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Fristlose Kündigung bei Arbeitszeitbetrug

Arbeitnehmer stempelt sich im US-Werk ein, verlässt aber vorzeitig den Arbeitsplatz. Das Gericht kippt die fristlose Kündigung, da die lange Betriebszugehörigkeit und die Fürsorgepflicht für die Familie des Arbeitnehmers überwiegen. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Bedeutung korrekter Arbeitszeiterfassung, insbesondere bei Auslandseinsätzen. Eine Weiterbeschäftigung am deutschen Standort sei zumutbar, da dort eine bessere Kontrolle der Arbeitszeiten möglich sei.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
  • Datum: 24.01.2024
  • Aktenzeichen: 7 Sa 141/23
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren im Arbeitsrecht
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht
  • Beteiligte Parteien:
    • Kläger: Langjähriger Mitarbeiter im Bereich Wartung und Instandhaltung, der die außerordentliche Kündigung bestreitet und auf Weiterbeschäftigung pocht.
    • Beklagte: Das Unternehmen, das am Standort in C-Stadt tätig ist, den Arbeitsplatz des Klägers kündigte und die Wirksamkeit der Kündigung in der Berufung verteidigt.
  • Um was ging es?
    • Sachverhalt: Streit über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen außerordentlichen Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs und die Frage, ob der Kläger weiterbeschäftigt werden muss.
    • Kern des Rechtsstreits: Ob die außerordentliche Kündigung aufgrund von Arbeitszeitbetrug gerechtfertigt ist und welche arbeitsrechtlichen Folgen sich daraus ergeben.
  • Was wurde entschieden?
    • Entscheidung: Die Berufung des Unternehmens wurde zurückgewiesen, die Kosten gehen zu Lasten des Unternehmens; die Revision wurde nicht zugelassen.
    • Folgen: Das Urteil bestätigt die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung, der Kläger wird nicht weiterbeschäftigt, und das Verfahren ist mit der Ablehnung der Revision endgültig abgeschlossen.

Fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug: Was Sie wissen sollten

Die Fristlose Kündigung bei Arbeitszeitbetrug stellt zentrale Fragen im Kündigungsrecht und Arbeitsrecht. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen dabei die rechtlichen Voraussetzungen, wie Beweislast und Nachweisführung, berücksichtigen. Aspekte wie Abmahnung, ordentliche Kündigung und Kündigungsschutz gewinnen an Bedeutung, wenn es um Vorwürfe von falscher Stundenabrechnung und Lohnbetrug geht.

Ein konkreter Fall zeigt, wie rechtliche Schritte und Maßnahmen bei Verdachtskündigung und Betrug am Arbeitsplatz umgesetzt werden.

Der Fall vor Gericht


Arbeitszeitbetrug bei USA-Einsatz: Außerordentliche Kündigung eines langjährigen Mitarbeiters unwirksam

Fristlose Kündigung bei Arbeitszeitbetrug: Arbeitnehmerrechte | Symbolbild: Flux gen.

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat in einem Urteil vom 24. Januar 2024 die außerordentliche Kündigung eines Mitarbeiters für unwirksam erklärt, der während eines Arbeitseinsatzes in den USA seine Arbeitszeit falsch dokumentiert hatte.

Der Fall: Fehlende Ausstempelung am letzten Arbeitstag

Ein 53-jähriger Mitarbeiter eines Unternehmens, das Drahtkörbe für Spülmaschinen herstellt, war seit 1987 im Betrieb beschäftigt. Der verheiratete und zwei Kindern gegenüber unterhaltspflichtige Mann verdiente zuletzt durchschnittlich 6.631,27 Euro brutto monatlich. Im Jahr 2022 war er an insgesamt 86 Tagen im US-amerikanischen Tochterwerk tätig.

Am 4. November 2022, seinem letzten Arbeitstag in den USA, stempelte der Mitarbeiter um 4:37 Uhr ein, verließ dann aber um 5:15 Uhr das Werk, ohne sich abzumelden. Er fuhr in sein Hotel, um seinen Koffer zu packen und sich für die Rückreise vorzubereiten. Erst um 10:17 Uhr kehrte er ins Werk zurück. Durch die fehlende Ausstempelung wurden ihm 6,5 Arbeitsstunden gutgeschrieben, was einem Betrag von etwa 300 Euro inklusive Arbeitgeberbeiträge entsprach.

Kündigungsgrund und Arbeitgeberbegründung

Der Arbeitgeber sprach daraufhin am 14. Dezember 2022 eine fristlose Kündigung aus. Nach Ansicht des Unternehmens hatte der Mitarbeiter vorsätzlich gegen seine Pflicht zur korrekten Arbeitszeiterfassung verstoßen und das Vertrauensverhältnis dadurch nachhaltig zerstört. Besonders schwer wiege der Vorfall, da der Mitarbeiter im Ausland eigenverantwortlich und fern der unmittelbaren Kontrolle durch Vorgesetzte gearbeitet habe.

Gerichtliche Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht bestätigte zwar, dass ein vorsätzlicher Arbeitszeitbetrug grundsätzlich einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen kann. Im konkreten Fall überwog jedoch das Interesse des Mitarbeiters an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Ausschlaggebend waren dabei mehrere Faktoren:

  • Die über 35-jährige Betriebszugehörigkeit mit nur zwei nicht einschlägigen Abmahnungen
  • Das Alter des Mitarbeiters von 53 Jahren
  • Seine Unterhaltspflichten gegenüber zwei Kindern
  • Sein besonderes Engagement bei den freiwilligen USA-Einsätzen
  • Der vergleichsweise geringe finanzielle Schaden

Bedeutung für die Praxis

Das Gericht betonte, dass der Arbeitgeber den Mitarbeiter nicht zu weiteren Auslandseinsätzen heranziehen müsse. Die Kündigung und das Gerichtsverfahren seien eine deutliche Warnung, die den Mitarbeiter künftig zu einer korrekten Arbeitszeiterfassung veranlassen würden. Eine Weiterbeschäftigung am deutschen Standort sei zumutbar, da dort eine bessere Kontrolle der Arbeitszeiten möglich sei.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Gericht hat die außerordentliche Kündigung eines langjährigen Mitarbeiters wegen angeblichen Arbeitszeitbetrugs für unwirksam erklärt. Besonders wichtig war dabei die lange Betriebszugehörigkeit von über 35 Jahren und die Tatsache, dass der Mitarbeiter nach dem geltenden Tarifvertrag aufgrund seines Alters und der Beschäftigungsdauer ordentlich unkündbar war. Das Urteil zeigt, dass auch bei Vorwürfen wie Arbeitszeitbetrug eine außerordentliche Kündigung sehr hohen rechtlichen Anforderungen unterliegt und die Gesamtumstände berücksichtigt werden müssen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie lange im Unternehmen beschäftigt sind und unter einen Tarifvertrag fallen, der Sie vor ordentlichen Kündigungen schützt, kann Ihr Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nur aus wichtigem Grund kündigen. Selbst bei Vorwürfen wie unkorrekter Arbeitszeiterfassung muss der Arbeitgeber sehr genau nachweisen können, dass ein Fehlverhalten vorliegt, das so schwerwiegend ist, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Bei Auslandseinsätzen sollten Sie besonders sorgfältig auf die korrekte Dokumentation Ihrer Arbeitszeiten achten und im Zweifelsfall Unklarheiten mit Ihrem Vorgesetzten besprechen.

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Die komplexe Bewertung von arbeitsrechtlichen Maßnahmen, insbesondere wenn es um Auffälligkeiten in der Arbeitszeiterfassung und daraus resultierende Kündigungsentscheidungen geht, erfordert eine detaillierte und sachliche Analyse. Ein fundiertes Verständnis der individuellen Umstände ist dabei unerlässlich, um die langfristigen Folgen korrekt einschätzen zu können.

Unsere Kanzlei bietet Ihnen kompetente Unterstützung, um Ihre Situation umfassend zu beleuchten und die erforderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen präzise zu erfassen. Mit einer klar strukturierten Herangehensweise erhalten Sie Einblicke, die Ihnen helfen, Ihre Rechte und Möglichkeiten besser zu verstehen und den passenden Lösungspfad zu entwickeln.

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Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was gilt rechtlich als Arbeitszeitbetrug?

Arbeitszeitbetrug liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer vorsätzlich und rechtswidrig falsche Angaben zu seiner Arbeitszeit macht, um sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Dies stellt eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten dar und kann nach § 263 StGB als Betrug gewertet werden.

Rechtliche Definition

Ein Arbeitszeitbetrug ist gegeben, wenn Sie als Arbeitnehmer bewusst über Ihre tatsächlich geleistete Arbeitszeit täuschen. Der entscheidende Faktor ist dabei der Vorsatz – ein versehentliches Verschreiben oder einmaliges Vergessen des Ausstempelns stellt noch keinen Arbeitszeitbetrug dar.

Typische Formen des Arbeitszeitbetrugs

Als Arbeitszeitbetrug gelten insbesondere folgende Verhaltensweisen:

  • Manipulation der Zeiterfassung: Bewusstes Eintragen falscher Arbeitszeiten oder technische Manipulation von Zeiterfassungssystemen
  • Pausenmissbrauch: Pausen werden nicht dokumentiert oder als Arbeitszeit deklariert
  • Unberechtigte Abwesenheit: Vorzeitiges Verlassen des Arbeitsplatzes oder späteres Erscheinen ohne Dokumentation
  • Buddy Punching: Kollegen stempeln füreinander ein oder aus
  • Vorgetäuschte Arbeitsleistung: Insbesondere im Homeoffice wird Anwesenheit vorgetäuscht, während private Tätigkeiten ausgeführt werden

Strafrechtliche Einordnung

Arbeitszeitbetrug erfüllt den Tatbestand des Betrugs nach § 263 StGB und kann mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe geahndet werden. Für eine Strafbarkeit muss der Täuschung ein Vorsatz zugrunde liegen – Sie müssen also bewusst oder zumindest billigend in Kauf nehmend handeln.

Arbeitsrechtliche Konsequenzen

Ein nachgewiesener Arbeitszeitbetrug kann ohne vorherige Abmahnung zu einer fristlosen Kündigung führen, da er das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig zerstört. Bereits der begründete Verdacht kann eine Verdachtskündigung rechtfertigen.


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Welche Voraussetzungen müssen für eine fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs erfüllt sein?

Eine fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs erfordert einen wichtigen Grund nach § 626 Abs. 1 BGB, der dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist unzumutbar macht.

Grundvoraussetzungen für die Wirksamkeit

Der Arbeitszeitbetrug muss zweifelsfrei nachgewiesen werden können. Dies kann durch Aufzeichnungen der Zeiterfassung, Zeugenaussagen oder in Ausnahmefällen auch durch Videoaufnahmen erfolgen.

Die Zwei-Wochen-Frist nach § 626 Abs. 2 BGB muss eingehalten werden. Der Arbeitgeber muss die Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung des Arbeitszeitbetrugs aussprechen.

Schwere des Verstoßes

Ein Arbeitszeitbetrug kann bereits bei einem einmaligen Vorfall eine fristlose Kündigung rechtfertigen, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:

  • Der Verstoß erfolgte vorsätzlich
  • Es liegt ein schwerwiegender Vertrauensbruch vor
  • Die Pflichtverletzung ist erheblich

Interessenabwägung im Einzelfall

Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit werden folgende Faktoren berücksichtigt:

  • Dauer und Schwere des Betrugs
  • Höhe des entstandenen Schadens
  • Verhalten des Arbeitnehmers nach Aufdeckung
  • Bisherige Dauer des Arbeitsverhältnisses

Besonderheiten zur Abmahnung

Eine vorherige Abmahnung ist bei Arbeitszeitbetrug nicht zwingend erforderlich, wenn:

  • Der Arbeitnehmer von vornherein nicht mit einer Billigung seines Verhaltens rechnen konnte
  • Der Vertrauensbruch so schwerwiegend ist, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar erscheint
  • Der Arbeitnehmer systematisch oder über längere Zeit betrogen hat

Selbst ein einmaliger Arbeitszeitbetrug von nur zehn Minuten kann im Einzelfall eine fristlose Kündigung rechtfertigen, insbesondere wenn der Arbeitnehmer sein Fehlverhalten leugnet oder zu vertuschen versucht.


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Welche Rolle spielt die Verhältnismäßigkeit bei Kündigungen wegen Arbeitszeitbetrugs?

Die Verhältnismäßigkeit ist ein zentrales Prüfkriterium bei der Bewertung von Kündigungen wegen Arbeitszeitbetrugs. Sie verlangt, dass die Kündigung in einem angemessenen Verhältnis zum Fehlverhalten steht und als letztes Mittel (Ultima Ratio) eingesetzt wird.

Kriterien der Verhältnismäßigkeitsprüfung

Bei der Bewertung der Verhältnismäßigkeit werden mehrere Faktoren berücksichtigt:

  • Die Dauer der Betriebszugehörigkeit: Je länger Sie im Unternehmen beschäftigt sind, desto höhere Anforderungen gelten für die Verhältnismäßigkeit einer Kündigung.
  • Die Schwere des Verstoßes: Ein vorsätzlicher, systematischer Arbeitszeitbetrug wiegt schwerer als ein einmaliger Vorfall.
  • Die persönlichen Umstände: Ihr Alter, Ihre wirtschaftliche Situation und eventuelle Unterhaltspflichten fließen in die Bewertung ein.

Abstufung der Maßnahmen

Die Verhältnismäßigkeit verlangt eine Prüfung milderer Mittel. Bei leichteren Verstößen ist zunächst eine Abmahnung auszusprechen. Eine fristlose Kündigung kommt nur in Betracht, wenn das Vertrauensverhältnis irreparabel zerstört ist.

Besonderheiten bei der fristlosen Kündigung

Bei einer fristlosen Kündigung gelten besonders strenge Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit. Sie ist nur gerechtfertigt, wenn:

  • Der Arbeitszeitbetrug zweifelsfrei nachgewiesen ist
  • Ein erheblicher Vertrauensbruch vorliegt
  • Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist unzumutbar ist

Die Zwei-Wochen-Frist für die Aussprache einer fristlosen Kündigung nach Kenntnisnahme des Betrugs muss eingehalten werden.


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Wie können sich Arbeitnehmer gegen eine fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs wehren?

Sofortige Kündigungsschutzklage einreichen

Bei einer fristlosen Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs müssen Sie innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht erheben. Versäumen Sie diese Frist, wird die Kündigung automatisch rechtskräftig.

Dokumentation und Beweissicherung

Sammeln und sichern Sie alle relevanten Unterlagen, die Ihre Position stützen können. Dazu gehören:

  • Ihre Arbeitszeitaufzeichnungen
  • E-Mails oder andere Kommunikation mit Vorgesetzten
  • Zeugenaussagen von Kollegen
  • Eventuelle betriebliche Vereinbarungen zur Arbeitszeiterfassung

Stellungnahme vorbereiten

Nutzen Sie Ihr Recht auf Anhörung. Bereiten Sie eine sachliche Stellungnahme zu den Vorwürfen vor. Erläutern Sie dabei:

  • Ihre Version der Ereignisse
  • Mögliche Missverständnisse bei der Zeiterfassung
  • Bisherige Arbeitsleistung und Betriebszugehörigkeit

Verhältnismäßigkeit prüfen

Die Gerichte prüfen bei Kündigungen wegen Arbeitszeitbetrugs besonders die Verhältnismäßigkeit. Eine fristlose Kündigung ist nur gerechtfertigt, wenn:

  • Ein wichtiger Grund nach § 626 BGB vorliegt
  • Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist unzumutbar ist
  • Der Arbeitszeitbetrug zweifelsfrei nachgewiesen wurde

Mildere Mittel einfordern

Prüfen Sie, ob der Arbeitgeber zunächst mildere Mittel hätte einsetzen müssen. Bei einem erstmaligen oder geringfügigen Verstoß ist oft eine Abmahnung das angemessene Mittel. Die Gerichte berücksichtigen dabei:

  • Die Schwere des Verstoßes
  • Die Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Das bisherige Verhalten des Arbeitnehmers
  • Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Fehlverhaltens

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Welche Bedeutung haben vorherige Abmahnungen bei Kündigungen wegen Arbeitszeitbetrugs?

Grundsätzliche Bedeutung der Abmahnung

Eine Abmahnung ist bei Arbeitszeitbetrug nicht immer zwingend erforderlich, spielt aber eine wichtige Rolle im Kündigungsprozess. Sie dient als Warnfunktion und gibt dem Arbeitnehmer die Chance, sein Verhalten zu korrigieren.

Wann ist eine Abmahnung erforderlich?

Bei leichten oder einmaligen Verstößen ist eine Abmahnung der erste Schritt vor einer möglichen Kündigung. Dies gilt besonders in Fällen, wo der Arbeitnehmer davon ausgehen konnte, dass sein Verhalten nicht bewusst falsch war.

Abmahnungsfreie Kündigung

Eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung ist möglich, wenn:

  • Der Arbeitszeitbetrug vorsätzlich begangen wurde
  • Das Vertrauensverhältnis nachhaltig geschädigt ist
  • Der Verstoß besonders schwerwiegend ist

Wirkung der Abmahnung

Wenn eine Abmahnung wegen Arbeitszeitbetrug ausgesprochen wurde, hat dies folgende Konsequenzen:

  • Sie wirkt als Kündigungssperre für den abgemahnten Vorfall
  • Eine Kündigung ist erst bei weiteren Pflichtverletzungen oder neuen Tatsachen möglich
  • Die Abmahnung muss sich auf einen gleichartigen Verstoß beziehen, um als Grundlage für eine spätere Kündigung zu dienen

Die Schwere des Arbeitszeitbetrugs bestimmt dabei maßgeblich, ob eine Abmahnung ausreichend ist oder direkt eine Kündigung ausgesprochen werden kann. Langjährige Betriebszugehörigkeit schützt dabei nicht vor einer Kündigung, wenn das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört ist.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Fristlose Kündigung

Eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aufgrund eines schwerwiegenden Grundes. Sie ist im § 626 BGB geregelt und erfordert Tatsachen, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist unzumutbar machen. Die Kündigung muss innerhalb von 2 Wochen nach Bekanntwerden der Gründe ausgesprochen werden.

Beispiel: Ein Kassierer wird beim Diebstahl aus der Kasse erwischt oder ein Arbeitnehmer begeht schwere Beleidigungen gegenüber dem Vorgesetzten.


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Arbeitszeitbetrug

Eine vorsätzliche Täuschung des Arbeitgebers über die tatsächlich geleistete Arbeitszeit. Dies stellt eine erhebliche Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar und kann sowohl arbeitsrechtliche als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen (§ 263 StGB – Betrug).

Beispiel: Ein Mitarbeiter lässt sich von Kollegen ein- oder ausstempeln, obwohl er nicht anwesend ist, oder dokumentiert Überstunden, die er nicht geleistet hat.


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Verdachtskündigung

Eine besondere Form der Kündigung, bei der nicht die erwiesene Tat, sondern der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung Kündigungsgrund ist. Der Arbeitgeber muss alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung unternommen und dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben haben.

Beispiel: Ein Arbeitgeber kündigt aufgrund starker Indizien für eine Unterschlagung, ohne dass die Tat zweifelsfrei nachgewiesen werden kann.


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Abmahnung

Eine förmliche Rüge des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer wegen einer konkreten Pflichtverletzung, verbunden mit der Aufforderung, das beanstandete Verhalten künftig zu unterlassen. Sie ist in der Regel Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung (§ 314 BGB).

Beispiel: Ein Mitarbeiter kommt wiederholt zu spät und erhält eine schriftliche Abmahnung mit der Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen.


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Kündigungsschutz

Gesetzliche Regelungen zum Schutz von Arbeitnehmern vor ungerechtfertigten Kündigungen, primär geregelt im Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Er gilt in Betrieben mit mehr als 10 Mitarbeitern für Arbeitnehmer, die länger als 6 Monate beschäftigt sind.

Beispiel: Ein Arbeitgeber muss bei einer Kündigung soziale Aspekte wie Betriebszugehörigkeit, Alter und Unterhaltspflichten berücksichtigen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 626 BGB – Außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund: Diese Vorschrift regelt die Bedingungen, unter denen ein Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet werden kann. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragspartner die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte dem Kläger die außerordentliche Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs ausgesprochen, was nach § 626 BGB als schwerwiegender Pflichtverstoß angesehen werden kann.
  • Kündigungsschutzgesetz (KSchG) – Allgemeiner Kündigungsschutz: Das KSchG schützt Arbeitnehmer in Betrieben mit regelmäßig mehr als zehn Mitarbeitern vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen. Es verlangt, dass Kündigungen sozial gerechtfertigt sind, entweder durch personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Gründe. Da der Kläger seit über 35 Jahren im Unternehmen beschäftigt ist, greift der besondere Kündigungsschutz, was die Beklagte dazu verpflichtet, die Kündigung umfassend zu begründen und sozial abzusichern.
  • Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) – Beteiligung des Betriebsrats: Nach dem BetrVG muss der Betriebsrat vor jeder Kündigung angehört werden. Die Beklagte hat den Betriebsrat zur geplanten außerordentlichen Kündigung informiert, und dieser hat der Kündigung widersprochen. Dies zeigt die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats auf und stellt sicher, dass die Kündigung ordnungsgemäß geprüft wird, bevor sie umgesetzt wird.
  • Arbeitszeitgesetz (ArbZG) – Arbeitszeiterfassung und Arbeitszeitregelungen: Das ArbZG regelt die Erfassung der Arbeitszeiten und stellt sicher, dass Arbeitnehmer nicht übermäßig lange arbeiten. Im vorliegenden Fall wird dem Kläger vorgeworfen, seine Arbeitszeit falsch erfasst zu haben, was einen Verstoß gegen die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften darstellen könnte. Die ordnungsgemäße Erfassung der Arbeitszeit ist essentiell für die Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeitgrenzen und für den korrekten Ausgleich von Überstunden.
  • Manteltarifvertrag – § 24 Ziffer 2: Der Manteltarifvertrag enthält grundlegende Regelungen zu den Arbeitsbedingungen, einschließlich Kündigungsfristen und Verfahrensweisen. Der Kläger beruft sich auf § 24 Ziffer 2 des geltenden Manteltarifvertrages, um die formellen Voraussetzungen für die Kündigung anzufechten. Dies unterstreicht die Bedeutung tarifvertraglicher Bestimmungen bei der Bewertung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung und die Notwendigkeit, diese Vorschriften genau zu beachten.

Das vorliegende Urteil


Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 7 Sa 141/23 – Urteil vom 24.01.2024


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