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Fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs bei Coronatest im Betrieb

Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug: Gericht entscheidet über Wirksamkeit

Ein Industrielackierer wehrt sich gegen die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses vom 07.01.2022. Er ist der Ansicht, keinen Arbeitszeitbetrug begangen zu haben, indem er die Zeit für die Durchführung von Covid-Tests als Arbeitszeit eintrug. Der Kläger ist nicht gegen das Coronavirus geimpft und musste daher einen negativen Antigentest vorweisen. Die Beklagte behauptet, alle ihre Mitarbeiter mehrfach darüber belehrt zu haben, dass die Testzeit nicht zur Arbeitszeit zählt.

Der Kläger fehlte in der Zeit vom 5. Januar bis 07. Januar 2022 unentschuldigt, und der Personalleiter der Beklagten erfuhr am 27.12.2021 von den Arbeitszeiteintragungen des Klägers. Die Beklagte sprach daraufhin die Kündigung aus. Der Kläger beantragt die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche noch durch die ordentliche Kündigung aufgelöst worden ist. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Gericht muss nun entscheiden, ob die außerordentliche Kündigung wegen versuchten Arbeitszeitbetrugs wirksam ist und ob das Arbeitsverhältnis aufgelöst wurde. Die Entscheidung wird Auswirkungen auf das Arbeitsrecht haben und zeigt die Bedeutung von klaren Regelungen bei der Arbeitszeiterfassung während der Covid-Pandemie.

Arbeitszeitbetrug führt zu fristloser Kündigung: Klage abgewiesen

Ein Arbeitsgericht hat die Klage eines Arbeitnehmers abgewiesen, der gegen seine fristlose Kündigung aufgrund von Arbeitszeitbetrug vorgegangen war. Der Kläger hatte wiederholt Arbeitszeiten falsch erfasst, insbesondere in Zusammenhang mit der Durchführung von Corona-Tests im Betrieb. Das Gericht stellte fest, dass die außerordentliche Kündigung wirksam ist und das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet hat.

Arbeitszeitbetrug stellt eine schwerwiegende Pflichtverletzung dar und ist grundsätzlich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darzustellen. Im vorliegenden Fall hat der Kläger in mehreren Fällen einen versuchten Arbeitszeitbetrug begangen, indem er Zeiten für die Durchführung von Corona-Tests nicht korrekt erfasst hat.

Nach Abwägung der widerstreitenden Interessen kam das Gericht zu dem Schluss, dass die fristlose Kündigung gerechtfertigt und nicht unverhältnismäßig ist. Eine Abmahnung als milderes Mittel wurde aufgrund der Schwere der Pflichtwidrigkeit ausgeschlossen. Der Kläger hätte wissen müssen, dass sein Verhalten nicht geduldet wird und das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber schwer erschüttert ist.


ArbG Koblenz – Az.: 12 Ca 201/22 – Urteil vom 11.05.2022

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8.658,00 EUR festgesetzt.

4. Die Berufung wird, sofern sie nicht bereits kraft Gesetzes statthaft ist, nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 07.01.2022.

Der am … geborene, unverheiratete Kläger ist bei der Beklagten auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 26.02.2018 als Industrielackierer mit einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 2.886 € beschäftigt. Im Betrieb der Beklagten sind regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der zur Berufsausbildung Beschäftigten beschäftigt.

Seit Inkrafttreten des § 28b Infektionsschutzgesetz (IfSG) zum 24. November 2021 konnten sich ungeimpfte Mitarbeiter der Beklagten jeden Morgen in Anwesenheit eines Mitarbeiters der Beklagten unter dessen Aufsicht einen Covid-Test durchführen, um die in dem Betrieb seitdem geltende 3-G Regelung einzuhalten. Der Kläger ist nicht gegen das Corona Virus geimpft und musste daher einen negativen Antigentest vorweisen.

Am 03.12.2021 betrat der Kläger um 7:25 Uhr die Werkstatt der Beklagten durch die Seitentür und stempelte sich dort in das Arbeitszeiterfassungssystem ein. Kurze Zeit später führte der Kläger auf Anweisung eines Mitarbeiters der Beklagten einen entsprechenden Antigentest im Pausenraum unter dessen Aufsicht durch. Er fertigte danach einen Zeit-Korrekturzettel an (siehe Bl. 79 der Akten), wonach er als Arbeitszeitbeginn nicht mehr 7:25 Uhr, sondern 8:00 Uhr eintrug.

Am 22.12.2021 führte der Kläger eine Covid Testung unter Aufsicht eines Mitarbeiters der Beklagten um 7:29 Uhr durch und trug auf dem Zeit-Korrekturzettel (siehe Bl. 50 der Akten) als Arbeitsbeginn 7:15 Uhr ein und unterzeichnete dieses Dokument. Am 23.12.2021 führte der Kläger um 9:30 Uhr eine Covid Testung unter Aufsicht eines Mitarbeiters der Beklagten durch und trug auf dem Zeit-Korrekturzettel als Arbeitsbeginn 8:45 Uhr ein. Am 24.12.2021 erschien der Kläger um 6:30 Uhr mit seinem Privat Pkw in der Arbeitsstätte der Beklagten in E-Stadt, fuhr dann nach wenigen Minuten zur Arbeitsstätte der Beklagten in F-Stadt, um von dort aus mit einem Auslieferungsfahrzeug der Beklagten eine Kundenfahrt nach G-Stadt auszuführen. Um 7:45 Uhr führte der Kläger eine Covid Testung durch und verließ um 9:40 Uhr das Firmengelände wieder mit seinem Privatfahrzeug. Ausweislich des Zeitkorrekturzettels (siehe Bl. 54 der Akten) trug der Kläger für diesen Tag als Arbeitsbeginn 6:00 Uhr und als Arbeitsende 10:00 Uhr ein. Am 03.01.2022 loggte sich der Kläger mit seinem Zeiterfassungschip um 7:24 Uhr zum Arbeitsantritt ein und führte um 7:40 Uhr unter Aufsicht eines Mitarbeiters der Beklagten die Covid Testung durch. Am Folgetag loggte sich der Kläger mit seinem Zeiterfassungschip um 7:48 Uhr zum Arbeitsantritt ein und führte um 7:55 Uhr unter Aufsicht eines Mitarbeiters der Beklagten die Covid Testung durch.

Nach jedem Test stellte die Beklagte eine Bescheinigung über das Vorliegen eines negativen Antigentests zum Nachweis des SARS-CoV-2 Virus für Beschäftigte für den Kläger aus.

In der Zeit vom 5. Januar bis 07. Januar 2022 fehlte der Kläger unentschuldigt. Der Personalleiter der Beklagten erfuhr erstmals am 27.12.2021 von den Arbeitszeiteintragungen des Klägers hinsichtlich der Tage vom 22. bis 24.12.2021. Mit Schreiben vom 07.01.2022, dem Kläger am selben Tage zugegangen, sprach die Beklagte eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung aus.

Der Kläger wendet sich mit der vorliegenden Klage, bei Gericht am 27.01.2022 eingegangen und der Beklagten am 03.02.2022 zugestellt, gegen diese Kündigung.

Der Kläger ist der Ansicht, keinen Arbeitszeitbetrug begangen zu haben und führt hierzu insbesondere aus: Er sei davon ausgegangen, dass die Durchführung der Coronatestung unter Aufsicht Arbeitszeit im vergütungsrechtlichen Sinne sei und es auch keine anderslautende Arbeitsanweisung durch die Beklagte gegeben habe. Im Übrigen sei ihr auch kein Schaden entstanden. Er bestreitet ausdrücklich, eine Feile in die Hallendecke der Werkhalle zwei geschleudert und anschließend den Bodenbereich darunter mit roter Farbe markiert zu haben.

Der Kläger beantragt zuletzt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klagepartei weder durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagtenpartei vom 07.01.2022, zugegangen am 07.01.2022, noch durch die mit gleichem Schreiben hilfsweise zum 28.02.2022 ausgesprochene ordentliche Kündigung aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die außerordentliche Kündigung sei wirksam. Der Kläger habe einen versuchten Arbeitszeitbetrug in mehreren Fällen von nicht unerheblichem Umfang begangen, indem er insbesondere die erforderliche Zeit zur Durchführung des Coronatestes als Arbeitszeit eingetragen habe.

Sie behauptet, sie habe alle ihre Mitarbeiter und damit auch den Kläger mehrfach darüber belehrt und aufgefordert, entweder den Impfnachweis oder den Genesenennachweis vorzulegen oder andernfalls sich täglich vor Arbeitsantritt auf eine mögliche Covid Infektion testen zu lassen. Hierfür habe sie extra einen Mitarbeiter abgestellt, in dessen Anwesenheit die nicht geimpften Mitarbeiter jeden Morgen vor ihrem Arbeitsantritt einen Covid Test haben durchführen können. Entsprechend habe der Mitarbeiter … den Kläger am 03.12.2021 zur Testung aufgefordert und ihn danach aufgefordert, einen Zeit-Korrekturzettel zu fertigen mit dem Hinweis, die Zeit des Testens gehöre nicht zur Arbeitszeit, so dass sein Einstempeln um 7:25 Uhr falsch sei.

Außerdem habe der Kläger am 23. Dezember 2021 mehrfach eine ca. 20 cm lange Feile in die 8 m hohe Hallendecke der Werkhalle zwei geschleudert, bis diese stecken geblieben sei. Er habe dann den Bodenbereich darunter mit roter Farbe umkreist und „Achtung“ aufgeschrieben.

Hinsichtlich des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die gewechselten Schrift-sätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

I.

Der Kläger kann nicht die mit dem Kündigungsschutzantrag begehrte Feststellung verlangen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 07.01.2022 nicht aufgelöst worden ist. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit sofortiger Wirkung beendet.

1.

Die Kündigung gilt nicht bereits gemäß §§ 13 Abs. 1 S. 2, 7 KSchG als rechtswirksam, da der Kläger innerhalb der von § 4 S. 1 KSchG vorgesehenen Klagefrist von drei Wochen nach Zugang der Kündigung gerichtlich die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung geltend gemacht hat. Die Klägerseite hat gegen die am 07.01.2022 zugegangene Kündigung mit einem beim Arbeitsgericht Koblenz am 27.01.2022 eingegangen Schriftsatz, der der Beklagten 03.02.2022 und somit demnächst zugestellt worden ist (vgl. § 167 ZPO), Klage erhoben.

2.

Die außerordentliche Kündigung vom 07.01.2022 ist wirksam.

a)

Ein zur außerordentlichen Kündigung berechtigender wichtiger Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB liegt vor. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Da § 626 BGB keine absoluten Kündigungsgründe kennt (vgl. BAG, Urteil vom 10.06.2010, NZA 2010, 1227), setzt jede Prüfung einer außerordentlichen Kündigung eine umfassende Interessenabwägung voraus. Die Überprüfung einer außerordentlichen Kündigung erfolgt daher in der Regel auf zwei Prüfungsebenen. Auf der ersten Ebene ist festzustellen, ob ein Sachverhalt an sich objektiv geeignet ist, einen wichtigen Grund abzugeben, auf einer zweiten Stufe ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles in Abwägung der beiderseitigen Interessen festzustellen, ob dieser Sachverhalt eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt.

Ein Arbeitszeitbetrug stellt eine schwerwiegende Pflichtverletzung dar (Erfurter Kommentar, 21. Auflage, § 626 BGB Rn. 116) und ist nach ständiger Rechtsprechung des 2. Senats des Bundesarbeitsgerichts an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen (BAG, Urteil vom 21.04.2005, BAGE 114, 264; Urteil vom 06.09.2007, NZA 2008, 636). Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Zeiterfassung sind geeignet, das Vertrauen des Arbeitgebers in die Integrität des Arbeitnehmers zu erschüttern und einen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen. Das gilt nicht nur für die Manipulation einer Stempeluhr, sondern auch für die fehlerhafte Selbsterfassung der Arbeitszeit (vgl. BAG, Urteil vom 24.11.2005, NZA 2006, 484).

Für die Kammer steht zur Überzeugung fest, dass der Kläger gleich an mehreren Arbeitstagen Ende Dezember 2021 und Anfang Januar 2022 einen Arbeitszeitbetrug begangen hat, indem er auch die Zeiten als Arbeitszeit eintrug bzw. stehen ließ, in denen er einen Coronatest unter Aufsicht eines Mitarbeiters der Beklagten durchführte. Hierbei ist unerheblich, ob es sich um einen vollendeten oder bloß um einen versuchten Arbeitszeitbetrug handelt, da der Kläger jedenfalls bewusst falsche Arbeitszeiten eingetragen hat. Im Einzelnen:

Entgegen der Ansicht der Klägerseite ist die Zeit für den Corona Test des Klägers und für die Erlangung einer entsprechenden Bescheinigung über das Vorliegen eines positiven oder negativen Antigentests zum Nachweis des SARS-CoV-2 Virus für Beschäftigte keine Arbeitszeit im vergütungsrechtlichen Sinne, auch wenn der Test im Betrieb durchgeführt wird. Zwar wird teilweise vertreten, dass den Beschäftigten für die Zeiten, in denen ein Corona Test durchgeführt wird, auch ein Vergütungsanspruch zustehe (vergleiche Fink, NZA 2022,1, 3). Diese Auffassung orientiert sich an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zu Umkleide- und Waschzeiten. Die besseren Argumente sprechen hingegen dafür, den zeitlichen Aufwand der Testung nicht als Arbeitszeit (im vergütungsrechtlichen Sinne) anzusehen (so im Ergebnis auch Fuhlrott/Schäffer, NZA 2021, 1679, 1681; Benkert, NJW-Spezial 2022, 50 f.). Zwar findet sich in § 28b Abs. 1 IfSG in der am 24.11.2021 geltenden Fassung keine Regelung darüber, ob die Testzeit als vergütungspflichtige Arbeitszeit gilt. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift ist der Zutritt zur Arbeitsstätte nur zulässig, wenn ein Impfnachweis, ein Genesenennachweis oder ein Testnachweis vorliegen. Die Ausnahmeregelung in § 28b Abs. 1 S. 3 IfSG erlaubt ein Betreten nur, um unmittelbar vor Arbeitsantritt ein Testangebot des Arbeitgebers wahrzunehmen. Das legt bereits nahe, dass die Testung grundsätzlich nicht zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit gehört. Dafür spricht auch, dass der Arbeitnehmer selbst für die Testung verantwortlich ist und er damit grundsätzlich frei entscheiden kann, ob er einen Test im Betrieb seines Arbeitgebers oder in einem Testzentrum seiner Wahl wahrnimmt. Eine pauschale Annahme der Testung als Arbeitszeit auf Grundlage eines Vergleichs mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den sogenannten Umkleidezeiten hinkt. Für den Arbeitgeber ist es – anders als bei den Umkleidezeiten – kraft seines Weisungsrechtes nicht zulässig, einseitig anzuordnen, dass eine Testung außerhalb des Betriebes nicht erfolgen darf und alle Beschäftigten eine Testung im Betrieb wahrzunehmen haben. Arbeitnehmer haben selbst dafür Sorge zu tragen, Testnachweise vorlegen zu können, um als Adressat nicht gegen die bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeitsnorm des § 73 IfSG zu verstoßen. Die Beschäftigten unterliegen damit der Testpflicht; der Arbeitgeber wird lediglich verpflichtet, die erforderliche Infrastruktur für Testnachweise (Überwachung und Dokumentationsfunktion) zu stellen. Der durch den Arbeitgeber vorgeschriebene Testnachweis soll daher gerade nicht als grundsätzliche Voraussetzung für die Aufnahme der eigentlichen Tätigkeit dienen, wie dies beispielsweise bei Sicherheitskleidung für Klinikpersonal der Fall ist. Der Testnachweis durch den Arbeitgeber verfolgt vielmehr die Zielrichtung, dass eine umfangreiche Kontrollmöglichkeit zur wirksamen Unterbrechung der Infektionsketten zur Verfügung gestellt wird, um das allgemeine Infektionsgeschehen in Deutschland effizient eindämmen zu können.

Der Kläger konnte und durfte auch nicht davon ausgehen, dass die Durchführung des Selbsttestes unter Aufsicht (mangels anderweitiger Arbeitsanweisung) nicht zur Arbeitszeit im vergütungsrechtlichen Sinne zählte. Der Kläger hat am 03.12.2021 mit Blick auf seinen gegen 7.30 Uhr durchgeführten Corona Test im Betrieb einen Zeit- Korrekturzettel erstellt und die Zeit der Testung bis zum entsprechenden Nachweis aus der Arbeitszeit herausgenommen. Er hat dementsprechend den Arbeitszeitbeginn von 7.25 Uhr auf 8.00 Uhr korrigiert. Das kann nur bedeuten, dass er – sei es auf Anweisung eines Mitarbeiters der Beklagten oder sei es von sich aus – die Zeit der Testung bis zum Testergebnis nicht als Arbeitszeit gewertet habe wollte. Damit hat er zugleich die geltenden Regelungen im Betrieb gekannt und auch akzeptiert. Ob die Beklagte ihn nochmals hierauf hinwies, was der Kläger bestreitet, ist damit unerheblich.

Der Kläger hat durch seine Arbeitszeitkorrekturzettel für die Tage des 22., 23. und 24.12.2021 jeweils einen versuchten Arbeitszeitbetrug begangen, da er die Zeiten seiner Testung nicht als Arbeitszeit auf dem Zeitkorrektur-Zettel vermerkte. Hinzu kommt, dass der Kläger am 22.12.2021 erst um 7:29 Uhr im Betrieb der Beklagten erschien, er als Arbeitsbeginn aber 7:15 Uhr eintrug. Gravierender stellt sich der Sachverhalt am 24. Dezember nach dem Vortrag der Beklagten dar, der mangels (substantiierten) Bestreitens der Klägerseite prozessual ebenfalls als zugestanden gilt, § 138 Abs. 3 ZPO. Obwohl er danach erst um 7:30 Uhr mit seinem Privat Pkw auf dem Gelände der Beklagten eintraf und dieses bereits um 9:40 Uhr wieder verließ, trug er als Arbeitsbeginn 6:00 Uhr und als Arbeitsende 10:00 Uhr ein, ganz zu schweigen von dem Zeitraum des Corona Tests um 7:45 Uhr. Zwei weitere Fälle des versuchten Arbeitszeitbetruges lassen sich am 03. und 04.01.2022 feststellen, da der Kläger nach dem Einloggen in das Arbeitszeitsystem erst den Covid Test unter Aufsicht durchführte und für diese Zeiten keine Arbeitszeitkorrektur durchführte, obwohl er dies bereits am 03.12.2021 gemacht hatte und daher das Prozedere kannte.

Damit hat der Kläger in zahlreichen Fällen einen versuchten Arbeitszeitbetrug begangen. Der Kläger hat zumindest durch seine falschen Angaben billigend in Kauf genommen, dass ihm dadurch ein Vermögensvorteil verschafft wird, indem die Beklagte ihm Zeiten gutschreibt, die nicht vergütungspflichtig sind.

b)

Die fristlose Kündigung ist auch bei Beachtung aller Umstände des vorliegenden Falls und nach Abwägung der widerstreitenden Interessen gerechtfertigt.

Die Kündigung ist nicht unverhältnismäßig. Eine Abmahnung als milderes Mittel kommt angesichts der Schwere der Pflichtwidrigkeit nicht in Frage. Bei einem vorsätzlichen Arbeitszeitbetrug handelt es sich um eine schwerwiegende Pflichtverletzung, deren Hinnahme durch die Beklagte auch offensichtlich ausgeschlossen war. Dem Kläger musste ohne weiteres klar sein, dass die fehlerhafte Erfassung von Arbeitszeiten, insbesondere durch falsche Zeit-Korrekturzettel auf keinen Fall geduldet wird. Ihm musste die Rechtswidrigkeit seines Handelns bewusst sein, jedenfalls seit seiner selbst vorgenommenen Arbeitszeitkorrektur für den 03.12.2021. Ihm musste auch klar sein, dass die Beklagte als Arbeitgeber ein solches Verhalten unter keinen Umständen hinnimmt. Wenn der Arbeitgeber das Erfassen der Dienstzeiten dem Arbeitnehmer in eigener Zuständigkeit und Verantwortung als großen Vertrauensvorschuss überlässt, ist bei vorsätzlichen Falscheintragungen das arbeitsvertragliche Vertrauensverhältnis in seinem Kern getroffen. Auch durch künftige Vertragstreue kann die bereits eingetretene Erschütterung des Vertrauensverhältnisses nicht mehr behoben werden.

Die im Anschluss daran vorzunehmende Interessenabwägung im eigentlichen Sinne fällt zum Nachteil des Klägers aus. Die schwerwiegende Pflichtverletzung ist in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls für die Beklagte nicht hinnehmbar und führt zur Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Damit überwiegt das Beendigungsinteresse der Beklagten das Bestandsinteresse des Klägers. Der Kläger ist knapp vier Jahre unbeanstandet beschäftigt gewesen, allerdings ist dies noch keine derart lange Zeit, dass von einem generell erhöhten Bestandsschutz ausgegangen werden muss. Für das Beendigungsinteresse der Beklagten spricht insbesondere, dass es vorliegend um einen erheblichen Vertrauensverstoß handelt. Gerade in dem Bereich, in dem die Beklagte ihren Mitarbeitern uneingeschränktes Vertrauen zubilligt, nämlich bei der Selbstaufschreibung von Arbeitszeiten, muss sie ein erhöhtes Augenmerk auf die uneingeschränkte Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit richten. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger den Arbeitszeitbetrug nicht nur einmal, sondern gleich in fünf Fällen in einem arbeitszeitlich nicht unerheblichen Umfang von mindestens 30 Minuten pro Vorfall begangen hat. Hinzu kommt, dass er den Test auch nicht immer sofort nach Betreten des Betriebs durchgeführt hat und damit andere in Gefahr hätte bringen können im Fall einer Covid-Infektion. So hat er am 24.12.2022 erst nach einer Kundenfahrt einen Corona Test durchgeführt. Nach alledem überwiegt das Interesse der Beklagten zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Bestandsschutzinteresse des Klägers.

Da bereits mit Blick auf den versuchten Arbeitszeitbetrug eine schwerwiegende Pflichtverletzung vorliegt, konnte die Kammer den weiteren schwerwiegenden Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe am 23.12.2021 eine Feile in die Hallendecke geschleudert und damit nicht nur eine Sachbeschädigung begangen, sondern auch darunter stehende Mitarbeiter gefährdet, dahinstehen lassen.

3.

Die Kündigung ist nicht nach § 626 Abs. 2 BGB unwirksam. Die Beklagte hat die Kündigungserklärungsfrist gewahrt. Von den Vorfällen erfuhr der für die Kündigung berechtigte Personalleiter der Beklagten erstmals am 27.12.2021, so dass die dem Kläger am 07.01.2022 zugegangene Kündigung die ab dem 27.12.2021 zu laufen beginnende Zweiwochenfrist gewahrt hat.

II.

Da die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis bereits mit dessen Zugang beendet hat, bedarf es keiner Entscheidung über die Wirksamkeit der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung der Beklagten.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger als unterlegene Partei zu tragen, §§ 91 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG.

Der Wert des Streitgegenstandes entspricht gemäß § 42 Abs. 4 GKG dem Quartalsverdienst des Klägers.

Die Berufung ist gem. § 64 Abs. 2a ArbGG nicht gesondert zuzulassen, da Gründe für eine solche Zulassung nach § 64 Abs. 3 ArbGG nicht vorliegen. Die Nichtzulassung der Berufung ist im Urteilstenor aufzunehmen, § 64 Abs. 3a ArbGG. Die Statthaftigkeit der Berufung nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes gemäß § 64 Abs. 2b ArbGG bleibt davon unberührt.

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