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Fristlose Kündigung bei außerdienstlicher Straftat – Bezug zum Arbeitsverhältnis

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat entschieden, dass der Besitz von Kinderpornografie im privaten Bereich nicht automatisch zur Kündigung eines Angestellten im öffentlichen Dienst führen darf. Ein Sachbearbeiter in einem Polizeipräsidium wurde entlassen, nachdem er wegen des Besitzes von Kinderpornografie verurteilt worden war. Das Gericht entschied jedoch, dass die Kündigung unwirksam war, da die Straftat keinen direkten Bezug zu seiner Arbeit hatte und er keine herausgehobene Position innehatte.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Der Kläger wurde aufgrund des Besitzes und der Verbreitung von Kinder- und Jugendpornografie verurteilt.
  • Diese Straftaten wurden außerhalb der Arbeitszeit begangen und betrafen ausschließlich private elektronische Geräte.
  • Das beklagte Land argumentierte, dass diese Straftaten den Betriebsfrieden störten und das Vertrauen in die Polizeibehörde untergraben hätten.
  • Der Kläger war seit über 26 Jahren ohne Beanstandungen beschäftigt und arbeitete zuletzt ohne Außenkontakte in der Materialausgabe und Druckerei.
  • Das Gericht befand, dass die außerdienstlichen Straftaten keinen direkten Bezug zum Arbeitsverhältnis hatten und keine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzten.
  • Es wurde entschieden, dass die Kündigungen nicht auf einem wichtigen Grund basierten und daher unwirksam waren.
  • Das Gericht stellte fest, dass die Straftaten des Klägers zwar das Vertrauen der Kollegen beeinträchtigten, aber keine ernsthafte Wiederholungsgefahr bestand.
  • Auch wenn das Verhalten des Klägers die Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigte, sah das Gericht keine ausreichende Grundlage für eine fristlose Kündigung.
  • Das Gericht hielt es für möglich, dass der Kläger auf einem anderen Arbeitsplatz ohne hoheitliche Aufgaben weiterbeschäftigt werden könnte.
  • Die Berufung des beklagten Landes gegen das erstinstanzliche Urteil wurde zurückgewiesen, die Revision jedoch zugelassen.

Fristlose Kündigung: Rechtsprechung bei außerdienstlichen Straftaten im Fokus

Die fristlose Kündigung ist ein ernstzunehmender Schritt im Arbeitsrecht, der Arbeitgeber in besonderen Situationen vorbehalten ist. Sie ermöglicht es, das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu beenden, wenn schwerwiegende Gründe vorliegen. Ein solcher Grund kann eine außerdienstliche Straftat sein, die das Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erheblich beeinträchtigt. Die Beurteilung, ob eine solche Kündigung gerechtfertigt ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Schwere der Tat, den Umständen und der Rolle des Arbeitnehmers im Unternehmen.

Ein zentraler Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Abwägung der Interessen. Während Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran haben, einen reibungslosen Geschäftsbetrieb zu gewährleisten und sich vor möglichen Rufschädigungen zu schützen, hat auch der Arbeitnehmer ein Recht auf Fairness und einen angemessenen Umgang mit seiner Person. Gerichte müssen daher im Einzelfall entscheiden, ob die fristlose Kündigung angemessen ist oder ob mildere Maßnahmen ausreichen.

Im folgenden Abschnitt wird ein prägnanter Fall vorgestellt, der sich mit der fristlosen Kündigung aufgrund einer außerdienstlichen Straftat auseinandersetzt und aufzeigt, wie die Rechtsprechung in diesem sensiblen Bereich agiert.

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Der Fall vor Gericht


Der Fall: Außerordentliche Kündigung wegen Kinderpornografie

Im Zentrum dieses arbeitsrechtlichen Falls steht die Frage, ob die außerordentliche Kündigung eines Angestellten im öffentlichen Dienst wegen des privaten Besitzes von Kinderpornografie rechtmäßig war. Der 1964 geborene Kläger war seit 1987 beim beklagten Land in einem Polizeipräsidium beschäftigt, zuletzt als Sachbearbeiter in der Personalverwaltung und später in der Materialausgabe.

Im August 2013 wurde der Kläger wegen des Besitzes und der Verbreitung von kinder- und jugendpornografischem Material angeklagt. Bei einer Durchsuchung seiner privaten Datenträger fanden sich über 6.600 entsprechende Bild- und Videodateien. Daraufhin wurde er im Juni 2013 innerhalb des Polizeipräsidiums in die Materialausgabe versetzt. Im Februar 2014 erfolgte die strafrechtliche Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten.

Das beklagte Land kündigte dem Kläger daraufhin im Februar und März 2014 außerordentlich fristlos, hilfsweise mit sozialer Auslauffrist. Zur Begründung führte es an, das Vertrauensverhältnis sei irreparabel zerstört, der Betriebsfrieden massiv gestört und das Ansehen der Polizeibehörde nachhaltig beschädigt.

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts

Das Landesarbeitsgericht Hamm bestätigte das erstinstanzliche Urteil und wies die Berufung des beklagten Landes zurück. Es stellte fest, dass die Kündigungen unwirksam waren und das Arbeitsverhältnis nicht beendet haben.

In seiner Begründung führte das Gericht aus, dass die außerdienstlich begangenen Straftaten keinen hinreichenden Bezug zum Arbeitsverhältnis aufwiesen. Der Kläger habe durch sein Verhalten zwar gegen die Rechtsordnung verstoßen, aber keine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt. Er sei weder in exponierter Stellung tätig gewesen noch habe er hoheitliche Aufgaben wahrgenommen. Als Sachbearbeiter ohne Publikumsverkehr habe er das Ansehen der Behörde nicht unmittelbar repräsentiert.

Das Gericht betonte, dass nach der Neuregelung des Tarifrechts für den öffentlichen Dienst keine besondere Pflicht mehr bestehe, das gesamte Privatleben so einzurichten, dass das Ansehen des Arbeitgebers nicht beeinträchtigt werde. Auch eine nachhaltige Störung des Betriebsfriedens sah das Gericht nicht als gegeben an. Der Arbeitgeber habe angemessen reagiert, indem er den Kläger auf einen Arbeitsplatz mit weniger Kontakt zu Kollegen versetzte.

Kernpunkte der Urteilsbegründung

Das Landesarbeitsgericht stellte klar, dass außerdienstliche Straftaten nur dann einen Kündigungsgrund darstellen, wenn sie einen konkreten Bezug zum Arbeitsverhältnis aufweisen. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Zwar stünden die Taten im Widerspruch zu den Aufgaben einer Polizeibehörde, doch reiche dies allein nicht aus.

Entscheidend war für das Gericht, dass der Kläger keine herausgehobene Stellung innehatte und nicht mit hoheitlichen Aufgaben betraut war. Als einfacher Sachbearbeiter ohne Bürgerkontakt repräsentierte er die Behörde nicht nach außen. Daher seien die Anforderungen an sein Verhalten auch außerhalb der Arbeitszeit nicht übermäßig hoch anzusetzen.

Das Gericht wies zudem darauf hin, dass die mediale Berichterstattung über den Fall sehr begrenzt war. Eine nachhaltige Schädigung des Ansehens der Polizeibehörde in der Öffentlichkeit sei daher nicht erkennbar. Auch eine gravierende Störung des Betriebsfriedens verneinte das Gericht, da der Arbeitgeber den Kläger bereits auf einen anderen Arbeitsplatz versetzt hatte.

Folgen des Urteils

Mit dieser Entscheidung stärkte das Landesarbeitsgericht den Schutz von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst vor Kündigungen aufgrund außerdienstlichen Verhaltens. Es stellte klar, dass nicht jede Straftat automatisch einen Kündigungsgrund darstellt, selbst wenn sie im Widerspruch zu den Aufgaben der Behörde steht. Entscheidend sind vielmehr die konkrete Stellung des Arbeitnehmers und die unmittelbaren Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil verdeutlicht, dass außerdienstliches Fehlverhalten im öffentlichen Dienst nicht automatisch einen Kündigungsgrund darstellt. Entscheidend sind der konkrete Bezug zum Arbeitsverhältnis, die Stellung des Arbeitnehmers und die tatsächlichen Auswirkungen auf den Betrieb. Selbst schwerwiegende Straftaten rechtfertigen keine Kündigung, wenn der Arbeitnehmer keine exponierte Stellung innehat und keine unmittelbaren dienstlichen Folgen entstehen. Dies stärkt den Kündigungsschutz für einfache Angestellte im öffentlichen Dienst erheblich.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil stärkt Ihre Rechte als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst erheblich. Es zeigt, dass nicht jede außerdienstliche Straftat automatisch zu einer Kündigung führen kann – selbst wenn sie schwerwiegend ist. Entscheidend sind Ihre konkrete Stellung und Aufgaben im Betrieb. Haben Sie keine herausgehobene Position oder üben keine hoheitlichen Tätigkeiten aus, ist eine Kündigung wegen privater Vergehen schwerer zu rechtfertigen. Ihr Arbeitgeber muss nachweisen, dass Ihr Verhalten konkrete negative Auswirkungen auf Ihre Arbeit oder den Betriebsfrieden hat. Auch bei Unruhe unter Kollegen muss der Arbeitgeber zunächst mildere Mittel wie eine Versetzung prüfen. Sie haben also gute Chancen, sich gegen eine vorschnelle Kündigung zu wehren.


FAQ – Häufige Fragen

Sie haben Fragen zur fristlosen Kündigung im Arbeitsrecht? Unser FAQ-Bereich bietet Ihnen umfassende Informationen und Antworten auf Ihre wichtigsten Fragen. Hier erfahren Sie verständlich und prägnant alles über die rechtlichen Rahmenbedingungen und Ihre Rechte im Falle einer fristlosen Kündigung.


Welche Voraussetzungen müssen für eine fristlose Kündigung wegen außerdienstlicher Straftaten erfüllt sein?

Für eine fristlose Kündigung wegen außerdienstlicher Straftaten müssen mehrere strenge Voraussetzungen erfüllt sein. Grundsätzlich gilt, dass außerdienstliches Verhalten den Arbeitgeber in der Regel nicht zu einer Kündigung berechtigt. Eine Ausnahme besteht jedoch, wenn die Straftat einen konkreten Bezug zum Arbeitsverhältnis aufweist und dadurch berechtigte Interessen des Arbeitgebers erheblich beeinträchtigt werden.

Ein wichtiger Faktor ist die Schwere der begangenen Straftat. Je gravierender das Vergehen, desto eher kann es eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dabei spielt auch eine Rolle, ob die Straftat geeignet ist, das Ansehen des Arbeitgebers in der Öffentlichkeit zu schädigen oder das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig zu stören.

Der Bezug zum Arbeitsverhältnis muss konkret und nachweisbar sein. Eine bloß abstrakte Gefährdung der betrieblichen Interessen reicht in der Regel nicht aus. Es muss vielmehr eine tatsächliche und erhebliche Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses vorliegen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Straftat im direkten Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit steht oder wenn sie das Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Integrität des Arbeitnehmers zerstört.

Die Art der Tätigkeit und die Position des Arbeitnehmers im Unternehmen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Bei Arbeitnehmern in Vertrauensstellungen oder mit besonderer Vorbildfunktion können außerdienstliche Straftaten eher zu einer fristlosen Kündigung führen als bei Mitarbeitern ohne solche Verantwortung.

Vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung muss der Arbeitgeber stets eine umfassende Interessenabwägung vornehmen. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das bisherige Verhalten des Arbeitnehmers, mögliche mildere Mittel und die Folgen der Kündigung für den Arbeitnehmer.

In den meisten Fällen ist vor einer fristlosen Kündigung wegen außerdienstlicher Straftaten eine Abmahnung erforderlich. Nur bei besonders schwerwiegenden Verstößen, die das Vertrauensverhältnis sofort und endgültig zerstören, kann ausnahmsweise auf eine vorherige Abmahnung verzichtet werden.

Der Arbeitgeber muss die Kündigung innerhalb der zweiwöchigen Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB aussprechen, nachdem er von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Dabei ist zu beachten, dass die Frist erst zu laufen beginnt, wenn der Arbeitgeber eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis der einschlägigen Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung darüber ermöglicht, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen will oder nicht.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Rechtsprechung bei außerdienstlichen Straftaten als Kündigungsgrund sehr strenge Maßstäbe anlegt. Eine fristlose Kündigung ist nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar ist. In der Praxis scheitern viele fristlose Kündigungen wegen außerdienstlicher Straftaten vor den Arbeitsgerichten, weil die hohen Anforderungen nicht erfüllt sind.

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Welche Rolle spielt der Bezug zum Arbeitsverhältnis bei außerdienstlichen Straftaten?

Bei außerdienstlichen Straftaten eines Arbeitnehmers ist der Bezug zum Arbeitsverhältnis von entscheidender Bedeutung für die arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Grundsätzlich gilt, dass das Privatleben des Arbeitnehmers den Arbeitgeber nicht zu interessieren hat. Eine außerdienstlich begangene Straftat rechtfertigt daher in der Regel keine Kündigung, solange kein konkreter Bezug zur beruflichen Tätigkeit besteht.

Ein relevanter Bezug zum Arbeitsverhältnis kann sich jedoch aus verschiedenen Faktoren ergeben. Besonders wichtig sind hierbei die Art der ausgeübten Tätigkeit und die Position des Arbeitnehmers im Unternehmen. So kann bei einem Bankangestellten, der privat wegen Betrugs verurteilt wurde, durchaus ein Zusammenhang zu seinen beruflichen Aufgaben gesehen werden. Das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber wäre in diesem Fall erheblich gestört.

Auch die Schwere der Straftat spielt eine Rolle. Je gravierender das Vergehen, desto eher kann es Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben. Bei einem Gewaltdelikt eines Erziehers wäre beispielsweise der Bezug zur beruflichen Tätigkeit offensichtlich.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die mögliche Rufschädigung für den Arbeitgeber. Wird die Straftat öffentlich bekannt und kann sie dem Unternehmen zugeordnet werden, kann dies negative Folgen für dessen Ansehen haben. In solchen Fällen kann auch eine außerdienstliche Straftat arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Die konkrete Beurteilung, ob ein ausreichender Bezug zum Arbeitsverhältnis vorliegt, erfolgt stets im Einzelfall. Dabei werden alle relevanten Umstände berücksichtigt, wie die Natur der Straftat, die Art der Beschäftigung, die Stellung im Betrieb und mögliche Auswirkungen auf das Unternehmen. Je enger der Zusammenhang zwischen der Straftat und den beruflichen Pflichten, desto eher kann eine Kündigung gerechtfertigt sein.

Es ist wichtig zu betonen, dass selbst bei einem festgestellten Bezug zum Arbeitsverhältnis nicht automatisch eine fristlose Kündigung zulässig ist. Auch dann muss eine umfassende Interessenabwägung erfolgen. Dabei werden die Interessen des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen die Interessen des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes abgewogen. Faktoren wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter des Arbeitnehmers und seine familiären Verhältnisse fließen in diese Abwägung ein.

In der Praxis zeigt sich, dass Gerichte bei außerdienstlichen Straftaten ohne direkten Bezug zur Arbeit oft zugunsten des Arbeitnehmers entscheiden. Eine fristlose Kündigung wird nur in Ausnahmefällen als gerechtfertigt angesehen, wenn die Straftat schwerwiegende Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis hat.

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Welche Möglichkeiten hat ein Arbeitnehmer, sich gegen eine fristlose Kündigung zu wehren?

Ein Arbeitnehmer hat mehrere Möglichkeiten, sich gegen eine fristlose Kündigung zur Wehr zu setzen. Der wichtigste Schritt ist die Erhebung einer Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht. Diese muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eingereicht werden. Mit der Klage kann der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Kündigung geltend machen und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erreichen.

Im Rahmen des Gerichtsverfahrens kann der Arbeitnehmer verschiedene Argumente vorbringen, um die Rechtmäßigkeit der fristlosen Kündigung anzufechten. Ein zentraler Punkt ist dabei die Prüfung, ob ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung vorlag. Der Arbeitnehmer kann argumentieren, dass das ihm vorgeworfene Verhalten nicht schwerwiegend genug war, um eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen.

Zudem kann der Gekündigte die Verhältnismäßigkeit der Kündigung in Frage stellen. Hierbei wird geprüft, ob mildere Mittel wie eine Abmahnung oder eine ordentliche Kündigung ausgereicht hätten. Der Arbeitnehmer kann auch geltend machen, dass der Arbeitgeber die erforderliche Interessenabwägung nicht ordnungsgemäß vorgenommen hat. Dabei müssen die Interessen beider Parteien an der Fortsetzung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegeneinander abgewogen werden.

Ein weiterer Angriffspunkt kann die Einhaltung formeller Voraussetzungen sein. Der Arbeitnehmer kann prüfen lassen, ob die Kündigung schriftlich erfolgte und ob bei der Kündigung eines Betriebsratsmitglieds die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats eingeholt wurde.

In Fällen, in denen die fristlose Kündigung aufgrund einer außerdienstlichen Straftat erfolgte, kann der Arbeitnehmer argumentieren, dass kein ausreichender Bezug zum Arbeitsverhältnis besteht. Es muss eine konkrete Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen durch die Straftat nachgewiesen werden.

Neben der gerichtlichen Auseinandersetzung besteht für den Arbeitnehmer auch die Möglichkeit, mit dem Arbeitgeber in Verhandlungen zu treten. Ziel kann dabei sein, die fristlose in eine ordentliche Kündigung umzuwandeln oder eine einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung zu vereinbaren.

Der Arbeitnehmer sollte beachten, dass er trotz Kündigungsschutzklage grundsätzlich seine Arbeitsleistung anbieten muss, um seinen Vergütungsanspruch zu erhalten. Dies gilt zumindest dann, wenn er die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erreichen möchte.

Eine sorgfältige Dokumentation aller Vorgänge und eine zeitnahe Reaktion auf die Kündigung sind für den Erfolg der Gegenwehr entscheidend. Der Arbeitnehmer sollte alle Unterlagen und Beweise sammeln, die seine Position stützen können.

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Welche Faktoren beeinflussen die Entscheidung des Gerichts über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung?

Bei der gerichtlichen Überprüfung einer fristlosen Kündigung berücksichtigen Gerichte verschiedene Faktoren, um deren Wirksamkeit zu beurteilen. Ein zentrales Kriterium ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes gemäß § 626 Abs. 1 BGB. Dieser muss so schwerwiegend sein, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist.

Die Schwere der Pflichtverletzung spielt eine entscheidende Rolle. Je gravierender der Verstoß, desto eher rechtfertigt er eine fristlose Kündigung. Dabei bewerten Gerichte nicht nur die Tat an sich, sondern auch deren Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis. Ein Diebstahl geringwertiger Sachen kann beispielsweise ausreichen, wenn dadurch das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört wird.

Die Dauer der Betriebszugehörigkeit fließt ebenfalls in die Abwägung ein. Langjährigen Mitarbeitern wird tendenziell ein höherer Kündigungsschutz zugestanden. Allerdings kann eine lange Betriebszugehörigkeit auch zu höheren Loyalitätserwartungen führen, sodass Vertrauensbrüche schwerer wiegen.

Das bisherige Verhalten des Arbeitnehmers ist ein weiterer wichtiger Faktor. Eine bislang tadellose Arbeitsleistung kann zugunsten des Arbeitnehmers berücksichtigt werden. Umgekehrt können frühere Abmahnungen oder Pflichtverletzungen die Entscheidung für eine fristlose Kündigung stützen.

Gerichte prüfen zudem, ob mildere Mittel wie eine Abmahnung oder Versetzung ausreichend gewesen wären. Eine fristlose Kündigung muss stets das letzte Mittel (Ultima Ratio) darstellen. Bei Verhaltensverfehlungen ist in der Regel eine vorherige Abmahnung erforderlich, es sei denn, die Schwere des Verstoßes lässt eine Verhaltensänderung nicht erwarten.

Die wirtschaftlichen Folgen für den Arbeitnehmer werden ebenfalls in die Interessenabwägung einbezogen. Dabei spielen Faktoren wie Alter, Familienstand und Arbeitsmarktchancen eine Rolle. Je gravierender die Folgen einer Kündigung für den Arbeitnehmer, desto höher sind die Anforderungen an deren Rechtfertigung.

Bei der Beurteilung außerdienstlichen Verhaltens als Kündigungsgrund prüfen Gerichte den Bezug zum Arbeitsverhältnis. Straftaten außerhalb der Arbeitszeit können eine fristlose Kündigung rechtfertigen, wenn sie sich unmittelbar auf die berufliche Tätigkeit oder das Ansehen des Arbeitgebers auswirken.

Die Einhaltung formeller Voraussetzungen beeinflusst ebenfalls die gerichtliche Entscheidung. Dazu gehört insbesondere die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB, innerhalb derer die Kündigung nach Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen ausgesprochen werden muss.

Bei der Gesamtabwägung berücksichtigen Gerichte alle Umstände des Einzelfalls. Dabei fließen auch die Unternehmensstruktur, die Position des Arbeitnehmers und mögliche Wiederholungsgefahren in die Bewertung ein. Eine fristlose Kündigung ist nur wirksam, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände als verhältnismäßige Reaktion erscheint.

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Was sind die möglichen Konsequenzen für den Arbeitgeber, wenn eine fristlose Kündigung unwirksam ist?

Eine unwirksame fristlose Kündigung kann für den Arbeitgeber erhebliche rechtliche und finanzielle Folgen haben.

Der wichtigste Aspekt ist, dass das Arbeitsverhältnis bei einer unwirksamen Kündigung als fortbestehend gilt. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer daher weiterbeschäftigen und ihm den ausstehenden Lohn nachzahlen. Diese Lohnfortzahlungspflicht besteht für den gesamten Zeitraum zwischen der ausgesprochenen Kündigung und der gerichtlichen Feststellung der Unwirksamkeit. Je nach Dauer des Gerichtsverfahrens kann sich hier eine beträchtliche Summe ansammeln.

Der Arbeitgeber gerät durch die unwirksame Kündigung in den sogenannten Annahmeverzug nach § 615 BGB. Das bedeutet, er muss das vereinbarte Arbeitsentgelt zahlen, obwohl der Arbeitnehmer in dieser Zeit keine Arbeitsleistung erbracht hat. Wichtig ist, dass nicht nur das Grundgehalt, sondern auch sämtliche Lohnbestandteile mit Entgeltcharakter wie Zulagen, Prämien oder ein 13. Monatsgehalt vom Annahmeverzugslohn umfasst sind.

Neben der Lohnfortzahlung können auf den Arbeitgeber auch Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers zukommen. Hat der Arbeitnehmer aufgrund der vermeintlichen Kündigung finanzielle Einbußen erlitten, etwa durch die Auflösung von Sparverträgen oder die Aufnahme eines Kredits, kann er diese Schäden vom Arbeitgeber ersetzt verlangen. Auch immaterielle Schäden wie eine Rufschädigung können unter Umständen zu Schadensersatzforderungen führen.

Ein weiterer Aspekt betrifft die Sozialversicherungsbeiträge. Der Arbeitgeber muss für den Zeitraum des Annahmeverzugs rückwirkend Sozialversicherungsbeiträge abführen. Dies kann zu Säumniszuschlägen führen, wenn die Beiträge nicht rechtzeitig gezahlt wurden.

Zudem besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, eine Abfindung zu fordern, wenn das Arbeitsverhältnis trotz Unwirksamkeit der Kündigung nicht fortgesetzt werden soll. Die Höhe einer solchen Abfindung richtet sich nach verschiedenen Faktoren wie Betriebszugehörigkeit und Alter des Arbeitnehmers.

Besonders gravierend können die Folgen für den Arbeitgeber sein, wenn die fristlose Kündigung diskriminierenden Charakter hatte. In solchen Fällen drohen zusätzliche Entschädigungszahlungen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Der Arbeitgeber muss auch bedenken, dass eine unwirksame fristlose Kündigung negative Auswirkungen auf das Betriebsklima und den Ruf des Unternehmens haben kann. Dies kann indirekt zu wirtschaftlichen Nachteilen führen, etwa durch eine erhöhte Fluktuation oder Schwierigkeiten bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter.

Um diese Risiken zu minimieren, ist es für Arbeitgeber ratsam, vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung sorgfältig zu prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sind. Dabei sollten sie insbesondere beachten, dass ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung vorliegen muss, der es dem Arbeitgeber unzumutbar macht, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Außerdienstliches Verhalten: Bezeichnet Handlungen, die außerhalb der Arbeitszeit und des beruflichen Umfelds stattfinden. Im vorliegenden Fall geht es um den Besitz von Kinderpornografie in der Freizeit des Angestellten, der bei der Polizei arbeitete.
  • Vertrauensverhältnis: Beschreibt das besondere Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, das auf gegenseitigem Vertrauen und Loyalität beruht. Eine Straftat kann dieses Verhältnis zerstören, wenn sie Zweifel an der Zuverlässigkeit oder Integrität des Arbeitnehmers aufkommen lässt.
  • Betriebsfrieden: Bezeichnet die ungestörte Zusammenarbeit und das harmonische Miteinander am Arbeitsplatz. Eine Straftat kann den Betriebsfrieden stören, wenn sie zu Konflikten, Misstrauen oder Unruhe unter den Kollegen führt.
  • Hoheitliche Aufgaben: Sind Tätigkeiten, die mit besonderer staatlicher Autorität und Verantwortung verbunden sind, wie z.B. die Ausübung von Polizeigewalt oder die Erteilung von Verwaltungsakten. Bei der Ausübung hoheitlicher Aufgaben gelten für Beamte strengere Verhaltensregeln als für einfache Angestellte.
  • Exponierte Stellung: Bezeichnet eine herausgehobene Position im Unternehmen, bei der der Arbeitnehmer das Unternehmen in besonderer Weise repräsentiert oder eine Vorbildfunktion hat. In einer exponierten Stellung gelten höhere Anforderungen an das außerdienstliche Verhalten als bei einfachen Angestellten.
  • Störung des Betriebsfriedens: Beschreibt eine Situation, in der das Arbeitsklima durch Konflikte, Misstrauen oder Unruhe beeinträchtigt ist. Eine Straftat eines Arbeitnehmers kann den Betriebsfrieden stören, wenn sie zu negativen Reaktionen bei Kollegen oder Kunden führt.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 626 BGB (Außerordentliche Kündigung): Das Gesetz erlaubt die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund. Ein solcher Grund liegt vor, wenn Tatsachen gegeben sind, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Im vorliegenden Fall wurde die außerordentliche Kündigung aufgrund des Besitzes von Kinderpornografie ausgesprochen, was der Arbeitgeber als schweren Vertrauensbruch ansah.
  • § 34 Abs. 2 TV-L (Kündigungsschutz im öffentlichen Dienst): Diese Vorschrift besagt, dass das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers, der das 40. Lebensjahr vollendet hat und dessen Beschäftigungszeit 15 Jahre beträgt, durch den Arbeitgeber nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann. Der Kläger war zum Zeitpunkt der Kündigungen 49 Jahre alt und seit 1987 beschäftigt, sodass diese Regelung auf ihn Anwendung fand.
  • § 1 KSchG (Kündigungsschutzgesetz): Dieses Gesetz regelt den allgemeinen Kündigungsschutz für Arbeitnehmer. Es sieht vor, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Im vorliegenden Fall wurde die Rechtmäßigkeit der Kündigung aufgrund des Verhaltens des Klägers außerhalb des Dienstes geprüft.
  • § 68 Abs. 2 SGB IX (Gleichstellung schwerbehinderter Menschen): Menschen mit einer Behinderung können einen Antrag auf Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen stellen, um in den Genuss des besonderen Kündigungsschutzes nach dem SGB IX zu kommen. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger keinen solchen Antrag gestellt, weshalb ihm kein besonderer Kündigungsschutz zustand.
  • Art. 5 Abs. 1 GG (Meinungsfreiheit): Dieses Grundrecht schützt die Freiheit, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Im vorliegenden Fall argumentierte der Kläger, dass der Besitz von Kinderpornografie unter den Schutz der Meinungsfreiheit fallen könnte. Das Gericht stellte jedoch klar, dass die Meinungsfreiheit ihre Grenzen dort findet, wo sie andere Rechtsgüter verletzt, wie in diesem Fall den Schutz von Kindern.

Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Hamm – Az.: 15 Sa 262/15 – Urteil vom 27.08.2015


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

 

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 25.11.2014 – 2 Ca 482/14 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die rechtliche Wirksamkeit zweier außerordentlicher Kündigungen des Arbeitsverhältnisses des Klägers.

Der 1964 geborene ledige Kläger ist seit Juni 1987 als Arbeiter und anschließend seit Januar 1989 als Angestellter bei dem beklagten Land in dem Polizeipräsidium C beschäftigt. Dort war er zuletzt bis Juni 2013 als Sachbearbeiter in der Personalverwaltung tätig und wurde sodann als Mitarbeiter in der Materialausgabe und Druckerei eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der TV-L Anwendung. Der Kläger ist eingruppiert in der Entgeltgruppe 8, Stufe 6, und erzielte zuletzt ein durchschnittliches Bruttomonatsentgelt von 3.000,00 Euro. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist gemäß § 34 Abs. 2 TV-L nur noch aus wichtigem Grund kündbar.

Ab dem 28.11.2013 betrug der Grad der Behinderung bei dem Kläger 20. Unter dem 27.05.2015 teilte der Widerspruchsausschuss bei dem LWL-Integrationsamt Westfalen, Münster, den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, dass dieser keinen An- trag auf Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen gemäß § 68 Abs. 2 SGB IX gestellt hat und dass damit feststeht, dass der Kläger nicht den besonderen Kündigungsschutz nach dem Sozialgesetzbuch IX in Anspruch nehmen kann. Mit weiterem Schreiben des Widerspruchsausschusses vom 12.06.2015 stellte dieser, nach dem der Kläger seinen Widerspruch zurückgenommen hatte, das Widerspruchsverfahren ein.

Mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Bochum vom 26.08.2013 wurde der Kläger angeklagt, tateinheitlich pornografische Schriften, die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern zum Gegenstand haben, sonst zugänglich gemacht zu haben, es ferner unternommen zu haben, sich den Besitz von kinderpornografischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben bzw. kinderpornografische Schriften besessen zu haben, und schließlich es unternommen zu haben, sich den Besitz von pornografischen Schriften, die sexuelle Handlungen von, an oder vor Personen im Alter von 14 bis 18 Jahren zum Gegen-stand haben, zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben bzw. solche jugendpornografischen Schriften besessen zu haben. Grundlage dieser dem Kläger zur Last gelegten strafbaren Vergehen war ein bei ihm auf privaten elektronischen Speichermedien gefundener, aus insgesamt 6.600 Bild- und Videodateien bestehender Gesamtdatenbestand eines Volumens von 25,1 Gigabyte. Der Anklage vorausgegangen waren Durchsuchungen sowohl der Privaträume des Klägers als auch seiner Büroräume im Polizeipräsidium C. Auf dem dienstlichen Computer des Klägers fanden sich keine belastenden Bild- oder Videodateien.

Die Anklage war Grund der Versetzung des Klägers von der Personalverwaltung in die Materialausgabe und Druckerei im Juni 2013. Zu dieser Zeit war die Angelegenheit in der Öffentlichkeit noch nicht bekannt und damit auch nicht bei allen Mitarbeitern des Polizeipräsidiums. Der Kläger selbst hatte sich in dem Ermittlungsverfahren nicht zur Sache eingelassen.

In der Strafverhandlung vor dem Amtsgericht Bochum am 13.02.2014 zeigte sich der Kläger voll geständig und wurde zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, ausgesetzt zur Bewährung für drei Jahre, sowie einer Geldstrafe von 1.500,00 Euro zu Gunsten eines Kinderheims verurteilt. Die Urteilsbegründung hob hervor, dass sich der Kläger geständig gezeigt habe. Zu Ungunsten des Klägers führte das Amtsgericht den hohen Datenbestand auf dem Rechner des Klägers an. Es liege nahe, dass er sich die Dateien aufgrund einer pädophilen Neigung verschafft habe (Amtsgericht Bochum 74 Ls – 39 Js 31/13 – 81-/13). Das Urteil wurde noch am selben Tag rechtskräftig. Das beklagte Land stellte den Kläger sodann mit Wirkung ab dem 17.02.2014 von der Arbeitsleistung frei.

Mit Schreiben vom 19.02.2014 hörte das beklagte Land den bei der Kreispolizeibehörde C bestehenden Personalrat zur beabsichtigten außerordentlichen fristlosen Kündigung und hilfsweisen außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist an. Für die Einzelheiten des Inhalts des Anhörungsschreibens wird verwiesen auf Bl. 74 bis 81 d. A. Der Personalrat teilte unter dem 20.02.2014 mit, dass er gegen die beabsichtigte Kündigung keine Einwände habe.

Das beklagte Land kündigte sodann zunächst mit Schreiben vom 24.02.2014 das Arbeitsverhältnis zu dem Kläger außerordentlich fristlos und hilfsweise außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 30.09.2014.

Nach erneuter Anhörung des Personalrats unter dem 24.02.2014 zur beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers unter Berücksichtigung eines etwaig bestehenden Sonderkündigungsschutzes und nach Mitteilung des Integrationsamts mit Schreiben vom 07.03.2014, dass es innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Zwei-Wochen-Frist keine Entscheidung getroffen habe, kündigte das beklagte Land mit Schreiben vom 07.03.2014 das Arbeitsverhältnis des Klägers vorsorglich nochmals außerordentlich fristlos und hilfsweise außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 30.09.2014.

Mit seiner am 13.03.2014 eingegangenen Feststellungsklage hat sich der Kläger gegen beide Kündigungen gewehrt.

Er hat die Kündigungen für rechtsunwirksam gehalten, da es bereits an einem arbeitsvertraglichen Bezug fehle; er habe eine außerdienstliche Straftat begangen. Die Kündigung sei unverhältnismäßig, da er seit 26 Jahren bei dem beklagten Land ohne jede Beanstandung beschäftigt sei. Der Sexualpsychotherapeut, in dessen Behandlung er sich zwischenzeitlich durchgängig befinde, schließe ausdrücklich eine Rückfallgefährdung aus. Zu berücksichtigen sei schließlich, dass er jedenfalls als Mitarbeiter in der Materialausgabe und der Druckerei keinerlei Außenkontakte habe.

Der Kläger hat beantragt festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigungen des beklagten Landes vom 24.02.2014 und vom 07.03.2014 weder außerordentlich fristlos noch außerordentlich mit sozialer Auslauffrist aufgelöst worden ist.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, dass durch die außerdienstlich begangenen Straftaten des Klägers der Betriebsfrieden nachhaltig gestört sei. Allen im Polizeipräsidium beschäftigten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sei inzwischen aufgrund einschlägiger Presseartikel bekannt, dass der Kläger Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung begangen habe, welche im Zusammenhang mit Kinderpornografie stehen. Die rechtskräftige Verurteilung des Klägers habe innerhalb der Dienststelle zu erheblicher Unruhe geführt. Einige Beschäftigte hätten angekündigt, sich nicht mehr in einem Raum mit dem Kläger aufhalten oder mit ihm weiter zusammen arbeiten zu wollen. Viele der Mitarbeiter würden insbesondere befürchten, dass der Kläger Informationen und Bilder ihrer eigenen Kinder schon missbraucht habe bzw. künftig missbrauchen könnte. So habe der Kläger beispielsweise die Regierungsbeschäftigte Q in der Vergangenheit wiederholt darum gebeten, ihm Bilder von ihrem Sohn in elektronischer Form zu schicken, was diese arglos und ohne jedes Misstrauen auch getan habe. Die Sachbearbeiterin H habe infolge der Vorwürfe gegen den Kläger Bilder ihrer Kinder von ihrem Schreibtisch entfernt aus Angst, der Kläger könne diese mit Hilfe seines Smartphones abfotografieren.

Das beklagte Land hat den Ausschluss einer Rückfallgefährdung bei dem Kläger bestritten. Es habe zudem inzwischen erfahren, dass der Kläger an seinem Arbeitsplatz regelmäßig sein Smartphone, einen privaten Tablet-PC mit Internetzugang und eigenem W-LAN sowie einen privaten USB-Stick bei sich geführt habe. Auf diese Weise habe er Zugriff auf seinen privaten Rechner gehabt. Es sei daher anzunehmen, dass der Kläger sich auch während seiner Arbeitszeit auf seinem privaten Rechner befindliches Bild- und Videomaterial angesehen habe. Bereits dadurch weise sein strafbares Verhalten einen direkten Bezug zu seiner arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht gegenüber seinem Arbeitgeber auf. Bei der Durchsuchung des Arbeitsplatzes des Klägers habe sich das Polizeipräsidium C staatlichen Ermittlungen ausgesetzt gesehen. Zudem sei das Polizeipräsidium in mehr als peinlicher und sein Ansehen schädigender Weise mit der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers in Verbindung gebracht worden.

Das strafbare außerdienstliche Verhalten stelle zudem einen Eignungsmangel des Klägers dar. Auch sei es geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizeibehörde zu erschüttern. Es sei dem beklagten Land daher unzumutbar, den Kläger weiter zu beschäftigen, denn bei strafbaren Handlungen der hier in Rede stehenden Art müsse in der Öffentlichkeit und insbesondere bei den Opfern der Eindruck entstehen, eine Polizeibehörde, deren originäre Aufgabe die Aufklärung und Verfolgung von Straftaten sei, habe selbst kein Problem damit, einen rechtskräftig verurteilten Straftäter zu beschäftigen. Das Vertrauensverhältnis zu dem Kläger sei irreparabel zerstört.

Der Kläger hat behauptet, von seinem Arbeitsplatz aus keinen Zugang zu seinem privaten PC in seiner Wohnung zu haben. Er könne lediglich mit Hilfe seines Smartphones auf eine in seiner Wohnung installierte Überwachungskamera zugreifen, die er zum Zwecke der Einbruchssicherung dort vorhalte. Dieser Kamera sei jedoch nicht mit seinem PC verbunden. Auch habe er keine privaten USB-Sticks mit zur Arbeit gebracht. Ebenso wenig habe er Kollegen und Kolleginnen sowie deren Kinder belästigt; er habe Bilder von deren Kinder weder erbeten noch erhalten.

Der Personalrat sei nicht vollständig unterrichtet worden. Ihm seien die angebliche Störung des Betriebsfriedens sowie die angeblichen diesbezüglichen Äußerungen einzelner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht konkret mitgeteilt worden.

Das Arbeitsgericht Bochum hat mit Urteil vom 25.11.2014 der Feststellungsklage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Beide Kündigungen beruhten nicht auf einen wichtigen Grund im Sinne des Gesetzes. Die von dem Kläger außerdienstlich begangenen Straftaten hätten keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis der Parteien. Der Kläger habe weder eine individual- noch eine kollektivrechtliche Pflicht verletzt und auch nicht gegen die allgemeine Pflicht zur Rücksichtnahme gemäß § 241 Abs. 2 BGB verstoßen. Die Straftaten hätten weder von der zeitlichen Fortdauer noch von den inhaltlichen Ausmaßen her trotz der zweifellos enormen Datenmenge das Gewicht des gesetzlichen wichtigen Kündigungsgrundes. Bei dem – streitigen – Umstand, dass der Kläger eine Regierungsbeschäftigte darum gebeten haben solle, ihm Bilder von ihrem Sohn in elektronischer Form zu schicken, handelte es sich um einen offensichtlich einmaligen Ausnahmefall, der nicht grundsätzlich jedes Vertrauen in die Person des Klägers an seinem Arbeitsplatz unwiederbringlich zu zerstören vermöge. Eine ernsthafte Wiederholungsgefahr bestehe zudem nicht mehr. Es fehle bei den Straftaten des Klägers an einer besonderen Nähe zum Arbeitsplatz, wenngleich das strafbare Verhalten zweifellos geeignet sei, eine spürbare Antipathie bis hin zu offen gezeigter Abneigung bei den Beschäftigten im Polizeipräsidium zu erzeugen.

Die Annahme des beklagten Landes, die von dem Kläger an seinen Arbeitsplatz mitgeführten Geräte ließen auf eine Nutzung mit pornografischem Bezug schließen, stelle sich offensichtlich als reine Spekulation dar. Zwar ständen die außerdienstlichen Straftaten des Klägers in unmittelbarem Widerspruch zur Aufgabe seiner Beschäftigungsbehörde. Gleichwohl habe dieser Widerspruch noch nicht das Gewicht eines wichtigen Kündigungsgrundes, da ansonsten jedwede außerdienstliche Straftat eines bei einer Polizeibehörde privatrechtlich Beschäftigten automatisch einen Kündigungsgrund darstellen würde. Dem könne in dieser Reichweite nicht gefolgt werden. Der Kläger habe zwar durch sein vorsätzliches strafbares Verhalten die Interessen des beklagten Landes klar beeinträchtigt. Letztlich fehle es jedoch an einem hinreichenden Bezug zu den arbeitsvertraglichen Verpflichtungen des Klägers. Dieser sei kein exponierter Repräsentant des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Er nehme nicht an den hoheitlichen Aufgaben des Polizeipräsidiums unmittelbar teil. Es könne im konkreten Kontext dieses Einzelfalles nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass im Hinblick auf den Einsatzbereich des Klägers für andere Mitarbeiter die weitere Tätigkeit im Präsidium unzumutbar werde. Doch selbst wenn der Kläger mit seinen strafbaren Handlungen zugleich eine vertragliche Nebenpflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verletzt haben sollte, hätte dies das beklagte Land nicht von der Pflicht entbunden, ihn auf einem anderen, für beide Seiten zumutbaren Arbeitsplatz weiter zu beschäftigen, wenn dadurch künftige Störungen des Arbeitsverhältnisses hätten vermieden werden können. Könnte der Angestellte nämlich künftig mit nicht hoheitlichen Aufgaben betraut werden, könnte sich seine Weiterbeschäftigung als zumutbar erweisen. Vorliegend sei der Kläger nie mit hoheitlichen Aufgaben betraut gewesen, so dass das Maß der Beeinträchtigung der Interessen des beklagten Landes noch nicht ausreiche, dass sich die Weiterbeschäftigung des Klägers als unzumutbar erweise.

Das beklagte Land könne sich für die Kündigungen auch weder auf die Grundsätze einer sog. Druckkündigung berufen noch auf einen Eignungsmangel und damit auf einen in der Person des Klägers liegenden Kündigungsgrund.

Das beklagte Land hat gegen das ihm am 11.02.2015 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts am 24.02.2015 Berufung eingelegt und diese mit am 07.04.2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Unter Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens behauptet das beklagte Land, das Ansehen des Polizeipräsidiums C habe durch die im Zuge der Ermittlungen erfolgte Presseberichterstattung nachhaltig Schaden genommen. Der Kläger habe zudem beispielsweise die Regierungsbeschäftigte Q in der Vergangenheit wiederholt darum gebeten, ihm Bilder von ihrem heute sechsjährigen Sohn in elektronischer Form zu schicken. Die Mitarbeiterin habe dem Kläger arglos ein Foto ihres Sohnes überlassen. Die Mitarbeiterin H habe infolge der Vorwürfe gegen den Kläger die Bilder ihrer Kinder von ihrem Schreibtisch entfernt aus Sorge, der Kläger könne diese mit seinem Smartphone abfotografieren. Es lägen dem beklagten Land allein 27 Stellungnahmen von Mitarbeitern aus den verschiedensten Abteilungen vor, für die eine auch nur entfernte weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger völlig unvorstellbar sei. Arbeitsplätze, auf welchen ein Kontakt des Klägers zu Kollegen vollkommen ausgeschlossen sei, gebe es nicht. Selbst in die Materialverwaltung müssten sich immer wieder Mitarbeiter begeben, etwa wenn sie Büromaterial benötigten.

Das Arbeitsgericht verkenne, dass es sich bei den vom Kläger begangenen Straftaten nicht um unbedeutende Straftaten handele, sondern der Kläger durch das Herunterladen und Anbieten von kinder- und jugendpornografischem Material die Rechtsordnung massiv verletzt habe. Der Kläger arbeite schließlich in einer Polizeibehörde, welche derartige Straftaten gerade verhindern und aufklären soll. Ein Bezug zum Arbeitsverhältnis des Klägers ergebe sich eben bereits daraus, dass der Kläger eine Mitarbeiterin wiederholt gebeten habe, ihm Bilder von ihrem Sohn in elektronischer Form zu schicken sowie daraus, dass die übrigen Mitarbeiter des beklagten Landes eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger ablehnten, wie die 27 vorliegenden Stellungnahmen zeigten. Der dienstliche Bezug ergebe sich auch daraus, dass der Kläger mit den von ihm stets zur Arbeit mitgeführten zahlreichen Geräten Zugriff auf seinen in seiner Wohnung befindlichen privaten Computer gehabt habe und damit auch jederzeit während der Arbeitszeit auf das dort gespeicherte Bild- und Videomaterial habe zugreifen können. Der Kläger habe nicht eine eher unbedeutende Straftat begangen, sondern eine solche von erheblichem Gewicht, auf welche die Öffentlichkeit zudem besonders sensibel reagiere. Zwar handele es sich bei dem beklagten Land nicht um ein Tendenzunternehmen, doch könnten die vom Bundesarbeitsgericht entsprechenden Ausführungen herangezogen werden. Auch die Durchsuchung der Büroräume des Klägers im Polizeipräsidium habe einen konkreten Bezug zum Arbeitsverhältnis des Klägers. Gleiches gelte für die durch den Kläger verursachte Störung des Betriebsfriedens, die sich auf das gesamte Polizeipräsidium beziehe.

Ebenso sei die Kündigung unter dem Gesichtspunkt der Druckkündigung gerechtfertigt. Es stehe zu Erwarten, dass eine nicht unbedeutende Anzahl von Mitarbeitern ihr Arbeitsverhältnis zum beklagten Land kündigen werde, da es für sie schlicht nicht vorstellbar sei, mit dem Kläger weiterhin zusammen zu arbeiten.

Schließlich sei zu sehen, dass der Kläger für eine weitere Tätigkeit in der Behörde auch zwingend ungeeignet sei. Begehe ein Bediensteter einer Polizeibehörde eine nicht unerhebliche und insbesondere in hohem Maße öffentlichkeitswirksame Straftat, sei er für jede weitere Tätigkeit ungeeignet.

Das beklagte Land beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 25.11.2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 25.11.2014, Az. 2 Ca 482/14, zurückzuweisen.

Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und weist darauf hin, dass der ihn behandelnde Sexual- und Psychotherapeut bereits im Rahmen seiner Stellungnahme vom 05.02.2014 deutlich darauf hingewiesen habe, dass eine Rückfallgefährdung ausgeschlossen werden könne, da er – der Kläger – große Scham- und Schuldgefühle habe und ihm die Tragweite seines Handelns mittlerweile sehr klar sei. Der Arbeitsplatz in der Materialbestellung und -ausgabe, auf den er nach Bekanntwerden der polizeilichen Ermittlungen umgesetzt worden sei, sei von dem beklagten Land als ein für seine Arbeitskollegen und ihn selbst unkritischer Arbeitsplatz tituliert worden, wie sich dem Schriftsatz des beklagten Landes vom 20.02.2014 an das Integrationsamt entnehmen lasse. Auf diesem Arbeitsplatz habe er keinen Publikumskontakt und nur im Rahmen der Materialausgabe kurzfristige Kontakte zu anderen Kollegen des Polizeipräsidiums C (gehabt). Die Behauptung des beklagten Landes, er habe von seinem Arbeitsplatz Zugriff auf seinen privaten PC und dortigen Videodateien genommen, entspreche nicht den Tatsachen und sei eine Behauptung ins Blaue hinein. Allein die Tatsache, dass eine Person ein Handy und ein Tablet-PC mit sich führe, mache sie nicht verdächtig in diesem Sinne. Es habe überhaupt keine technische Möglichkeit für ihn gegeben, von seinen Diensträumen auf seinen privaten PC Zugriff zu nehmen.

Zu keinem Zeitpunkt habe er sich Fotos von Kindern seiner Kollegen geben lassen oder Fotos von Kindern von Kollegen abfotografiert. Letztere Behauptung sei nicht einmal ansatzweise substantiiert dargestellt. Bei den von dem beklagten Land angeführten Zeitungsberichten handele es sich lediglich um zwei kurze Berichte, die nicht dahingehend eingestuft werden könnten, dass eine derart große Gefährdung des Ansehens der Behörde vorliege, dass ein Kündigungsgrund griffe. Auch habe das beklagte Land nicht dargelegt, dass es sich bei den 27 Stellungnahmen um einen relevanten Teil der Belegschaft des Polizeipräsidiums handele und ebenso wenig, welche Nachteile dem Arbeitgeber von diesen Mitarbeitern angedroht würden.

Es sei noch einmal hervorzuheben, dass er ausschließlich im Verwaltungsbereich (Personalverwaltung und Materialbeschaffung) eingesetzt worden sei, jedoch keinerlei hoheitliche Aufgaben übertragen bekommen habe. Ebenso wenig habe er Publikumsverkehr gehabt.

Schließlich meint der Kläger, dass auch keine ordnungsgemäße Personalratsbeteiligung vorgelegen habe. Dass das beklagte Land dem Personalrat die aus seiner subjektiven Sicht tragenden Umstände vollumfänglich dargelegt habe, habe das beklagte Land nicht vorgetragen.

Wegen des weiteren tatsächlichen Vorbringens der Parteien wird verwiesen auf deren wechselseitige Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der öffentlichen Sitzungen in erster und zweiter Instanz, die insgesamt Gegenstand der letzten mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 25.11.2014 ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 Buchst. c ArbGG an sich statt-haft. Sie ist auch gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Die Berufung ist somit zulässig.

II. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Feststellungsklage im Ergebnis zu Recht und auch mit wohl erwogener zutreffender Begründung in vollem Umfang stattgegeben. Das Berufungsgericht verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die sorgfältig und umfassend begründete erst- instanzliche Entscheidung und schließt sich ihr an, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Die streitgegenständlichen Kündigungen des beklagten Landes vom 24.02.2014 und 07.03.2014 haben das zu dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis weder außerordentlich fristlos noch außerordentlich mit einer sozialen Auslauffrist aufgelöst.

1. Beiden Kündigungen ermangelt es des wichtigen Grundes im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB.

Die Ausführungen des beklagten Landes in der Berufungsbegründung geben zu folgenden ergänzenden Anmerkungen Anlass:

a) Mit dem Arbeitsgericht ist auch die Berufungskammer davon überzeugt, dass sich das beklagte Land zur Rechtfertigung der Kündigungen nicht auf die Straftaten, wegen derer der Kläger am 13.02.2014 rechtskräftig verurteilt worden ist, stützen kann.

aa) Eine schwere und schuldhafte Vertragspflichtverletzung kann ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung sein. Grundsätzlich liegt ein kündigungsrelevantes Verhalten nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer einer Hauptpflicht aus dem Arbeitsverhältnis verletzt hat. Ebenso kann die erhebliche Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht eine Kündigung rechtfertigen. Eine Nebenpflicht kann auch durch eine außerdienstliche Straftat verletzt werden (BAG, 10.04.2014 – 2 AZR 684/13 –, BAG, 20.06.2013 – 2 AZR 583/12 –, NZA 2014, 1197; BAG, 27.01.2011 – 2 AZR 825/09, NZA 2011, 798; BAG, 12.03.2009 – 2 ABR 24/08, EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Arbeitnehmervertreter Nr. 1).

Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Vertragspartners verpflichtet. Diese Regelung bezweckt den Schutz und die Förderung des Vertrags (BAG, 27.01.2011 – 2 AZR 825/09, NZA 2011, 798). Der Arbeitnehmer hat seine arbeitsvertraglichen Pflichten so zu erfüllen und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie ihm dies unter Berücksichtigung seiner Stellung und Tätigkeit im Betrieb, aber auch seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebs nach Treu und Glauben billigerweise abverlangt werden kann. Auch außerhalb der Arbeitszeit ist der Arbeitnehmer verpflichtet, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Das bedeutet, dass die Pflicht zur Rücksichtnahme auch durch außer-dienstliche Verhaltensweisen verletzt werden kann. Durch ein strafbares oder rechtswidriges außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers werden dann berechtigte Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt, wenn das Verhalten negative Auswirkungen auf den Betrieb oder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat. Bei einer außerdienstlichen begangenen Straftat verstößt der Arbeitnehmer gegen seine schuldrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme aus § 241 Abs. 2 BGB, wenn die Tat einen Bezug zu seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen oder zu seiner Tätigkeit hat und dadurch berechtigte Interessen des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer verletzt werden (BAG, 10.04.2014, a.a.O.; BAG, 27.01.2011, a.a.O.; BAG, 10.09.2009 – 2 AZR 257/08; BAG, 27.11.2008 – 2 AZR 98/07). Fehlt ein solcher Zusammenhang, scheidet eine Pflichtverletzung regelmäßig aus (BAG, 28.10.2010 – 2 AZR 293/09, NZA 2011, 112).

Diese Grundsätze gelten nach der Ablösung des BAT durch den TVöD bzw. den TV-L auch im öffentlichen Dienst (BAG, 20.06.2013 – 2 AZR 583/12, NZA 2013, 1345).

Daneben sind außerdienstlich begangene Straftaten zur Rechtfertigung einer Kündigung geeignet, wenn sie ein gewisses Gewicht haben (BAG, 20.11.1997 – 2 AZR 643/96, NZA 1998, 323) oder es sich um Straftaten handelt, die in unmittelbarem Widerspruch zu der Aufgabe der Beschäftigungsbehörde stehen (LAG Düsseldorf, 20.05.1980 – 19 Sa 624/79, LAGE § 626 BGB Nr. 7).

bb) Die von dem Kläger außerdienstlich begangenen Straftaten haben einen solchen Bezug zum Arbeitsverhältnis nicht. Dies hat zur Folge, dass der Kläger durch die Straftaten seine Pflichten aus § 241 Abs. 2 BGB nicht verletzt hat.

(1) Der Bezug besteht zunächst nicht darin, dass Opfer der Straftaten die Kinder eines Kollegen oder einer Kollegin des Klägers waren.

(2) Die von dem Kläger begangenen Sexualstraftaten hatten auch keine gravierenden negativen Auswirkungen auf das betriebliche Miteinander. Der Kläger hat auch kein ihm durch seine Kollegen entgegen gebrachtes Vertrauen missbraucht. Eine unmittelbare Nähe bzw. Betroffenheit der Kollegen ist vorliegend nicht gegeben.

(3) Zwar ist streitig geblieben, ob und wie häufig der Kläger die Regierungsbeschäftigte Q darum gebeten hat, ihm Bilder von ihrem Sohn in elektronischer Form zu übermitteln. Gleiches gilt für den Vortrag des beklagten Landes zu dem angeblichen Verhalten des Klägers gegenüber der Mitarbeiterin H. In keinem Fall kann das beklagte Land diese Umstände für die Kündigungen heranziehen, da eine Einbeziehung des Personalrats nicht erfolgte.

Auf nicht mitgeteilte Tatsachen, die dem Arbeitgeber bei Einleitung des Anhörungsverfahrens bekannt waren, kann sich der Arbeitgeber im späteren Kündigungsschutzprozeß nicht stützen. Insoweit besteht ein betriebsverfassungsrechtliches bzw. personalvertretungsrechtliches Verwertungsverbot (BAG, 27.03.2003 – 2 AZR 699/01, PersR 2004, 322; BAG, 26.09.1991 – 2 AZR 132/91, AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 28). Das gilt zwar dann nicht, wenn die betreffenden Tatsachen lediglich der Erläuterung der mitgeteilten Kündigungsgründe dienen, den Kündigungsgrund als solchen aber unberührt lassen.

Vorliegend stützt das beklagte Land die Kündigungen jedoch auch auf die beiden hier angesprochenen Sachverhalte und erläutert mit ihnen nicht lediglich seine Kündigungsgründe. Das beklagte Land misst ihnen vielmehr erkennbar einen Bezug zum Arbeitsverhältnis zu. Dem Vorbringen des Landes erschließt sich nicht, dass die entsprechenden Tatsachen betreffend die beiden Mitarbeiterinnen bei Einleitung des Anhörungsverfahrens nicht bekannt waren. Mangels deren Mitteilung gegenüber dem Personalrat hat daher eine kündigungsrechtliche Berücksichtigung zu unterbleiben.

(4) Mit dem beklagten Land geht zwar auch die Berufungskammer davon aus, dass es sich bei den Straftaten des Klägers nicht um solche wie einen einmaligen Dieb-stahl von geringem Umfang handelt. Auch mag es gerechtfertigt sein, hier von nicht unbedeutenden Straftaten zu sprechen. Gleichwohl ist zur Kenntnis zu nehmen, dass der Kläger (nur) zu einer mehrmonatigen Freiheitsstrafe zur Bewährung verurteilt wurde. Eine mehrfache strafgerichtliche Verurteilung, wie sie das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 20.11.1997 (2 AZR 643/96) zu berücksichtigen hatte, liegt nicht vor.

Die Straftaten des Klägers berühren als außerdienstliches Verhalten das Arbeitsverhältnis nicht unmittelbar. Das wäre dann der Fall, wenn der Kläger durch sein vorsätzlich strafbares Verhalten die spezifischen, gesetzlichen Aufgaben seiner Beschäftigungsbehörde unterminiert hätte (vgl. den Fall des Angestellten eines Finanzamtes, der fortgesetzt vorsätzliche Steuerverkürzungen unternahm, LAG Düsseldorf, 20.05.1980 – 19 Sa 624/79, EzA § 626 nF BGB Nr. 72). Diese Konstellation findet sich vorliegend nicht. Der Kläger hat sich zwar durch ein außerdienstliches Verhalten strafbar gemacht und sich dadurch grundsätzlich in einen Widerspruch zu den Aufgaben einer Polizeibehörde begeben. Gleichwohl muss ein solcher an sich gegebener Widerspruch nicht automatisch das Gewicht des wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB haben. Es ist insoweit dem erstinstanzlichen Gericht darin zu folgen, dass nicht jede außerdienstlich begangene Straftat eines bei einer Polizeibehörde beschäftigten Mitarbeiters einen Kündigungsgrund darzustellen vermag. Um bei dem Beispiel vorsätzlicher Steuerverkürzungen zu bleiben: Eine einmalige Verurteilung wegen einer Steuerstraftat setzte den Mitarbeiter eines Polizeipräsidiums auch in Widerspruch zu den Aufgaben seiner Beschäftigungsbehörde. Einen wichtigen Grund im Sinne des Gesetzes würde ein solcher Sachverhalt eher nicht abgeben.

Die Berufungskammer verkennt darüber hinaus nicht, dass durch das strafbare außerdienstliche Verhalten des Klägers die Interessen des beklagten Landes ohne weiteres beeinträchtigt sind. Hierauf hat schon das Arbeitsgericht anschaulich und zutreffend hingewiesen. Tatsächlich sind in diesem Zusammenhang die Wirkung der außerdienstlichen Straftat auf die Öffentlichkeit sowie die Beeinträchtigung bzw. die Gefährdung des Ansehens der Behörde zu sehen.

(a) Öffentlich wahrgenommen wurde die Verurteilung des Klägers allein durch zwei kurze Zeitungsartikel. Vorgelegt hat das beklagte Land Presseartikel vom 14.02.2014 und 07.03.2014. Deren Inhalte hat es im Einzelnen nicht weiter vorgetragen. In den Pressemeldungen wird u.a. von der Verurteilung des Klägers auf Bewährung und seiner Freistellung berichtet. Es erschließt sich jedoch nicht ohne weiteres, dass allen bei dem Polizeipräsidium beschäftigten Mitarbeitern aufgrund dieser Zeitungsausschnitte bekannt war bzw. inzwischen bekannt ist, dass der Kläger Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die im Zusammenhang mit Kinderpornografie stehen, begangen hat. Dies zum einen wegen der personellen Größe des Polizeipräsidiums mit seinen insgesamt rund 2.000 Beschäftigten, zum anderen wegen der anzunehmenden Tatsache, dass nicht sämtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Behörde Leser oder Abonnenten (eines) der beiden Presseorgane sind.

Welche Art Wirkung die Veröffentlichung der beiden vorgelegten Presseartikel auf die Öffentlichkeit insgesamt hatte, hat das beklagte Land nicht vorgetragen. Ein knapp gefasster Artikel in einer Tageszeitung, zumal wenn wenig reißerisch aufgemacht, vermag sich nicht ohne weiteres in einer tagtäglich mit mannigfachen Informationen aller Art überhäuften Öffentlichkeit in Richtung der von dem beklagten Land angenommen Gefährdung des Behördenansehens auszuwirken. Insbesondere vermochte das Land auch nichts zu Nachwirkungen der beiden Pressemeldungen vorzubringen, was ebenfalls nicht für eine besonders ausgeprägte öffentliche Wahrnehmung des Geschehenen spricht. Dass sich auch in größeren Behörden vereinzelt außerdienstlich begangene Straftaten ereignen, schädigt nicht per se das Ansehen dieser größeren Behörde.

(b) Letztlich ist das Ansehen der Polizeibehörde auch deshalb nicht durch die außerdienstlich begangenen Straftaten des Klägers gefährdet, weil der Kläger nicht als exponierter Repräsentant des Ansehens des öffentlichen Dienstes zu begreifen ist. Als Sachbearbeiter in der Personalverwaltung steht er in keiner Weise im Focus öffentlicher Wahrnehmung. Auch hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt unmittelbar an den hoheitlichen Aufgaben des Polizeipräsidiums teilgenommen. Dies bereits nicht als Personalsachbearbeiter und noch geringer ausgeprägt als Mitarbeiter in der Materialausgabe/Druckerei, wo er ohne Publikumsverkehr und mit nur geringen Kontakten zu seinen Kolleginnen und Kollegen seine Aufgaben verrichtete. Auch das beklagte Land spricht in seinem Schriftsatz vom 20.02.2014 an das Integrationsamt insoweit von einem unkritischeren Arbeitsplatz in dem Bereich Materialausgabe.

Da der Kläger weder hoheitliche Befugnisse hatte noch an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben im engeren Sinne beteiligt war, dürfen die Anforderungen in Bezug auf das Maß der notwendigen Rücksichtnahme auf die Interessen des öffentlichen Dienstes nicht überspannt werden (vgl. hierzu LAG Mecklenburg-Vorpommern, 10.12.2013 – 5 Sa 113/13, zitiert nach juris). Eine nachhaltige Beeinträchtigung des beklagten Landes durch das außerdienstliche Verhalten des Klägers ist insgesamt nicht ersichtlich.

Das Berufungsgericht sieht sehr wohl, dass die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben in der öffentlichen Verwaltung jederzeit eine integre und gewissenhafte Ausübung der Tätigkeit erfordert und dass außerdienstliches strafbares Verhalten die Besorgnis zu begründen vermag, der Arbeitnehmer könne auch im dienstlichen Zusammenhang mit den gesetzlichen Vorgaben in Konflikt geraten. Denn dadurch wird das erforderliche Vertrauen der Bürger in die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung erschüttert BAG, 10.04.2014 – 2 AZR 684/13, NZA 2014, 1197). Der Kläger war indes weder in hoheitlicher Funktion tätig noch hatte er Publikumsverkehr oder kam in seinen dienstlichen Aufgaben mit Kindern oder Jugendlichen in Kontakt.

Der Hinweis des beklagten Landes auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.06.2015 (2 C 9.14; 2 C 25.14 und 2 C 19.14; Pressemitteilung Nr. 50/2015 des Bundesverwaltungsgerichts) verfängt nicht. In den dortigen Entscheidungen ist klargestellt, dass der Besitz von kinderpornografischen Bild- oder Videodateien zu einer Entlassung aus dem Beamtenverhältnis führen kann. Dabei stellt das Gericht darauf ab, dass Polizeibeamte wegen ihres Amtes (Statusamtes) eine besondere Stellung einnehmen und führt aus, dass gerade deshalb und wegen des in Polizeibeamte gesetzten besonderen Vertrauens der außerdienstliche (private) Besitz von entsprechenden Dateien stets einen Amtsbezug hat. Wie bereits dargelegt, waren dem Kläger keinerlei hoheitliche Funktionen zugewiesen, so dass die das (Polizei-)Beamtenrecht betreffende Rechtsprechung auf den Streitfall nicht übertragbar ist.

(5) Dass Beschäftigte des Polizeipräsidiums C sich bedenklich gegenüber den Straftaten des Klägers geäußert haben, kann nicht ernstlich verwundern. Hierauf hat das Arbeitsgericht anschaulich hingewiesen. Den insoweit möglicherweise entstandenen Befürchtungen aus dem Kollegenkreis hat das beklagte Land aus Gründen seiner arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht dadurch angemessen entsprochen, dass es den Kläger schon frühzeitig, nämlich nach Anklageerhebung, auf einen anderen Arbeitsplatz in der Materialausgabe/Druckerei umgesetzt hatte. Eine gravierende Störung des Betriebsfriedens war daher wegen kritischer Äußerungen aus dem Kollegenkreis nicht anzunehmen. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des beklagten Landes, es hätten insgesamt 27 Kolleginnen und Kollegen aus den verschiedensten Abteilungen, auch solche, mit denen der Kläger in der Vergangenheit nicht unmittelbar zusammenarbeitete, die weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger abgelehnt. Etwaigen negativen Auswirkungen auf das betriebliche Miteinander vermochte das beklagte Land durch die Umsetzung des Klägers angemessen zu begegnen.

Dass die Durchsuchung des Arbeitsplatzes des Klägers zu einer Beeinträchtigung des Betriebsfriedens führte, konnte das beklagte Land nicht substantiiert dartun. Eine derartige Beeinträchtigung dürfte auch unter Berücksichtigung der Größe der Beschäftigungsbehörde eher unwahrscheinlich sein, ist jedenfalls nicht erkennbar geworden.

(6) Es erschließt sich dem Berufungsgericht nicht, warum für den zu beurteilenden Sachverhalt auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Tendenzbetrieben (etwa 2 AZR 483/07) entsprechend zurückzugreifen sein soll.

Vielmehr besteht nach der Neuregelung des Tarifrechts für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes nicht mehr die besondere Pflicht, ihr gesamtes privates Verhalten so einzurichten, dass das Ansehen des öffentlichen Arbeitgebers nicht beeinträchtigt wird.Es ist nunmehr lediglich die im Rahmen des Arbeitsvertrags geschuldete Leistung gewissenhaft und ordnungsgemäß auszuführen. Die Beschäftigten der Arbeitgeber, in deren Aufgabenbereich auch hoheitliche Tätigkeiten wahrgenommen werden, müssen sich überdies durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen. Darüber hinausgehende Anforderungen an die private Lebensführung stellen der TVöD und auch der TV-L nicht mehr (BAG, 20.06.2013 – 2 AZR 583/12, NZA 2013, 1345; BAG, 28.10.2010 – 2 AZR 293/09, NZA 2011,112). Für einen Rückgriff auf die Rechtsprechung zu Tendenzbetrieben besteht somit kein Bedürfnis.

(7) Mit dem Kläger ist davon auszugehen, dass allein die (streitige) Tatsache, dass eine Person ein Handy und ein Tablet-PC am Arbeitsplatz mit sich führt, sie nicht verdächtig in dem Sinne macht, dass dies auf eine Nutzung der Geräte mit pornografischem Bezug schließen ließe. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des straf-rechtlich relevanten außerdienstlichen Verhaltens des Klägers. Die entsprechende Annahme des beklagten Landes stellt sich insoweit als reine Spekulation dar. Hierauf weist das Arbeitsgericht zutreffend hin. Zudem gab es erkennbar keine technische Möglichkeit für den Kläger, von seinen Diensträumen aus auf seinen privaten PC Zugriff zu nehmen.

Schließlich gilt auch für diesen Vortrag des beklagten Landes, dass eine Einbeziehung des Personalrats insoweit nicht erfolgte.

b) Das beklagte Land kann sich für die Kündigungen nicht auf die Grundsätze einer sog. Druckkündigung berufen.

Eine Druckkündigung liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn Dritte unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber von diesem die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers verlangen (vgl. nur BAG, 18.07.2013 – 6 AZR 420/12 m.w.N., NZA 2014, 109). Auf die in diesem Zusammenhang möglicherweise zu berücksichtigenden beiden alternativen Fallgestaltungen der Druckkündigung (s. BAG, 18.07.2013, a.a.O.) muss nicht weiter eingegangen werden. Denn die Voraussetzungen einer Druckkündigung sind nicht gegeben.

Zwar haben 27 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (von insgesamt rund 2.000 Beschäftigten) des Polizeipräsidiums C ihrem Arbeitgeber schriftlich im Wesentlichen mitgeteilt, dass sie die weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger ablehnten. Keine dieser Missfallenskundgebungen enthielt jedoch eine Androhung von Nachteilen für die Behörde für den Fall der Nichtentlassung des Klägers; keine verlangte definitiv dessen Entlassung.

c) Das beklagte Land kann die Kündigungen auch nicht auf einen personenbedingten Kündigungsgrund stützen.

Die Kündigungen sind nicht durch Gründe in der Person des Klägers bedingt. Dem Kläger fehlt nicht die notwendige Eignung zur Ausübung seiner Tätigkeit.

Zwar kann ein strafbares außerdienstliches Verhalten Zweifel an der Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Beschäftigten begründen. Sie können dazu führen, dass es dem Arbeitnehmer – allerdings abhängig von seiner Funktion – an der Eignung für die künftige Erledigung seiner Aufgaben mangelt. Ob daraus ein in der Person liegender Kündigungsgrund folgt, hängt von der Art des Delikts, den konkreten Arbeitspflichten des Arbeitnehmers und seiner Stellung im Betrieb ab. So können außerdienstlich begangene Straftaten eines im öffentlichen Dienst mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Arbeitnehmers auch dann zu einem Eignungsmangel führen, wenn es an einem unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis fehlt. Generelle Wertungen lassen sich nicht treffen. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls (BAG, 10.04.2014 – 2 AZR 684/13, a.a.O.; BAG, 20.06 2013 – 2 AZR 583/12; BAG, 10.09.2009 – 2 AZR 257/08, BAGE 132, 72).

Der Kläger war, wie bereits mehrfach ausgeführt, als Sachbearbeiter in der Personalverwaltung und damit nicht in hoheitlicher Funktion (mit Publikumsverkehr) tätig. Auch bei seinen zuletzt in der Materialausgabe und Druckerei zu erfüllenden Aufgaben handelte es sich nicht um solche hoheitlicher Natur. Der Kläger hatte vielmehr zu keinem Zeitpunkt im Verlauf seines Arbeitsverhältnisses bei dem Polizeipräsidium C hoheitliche Aufgaben öffentlicher Verwaltung zu erledigen. Die Sorge, der Kläger könnte im dienstlichen Zusammenhang mit gesetzlichen Vorgaben kollidieren, bestand und besteht somit nicht.

2. Anhaltspunkte, wonach die Anhörung des Personalrats im Vorfeld der streitgegenständlichen Kündigungen nicht ordnungsgemäß gewesen ist, ergeben sich unter Berücksichtigung des Vorbringens des beklagten Landes hierzu nicht und sind von dem Kläger nicht substantiiert vorgetragen worden. Solche waren auch für die Berufungskammer nicht ersichtlich.

3. Da der Kläger, bei dem ein Grad der Behinderung von 20 besteht, -zuletzt unstreitig – einen Antrag auf Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen gemäß § 68 Abs. 2 SGB IX nicht gestellt hat, steht fest, dass er den besonderen Kündigungsschutz nach dem Sozialgesetzbuch IX nicht in Anspruch nehmen kann. Eine Überprüfung der Kündigungen nach den Schutzbestimmungen des Sozialgesetzbuchs IX erübrigt sich somit, auch nachdem der Widerspruchsausschuss des LWL-Integrationsamts Westfalen mit Schreiben vom 27.05.2015 (Bl. 368 d. A.) den Kläger darauf hingewiesen hatte, dass dieser einen sog. Gleichstellungsantrag nicht gestellt habe. Darüber hinaus hat der Kläger gemäß Schreiben des Widerspruchsauschusses vom 12.06.2015 seinen Widerspruch gegen die Zustimmungsentscheidung des Integrationsamts vom 07.03.2014 zurückgenommen mit der Folge, dass das Widerspruchsverfahren eingestellt wurde.

III. Die Kostenentscheidung zu Lasten des mit dem Rechtsmittel unterlegenen beklagten Landes beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Die Zulassung erfolgte im Hinblick auf die Rechtsfrage, ob im Bereich des öffentlichen Dienstes die Annahme eines Bezuges zum Arbeitsverhältnis es voraussetzt bzw. erfordert, dass der Arbeitnehmer ein exponierter Repräsentant des öffentlichen Dienstes ist und/oder (unmittelbar) hoheitliche Aufgaben wahrnimmt.

 


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