Übersicht:
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Fristlose Kündigung eines Busfahrers: Rechtliche Konsequenzen im Fokus
- Der Fall vor Gericht
- Fristlose Kündigung eines Busfahrers nach gewalttätigem Übergriff auf Fahrgast rechtmäßig
- Vorfall führt zu fristloser Kündigung
- Gericht sieht wichtigen Grund für fristlose Kündigung
- Verwertung der Videoaufzeichnungen zulässig
- Kündigungsfrist und Betriebsratsanhörung beachtet
- Interessenabwägung zu Lasten des Klägers
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Was sind die rechtlichen Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung im Arbeitsrecht?
- Welche Rolle spielt die Dauer der Betriebszugehörigkeit bei einer fristlosen Kündigung?
- Wie können sich Arbeitnehmer gegen eine fristlose Kündigung wehren?
- Welche Beweismittel sind bei einer fristlosen Kündigung zulässig?
- Welche finanziellen Folgen hat eine fristlose Kündigung für Arbeitnehmer?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Die Klage des Arbeitnehmers gegen die Kündigung wurde abgewiesen.
- Die Entscheidung bezieht sich auf die Wirksamkeit einer außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung.
- Der Beklagte ist ein öffentlicher Nahverkehrsanbieter, der zur Stadt gehört und aufgrund von Sicherheitserfordernissen handelt.
- Der Kläger war seit vielen Jahren als Omnibusfahrer tätig und hatte ein rechtlich geschütztes Arbeitsverhältnis aufgrund der langen Betriebszugehörigkeit.
- Die Kündigung erwies sich als rechtmäßig, da der Kläger gegen interne Vorgaben zur Kundenbewältigung verstoßen hatte.
- Die dienstliche Anweisung und die Verweisungen auf geltende Regelungen zur Kundenbetreuung wurden dem Kläger rechtzeitig vermittelt.
- Die Entscheidung basiert auf der Auslegung von arbeitsrechtlichen Vorgaben und den spezifischen Umständen des Vorfalls.
- Das Gericht stellte fest, dass die Interessen des Arbeitgebers gegenüber den des Arbeitnehmers überwiegen.
- Der Kläger muss die Kosten des Rechtsstreits tragen, was seine rechtlichen Möglichkeiten einschränkt.
- Die Auswirkungen dieser Entscheidung könnten die Rechtsprechung zu Kündigungen im öffentlichen Dienst beeinflussen und die Bedeutung von Sicherheitsvorgaben unterstreichen.
Fristlose Kündigung eines Busfahrers: Rechtliche Konsequenzen im Fokus
Die fristlose Kündigung eines Busfahrers stellt einen gravierenden Schritt im Arbeitsrecht dar, besonders wenn sie durch eine Tätlichkeit gegen einen Fahrgast begründet wird. Der Begriff „fristlose Kündigung“ verweist auf die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigungsfrist, die oft in Fällen von schwerwiegenden Pflichtverletzungen angewendet wird. Ein solches Verhalten kann nicht nur die Glaubwürdigkeit des Fahrers in Frage stellen, sondern auch die Sicherheit der Fahrgäste gefährden. Häufig stehen Busfahrer in der Öffentlichkeit, was ihre Verhaltensweise umso mehr unter den Fokus der Aufmerksamkeit rückt.
Im arbeitsrechtlichen Kontext ist es wichtig, die möglichen rechtlichen Folgen einer solchen Tätlichkeit zu betrachten. Neben den Disziplinarmaßnahmen, die ein Arbeitgeber ergreifen kann, spielt der Kündigungsschutz eine zentrale Rolle. Geschädigte Fahrgäste können Beschwerden einreichen, die den Arbeitsschutz und die Sicherheit im öffentlichen Nahverkehr betreffen. Vorfallprotokolle werden erstellt, um einen Vorfall zu dokumentieren, was die Basis für mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen bildet. Bei den Bewerbungsprozessen von Busfahrern werden solche Vorfälle oft auch berücksichtigt, da sie Einfluss auf die Eignung und das Verhalten in dieser verantwortungsvollen Position haben können.
Ein aktueller Fall, der diese Aspekte beleuchtet, zeigt die Konsequenzen einer solchen Kündigung eindrücklich auf und bietet Einblick in die sich daraus ergebenden rechtlichen Fragestellungen.
Der Fall vor Gericht
Fristlose Kündigung eines Busfahrers nach gewalttätigem Übergriff auf Fahrgast rechtmäßig

Das Arbeitsgericht Göttingen hat in einem Urteil vom 30.01.2024 die Klage eines Busfahrers gegen seine fristlose Kündigung abgewiesen. Der Kläger war seit 1998 bei einem öffentlichen Nahverkehrsunternehmen als Omnibusfahrer beschäftigt.
Vorfall führt zu fristloser Kündigung
Am 26.05.2023 kam es zu einem Vorfall zwischen dem Busfahrer und einem Fahrgast. Laut Videoaufzeichnungen zog der Fahrer den Passagier gewaltsam von seinem Sitz und warf ihn aus dem Bus. Als der Fahrgast wieder aufstand, packte ihn der Fahrer am Hals und schlug ihm ins Gesicht.
Der Arbeitgeber kündigte dem Busfahrer daraufhin am 09.06.2023 fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31.12.2023. Gegen diese Kündigung klagte der Busfahrer.
Gericht sieht wichtigen Grund für fristlose Kündigung
Das Arbeitsgericht sah in dem Verhalten des Klägers einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung nach § 626 BGB. Die Richter bewerteten den Vorfall als schwere Pflichtverletzung, die das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört habe.
Eine vorherige Abmahnung sei bei Tätlichkeiten grundsätzlich entbehrlich. Für den Kläger sei erkennbar gewesen, dass der Arbeitgeber Gewalt nicht dulden würde.
Verwertung der Videoaufzeichnungen zulässig
Das Gericht erklärte die Verwertung der Videoaufnahmen für zulässig. Weder datenschutzrechtliche Bestimmungen noch die Betriebsvereinbarung zur Videoüberwachung stünden dem entgegen. Die Aufzeichnungen seien nicht zur Leistungskontrolle, sondern zur Aufklärung strafrechtlich relevanter Vorfälle vorgesehen.
Kündigungsfrist und Betriebsratsanhörung beachtet
Die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist sei eingehalten worden, da die Geschäftsführung erst am 30.05.2023 Kenntnis von dem Vorfall erhalten habe. Auch die Anhörung des Betriebsrats vor der Kündigung sei ordnungsgemäß erfolgt.
Interessenabwägung zu Lasten des Klägers
In der Interessenabwägung berücksichtigte das Gericht zwar die lange Betriebszugehörigkeit des Klägers von fast 25 Jahren. Die Schwere der Pflichtverletzung wiege jedoch so schwer, dass dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung nicht zuzumuten sei.
Der Kläger kann gegen das Urteil Berufung beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen einlegen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Diese Entscheidung bekräftigt, dass gewalttätige Übergriffe auf Fahrgäste durch Busfahrer eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstellen, die eine fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung rechtfertigt. Die Verwertung von Videoaufzeichnungen zur Aufklärung solcher Vorfälle ist zulässig, sofern sie nicht primär der Leistungskontrolle dient. Selbst eine langjährige Betriebszugehörigkeit kann die Schwere einer solchen Pflichtverletzung in der Interessenabwägung nicht aufwiegen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil verdeutlicht, dass gewalttätiges Verhalten gegenüber Fahrgästen für Busfahrer schwerwiegende arbeitsrechtliche Konsequenzen haben kann – bis hin zur fristlosen Kündigung. Selbst bei langjähriger Betriebszugehörigkeit und bisher unbeanstandeter Arbeitsleistung kann eine einmalige Gewaltanwendung das Vertrauensverhältnis so stark beeinträchtigen, dass eine Weiterbeschäftigung unzumutbar wird. Für Arbeitnehmer im öffentlichen Nahverkehr bedeutet dies, dass sie auch in schwierigen Situationen mit Fahrgästen unbedingt deeskalierend vorgehen und die Dienstanweisungen zur Konfliktbewältigung strikt einhalten müssen. Videoaufzeichnungen aus Bussen können dabei als Beweismittel in Kündigungsschutzprozessen verwendet werden, sofern sie nicht der reinen Leistungskontrolle dienen.
FAQ – Häufige Fragen
Die fristlose Kündigung eines Busfahrers nach tätlichem Übergriff auf einen Fahrgast: Ist diese Handlung rechtens? Diese und weitere wichtige Fragen rund um das Thema Arbeitsrecht und Kündigung im öffentlichen Personennahverkehr beantworten wir Ihnen in unseren FAQs.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Was sind die rechtlichen Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung im Arbeitsrecht?
- Welche Rolle spielt die Dauer der Betriebszugehörigkeit bei einer fristlosen Kündigung?
- Wie können sich Arbeitnehmer gegen eine fristlose Kündigung wehren?
- Welche Beweismittel sind bei einer fristlosen Kündigung zulässig?
- Welche finanziellen Folgen hat eine fristlose Kündigung für Arbeitnehmer?
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Was sind die rechtlichen Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung im Arbeitsrecht?
Eine fristlose Kündigung im Arbeitsrecht erfordert einen wichtigen Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB. Dies bedeutet, dass Tatsachen vorliegen müssen, aufgrund derer dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Zweistufige Prüfung des wichtigen Grundes
Die Prüfung des wichtigen Grundes erfolgt in zwei Stufen:
- Es muss ein Sachverhalt vorliegen, der grundsätzlich geeignet ist, einen wichtigen Kündigungsgrund darzustellen. Beispiele hierfür sind Straftaten gegen den Arbeitgeber, wiederholtes unentschuldigtes Fernbleiben oder grobe Beleidigungen gegenüber Kunden.
- Es muss eine Interessenabwägung im Einzelfall stattfinden. Dabei wird geprüft, ob unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist.
Bedeutung der Interessenabwägung
Bei der Interessenabwägung spielen verschiedene Faktoren eine Rolle:
- Art und Schwere der Pflichtverletzung
- Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers
- Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Bisheriger störungsfreier Verlauf des Arbeitsverhältnisses
- Möglichkeit milderer Maßnahmen (z.B. Abmahnung, Versetzung)
Wenn Sie von einer fristlosen Kündigung betroffen sind, ist es wichtig zu wissen, dass die Kündigung nur dann wirksam ist, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen durch den Kündigungsberechtigten erfolgt.
Typische Beispiele für rechtmäßige fristlose Kündigungen
- Schwerwiegende Beleidigungen oder Tätlichkeiten gegenüber Vorgesetzten oder Kollegen
- Wiederholter Diebstahl oder Unterschlagung von Firmeneigentum
- Beharrliche Arbeitsverweigerung trotz Abmahnung
- Schwerwiegende Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften
Im Fall eines Busfahrers, der einen Fahrgast tätlich angreift, könnte eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein, da dies eine erhebliche Pflichtverletzung darstellt und das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber sowie die Sicherheit der Fahrgäste massiv beeinträchtigt.
Welche Rolle spielt die Dauer der Betriebszugehörigkeit bei einer fristlosen Kündigung?
Die Dauer der Betriebszugehörigkeit spielt bei einer fristlosen Kündigung eine untergeordnete Rolle. Im Gegensatz zur ordentlichen Kündigung, bei der die Betriebszugehörigkeit die Kündigungsfrist beeinflusst, ist sie bei einer fristlosen Kündigung kein ausschlaggebender Faktor.
Interessenabwägung durch das Gericht
Bei der Prüfung einer fristlosen Kündigung nimmt das Gericht eine umfassende Interessenabwägung vor. Dabei werden verschiedene Aspekte berücksichtigt:
- Schwere des Fehlverhaltens
- Wiederholungsgefahr
- Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
- Bisheriges Verhalten des Arbeitnehmers
- Betriebliche Auswirkungen des Fehlverhaltens
In diesem Kontext kann die Betriebszugehörigkeit durchaus eine Rolle spielen. Eine lange Betriebszugehörigkeit ohne vorherige Vorfälle kann zu Ihren Gunsten sprechen, da sie auf ein bisher tadelloses Verhalten hindeutet. Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten seit 20 Jahren ohne Beanstandungen in einem Unternehmen – dies könnte bei einem einmaligen Fehlverhalten für Sie sprechen.
Vorrang des wichtigen Grundes
Trotz langer Betriebszugehörigkeit kann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Dieser Grund muss so schwerwiegend sein, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Wenn Sie beispielsweise als Busfahrer tätig sind und einen Fahrgast tätlich angreifen, kann dies unabhängig von Ihrer Betriebszugehörigkeit eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Die Schwere dieses Vorfalls würde in der Regel andere Faktoren wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit überwiegen.
Einzelfallbetrachtung
Gerichte betrachten jeden Fall individuell. Eine lange Betriebszugehörigkeit kann zwar in die Abwägung einfließen, ist aber kein Schutz vor einer fristlosen Kündigung. Bei besonders schweren Verfehlungen, wie Diebstahl, Betrug oder Tätlichkeiten, tritt die Betriebszugehörigkeit in den Hintergrund.
In einem solchen Fall würde das Gericht prüfen, ob das Vertrauensverhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber so nachhaltig gestört ist, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar wäre – unabhängig davon, wie lange Sie bereits im Unternehmen tätig sind.
Wie können sich Arbeitnehmer gegen eine fristlose Kündigung wehren?
Arbeitnehmer können sich gegen eine fristlose Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage wehren. Diese muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem Sie die Kündigung erhalten haben. Versäumen Sie diese Frist, gilt die Kündigung automatisch als wirksam.
Einreichen der Kündigungsschutzklage
Um die Klage einzureichen, müssen Sie einen schriftlichen Antrag beim Arbeitsgericht stellen. Darin sollten Sie darlegen, warum Sie die Kündigung für unwirksam halten. Bei einer fristlosen Kündigung prüft das Gericht, ob ein wichtiger Grund vorliegt, der die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt.
Ablauf des Verfahrens
Nach Eingang der Klage kommt es zunächst zu einer Güteverhandlung. Hier versucht das Gericht, eine gütliche Einigung zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber zu erzielen. Gelingt dies nicht, folgt der Kammertermin, in dem der Fall verhandelt wird.
Mögliche Ergebnisse
Wenn das Gericht Ihrer Klage stattgibt, bedeutet dies, dass Ihr Arbeitsverhältnis nicht wirksam beendet wurde. Es besteht fort, und Ihr Arbeitgeber muss Sie weiterbeschäftigen. Zudem haben Sie unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Nachzahlung der ausgefallenen Vergütung.
Stellt sich im Laufe des Verfahrens heraus, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für eine der Parteien unzumutbar ist, kann das Gericht das Arbeitsverhältnis auflösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung verurteilen.
Wichtige Hinweise
Beachten Sie, dass Sie während des laufenden Verfahrens grundsätzlich verpflichtet sind, Ihre Arbeitsleistung anzubieten. Andernfalls riskieren Sie den Verlust Ihres Vergütungsanspruchs.
Wenn Sie eine fristlose Kündigung erhalten, sollten Sie umgehend handeln. Prüfen Sie sorgfältig die Gründe für die Kündigung und sammeln Sie alle relevanten Unterlagen und Beweise, die Ihre Position stützen können. Je besser Sie vorbereitet sind, desto höher sind Ihre Chancen, sich erfolgreich gegen die Kündigung zu wehren.
Welche Beweismittel sind bei einer fristlosen Kündigung zulässig?
Bei einer fristlosen Kündigung sind grundsätzlich alle Beweismittel zulässig, die auch in anderen zivilrechtlichen Verfahren verwendet werden dürfen. Der Arbeitgeber muss das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die fristlose Kündigung nachweisen. Folgende Beweismittel kommen dabei häufig zum Einsatz:
Zeugenaussagen
Zeugenaussagen spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Vorfälle oder Verhaltensweisen zu belegen. Wenn Sie als Arbeitgeber eine fristlose Kündigung aussprechen, können Sie Kollegen oder Vorgesetzte als Zeugen benennen, die das Fehlverhalten des Arbeitnehmers beobachtet haben. Achten Sie darauf, dass die Zeugen glaubwürdig sind und ihre Aussagen möglichst detailliert und widerspruchsfrei sind.
Schriftliche Dokumente
Schriftliche Unterlagen können sehr aussagekräftige Beweismittel sein. Dazu gehören:
- Abmahnungen
- Arbeitsverträge
- E-Mails oder Chatprotokolle
- Arbeitszeitnachweise
- Krankmeldungen
Wenn Sie beispielsweise einem Busfahrer wegen einer Tätlichkeit gegen einen Fahrgast fristlos kündigen möchten, können Beschwerdeprotokolle oder Unfallberichte als Beweismittel dienen.
Videoaufzeichnungen
Videoaufnahmen können unter bestimmten Voraussetzungen als Beweismittel zugelassen werden. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass Aufzeichnungen aus einer offenen Videoüberwachung grundsätzlich verwertbar sind, auch wenn sie nicht vollständig den datenschutzrechtlichen Vorgaben entsprechen. Bei einer verdeckten Videoüberwachung gelten jedoch strengere Maßstäbe. Sie ist nur zulässig, wenn ein konkreter Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung besteht und weniger einschneidende Mittel ausgeschöpft sind.
Sachverständigengutachten
In komplexen Fällen können Sachverständigengutachten erforderlich sein. Wenn Sie einem Arbeitnehmer beispielsweise wegen Alkoholkonsums am Arbeitsplatz kündigen möchten, kann ein medizinisches Gutachten als Beweismittel dienen.
Augenscheinsobjekte
Gegenstände, die mit dem Kündigungsgrund in Verbindung stehen, können ebenfalls als Beweismittel vorgelegt werden. Bei einer Kündigung wegen Diebstahls könnten dies etwa sichergestellte Waren sein.
Elektronische Beweismittel
In der digitalen Arbeitswelt gewinnen elektronische Beweismittel zunehmend an Bedeutung. Dazu gehören:
- Logfiles von Computersystemen
- Daten aus elektronischen Zeiterfassungssystemen
- Aufzeichnungen von Telefonanlagen
Beachten Sie, dass die Erhebung und Verwertung elektronischer Daten datenschutzrechtlichen Bestimmungen unterliegt.
Bei der Verwendung von Beweismitteln müssen Sie als Arbeitgeber stets die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers und datenschutzrechtliche Vorgaben beachten. Im Zweifelsfall nimmt das Gericht eine Interessenabwägung vor. Dabei wird das Interesse des Arbeitgebers an der Verwertung des Beweismittels gegen das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers abgewogen.
Welche finanziellen Folgen hat eine fristlose Kündigung für Arbeitnehmer?
Eine fristlose Kündigung hat für Arbeitnehmer weitreichende finanzielle Konsequenzen:
Sofortiger Wegfall des Gehalts
Mit Zugang der fristlosen Kündigung endet das Arbeitsverhältnis unmittelbar. Der Arbeitgeber stellt die Gehaltszahlungen ab diesem Zeitpunkt ein. Sie verlieren also von einem Tag auf den anderen Ihre regelmäßigen Einkünfte.
Kein Anspruch auf Abfindung
Bei einer fristlosen Kündigung besteht kein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung. Anders als bei einer ordentlichen Kündigung, wo oft im Rahmen eines Vergleichs eine Abfindung vereinbart wird, gehen Sie bei einer wirksamen fristlosen Kündigung in der Regel leer aus.
Sperrzeit beim Arbeitslosengeld
Wenn Sie nach einer fristlosen Kündigung Arbeitslosengeld beantragen, droht Ihnen eine Sperrzeit von bis zu 12 Wochen. Während dieser Zeit erhalten Sie kein Arbeitslosengeld. Die Bundesagentur für Arbeit prüft, ob Sie die Kündigung selbst verschuldet haben. Ist dies der Fall, wird eine Sperrzeit verhängt.
Mögliche Schadensersatzansprüche
Stellt sich die fristlose Kündigung als unwirksam heraus, können Sie Schadensersatzansprüche gegen Ihren Arbeitgeber geltend machen. Diese umfassen in der Regel den entgangenen Verdienst bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist. Wenn Sie beispielsweise als Busfahrer wegen einer angeblichen Tätlichkeit gegen einen Fahrgast fristlos gekündigt wurden, die Kündigung aber vor Gericht keinen Bestand hat, können Sie den Lohn für die Zeit bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist einfordern.
Auswirkungen bei erfolgreicher Anfechtung
Gelingt es Ihnen, die fristlose Kündigung erfolgreich anzufechten, gilt das Arbeitsverhältnis als fortbestehend. In diesem Fall haben Sie Anspruch auf Nachzahlung des entgangenen Gehalts. Zudem müssen Sie wieder beschäftigt werden, sofern das Gericht das Arbeitsverhältnis nicht auf Ihren Antrag hin gegen Zahlung einer Abfindung auflöst.
Finanzielle Belastungen durch Rechtsstreit
Beachten Sie, dass ein Rechtsstreit gegen eine fristlose Kündigung mit Kosten verbunden sein kann. Zwar fallen im arbeitsgerichtlichen Verfahren erster Instanz keine Gerichtskosten an, Sie müssen jedoch möglicherweise die Kosten für Ihren Anwalt tragen, wenn Sie den Prozess verlieren.
Wenn Sie von einer fristlosen Kündigung betroffen sind, ist es wichtig, schnell zu handeln. Sie haben nur drei Wochen Zeit, um Kündigungsschutzklage zu erheben. Eine sorgfältige Prüfung Ihrer individuellen Situation ist entscheidend, um die finanziellen Folgen bestmöglich abzufedern und Ihre Rechte zu wahren.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Fristlose Kündigung: Eine fristlose Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis sofort und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Sie ist nur bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers zulässig, die das Vertrauensverhältnis unwiederbringlich zerstören. In diesem Fall hat der Busfahrer durch seinen gewalttätigen Übergriff auf einen Fahrgast eine solche Pflichtverletzung begangen.
- Wichtiger Grund: Ein wichtiger Grund nach § 626 BGB ist eine Voraussetzung für eine fristlose Kündigung. Er liegt vor, wenn Tatsachen bestehen, aufgrund derer dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Hier wurde der gewalttätige Übergriff als solcher wichtiger Grund betrachtet.
- Pflichtverletzung: Eine Pflichtverletzung im Arbeitsverhältnis bezeichnet ein Verhalten des Arbeitnehmers, das gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstößt. Diese Pflichten können sich sowohl aus dem Arbeitsvertrag als auch aus gesetzlichen Bestimmungen ergeben. Im vorliegenden Fall war die Tätigkeit des Busfahrers eine solche Pflichtverletzung, da sie gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme und zur Gewaltfreiheit gegenüber Fahrgästen verstieß.
- Kündigungserklärungsfrist: Die Kündigungserklärungsfrist ist die Zeitspanne, innerhalb derer der Arbeitgeber die Kündigung aussprechen muss, nachdem er von dem Kündigungsgrund erfahren hat. Nach § 626 Abs. 2 BGB beträgt diese Frist zwei Wochen. Im dargestellten Fall erfolgte die fristlose Kündigung innerhalb dieses Zeitraums, nachdem die Geschäftsführung Kenntnis vom Vorfall erlangt hatte.
- Betriebsratsanhörung: Die Anhörung des Betriebsrats ist eine gesetzliche Voraussetzung im Kündigungsverfahren. Vor jeder Kündigung, sei sie fristlos oder ordentlich, muss der Arbeitgeber den Betriebsrat anhören und über die beabsichtigte Kündigung und deren Gründe informieren. Ohne ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung ist die Kündigung unwirksam. In diesem Fall wurde bestätigt, dass die Betriebsratsanhörung ordnungsgemäß erfolgt ist.
- Interessenabwägung: Bei der Interessenabwägung prüft das Gericht, ob die Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles gerechtfertigt ist. Dabei werden die Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegeneinander abgewogen. Auch eine lange Betriebszugehörigkeit kann in diese Abwägung einfließen, wie im vorliegenden Fall, aber die Schwere der Pflichtverletzung überwog hier die lange Beschäftigungszeit des Klägers.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 626 Abs. 1 BGB (Kündigung wegen wichtigen Grundes): Dieser Paragraf regelt die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende der Kündigungsfrist oder bis zu einem anderen Beendigungstermin nach den Umständen des Einzelfalls unzumutbar ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Arbeitnehmer schwerwiegende Pflichtverletzungen begangen hat, die eine weitere Zusammenarbeit unmöglich machen.
- § 10 TV-N Nds. (Tarifvertrag für den Nahverkehr in Niedersachsen): Der Tarifvertrag für den Nahverkehr in Niedersachsen regelt verschiedene Arbeitsbedingungen im Nahverkehrsgewerbe, wie z.B. die Entgeltzahlung, die Arbeitszeit und das Urlaubsrecht. In diesem Fall ist insbesondere § 10 TV-N Nds. von Bedeutung, da dieser die Kündigungsfristen für Omnibusfahrer festlegt. Der Kläger war mehr als 15 Jahre bei der Beklagten beschäftigt, sodass für ihn die Kündigungsschutzregelung in § 20 Abs. 6 TV-N Nds. gilt.
- § 20 Abs. 6 TV-N Nds. (Kündigungsschutz nach 15 Jahren Betriebszugehörigkeit): Nach diesem Paragraphen ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Omnibusfahrers nach einer Betriebszugehörigkeit von mehr als 15 Jahren nur noch aus einem wichtigen Grund möglich. Dies bedeutet, dass die Beklagte die fristlose Kündigung des Klägers nur rechtmäßig hätte durchführen können, wenn ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB vorlag.
- DF-Bus (Dienstanweisung für den Fahrdienst mit Bussen des Verbunds Deutscher Verkehrsunternehmen): Diese Dienstanweisung regelt das Verhalten von Busfahrern gegenüber Fahrgästen. Sie soll dazu beitragen, einen sicheren und ordnungsgemäßen Betrieb des öffentlichen Personennahverkehrs zu gewährleisten. Im konkreten Fall spielt die Dienstanweisung eine Rolle, weil der Kläger sich aufgrund der fehlenden Reaktion des Fahrgastes auf seine Ansprache möglicherweise dazu veranlasst sah, den Fahrgast aus dem Bus zu verweisen.
- § 4 DF-Bus (Fehlverhalten von Kunden): Dieser Paragraf der Dienstanweisung DF-Bus regelt, wie Busfahrer mit Fehlverhalten von Kunden umgehen sollen. So ist es beispielsweise zulässig, Kunden von der Beförderung auszuschließen, wenn sie eine Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung des Betriebes oder für andere Kunden darstellen. Dies gilt auch für Minderjährige, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Die Dienstanweisung sollte die Rechtmäßigkeit des Verweises des Klägers auf Grundlage der Einhaltung der dort geregelten Vorgangsweise belegen.
Das vorliegende Urteil
ArbG Göttingen – Az.: 1 Ca 219/23 – Urteil vom 30.01.2024
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