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Fristlose Geschäftsführerdienstvertragskündigung – Rechtsweg Arbeitsgerichtsbarkeit

Arbeitsgericht verneint Zuständigkeit bei Kündigung eines Geschäftsführers

Der ehemalige Geschäftsführer einer GmbH hat sich gegen seine fristlose Kündigung durch das Unternehmen gewehrt und einen Beschäftigungsanspruch geltend gemacht. Dabei ist er der Ansicht, dass er als Arbeitnehmer anzusehen sei und somit das Arbeitsgericht zuständig sei. Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat jedoch den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten als unzulässig erklärt und den Fall an das Landgericht Düsseldorf verwiesen. Die Begründung dafür ist, dass die Klageanträge keine klare Einordnung als Arbeitsverhältnis oder freies Dienstverhältnis ermöglichen und somit kein „sic-non-Fall“ vorliegt. Der Kläger hat daraufhin sofortige Beschwerde eingelegt, jedoch hat das Arbeitsgericht seine Zuständigkeit erneut verneint. Eine spezialgesetzliche Zuweisung der bürgerlichen Rechtsstreitigkeit in die Fachzuständigkeit der Arbeitsgerichte besteht nicht. Der Fall bleibt somit beim Landgericht Düsseldorf.

Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte bei einer Klage hängt unter anderem davon ab, ob der Kläger als Arbeitnehmer oder als Vertretungsorgan tätig war. Wenn der Kläger als Geschäftsführer einer GmbH während seiner Bestellung als Vertretungsorgan der Gesellschaft nicht als Arbeitnehmer gilt, kann der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet werden. Auch wenn die Bestellung materiell-rechtlich einem Arbeitsverhältnis statt einem freien Dienstverhältnis zugrunde liegt, kann der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet werden. Die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer beendet jedoch die Fiktionswirkung aus § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG. Trotzdem bedeutet dies nicht automatisch, dass die Arbeitsgerichte zuständig sind, wenn die klagende Partei nur behauptet, dass sie in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt war. Nach der Antragstellung des Klägers muss festgestellt werden, ob der Kläger materiell-rechtlich in einem Arbeitsverhältnis oder einem freien Dienstverhältnis tätig war. In diesem Fall hat die Beschwerdekammer die Einordnung des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien als freies Dienstverhältnis festgestellt. Ein Geschäftsführer einer GmbH wird in der Regel auf der Grundlage eines freien Dienstvertrags und nicht eines Arbeitsvertrags tätig. Es sei denn, es gibt eine Weisungsbefugnis der Gesellschaft auch bezüglich der Umstände, unter denen der Geschäftsführer seine Leistung zu erbringen hat. Der Kläger hat in beiden Instanzen die Voraussetzungen für die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nicht schlüssig dargelegt.

Der Geschäftsführerdienstvertrag regelt die Rechtsbeziehungen zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft. Wenn eine dienstvertragliche Regelung mit gesetzlichen oder Satzungsbestimmungen kollidiert, gelten letztere. Eine solche Regelung widerspricht schlicht der gesetzlichen, organschaftlichen Vertretungsmacht. Der Kläger behauptet, dass seine Befugnisse nicht über die der Prokuristen hinausgingen. Die Regelungen des Vertrags sind keine wesentlichen Indizien für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses. Eine vertragliche Regelung, die Bezug auf den Mindesturlaubsanspruch nimmt, bedeutet nicht zwangsläufig ein Arbeitsverhältnis. Der Kläger behauptet, dass er weisungsunterworfen war, aber er liefert keine ausreichenden Beweise dafür.

Landesarbeitsgericht Düsseldorf – Az.: 3 Ta 132/22 – Beschluss vom 05.10.2022

I.Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 06.01.2022 gegen den Rechtswegbeschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 23.09.2021 – Az.: 12 Ca 8032/20 – wird zurückgewiesen.

II.Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

III.Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

IV.Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Vertragsverhältnisses durch die außerordentliche, fristlose Kündigung mit Schreiben der Beklagten vom 23.11.2020 und dessen Fortbestand bis 30.04.2021 sowie über einen Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers als Geschäftsführer und in diesem Zusammenhang vorab über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten.

Der Kläger, der auch Geschäftsführer der ehemaligen Mitgesellschafterin der Beklagten, der u. GmbH ist, war bei der Beklagten auf der Grundlage des schriftlichen „Geschäftsführerdienstvertrages“ vom 31.10.2019 mit Wirkung ab 01.11.2019 als Geschäftsführer zu einer Jahresbruttovergütung in Höhe von 90.000,00 EUR beschäftigt. Wörtlich enthielt der „Geschäftsführerdienstvertrag“, wegen dessen weiteren Inhalts auf Blatt 110 ff. der Akte Bezug genommen wird, unter anderem folgende Regelungen:

„Präambel

Mit Wirkung zum 01.11.2019 soll Herr C. O. zum alleinigen Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt werden. Die Parteien schließen hierzu den nachfolgenden Geschäftsführerdienstvertrag:

§ 1

Allgemeine Rechte und Pflichten

1. Der Geschäftsführer vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Der Geschäftsführer ist gesamtvertretungsberechtigt gemeinsam mit einem Prokuristen. Von den Beschränkungen des § 181 BGB ist der Geschäftsführer nicht befreit.

2. Einschränkungen in der Geschäftsführung durch Gesetz, Satzung und Geschäftsordnung oder durch diesen Vertrag sowie Weisungen durch die Gesellschafterversammlung sind vom Geschäftsführer zu beachten. Ebenfalls sind Gesellschafterbeschlüsse zu befolgen, soweit Vereinbarungen in diesem Vertrag nicht entgegenstehen.

3. Der Geschäftsführer hat in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmannes aufzubringen, unter Wahrung der Interessen der Gesellschaft.

4.[…]

5. Der Geschäftsführer nimmt die Pflichten und Rechte des Arbeitgebers im Sinne der arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften wahr.

6. Der Geschäftsführer hat seine ganze Arbeitskraft, seine Erfahrungen und Kenntnisse der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. Er hat der Gesellschaft mindestens während der allgemein geltenden Arbeitszeit für leitende kaufmännische Angestellte zur Verfügung zu stehen. Er ist gehalten, jederzeit, wenn und soweit das Wohl der Gesellschaft das erfordert, zur Dienstleistung zur Verfügung zu stehen.

7.[…]

8. Dienstort ist E. oder der jeweilige Sitz der Gesellschaft.

[…]“

Der Kläger wurde vertragsgemäß zum Geschäftsführer bestellt. Laut Handelsregisterauszug des Amtsgerichts Düsseldorf zu HRB 84984 (Blatt 145 f. der Akte) war er seit 29.01.2020 als alleiniger Geschäftsführer der Beklagten eingetragen und neben ihm Herr X. und Herr T. als Einzelprokuristen. Weiter ist dort eingetragen die folgende allgemeine Vertretungsregelung: „Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten.“

Der Kläger selbst hat das Vertragsverhältnis zum 30.04.2021 fristgerecht gekündigt. Die Beklagte wiederum kündigte ihm mit Schreiben ihres Gesellschaftervertreters vom 23.11.2020 (Blatt 17 der Akte) außerordentlich fristlos sowie hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Zeitpunkt und teilte ihm die sofortige Abberufung als Geschäftsführer mit. Diese wiederum wurde am 30.12.2020 im Handelsregister eingetragen.

Mit seiner am 14.12.2020 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen und der Beklagten am 22.12.2020 zugestellten Klage wendet sich der Kläger gegen die außerordentliche Kündigung und macht den Fortbestand seines Vertragsverhältnisses, welches er für ein Arbeitsverhältnis hält, bis 30.04.2021 sowie einen entsprechenden Beschäftigungsanspruch geltend.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass das Arbeitsgericht zuständig sei. Hierzu hat er im Wesentlichen auf den Vertrag selbst und die Regelungen unter § 1 Ziffern 1, 6 und 8 verwiesen. Die vertragliche Verpflichtung, kein Rechtsgeschäft ohne Zustimmung eines Prokuristen abzuschließen, sei für einen Geschäftsführerdienstvertrag atypisch und verstoße zudem gegen das Gebot der Selbstorganschaft. Die beiden Prokuristen X. und T. seien – dies unstreitig – parallel auch Gesamtprokuristen der Hauptgesellschafterin der Beklagten, der F. GmbH. Schon daraus ergebe sich die Weisungsbindung des Klägers gegenüber Weisungen der Hauptgesellschafterin, die zudem auch in der Arbeitspraxis bestanden habe. Weiter sei seine Arbeitszeit an die der leitenden Angestellten angebunden gewesen, so dass er also auch nicht frei in der Arbeitszeitgestaltung gewesen sei. Der Arbeitsort sei vertraglich ebenso festgelegt worden. Unter § 5 des Vertrages sei ein Urlaubsanspruch geregelt worden unter Bezugnahme des „gesetzlichen Mindesturlaubs“. Das BUrlG gelte aber nur für Arbeitnehmer. In der Vertragspraxis sei der Kläger weisungsgebunden tätig geworden. Faktische Geschäftsführer seien Herr M. und Herr E. gewesen, die Geschäftsführer der Hauptgesellschafterin. Der Kläger habe keine Weisungen erteilen dürfen, sondern sei selbst Weisungsempfänger gewesen. Hierzu verweist der Kläger auf E-Mail-Korrespondenz vom 13.11.2019, 28.01., 28.02., 04.03., 04./07.09. und 16.09.2020 sowie ein außergerichtliches Schreiben der Beklagtenvertreter vom 10.11.2020.

Die Beklagte hat Rechtswegrüge erhoben, da der Kläger als Geschäftsführer und damit nicht als Arbeitnehmer tätig geworden sei.

Mit Beschluss vom 23.09.2021, wegen dessen Inhalts auf Blatt 208 ff. der Akte Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Düsseldorf den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Düsseldorf verwiesen. Dies hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen damit begründet, dass die Klageanträge trotz der wörtlichen Bezugnahme auf „das Arbeitsverhältnis“ keinen sog. sic-non-Fall begründeten, bei dem der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten bereits durch die bloße Rechtsansicht des Klägers, Arbeitnehmer zu sein, begründet werde. Denn der Kläger greife die fristlose Kündigung unabhängig von der Einordnung des Vertragsverhältnisses als Arbeits- oder freies Dienstverhältnis an. Der Erfolg der Klage sei bei einer außerordentlichen Kündigung auch nicht von der Arbeitnehmerstellung abhängig, da § 626 BGB als streitentscheidende Norm auf beide Vertragstypen gleichermaßen anwendbar sei. Auf die Wirksamkeit der hilfsweise ordentlich ausgesprochenen Kündigung der Beklagten komme es nicht an, da die Eigenkündigung des Klägers zu einem früheren Beendigungszeitpunkt führe. Die Voraussetzungen eines Arbeitsverhältnisses habe der Kläger im Übrigen nicht schlüssig dargelegt.

Der Beschluss ist dem Kläger über seine Prozessbevollmächtigten am 28.12.2021 zugestellt worden. Mit am 06.01.2022 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangener Beschwerdeschrift vom gleichen Tage hat er sofortige Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt.

Er ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe seine Unzuständigkeit rechtsirrig angenommen. Das Gericht habe keine Begründung dafür genannt, warum die Beschränkung der Gesamtvertretungsberechtigung gemeinsam mit einem Prokuristen bei dem Kläger als alleinigem Geschäftsführer keine Arbeitnehmerstellung begründe, obwohl damit gegen das Gebot der Selbstorganschaft verstoßen worden sei. Die Befugnisse des Klägers seien damit nicht über die der beiden Prokuristen hinausgegangen. Auch die Regelungen im Vertrag zur Arbeitszeit und zum Arbeitsort habe das Arbeitsgericht unzutreffend nicht dahingehend gewürdigt, dass daraus deutlich werde, dass keine Weisungsfreiheit bzgl. seiner Person und Tätigkeit bestanden habe. Die Urlaubsregelung im Vertrag habe das Arbeitsgericht überhaupt keiner Würdigung unterzogen. Schließlich sei es nicht hinreichend darauf eingegangen, dass nach dem Vortrag des Klägers durchgehende Weisungsbindung bestanden habe und er keinerlei Weisungsrechte gegenüber Arbeitnehmern der Beklagten habe ausüben dürfen. Die von ihm vorgelegten E-Mails bildeten beispielhafte Erscheinungsformen einer durchgehend geübten Vertragspraxis ab und seien also nicht lediglich Einzelfallerscheinungen.

Die Beklagte ist der sofortigen Beschwerde unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegengetreten

Mit Beschluss vom 17.02.2022, wegen dessen Begründung auf Blatt 232 ff. der Akte Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Die gemäß §§ 17a Abs. 4 Satz 3 GVG, 48 Abs. 1, 78 Satz 1 ArbGG, 567 ff ZPO statthafte sofortige Beschwerde des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist sie form- und fristgerecht innerhalb von zwei Wochen nach der am 28.12.2021 erfolgten Zustellung des Beschlusses vom 23.09.2021 am 06.01.2022 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf gemäß § 569 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 ZPO eingelegt worden.

2. Die sofortige Beschwerde ist allerdings nicht begründet. Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat seine Zuständigkeit zu Recht verneint. Das Vorbringen der Beschwerde führt auch im Zusammenhang mit dem erstinstanzlichen Vortrag des Klägers zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung, so dass es mangels einschlägiger spezialgesetzlicher Zuweisung der hier zweifellos bestehenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeit in die Fachzuständigkeit der Arbeitsgerichte bei der Verweisung an das dann nach §§ 13, 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG, 12, 17 ZPO zuständige Landgericht Düsseldorf zu verbleiben hat.

Im Einzelnen:

a.Die Fiktionswirkung aus § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG hindert die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte im vorliegenden Fall nicht. Danach „gilt“ unter anderem der Geschäftsführer einer GmbH während des Zeitraums seiner Bestellung als Vertretungsorgan der Gesellschaft nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes, so dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten selbst dann nicht eröffnet sein kann, wenn materiell-rechtlich seiner Bestellung ein Arbeitsverhältnis statt eines freien Dienstverhältnisses zugrunde liegen sollte. Diese Fiktionswirkung endete im vorliegenden Fall mit der ihm zusammen mit der Kündigung vom 23.11.2020 bekannt gemachten Abberufung des Klägers als Geschäftsführer. Somit sperrte die Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten bereits bei Klageerhebung nicht mehr, unabhängig davon, dass selbst eine spätere Abberufung noch im Rechtswegverfahren zu berücksichtigen gewesen wäre, wenn die Fiktionswirkung bei Rechtshängigkeit der Klage noch bestanden hätte und erst im laufenden Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Rechtsweg weggefallen wäre (BAG vom 03.12.2014 – 10 AZB 98/14, juris, Rz. 21ff.; BAG vom 22.10.2014 – 10 AZB 46/14, juris, Rz. 26 ff.).

b.Der bloße Wegfall der gesetzlichen Fiktion führt allerdings – wie schon das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat – nicht automatisch schon dann zur Zuständigkeit der Arbeitsgerichte, wenn die klagende Partei nur behauptet bzw. die Ansicht vertritt, in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt (gewesen) zu sein. Mit der Abberufung als Geschäftsführer entfällt nur die bisherige gesetzliche negative Fiktion. Nicht hingegen ändert sich der rechtliche Charakter des Anstellungsverhältnisses eines Organvertreters allein durch dessen Abberufung. Durch die Abberufung wird ein bisheriges Dienstverhältnis des Geschäftsführers nicht zum Arbeitsverhältnis (BAG vom 08.02.2022 – 9 AZB 40/21, juris, Rz. 18; BAG vom 21.01.2019 – 9 AZB 23/18, juris, Rz. 17; BAG vom 15.11.2013 – 10 AZB 28/13, juris, Rz. 16). Mithin ist nach Abberufung festzustellen, ob der Tätigkeit des Klägers materiell-rechtlich ein Arbeitsverhältnis oder ein freies Dienstverhältnis zugrunde gelegen hat. Dabei trägt der Kläger die Darlegungslast für die die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte begründenden Umstände, hier also für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses.

c.Zunächst folgt aus der Antragstellung des Klägers, der die Feststellungsanträge dahingehend formuliert hat „festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien…“ nicht vor dem 30.04.2021 beendet worden sei, kein sog. „sic-non“-Fall, in dem bei streitiger Tatsachengrundlage allein die bloße Rechtsansicht der klagenden Partei, es bestehe ein Arbeitsverhältnis, bereits zur Begründung des Rechtsweges nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 3a/b i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG ausreicht.

Das ergibt die Auslegung der Klageanträge. Diese führt ebenso wie in dem von dem Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 21.01.2019 (9 AZB 23/18, juris, Rz. 6, 21) entschiedenen Fall zu dem Ergebnis, dass über den engen Wortlaut hinaus die Feststellung der Nichtbeendigung des Vertragsverhältnisses unabhängig davon beantragt wird, ob dieses nun als Arbeitsverhältnis oder freies Dienstverhältnis einzuordnen ist. Diese Auslegung hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss vom 23.09.2021 bereits zutreffend vorgenommen und diesem Teil der Beschlussbegründung ist der Kläger auch nicht entgegengetreten. Die Beschwerdekammer macht sich die Auslegung des Arbeitsgerichts gleichfalls entsprechend § 69 Abs. 2 ArbGG zu eigen und nimmt zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen hierauf Bezug.

d.Die damit zu prüfende Einordnung des Vertragsverhältnisses der Parteien ergibt, dass der Kläger als Fremdgeschäftsführer im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses und nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses für die Beklagte tätig geworden ist. Das Vorbringen des Klägers reicht in beiden Instanzen auch nach Ansicht der Beschwerdekammer nicht zur schlüssigen Begründung der Voraussetzungen der §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a) / b), 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG und damit zur Begründung der Fachzuständigkeit der Arbeitsgerichte aus, so dass es bei dem Ergebnis der Entscheidung des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 23.09.2021 verbleibt.

aa. Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von einem Dienstverhältnis durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Nach § 611a Abs. 1 BGB ist Arbeitnehmer, wer durch den Arbeitsvertrag im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an. Die durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 21. Februar 2017 (BGBl. I S. 258, 261) eingefügte, am 1. April 2017 in Kraft getretene Regelung des § 611a BGB entspricht hinsichtlich der Abgrenzung von Arbeitsverhältnis und freiem Dienstverhältnis in Abs. 1 den nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geltenden, aus § 84 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 HGB abgeleiteten Grundsätzen (BAG vom 21.01.2019 – 9 AZB 23/18, juris, Rz. 23; vgl. auch BAG vom 17.10.2017 – 9 AZR 792/16, juris, Rz. 12; BAG vom 11.08.2015 – 9 AZR 98/14, juris, Rz. 16).

Auszugehen ist bei der Rechtswegentscheidung vom allgemeinen nationalen und nicht von einem unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff (vgl. zum Status von Geschäftsführern nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 EuGH vom 10.09.2015 – C-47/14 [Holterman Ferho Exploitatie ua.], juris, Rz. 41 ff.; nach der Richtlinie 98/59/EG EuGH vom 09.07.2015 – C-229/14 [Balkaya], juris, Rz. 34; nach der Richtlinie 92/85/EWG EuGH vom 11.11.2010 – C-232/09 [Danosa], juris, Rz. 51). Die Frage des Zugangs zu den Gerichten für Arbeitssachen und der Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche der nationalen Gerichte fällt nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts. Das Arbeitsgerichtsgesetz basiert nicht auf Unionsrecht und setzt dieses nicht um. § 5 ArbGG liegt keine unionsrechtliche Bestimmung zugrunde. Durch dieses Verständnis wird dem Dienstverpflichteten ein ggf. unionsrechtlich vermittelter Schutz nicht versagt. Der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff ist in Bereichen, in denen Unionsrecht anzuwenden ist, das nicht auf den Arbeitnehmerbegriff des nationalen Rechts verweist, unabhängig davon zu beachten, ob der Rechtsstreit vor den Gerichten für Arbeitssachen oder den ordentlichen Gerichten geführt wird (BAG vom 08.02.2022 – 9 AZB 40/21, juris, Rz. 16; BAG vom 21.01.2019 – 9 AZB 23/18, juris, Rz. 14).

bb. Der Geschäftsführer einer GmbH wird für diese in aller Regel auf der Grundlage eines freien Dienstvertrags, nicht eines Arbeitsvertrags tätig (BAG vom 08.02.2022 – 9 AZB 40/21, juris, Rz. 22; BAG vom 21.01.2019 – 9 AZB 23/18, juris, Rz. 24; BAG vom 24.11.2005 – 2 AZR 614/04, juris, Rz. 18; BGH vom 10.05.2010 – II ZR 70/09, juris, Rz. 7).

Auch gegenüber einem Geschäftsführer als freiem Dienstnehmer steht der Gesellschaft ein unternehmerisches Weisungsrecht zu. Eine Weisungsgebundenheit des GmbH-Geschäftsführers, die so stark ist, dass sie auf einen Status als Arbeitnehmer schließen lässt, kommt allenfalls in extremen Ausnahmefällen in Betracht (BAG vom 08.02.2022 – 9 AZB 40/21, juris, Rz. 22; BAG vom 27.04.2021 – 2 AZR 540/20, juris, Rz. 20; BAG vom 11.06.2020 – 2 AZR 374/19, juris, Rz. 25). Dies würde voraussetzen, dass die Gesellschaft eine – über ihr gesellschaftliches Weisungsrecht hinausgehende – Weisungsbefugnis auch bezüglich der Umstände hat, unter denen der Geschäftsführer seine Leistung zu erbringen hat, und die konkreten Modalitäten der Leistungserbringung durch arbeitsbegleitende und verfahrensorientierte Weisungen bestimmen kann (BAG vom 08.02.2022 – 9 AZB 40/21, juris, Rz. 22; BAG vom 21.01.2019 – 9 AZB 23/18, juris, Rz. 24).

cc. Die Voraussetzungen eines solchen Ausnahmefalls hat der Kläger hier – wie schon das Arbeitsgericht im Ergebnis zu Recht festgestellt hat – weder nach dem Geschäftsführerdienstvertrag noch nach der tatsächlichen Vertragspraxis schlüssig dargelegt.

(1)Der Umstand, dass der Geschäftsführerdienstvertrag unter § 1 Ziffer 1 eine sogenannte unechte Gesamtvertretung des Klägers als nach Präambel und auch tatsächlicher Handhabung alleinigem Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vorsah, begründet zwar gesellschaftsrechtlich in der Tat eine unzulässige Beschränkung der organschaftlichen Vertretungsmacht des Geschäftsführers (vgl. OLG München vom 25.07.2017 – 31 Wx 194/17, juris, Rz. 9; OLG Schleswig-Holstein vom 15.12.2010 – 2 W 150/10, juris, Rz. 17; Schneider in: Scholz, GmbHG, 13. Auflage, § 35 Rn. 113; Stephan/Tieves in: MüKo-GmbHG, 3. Auflage, § 35 Rn. 126; Beurskens in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Auflage, § 35 Rn. 49; Lenz in: Michalski/Heidinger/Leible/T., GmbHG, 3. Auflage, § 35 Rn. 61 f., alle m.w.N.; für das Personengesellschaftsrecht zudem BGH vom 06.02.1958 – II ZR 210/56, juris, Rz. 9). Diese wäre nicht eintragungsfähig im Handelsregister gewesen (vgl. dazu OLG München vom 25.07.2017 – 31 Wx 194/17, juris, Rz. 9). Bemerkenswert ist insoweit, dass sie aber auch nie entsprechend Eingang in das Handelsregister gefunden hat, sondern dort ganz im Gegenteil und offenbar auf der Satzung beruhend, jedenfalls aber mit der Publizitätswirkung nach § 15 HGB versehen bekanntgemacht ist, dass bei Bestellung lediglich eines Geschäftsführers dieser alleinvertretungsberechtigt ist.

Kollidiert eine dienstvertragliche Regelung mit gesetzlichen oder Satzungsbestimmungen der Gesellschaft, entfalten allein letztere, nicht aber die Regelungen des Dienstvertrages organisationsrechtliche Wirkung (Reufels in: Hümmerich/Reufels, Gestaltung von Arbeitsverträgen, 4. Auflage, § 2: Dienstverträge mit GmbH-Geschäftsführern, Rn. 119). Der Geschäftsführerdienstvertrag regelt die Rechtsbeziehungen zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft nachrangig zum gesellschaftsrechtlichen Organverhältnis, also nur insoweit, als sie nicht bereits durch die organschaftliche Stellung des Geschäftsführers vorgegeben sind. Der vertragliche Gestaltungsspielraum der Parteien wird durch die zwingenden Anforderungen begrenzt, welche sich im Interesse einer Gewährleistung der Funktionstüchtigkeit der Gesellschaft aus dem Organverhältnis ergeben (BGH vom 10.05.2010 – II ZR 70/09, NZA 2010, 889, 890, Rz. 7 und 8).

Spricht damit ohnehin bereits viel für die Unwirksamkeit der Regelung unter § 1 Ziffer 1 Satz 2 des Geschäftsführerdienstvertrags, ist dem Kläger allerdings durchaus darin beizupflichten, dass diese Regelung insoweit atypisch für einen Geschäftsführerdienstvertrag und den Status eines Geschäftsführers ist. Sie widerspricht schlicht der gesetzlichen, organschaftlichen Vertretungsmacht nach § 35 GmbHG.

Das macht den von einer solchen, unwirksamen vertraglichen Regelung betroffenen Geschäftsführer aber nicht per se zum Arbeitnehmer. Er bleibt vielmehr dem Vertrag gemäß Geschäftsführer der Gesellschaft und seine als Dienstvertrag geschlossene Vereinbarung mit der Gesellschaft wandelt sich nicht durch eine unzulässige Teilregelung in einen Arbeitsvertrag um. Die Regelung bildet einen Teilaspekt der Gesamtwürdigung ab, ersetzt diese jedoch nicht. Denn auch bei tatsächlicher Anwendung der unwirksamen Vertragsregelung in der Vertragspraxis bedeutet die gemeinschaftliche Vertretung mit einem Prokuristen nicht, dass der Kläger damit diesem gegenüber weisungsgebunden wäre. Es bedeutet lediglich, dass seine Vertretungsmacht – unzulässig – vertraglich beschränkt wurde. Entscheidend für die Abgrenzung von Dienst- und Arbeitsverhältnis ist dann immer noch, ob der Kläger tatsächlich und in welchem Umfang Weisungen zu seiner Tätigkeit unterlag. Dass solche von den Prokuristen ausgegangen wären, behauptet der Kläger selbst nicht. Er behauptet vielmehr, Weisungen der Geschäftsführer der Hauptgesellschafterin unterworfen gewesen zu sein. Diese können aber als Gesellschaftervertreter auch das gesellschaftliche Weisungsrecht ausüben, was den Geschäftsführer nicht zum Arbeitnehmer macht (vgl. BAG vom 08.02.2022 – 9 AZB 40/21, juris, Rz. 22; BAG vom 21.01.2019 – 9 AZB 23/18, juris, Rz. 24). Dementsprechend kommt es insoweit entscheidend auf die gelebte Vertragspraxis an. Die Regelung des § 1 Ziffer 1 Satz 2 des Dienstvertrages ist für sich genommen auch kein Beleg für die Richtigkeit der Pauschalbehauptung des Klägers, seine Befugnisse seien nicht über die der beiden Prokuristen hinausgegangen.

(2) Die Regelungen unter § 1 Ziffer 6 und 8 des Dienstvertrags begründen keinen Arbeitnehmerstatus des Klägers. Denn die Festlegung eines vertraglichen Dienstortes bedeutet nicht, dass damit der Arbeitsort über Weisungen festgelegt wäre. Entweder nimmt man mit dem Kläger an, der Arbeitsort sei damit zugleich festgelegt worden. Dann unterlag der Kläger insoweit aber keinen Weisungen mehr, sondern es fand eine dienstvertragliche Festlegung statt. Wo der Vertrag abschließend Vorgaben macht, besteht kein Weisungsrecht eines (potentiellen) Arbeitgebers. Ohnehin ist die Annahme einer Festlegung des Arbeitsortes jedoch abwegig, denn dann bedürfte es kaum Regelungen wie der unter § 4 Ziffer 1 des Geschäftsführerdienstvertrags, die sich mit Geschäftsreisen beschäftigt. Dass diese wiederum dem Kläger per Weisung – von wem und wann auch immer – vorgegeben und nicht eigenständig von ihm geplant und durchgeführt worden wären, trägt der Kläger mit keinem Wort vor.

Dass der Kläger „mindestens“ zu den allgemein geltenden Arbeitszeiten der leitenden kaufmännischen Angestellten zur Verfügung stehen musste, ist ebenfalls nicht Gegenstand einer einseitig vorgegebenen und damit für Arbeitsverhältnisse typischen Weisung, sondern der vertraglichen Vereinbarung der Parteien. Die Regelung besagt nichts dazu, an welchem Ort und in welcher Weise der Kläger zur Verfügung zu stehen hatte. Insoweit erfüllte selbst die telefonische Erreichbarkeit beispielsweise im Rahmen eines Restaurantbesuchs oder bei anderen, nicht unmittelbar arbeitsbezogenen Tätigkeiten die Anforderungen dieser Vertragsklausel, die ihrerseits wiederum nachvollziehbar ist, da der Kläger nun einmal als Alleingeschäftsführer der Beklagten und damit einziges Geschäftsführungsorgan erreichbar sein musste. Eine solche Regelung bildet somit typisch die Anforderungen an eine Geschäftsführertätigkeit ab. Hier kommt hinzu, dass der Kläger nach § 1 Ziffer 5 des Vertrages ja auch alle arbeitsrechtlichen Pflichten und Rechte der Gesellschaft gegenüber ihren Arbeitnehmern wahrzunehmen hatte. Auch das charakterisiert den auf Basis eines freien Dienstvertrages im Rahmen vereinbarter Geschäftsbesorgung handelnden Geschäftsführer und nicht einen weisungsgebundenen Arbeitnehmer. Dass, wann, von wem und wie der Kläger hingegen angewiesen worden wäre, zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort einer bestimmten Tätigkeit nachzugehen, trägt er nicht vor, dass solcherlei Weisungen über ein gesellschaftsrechtliches Weisungsrecht hinausgehend derart seine Arbeitsleistung konkretisiert hätten, dass sich die Annahme einer arbeitsrechtlichen Weisungsunterworfenheit rechtfertigen ließe, ebenso wenig.

(3) Die Urlaubsregelung unter § 5 des Geschäftsführerdienstvertrages begründet kein wesentliches Indiz für die Annahme eines Arbeits- statt eines freien Dienstverhältnisses. Denn im Unterschied zu den prozessualen Regelungen zur Rechtswegbestimmung, die wie bereits aufgezeigt nationalstaatliches Recht ohne Bezug zu europarechtlichen Vorgaben sind, ist der Arbeitnehmerbegriff des § 2 BUrlG europarechtlich determiniert. Anders als für den Arbeitnehmerbegriff nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG sind für die Auslegung des § 2 BUrlG die vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten Grundsätze zum Arbeitnehmerbegriff (vgl. EuGH vom 17.03.2021 – C-585/19 [Academia de Studii Economice din Bucuresti], juris, Rz. 58 f.) heranzuziehen. Der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff beeinflusst nationales Recht mithin dort, wo unionsrechtliche Vorgaben für die Regelungsmaterie existieren (vgl. BAG vom 27.04.2021 – 2 AZR 540/20, juris, Rz. 23). Liegen die Voraussetzungen für eine Arbeitnehmereigenschaft nach nationalem Recht nicht vor, ist es danach nicht ausgeschlossen, diese Person als Arbeitnehmer im Sinne des Unionsrechts einzustufen und § 2 BUrlG richtlinienkonform auf diesen Personenkreis zu erstrecken. Dies betrifft unter anderem auch Fremd- und Minderheitsgeschäftsführer einer GmbH (vgl. EuGH vom 11.11.2010 – C-232/09 [Danosa], juris, Rz. 41 und insgesamt BAG vom 08.02.2022 – 9 AZB 40/21, juris, Rz. 20). Mithin besagt eine vertragliche Regelung, die – ggfs. auch nur vorsorglich – gegenüber dem Fremdgeschäftsführer Bezug auf das BUrlG und den Mindesturlaubsanspruch nimmt, nichts zur Einordnung des Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis nach nationalstaatlichem, deutschem Prozessrecht. Das gilt erst recht deshalb, weil von § 2 BUrlG auch arbeitnehmerähnliche Personen erfasst werden, die freie, aber wirtschaftlich abhängige Dienstnehmer und damit keine Arbeitnehmer im Sinne von § 611a BGB sind.

(4) Begründen die von dem Kläger angeführten Vertragsregelungen mithin zwar zu § 1 Ziffer 1 Satz 2 – jedoch nicht im Übrigen – die Annahme einer Teilabweichung von der Vertragstypik eines freien Geschäftsführerdienstvertrages, ergibt sich daraus gleichwohl weder in der Einzelbetrachtung noch in der Gesamtschau ein wesentliches Indiz für die Annahme des besagten „extremen Ausnahmefalls“ einer weisungsgebundenen Tätigkeit des Fremdgeschäftsführers als Arbeitnehmer (vgl. hierzu erneut BAG vom 08.02.2022 – 9 AZB 40/21, juris, Rz. 22; BAG vom 27.04.2021 – 2 AZR 540/20, juris, Rz. 20; BAG vom 11.06.2020 – 2 AZR 374/19, juris, Rz. 25). Hinzu kommt, dass der Kläger die vielfältigen anderen Regelungen seines Vertrages, die typisch für freie Geschäftsführerdienstverträge sind, in seiner Argumentation quasi vollkommen „unter den Tisch fallen lässt“. Das betrifft die Regelungen zu § 1 Ziffer 1 Satz 1, Ziffer 3, Ziffer 4, Ziffer 5, § 2, § 3 Ziffer 2 und 4 sowie § 4 Ziffer 4.

(5) Hinzu kommt wesentlich, dass der Kläger nur pauschal bzw. mit wenigen, für die immerhin über mehr 12 Monate reichende Tätigkeit erkennbar nicht prägenden E-Mails eine angebliche Weisungsunterworfenheit behauptet und zudem zu dem Gegenvorbringen der Beklagten und deren Vorlage des Anlagenkonvoluts B3 – 5 sowie B6 – 8 zum eigenständigen Ausspruch von Kündigungen, Freistellungen, dem Abschluss von Arbeits- und Aufhebungsverträgen nicht ebenso konkret Stellung bezieht. Die mit der Beschwerdebegründung wiederholte Pauschalbehauptung, keinerlei Weisungsrechte gegenüber Arbeitnehmern ausgeübt zu haben und selbst durchgehend weisungsgebunden tätig gewesen zu sein, ist mit dem substantiierten und durch Anlagen belegten Gegenvorbringen der Beklagten nicht in Einklang zu bringen und vermag damit keinen schlüssigen, substantiierten Vortrag zu ersetzen. Das Arbeitsgericht hat dies bereits zutreffend im Nichtabhilfebeschluss vom 17.02.2022 auf Seite 2 und 3 festgestellt, worauf die Beschwerdekammer ergänzend in entsprechender Anwendung des § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug nimmt. Der – wie zuvor bereits beschrieben – erforderliche extreme Ausnahmefall zur Begründung einer Abweichung von der Typik der Einordnung eines Geschäftsführeranstellungsvertrages als freies Dienstverhältnis kann damit nicht begründet werden. Dass und in welcher konkreten, über bloße Einzelfälle hinausgehenden Weise die Gesellschaft eine – über ihr gesellschaftsrechtliches Weisungsrecht hinausgehende – Weisungsbefugnis bezüglich der Umstände ausgeübt hat, unter denen der Geschäftsführer seine Leistung zu erbringen hat, und die konkreten Modalitäten der Leistungserbringung durch arbeitsbegleitende und verfahrensorientierte Weisungen bestimmen konnte (vgl. BAG vom 08.02.2022 – 9 AZB 40/21, juris, Rz. 22; BAG vom 21.01.2019 – 9 AZB 23/18, juris, Rz. 24), lässt sich dem Vorbringen des Klägers mangels hinreichender Substanz nicht entnehmen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Danach hat der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos betriebenen Beschwerdeverfahrens zu tragen.

IV.

Der Streitwert beträgt für das Beschwerdeverfahren nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer 1/3 des Hauptsachestreitwertes, beruhend auf den klägerseits gemachten Angaben. Der Hauptsachestreitwert beträgt danach 30.000,- EUR (Klageantrag 1: 3 Bruttogehälter; Klageantrag 2: ohne Wertansatz; Klageantrag 3: 1 Bruttogehalt). Daraus folgt die Wertfestsetzung in Höhe von 10.000,- EUR für das Beschwerdeverfahren.

V.

Die Rechtsbeschwerde wird mangels dies nach § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG rechtfertigender Gründe nicht zugelassen.

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