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Fristlose Kündigung bei Arbeitsverweigerung nach Versetzung

ArbG Stuttgart – Az.: 21 Ca 7336/18 – Urteil vom 18.04.2019

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 4.11.2018 nicht beendet worden ist, sondern bis 31.12.2018 fortbestand.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.447 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Arbeitgeberkündigung vom 04.12.2018.

Die klagende Partei war bei der Beklagten nach einem Betriebsübergang seit 02.04.2012 als Reinigungskraft in der Innenreinigung … Sindelfingen beschäftigt. Die Beklagte in der Rechtsform einer GmbH betrieb bei der Firma … AG in Sindelfingen im Rahmen eines Werkvertrages die Innenreinigung sowie die Reinigung der Spülküche. Bei der Beklagten ist ein Betriebsrat gebildet. Die klagende Partei war zu einem Stundenlohn von 10,30 € mit einer wöchentlichen Stundenzahl von 35 beschäftigt.

Aufgrund eines von der Beklagten vorgetragenen Endes des Werkvertrages der Innenreinigung sowie der Spülküchenreinigung zum 31.10.2018 informierte die Beklagte die klagende Partei mit Schreiben vom 04.10.2018. Dieses Schreiben enthält unter anderem folgende Passagen:

„Unser Auftrag für die Unterhaltsreinigung im Werk Sindelfingen wird am 31.10.2018 enden. Wir werden unseren Reinigungsstandort in Sindelfingen dann vollständig schließen.

Dies ist der aktuelle Sachstand. Über die wesentlichen weiteren Entwicklungen werden wir Sie zu späterer Zeit informieren. Ihre Arbeitsleistung haben Sie weiterhin uneingeschränkt bis zum 31.10.2018 zu erbringen, es sei denn ihr Arbeitsverhältnis endet vorher.

Bitte überlegen Sie sich, wie es spätestens ab dem 1. November 2018 für sie weitergeht. Eventuell sprechen Sie mit „…“ über eine dortige Weiterarbeit. Sie können sich für weitere Fragen auch an den Betriebsrat wenden.

Mit Einladungsschreiben Ende Oktober 2018 wies die Beklagte die klagende Partei zur Teilnahme an der Mitarbeiterversammlung am Montag, 05.11.2018 in der Niederlassung … an. Dabei teilt die Beklagte mit, dass die klagende Partei zu einem „Arbeitseinsatz für die Abwicklungsarbeiten und Ähnliches ab November 2018 und bis auf weiteres“ eingesetzt werde. Grundlage hierfür sei das über den 31.10.2018 hinaus fortbestehende Arbeitsverhältnis. Näheres zum Arbeitseinsatz der klagenden Partei im November 2018 werde die Beklagte zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben.

Die klagende Partei nahm an der Mitarbeiterversammlung am Montag, 05.11.2018 nicht teil.

Mit Schreiben vom 06.11.2018 mahnte die Beklagte die klagende Partei wegen der Nichtteilnahme an der Mitarbeiterversammlung am 05.11.2018 ab. Gleichzeitig fordert sie die klagende Partei auf, ihre Arbeitsleistung am Freitag, 09.11.2018 ab 11:00 Uhr in der Niederlassung in Ehingen im …, zu erbringen. Dort sei die klagende Partei für Abwicklungsarbeiten zur Beendigung des … AG Auftrags sowie für einen Arbeitseinsatz in der Folgezeit anzuweisen. Für den Fall, dass die klagende Partei dieser ausdrücklichen Arbeitsaufforderung ohne Rechtsgrund nicht nachkomme behalte sich die Beklagte Personalmaßnahmen wegen Arbeitsverweigerung vor.

Die klagende Partei erschien nicht am 09.11.2018 zu Aufräumungsarbeiten in Ehningen.

Mit weiteren Schreiben der Beklagten vom 14.11.2018 forderte die Beklagte die klagende Partei zur Arbeitsleistung auf. Dies Schreiben enthält unter anderem folgende Passagen:

… Für uns dauern die Rest- und Abwicklungsarbeiten zu unserem beendeten Reinigungsauftrag mit der … AG Werk Sindelfingen an. In diesem Rahmen benötigen wir ihre Arbeitsleistung für Aufräum- bzw. Inventurarbeiten. Wir ordnen Kraft unseres Arbeitgeberweisungsrechts deshalb hiermit an, dass Sie ihre Arbeitsleistung bei uns erbringen am Freitag, den 23.11.2018 ab 9:00 Uhr. Finden Sie sich dafür an diesem Freitag in unserer Niederlassung in 71139 Ehningen, Im Letten 28/1 ein.

Die klagende Partei erschien nicht zum Arbeitseinsatz am 23.11.2018 in Ehningen.

Daraufhin hörte die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat mit Anhörungsschreiben vom 30.11.2018 an. Dieses Schreiben erhielt der Betriebsrat am 30.11.2018. Der Betriebsrat reagierte insoweit nicht.

Fristlose Kündigung bei Arbeitsverweigerung nach Versetzung
(Symbolfoto: fizkes/Shutterstock.com)

Zuvor kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich betriebsbedingt mit Kündigung vom 29.11.2018 zum 31.12.2018. Diese Kündigung hat die klagende Partei nicht innerhalb der Dreiwochenfrist des § 4 KSchG angegriffen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Arbeitsverhältnis spätestens durch die ordentliche betriebsbedingte Kündigung zum 31.12.2018 geendet hat.

Mit Schreiben vom 04.12.2018, der klagenden Partei zugegangen am 05.12.2018, kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos aus wichtigem Grund. Hiergegen erhob die klagende Partei mit Schreiben vom 18.12.2018 Kündigungsschutzklage, eingegangen beim Arbeitsgericht am 19.12.2018.

Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht Stuttgart gab die Beklagte am 18.12.2018 zu Protokoll, „die („Abwicklungs-„)-Arbeiten sind bereits im November 2018 abgeschlossen worden. Ein weiterer Einsatz ist nicht geplant.“

Die klagende Partei ist der Ansicht, ein wichtiger Grund zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehe nicht. Das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten habe bei Zugang der außerordentlichen fristlosen Kündigung noch bestanden, ein Betriebsübergang auf einen anderen konkreten Erwerber liege nicht vor und werde bestritten, dementsprechende Tatsachen seien von der Beklagten nicht vorgetragen. Die lediglich pauschale Behauptung der Beklagten, dass nach ihrer Meinung ein Betriebsübergang auf die Firma … vorliege, könne ohne eine konkrete Anzahl der Arbeitsverhältnisse, die im Zeitpunkt des Betriebsübergangs am 01.11.2018 noch bestanden hätten und damit übergegangen seien, nicht begründet werden.

Ein wichtiger Grund sei nicht gegeben, die klagende Partei habe keinen Pflichtverstoß begangen. Eine beharrliche Arbeitsverweigerung liege nicht vor. Zum einen werde bestritten, dass Anfang November 2018 bei der Beklagten noch notwendige Abwicklungsarbeiten angefallen seien, zum anderen sei die klagende Partei nicht verpflichtet gewesen, eine Tätigkeit in Ehningen nachzukommen. Bei dem zwischen der klagenden Partei und der Beklagten geschlossenen Arbeitsvertrag handele es sich um ein objektbezogenes Arbeitsverhältnis bezüglich des Objekts … AG. Die vorgesehene Tätigkeit in der Niederlassung Ehningen beinhalte somit eine Versetzung, die eine entsprechende Beteiligung des bei der Beklagten bestehenden Betriebsrats nach § 99 BetrVG vorausgesetzt hätte. Da der Betriebsrat insoweit nicht beteiligt worden sei, sei diese Versetzung unwirksam.

Unabhängig davon habe die klagende Partei auf das Schreiben der Beklagten vom 04.10.2018 dies so verstehen dürfen, dass ihr damit keine Steine in den Weg gelegt werden, ein Anschlussarbeitsverhältnis ab 01.11.2018 mit den nachfolgenden Reinigungsdienstleistern einzugehen. Die klagende Partei habe die Kernaussage des Schreibens vom 04.10.2018 nur dahingehend verstehen können, dass sie mit Ablauf des 31.10.2018 von der Erbringung ihre Arbeitsleistung gegenüber der Beklagten freigestellt werde. Deshalb habe sich die klagende Partei auch um eine weitere Beschäftigungsmöglichkeit für die Zeit nach dem 31.10.2018 bemüht, was die Beklagte offensichtlich auch vermutet habe. Auch habe die Beklagte über den 31.10.2018 die Dienste der klagenden Partei offensichtlich nicht wirklich benötigt. Die angeblich noch erforderlichen Abwicklungsarbeiten seien auch ohne Zutun der klagenden Partei und weiteren zahlreichen Mitarbeitern in Ehningen noch im November abgeschlossen gewesen. Jedenfalls zum Zeitpunkt der hier streitgegenständlichen Kündigung habe die Beklagte die Dienste der klagenden Partei nicht mehr benötigt, weshalb von einer beharrlichen Arbeitsverweigerung nicht ausgegangen werden könne. Zumindest liege ein widersprüchliches Verhalten der Beklagten vor, so dass auch der Ausspruch der außerordentlichen Kündigung als treuwidriges Verhalten zu qualifizieren wäre. Mangels Pflichtverstoß der Tätigkeit in Ehningen seien auch die Abmahnungen nicht wirksam erteilt.

Die klagende Partei beantragt zuletzt unter Klagerücknahme im übrigen:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 04.12.2018 nicht beendet wird.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte war zunächst der Ansicht, zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung habe bereits kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden, da dieses am 01.11.2018 auf einen Betriebserwerber, die Firma … & Co. KG, Böblingen, übergegangen sei. Zuletzt hat die Beklagte diesen Vortrag nicht mehr aufrechterhalten und im Kammertermin erklärt, konkrete Anhaltspunkte für einen Betriebsübergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers lägen nicht vor.

Die Beklagte ist weiter der Ansicht, sollte ein Betriebsübergang nicht stattgefunden haben, dass ein wichtiger Grund zur außerordentlichen fristlosen Kündigung im Sinne § 626 BGB vorliege. Die klagende Partei sei verpflichtet gewesen, während des bestehenden Arbeitsverhältnisses ihre Arbeitsleistung in Ehningen anzubieten. Trotz Abmahnung und wiederholter Aufforderung habe die klagende Partei gegen ihre Verpflichtung verstoßen, ihre Arbeitsleistung zu erbringen. Die Beklagte habe auch einen Arbeitsbedarf für die klagende Partei in Ehningen gehabt. Die aus dem … Werk Sindelfingen verbrachten zahlreichen Reinigungsgeräte, unter anderem ca. 300 Reinigungswagen, hätten sortiert, gesichtet, gereinigt und neu bestückt werden müssen. Die klagende Partei sei aufgrund ihrer arbeitsvertraglichen Versetzungsklausel im Rahmen des Weisungsrechts auch verpflichtet gewesen, Abwicklungsarbeiten in der Niederlassung Ehningen zu erbringen.

Die Beklagte ist der Meinung, eine zustimmungspflichtige Versetzung im Sinne § 99 BetrVG habe nicht vorgelegen. Die Beklagte habe im Einladungsschreiben ausdrücklich drauf hingewiesen, dass es sich um einen „Arbeitseinsatz ab November 2018 und bis auf weiteres“, d.h. zeitlich begrenzt gewesen. Der Arbeitseinsatz für die notwendigen Abwicklungsarbeiten habe den Monat November nicht überschritten, somit liege keine Versetzung im Sinne § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG vor. Die Beklagte habe die klagende Partei mit ihrer Arbeitsaufforderung auch nicht dazu angehalten, über den November 2018 hinaus Arbeit zu leisten. Trotz Nichterscheinens einiger Reinigungskräfte, wie dem Kläger, sei es der Beklagten gelungen, die Abwicklungsarbeiten noch im November 2018 abzuschließen.

Insgesamt ist die Beklagte der Ansicht, ein wichtiger Grund sei für die außerordentliche fristlose Kündigung gegeben aufgrund der beharrlichen Arbeitsverweigerung der klagenden Partei. Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten bedürfe das Vorliegen eines zu einer solchen Kündigung berechtigenden Grundes der beharrlichen Arbeitsverweigerung keiner späteren weiteren Arbeitsgelegenheit.

Dem stehe auch nicht das Prognoseprinzip entgegen. Zwar seien die Aufräumarbeiten, die Grundlage des Arbeitseinsatzes im November gewesen seien, bereits abgeschlossen gewesen, doch habe zum damaligen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden können, dass es weitere Arbeiten im Laufe des Dezembers innerhalb einer Unterhaltsreinigung hätte geben können. Die Beklagte habe im Großraum Stuttgart, wenn auch im begrenzten Angebot, weitere Standorte zur Unterhaltsreinigung, die auch im Interessenausgleich Berücksichtigung gefunden hätten. Danach habe Anfang Dezember nicht ausgeschlossen werden können, dass aufgrund Arbeitsausfalls kurzfristig Bedarf an Reinigungskräften an diesen Standorten habe auftreten können. Insoweit wird auf den Vortrag im Schriftsatz vom 08.04.2019 (Aktenblatt 103) Bezug genommen.

Eine Unzumutbarkeit einer Fortsetzung des Arbeitsvertragsverhältnisses für die Beklagte über den 05.12.2018 hinaus folge insbesondere daraus, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs am 05.12.2018 mangels Klagefristablaufs für die ordentliche betriebsbedingte Kündigung vom 29.11.2018 nicht habe absehen können, ob das klägerische Arbeitsvertragsverhältnis tatsächlich und jedenfalls bereits am 31.12.2018 enden würde. Es schieden deshalb Überlegungen aus, dass es der Beklagten in finanzieller Hinsicht zumutbar gewesen sein könnte, ohne Pflicht zu einer Annahmeverzugsvergütung das Ende des klägerischen Arbeitsvertragsverhältnisses am 31.12.2018 abzuwarten.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Betriebsratsanhörung sei ordnungsgemäß erfolgt. Insoweit wird bezüglich der Einzelheiten auf die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 13.03.2019 Bezug genommen.

Schließlich sei die Beklagte in der Betriebsratsanhörung vom 30.11.2018 rechtlich nicht gehalten gewesen, dem Betriebsrat mitzuteilen, dass für den Kläger nach dem 30.11.2018 möglicherweise keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei der Beklagten mehr bestanden habe. Die Beklagte habe die ordentliche fristgerechte Kündigung aus betriebsbedingten Gründen gegenüber dem Kläger erst am 29.11.2018 ausgesprochen. Zum Zeitpunkt der Betriebsratsanhörung am Folgetag sei nicht einmal ersichtlich gewesen, ob das klägerische Arbeitsverhältnis gemäß dieser ordentlichen Kündigung jedenfalls mit Ablauf des 31.12.2018 zu einem Ende kommen würde, da die 3-wöchige Klagefrist noch gar nicht abgelaufen gewesen sei. Deshalb habe die Beklagte am 30.11.2018 nicht absehen können, ob eine etwaige Klage gegen die ordentliche Kündigung zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 31.12.2018 hinaus geführt, und deshalb Annahmeverzugsvergütung Ansprüche gedroht hätten.

Es sei auch nicht ersichtlich, dass eine Mitteilung über eine möglicherweise nicht bestehende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit Bedeutung für eine Ermöglichung der Einflussnahme des Betriebsrats auf die Willensbildung bei der Beklagten gehabt habe.

Bezüglich des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der Kammerverhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Die außerordentliche fristlose Kündigung hat das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit Zugang 05.12.2018 aufgelöst.

A. Zulässigkeit

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist vorliegend gegeben. Es handelt sich bei dem Klageantrag um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über das Bestehen bzw. Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses, § 2 Abs. 1 Nummer 3b ArbGG. Das angerufene Arbeitsgericht ist auch örtlich zur Entscheidung des Rechtsstreits berufen. Die Beklagte hat eine Niederlassung in Stuttgart und damit im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Arbeitsgerichts Stuttgart, § 46 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit § 21 ZPO.

Die Feststellungsklage ist zulässig, das Feststellungsinteresse ergibt sich aus §§ 4, 7, 13 KSchG aufgrund der drohenden Präklusion der Kündigung.

B: Begründetheit

I.

Die Kündigungsschutzklage gegen die außerordentliche fristlose Kündigung vom 04.01.2013 ist begründet, die Kündigung löst das zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bestehende (unten zu 1.) Arbeitsverhältnis nicht aus wichtigem Grund fristlos auf, § 626 BGB, unten zu 3.). Die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat keinen Kündigungsgrund schlüssig dargelegt, die Kündigung verstößt gegen § 626 BGB. Die Kündigung ist auch nicht bereits gemäß § 4, 13 KSchG präkludiert, unten zu 2.)

1.) Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bestand zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die erkennende Kammer anschließt, ist eine Kündigungsschutzklage unbegründet, wenn zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung der Kündigende bisherige Arbeitgeber nicht mehr Arbeitgeber ist. Ein Erfolg im Kündigungsschutzprozeß setzt nach der punktuellen Streitgegenstandstheorie voraus, dass zum Zeitpunkt der Kündigung ein Arbeitsverhältnis besteht (BAG, Urteil vom 15.12.2005 -8 AZR 202/05). Die Kündigung eines Betriebsveräußerers nach Betriebsübergang geht damit mangels bestehendem Arbeitsverhältnis ins Leere, eine gleichwohl erhobene Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung ist dann unbegründet.

Für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ist grundsätzlich der klagende Arbeitnehmer darlegungs- und beweisbelastet.

Vorliegend bestand unstreitig zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bis 31.10.2018. Dieses war auch nicht gekündigt, sondern bestand fort. Danach hätte die Beklagte im Rahmen einer Einwendung unter Beweisantritt schlüssig darlegen müssen, dass ein Betriebsübergang zu einem konkreten Zeitpunkt vor Zugang der Kündigung auf einen anderen konkreten Erwerber erfolgt ist. Diesen Vortrag hat die Beklagte nicht gehalten. Sie hat vielmehr selbst eingeräumt, dass im Bereich der Innenreinigung ihr Tatsachen fehlen, die einen Betriebsübergang im Sinne der Rechtsprechung auf die Firma … begründen.

2) Die Kündigung ist nicht bereits gemäß §§ 4, 13, KSchG präkludiert. Die klagende Partei hat die Kündigungsschutzklage innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der außerordentlichen fristlosen Kündigung erhoben. Die Kündigung ging der klagenden Partei am 05.12.2018 zu, die Klage ist am 19.12.2018 beim Arbeitsgericht eingegangen, somit innerhalb der Frist des § 4 KSchG.

3.) Die Kündigung verstößt gegen § 626 Abs. 1 BGB da ein wichtiger Grund im Sinne des Gesetzes nicht vorliegt.

Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. (zuletzt: BAG 25.10.2012 – 2 AZR 700/11, BAG Urteil vom 29.06.2017 – 2 AZR 302/16)

a) Danach ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht (BAG 9. Juni 2011 – 2 AZR 323/10 – Rn. 14; 10. Juni 2010 – 2 AZR 541/09 – Rn. 16).

b) Bei der Prüfung des Kündigungsgrundes „an sich“ bedarf es einer Pflichtverletzung des Arbeitnehmers. Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt jedoch – ebenso wie für das das ganze Kündigungsrecht prägende- das Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht eine Sanktion für eine begangene Vertragspflichtverletzung, sondern die Vermeidung des Risikos weiterer erheblicher Pflichtverletzungen. Die vergangene Pflichtverletzung muss sich deshalb noch in der Zukunft belastend auswirken (BAG, Urteil vom 12.01.2006 – 2 AZR 21/05; BAG Urteil vom 13.12.2007 – 2 AZR 816/06, Rz. 38) Danach liegt eine negative Prognose nur dann vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer würde auch zukünftig den Arbeitsvertrag nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen (BAG, Urteil vom 19.04.2007 – 2 AZR 180/06;). Die außerordentliche Kündigung kann daher nur auf Gründe gestützt werden, die sich – beurteilt nach dem Zeitpunkt des Kündigungszugangs – künftig konkret nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken können. Zurückliegende Ereignisse, die das Arbeitsverhältnis nicht mehr belasten, sind auch unerheblich, wenn sie zunächst schwerwiegend waren (Erfk/Niemann, 19. Aufl. 2019, BGB § 626 Rn. 19).

c) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (BAG 9. Juni 2011 – 2 AZR 323/10 – Rn. 26; 10. Juni 2010 – 2 AZR 541/09 – Rn. 34). Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zuzumuten ist oder nicht, nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (BAG 9. Juni 2011 – 2 AZR 323/10 – Rn. 27, aaO; 10. Juni 2010 – 2 AZR 541/09 – aaO). Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (BAG 9. Juni 2011 – 2 AZR 323/10 – aaO; 16. Dezember 2010 – 2 AZR 485/08 – Rn. 24).

Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (BAG 9. Juni 2011 – 2 AZR 284/10 – Rn. 35,; 10. Juni 2010 – 2 AZR 541/09 – Rn. 36). Einer entsprechenden Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 iVm. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes demnach nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (BAG 9. Juni 2011 – 2 AZR 284/10 – aaO; 9. Juni 2011 – 2 AZR 381/10 – Rn. 18,). Dies gilt grundsätzlich auch bei Störungen im Vertrauensbereich (BAG 9. Juni 2011 – 2 AZR 381/10 – aaO; 12. Mai 2010 – 2 AZR 845/08 – Rn. 29).

d) Unter Berücksichtigung dieser aufgestellten Rechtsgrundsätze hat die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte keinen wichtigen Grund für die außerordentliche fristlose Kündigung dargelegt. Im Übrigen ergibt die Interessenabwägung im Einzelfall dass es ihr zumutbar gewesen wäre, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist aufrechtzuerhalten.

Die klagende Partei hat nicht gegen ihre arbeitsvertragliche Pflicht verstoßen, indem sie ihre Arbeit nicht in Ehningen aufgenommen hat. Die klagende Partei war wegen fehlender Zustimmung des Betriebsrats nicht verpflichtet, ihre Arbeitsleistung in Ehningen anzubieten.

Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob- wofür alles spricht- die klagende Partei im Rahmen ihrer arbeitsvertraglich vereinbarten Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag aufgrund des Weisungsrechts der Beklagten individualrechtlich verpflichtet gewesen wäre, in Ehningen die Arbeitsleistung zu erbringen. Aufgrund der fehlenden Mitwirkung des zuständigen Betriebsrats war die Anordnung der Arbeitsaufnahme in Ehningen betriebsverfassungsrechtlich eine Versetzung, die der Zustimmung des Betriebsrats bedurft hätte. Allein die individualrechtlich zulässige Versetzung lässt nämlich das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht entfallen (BAG, Beschluss vom 26. 15 1988 – 1 ABR 18/87).

Diese Zustimmung des Betriebsrats liegt nicht vor. Danach ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Anordnung individualrechtlich unwirksam und berechtigt den Arbeitnehmer, die Arbeit zu den geänderten Bedingungen zu verweigern (BAG, Urteil vom 2. 20.04.2010 – 2 AZR 491/09).

Vorliegend liegt entgegen der Rechtsansicht der Beklagten auch eine Versetzung im Sinne § 95 Abs. 3 BetrVG vor.

Eine Versetzung gemäß § 95 Abs. 3 BetrVG liegt dann vor, wenn ein anderer Arbeitsbereich zugewiesen wird, der voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet oder der mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Entscheidend bei der zeitlichen Bewertung der Variante 1 ist dabei nicht, wie lange die Maßnahme tatsächlich gedauert hat oder dauert. Es kommt vielmehr auf eine – aufgrund objektiver sachlicher Beurteilung erforderlicher – Prognose der „voraussichtlichen“ Dauer an. Dies bedeutet, dauert die Zuweisung des anderen Arbeitsbereichs voraussichtlich weniger als einen Monat, liegt keine Versetzung im Sinne des Gesetzes vor, auch wenn sich später die Prognose nicht bewahrheitet und die Arbeitsleistung länger als einen Monat erforderlich ist. Dauert die Arbeitsleistung voraussichtlich jedoch länger als einen Monat liegt demgegenüber eine Versetzung vor, auch wenn die tatsächliche Arbeitsleistung weniger als einen Monat erforderlich ist (Fitting, BetrVG, 29. Aufl., § 99 Rn. 154 ff).

Vorliegend war die Zuweisung des räumlich von Sindelfingen entfernten neuen Arbeitsplatzes in Ehningen zu anderen Tätigkeiten wie der bisherigen Innereinigung/Spulküche, nämlich der Reinigung von Gerätschafen, eine Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs. Die Beklagte hat auch nicht dargelegt, dass die Zustimmung des Betriebsrats nicht erforderlich gewesen wäre, im Gegenteil, sie hat rechtlich vorgetragen, dass es sich vorliegend um eine Versetzung gehandelt hat. Danach hätte sie die Zustimmung des Betriebsrats einholen müssen.

Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe die klagende Partei dazu aufgefordert, „Arbeitseinsatz ab November 2018 und bis auf weiteres“ zu erbringen. Damit hat sie gerade nicht eine zeitliche Begrenzung, sondern einen unbegrenzten Einsatz angeordnet, damit voraussichtlich über einen Monat im Sinne § 95 Abs. 3 BetrVG. Der Vortrag, dass der Arbeitseinsatz für die notwendigen Abwicklungsarbeiten einen Monat November nicht überschritten hätten, ist insoweit unbeachtlich da, wie oben ausgeführt, es auf die Prognose und nicht die tatsächliche Arbeitsleistung ankommen. Damit besteht auch kein Widerspruch zu dem Vortrag der Beklagten im Beschlussverfahren mit dem Betriebsrat in dem unstreitig gestellt wurde, dass die Abwicklungsarbeiten am Standort Ehningen bereits im November abgeschlossen waren. Danach hätte die Beklagte, nachdem sie die klagende Partei aufgefordert hat, bis auf weiteres in Ehningen zu arbeiten, sie konkrete prognostische Tatsachen darlegen müssen, nach der der Arbeitseinsatz auch nur auf voraussichtlich einen Monat begrenzt gewesen war.

Selbst wenn jedoch zugunsten der Beklagten unterstellt wird, vorliegend sei eine Versetzung im Sinne § 99 BetrVG nicht vorgelegen, können die dann bestehenden Pflichtverletzungen der klagenden Partei im November 2018 keine außerordentliche fristlose Kündigung im Sinne eines wichtigen Grundes für eine Kündigung mit Zugang 05.12.2018 begründen. Dies ergibt sich aus dem weiteren unstreitigen Vortrag der Parteien. Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten kommt es entscheidungserheblich darauf an, ob eine spätere weitere Arbeitsgelegenheit nach Zugang der Kündigung für die klagende Partei bestanden hätte.

Von der klagenden Partei vorgetragen und im Rahmen der Versetzungsargumentation von der Beklagten zunächst selbst eingeräumt, war nach November 2018 für die klagende Partei kein Arbeitseinsatz mehr vorgesehen und wegen fehlender Arbeit möglich. So hat die Beklagte auch vorgetragen, dass im Beschlussverfahren 25 BV 247/18 des Arbeitsgerichts Stuttgart am 18.12.2018 sie vorgetragen hat, die Arbeiten seien bereits im November 2018 abgeschlossen gewesen, ein weiterer Einsatz sei nicht geplant gewesen. Dies deckt sich auch mit dem Vortrag der Beklagten die vorgetragen hat, im vorgelegten Schreiben an die klagende Partei sei diese auch nicht dazu angehalten worden, über den November 2018 hinaus Arbeit zu leisten. Hatte die Beklagte aber damit für Dezember keinerlei Arbeitseinsätze für die Klägerin, konnte eine außerordentliche fristlose Kündigung mit Zugang 05.12.2018 nach den oben ausgeführten Grundsätzen sich künftig nicht mehr konkrete nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken. Die zurückliegenden – zugunsten der Beklagten hier unterstellten – Pflichtverletzungen, selbst wenn sie zunächst schwerwiegend und hartnäckig waren, konnten das Arbeitsverhältnis nach Zugang der Kündigung nicht mehr belasten. Sonstige Gründe und Interessen der Beklagten, weshalb die sofortige Beendigung erforderlich gewesen wäre, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Damit liegt selbst bei unterstellter Pflicht zum Tätig werden in Ehningen kein wichtiger Grund im Sinne § 626 Abs. 1 BGB für eine Kündigung vom 04.12.2018 vor.

Zwar hat die Beklagte nunmehr aktuell vorgetragen, es habe Anfang Dezember 2018 nicht ausgeschlossen werden können, dass an anderen Standorten noch kurzfristig Arbeitsbedarf wegen Ausfällen angefallen wäre. Damit könne sich die Pflichtverletzung künftig nach Zugang der Kündigung noch negativ auf das Arbeitsverhältnis auswirken. Dieser Vortrag ist jedoch nicht zu berücksichtigen, da der Betriebsrat insoweit nicht angehört worden ist. Dem Betriebsrat wurde dezidiert und ausschließlich mitgeteilt, dass es sich um Arbeitsleistung bis Ende November 2018 gehandelt hat. Das weitere mögliche Versetzungen im individualrechtlichen Sinne im Dezember hätten anfallen können, war für einen verständigen Betriebsrat im Rahmen der Prognoseentscheidung eine zentrale Frage, hätte dem Betriebsrat damit mitgeteilt werden müssen.

Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob der neuerliche Vortrag der Beklagten zu einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung gemäß § 102 BetrVG führt. Jedenfalls zugunsten der Beklagten unterstellt, dass diese ihre Kündigung auf diese Tatsachen zunächst nicht stützen wollte, führt dies zwar nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, dem Arbeitgeber ist es aber verwehrt, im Kündigungsschutzprozeß Gründe nachzuschieben, die über die Erläuterungen des mitgeteilten Sachverhalts hinausgehen (BAG, Urteil vom 07.11.2002 – 2 AZR 599/01; Fitting, BetrVG, 29. Aufl. § 102 Rz. 41 a). Stützt der Arbeitgeber seine Kündigung gegenüber dem Betriebsrat darauf, dass in der Vergangenheit gegen die Arbeitspflicht verstoßen wurde und teilt er dem Betriebsrat sowohl im Anhörungsschreiben als auch außergerichtlich als auch in einem Beschlussverfahren mit, dass die Einsatzmöglichkeiten für den Arbeitnehmer Ende November abgeschlossen sind, handelt es sich bei dem Vortrag, dass möglicherweise im Dezember noch andere Einsätze angestanden wären nicht um eine Erläuterung und Konkretisierung des dem Betriebsrat mitgeteilten Kündigungssachverhalt sondern um eine wesentliche Veränderung, da erstmals ein kündigungsrechtlich erheblicher Sachverhalt angegeben wird (BAG, Urteil vom 18.12.1980 – 2 AZR 1006/78).

e) Im Übrigen scheitert die außerordentliche fristlose Kündigung aus den oben genannten Gründen an der Verhältnismäßigkeit. Selbst wenn zugunsten der Beklagten unterstellt ein wichtiger Grund vorläge wäre es der Beklagten unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zumutbar, die ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten.

Die Beklagte hat keine relevanten nachvollziehbaren Gründe dargelegt weshalb es ihr unzumutbar gewesen wäre, die ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten. Das Direktionsrecht wollte und konnte die Beklagte unstreitig nicht mehr ausüben. Allein die Tatsache, dass die klagende Partei möglicherweise aus einem noch abzuschließenden Sozialplan herausfallen wurde, stellen keine Gründe dar, die im Rahmen der außerordentlichen fristlosen Kündigung bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen gewesen wäre. Dasselbe gilt für mögliche Annahmeverzugslohnansprüche. Auf der anderen Seite war zugunsten der klagenden Partei zu berücksichtigen, dass der ursprüngliche Arbeitsplatz bei der Beklagten nach deren eigenem Vortrag endgültig weggefallen war und die Beklagte bereits betriebsbedingt am 29.11.2018 zum 31.12.2018 das Arbeitsverhältnis gekündigt hatte. Hinzu kommt, dass aufgrund der neuen, nahtlosen Beschäftigung ab 01.11.2018 die Beklagte sogar Annahmeverzugsvergütung gespart hat, was durchaus im wohlverstandenen Interesse der Beklagten nach ihrem Schreiben vom 04.10.2018 war. Im Rahmen der Interessenabwägung war zugunsten der klagenden Partei weiter zu berücksichtigen, dass die Beklagte im Schreiben vom 04.10.2018 indirekt aufgefordert hat, für November 2018 und Dezember 2018 eine Folgebeschäftigung zu suchen. Allein die drohende Zahlung von Annahmeverzugslohn führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Annahmeverzugslohn wird nicht geschuldet aufgrund der Pflichtverletzung des Klägers sondern aufgrund der dem Arbeitgeber gesetzlich vorgeschriebenen Einhaltung der Kündigungsfrist bei betriebsbedingter Kündigung. Dem Arbeitgeber soll es gerade nicht erleichtert werden, das Betriebsrisiko gemäß §§ 622, 615 Satz 1 BGB auf den Arbeitnehmer abwälzen zu können. Die Argumentation der Beklagten würde aber gerade darauf hinauslaufen.

II. Kosten/Streitwert

1) Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht dem Grunde nach auf § 61 Abs. 1 ArbGG.

2) Die Beklagte hat, nachdem sie unterlegen ist, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 ZPO.

 

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