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Fristlose Kündigung nach Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts durch Arbeitnehmer

Landesarbeitsgericht München – Az.: 10 Sa 770/13 – Urteil vom 28.05.2014

1. Auf die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 19.06.2013, 19 Ca 13099/12, wird dieses teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung vom 26.10.2012 noch durch die außerordentliche Kündigung vom 26.10.2012 mit sozialer Auslauffrist aufgelöst worden ist.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

2. Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 97 %, die Beklagte zu 3 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 81 %, die Beklagte zu 19 %.

3. Die Revision wird zugelassen zur Frage der Interessenabwägung im Rahmen der Kündigungen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vom 26.10.2012 sowie um Entgeltansprüche.

Der am 0.0.1961 geborene Kläger ist seit dem 10.04.1989 zunächst als Systemanalytiker, zuletzt als IT-Spezialist zu einem Bruttomonatsentgelt in Höhe von 0,- € bei einer 35-Stunden-Woche bei der Beklagten beschäftigt. Er ist verheiratet und hat zwei unterhaltspflichtige Kinder von im Zeitpunkt der Klageerhebung 18 und 15 Jahren. Die Ehefrau des Klägers arbeitet in Teilzeit 20 Stunden wöchentlich. Der Kläger leidet an einer nicht näher beschriebenen psychischen Erkrankung was der Beklagten seit spätestens 2009 bekannt ist. Da der Kläger über 50 Jahre alt und mehr als 15 Jahre bei der Beklagten beschäftigt ist, ist er gem. § 8 Ziff. 2 (III) des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 23.06.2008 (im Folgenden: MTV) nicht mehr ordentlich kündbar. Er ist seit dem 01.08.1992 unverändert in T7/EG 12 eingruppiert.

Seine letzte Versetzung erfolgte zum 01.10.2009 in die Abteilung, in der er zuletzt tätig gewesen ist. Dieser Versetzung gingen umfangreiche Gespräche u. a. auch unter Beteiligung des Betriebsrats voraus, in denen der Kläger seine Unzufriedenheit sowohl mit seiner Tätigkeit als auch mit seinem beruflichen Fortkommen mitteilte. In dem Zusammenhang hat sich der Kläger mit email vom 30.03.2009 an die Beklagte mit der Bitte um vertragsgemäße Beschäftigung gewandt (Bl. 443 ff. d. A.). Er lehnte darin seine damalige Tätigkeit ab, die er als fachfremd und aufgezwungen empfand und strebte eine Versetzung sowie Telearbeit an. In diesem Zusammenhang äußerte er auch, dass er aus seiner Sicht deswegen psychisch erkrankt sei. Im Rahmen dieser Gespräche stellte er auch in den Raum, dass er ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich seiner Arbeitsleistung auszuüben gedenke, sofern sich an seiner beruflichen Situation nichts ändere. Die Beklagte hat ihn im Jahr 2009 für mehrere Wochen von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt.

Die Gespräche mündeten schließlich in die einvernehmliche Versetzung des Klägers zum 01.10.2009. Wohl 2009 kam es zwischen den Parteien zu einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht über die Wochenarbeitszeit, das zu Lasten des Klägers ausging. Seine Berufung dagegen hat der Kläger zurückgezogen, um einen Neustart nicht zu belasten. Dies sei allerdings bereits seit 2001 der vierte „unbelastete“ Neuanfang gewesen.

Seine Vorgesetzten wurden Herr S1 und Herr A1. Dem Kläger wurden die Aufgaben eines IT-Chefarchitekten und die Projektleitung zur BEA Weblogic Migration übertragen. Das zuletzt genannte Projekt wurde inhaltlich spätestens im September 2011 mit Abfassen des Abschlussberichts durch den Kläger beendet, auch wenn dieser von der Beklagten kritisiert wurde, weil er nach deren Ansicht zu subjektiv sei und Angriffe gegen andere Mitarbeiter enthielte.

Dem Kläger wurden „seine Leistungspunkte“ nach der Versetzung reduziert. Der Leitfaden zur Leistungsbeurteilung sieht unter Punkt 3.12 „Verfahren bei Versetzungen“ eingehende Regelungen hierzu vor. Zum Wortlaut derselben wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 28.3.2013, dort S. 15 (Bl. 891 d. A.) verwiesen. Schlussendlich hat die Beklagte dem Kläger die bisherigen Leistungspunkte wieder eingetragen.

Spätestens seit Januar 2011 (Schriftsatz vom 27.02.2013, S. 25 (Bl. 817 d. A.), email-Verkehr vom 26.1.2011, Bl. 516 d. A.) bemühte er sich bei seinem damaligen Vorgesetzten Herrn S1 um eine Anschlussbeschäftigung, da absehbar war, dass das zuletzt genannte Projekt in absehbarer Zeit auslaufen wird. Spätestens im Mai 2011 wurde er darauf hin mit seinem Einverständnis mit der Tätigkeit als „Blueprint-Vorfilterer“ beauftragt. Aufgabe ist es dabei, Anträge zur Übernahme von Dokumenten in einen Dokumentations-Pool daraufhin zu überprüfen, ob diese richtig ausgefüllt wurden. Sollte das nicht der Fall sein, ist der Antragsteller schriftlich zu bitten, ein bestimmtes Vorlagendokument auszufüllen und zurückzusenden. Dieses Dokument muss dann daraufhin überprüft werden, ob die fehlenden Informationen nun enthalten sind, um es anschließend an einen bestimmten Ort abzulegen.

Mit email vom 29.09.2011 hat der Kläger erneut eine noch anstehende Folgebeauftragung angemahnt und dabei auch zum Ausdruck gebracht, dass er psychisch darunter sehr leide, dass sie bisher ausgeblieben sei. Mitte Februar 2012 wurde dem Kläger zusätzlich die Aufgabe des TRM-Koordinators übertragen. TRM steht dabei für Technisches Release Management, eine Tätigkeit, die sich mit der regelmäßigen Anpassung von IT-Infrastrukturkomponenten befasst. Der Kläger hat diese Tätigkeit ab 01.03.2012 übernommen. Nach Abschluss der Einarbeitungsphase belief sich seine tatsächliche Arbeitsbelastung durch die Tätigkeit als TRM-Koordinator auf wöchentlich rund zwei Stunden, da es für ihn mehr nicht zu tun gab. Seine Unzufriedenheit mit der Prozessorganisation teilte der Kläger der Beklagten mit (Schriftsatz des Klägers vom 27.02.2013, S. 26, Bl. 818 d. A.). Insgesamt betrug seine Arbeitsbelastung zuletzt drei bis vier Stunden pro Woche (Schriftsatz des Klägers vom 27.02.2013, S. 27, Bl. 819 d. A.).

Im Juni 2012 wurde dem Kläger die Einarbeitung in ein weiteres Projekt „SharePoint“ samt Einarbeitung und Schulung angeboten. Dabei handelt es sich um eine Anwendung, mit der man nach vordefinierten Arbeitsmustern und -methoden ganzen Arbeitsgruppen eigene Zugriffe auf bestimmte gemeinsame Dokumente bzw. Datenbereiche ermöglicht. Die Übernahme dieser Tätigkeit hat der Kläger abgelehnt, weil sie ihm aus seiner Sicht keine ausreichende Entwicklungsperspektive biete und da er sich dafür zunächst fortbilden müsse. Er zog es vor, weiter im Bereich der IT-Architektur, für den er sich fortgebildet hat, tätig zu werden.

Der Kläger hat per E-Mail vom 10.09.2012 (Bl. 641 ff. d. A.) über den Betriebsrat eine Petition an die Personalleitung der Beklagten sowie eine Powerpointpräsentation übermittelt. Zum Wortlaut der Präsentration wird auf Bl. 745 ff. d. A. verwiesen Darin schildert er unter der Überschrift „Reale Personalpolitik bei B. – Einige Maßnahmen im Falle T.“ mit folgenden Stichworten seine Situation aus seiner Sicht: „massive Entwicklungsblockade seit 1996, Abteilungswechsel nach konstruierter, verh.bedingter Abmahnung, schlechte Versetzungs- und Leistungsbeurteilung (…), üble Nachrede, Irreführung, Zermürbung, Isolation, Ignorierung der erreichten Ziele und der Zielvereinbarung, schlechte Leistungsbeurteilung (…), Versuch der Gehaltsreduzierung über die übertarifliche Zulage mit dem Ziel der Abstufung im Rahmen der ERA-Einführung (…), keine gültige Arbeitsplatzbeschreibung, keine Orientierung, minderwertige Aufgaben, falls überhaupt welche (…), meine Argumente und Bemerkungen werden von allen Seiten völlig ignoriert, Abstellgleis, „Aschenputtel“-Dasein (…), Auflösungsvertrag (…), Gehaltsreduzierung (…), Krankheit wegen Druckmaßnahmen, Ignoranz und Sinnlosigkeit“ (wegen des genauen Wortlauts wird auf Bl. 747 d. A.) verwiesen). Diese Stichworte vertieft der Kläger unter der Überschrift „Entwicklungsblockade“, er bringt seine „totale Frustration“ zum Ausdruck, und dass er deswegen psychisch erkrankt sei (wörtlich: „Ich bin körperlich erschöpft, sowie seelisch und geistig ausgebrannt.“), dass er sich deswegen in einem Dilemma sehe, da eine Trennung vom Unternehmen für ihn nicht in Betracht käme und schlägt deswegen eine bezahlte Freistellung mit garantiertem Bestandsschutz bis zum Eintritt in die gesetzliche Rente bzw. in die Freizeitphase der Altersteilzeit vor.

Mit weiterer E-Mail vom 20.09.2012 teilte der Kläger erneut über den Betriebsrat mit, dass ihm wegen dieser geschilderten Situation eine weitere Leistungserbringung nicht mehr möglich und auch nicht mehr zumutbar sei. Er werde deshalb, beginnend mit dem 01.10.2012, von seinem Leistungsverweigerungsrecht gem. § 275 Abs. 2 und 3 BGB Gebrauch machen (wegen des Wortlauts wird auf Bl. 651 d. A. verwiesen).

Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 28.09.2012 mit dem Hinweis, dass die seitens des Klägers vorgetragenen Umstände nicht neu seien, sondern bereits im Rahmen von früheren Beschwerden geprüft worden seien und sie aus Sicht der Beklagten nicht zuträfen. Unabhängig davon habe die Beklagte versucht, mit der Versetzung zum 01.10.2009 eine „unvorbelastete Neuorientierung“ zu ermöglichen. Die neuen Führungskräfte hätten von Anfang an seine Neuorientierung intensiv unterstützend begleitet und diese gefördert. Vor diesem Hintergrund könne sie die erhobenen Vorwürfe nicht nachvollziehen. Die Vorwürfe seien im Übrigen sehr pauschal. Der Vorschlag einer bezahlten Freistellung bis zum Renteneintritt oder Eintritt in die Freizeitphase der Altersteilzeit werde zurückgewiesen. Der Kläger wurde zu einem Personalgespräch für den 01.10.2012 eingeladen. Gleichzeitig wies die Beklagte darauf hin, dass aus ihrer Sicht kein Leistungsverweigerungsrecht bestünde und sie deswegen ein Fernbleiben des Klägers als Arbeitspflichtverletzung ansehen werde, die arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung nach sich ziehen könne (wegen des genauen Wortlauts wird auf Bl. 753 f. d. A. Bezug genommen).

Mit E-Mail vom 28.09.2012 antwortete der Kläger, dass es jetzt nicht an ihm sei, weitere „Beweise“ zu erbringen, es sei jetzt an der Beklagten, ihm schriftlich das Gegenteil mit konkreten Gegenargumenten darzulegen. Darüber hinaus zieht er aus seiner Sicht Bilanz seiner Tätigkeit bei der Beklagten seit dem 22.09.2009 unter den Überschriften „Die stürmische Anfangsphase“, „Die Phase des mangelnden Interesses“, „Was war gut, seit ich bei TN-3 (alt TI-3) bin?“ und „Was war schlecht, seit ich bei TN-3 (alt TI-3) bin?“. Er schildert darin außerdem, dass keiner mehr an ihm interessiert zu sein scheint, er den ganzen Tag nur herumsitze, alle zwei – drei Tage komme mal eine Mail an, er habe nur Scheinaufgaben er leide darunter, dass er nichts zu tun habe und isoliert worden sei (wegen des genauen Wortlauts wird auf Bl. 465 ff. d. A. Bezug genommen).

Der Kläger erschien – wie angekündigt – seit dem 01.10.2012 nicht mehr zur Arbeit. Mit Schreiben vom 02.10.2012 wurde ihm unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 28.09.2012 von der Beklagten mitgeteilt, dass sie in seinem Fernbleiben eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflicht sehe und sie ihn deswegen abmahne. Sie forderte ihn auf, zum nächsten Arbeitstag nach Erhalt dieses Schreibens die Arbeit wieder aufzunehmen, verbunden mit dem Hinweis, dass im Fortsetzungs- bzw. Wiederholungsfall mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses gerechnet werden müsse (wegen des genauen Wortlauts wird auf Bl. 759 ff. d. A. Bezug genommen).

Mit weiterem Schreiben vom 02.10.2012 (Bl. 762 f. d. A.) wurde der Kläger erneut zu einem Personalgespräch für den 04.10.2012 eingeladen. Zu diesem Gespräch ist er nicht erschienen. Mit Schreiben vom 05.10.2012 erwiderte die Beklagte die Petition des Klägers ablehnend und forderte ihn auf, die Arbeit wieder aufzunehmen (wegen des genauen Wortlauts wird auf Bl. 767 ff. d. A. Bezug genommen). Gleichzeitig wurde er zu einem Personalgespräch für den 08.10.2012 eingeladen, zu dem er wiederum nicht erschien. Mit E-Mail vom 07.10.2012 erwiderte der Kläger, dass er die Einladung zu einem Personalgespräch als Einschüchterung ansehe und bat darum, dass die Beklagte schriftliche Vorschläge mache, die dann mündlich besprochen werden könnten (wegen des genauen Wortlauts wird Bl. 777 ff. d. A. Bezug genommen).

Mit Schreiben vom 09.10.2012 übermittelte die Beklagte dem Kläger eine zweite Abmahnung; wegen des genauen Wortlauts wird auf Bl. 782 ff. d. A. verwiesen. Mit weiterem Schreiben vom 09.10.2012 wurde er unter Hinweis auf die Aushändigung einer zweiten Abmahnung erneut zu einem Personalgespräch für den 11.10.2012 eingeladen (Bl. 785 ff. d. A.), zu dem er ebenfalls nicht erschien. Mit Schreiben vom 11.10.2012 wurde der Kläger letztmalig zu einem Personalgespräch für den 15.10.2012 eingeladen (Bl. 787 d. A.). In diesem Personalgespräch, das zustande kam, wurde dem Kläger seitens der Beklagten die Rückkehr in seine bisherige Gruppe und Wiederaufnahme seiner bisherigen Tätigkeit und alternativ hierzu angeboten, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich mit Abfindung zu beenden. Der Vorschlag des Klägers zur bezahlten Freistellung bis zum Eintritt in den Ruhestand bzw. in die Freistellungsphase der Altersteilzeit wurde von der Beklagten abgelehnt. Abschließend wurde er erneut darauf hingewiesen, dass er bei weiterem Fernbleiben von der Arbeit ohne rechtfertigenden Grund mit weiteren arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zu einer außerordentlichen Kündigung zu rechnen habe. Mit Schreiben vom 17.12.2012 übermittelte die Beklagte dem Kläger eine „letztmalige Abmahnung“ (wegen des genauen Wortlauts wird auf Bl. 788 f. d. A. Bezug genommen).

Da er auch in der Folgezeit nicht zur Arbeit erschien, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 26.10.2012 außerordentlich mit sofortiger Wirkung sowie vorsorglich hilfsweise mit sozialer Auslauffrist von sieben Monaten zum Monatsende, also zum 31.05.2013 (Bl. 673 d. A.).

Zuvor wurde der Betriebsrat mit Schreiben vom 18.10.2012 zu der beabsichtigten Kündigung angehört; wegen des Inhalts der Anhörung wird auf Bl. 731 ff. d. A. verwiesen. Unter dem 25.10.2012 teilte der Personalausschuss mit, dass aus seiner Sicht aufgrund des Alters sowie der persönlichen Situation des Klägers diese beabsichtigte Kündigung nicht sozialverträglich seien (Bl. 791 d. A.).

Noch kurz vor der Zuspitzung der Situation durch den Kläger schrieb er an seinen Gruppenleiter, Hr. T1, mit email vom 31.7.2012, dass er psychisch erkrankt sei, dass er nicht wisse, ob er dieses Trauma überwinde, und dass ihm unter diesen Umständen eine adäquate Leistungserbringung nicht möglich sei (Schriftsatz des Klägers vom 27.2.2013, Bl. 793 ff., insbes. Bl. 846).

Der Kläger vertrat erstinstanzlich die Auffassung, dass ihm ein Leistungsverweigerungsrecht zustehe. Ein solches ergebe sich aus der langjährigen personellen Entwicklungsblockade, der minderwertigen Beauftragung, der jahrelangen Beschäftigungslosigkeit, der andauernden Perspektivlosigkeit und aus über 12 Jahre hinwegwährendem Mobbing. Letzteres äußere sich dadurch, dass er böswillig ignoriert oder beharrlich und gezielt bekämpft werde und die Beklagte versuche, ihn zu zermürben, damit er seinen Arbeitsvertrag auflöse. Aufgrund dieses rechtswidrigen Verhaltens sei er psychisch erkrankt.

„Seine Leistungspunkte“ seien ihm unberechtigt reduziert worden. Es gebe keinen Automatismus, die Leistungspunkte nach einem Aufgabenwechsel zu reduzieren. Die seitens der Beklagten hierzu veröffentlichten Dokumente sähen das nicht vor.

Es liege daher kein Pflichtverstoß von ihm vor, der zur Kündigung berechtige. Darüber hinaus verstoße die Kündigung vom 26.10.2012 gegen § 626 Abs. 2 BGB. Da er sein Leistungsverweigerungsrecht wirksam geltend gemacht habe, stünde ihm auch das Entgelt für den Zeitraum von Oktober 2012 bis Oktober 2013 zu.

Mit Schriftsatz vom 12.11.2012 (Zugang beim Arbeitsgericht München am gleichen Tag) erhob der Kläger deswegen Kündigungsschutzklage und stellte weitere 11 Anträge, die neben unbezifferten Leistungsanträgen, Feststellungen zu Bewertungen enthielten, die dem Kläger wichtig waren. Wegen des Wortlauts der schlussendlich gestellten Anträge wird auf das erstinstanzliche Urteil vom 19.6.2013, Bl. 1039 ff. der Akten, verwiesen.

Die Beklagte war der Auffassung, dass die ausgesprochene außerordentliche Kündigung vom 26.10.2012 wirksam sei. Der Kläger sei unberechtigt der Arbeit ferngeblieben, er könne sich nicht auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen. Er sei von ihr weder gemobbt noch sonst in irgendeiner Weise getäuscht oder in seiner Entwicklung blockiert worden. Sie habe den Kläger nicht willkürlich gemaßregelt. Sie habe alles unternommen, um ihm einen unbelasteten Start nach der letzten Versetzung in der neuen Abteilung zu ermöglichen, das betreffe auch die Entwicklungsperspektive. Bis zuletzt seien ihm zusätzliche Tätigkeiten angeboten worden (Schriftsatz vom 28.03.2013, dort S. 6, Bl. 882 d. A.). Konkret habe man ihm ein weiteres Aufgabenfeld im Projektumfeld SharePoint angeboten. Dabei habe man ihm auch die dazu erforderlichen Schulungen und ein Jahr Einarbeitungszeit angeboten. Dieses Angebot habe er aber ausgeschlagen. Die psychische Erkrankung des Klägers sei ihr nicht zuzurechnen, eine Ursächlichkeit der Beklagten hierfür ergäbe sich insbesondere nicht aus den ärztlichen Attesten, weil diese zur Ursächlichkeit nur das angeben könnten, was der Kläger ihnen vortrage. Er sei ausdrücklich gelobt worden, wenn gute Ansätze und Ergebnisse zu erkennen gewesen seien. Auf der anderen Seite sei er aber auch auf bestehende Defizite hingewiesen worden.

Telearbeit habe er gewährt bekommen, er sei lediglich per email vom 1.12.2009 darauf aufmerksam gemacht worden, dass es sich in der Anfangsphase des Projekts bewährt habe durchgehend „vor Ort“ zu sein, wenn das Projekt dann richtig “ am Rennen“ sei, habe jeder Verständnis wenn er sich zeitweise zurückziehe, um Tätigkeiten in Ruhe zu erledigen. Zur Effizienzsteigerung sei ihm geraten worden, sich öfter zu zeigen, statt den Telearbeitsplatz zu nutzen. Zwischenzeugnisse seien ihm ausgestellt worden, sie seien „fair“ gewesen. Die Anzahl der vergebenen Leistungspunkte entspräche seiner Leistung; dass es weniger seien als beim letzten mal liege daran, dass nach einem Aufgabenwechsel, die Erfahrung im neuen Tätigkeitsfeld fehle. Ein Reduzieren der Leistungspunkte nach einem Wechsel sei üblich, weswegen dies auch bei der ersten Neubeurteilung nicht beim Gehalt ins Gewicht falle. Das sei insbesondere im Interesse der Mitarbeiter, da dann die Möglichkeit bestünde aufs Neue – dann gehaltswirksame – Leistungspunkte zu sammeln. Dadurch, dass dem Kläger „seine Leistungspunkte“ wieder eingetragen worden seien, habe dieser eine Gehaltserhöhung bekommen, die ansonsten nicht eingetreten wäre.

Bezüglich des weiteren erstinstanzlich streitigen sowie unstreitigen Vorbringens der Parteien wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 19.06.2013 sowie auf die Schriftsätze der Parteien vom 08.12.2012, 29.01.2013, 27.02.2013, 28.03.2013, 09.04.2013, 28.05.2013 und 10.06.2013 nebst den jeweiligen Anlagen verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 19.06.2013 die Klage abgewiesen. Soweit im Rahmen des Berufungsverfahrens von Interesse führt das Arbeitsgericht aus, dass der Kläger durch sein Fernbleiben von der Arbeit ab dem 1.10.2012 seine Pflicht zur Arbeitsleistung verletzt habe. Er sei nicht berechtigt gewesen, ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben. Der Kläger sei nicht beschäftigungslos gewesen, da er für 3 bis 4 Stunden wöchentlich Arbeit gehabt hätte. Er sei auch nicht jahrelang unbeschäftigt gewesen, weil er die Projektleitung „BEA Weblogic Migration“ inne gehabt habe. Er habe keinen Anspruch auf bestimmte Tätigkeiten, insbesondere nicht auf „Haupttätigkeiten“ (in Abgrenzung zu ihm nach seiner Ansicht allein übertragenen Nebentätigkeiten) sondern auf vertragsgemäße Beschäftigung und hierzu habe er Angebote erhalten, aber ausgeschlagen. Es sei nicht verständlich, wenn er über zu viel Leerlauf klage und gleichzeitig Beschäftigungsmöglichkeiten ausschlage, obwohl ihm dazu Einarbeitung und Fortbildung zugesagt worden sei. Der Kläger lege nicht konkret dar, warum die ihm zugewiesenen Arbeiten nicht vertragsgerecht gewesen seien.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Beförderung. Es fehle auch an einer Darlegung des erhobenen „Mobbing-Vorwurfs“. Trotz des Hinweises bereits in der Güteverhandlung (siehe hierzu das Protokoll der Güteverhandlung vom 5.12.2012 (Bl. 696 f. d. A.), dass die Vorlage von Beweismappen Sachvortrag nicht ersetzen könne, habe der Kläger seinen Vortrag dazu auf eine bloße Aufzählung beschränkt. Mangels konkreter Schilderung sei für die Kammer nicht nachvollziehbar, womit der Kläger den Vorwurf des Mobbings begründen möchte. Der Vorwurf der jahrelangen Untätigkeit und der Zuweisung geringwertiger Arbeit treffe nicht zu. Die Interessenabwägung falle zu seinen Lasten aus, da trotz des Alters des Klägers, der Dauer der Betriebszugehörigkeit und der familiären Situation die nachhaltige und bewusste Arbeitsverweigerung trotz mehrerer Abmahnungen überwiege. Der Kläger habe sich auch nicht in einem unverschuldeten Rechtsirrtum befunden, ihm sei das Risiko seines Vorgehens bewusst gewesen und er habe keine anderweitige gerichtliche Klärung versucht, obwohl das möglich gewesen sei. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei eingehalten, weil der Kläger fortlaufend – bis zum Ausspruch der Kündigung – die Arbeit verweigert habe. Wegen der Wirksamkeit der außerordentlichen und fristlosen Kündigung bestünde auch kein weiterer Anspruch auf Arbeitsentgelt.

Gegen das ihm am 21.08.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.09.2013 Berufung einlegen und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 21.11.2013 mit einem am 21.10.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründen lassen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger das Kündigungsschutzbegehren und den Anspruch auf Entgelt für den Zeitraum von Oktober 2012 bis Oktober 2013 nebst Zinsen weiter. Er ist der Ansicht, dass sein Vortrag entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ausreichend substanziiert sei, um dem Vorwurf des Mobbings zu begründen. Es sei zulässig, auf Beweismappen zu verweisen, sie seien strukturiert. Insbesondere sei der klägerische Sachvortrag im Schriftsatz vom 27.02.2013 voll von Namen, Daten und konkreten Beweishinweisen. Er enthalte alle relevanten Angaben. Er sei nicht verpflichtet, vor Inanspruchnahmen eines Zurückbehaltungsrechts in anderer Weise gerichtlichen Rechtsschutz zu suchen.

Er habe die Arbeit nicht verweigert, sondern er wolle arbeiten. Ihm stünde eine personelle Weiterentwicklung und ein Hauptaufgabe zu, was sich aus § 106 GewO, §§ 315, 241 Abs. 2, 242 BGB, 75, 80 BetrVG, 13 MTV der IG Metall und der B.-eignen langfristigen Personalpolitik ergebe. Die Beklagte habe kein Interesse an seiner Arbeitsleitung gezeigt, ihr sei durch sein Fortbleiben kein wirtschaftlicher Schaden entstanden. Seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit habe nicht seiner tariflichen Eingruppierung (Tarifgruppe EG 12) entsprochen, er habe seine Tätigkeit eher als solche der Tarifgruppe EG 4/EG 5 empfunden. Er sei nach wie vor der Auffassung, dass er wegen der Handlungen der Beklagten psychisch erkrankt sei, was sich aus der Beweismappe 5 „Psychomentale Störungen am Arbeitsplatz, 2000 – 2012“ ergebe, die voller eindeutiger E-Mails, Protokolle, medizinischer Atteste, Gutachten und Kommentare sei. Ihn treffe keine Schuld an der Situation, deswegen habe er die Notbremse ziehen und das Leistungszurückbehaltungsrecht in Anspruch nehmen müssen. Die Beklagte habe sich durch ihre jahrelange Verweigerung unverhältnismäßig verhalten, nicht er.

Die ihm gegenüber ausgesprochenen Abmahnungen seien ebenso wie die Kündigung Maßregelungen, da er sich zu Recht auf sein Zurückbehaltungsrecht berufe. Darüber hinaus sei es nicht verhältnismäßig, ihn der Arbeitsverweigerung zu bezichtigen, falls er bei Geltendmachung seines Leistungsverweigerungsrechts nicht sämtliche juristische Details beachtet haben sollte. Entscheidend seien nicht die einzelnen Handlungen der Beklagten für den von ihm erhobenen Mobbingvorwurf, sondern die Gesamtheit der Handlungen seit dem Jahr 2000 mit dem Ziel seiner Kündigung. Es gehe ihm nicht um Arbeitsverweigerung, sondern um adäquate Beschäftigung, er wolle sowohl qualitativ als auch quantitativ mehr leisten. Gerade das habe er vorgerichtlich bei der Beklagten geltend gemacht. Es bestünde auch keine Wiederholungsgefahr, wenn der Kläger merke, dass er zwar alle Voraussetzungen für das Vorliegen eines Leistungsverweigerungsrechts erfülle, ihm das aber gerichtlich nicht anerkannt werde, dann werde er künftig dieses Risiko nicht mehr eingehen.

Der Kläger beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung vom 26.10.2012 – Zugang am 26.10.2012 – noch durch die außerordentliche Kündigung vom 26.10.2012 mit sozialer Auslauffrist – Zugang am 26.10.2012 – aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 79.934,27 € brutto (Oktober 2012 – Oktober 2013; 13 x 6.148,79 € = 79.934,27 €) abzüglich in dem Zeitraum geleisteter Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.11.2013 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist nach wie vor der Ansicht, dass der Kläger nichts Schlüssiges zum Mobbingvorwurf vorgetragen habe. Bereits in der Güteverhandlung vom 05.12.2012 sei er darauf hingewiesen worden, dass die Vorlage von Beweismappen eigenen Sachvortrag nicht ersetze, was sich aus dem Protokoll der Güteverhandlung ergebe. Sie habe ihrerseits bereits mit Schriftsatz vom 29.01.2013 explizit auf dieses Manko hingewiesen. Auch in der Berufung werde jetzt nicht dementsprechend vorgetragen sondern im Wesentlichen lediglich die pauschale Bezugnahme auf die Beweismappen wiederholt. Im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen seien grundsätzlich nicht geeignet, die Tatbestandsvoraussetzungen einer Vertragspflichtverletzung oder einer unerlaubten Handlung zu erfüllen. Insbesondere spreche gegen ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen, dass sie dem Kläger immer wieder entgegengekommen und Kompromisse eingegangen sei. Auch spreche gegen ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen, wenn ein Arbeitnehmer von verschiedenen Vorgesetzten, die nicht zusammenwirken und die zeitlich aufeinander folgen, in seiner Arbeitsleistung kritisiert oder schlecht beurteilt werde oder wenn die Arbeitsleistung nicht nur kritisiert oder ignoriert, sondern ausdrücklich gleichermaßen positiv gewürdigt werde. Der Kläger habe daher keine hinreichenden Gründe vorgetragen, die ihn zur Ausübung des Zurückbehaltungsrechts berechtigen würden. Das hätte er auch bei sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage erkennen können, was spätestens nach der ersten Abmahnung angezeigt gewesen wäre. Ihm sei auch das Risiko bewusst gewesen. Er befinde sich daher nicht in einem unverschuldeten Rechtsirrtum. Die Kündigung vom 26.10.2012 sei auch nach dem ultima-ratio-Prinzip sozial gerechtfertigt, da die Beklagte ihn dreimal schriftlich abgemahnt und ihn auch im Gespräch am 15.10.2012 auf die Konsequenzen seines Handels aufmerksam gemacht habe. Wiederholungsgefahr sei deswegen vorhanden. Nachdem die Kündigung wirksam sei, stünde dem Kläger auch kein Entgelt für den streitgegenständlichen Zeitraum zu. Darüber hinaus sei er ohne rechtfertigenden Grund von der Arbeit ferngeblieben.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf die Schriftsätze der Parteien vom 21.10.2013 und 18.12.2013 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg.

I.

Die gem. § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung wurde mit Schriftsatz vom 21.10.2013 wirksam auf die Überprüfung der beiden Kündigungen vom 26.10.2016 sowie auf den Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts seit dem Oktober 2012 beschränkt. Die darüber hinausgehenden erstinstanzlichen Anträge (erstinstanzlich waren insgesamt 14 Anträge gegenständlich) wurden nicht weiter verfolgt. Der „Umfang der Anfechtung“ wird vom Kläger dahingehend erläutert, dass der Kläger seine erstinstanzlichen Begehren nur „teilweise weiter verfolgt“ und nur im Hinblick auf die beiden ausdrücklich benannten Gegenstände eine Überprüfung anstrebt. Die beiden in dem Schriftsatz gestellten Anträge greifen nur diese beiden Begehren auf und nur insoweit wird die Berufung den Anforderungen des § 520 ZPO entsprechend begründet. Dem entsprach auch die Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vom 28.5.2014, die nach entsprechendem Hinweis des Gerichts nochmals um offensichtlich unzulässige Inhalte reduziert wurde.

III.

Grundlage der Entscheidung ist der jeweilige Tatsachenvortrag der Parteien. Der Kläger verweist dazu in weiten Teilen auf die von ihm übermittelten Beweismappen. Die Beweismappen selbst enthalten keine Darstellung eines Tatsachenvortrags sondern v.a. zahlreichen Schriftverkehr des Klägers (vorwiegend Emails, häufig samt Antworten), Dokumente der Beklagten und Gesprächsprotokolle des Klägers z.T. versehen mit weiteren handschriftlichen Kommentaren. Sie stellen eine Materialsammlung dar, der teilweise eine Inhaltsübersicht vorangestellt wird (z.B. Mappe 1, Bl. 20 d. A.) oder der im Vorblatt ein subjektive bewertende Schlagworte vorangestellt werden, ohne dass konkret auf einzelne darin enthaltene Anlagen Bezug genommen wird (z.B. Mappe 2, Bl. 105 d. A.) oder aus einer Mischung von beidem (vgl. Mappe 5, Bl. 574 d. A.). Z.T. enthalten die Mappen teilweise handschriftliche Überblicke über Zeiträume, allerdings i.d.R. ohne konkrete Bezugnahme zu einer konkreten Anlage und ohne erkennbaren Zusammenhang zu konkretem Sachvortrag abgesehen vom allgemeinen Hinweis, damit würde der Mobbing-Vorwurf belegt. Hinzu kommen vereinzelt schlagwortartige Bewertungen des Klägers.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist das nicht ausreichend, um erforderlichen Sachvortrag durch einen Verweis auf Beweismappen zu ersetzen. Es gilt der Beibringungsgrundsatz (§ 282 ZPO). Im arbeitsgerichtlichen Verfahren kann nur über das geurteilt werden, was die Parteien tatsächlich vorgetragen haben. Dem Gericht ist es verwehrt, auf Grund von übermittelten Anlagen Spekulationen darüber anzustellen, was die vorlegende Partei damit zum Ausdruck bringen will und auf dieser Grundlage zu urteilen. Darauf wurde der Kläger bereits in der Güteverhandlung am 05.12.2012 hingewiesen. Zum Wortlaut dieses Hinweises wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 05.12.2012 verwiesen (Bl. 696 f. d.A.). Dieser Hinweis wurde in den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung vom 19.06.2013 nochmals aufgegriffen und verdeutlicht. Es fehle deswegen an einer konkreten Darlegung der behaupteten Mobbing-Handlungen (S. 24 des Urteils, Bl. 1062 d. A.). Auch die Beklagte weist auf diesen Punkt wiederholt hin. Dieser Hinweis muss in der Berufungsinstanz nicht erneut gegeben werden. Es liegt am Kläger, diesen bereits mehrfach gegebenen Hinweis aufzugreifen, seinen Vortrag ggf. zu ergänzen oder zu präzisieren oder dies zu unterlassen, wie in seinem Schriftsatz vom 08.12.2012 erwähnt (Bl. 706 ff. d. A.). Nur in den so gezogenen Grenzen ist der Vortrag für die Beklagte erwiderungsfähig und kann Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung werden. Eine konkrete Bezugnahme im Rahmen eines Sachvortrages ist zulässig, aber nicht der Verzicht auf Tatsachenvortrag zu Gunsten der Übermittlung von Anlagen. Die Beweismappen sind daher im Ergebnis so weit zu berücksichtigen, als konkret im Rahmen eines Sachvortrages auf darin enthaltene einzelne Anlagen nachvollziehbar Bezug genommen wird.

IV.

Die Berufung des Klägers ist im Kündigungsschutzbegehren begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.

1. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 26.10.2012 weder mit sofortiger Wirkung noch mit Ablauf einer der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden sozialen Auslauffrist aufgelöst worden.

1.1 Nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien ist das Arbeitsverhältnis aufgrund tariflicher Regelung nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kündbar. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Nach den insoweit zutreffenden Feststellungen des Arbeitsgerichts im Urteil vom 19.06.2013 stellt das Verhalten des Klägers eine beharrliche Arbeitsverweigerung dar, das grundsätzlich geeignet ist, den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung zu rechtfertigen. Auf die dementsprechende Begründung des Arbeitsgerichts wird Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die Ausführungen des Klägers in der Berufung richten sich auch nicht gegen diese Bewertung des Erstgerichts „an sich“ sondern gegen die weitergehende Feststellung des Erstgerichts, dass ein Zurückbehaltungsrecht hier nicht vorliege, so dass das Verhalten des Klägers nicht aus diesem Grund gerechtfertigt sei.

1.2 Die seitens der Beklagten ausgesprochene außerordentliche fristlose Kündigung vom 26.10.2012 scheitert auch nicht an der Frist des § 626 Abs. 2 BGB. Auch insofern stellt das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung – auf die ebenfalls Bezug genommen wird (§ 69 Abs. 2 ArbGG) – fest, dass mit jedem Tag des erneuten Fernbleibens die Frist erneut in Gang gesetzt wurde. Daran ändert auch die Spekulation des Klägers nichts, die Beklagte habe in Wirklichkeit nicht wegen des Fernbleibens, sondern wegen des zerstörten Vertrauensverhältnisses gekündigt. Letzteres wurde seitens der Beklagten nicht als eigenständiger Kündigungsgrund in den gegenständlichen Prozess eingeführt, sodass es keine Rolle spielt, ob eine Kündigung wegen gestörtem Vertrauensverhältnis an der Frist des § 626 Abs. 2 BGB scheitern würde.

1.3 Dem Arbeitsgericht ist auch im Ergebnis darin zuzustimmen, dass sich der Kläger im Hinblick auf diese erhebliche Arbeitsvertragspflichtverletzung nicht auf einen rechtfertigenden Grund berufen kann. Ein vom Kläger geltend gemachtes Zurückbehaltungsrecht ist hier nicht gegeben.

Im Ausgangspunkt ist festzuhalten, dass keine Arbeitsverweigerung vorliegt, wenn der Arbeitnehmer berechtigterweise von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht hat (st. Rspr. seit BAG 20. Dezember 1963 – 1 AZR 428/62 – BAGE 15, 174). Ein Zurückbehaltungsrecht an seiner Arbeitsleistung nach § 273 Abs. 1 BGB kann einem Arbeitnehmer insbesondere zustehen, wenn der Arbeitgeber seine aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden Haupt- oder Nebenpflichten schuldhaft nicht erfüllt. Gegenstand eines solchen Zurückbehaltungsrechts kann grundsätzlich jede Leistung sein, deshalb kann ein Arbeitnehmer berechtigt sein, seine Arbeitsleistung zu verweigern, wenn der Arbeitgeber oder einer seiner Repräsentanten (§ 278 BGB) die Gesundheit des Arbeitnehmers oder dessen Persönlichkeitsrecht in erheblicher Weise verletzt und mit weiteren Verletzungen zu rechnen ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Arbeitgeber im Rahmen seiner vertraglichen Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Bei der Frage, was die vertragliche Rücksichtnahmepflicht im Einzelnen gebietet, ist insbesondere auf die in den Grundrechten zum Ausdruck gekommenen Wertentscheidungen des Grundgesetzes Bedacht zu nehmen. Entsprechend dem Grundgedanken des § 273 Abs. 1 BGB, dass der Gläubiger, der selbst nicht leisten will, arglistig handelt, wenn er die vertraglich geschuldete Leistung einfordert, steht die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts selbst auch unter dem Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB und unterliegt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Zurückbehaltungsrecht darf vom Schuldner nicht rechtsmissbräuchlich ausgeübt werden. Dementsprechend muss der Schuldner vor der Ausübung seines Zurückbehaltungsrechts unter Angabe des Grundes dem Arbeitgeber klar und eindeutig mitteilen, er werde dieses Recht auf Grund einer ganz bestimmten, konkreten Gegenforderung ausüben. Nur so wird dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet, den möglichen Anspruch des Arbeitnehmers zu prüfen und zu erfüllen (vgl. zusammenfassend BAG v. 13.08.2008, 2 AZR 88/07, zit. n. Juris mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Bei einer verhaltensbedingten Kündigung wegen unentschuldigten Fehlens obliegt dem Arbeitgeber nicht nur der Nachweis dafür, dass der Arbeitnehmer überhaupt gefehlt hat, sondern auch dafür, dass er unentschuldigt gefehlt hat, dass also das hier vom Arbeitnehmer behauptete Zurückbehaltungsrecht nicht vorliegt. Allerdings hat hierzu der Arbeitnehmer seinerseits nach § 138 Abs. 2 ZPO substantiiert vorzutragen. Er muss darlegen, warum sein Fehlen als entschuldigt anzusehen ist. Nur die hierzu vom Arbeitnehmer behaupteten Tatsachen hat der Arbeitgeber zu widerlegen (vgl. BAG v. 17.06.2003, 2 AZR 123/02, NZA 2004, 564).

Bei Anwendung dieses Prüfungsmaßstabs ergibt sich Folgendes:

1.3.1 Der Kläger hat das Zurückbehaltungsrecht ausdrücklich geltend gemacht und v.a. in den beiden Emails vom 10.09.2012 und 28.09.2012 begründet. Beide Emails enthalten nicht nur allgemein gehaltene Vorwürfe. Soweit der Kläger darin konkrete Gründe anführt, hat er der Beklagten die Möglichkeit eröffnet, diese zu überprüfen und ggf. für Abhilfe zu sorgen. Welche dies im Einzelnen sind, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Dabei kommt es darauf an, wie der Wille des Klägers vom Empfänger nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte aufgefasst werden musste (§§ 133, 157 BGB). Diese so ermittelten Gründe stellen die Grundlage für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme des Zurückbehaltungsrechts dar, Präzisierung und Vertiefung im Prozess ist allerdings möglich. Es wäre dagegen rechtsmissbräuchlich, sich im Nachhinein auf andere Gründe für ein Zurückbehaltungsrecht zu berufen, als vor Ausüben des Zurückbehaltungsrechts. Ansonsten würde der Gegenseite jegliche Möglichkeit abgeschnitten, den vermeintlichen Anspruch zu prüfen und ggf. zu erfüllen. Der Kläger wirft der Beklagten danach die folgenden Handlungen vor:

  • Handlung 1: Verweigerung von Zwischenzeugnissen und falsche Bewertung in Zwischenzeugnissen
  • Handlung 2: Verweigerung eines Telearbeitsplatzes
  • Handlung 3: Streichen von Leistungspunkten
  • Handlung 4: Übertragung keiner vernünftigen herausfordernden Aufgabe, nur von minderwertigen „Mini“- Aufgaben, er sitze den ganzen Tag rum, alle zwei – drei Tage komme mal eine E-Mail, niemand rufe ihn an, keiner habe für ihn etwas zu tun
  • Handlung 5: Beförderungsverweigerung, keine Weiterentwicklung, keine zielführende Fortbildung
  • Handlung 6: Mobbing, weil er auf vertragsgemäße Beschäftigung bestehe (siehe Handlungen 4 und 5) was ihn krank gemacht habe.

Dass der Kläger, die ihm gegenüber im Oktober ausgesprochenen Abmahnungen und Kündigungen als unzulässige Maßregelungen sieht, spielt hier keine Rolle, da er sich vor der Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nicht darauf berief. Diese Handlungen waren erst Ergebnis seiner Arbeitsverweigerung.

1.3.2 Die Handlungen 1 bis 3 sind für sich gesehen bereits deswegen nicht geeignet, ein Zurückbehaltungsrecht zu begründen, weil es sich um Auseinandersetzungen in der Vergangenheit handelt, die abgeschlossen sind. Zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme fällige Forderungen des Klägers können daraus nicht abgeleitet werden. Soweit der Kläger mit dem Zurückbehaltungsrecht eine Zeugnisberichtigung begehren wollte, wäre das zudem nicht ausreichend konkret in den Emails dargelegt, der Kläger müsste nachvollziehbar darlegen, in welchen Punkten er eine (welche?) bessere Beurteilung begehrt. Darüber hinaus wäre es unverhältnismäßig, wegen einer geforderten Berichtigung eines Zwischenzeugnisses, die Arbeit zu verweigern.

Dem Vortrag des Klägers lässt sich vor dem Hintergrund der Ausführungen der Beklagten nicht entnehmen, dass die Absenkung der Leistungspunkte für sich gesehen eine Rechtsverletzung darstellt, die zum Ausüben eines Zurückbehaltungsrechts führen kann. Dies ergibt sich bereits daraus, dass hieran keine Gehaltsansprüche geknüpft waren und die Beklagte diese Kritik des Klägers schlussendlich aufgegriffen und seine Punkte wieder angepasst und damit eine Gehaltserhöhung ausgelöst hat, die der Kläger nicht bekommen hätte, wenn die Punkte vorher nicht abgesenkt worden wären. Dem ausführlichen Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 28.03.2012 (dort S. 15 Bl. 891 d. A.) zum Absenken der Leistungspunkte und deren Grundlage tritt der Kläger nicht entgegen. Seine Spekulation darüber, dass diese Gehaltserhöhung aus seiner Sicht der erste Schritt zur Überführung in den außertariflichen Bereich hätte gewesen sein können, entbehrt jeder Grundlage. Darüber hinaus wäre es unverhältnismäßig, wegen einer unterschiedlichen Sichtweise zu den Leistungspunkten, die Arbeit zu verweigern.

Telearbeit wurde dem Kläger bewilligt. Der von der Beklagten eingeräumte Hinweis, dass es aus der Sicht der Beklagten sinnvoller wäre, vor Ort präsent zu sein, ändert daran nichts. Sie hat diesen Hinweis nicht mit der Ankündigung von Konsequenzen verbunden, noch behauptet der Kläger, dass solche erfolgt seien. Darüber hinaus wäre es unverhältnismäßig, wegen einer Verweigerung von Telearbeit an einzelnen Tagen, die Arbeit zu verweigern

1.3.3 Der Kläger hat zwar grundsätzlich Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung, Handlung 4 berechtigt den Kläger hier allerdings nicht zur Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts.

1.3.3.1 . Der Kläger kann sich nicht erfolgreich darauf berufen, dass er als TRM-Koordinator und als „Blueprint-Vorfilterer“ beschäftigt wurde. Er bezeichnet diese Tätigkeiten zwar als „minderwertig“ in der email vom 28.09.20102, beruft sich allerdings nicht allein darauf, sondern stellt das in den Zusammenhang mit einer fehlenden vernünftigen und herausfordernden Aufgabe. Bei der Auslegung dieser Erklärung kommt es darauf an, wie dieser Wille vom Empfänger nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte aufgefasst werden musste (§§ 133, 157 BGB). Hier geht die Kritik des Klägers dahin, auf diese Tätigkeiten reduziert zu werden. Er macht das Zurückbehaltungsrecht geltend, nicht weil ihm diese Tätigkeiten übertragen wurden, sondern weil ihm darüber hinaus keine anderen Tätigkeiten übertragen wurden. Die dadurch gezogene Grenze würde gesprengt, wenn man im Prozess allein darauf abstellen wollte, dass diese Aufgabenübertragung nicht seiner tariflichen Eingruppierung entspricht.

Darüber hinaus hat der Kläger beide Tätigkeiten letztlich übernommen, sie damit als vertragsgemäß akzeptiert und auch über einen längeren Zeitraum ausgeübt, wenn auch in der Erwartung weiterer Aufgaben. Die Beklagte musste das so verstehen, dass nach wie vor die Bereitschaft bestand diese beiden Tätigkeiten auszuüben, wenn und soweit ihm auch andere „höherwertige“ Arbeiten zugewiesen werden. Darüber hinaus würde hier die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts wegen dieser Aufgabenübertragung gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens verstoßen.

Für die Tätigkeit als TRM-Koordinator ergibt sich dieses Ergebnis zusätzlich aus folgender Erwägung: Der Kläger war für den Bereich, für den er eingesetzt wurde projektverantwortlich. Die Kritik des Klägers an dieser Tätigkeit bezieht sich nicht auf die „Wertigkeit“ an sich, sondern darauf, dass er den Prozess als „chaotisch“ empfand. Das allerdings ist ohne Einfluss auf die Bewertung der Tätigkeit als vertragsgemäß, ebenso wie die Frage, ob eine wirksame Beauftragung weitere Akte wie eine schriftliche Tätigkeitsbeschreibung usw. erfordert.

Für die Tätigkeit als „Blueprint-Vorfilterer“ ergibt sich das eingangs genannte Ergebnis zusätzlich aus folgender Erwägung: Dass er diese Tätigkeiten als zu wenig herausfordernd empfand, wird von ihm eindrucksvoll geschildert. Dem ist die Beklagte nicht entgegen getreten. Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts steht allerdings auch unter dem Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB und unterliegt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dabei ist die doch recht geringe zeitliche Belastung durch diese Tätigkeit (nach Angaben des Klägers 2-3 Stunden pro Woche) zu beachten. In diesem Fall entspricht das Berufen auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen einer Teiltätigkeit, bei der die Parteien unterschiedlicher Ansicht sind, ob sie noch vertragsgemäß ist und zu der sich der Kläger bereit erklärt hat, nicht mehr dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Aus der Übertragung dieser beiden Tätigkeiten kann der Kläger daher kein Zurückbehaltungsrecht ableiten.

1.3.3.2 Dennoch spricht viel dafür, dass die Beklagte gegen die Verpflichtung, den Kläger vertragsgemäß zu beschäftigen, objektiv verstoßen hat.

Der Kläger war unstreitig nach Auslaufen des Projekts BEA nicht ansatzweise ausgelastet. Mit Auslaufen dieses Projekts fiel nämlich die Tätigkeit weg, auf die er den größten Teil seiner Arbeitskraft verwandt hat. Dieses Projekt war spätestens mit Abgabe des Abschlussberichts im Herbst 2011 abgeschlossen. Nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2014 sogar inhaltlich bereits im Sommer 2011. Das gilt ungeachtet etwaiger noch möglicher Nacharbeiten durch Präsentation der Projektergebnisse oder Überarbeiten des Abschlussberichts, da beides von den Parteien nicht nachhaltig betrieben wurde.

Diese Situation kam nicht überraschend, spätestens seit Januar 2011 bemühte sich der Kläger bei der Beklagten um eine Anschlussbeschäftigung z.B. durch email-Verkehr am 26.01.2011 und am 29.06.2011. In der Konsequenz führte dies dazu, dass die Beklagte weitere Tätigkeiten für ihn gesucht und teilweise, wenn auch nicht sofort, gefunden hat. So wurde der Kläger im Mai 2011 mit der Aufgabe des „Blueprint-Vorfilterers“ betraut. Hinzu kam ein eher kurzfristiges Engagement im Zusammenhang Südafrika, das sich allerdings in der Folge zerschlagen hat. Schließlich hat der Kläger ab dem 01.03.2012 die Aufgabe eines TRM-Koordinators übernommen.

Zumindest nach Abschluss der Einarbeitung als TRM-Koordinator war der Kläger allerdings wiederum nicht ansatzweise ausgelastet. Weitere Aufgaben als diese beiden hatte der Kläger nicht. Er war nach dieser ersten Phase der Tätigkeit als TRM-Koordinator nur noch 3-4 Stunden in der Woche ausgelastet, was ungefähr 10% seiner Arbeitskraft entspricht. Das reicht bei einer Vollzeittätigkeit sicherlich nicht aus.

Die Parteien haben deshalb nach weiteren zusätzlichen Tätigkeiten gesucht, um ihn vertragsgemäß zu beschäftigen. Die Beklagte hat ihm dabei die Tätigkeit „SharePoint“ vorgeschlagen. Diese Tätigkeit hat er abgelehnt, mit der Begründung, er würde lieber seine bisherige Tätigkeit als IT-Systembetreuer weiterentwickeln, als sich intensiv in dem neuen Feld fortzubilden, einzuarbeiten und damit einen anderen Weg zu beschreiten, auch wenn ihm ausdrücklich Fortbildung und Einarbeitung zugestanden wurde. Er war der Meinung, dass für ihn eine Weiterentwicklung des bisherigen Weges eine bessere Entwicklung ermögliche. Dass diese ihm angebotene Tätigkeit nicht vertragsgemäß gewesen sei, wird vom Kläger nicht substantiiert bestritten. Das betrifft insbesondere die „Wertigkeit“ dieser Tätigkeit. Der Kläger räumt ein, dass das, was er dabei gelernt hätte „auf dem Niveau eines IT-Studenten“ gewesen wäre, dass also damit eine Tätigkeit gefordert wird, die eine einschlägige akademische Vorbildung erfordert. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der Einwand des Klägers, dass es andere Mitarbeiter in der Abteilung gegeben habe, die bereits über einschlägige Erfahrungen verfügten und es deswegen sinnvoller sei, ihn mit anderen Aufgaben zu betreuen, die mehr seinen bisherigen Tätigkeiten entspricht. Das wäre allenfalls zu berücksichtigen, wenn ihm diese Tätigkeit einseitig zugewiesen worden wäre. Das ist aber weder der Fall, noch ging es darum; es ging gerade darum, dem Kläger sinnvolle Arbeit zu verschaffen. Der Kläger trägt auch nicht vor, dass er sich auf eine andere Stelle beworben habe und diese ihm rechtswidrig vorenthalten wurde.

1.3.3.3 Diese Frage kann allerdings letztlich dahingestellt bleiben. Eine weitere Schriftsatzfrist für die Beklagte, zum Arbeitseinsatz des Klägers im letzten Jahr einzuräumen, war deswegen nicht erforderlich.

Entscheidend ist: Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts steht auch unter dem Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB und unterliegt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Zurückbehaltungsrecht darf vom Schuldner nicht rechtsmissbräuchlich ausgeübt werden. Auch wenn die Beklagte die Ablehnung von „SharePoint“ akzeptiert hat, wäre es rechtsmissbräuchlich, wenn der Kläger zunächst eine ihm angebotene vertragsgemäße Beschäftigung ablehnt, um sich anschließend im Rahmen der Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts darauf zu berufen, er sei von der Beklagten zu wenig und/oder nur mit minderwertiger Tätigkeit beschäftigt worden. Insofern ist der Einwand der Beklagten, sie könne den vom Kläger behaupteten Leerlauf nicht nachvollziehen, wenn dieser gleichzeitig ein ihm angebotenes weiteres Aufgabenfeld ablehne, durchaus berechtigt.

Der Kläger kann sich daher zur Begründung eines Zurückbehaltungsrechts nicht darauf berufen, dass ihm von der Beklagten zu wenig und/oder nur „minderwertige“ Arbeit übertragen worden sei. Persönlichkeitsrechte des Klägers werden jedenfalls dann nicht verletzt, wenn der Kläger eine vertragsgemäße und zumutbare Beschäftigung ablehnt.

1.3.4 Auch die geltend gemachte Handlung 5, Beförderungsverweigerung, keine Weiterentwicklung, keine zielführende Fortbildung ist nicht geeignet, ein Zurückbehaltungsrecht zu begründen.

Der Kläger war in etlichen Fortbildungen u.a. auch im Seminar „Gallup-Stärkentraining“. Er trägt auch nicht vor, dass ihm eine konkrete Fortbildung, auf die er sich beworben habe, aus unsachgemäßen Gründen verweigert worden wäre. Die Beklagte verweist unstreitig darauf, dass es ihm möglich gewesen wäre, sich um Fortbildungen zu bemühen. Der Verweis des Klägers darauf, dass ihm eine Bewerbung nicht möglich erschien, weil ihm die berufliche Perspektive zuletzt gefehlt habe, ist zwar nicht von der Hand zu weisen, betrifft allerdings konkret maximal die Zeit in etwa seit 2011. In einem solchen Zeitraum keine Fortbildung besucht zu haben, kann kein Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitsleistung begründen.

Es besteht auch kein allgemeiner Anspruch auf Einräumen einer Führungsposition oder einer außertariflichen Entlohnung. Dass bei der Beklagten ein solcher Anspruch bestünde, lässt sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen.

Schließlich lässt auch sein auf sich bezogener Vortrag keinen Anspruch auf eine Führungsposition oder außertarifliche Entlohnung erkennen. Die Beklagte verweist substantiiert darauf, sie sehe den Kläger wegen fehlender Gestaltungsfähigkeit bei komplexen oder noch unklaren Sachverhalten sowie aufgrund seines Team- und Kommunikationsverhaltens nicht als Führungskraft. Diese Begründung ist in sich schlüssig und für den Kläger – im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast – erwiderungsfähig. Der Kläger geht darauf allerdings nicht ein sondern verweist im Kern auf die Dauer seiner  – aus seiner Sicht sehr erfolgreichen – Tätigkeit für die Beklagte und darauf, dass andere, die früher seine Kollegen gewesen seien, nunmehr Führungspositionen oder außertarifliche Entlohnung hätten. Daraus lässt sich allerdings kein Anspruch ableiten. Dass alle (oder zumindest der überwiegende Teil) der ihm vergleichbaren Mitarbeiter in Führungspositionen seien oder außertariflich entlohnt werden, trägt er nicht vor. Dass er vor über 10 Jahren für eine gewisse Zeit ein Team externer Mitarbeiter geführt hat, ist nicht entscheidend. Diese Aufgabe hat ihm keine – jetzt begehrte – höhere Eingruppierung als aktuell vermittelt. Pauschale Hinweise auf Beweismappen mit Unterlagen zur Personalentwicklung bei der Beklagten können ebenso keinen Anspruch vermitteln (s.o. III.). Schließlich ist auch kein dementsprechender Anspruch aus §§ 106 GewO, 315, 241 Abs. 2, 242 BGB, 75, 80 BetrVG, 13 MTV ersichtlich.

Durch die Verweigerung einer Beförderung oder der Einräumung einer Führungsposition wird auch kein absolutes Recht des Arbeitnehmers i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB, kein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB verletzt und auch keine sittenwidrige Schädigung i. S. d. § 826 BGB begangen. Es lässt sich insbesondere nicht erkennen, dass die Beklagte den Kläger hier schuldhaft handelte oder vorsätzlich schädigen wollte.

1.3.5 Auch die geltend gemachte Handlung 6, der Mobbing-Vorwurf, begründet hier kein Zurückbehaltungsrecht.

1.3.5.1 Der Vortrag des Klägers, die Beklagte habe sein Persönlichkeitsrecht verletzt, ist grundsätzlich geeignet, ein Zurückbehaltungsrecht zu begründen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Arbeitgeber im Rahmen seiner vertraglichen Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Bei der Frage, was die vertragliche Rücksichtnahmepflicht im Einzelnen gebietet, sind insbesondere auch die in den Grundrechten zum Ausdruck gekommenen Wertentscheidungen des Grundgesetzes bedacht zu nehmen. Danach dürfen der Arbeitgeber oder seine Repräsentanten das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers nicht verletzen. Im Falle einer Verletzung hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Beseitigung der fortwährenden Beeinträchtigung und auf Unterlassen weiterer Verletzungshandlungen. Auch hat der Arbeitgeber die Pflicht, seine Arbeitnehmer vor Belästigungen durch vorgesetzte Mitarbeiter oder Dritte, auf die er Einfluss hat, zu schützen und ihnen einen menschengerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen (zum Ganzen vgl. zusammenfassend BAG v. 13.03.2008, 2 AZR 88/07, zit. n. Juris).

„Mobbing“ ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbstständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund von Mobbing geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung i. S. d. § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechts des Arbeitnehmers führt. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfelds zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen dürfen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (vgl. zusammenfassend BAG v. 28.10.2010, 8 AZR 564/09, zit. n. Juris). Der Arbeitgeber haftet dem betroffenen Arbeitnehmer gegenüber gemäß § 278 BGB für schuldhaft begangene Persönlichkeitsrechts- oder Gesundheitsverletzungen durch von ihm als Erfüllungsgehilfen eingesetzte andere Arbeitnehmer und Vorgesetzte (eingehend z.B. BAG v. 16.05.2007, 8 AZR 709/06, zit. n. Juris).

Ein pauschales Berufen auf einen „Mobbingsachverhalt” reicht mangels hinreichender Konkretisierung der behaupteten Pflichtverletzung aber nicht aus. Dies gilt umso mehr, als auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass jedes einen Arbeitnehmer belastende Verhalten des Arbeitgebers Eingriffsqualität hat und schon eine Verletzung der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht ist. Nicht jede unberechtigte Kritik, überzogene Abmahnung oder gar unwirksame Kündigung stellt gleichzeitig auch eine Persönlichkeitsverletzung dar und führt zu einer Verletzung der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht, zumal ein Arbeitgeber Personalmaßnahmen grundsätzlich auch muss versuchen dürfen (vgl. BAG v. 28.10.2010, 8 AZR 564/09, zit. n. Juris).

Auch hier gilt der eingangs unter III. dargestellte Grundsatz, dass ein pauschaler Hinweis auf Anlagen einen Parteivortrag nicht ersetzen kann. Zwar hat die Beklagte hier grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Zurückbehaltungsrecht vorliegt, allerdings nur in dem Rahmen, als hier der Kläger im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast vorgetragen hat. Zudem muss hier der Vorwurf aus den Erklärungen des Klägers bei der Mitteilung des Zurückbehaltungsrechts hinreichend konkret für die Beklagte erkennbar sein. Nur dann hat sie – wie hier zu fordern ist – die Möglichkeit vor Ausübung des Zurückbehaltungsrechts ggf. für Abhilfe zu sorgen (s.o.) und damit die Arbeitsverweigerung zu verhindern. Danach gilt:

1.3.5.2 Die einzelnen vom Kläger behaupteten Handlungen sind nicht geeignet, um unter dem Gesichtspunkt „Mobbing“ ein Zurückbehaltungsrecht zu begründen. Das ergibt sich aus den bereits oben genannten Gründen. Das Stichwort „Mobbing“ ist nicht geeignet, bei den Handlungen für sich gesehen, eine andere Bewertung herbeizuführen.

1.3.5.3 Der Kläger kann sich für sich gesehen zur Begründung eines Zurückbehaltungsrechts auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte seine Gesundheit geschädigt habe. Nach seinem unstreitigen Vortrag war er psychisch erkrankt. Nach seinem weiteren unstreitigen Vortrag litt er sehr unter der Arbeitssituation, sodass eine erneute Erkrankung oder eine Verschlimmerung einer bereits bestehenden Grunderkrankung in Betracht kommt. Die Ursächlichkeit lässt sich aber nicht aus ärztlichen Bescheinigungen ableiten, worauf die Beklagte zu Recht hinweist. Diese können nur einbeziehen, was der Kläger mitgeteilt hat. Entscheidend ist die Mitteilung von Tatsachen durch den Kläger im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, die den Schluss auf eine adäquate Ursächlichkeit erlauben. Letztlich steht der Vorwurf der Gesundheitsschädigung im Zusammenhang mit dem vom Kläger ebenfalls erhobenen Mobbing-Vorwurf. Dieser ist allerdings nicht dargelegt (siehe sogleich). Darüber hinaus lässt die stichwortartige Erwähnung der Gesundheitsschädigung nicht den Schluss zu, dass die Beklagte die Erkrankung vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt hat (§§ 823, 826 BGB).

1.3.5.4 Die behaupteten Handlungen 1 bis 5 der Beklagten fügen sich nicht zu einem Gesamtbild zusammen, so dass auch nicht mehrere Einzelhandlungen zusammen gesehen den Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt haben. Dabei kommt es nicht auf das subjektive Empfinden des Klägers an, zugrunde zu legen ist bei der Beurteilung eine objektive Betrachtungsweise. Insgesamt lässt das Verhalten der Beklagten keine schikanöse Tendenz erkennen, sondern eine Konfliktsituation, die das im Arbeitsleben übliche noch nicht sprengt. Auch bei einer Gesamtschau der vom Kläger genannten Vorkommnisse lässt sich keine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung durch die Beklagte feststellen, die einen Mobbing-Vorwurf rechtfertigen würde. Anhaltspunkte dafür, dass beabsichtigt gewesen sein könnte, den Kläger systematisch anzufeinden, zu schikanieren oder zu diskriminieren, bestehen nicht. Im Einzelnen:

Im Hinblick auf die Beschäftigungssituation fällt ins Gewicht, dass die Beklagte ihm keine Tätigkeit entzogen, sondern das Projekt, das ihn zeitlich im Wesentlichen beanspruchte, konnte erfolgreich abgeschlossen werden. Es lässt sich auch nicht erkennen, dass die Handlungsweise der Beklagten insbesondere im Hinblick auf die Anschlussbeschäftigung zum Ziel haben sollte, ihn zu zermürben, weil er seine Rechte, konkret seinen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung, verfolgt. Dem Kläger muss zwar zugestanden werden, dass er bereits frühzeitig und nachhaltig auf eine Anschlussbeschäftigung drängte und es die Parteien dennoch nicht geschafft haben, während rund eines Jahres eine angemessene Anschlussbeschäftigung für den Kläger zu finden. Daraus lässt sich allerdings nicht ableiten, dass der daraus resultierende Konflikt von der Beklagten herbeigeführt wurde, um den Kläger zu schädigen. Die Beklagte ist durchaus aktiv geworden und hat nicht mit von vornherein untauglichen Vorschlägen versucht, ihm Arbeit zuzuweisen, die seinen Wünschen entgegenkommt. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die Beklagte insoweit die Ebene der sachlichen Auseinandersetzung verlassen hat.

Eine Persönlichkeitsverletzung kann auch nicht darin gesehen werden, dass dem Kläger aus seiner Sicht nur Tätigkeiten zugewiesen wurden, die ihn fachlich nicht herausfordern („Blueprint-Vorfilterer“) oder mit denen er Schwierigkeiten hat, sich zu identifizieren, da seiner Ansicht nach dieser Prozess „chaotisch“ laufe. Er hat diese Tätigkeiten von Kollegen übernommen und war mit der Übernahme dieser Tätigkeiten schlussendlich (wenn wohl auch widerwillig) einverstanden. Das Projekt TRM und damit die Aufgabe des Klägers war auch ausreichend klar, der Kläger hat dazu eine entsprechende Aufgaben-/Rollenbeschreibung erarbeitet, sein Vorgesetzter Herr A1 hat ihn zu allen Terminen mitgenommen. Die Beklagte weist außerdem zu Recht darauf hin, dass ihm die Gesamtverantwortung für das Technische Release Management, das Thema Sicherheit, Datenschutz und Windows 7 angeboten worden sei. Er habe sich für das TRM-Thema entschieden. Eine Herabsetzung seiner Person kann daraus nicht geschlossen werden. Ihm wurde auch ein weiteres Aufgabenfeld im Projektumfeld SharePoint samt Einarbeitungszeit angeboten worden. Dieses Angebot hat er jedoch ausgeschlagen.

Dem Kläger ist aber zuzugestehen, dass die beiden Tätigkeiten, die ihm schlussendlich im Schwerpunkt zugewiesen wurden („Blueprint-Vorfilterer“ und TRM-Koordinator), sich nicht als ausreichend für eine Vollzeitarbeitsstelle herausgestellt haben. Zudem muss ihm auch zugestanden werden, dass es bereits in der Vergangenheit zu Auseinandersetzungen über seinen angemessenen Arbeitseinsatz kam. Im Hinblick auf die Versuche der Beklagten, auch unter Beteiligung des Betriebsrats eine Lösung zu finden, kann allerdings nicht daraus geschlossen werden, dass diese Auseinandersetzung die sachliche Ebene verlassen hat und von ihr herangezogen wurde, um ihn zu zermürben und ihn zur Aufgabe seines Arbeitsplatzes zu bewegen.

Dass die Versetzungen in der Vergangenheit gegen seinen erklärten Willen stattgefunden haben, hat der Kläger nicht behauptet. Aus dem gesamten klägerischen Vortrag lässt sich zwar erkennen, dass es zwischen den Parteien unterschiedliche Ansichten darüber gibt, welches Potenzial er hat und welche Tätigkeiten für ihn geeignet sind. Aus dem von ihm vorgelegten E-Mail-Verkehr ergibt sich allerdings nicht – soweit er überhaupt verwertbar war -, dass diese unterschiedliche Sichtweise den Boden einer sachlichen Auseinandersetzung verlassen hat und sich gegen seine Person richtet.

Schließlich ist der Beklagten zuzugestehen, dass sie mit der zuletzt ausgeübten Beschäftigung versucht hat, ihm einen unbelasteten Neustart zu ermöglichen. Die neue Abteilung wurde insbesondere nicht eingehend über die Vorgeschichte seiner Versetzung informiert. Das umfasste auch künftige Entwicklungsperspektiven. Auch aus der Sicht des Klägers war der Neustart nicht zum scheitern verurteilt, er hat sich positiv eingebracht und dafür auch Lob und Anerkennung erhalten. Der Kläger räumt auch selbst ein, dass er von seinen Vorgesetzten sowohl Kritisches als auch Lobendes mitgeteilt bekommen habe. Er trägt nicht vor, dass die geäußerte Kritik die Sachebene verletzt hat noch lässt sich dies insgesamt aus seinem Vortrag entnehmen. Herabsetzende, herabwürdigende oder ehrabschneidende Äußerungen ihm gegenüber sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Dem Kläger wurde es nicht verweigert, seine Projektergebnisse angemessen zu präsentieren. Der Kläger wurde auf die aus Sicht der Beklagten bestehenden Mängel des Abschlussberichts hingewiesen. Er wurde gebeten, diese zu beheben und ihm wurde auch Hilfestellung dafür angeboten. Hierauf hat er sich jedoch nicht eingelassen, sondern bestand entgegen dem Rat seines Vorgesetzten weitgehend auf seinem Entwurf. Aus den Vorgängen um den Abschlussbericht wird daher nicht ersichtlich, dass die Beklagte den Boden der sachlichen Auseinandersetzung über den Abschlussbericht verlassen hat.

Die Beklagte hat dem Kläger zwar im Gespräch am 15.10.2011 eine Aufhebungsvereinbarung angeboten, allerdings geschah dies erst zu einem Zeitpunkt, als er sein Zurückbehaltungsrecht bereits geltend gemacht hatte. Vorherige konkrete Aktivitäten, ihn zur Aufgabe seines Arbeitsplatzes zu bewegen, trägt der Kläger nicht vor und sind auch nicht ersichtlich. Die Beklagte hat insbesondere nicht versucht, ihn nachhaltig aus dem Unternehmen zu drängen, bevor er aufgrund der tarifvertraglichen Regelung ordentlich unkündbar wurde. Dabei ist auch einzubeziehen, dass die Beklagte nicht sehr schnell zum Mittel der Kündigung gegriffen hat, sondern dass sie vielmehr den Kläger mehrfach und nachdrücklich auf die Rechtswidrigkeit seines Tuns hingewiesen, ihn mehrfach zu Personalgesprächen eingeladen und erst nach mehrfacher Abmahnung, als sie ihre Handlungsmöglichkeiten auch unter Vermittlung des Betriebsrats als erschöpft angesehen hat, zur Kündigung gegriffen hat. Die Beklagte muss bei einer Arbeitsverweigerung die Möglichkeit haben, mit den üblichen arbeitsrechtlichen Maßnahmen darauf zu reagieren. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die Maßnahmen nicht offensichtlich überziehen, sie sogar mehrmals wiederholt (hier die Abmahnungen) und mit Gesprächsangeboten flankiert werden und die Kündigung nicht vorschnell ausgesprochen wird. Unerheblich ist in einem solchen Fall, dass die Kündigung im Ergebnis dennoch bei einer gerichtlichen Überprüfung scheitert.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die gerichtliche Auseinandersetzung zwischen den Parteien in der Vergangenheit hier eine Rolle gespielt hätte. Diese Streitigkeiten wurden von beiden Parteien beendet. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte jetzt mit unlauteren Mitteln versuchen würde, die damals im Rahmen des Rechtsstreits verfolgten Ziele weiterzuverfolgen noch lassen sich dem Vortrag des Klägers Anhaltspunkte entnehmen, dass dieser Rechtsstreit nach wie vor fortwirkte.

Zudem weist die Beklagte zu Recht darauf hin dass gegen den erhobenen Mobbing-Vorwurf spricht, dass der Kläger insbesondere in der Einführungsphase in der neuen Abteilung massiv unterstützt worden sei, mit Gesprächen mit der Dauer von bis zu mehreren Stunden pro Woche mit seiner Führungskraft Herrn S1. Auf eine Arbeitsüberlastungsanzeige des Klägers hin habe seine Führungskraft Herr S1 angemessen reagiert, indem er gebeten worden sei, sich auf seine Kernaufgaben zu reduzieren. Die Konfliktsituationen haben sich auch – wegen der Arbeitsplatzwechsel in der Vergangenheit – unabhängig von konkreten vorgesetzten Personen entwickelt. Hinsichtlich der Südafrika-Reise liege keine arglistige Täuschung vor, es sei dem Fachbereich seinerzeit nicht bekannt gewesen, dass kurz vor dem Kläger ein weiterer Mitarbeiter einer anderen Abteilung dort gewesen sei und das Thema bereits platziert habe. Für Tarifmitarbeiter sei bei TM-36 im Jahr 2011 keine Zielvereinbarung mehr erstellt worden. Darüber hinaus ist die Beklagte dem Kläger in der Vergangenheit z.B. durch Arbeitsplatzwechsel entgegen gekommen, um Konflikte zu beheben, die sich unter verschiedenen Vorgesetzten, zu deren Zusammenwirken der Kläger nichts vorträgt, entwickelt haben.

Die notwendige Gesamtbetrachtung führt nicht dazu, dass nach Überzeugung der Berufungskammer eine Persönlichkeitsverletzung vorliegt, auch wenn es seit 1992 keine Beförderung gab, die Bewertung in einem Zwischenzeugnis zwischen den Parteien umstritten ist, der Telearbeitsplatz eventuell erst verzögert kam und aus der Sicht des Klägers teilweise wieder in Frage gestellt wurde und obwohl Leistungspunkte reduziert wurden. Es gab zwar Konflikte über den angemessenen Arbeitseinsatz des Klägers, beide Parteien haben allerdings über einen langen Zeitraum hinweg versucht, diesen Konflikt sachlich zu handhaben und auch einer sachlichen Lösung zuzuführen. Dass das zuletzt nicht mehr gelungen ist, ändert daran nichts. In der Gesamtschau ist daher das Verhalten der Beklagten nicht geeignet, ein Zurückbehaltungsrecht für den Kläger jedenfalls dergestalt zu verwirklichen, dass es für ihn unzumutbar war, seine Arbeitsleistung bei ihr zumindest in dem Umfang, in dem er Aufgaben übernommen hat, zu erfüllen.

Die beharrliche Arbeitsverweigerung des Klägers war daher nicht durch das Vorliegen eines Zurückbehaltungsrechts gerechtfertigt. Dass er möglicherweise irrtümlich davon ausgegangen ist, sein Verhalten sei gerechtfertigt, kann an diesem Befund nichts ändern.

1.4 Der Kündigung gingen auch mehrere einschlägige Abmahnungen voraus, so dass der Beklagten insofern auch nicht das mildere Mittel der Abmahnung zur Verfügung stand.

1.5 Allerdings erweist sich die ausgesprochene außerordentliche fristlose Kündigung vom 26.10.2012 aus anderen Gründen im Rahmen der Interessenabwägung als nicht gerechtfertigt. Es ist der Beklagten nicht – weder bis zum Ablauf einer (fiktiven) „ordentlichen“ Kündigungsfrist noch auf Dauer – unzumutbar, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fortzusetzen. Aus diesem Grund kann weder die fristlose außerordentliche Kündigungsfrist noch die außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist Bestand haben.

1.5.1 Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (st. Rspr., vgl. zuletzt bspw. BAG v. 27.09.2012, 2 AZR 646/11, zit. n. Juris, m. w. N.). Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind.Als mildere Mittel gegenüber der außerordentlichen Kündigung sind – neben der hier ausgeschlossenen ordentlichen Kündigung – auch Abmahnung und Versetzung anzusehen (BAG v. 27.09.2012, a.a.O.).

1.5.2 Danach ist hier zu berücksichtigen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bereits seit über 23 Jahren bestand. Das Arbeitsverhältnis verlief zwar nicht gänzlich konfliktfrei, erhebliche Pflichtverletzungen des Klägers, die hier eine spürbare Rolle spielen könnten, werden von der Beklagten allerdings nicht dargelegt. Die Umstände, die zu seiner Versetzung im Jahr 2009 geführt haben, fallen hier nicht ins Gewicht, da die Parteien diesen Konflikt damals einvernehmlich bereinigt haben. Dies kann hier weder zulasten noch zugunsten einer der Parteien ins Gewicht fallen. Zugunsten des Klägers fallen die Unterhaltspflichten ins Gewicht.

Zu seinen Lasten fällt ins Gewicht, dass der Pflichtverstoß durchaus erheblich ist. Er hat hier beharrlich gegen seine Hauptleistungspflicht, seine Arbeitsleistung zu erbringen, verstoßen. Seine Auffassung, der Beklagten sei durch seine Arbeitsverweigerung kein messbarer Schaden entstanden, ist offensichtlich unzutreffend. Auch nach seinem eigenen Vortrag hat er auch zuletzt noch Arbeitsleistung erbracht, in Höhe von drei bis vier Stunden wöchentlich. Das ist eine messbare und spürbare Arbeitsleistung auch für eine Vollzeitkraft. Jede andere Auffassung würde unweigerlich zu dem Schluss kommen, dass eine Arbeitsverweigerung z. B. eines geringfügig Beschäftigten keinerlei arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könne, weil der Schaden durch Verlust an Arbeitszeit für den Arbeitgeber in einem solchen Fall überschaubar ist.

1.5.3 Nicht zusätzlich ins Gewicht fällt, dass der Kläger ordentlich unkündbar ist. Dies wird bereits im Rahmen der Einbeziehung der Dauer des Arbeitsverhältnisses angemessen berücksichtigt (vgl. BAG v. 18.09.2008, 2 AZR 827/06, zit. n. Juris). Die anzuwendenden Tarifregelung enthält keinen Anhaltspunkt für einen Willen der Tarifpartner, selbst beim Vorliegen eines verhaltensbedingten wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung den unkündbaren Arbeitnehmer besser zu behandeln als jeden anderen Arbeitnehmer.

1.5.4 Zugunsten des Klägers fällt auch nicht ins Gewicht, dass er nach seinem Vortrag möglicherweise irrtümlich davon ausgegangen ist, sich zu Recht auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen zu können. Maßgebend für die Frage, ob das Verhalten des Arbeitnehmers eine beharrliche Arbeitsverweigerung und damit eine erhebliche Vertragspflichtverletzung darstellt, ist die objektive Rechtslage. Verweigert der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung in der Annahme, er handele rechtmäßig, hat grundsätzlich er selbst das Risiko zu tragen, dass sich seine Rechtsauffassung als fehlerhaft erweist. An die zu beachtenden Sorgfaltspflichten sind strenge Maßstäbe anzulegen. Es reicht nicht aus, dass sich die betreffende Partei ihre eigene Rechtsauffassung nach sorgfältiger Prüfung und sachgemäßer Beratung gebildet hat. Unverschuldet ist ein Rechtsirrtum nur, wenn sie mit einem Unterliegen im Rechtsstreit nicht zu rechnen brauchte (vgl. BAG v. 29.08.2013, 2 AZR 273/12, zit. n. Juris).

Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2014 eingeräumt hat, hat er versucht, sich kundig zu machen, unter welchen Voraussetzungen die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts möglich ist. Dabei war ihm bewusst, dass die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts durchaus risikobehaftet ist und hat die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung ausdrücklich in sein Kalkül einbezogen (Schriftsatz vom 27.02.2013, dort Bl. 811). Er hat damit in Kauf genommen, dass die Beklagte arbeitsrechtliche Maßnahmen ergreift, allein vertrauend auf seine Rechtsmeinung, sein Verhalten sei gerechtfertigt. Unabhängigen fachlichen juristischen Rat hat er, wie er in der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2014 eingeräumt hat, nicht eingeholt. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht als entschuldbar, dass er aus seiner Sicht irrtümlich davon ausgegangen ist, sein Verhalten sei gerechtfertigt. Der Kläger musste und hat von Anfang an damit gerechnet, dass er mit seiner Rechtsmeinung unterliegt.

1.5.5 Zugunsten des Klägers wirkt sich allerdings aus, dass es den Parteien nicht gelungen ist, für den Kläger nach Abschluss des Projekts „BEA Weblogic Migration“ eine angemessene Anschlussbeschäftigung zu finden, obwohl sich der Kläger spätestens seit Januar 2011 intensiv darum bemüht hat. Dem Kläger ist zuzugeben, dass er Anspruch auf eine angemessene Betätigung für die Beklagte hat. Der Kläger hat bei ihr nachdrücklich und beharrlich auf zusätzliche Arbeit gedrängt. Er hat dabei auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er sehr darunter leide, nicht genügend Arbeit zu haben und dass ihm dies gesundheitliche Beeinträchtigungen zufüge (vgl email vom 29.09.2011). Dennoch ist den Parteien im Zeitraum von rund einem Jahr – zwischen ca. September 2011 (Projektabschluss) und September 2012 (letztmalige Tätigkeit für die Beklagte) nicht gelungen, eine solche zu finden. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass es zahlreiche Versuche der Beklagten gab. Spätestens im Mai 2011 wurde er in seinem Einverständnis mit der Tätigkeit als „Blueprint-Vorfilterer“ beauftragt. Mitte Februar 2012 wurde dem Kläger zusätzlich die Aufgabe des TRM-Koordinators übertragen. Hinzu kommt das kurzfristige Engagement des Klägers in Südafrika, IT-Chefarchitekt, das Stärkentraining und schließlich das Angebot im Juni 2012, sich in ein weiteres Projekt „SharePoint“ einzuarbeiten. Letzteres hat der Kläger mit wenig nachvollziehbaren Gründen abgelehnt und das Seminar abgebrochen und die Entwicklung zum IT-Chefarchitekten nicht weiter verfolgt.

Dadurch verliert der Kläger aber nicht seinen Beschäftigungsanspruch, da sich seine Pflicht zur Arbeitsleistung nicht allein darauf bezieht; er wurde z.B. nicht mit dem Projekt „SharePoint“ betraut, noch beschränkt sich seine Pflicht zur Arbeitsleistung aus anderen Gründen darauf. Der Kläger hat durch seine Ablehnung seinen Beschäftigungsanspruch auch nicht verwirkt. Die Beklagte hat die Absage des Klägers offensichtlich hingenommen, sie hat den Kläger auf der anderen Seite aber nicht freigestellt (z.B. einvernehmlich), den dementsprechenden Vorschlag des Klägers hat sie gerade abgelehnt. Die Beklagte trägt auch nicht vor, dass sie keinen Bedarf mehr gehabt habe für die Arbeitsleistung eines Mitarbeiters mit der Qualifikation des Klägers. Die Weigerung des Klägers, u.a. „SharePoint“ zu übernehmen, hindert deshalb den Kläger daran, von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch zu machen (s.o.), sie entbindet die Beklagte aber nicht von ihrer Pflicht zur Beschäftigung. Auch wenn man der Beklagten nach der Ablehnung von „SharePoint“ Zeit zugestehen muss, um eine Anschlussbeschäftigung zu finden, auch wenn man berücksichtigt, dass der Kläger danach zeitweise krank und in Urlaub war, hat sich doch dieser Prozess insgesamt und auch nach der Ablehnung durch den Kläger zu lange hingezogen und bildete den konkreten Anlass für die dann vom Kläger betriebene Eskalation des Konflikts durch das Geltend machen des Zurückbehaltungsrechts. Damit hat die Beklagte im Vorfeld des Konflikts einen wesentlichen Beitrag geleistet, was in die Interessenabwägung einfließen muss.

Die Beklagte hat auch im weiteren Fortgang des Konflikts keine für den Kläger erkennbaren Maßnahmen ergriffen, um ihn vertragsgemäß zu beschäftigen, obwohl es auch für sie erkennbar war, dass es ihm bei der von ihm betriebenen Eskalation des Konflikts um eine angemessene Beschäftigung ging. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass er hier Zutreffendes (fehlende ausreichende Anschlussbeschäftigung) und Unzutreffendes (Beförderungsblockade, Mobbing) vermischt hat und zudem zum falschen Mittel der Eskalation durch Geltendmachung eines nicht berechtigten Zurückbehaltungsrechts griff. Gerade bei der langen Beschäftigungsdauer des Klägers bei der Beklagten, bei dem Drängen des Klägers nach Anschlussbeschäftigung, bei dem für die Beklagte erkennbaren hohen Leidensdruck des Klägers und weil es sich schon rund ein Jahr hingezogen hat, eine Anschlussbeschäftigung zu finden, hätte es die Fürsorgepflicht der Beklagten gefordert, ihm dort entgegenzukommen, wo seine Kritik berechtigt war, nämlich an der fehlenden Anschlussbeschäftigung. Sie hat es damit versäumt, auf diese Weise die Eskalation zu entschärfen und ihren ursächlichen Beitrag an der Eskalation auszugleichen.

Es hätte sich hier z.B. angeboten, dem Kläger spätestens im Gespräch am 15.10.2012 nicht nur die Rückkehr an seinen bisherigen Arbeitsplatz anzubieten, sondern ihm auch eine Verbesserung der von ihm als unerträglich empfundenen Arbeitssituation wenigstens in Aussicht zu stellen und damit auch tatsächlich den Weg zurück zu ebnen. Auch im Hinblick auf die Schwere seiner Pflichtverletzung war ihr ein solcher deeskalierender Beitrag durchaus zumutbar.

Es ist auch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Kläger ein solches Angebot wahrgenommen hätte. Ihm ging es gerade um eine angemessene Beschäftigung. Das Gegenteil lässt sich insbesondere nicht daraus schließen, dass er im Zusammenhang mit dem Geltend machen des Zurückbehaltungsrechts die Freistellung bis zum Renteneintritt in den Raum gestellt und auch erwähnt hat, dass er von einem Aufgabenwechsel „nichts halte“. Die Freistellung war „sein bevorzugter Vorschlag“, keine ultimative Forderung, resultierte offen aus der Ansicht des Klägers, die Beklagte habe kein Interesse mehr an seiner Arbeitsleistung und nimmt ausdrücklich auf seine gesundheitliche Situation Bezug, wonach er für eine neue Aufgabe oder Funktion aus seiner Sicht „keine Kraft mehr habe“. Dass die Beklagte zu diesem milderen Mittel nicht gegriffen hat, geht im Rahmen der Interessenabwägung zu ihren Lasten.

Die Sache war auch insoweit zur Entscheidung reif, weiterer schriftsätzlicher Vortrag zur Beschäftigung des Klägers im letzten Jahr, wie von der Beklagten gewünscht, ist nicht erforderlich. Es ist unstreitig, dass der Kläger nachhaltig und beharrlich zusätzliche Arbeit eingefordert hat, dass sich der Prozess der Anschlussbeschäftigung zum Kündigungszeitpunkt, bereits über ein Jahr hinzog und bisher nicht erfolgreich war, und dass der Kläger nicht ausgelastet war – die Beklagte hat ihm gerade deswegen SharePoint zusätzlich angeboten.

Der Beklagten war es daher sowohl möglich als auch zumutbar, dem Kläger vor Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung zumindest ein Entgegenkommen bei der Übernahme weiterer Aufgaben zu zeigen. Sie hat zu diesem milderen Mittel nicht gegriffen. In Abwägung dieser ganzen Aspekte, die zum Teil zu Gunsten des Klägers, zum Teil zum seinen Lasten gehen, erweist sich die ausgesprochene außerordentliche fristlose Kündigung vom 26.10.2012 daher im Rahmen der Interessenabwägung als unverhältnismäßig.

1.6 Auch die dem Kläger gegenüber ausgesprochene außerordentliche Kündigung vom 26.10.2012 mit sozialer Auslauffrist, die derjenigen der ordentlichen Kündigung entspricht, erweist sich aus denselben Gründen als nicht rechtmäßig. Im Hinblick auf die erhebliche und beharrliche Pflichtverletzung des Klägers, die nicht durch ein Zurückbehaltungsrecht gerechtfertigt ist, ergibt sich kein anderes Ergebnis als vorstehend. Auch insofern war es der Beklagten vor Ausspruch der Kündigung zumutbar, ihm zusätzliche Beschäftigung wenigstens in Aussicht zu stellen. Das Einräumen einer sozialen Auslauffrist bei einer verhaltensbedingten außerordentlichen Kündigung kann es nicht ausgleichen, bei einem so langjährigen Arbeitsverhältnis nicht zu einem zumutbaren milderen Mittel zu greifen. Daher erweist sich auch die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist als unwirksam.

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entgeltzahlung für die Monate Oktober 2012 bis Oktober 2013.

Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus §§ 611, 615 Satz 1 i. V. m. § 273 BGB. Der Kläger hat hier zwar ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht, ein solches stand ihm allerdings nicht zur Verfügung. Durch Ausspruch der außerordentlichen Kündigung vom 26.10.2012 geriet die Beklagte auch nicht ohne weiteres mit der Annahme seiner Arbeitsleistung nach §§ 293 ff. BGB in Verzug. Es bedarf zwar bei einer fristlosen Kündigung in der Regel keines weiteren Angebots eines Arbeitnehmers, weder wörtlich noch tatsächlich, da der Arbeitgeber mit Ausspruch der Kündigung zugleich erklärt, dass er die Leistung des Arbeitnehmers nicht mehr annehmen will (st. Rspr., vgl. BAG v. 24.10.2013, 2 AZR 1078/12, zit. n. Juris). Das gilt allerdings nicht ausnahmslos. Der Kläger hat hier von einem vermeintlichen Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht. Damit hat er zwar nicht klargestellt, dass er unter keinerlei Umständen bereit wäre, seine Tätigkeit wieder aufzunehmen, allerdings hat er damit klar erklärt, dass er nicht bereit ist, den konkreten Arbeitsplatz, den die Beklagte ihm zur Verfügung gestellt hat, einzunehmen. Das entbindet die Beklagte für den Zeitraum, für den das Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht wird, von ihrer Verpflichtung, ihm diesen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Bei dieser Ausgangslage genügt das Erheben einer Kündigungsschutzklage nicht, um von einem ausreichenden wörtlichen Angebot zur Begründung eines Annahmeverzugs auszugehen. Mehr hat der Kläger im gegenständlichen Zeitraum nicht getan.

Auf die Präzisierung des Klageantrags durch den konkreten Abzug der erhaltenen Leistung der Bundesagentur für Arbeit kommt es deswegen nicht an. Seine Berufung war daher insoweit zurückzuweisen.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

VI.

Im Hinblick auf die Erwägungen im Rahmen der Interessenabwägung war für die Beklagte die Revision nach § 72 ArbGG zuzulassen. Insoweit wird auf die nachfolgende Rechtsmittelbelehrung verwiesen Für den Kläger wird auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde verwiesen.

 

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