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Fristlose Kündigung Arbeitnehmer bei bewusst falschem Tatsachenvortrag im Prozess

Landesarbeitsgericht Nürnberg – Az.: 6 Sa 297/19 – Urteil vom 22.01.2020

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg – Kammer Aschaffenburg – vom 10.04.2019, Az.: 5 Ca 807/18, wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitgegenständlich ist die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlich ausgesprochenen Kündigung der Beklagten.

Der am … 1956 geborene, ledige Kläger war seit 26.04.2017 bei der Beklagten als Arbeitnehmer für Hausmeistertätigkeiten sowie Gartenarbeiten mit einem monatlichen Bruttoentgelt von 1.170,00 € bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 20,00 Stunden beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden. Mit Schreiben vom 09.08.2018, dem Kläger zugegangen am 10.08.2018, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächstzulässigen Termin.

In einem vorhergehenden Verfahren beim Arbeitsgericht Würzburg – Kammer Aschaffenburg – Az.: 5 Ca 711/18, in dem der Kläger die Feststellung begehrte, dass er nicht verpflichtet sei, Toilettenreinigungstätigkeiten zu verrichten, ließ der Kläger u.a. vortragen:

„Der Kläger wurde in der Vergangenheit überhälftig für Toilettenreinigungsarbeiten eingesetzt…“.

Diese Klageschrift wurde der Beklagten am 03.08.2018 zugestellt. Gegen die daraufhin ausgesprochene fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung hat der Kläger am 21.08.2018 das streitgegenständliche Verfahren eingeleitet.

Wegen der Anträge der Parteien und ihres näheren Vorbringens in dem erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand des Ersturteils verwiesen.

Mit Endurteil vom 10.04.2019 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Es hat im Wesentlichen ausgeführt, es sei ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Absatz 1 BGB für die streitgegenständliche außerordentliche Kündigung der Beklagten an sich gegeben. Der Kläger habe in dem von ihm angestrengten, beim Arbeitsgericht Würzburg – Kammer Aschaffenburg – unter dem Aktenzeichen 5 Ca 711/18 geführten Rechtsstreit, bei dem es um die Feststellung gegangen sei, dass er als gewerblicher Arbeitnehmer nicht mit Toilettenreinigungsarbeiten betraut werden dürfe, den genannten Sachvortrag vorgebracht. Diese Erklärung erweise sich nach Überzeugung des Arbeitsgerichts als unwahr. Bereits nach dem eigenen Vortrag des Klägers seien ihm aufgrund des Anfang des Jahres 2018 von der Beklagten gefertigten neuen Dienstplanes überwiegend Gebäudereinigungsarbeiten, schwerpunktmäßig Toilettenreinigungen, zugewiesen worden.

Diesen Vortrag habe der Kläger nochmals nach dem detaillierten Vortrag zu seiner Einteilung im Februar 2018 wiederholt. Dies stimme mit dem Vortrag der Beklagten überein, dass der Kläger bei der Firma F…, dem einzigen Objekt, in dem Toilettenreinigungsarbeiten auszuführen gewesen seien, auch andere Sanitärflächen und Nutzflächen zu reinigen gehabt habe.

Letzteres habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 10.04.2019 nochmals durch die Erklärung bestätigt, dass er bei der Firma F… fast nur Sanitärräume gereinigt habe und in einem Fall auch eine Teeküche zu reinigen gewesen wäre. Es sei daher sowohl nach dem Vortrag des Klägers als auch nach dem Vortrag der Beklagten ausgeschlossen, dass der Kläger in der Vergangenheit überhälftig mit Toilettenreinigungsarbeiten eingesetzt worden wäre.

Es sei auch davon auszugehen, dass der Kläger insoweit bewusst wahrheitswidrig habe vortragen lassen, weil er befürchtet habe, mit wahrheitsgemäßen Angaben den Prozess nicht gewinnen zu können. Dem Kläger sei es im Verfahren 5 Ca 711/18 gerade um die Feststellung gegangen, dass er nicht verpflichtet sei, Toilettenreinigungsarbeiten zu verrichten.

Auch aufgrund der erforderlichen umfassenden Interessenabwägung ergebe sich die sofortige Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Beklagte. Angesichts des bestätigten Vorwurfs gegenüber dem Kläger überwiege das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers im Verhältnis zu dem Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers. Bei der Interessenabwägung sei zugunsten der Beklagten auch die erst relativ kurze Dauer des Arbeitsverhältnisses, der Familienstand und das Nichtbestehen von Unterhaltspflichten des Klägers zu berücksichtigen. Für den Kläger spreche insoweit einzig sein Lebensalter, das die anderen Umstände jedoch nicht aufzuwiegen vermöge.

Auch die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Absatz 2 BGB sei vorliegend eingehalten. Die Beklagte habe von der streitgegenständlichen Erklärung des Klägers im Verfahren 5 Ca 711/18 durch Zustellung der Klageschrift am 03.08.2018 Kenntnis erlangt. Die Kündigung sei damit mit Zugang beim Kläger am 10.08.2018 innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung von den für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen erfolgt. Die Klage sei daher im Ergebnis abzuweisen gewesen.

Gegen das dem Kläger am 28.08.2019 zugestellte Urteil hat dieser am 09.09.2019 Berufung eingelegt und diese am 23.10.2019 begründet.

Der Kläger und Berufungskläger bringt vor, Anfang 2018 habe es einen neuen Dienstplan gegeben, mit dem dem Kläger neue Arbeitstätigkeiten zugewiesen worden seien.

Mit Schreiben vom 06.02.2018 habe der Kläger sich durch seine Prozessbevollmächtigten gegen diesen neuen Dienstplan gewehrt. Dieser weise Einsatzorte und Einsatzzeiten auf, die dazu führten, dass arbeitstäglich teilweise der Zeitraum zwischen der Beendigung des ersten Einsatzes und den Beginn des nächsten Einsatzes über neun Stunden betrage.

In diesem Zusammenhang habe der Kläger auch bereits darauf hingewiesen, dass er im Rahmen von Gebäudereinigungstätigkeiten schwerpunktmäßig Toiletten reinigen müsste. Diese Aussage des Klägers habe sich auf die Firma F… bezogen, nicht auf die gesamten Aufträge. Dies ergebe sich auch aus dem Gesamtzusammenhang. In diesem Zusammenhang müsse auch der Vortrag im Verfahren 5 Ca 711/18 gesehen werden, wonach der Kläger vortragen ließ, dass er „in der Vergangenheit überhälftig für Toilettenreinigungsarbeiten eingesetzt wurde“. Diese Aussage sei objektiv nicht falsch. Vielmehr müssten hier die gesamten zu leistenden Stunden betrachtet werden. Der Kläger sei laut Dienstplan von Februar 2018 für insgesamt 39 Stunden für Tätigkeiten eingeteilt worden, die nicht Toilettenreinigungen umfassten. Die Toilettenreinigungsarbeiten hätten bei der Firma F… mit insgesamt 40 Stunden im Februar stattgefunden. Bei diesem Unternehmen sei der Kläger zur Reinigung der Sanitärflächen eingeteilt worden. Es werde bestritten, dass der Kläger dort auch verpflichtet gewesen wäre, Nutzflächen zu reinigen. Hierbei sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger gemäß dem Arbeitsvertrag nicht verpflichtet gewesen sei, überhaupt Sanitärräume zu reinigen.

Für die Frage, ob der Kläger „überhälftig“ für die Toilettenreinigung eingesetzt wurde, könne es nicht auf die Frage ankommen, ob der Kläger die Arbeit auch tatsächlich geleistet habe. Denn entscheidend sei hier die Frage der Einteilung zur Arbeit durch den Arbeitgeber, auf die tatsächliche Durchführung könne es daher nicht ankommen.

Zu Unrecht gehe das Arbeitsgericht davon aus, dass hier ein Sachverhalt vorliege, der geeignet sei, einen Kündigungsgrund zu bilden. Dieser wichtige Grund liege hier nicht vor, denn dem Kläger könne hier weder ein versuchter Prozessbetrug vorgeworfen werden noch könne es ihm vorgeworfen werden, falsche Erklärungen abgegeben zu haben. Seine Angabe sei nicht unwahr, denn der Kläger sei tatsächlich überhälftig für Toilettenreinigungsarbeiten eingesetzt gewesen.

Demnach sei der Kläger vom 01. bis 28.02.2018 für 40 Stunden bei der Firma F… mit Gebäudereinigungstätigkeiten, schwerpunktmäßig mit Toilettenreinigungen, eingeplant gewesen. In den anderen Firmen sei er insgesamt für 39 Stunden eingeplant gewesen. Da 40 Stunden mehr als 39 Stunden seien, sei hier das Wort „überhälftig“ verwendet worden.

Zudem sei die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Absatz 2 BGB nicht eingehalten worden. Denn der Kläger habe sich bereits mit Schreiben vom 06.02.2018 gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten dahingehend geäußert, dass er „schwerpunktmäßig“ Toiletten reinigen müsste. Hier habe sich die Darstellung ausdrücklich auf einen Teil der zu leistenden Tätigkeit bezogen. Demnach sei der Beklagten zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt gewesen, wie der Kläger das anteilige Verhältnis der Toilettenreinigungsarbeit beurteile. Aus diesem Grund habe die Beklagte nicht erst am 10.08.2019 von der streitgegenständlichen Erklärung des Klägers Kenntnis erlangt, vielmehr stelle dies nur eine Wiederholung dessen dar, was zuvor bereits geäußert worden sei. Da diese Tatsachen der Beklagten bereits im Februar 2018 bekannt gewesen seien, sei die Zwei-Wochen-Frist für die Kündigung nicht eingehalten. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Wortlaut nicht genau deckungsgleich sei, denn inhaltliche Abweichungen lägen gerade nicht vor. Auch die hilfsweise ordentliche Kündigung sei nicht wirksam. Sie sei nicht sozial gerechtfertigt und es fehle am Vorliegen eines Kündigungsgrundes. Der Weiterbeschäftigungsantrag sei begründet, denn der Kläger sei leistungsbereit, leistungswillig und arbeitsfähig.

Der Kläger und Berufungskläger stellt folgende Anträge:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Würzburg – Kammer Aschaffenburg – vom 10.04.2019, Az. 5 Ca 807/18, zugestellt am 28.08.2019, wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung noch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 09.08.2018 beendet wird.

3. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht.

4. Im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. und/oder zu 2. wird die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen für Hausmeistertätigkeiten sowie Gartenarbeiten zu beschäftigen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt:

1. Die Berufung wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreites.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie bringt vor, zur Verschleierung seines versuchten Prozessbetruges lasse der Kläger in der Berufungsbegründung nunmehr vortragen, dass sich die Aussage des Klägers auf die Firma F… und nicht die gesamten Aufträge bezogen hätte. Diese Behauptung sei frei erfunden und damit falsch. Dass die Behauptung, der Kläger sei „in der Vergangenheit“ überhälftig für Toilettenreinigungstätigkeiten eingesetzt worden, schlicht falsch sei, hätte sich an und für sich auch der Prozessbevollmächtigten des Klägers erschließen müssen. Dass diese gleichwohl unzutreffend vortrage, sei nach Ansicht der Beklagten mit der Wahrnehmung berechtigter Interessen nicht mehr vereinbar. Dass sich die in der Klageschrift aufgestellte Behauptung auf Tätigkeiten des Klägers in der Vergangenheit bezogen habe, ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der streitgegenständlichen Erklärung. In diesem Zusammenhang sei in Erinnerung zu bringen, dass der Kläger unstreitig ab dem 09.02.2018 durchgängig arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Zuvor sei er aufgrund des ihm mit Schreiben vom 23.01.2018 übersandten Dienstplanes, der ab dem 29.01.2018 galt, unter anderem bei der Firma F… für Unterhaltsreinigungen eingeteilt worden. Auch vor diesem Hintergrund werde die Absurdität des Vorbringens des Klägers mehr als deutlich, dies umso mehr, als bei der Firma F… nicht ausschließlich Toiletten zu reinigen gewesen seien; vielmehr seien neben den Sanitärflächen auch Nutzflächen, wie Büros, Lagerflächen, Archive, Werkstätten, Verkehrsflächen, wie Flure und Treppenhäuser, und auch Teeküchen zu reinigen gewesen.

Das Verhältnis der Reinigungszeiten von Sanitärflächen zu Nicht-Sanitärflächen habe sich bei der Firma F… auf 29,83 zu 70,17 belaufen. Das bedeute, dass weniger als ein Drittel der zu reinigenden Flächen Sanitärflächen waren, gemessen an der Gesamtfläche. Tatsächlich habe der Kläger bestenfalls 10 Prozent der bei der Firma F… angefallenen Arbeitszeit und damit nur maximal 5 Prozent der von ihm geschuldeten wöchentlichen Arbeitszeit mit Toilettenreinigungsarbeiten zugebracht.

Hierbei sei auch noch zu erwähnen, dass die Toilettenreinigungsarbeiten nicht ausschließlich in der Reinigung von Toilettenschüsseln und Urinalen bestanden habe, sondern u.a. auch in der Reinigung von Wand- und Bodenfließen, Heizkörpern, Trennwänden, Spiegeln, Ablagen und Waschbecken.

Der Kläger habe damit faktisch eingeräumt, dass seine in der Klageschrift aufgestellte Behauptung, er sei in der Vergangenheit überhälftig mit Toilettenreinigungsarbeiten beschäftigt gewesen, falsch gewesen ist. Wenn der Kläger in der Berufungsbegründung nunmehr versuche, den Anschein zu erwecken, als sei er auf der Grundlage des Dienstplanes für insgesamt 40 Stunden mit der Durchführung von Toilettenreinigungsarbeiten befasst gewesen, sei dies wiederum der bewusste und zielgerichtete Versuch einer Irreführung des Gerichts.

Abwegig sei es, wenn die Prozessbevollmächtigte des Klägers allen Ernstes vortrage, es käme für die Frage, ob der Kläger überhälftig für Toilettenreinigungsarbeiten eingesetzt wurde, nicht entscheidend darauf an, ob der Kläger die Arbeiten auch tatsächlich geleistet habe, vielmehr entscheidend sein solle, für welche Arbeiten der Kläger eingeteilt worden wäre.

Es treffe zwar zu, dass in einem außergerichtlichen Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 06.02.2018 die Rede davon gewesen sei, dass der Kläger „schwerpunktmäßig“ Toiletten reinigen müsse. Diesseits werde allerdings davon ausgegangen, dass selbst dem Kläger der Unterschied bekannt sein dürfte, zwischen „schwerpunktmäßig“ und „überhälftig“. Insofern habe es sich auch nicht um eine bloße Wiederholung gehandelt. Auch sei die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Absatz 2 BGB nicht bereits abgelaufen gewesen.

Der Kläger habe in der Klageschrift objektiv falsch behauptet, er sei in der Vergangenheit überhälftig für Toilettenreinigungsarbeiten eingesetzt gewesen. Diese Behauptung habe er aufgestellt, weil er ansonsten den von ihm angestrengten Prozess nicht hätte zu seinen Gunsten entscheiden lassen können. Insofern liege nicht nur ein versuchter Prozessbetrug, sondern auch eine massive Verletzung des Rücksichtnahmegebotes vor.

Diese hat das Vertrauensverhältnis, das für die weitere Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unabdingbar gewesen wäre, nachhaltig zerstört. Demgegenüber trete das Interesse, das der Kläger an der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses haben könnte, soweit zurück, dass es schlicht unbeachtlich sei.

Entgegen der anderslautenden Behauptung des Klägers sei die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung selbstverständlich sozial gerechtfertigt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt, insbesondere auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen (§§ 46 Abs. 2 ArbGG, 313 Abs. 2 ZPO).

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 b, 2 c ArbGG) und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung ist in der Sache nicht begründet.

Zu dem Vorbringen im Berufungsverfahren ist auszuführen, dass es keineswegs darauf ankommt, welcher Inhalt und Sinn dem Schreiben des Klägers vom 06.02.2018 zukommt.

Entscheidend ist, was der Kläger gegenüber dem Arbeitsgericht vortragen ließ, um eine für ihn günstige Entscheidung des Gerichts zu erlangen, wie schon das Wort Prozessbetrug zeigt. Danach kommt es allein darauf an, was der Kläger gegenüber dem Gericht vorbringen ließ, nämlich „überhälftig Toilettenreinigungstätigkeit“.

Diese Angabe entspricht auch nach Überzeugung des Berufungsgerichts nicht der Wahrheit. Die Angabe „Der Kläger wurde in der Vergangenheit überhälftig für Toilettenreinigungstätigkeiten eingesetzt…“ legt nahe, dass der Kläger behaupten will, dass er in der Vergangenheit überhälftig Toilettenreinigungstätigkeiten tatsächlich hätte erbringen müssen. Den Wahrheitsgehalt einer solchen Aussage hat der Kläger aber in keiner Weise belegt. Eine solche Tätigkeit hätte allenfalls in der Zeit vom 29.01. bis 09.02.2018 (aufgrund des neuen Dienstplanes) nach dem Vorbringen des Klägers anfallen können. Dafür, dass der Kläger in dieser Zeit überhälftig Toilettenreinigungstätigkeiten erbracht hätte, hat der Kläger aber nichts vorgebracht, er hat sich zu seinen ausgeführten Tätigkeiten in dieser Zeit nicht im Einzelnen geäußert.

Soweit der Kläger seine Angabe dahingehend verstanden wissen will, dass er nach dem neuen Dienstplan (insbesondere für Februar 2018) überhälftig zu Toilettenreinigungstätigkeiten eingeteilt werden sollte, so ist auch dies schon nach den Angaben des Klägers unzutreffend und unwahr. Denn nach seinen eigenen Angaben sollten Toilettenreinigungstätigkeiten nur bei der Firma F… zu erledigen sein. Nach dem Dienstplan für den Februar 2018 war er dort mit 40 Stunden eingeteilt und bei anderen Firmen mit anderen Tätigkeiten für 39 Stunden. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht selbst eingeräumt hat, dass er bei der Firma F… fast nur Sanitärräume gereinigt habe, in einem Teil sei auch eine Teeküche zu reinigen gewesen. Daraus ergibt sich aber schon, dass der Kläger nicht überhälftig zu Toilettenreinigungstätigkeiten eingesetzt werden sollte.

Dass der Kläger auch tatsächlich vortragen wollte, dass er mit über der Hälfte seiner Arbeitszeit mit Toilettenreinigungstätigkeiten eingesetzt wäre, zeigt auch die Begründung der Klage, dass eine gerichtliche Klärung notwendig wäre, weil er nach seiner Wiedergenesung befürchten müsse, wieder überwiegend Toilettenreinigungstätigkeiten zugewiesen zu bekommen.

Solches würde erst recht gelten müssen, wenn unter dem Begriff der Toilettenreinigungstätigkeiten nicht generell die Reinigung von Sanitärräumen zu verstehen wäre. Erst recht nach den Angaben der Beklagten ergibt sich keine solche überhälftige Tätigkeit des Klägers.

Der Arbeitnehmer verletzt massiv eine nebenvertragliche Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis, § 241 Absatz 2 BGB, wenn er im Rechtsstreit gegenüber seinem Arbeitgeber bewusst wahrheitswidrig vorträgt, weil er befürchtet, durch wahrheitsgemäße Angaben einen Anspruch nicht durchsetzen zu können. Es ist zwar zu beachten, dass nicht jede objektiv wahrheitswidrige Erklärung einer Partei in einem Rechtsstreit von vorneherein dahingehend zu bewerten ist, dass ein Vertragspartner sich damit auf unredliche Weise auf Kosten des anderen Vertragspartners rechtliche Vorteile verschaffen will. Hierzu gehört auch noch, dass die objektiv wahrheitswidrige Erklärung auch von dem Bewusstsein getragen ist, dass mit ihr das Gericht zu einer positiven Entscheidung zugunsten des Erklärenden bewegt werden kann. Vorliegend lautete der Arbeitsvertrag auf Hausmeistertätigkeiten sowie Gartenarbeiten (Ziffer 1.1), wobei der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen konnte (Ziffer 6). Mit seiner Klage wandte sich der Kläger gegen die Anordnung unter anderem von reinen Toilettenreinigungstätigkeiten und hat bewusst unwahr vorgetragen, um bei Gericht den Eindruck zu erwecken, dass solches weder vertragsgemäß ist noch billigem Ermessen entsprechen könne.

Die vorsätzlich unwahre Sachverhaltsdarstellung in einem gerichtlichen Verfahren rechtfertigt regelmäßig die außerordentliche Kündigung, da dies das notwendige Vertrauensverhältnis erheblich stört und der Erklärende nicht davon ausgehen kann, dass die Gegenseite solches hinnehmen würde.

Für die Durchführung der Einzelabwägung wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Urteil (Seite 7) Bezug genommen. Die Interessen des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nicht weiter fortsetzen zu müssen überwiegen in der Abwägung das Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses.

Dabei wurde zugunsten des Klägers sein Alter berücksichtigt. Andererseits ist das Vertrauensverhältnis der Parteien durch das Verhalten des Klägers zumindest schwer gestört, das Arbeitsverhältnis hatte noch keinen besonders langen Bestand (erst 16 Monate) und die Aussichten des Klägers auf dem Arbeitsmarkt in der Gebäudereinigung bzw. als Hausmeister können nicht als besonders schlecht bezeichnet werden.

Danach bleibt die Fortführung des Arbeitsverhältnisses für die Beklagte unzumutbar.

Die Beklagte hat auch die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Absatz 2 BGB eingehalten. Nach obigen Ausführungen ist ausschlaggebend die unwahre Tatsachenbehauptung im Prozess, um möglichst eine günstige Entscheidung des Gerichts zu erlangen.

Von den unwahren Angaben im Prozess hat die Beklagte durch Zustellung der Klage am 03.08.2018 erfahren. Die Kündigung ist dem Kläger am 10.08.2018 zugegangen und damit innerhalb der 2-Wochen-Frist.

Nach alldem hat das Arbeitsgericht zutreffend die außerordentliche Kündigung für wirksam erachtet und die Klage abgewiesen, womit auch die Berufung zurückzuweisen ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 72 Abs. 2 ArbGG).

 

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