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Fristlose Kündigung – Beiseiteschaffen eines Fitnessgeräts

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 10 Sa 77/11 – Urteil vom 27.10.2011

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.01.2011, Az.: 8 Ca 1536/10, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, der Beklagten den Laptop der Marke T., Modell U. E4300 mit der Seriennummer … sowie den Drucker der Marke S., Typ T. mit der Artikelnummer … herauszugeben, an die Beklagte € 6.459,46 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.10.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz hat der Kläger zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 41.419,46 festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von zwei fristlosen Kündigungen der Beklagten vom 28.06.2010 und vom 02.08.2010 sowie auf die Widerklage über Auskunfts-, Herausgabe- und Zahlungsansprüche der Beklagten.

Der am … 1958 geborene, verheiratete Kläger ist mit einem GdB von 40 behindert. Er war seit dem 01.07.2005 bei der Beklagten, zuletzt als Regional Sales Manager für Süddeutschland zu einem Bruttogehalt von € 4.800,00 beschäftigt. Ihm wurde ein 13. Monatsgehalt sowie ein Dienstwagen auch zur Privatnutzung gewährt, dessen geldwerter Vorteil mit € 365,00 zu versteuern war. Zusätzlich erhielt er Erfolgsprämien, die er für 2010 mit € 15.200,00 prognostizierte. Die Beklagte ist ein Anbieter von Fitness- und Wellnessgeräten; sie beschäftigt ca. 75 Arbeitnehmer.

Im letzten Quartal 2009 verkaufte die Beklagte ihrer Kundin Z. in Y-Stadt mehrere Dutzend Neugeräte. Die Gebrauchtgeräte, die sie der Kundin im Jahr 2005 geliefert hatte, nahm sie in Zahlung. Diese Geräte verkaufte sie an ein Fitnesshaus in X-Stadt. Sowohl der Kläger als auch der ihm unterstellte Area Manager A., der am 01.07.2009 neu eingestellt worden war, waren mit diesem Großgeschäft befasst. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger den Zeugen A. genötigt hat, für ihn eine gebrauchte Trainingsbank (W.) zu unterschlagen.

Mit Schreiben vom 28.06.2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum 30.09.2010. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 15.07.2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage. Mit Schreiben vom 02.08.2010 kündigte die Beklagte erneut fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30.09.2010. Hiergegen richtet sich die Klageerweiterung vom 04.08.2010. Mit ihrer Widerklage vom 07.10.2010 macht die Beklagte die Herausgabe von Firmenlaptop- und drucker geltend. Außerdem begehrt sie im Wege der Stufenklage Auskunft und Zahlung der Privatgespräche des Klägers mit dem Firmenhandy. Des Weiteren verlangt sie Schadensersatz für einen Schaden am ersten Dienstwagen des Klägers in Höhe von € 1.046,09 und am zweiten Dienstwagen in Höhe von € 3.958,00. Da der Kläger den Laptop nicht zurückgegeben hat, macht sie Schadensersatz in Höhe von € 955,37 für die Anschaffung eines Ersatzgeräts geltend. Schließlich verlangt sie den Reisekostenvorschuss für Mai 2010 in Höhe von € 500,00 zurück.

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.01.2011 (dort Seite 2-12 = Bl. 339-350 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die schriftliche Kündigung vom 28.06.2010, zugegangen am 29.06.2010, nicht aufgelöst worden ist, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die schriftliche Kündigung vom 02.08.2010, zugegangen am 03.08.2010, nicht aufgelöst worden ist, für den Fall des Obsiegens mit den Klageanträgen zu 1. und 2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Area Manager/ Sales Developer weiter zu beschäftigen, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, widerklagend den Kläger zu verurteilen, an sie den Laptop der Marke T., Modell U. E4300 mit Seriennummer … sowie den Drucker der Marke S., Typ T. mit Artikelnummer … herauszugeben, ihr darüber Auskunft zu erteilen, welche der in den hier als Anlage WB 1 beigefügten Einzelverbindungsnachweisen der Rufnummer 00000000000 bzw. 00000000 für den Zeitraum 27.04.2009 bis 28.06.2010 ersichtlichen Telefonverbindungen privat veranlasst waren, die Richtigkeit der zur Widerklage zu Ziff. 2 gemachten Angaben an Eides Statt zu versichern, die sich nach der Auskunft aus Ziff. 2 ergebenden privat veranlassten Telefonate ergebenden Telefonkosten ihr zu erstatten, an sie € 6.459,46 nebst Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat der Klage mit Urteil vom 25.01.2011 stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 12 bis 32 des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 350-370 d.A.) Bezug genommen.

Das genannte Urteil ist der Beklagten am 31.01.2011 zugestellt worden. Sie hat mit am 09.02.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 02.05.2011 verlängerten Begründungsfrist am 02.05.2011 begründet. Der Kläger hat zweitinstanzlich mit Schriftsatz vom 20.07.2011 einen Auflösungsantrag gestellt. Er hat den Weiterbeschäftigungsantrag mit Einwilligung der Beklagten zurückgenommen, weil die Beklagte am 13.01.2011 eine dritte Kündigung erklärt hat, die Gegenstand eines weiteren Rechtsstreits (Az.: 8 Ca 207/11) ist, den das Arbeitsgericht Koblenz ausgesetzt hat.

Die Beklagte ist der Ansicht, die fristlose Kündigung vom 28.06.2010 sei wirksam. Der Kläger habe im Dezember 2009 durch massive Nötigung des ihm unterstellten und noch in der Probezeit befindlichen Zeugen A. versucht, eine gebrauchte W. zu unterschlagen. Er habe versucht, sich einen unberechtigten Vermögensvorteil zu verschaffen und dabei auch noch seine Vorgesetztenfunktion missbraucht. Ihr Geschäftsführer habe erst am 24.06.2010 von diesen Vorfällen Kenntnis erhalten. Wegen der Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beklagten vom 02.05.2011 (Bl. 445-489 d.A.) und vom 24.10.2011 (Bl. 569-573 d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich, das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.01.2011, Az.: 8 Ca 1536/10, abzuändern und die Klage abzuweisen, auf die Widerklage den Kläger zu verurteilen, ihr den Laptop der Marke T., Modell U. E 4300 mit der Seriennummer … sowie den Drucker der Marke S., Typ T., mit der Artikelnummer … herauszugeben, ihr darüber Auskunft zu erteilen, welche der in den hier als Anlage WB 1 beigefügten Einzelverbindungsnachweisen der Rufnummer 000000000 bzw. 00000000 für den Zeitraum 27.04.2009 bis 28.06.2010 ersichtlichen Telefonverbindungen privat veranlasst waren, die Richtigkeit der gemäß vorstehenden Antrag gemachten Angaben an Eides Statt zu versichern, die sich für die nach der Auskunft aus Ziff. 2 ergebenden privat veranlassten Telefonate ergebenden Telefonkosten an sie zu erstatten, an sie € 6.459,46 nebst Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen, den Auflösungsantrag des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß §§ 9,10 KSchG zum 30.09.2010 aufzulösen, die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die aber € 18.150,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem Tag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht unterschreitet, zu zahlen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 24.06.2011 (Bl. 497-499 d.A.) und des Schriftsatzes vom 17.10.2011 (Bl. 538-53 d.A.), auf die Bezug genommen wird, als zutreffend. Er habe – was unstreitig ist – mit E-Mail vom 12.10.2009 den im Innendienst für Gebrauchtgeräte zuständigen Mitarbeiter R. Q. darum gebeten, ihm aus dem Rückkauf der Altgeräte der Z. eine W. zu reservieren. Diese Bitte habe er mit E-Mail vom 16.10.2009 an R. Q. wiederholt. Eine Kopie habe er sowohl an den Geschäftsführer als auch an den Area Manager A. verschickt. Allen entscheidenden Personen sei damit bekannt gewesen, dass er eine Trainingsbank habe erwerben wollen. Der Innendienst habe ihm auch eine Bank reserviert. Dies ergebe sich aus der Auftragsbestätigung der Beklagten vom 04.12.2009 an den Käufer der Gebrauchtgeräte, dem Fitnesshaus in X-Stadt. In dieser Auftragsbestätigung seien nur zwei W. enthalten. Die Kundin Z. habe jedoch drei (nicht vier) W. besessen, die sie zurückgegeben habe. In der buy-back-Liste seien zutreffend drei Bänke aufgeführt worden. Von diesen drei Bänken habe er völlig offiziell und keinesfalls hinter dem Rücken der Beklagten eine Bank erwerben wollen, wie sich aus seiner E-Mail deutlich ergebe.

Die Berufungskammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A., B., P. (geb. C.), D. und N. M.. Wegen des Inhalts der Beweisbeschlüsse und der Zeugenaussagen wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschriften vom 11.08.2011 (Bl. 513-519 d.A.) und vom 27.10.2011 (Bl. 575-596 d.A.).

Ergänzend wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Das Rechtsmittel ist nach § 64 ArbGG an sich statthaft. Die Berufung wurde gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und auch inhaltlich ausreichend begründet.

B.

Die Berufung hat in der Sache überwiegend Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die erste außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.06.2010 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden. Die Widerklage ist überwiegend begründet. Der Kläger ist verpflichtet, der Beklagten den Laptop und den Drucker herauszugeben. Er ist außerdem verpflichtet, an die Beklagte € 6.459,46 nebst Prozesszinsen zu zahlen. Der im Wege der Stufenklage geltend gemachte Auskunftsanspruch über die privaten Telefongespräche des Klägers besteht nicht. Insoweit ist die Berufung zurückzuweisen.

I.

Die Klage ist unbegründet.

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.06.2010 aufgelöst worden.

1.1. Die außerordentliche Kündigung vom 28.06.2010 beruht auf einem wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB.

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Im vorliegenden Fall war es der Beklagten unzumutbar, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 30.09.2010 fortzusetzen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger im Dezember 2009 versucht hat, sich unberechtigt eine gebrauchte W. aus dem Gerätebestand zu verschaffen, den die Kundin Z. aus Y-Stadt der Beklagten in Zahlung gegeben hat. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger dabei seine Vorgesetztenfunktion missbrauchte, indem er den im unterstellten Zeugen A. anwies, die Bank vor Ort beiseite zu schaffen und in seinem Pkw zu verstauen. Dieses Verhalten des Klägers rechtfertigt an sich eine außerordentliche Kündigung. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an, sondern auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren Vertrauensbruch.

Der Zeuge A. hat während seiner Vernehmung bekundet, dass die Kundin Z. im letzten Quartal 2009 ihre Fitnessgeräte vollständig ausgetauscht habe. Er habe einen Neukunden, ein Fitnesshaus aus X-Stadt, akquiriert und ihm die Charge in Zahlung genommener Gebrauchtgeräte der Z. komplett angeboten. Der Neukunde habe die Charge zu einem Gesamtpreis von € 131.000,00 gekauft. Der Kläger sei auf ihn zugekommen und habe ihm erklärt, dass er aus dem buy-back-Geschäft gerne eine Bank haben möchte. Er habe auf die Aufforderung des Klägers, ihm eine Bank zu reservieren, nicht reagiert, weil hierfür die Mitarbeiter im Innendienst zuständig seien. Mit diesem organisatorischen Ablauf sei der Kläger vertraut gewesen.

Er habe mit dem Kunden aus X-Stadt in der Verhandlungsphase die Details und schließlich auch das Monetäre geregelt. Der Kläger habe in der Zwischenzeit immer wieder nachgefasst und gefragt, ob er ihm eine Bank reserviert habe. Er habe ihm geantwortet: „Nein, die Ware ist verkauft, wie soll ich das machen? Der Kunde hat sämtliche Geräte fotografiert“.

Am Tag der Ein- und Ausbringung der Geräte am 16.12.2009 sei er in Y-Stadt gewesen, um die Aktion zu beaufsichtigen. Es seien ca. 14 Arbeitnehmer einer Spedition mit mehreren Lkw vor Ort gewesen, um die Gebrauchtgeräte ab- und die Neugeräte aufzubauen. An diesem Tag habe ihn der Kläger wieder angerufen und nach der Bank gefragt. Er habe ihm geantwortet: „Wie soll ich das denn machen?“ Der Kläger habe ihm erklärt, dass er die Bank in den Kofferraum seines Pkw packen soll. Wenn er das so mache, merke das bei dem ganzen Trubel niemand. Er habe sich geweigert und dem Kläger erklärt, es sei alles per Fotomaterial dokumentiert worden, die Ware sei bereits verkauft.

Der Zeuge A. erklärte auf Befragen, er könne ausschließen, dass es sich um ein Missverständnis zwischen dem Kläger und ihm gehandelt habe. Der Kläger habe als sein Vorgesetzter gewusst, dass er die Gesamtcharge verkauft habe. Er habe aus dem verkauften Warenbestand kein Gerät mehr herausnehmen können, zumal ihm aus der Zentrale keine Auftragsbestätigung vorgelegen habe, wonach für den Kläger eine Bank auszusondern sei. Deswegen sei er davon ausgegangen, dass der Kläger eine Bank unterschlagen wollte.

Der Zeuge A. hat bei seiner Vernehmung einen glaubwürdigen Eindruck auf die Berufungskammer gemacht. Seine Aussage war glaubhaft. Die vom Kläger schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung geltend gemachten Bedenken gegen die Zeugenaussage rechtfertigen nicht die Annahme, der Zeuge A. hätte vor Gericht falsch ausgesagt. Die Berufungskammer legt deswegen die Aussage des Zeugen seiner Entscheidung zugrunde.

Es vermag den Kläger nicht zu entlasten, dass er den im Innendienst für Gebrauchtgeräte zuständigen Mitarbeiter R. Q. im Oktober 2009 per E-Mail gebeten hat, für ihn eine W. zu reservieren. Ein Kaufvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten ist dadurch nicht zu Stande gekommen. Selbst wenn der Kläger irrtümlich angenommen haben sollte, er habe bereits aufgrund seines Reservierungswunsches einen Rechtsanspruch auf Übereignung der Trainingsbank erworben, war er nicht berechtigt, den Zeugen A. anzuweisen, die Bank für ihn beiseite zu schaffen und im Kofferraum seines Pkw zu verstauen. Dass der Verkauf an einen Kunden dem Reservierungswunsch eines Mitarbeiters vorgeht, ist eine Selbstverständlichkeit. Die Beklagte hatte alle Fitnessgeräte an den Kunden aus X-Stadt verkauft. Dieser Kunde hatte sämtliche Geräte erwerben wollen und den Kaufpreis entrichtet. Obwohl dem Kläger dies bekannt war, hat er den Zeugen A. dennoch genötigt, für ihn eine Bank beiseite zu schaffen.

Der im Termin am 27.10.2011 vom Kläger aus dem Zuhörerraum sistierte Zeuge N. M. konnte für ihn nichts Entlastendes bekunden. Der Zeuge M., der sich nachdrücklich und engagiert für den Kläger einsetzte, war von 1994 bis Juli 2009 bei der Beklagten als freier Handelsvertreter beschäftigt. Er hat während seiner Vernehmung geschildert, dass es im Betrieb der Beklagten „gang und gäbe“ gewesen sei, bei R. Q. (dem Used Equipment Manager) anzurufen, wenn man als Mitarbeiter aus einer zurückgehenden Charge ein Gebrauchtgerät kaufen wollte. Wenn Q. für den Mitarbeiter ein Fitnessgerät reserviert habe, sei das in Ordnung gewesen. Das sei immer alles „auf Zuruf“ erfolgt. Der Zeuge M. räumte allerdings freimütig und ungefragt ein, dass der Weiterverkauf an Kunden als Gesamtpaket Vorrang gehabt hätte. Dies sei auch in der Abwicklung einfacher gewesen. Es sei ausnahmsweise möglich gewesen, ein einzelnes Gerät aus einer Gesamtcharge herauszulösen, wenn man Q. von der Wichtigkeit dessen hätte überzeugen können. Die Auslieferung der von Q. reservierten Geräte sei über die Zentrale abgewickelt worden. Mit dieser Aussage hat der Zeuge M. nicht die Darstellung des Klägers bestätigt, er sei berechtigt gewesen, sich aus der an den Kunden aus X-Stadt verkauften Gesamtcharge eine Bank beiseite zu schaffen. Zwar hat der Zeuge auf ausdrückliche Nachfrage des Klägervertreters erklärt, der Kläger hätte „normalerweise“ davon ausgehen können, dass er die Trainingsbank bekomme, wenn sie in der Auftragsbestätigung an den Kunden und auch im Angebot fehle. Diese persönliche Einschätzung des Zeugen M. ist für die Beurteilung des Kündigungssachverhalts unerheblich. Sie steht auch in einem Spannungsverhältnis zu seiner Aussage, dass es nur ausnahmsweise möglich gewesen sei, ein einzelnes Gerät aus einer Gesamtcharge herauszulösen. Vorliegend wollte der Kläger nach seiner Darstellung die Trainingsbank für sich persönlich zur Privatnutzung erwerben. Ein Ausnahmefall, wie ihn auch der Zeuge M. plastisch geschildert hat, nämlich, dass er das Fitnessgerät für einen anderen Kunden benötigt hätte, um ein Geschäft zu befördern, lag ersichtlich nicht vor.

Soweit der Kläger auf zahlenmäßige Abweichungen bei der Feststellung der Anzahl der Trainingsbänke in unterschiedlichen Listen hinweist, ist auch dies kein entlastender Umstand, der sein Vorgehen rechtfertigen könnte. Ausweislich der Auftragsbestätigung vom 02.10.2004 (Bl. 547-549 d.A.) hatte die Z. damals drei (neue) W. zum Einzelpreis von € 830,00 netto bestellt, die ihr am 05.03.2005 geliefert worden sind. In der buy-back-Liste für die Z. (Bl. 317-318 d.A.) ist die Anzahl von drei W.notiert, die die Beklagte 2009 in Zahlung genommen hat. In der Auftragsbestätigung an den Kunden aus X-Stadt vom 04.12.2009 (Bl. 319-320 d.A.) sind zwei (gebrauchte) W. zum Einzelpreis von € 470,00 netto aufgeführt. Im Angebot, das der Kunde am 04.12.2009 im Beisein des Zeugen A. unterzeichnet hat, wurde die Anzahl der W. handschriftlich auf vier geändert. Entgegen der Ansicht des Klägers rechtfertigen diese Abweichungen bei der Erfassung der Stückzahlen nicht den Schluss, dass ihm die Beklagte eine Bank verkauft hat. Ein Kaufvertrag zwischen der Beklagten und dem Kläger ist nicht dadurch zu Stande gekommen, dass in verschiedenen Listen unterschiedliche Stückzahlen notiert worden sind. Das musste dem Kläger als Sales Manager auch bekannt sein. Es kann dahin stehen, ob die unterschiedlich erfassten Stückzahlen auf ein bewusstes Verwirrspiel des Klägers (so die Beklagte) oder auf schlichtes Verzählen zurückzuführen sind. Fakt ist, dass der Kunde aus X-Stadt sämtliche Geräte erwerben wollte und diese auch bezahlt hat. Dennoch hat der Kläger den Zeugen A. bedrängt, ihm eine Bank beiseite zu schaffen.

Nach alledem ist die Kammer davon überzeugt, dass sich der Kläger im Dezember 2009 die W. unberechtigt verschaffen wollte. Darüber hinaus hat er seine Vorgesetztenfunktion ausgenutzt, um den Zeugen A. in seine Pflichtverletzung zu verstricken. Die Beklagte war nicht auf das mildere Mittel einer Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung zu verweisen. Der Kläger konnte nicht davon ausgehen, dass die Beklagte seine Pflichtwidrigkeit hinnehmen und nur mit einer Abmahnung ahnden würde.

Die abschließende Interessenabwägung fällt zu Gunsten der Beklagten aus. Ihr konnte bei Kündigungsausspruch unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 30.09.2010 nicht zugemutet werden. Zu Gunsten des Klägers sprechen zwar seine Unterhaltspflichten gegenüber der Ehefrau, sein Lebensalter von über 50 Jahren sowie seine Behinderung mit einem GdB von 40. Andererseits hat das Arbeitsverhältnis gerade einmal fünf Jahre bestanden. Es war durch die aufgezeigte Pflichtwidrigkeit des Klägers unerträglich belastet. Die für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauensgrundlage war irreparabel zerstört. Zu Lasten des Klägers ist auch zu berücksichtigen, dass er seine Vorgesetztenfunktion missbraucht hat, um den ihm unterstellten Area Manager A., der noch in der Probezeit war, zu bedrängen, für ihn eine Trainingsbank beiseite zu schaffen.

1.2. Die Beklagte hat die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Berufungskammer fest, dass der kündigungsberechtigte Geschäftsführer der Beklagten erstmals am 23.06.2010 vom Kündigungssachverhalt positive Kenntnis erlangt hat. Der Zeuge D. hat bekundet, dass zwischen dem 20. und 23.06.2010 ein Meeting in L-Stadt stattgefunden habe. Der Zeuge A. habe ihm auf dem Heimweg berichtet, dass ihn der Kläger genötigt habe, aus einem Auftrag eine Trainingsbank beiseite zu schaffen. Er (der Zeuge D.) habe abends den Geschäftsführer angerufen und ihn über den Vorfall informiert. Am 24.06.2010 schilderte der Zeuge A. dem Geschäftsführer der Beklagten den Vorfall schriftlich (Anlage B1, Bl. 97 d.A.). Die Kündigung ist dem Kläger am 29.06.2010 und damit rechtzeitig innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB zugegangen.

Soweit der Kläger einwendet, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Zeuge A. die Beklagte erst am 24.06.2010 informiert habe, obwohl der Vorfall aus Dezember 2009 aus dessen Sicht eine „Ungeheuerlichkeit“ dargestellt habe, hat die Beweisaufnahme keinerlei Anhaltspunkte für eine frühere Kenntniserlangung des kündigungsberechtigten Geschäftsführers ergeben. Der Zeuge B. hat bekundet, dass ihn der Zeuge A. Ende 2009 angerufen und ihm erzählt habe, dass er für den Kläger eine Bank beiseite schaffen und in den Kofferraum laden soll. Er habe ihm geraten, dies nicht zu tun. Ansonsten habe er ihm keine Ratschläge erteilt, insbesondere nicht, den Geschäftsführer über den Vorfall zu informieren. Die Zeugin P. (geb. C.), die Personalleiterin der Beklagten, hat bekundet, dass sie am 16.06.2010 mit dem Zeugen A. ein Gespräch geführt habe. A. habe sich bei ihr über sein Verhältnis zum Kläger beklagt. Er habe ihr unter anderem auch über den Vorfall mit der W. berichtet. Sie habe das Personalgespräch vertraulich behandelt und deshalb weder den Zeugen D. noch den Geschäftsführer informiert. Der Zeuge A. sei etwa eine Woche später auf den Zeugen D. zugegangen, der dann den Geschäftsführer in Kenntnis gesetzt habe. Die Berufungskammer hat nach ihrem persönlichen Eindruck an der Glaubwürdigkeit der Zeugen B., P. und D. und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen keine Zweifel. Die Beklagte hat damit den Beweis geführt, dass ihr Geschäftsführer erst am 23.06.2010 Kenntnis vom Kündigungssachverhalt erlangt hat.

2. Da das Arbeitsverhältnis mit Zugang der ersten fristlosen Kündigung der Beklagten vom 28.06.2010 am 29.06.2010 sein Ende gefunden hat, ging die zweite fristlose Kündigung vom 02.08.2010 ins Leere. Die gegen beide Kündigungen gerichteten Klageanträge des Klägers mussten deshalb abgewiesen werden.

3. Der zweitinstanzlich gestellte Auflösungsantrag des Klägers fiel nicht zur Entscheidung an. Der Auflösungsantrag des Arbeitnehmers ist ein sog. unechter Hilfsantrag, über den nur entschieden werden soll, wenn der Arbeitnehmer mit seinem Hauptantrag auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist, durchdringt. Diese innerprozessuale Bedingung ist nicht eingetreten.

II.

Die Widerklage ist überwiegend begründet.

1. Der Kläger ist gemäß § 985 BGB verpflichtet, der Beklagten den Laptop der Marke T. und den Drucker der Marke S. herauszugeben. Diese Arbeitsmittel, die im Tenor näher bezeichnet sind, stehen im Eigentum der Beklagten.

Der Arbeitnehmer ist grundsätzlich auf Verlangen des Arbeitsgebers verpflichtet, ihm zur Verfügung gestellte Arbeitsmittel zurückzugeben. Auf jeden Fall hat er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die ihm überlassenen Arbeitsmittel herauszugeben. Ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB wegen anderer Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis besteht nach einhelliger Ansicht, der sich die Berufungskammer anschließt, regelmäßig nicht (MünchKommBGB/Müller-Glöge, 5. Aufl., § 611 Rn. 1216; ErfK/Preis, 11. Aufl., § 611 BGB, Rn. 754). Der Arbeitnehmer muss auf seine Kosten die Arbeitsmittel an dem für diese Pflicht maßgeblichen Erfüllungsort, welcher regelmäßig der Betriebssitz des Arbeitgebers ist, abliefern (LAG Rheinland-Pfalz Urteil vom 08.05.1996 – 2 Sa 759/95 – NZA-RR 1997, 163).

2. Der Kläger ist nicht verpflichtet, der Beklagten weitere Auskünfte darüber zu erteilen, welche der in den von der Beklagten als Anlage WB 1 (Bl. 142-232 d.A.) beigefügten Einzelverbindungsnachweisen seiner geschäftlichen Rufnummer ersichtlichen Telefonverbindungen im Zeitraum vom 27.04.2009 bis 28.06.2010 privat veranlasst waren.

Nach § 138 Abs. 2 ZPO hat sich jede Partei über die vom Prozessgegner behaupteten Tatsachen zu erklären. Die Zivilprozessordnung kennt jedoch keine – über die anerkannten Fälle der Pflicht zum substantiierten Bestreiten hinausgehende – Aufklärungspflicht der nicht darlegungs- und beweisbelasteten Partei. Deswegen ist grundsätzlich keine Partei gehalten, dem Gegner für seinen Prozesssieg das Material zu verschaffen, über das er nicht schon von sich aus verfügt (vgl. unter vielen: BGH Urteil vom 11.06.1990 – II ZR 159/89 – NJW 1990, 3151). Die Beklagte verfügt über sämtliche Einzelverbindungsnachweise der Telefongesellschaft. Es ist ihre Sache, diese Listen, die Tausende von Telefondaten enthalten, auszuwerten und notwendige Tatsachenbehauptungen aufzustellen sowie die Beweismittel zu benennen.

3. Der Kläger ist verpflichtet, an die Beklagte € 6.459,46 nebst Prozesszinsen zu zahlen.

3.1. Die Beklagte kann vom Kläger gemäß §§ 280, 286, 249 BGB Schadensersatz wegen Verzugs in Höhe von € 955,37 beanspruchen, weil er den Firmenlaptop nicht herausgegeben hat. Wie bereits ausgeführt, hat der Arbeitnehmer die ihm vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses an diesen herauszugeben. Dieser Verpflichtung ist der Kläger trotz Aufforderung nicht nachgekommen. Damit hat er der Beklagten den entstandenen Schaden in Höhe des Geldaufwandes für die Ersatzbeschaffung in Höhe des Neupreises eines Laptops zu ersetzen. Der Kaufpreis von € 955,37 ist für ein Business-Notebook T. U. 0000 keinesfalls zu hoch. Es ist unerheblich, welchen Wert das Notebook des Klägers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses hatte, denn die Beklagte war nicht verpflichtet, auf dem Gebrauchtmarkt ein Ersatzgerät zu beschaffen. Sie ist so zu stellen, wie sie gestanden hätte, wenn der Kläger den Laptop ordnungsgemäß herausgegeben hätte. Wenn der Kläger der Meinung war, sich gegenüber dem Herausgabeverlangen der Beklagten auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen zu können, handelte es sich um einen Rechtsirrtum, der nicht unverschuldet war.

3.2. Der Kläger ist gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB sowie aus § 823 Abs. 1 BGB verpflichtet, der Beklagten Schadensersatz in Höhe von € 5.004,09 zu leisten, weil er beide Dienstwagen, die ihm auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt worden sind, in beschädigtem Zustand zurückgegeben hat.

In § 5 der Dienstwagenüberlassungsvereinbarung (Bl. 291-295 d.A.) haben die Parteien geregelt, dass der Beklagten Kfz-Unfälle und sonstige Schadensfälle am Dienstfahrzeug unverzüglich zu melden sind (Ziffer 1). Nach Ziffer 3 der Vereinbarung hat der Kläger im Rahmen der Privatnutzung für jedes Verschulden (auch für leichte Fahrlässigkeit) zu haften, während die volle Haftung bei betrieblich veranlassten Fahrten nach Ziffer 2 auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt worden ist.

Die Beklagte hat die anspruchsbegründenden Tatsachen für einen Schadensersatzanspruch schlüssig dargelegt. Sie hat vorgetragen, dass der Kläger den letzten Dienstwagen nach zweimaliger Aufforderung am 10.09.2010 zurückgegeben hat. Nach Rückgabe des Dienstwagens (Audi A4 Avant, amtl. Kennzeichen: …-… 00) habe sich herausgestellt, dass dieser zahlreiche Schäden aufgewiesen habe, die ihr der Kläger zu keiner Zeit gemeldet habe. Aus dem Zustandsbericht der K. vom 13.09.2010 ergebe sich, dass sich die Kosten der notwendigen Reparatur auf € 3.958,00 netto belaufen werden. Die Kosten für Steinschlag an der Frontscheibe sowie die Erneuerung der Bremsen seien nicht berechnet worden. Der Kläger habe in der Vergangenheit mit dem vorherigen Dienstwagen (Audi A4 Avant, amtl. Kennzeichen: …-… 00) einen Schaden verursacht, den er damals auch gemeldet habe. Die Kosten der Reparatur dieses Schadens belaufen sich auf € 1.046,09 netto, wie sich aus der Reparaturkalkulation der Deutschen Automobil Treuhand vom 29.07.2010 ergebe.

Ein darüber hinausgehendes Vorbringen ist der Beklagten nicht abzuverlangen, denn das Bestreiten des Klägers (Widerbeklagten) ist nicht hinreichend. Nach § 138 Abs. 2 ZPO hat sich jede Partei über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. Ist substantiiertes Bestreiten erforderlich, muss der Beklagte eine Gegendarstellung des Sachverhaltes geben, soweit er dazu in der Lage ist.

Der Kläger erwidert, er hafte nach der Dienstwagenüberlassungsvereinbarung nur, wenn er die Schäden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht habe. Aus den Feststellungen der K. am Fahrzeug mit dem Kennzeichen …-… 000 ergebe sich nicht der geringste Hinweis darauf, dass er die Schäden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht habe. Das Gleiche gelte für das Fahrzeug mit dem Kennzeichen …-… 000. Dieses Fahrzeug habe er mit zwei Vorschäden (Beule am Kotflügel sowie am vorderen Spoiler links und am hinteren Kotflügel rechts) übernommen. Der von der K. festgestellte Schaden in Höhe von € 3.958,00 sei auch deshalb nicht zu erstatten, da er nicht nach Ausspruch der Kündigung entstanden sei, sondern zu früheren Zeitpunkten.

Mit dieser Erwiderung ist der Kläger seiner Pflicht zum vollständigen Sachvortrag bezüglich der Herkunft der Schäden nicht ansatzweise nachgekommen. Aus Gründen der Sachnähe kann zur Frage der Herkunft der Schäden an den beiden Dienstwagen mit den Kennzeichen …-… 00 und …-… 000 nur der Kläger substantiierten Vortrag liefern. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesgerichtshofs, dass die Darlegungslast des Pflichtigen, wenn es um Geschehnisse aus dem Bereich der anderen Partei geht, durch eine sich aus § 138 Abs. 1 und 2 ZPO ergebende Mitwirkungspflicht des Gegners gemindert wird. Darüber hinaus erlegt die Rechtsprechung dem Gegner der primär behauptungs- und beweisbelasteten Partei dann eine sekundäre Behauptungslast auf, wenn eine darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufes steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner sie hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind (BAG Urteil vom 20.11.2003 – 8 AZR 580/02 – NZA 2004, 489, m.w.N.).

So liegt es hier. Die Behauptung des Klägers, die Schäden an den Fahrzeugen seien von ihm weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verursacht worden, ist völlig unsubstantiiert. Zu dieser Behauptung kann die Beklagte keinen Sachvortrag halten, denn die diesbezüglichen Vorgänge spielten sich außerhalb ihrer Wahrnehmungssphäre ab. Lediglich der Kläger ist in der Lage, Angaben darüber zu machen, wann und bei welcher Gelegenheit (Privatfahrt, Dienstfahrt) die Schäden an den beiden Dienstwagen durch welchen konkreten Schadenshergang entstanden sind. Da der jeweilige Schadenshergang mangels Angaben des Klägers zu den einzelnen Beschädigungen an den Dienstwagen völlig im Dunkeln liegt, kann er sich nicht auf Haftungserleichterungen bei betrieblich veranlasster Tätigkeit berufen.

3.3. Schließlich ist der Kläger auch verpflichtet, den ihm gewährten Spesenvorschuss für den Monat Mai 2010 in Höhe von € 500,00 an die Beklagte zurückzuzahlen.

Der Arbeitgeber hat bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen vertraglichen Anspruch auf Rückzahlung eines Spesenvorschusses, soweit dieser nicht verbraucht worden ist. Eine Vorschussvereinbarung enthält die Absprache, dass der Vorschussempfänger sich verpflichtet, den Vorschuss zurückzuzahlen, wenn und soweit eine Forderung gegen den Vorschussgeber nicht entsteht. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die tatsächlich entstandenen Spesen den geleisteten Vorschuss übersteigen, obliegt dem Kläger. Er hätte durch ordnungsgemäße Abrechnung nachweisen müssen, dass die Vorschüsse durch die für den betreffenden Zeitraum angefallenen und von der Beklagten zu erstattenden Spesen verbraucht sind. Der Kläger ist jedweden Tatsachenvortrag über die Höhe seiner Spesen im Mai 2010 schuldig geblieben. Damit ist er zur Rückzahlung des Vorschusses verpflichtet.

3.4. Der Beklagten stehen gemäß § 291 BGB die geltend gemachten Prozesszinsen zu. Die Verzinsungspflicht beginnt nach §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, 187 Abs. 1 BGB mit dem Folgetag der Rechtshängigkeit, die hier am 16.10.2010 eintrat.

C.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu tragen. Zwar ist die Beklagte mit einem Teil der Widerklageforderung unterlegen; diese Zuvielforderung ist jedoch im Verhältnis zur Gesamtforderung geringfügig und hat keine besonderen Kosten veranlasst, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung zum Streitwert beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

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