Ferner ist nicht recht einsichtig, was der Kläger mit einem Büroraum in 70 Kilometer Entfernung von seinen Wohnort eigentlich anfangen will – wenn nicht zur Präsentation von BC-Containerteilen. All diese Fragen vermochte die Beklagte nicht auszuräumen.

c. Nachgeschobene Kündigungsgründe: Die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 30.05.2012 nachgeschobenen Kündigungsgründe vermögen die ausgesprochene Kündigung – weder außerordentlich noch ordentlich – zu rechtfertigen.

(aa.) Weiterer Arbeitszeitbetrug in fünf Fällen: Die Beklagte begründet den Vorwurf weiteren Arbeitszeitbetrugs in fünf Fällen erneut mit angeblich vom Kläger gegenüber der TKS bzw. TKS GbR abgegebenen Stundenaufstellungen. Für diese Aufstellungen, deren Echtheit der Kläger bestreitet, bietet die Beklagte keinen Beweis für deren Echtheit an, sie erläutert nicht einmal, woher sie diese erhalten hat. Als Anhaltspunkt für die Echtheit soll nach Auffassung der Beklagten sprechen, dass der Kläger in der sich aus den Abrechnungen ergebenden Höhe Rechnungen an die TKS gestellt hat. Damit ist aber noch nichts darüber gesagt, ob in den vorgelegten Abrechnungen Angaben verändert wurden, die die sich ergebende Summe unverändert lassen. Weiter weist die Beklagte darauf hin, dass eine Abrechnung (Anlage B 87, Bl. 1073 d.A.) eine Faxkennung aufweist. Ob dieser Aufdruck tatsächlich vom Faxgerät des Klägers herrührt, bleibt offen. Es handelt sich um eine in Maschinendruck gefertigte Zeile, die nicht notwendig von einem Faxgerät stammt, sondern auch von jedem x-beliebigen Computerdrucker oder einer Schreibmaschine herrühren kann. Und selbst wenn es sich tatsächlich um eine Faxkennung handeln sollte, wäre es auch möglich, dass Datums- und Absenderkennung von einem Dritten eingestellt wurden, um den Kläger als Versender des Faxes erscheinen zu lassen.

Aber selbst wenn man unterstellt, dass der Vorwurf der Beklagten zutreffend wäre, erschiene es auch sehr zweifelhaft, ob ein derartiger Pflichtverstoß, der zum Zeitpunkt der Kündigung mehr als 7 Jahre her ist und nicht gegenüber der Beklagten, sondern gegenüber M. B., einem damaligen Wettbewerber der Beklagten gegenüber erfolgt wäre, eine Kündigung rechtfertigen würde, oder ob sich eine solche unverhältnismäßig wäre. Die strafrechtliche Verjährungsfrist beliefe sich gem. §§ 263, 78 StGB auf fünf Jahre.

Darüber hinaus würde selbst wenn die Stundenaufstellungen vom Kläger herrührten, offen bleiben, ob dadurch M oder aber TKS getäuscht worden wäre. Es ist insoweit auf obigen Ausführungen (I.1.a.bb. der Gründe) zu verweisen.

bb. Weiterer Abrechnungsbetrug in sieben Fällen:

(1.) 25.01.2007 und 26.01.2007: Die Beklagte vermag auch für den 25. und 26.01.2007 keinen Abrechnungsbetrug des Klägers darzulegen. Die Beklagte argumentiert, dass sich aus dem Vortrag des Klägers aus dem Schriftsatz vom 14.11.2011 (dort S. 22 – Bl. 323 d.A.), der Kläger habe an diesen Tagen Überstunden abgebaut, sowie den Reisekostenabrechnungen des Klägers für beide Tage (Anlage B 60, Bl. 639 d.A.) ergebe, dass der Kläger diese Reisekosten zu Unrecht abgerechnet hat.

Aber auch aus diesem Vortrag ergibt sich weder ein Abrechnungsbetrug noch ein entsprechender Verdacht. Die spätere Erläuterung des Klägers, es habe sich bei seiner vorherigen Angabe (Überstundenabbau) geirrt, erscheint angesichts dessen, dass der Kläger sich einer Vielzahl von Vorwürfen ausgesetzt sah, er keinen Zugriff mehr auf die im Betrieb der Beklagten verbliebenen Unterlagen mehr hatte und der angebliche Pflichtenverstoß bereits mehr als 4 Jahre her war, nachvollziehbar. Insofern vermag auch diese zunächst falsche und später vom Kläger nicht aufrecht erhaltene Angabe des Klägers keinen dringenden Verdacht eines Abrechnungsbetruges zu begründen, weil es auch ohne weiteres möglich wäre, dass der Kläger sich bei den Angaben zu diesem Tag geirrt hat.

Darlegungs- und beweisbelastet für einen Abrechnungsbetrug des Klägers ist die Beklagte. Insofern ist auch die Darstellung der Beklagten, die Herren W., Sa. und Kl. könnten den neuen Vortrag des Klägers zu seinen Tätigkeiten an diesem Tag und gemeinsamen Besuch der Pflanzenmesse in E. (Schriftsatz des Klägers vom 20.04.2012, S. 27 – Bl. 933 d.A.) nicht bestätigen, irrelevant. Es bleibt nach dem Vortrag der Beklagten bereits offen, ob die befragten Herren z.B. zur Klärung ihrer Tätigkeit an den beiden Tagen ihre damaligen Terminkalender vorliegen hatten oder nicht. Wenn sie diese nicht hatten, erstaunt es nicht, dass sie nach so langer Zeit keine genaue Erinnerung an die beiden Tage mehr hatten und insofern die Tätigkeit des Klägers für die Beklagte nicht bestätigen konnten. Auch aus der Nichtauffindbarkeit von Messeberichten lässt sie der Vorwurf, der Kläger habe an diesen Tagen nicht gearbeitet und gleichwohl Reisekosten abgerechnet, kaum belegen.

Hinzu kommt, dass der nachgeschobene Vorwurf des Abrechnungsbetruges in hohem Maße im Widerspruch zu den Angaben der Beklagten im Schreiben deren Prozessbevollmächtigten vom 15.03.2012 – dort S. 2 – steht (Anlage K 67, Bl. 1007 d.A.) In diesem an die Prozessbevollmächtigte des Kläger gerichteten Schreiben heißt es wörtlich: „Hierbei hat die P. Deutschland GmbH erfreulicherweise feststellen können, dass Herr Tr. am 25. und 26.01.2007 offenbar tatsächlich die Messe in E. besucht hat. Der (…) Verdacht des Spesenbetruges hat sich daher (…) nicht verfestigt. Der Verdacht wird daher fallengelassen.“

Dem Kläger vor dem Hintergrund eines solchen Widerspruches ein „Recht auf Irrtum“ abzusprechen, erscheint verfehlt. Im Übrigen ergibt sich auch aus dem Schreiben vom 15.03.2012, dass die TKS-Arbeitszeitabrechnungen für den 25. und 26.01.2012 inhaltlich unzutreffend waren.

(2.) 28. / 29. /30.01.2004 sowie 30.04.2004 und 24.05.2004: Die Beklagte möchte hier die Kündigung des Klägers damit rechtfertigen, dass es keine Beweise für eine arbeitsvertragsgemäße Tätigkeit des Klägers gebe. Mit dieser Argumentation verkennt die Beklagte, dass sie für einen Pflichtenverstoß des Klägers darlegungs- und beweisbelastet ist.

(3.) Doppelte Abrechnung: Die Beklagte wirft dem Kläger vor, dass er – wenn er denn wie von ihm selbst angegeben, an den angegebenen Tagen ordnungsgemäß für M. B. bzw. die Beklagte gearbeitet hätte – für seine Tätigkeit nicht nur von M. B./der Beklagten Gehalt erhalten, sondern auch von TKS Beraterhonorar vereinnahmt haben müsse.

Allerdings setzt diese Argumentation der Beklagten wiederum voraus, dass die Stundenaufstellungen tatsächlich vom Kläger herrühren. Die Beklagte hat es aber nicht vermocht, diese Behauptung schlüssig in das Verfahren einzuführen oder unter Beweis zu stellen. Es kann auf die bisherigen Ausführungen hierzu verwiesen werden.

(4.) „Krank feiern“. Gleiches gilt auch für den Vorwurf des Krankfeierns. Auch dieser Vorwurf basiert ausschließlich auf der Echtheit der Stundenaufstellungen.

d. Das Kündigungsschutzgesetz ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar. Der Kläger ist im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung länger als sechs Monate (§ 1 Abs. 1 KSchG) ununterbrochen als Arbeitnehmer im Betrieb der Beklagten angestellt, die regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 30 Stunden ohne die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt (§ 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 KSchG).

e. Die dreiwöchige Klagefrist ist eingehalten (§ 4 Satz 1 KSchG). Die Klage gegen die dem Kläger am 27.05.2011 zugegangene Kündigung ging innerhalb der Frist des § 4 KSchG, nämlich am 03.06.2011, bei Gericht ein und wurde der Beklagten „demnächst“, nämlich am 27.06.2011, zugestellt, sodass sie nach §§ 167, 253 Abs. 1 ZPO, § 46 Abs. 2 ArbGG als rechtzeitig erhoben gilt.

f. Soweit die Parteien weitere Ausführungen zur Notwendigkeit einer Betriebsratsanhörung sowie zur Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 BGB machen, kommt es darauf angesichts des Fehlens eines Kündigungsgrundes nicht mehr an.

2. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung des Gehalts für April 2011 (Antrag zu 1.). Der Kläger hat auch Anspruch einer Zahlung für Mai 2011 (Antrag zu 2.) in gleicher Höhe, wobei sich dieser Anspruch für die Zeit nach Zugang der Kündigung der Beklagten am 27.05.2011 aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges ergibt. Der Kläger hat auch Anspruch auf Zahlung der Prämie von EUR 35.000,00 brutto (Antrag zu 3.). Dieser Anspruch ist dem Grunde nach unstreitig.

Die Beklagte rechnet gegen diese Ansprüche mit angeblichen Gegenforderungen, teils aus eigenem Recht, teils von M. B. abgetreten, auf. Diese Gegenforderungen bestehen jedoch nicht, sodass die Aufrechnung ins Leere geht:

Die Beklagte kann einen Anspruch auf Zahlung von EUR 23.000,00 (Herausgabe fiktiver Mietersparnisse wegen eines überlassenen Büroraumes in Pinneberg) geltend machen, weil – wie oben dargelegt – von ihr ein entsprechender Anspruch nicht dargelegt wurde. Gleiches gilt für den Herausgabeanspruch der Schmiergeldzahlung in Zusammenhang mit dem Werkvertrag mit H. (Abschluss- und Jahresgebühr), den angeblichen Schaden in Höhe von EUR 35.000,00 wegen der Zahlung an B. und der EUR 137,000,00 (Stornierung von Reklamationsforderungen an Landgard).

II.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits, die grundsätzlich nur einheitlich ergehen kann (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 301 Rn. 11), ist der Schlussentscheidung vorbehalten. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nicht gegeben.

Der gemäß § 61 ArbGG festgesetzte Wert des Streitgegenstandes dieses Teilurteils beträgt nach den im maßgebenden Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 7. Aufl., § 61 Rn. 18) gestellten Anträgen für den Kündigungsschutzantrag der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts (§ 42 Abs. 3 GKG), d.h. drei Bruttomonatsgehälter von jeweils EUR 10.000,00, sowie für die Zahlungsanträge EUR 55.000,00 mithin insgesamt EUR 85.000,00.

Einer Entscheidung über die Zulassung oder Nichtzulassung der Berufung bedarf es hinsichtlich des Antrag zu 24. nicht (§ 64 Abs. 2 ArbGG). Im Übrigen hat die Kammer die Berufung gegen dieses Urteil gemäß § 64 Abs. 3a ArbGG nicht gesondert zugelassen, weil ein erforderlicher Zulassungsgrund nicht ersichtlich ist (§ 64 Abs. 3 ArbGG). Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch betrifft sie Rechtsstreitigkeiten aus Tarifverträgen oder aus unerlaubten Handlungen, bei denen es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfes oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit handelt, noch ist die Kammer in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihr im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abgewichen.

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