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Fristlose Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung – Annahmeverzug

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 7 Sa 109/19 – Urteil vom 04.12.2019

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – vom 26. Februar 2019 – Az.: 6 Ca 703/18 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst.

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 2. September 2018 nicht aufgelöst worden ist, sondern bis zum 30. November 2018 fortbestanden hat.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 1/5 und der Beklagte 4/5 zu tragen.III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine außerordentliche Kündigung des Beklagten sowie Annahmeverzugsvergütung.

Der 1995 geborene Kläger war bei dem Beklagten seit dem 15. Februar 2017 als Brandschutztechniker gegen eine vereinbarte Vergütung in Höhe von zuletzt 2.600,00 € brutto beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag ein Arbeitsvertrag vom 15./16. Februar 2017 zugrunde. In dessen § 1 heißt es auszugsweise:

„1. Der Arbeitnehmer wird ab 15.02.2017 als Brandschutztechniker eingestellt.

2. Der Arbeitnehmer hat bei betrieblichen Erfordernissen des Arbeitgebers alle anderen, ihm nach seiner Qualifikation und seinen Fähigkeiten zumutbaren, Arbeiten zu erledigen, gegebenenfalls auch an auswärtigen Arbeitsplätzen, Filialen etc.“

„§ 10 Internet, Telefon, Kfz“ lautet:

„Die Nutzung der betrieblichen Telekommunikationseinrichtungen (insbesondere Internet, Festnetz und Mobiltelefon), die Versendung von E-Mails, sowie die Nutzung des zur Verfügung gestellten Firmenfahrzeugs darf ausschließlich zu dienstlichen Zwecken erfolgen. Eine private Nutzung ist nicht gestattet.“

Wegen des Inhalts des Arbeitsvertrags im Übrigen wird auf Bl. 5 ff. d. A. Bezug genommen.

Der Kläger war längere Zeit arbeitsunfähig krankgeschrieben. Während der Arbeitsunfähigkeit wurde das vom Kläger bis dahin gefahrene Firmenfahrzeug durch den Beklagten beim Kläger abgeholt. Der Kläger wandte sich am Sonntag, 29. Juli 2018, 18.48 Uhr per Textnachricht an den Beklagten (Bl. 74 d. A.) und teilte mit:

„Bin wieder so weit ok und kann meine Arbeitskraft wieder anbieten.

Nur dafür bräuchte ich eine frei geschaltete Karte zum tanken und ein Fahrzeug um Kunden und Firma zu erreichen, da ich sonst keine Möglichkeit habe. Oder soll ich erst meine Überstunden abbauen? Das sind ja auch schon paar Tage.

Bitte um Antwort“.

Der Beklagte antwortete um 21.08 Uhr (Bl. 75 d. A.):

„Vielen Dank für deine sehr späte Informationen. Dass weiß man erst am Sonntag Abend. Dein Arbeitgeber ist in K. wie es in deinem Arbeitsvertrag steht. Das bedeutet für dich das du nach K. kommen musst, wie das ist dein Problem. Überstunden hast du nachweislich keine, da ich kein Nachweis darüber habe. Das bedeutet für dicht, erscheinst du morgen früh um 7:00 Uhr nicht bei deinem Arbeitgeber in K. so ist es ein Unentschuldigtes fehlen von der Arbeit. Kommst du morgen früh pünktlich dann gehst du bis Freitag auf Montage.“

Der Kläger erwiderte sodann:

Fristlose Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung - Annahmeverzug
(Symbolfoto: Von fizkes/Shutterstock.com)

„Es besteht zwischen T. und K. keine Bus/Bahn Verbindung so das ich um 07:00 Uhr nicht in K. sein kann.

Ich hatte ja die ganze Zeit ein Dienstfahrzeug weil ich ja im Außendienst tätig war. Überstunden Zettel wurden nachweislich immer im Büro abgeben.“

Am 30. und 31. Juli 2018 erschien der Kläger nicht in K. Der Beklagte textete daraufhin am 30. Juli 2018, 20.24 Uhr auszugsweise:

„vordere ich Sie nochmals auf morgen um 7:00 Uhr in K. zur Arbeit zu erscheinen. Ich habe sie nicht erlaubt Ihre angeblichen Überstunden abzufeiernden. Sie haben mir persönlich keine Überstunden zum gegenzeichnen vorgelegt“.

Mit Nachricht vom 30. Juli 2018, 22.43 Uhr, wegen deren Inhalts auf Bl. 80 d. A. Bezug genommen wird, wies der Kläger erneut daraufhin, dass keine Bus/Bahn-Verbindung bestehe, er um 7.00 Uhr nicht in K. sein könne und die ganze Zeit ein Dienstfahrzeug gehabt habe.

Unter dem 31. Juli 2018 sprach der Beklagte gegenüber dem Kläger eine Abmahnung (Bl. 49 d. A.) aus. In dieser heißt es unter anderem:

„nach mehrwöchiger Krankheit schrieben Sie am Sonntag, den 29.07.2018, dass Sie ab Montag, 30.07.2018 wieder arbeitsfähig seien und fragten nach dem weiteren Vorgehen.

Herr C. antwortete Ihnen unmissverständlich, dass Sie Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten erfüllen und am nächsten Tag am Arbeitsort in K. erscheinen sollen.

Hierauf meldeten Sie sich nicht mehr, sondern blieben ohne jegliche Mitteilung der Arbeit fern. Auf Rückfragen seitens Herrn C. sowie der erneuten unmissverständlichen Aufforderung, Ihre Arbeit am Dienstag wieder aufzunehmen, meldeten sie sich am späten Abend wieder schriftlich und begründeten Ihr Fernbleiben damit, dass Sie keine Möglichkeit hätten, zur Arbeit zu erscheinen. Gemäß Arbeitsvertrag ist der Arbeitsort K.. Das wussten Sie seit dem Tag Ihrer Unterschrift unter den Arbeitsvertrag.

Hiermit haben Sie zum zweiten Mal vorsätzlich gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstossen.

(…).“

Eine „2. Abmahnung“ übersandte der Beklagte dem Kläger unter dem 3. August 2018 (Bl. 50 d. A.). In dieser heißt es u. a.:

„seit dem 30.07.2018 sind Sie trotz wiederholter Nachfrage und Aufforderung unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben. Sie gaben als Begründung lediglich an, dass Sie keine Möglichkeit hätten, um 07.00 Uhr zur Arbeit nach K. zu kommen, stellten ansonsten jedoch Ihre Arbeitskraft nach eigenem Bekunden zur Verfügung.

Obwohl Sie unsere Auffassung kannten, dass gemäß Arbeitsvertrag Arbeitsort K. ist und von Ihnen erwartet wird, dort zu erscheinen, taten Sie nichts, um Ihre Sicht der Dinge darzulegen. Sie suchten kein Gespräch, um eine Möglichkeit zu einer Einigung zu schaffen, sondern antworteten lediglich, keine Möglichkeit zu haben, um 07.00 Uhr zu erscheinen. Sicherlich wäre es möglich gewesen, etwa später zu erscheinen, aber das boten Sie nicht an. Sie waren zu keiner Einigung bereit und unterbreiteten keinerlei konstruktiven Vorschlag. (…)“

Unter dem 4. August 2018 (Bl. 81 d. A.) schrieb der Kläger an den Beklagten per Post:

„Wir könne ja erst mal meine Überstunden abbauen und dann ist es ja nochmals zu Klären ob ich das Dienstfahrzeug mit nach Hause bekomme.

Weil wie sie ja wissen haben ich kein Eigenes Fahrzeug.

Damals bei der Einstellung haben sie mir ja nach Vertrags-Unterschrift das Dienstfahrzeug mit nach Hause gegeben.

Weil wenn ich mit dem Bus und Bahn fahren würde, müsste ich eine An und Abfahrtzeit von 16 Stunden in Kauf nehmen und diese Fahrt würde mich über M. führen. Und das ist nicht zumutbar.

Diese Auskunft habe ich bei der Deutsche Bahn bekommen.

Weiterhin stelle ich meine Arbeitskraft ihnen weiter zu Verfügung.“

Im Zeitraum vom 13. bis 17. August 2018 gewährte der Beklagte dem Kläger Urlaub.

Unter dem 22. August 2018 sprach der Beklagte gegenüber dem Kläger eine „3. Abmahnung“ aus. Wegen des Inhalts dieser „3. Abmahnung“ wird auf Bl. 51 d. A. Bezug genommen.

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 10. August 2018 fristgerecht zum 30. November 2018. Diese Kündigung hat der Kläger nicht angegriffen.

Am 30. August 2018 erschien der Kläger im Laufe des Vormittags (gegen 10.56 Uhr) bei dem Beklagten.

Sodann kündigte der Beklagte mit Schreiben vom 2. September 2018 (Bl. 9 d. A.) „fristlos mit sofortiger Wirkung“. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 20. September 2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen, dem Beklagten am 27. September 2018 zugestellten Kündigungsschutzklage.

Für den Monat August 2018 zahlte der Beklagte an den Kläger ausweislich der Gehaltsabrechnung August 2018 (Bl. 10 d. A.) Vergütung in Höhe von 433,33 € brutto.

Der Kläger hat vorgetragen, er sei seit Beginn des Arbeitsverhältnisses nahezu ausschließlich im Außendienst tätig gewesen. Er sei bundesweit im Einsatz gewesen. Bereits im Vorstellungsgespräch habe er den Beklagten darüber informiert, dass er über kein eigenes Fahrzeug verfüge und eine Einstellung nur dann Sinn mache, wenn ihm ein Fahrzeug überlassen werde. Der Beklagte habe hierauf entgegnet, dies sei kein Problem, er könne ein Firmenfahrzeug nutzen. Nachdem er dem Beklagten am 29. Juli 2018 mitgeteilt habe, dass er wieder arbeitsfähig sei, habe dieser sich jedenfalls in der Folge geweigert, ihm erneut ein Firmenfahrzeug zur Verfügung zu stellen. Am 30. August 2018 habe das Büro mitgeteilt, dass keine Autos mehr da seien, obwohl noch eins dagestanden habe. Man habe vereinbart, dass er abends noch angerufen werde. Er habe am 30. August 2018 allerdings nicht an das Telefon gehen können. Von einer Arbeitsverweigerung könne unter den gegebenen Umständen keine Rede sein.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 2. September 2018 nicht aufgelöst ist, sondern bis zum 30. November 2018 fortbesteht;

2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 2.166,67 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. September 2018 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, Arbeitsort sei der Sitz der Beklagten gewesen. Ein wichtiger Grund für den Ausspruch der außerordentlichen Kündigung sei gegeben. Der Kläger habe offenkundig aufgrund der bereits erfolgten Kündigung kein Interesse mehr gehabt, ihm seine Arbeitsleistung anzubieten. Sie habe vor diesem Hintergrund umdisponieren müssen, da sie mit der Arbeitskraft des Klägers gerechnet habe und aufgrund des geschlossenen Arbeitsvertrags auch habe rechnen dürfen.

Im August 2018 sei lediglich die Zeit vom 13. August bis zum 17. August 2018 zu vergüten gewesen, in der der Kläger Urlaub gehabt habe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 26. Februar 2019 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die fristlose Kündigung vom 2. September 2018 habe das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis fristlos gemäß § 626 Abs. 1 BGB beendet. Aufgrund seines Arbeitsvertrags sei der Kläger verpflichtet gewesen, seine Arbeitsleistung vom Dienstort aus zu erbringen. Dies habe er unstreitig nach seiner Wiedergenesung am 29. Juli 2018 nicht getan. Dementsprechend sei er am 31. Juli 2018, erneut am 3. August 2018 und zuletzt am 22. August 2018 abgemahnt worden. Gleichwohl sei der Kläger in der Folgezeit seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Auch wenn der Kläger am 30. August 2018 – nach 10.00 Uhr – am Arbeitsort erschienen sei, habe er nicht wie vom Arbeitgeber angewiesen um 7.00 Uhr seine Arbeitskraft angeboten. Auch am Folgetag sei der Kläger von seiner Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung ferngeblieben. Demnach liege eine beharrliche Arbeitsverweigerung vor, die einen wichtigen Grund zum Ausspruch eine Kündigung darstelle. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung überwögen eindeutig die Interessen des Arbeitgebers an der fristlosen Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Vergleich zu den Interessen des Arbeitnehmers an der Aufrechterhaltung seines Arbeitsverhältnisses. Soweit der Kläger der Auffassung sei, er sei nicht verpflichtet, seine Arbeitskraft anzubieten, sofern ihm kein Dienstfahrzeug zur Verfügung stehe, sei dieser rechtliche Einwand absolut unerheblich. Aus § 10 des Arbeitsvertrags (Nutzung des zur Verfügung gestellten Firmenfahrzeugs ausschließlich zu dienstlichen Zwecken) ergebe sich, dass es ausschließlich Angelegenheit des Klägers sei, die Wegstrecke von seinem Wohnort zum Arbeitsort zurückzulegen. Allein aus dem Umstand, dass die Beklagte dem Kläger vor seiner Arbeitsunfähigkeit gestattete, mit dem Dienstwagen nach Hause zu fahren, sei ein Rechtsanspruch auf Fortgewährung dieser Übung nicht abzuleiten. Die Voraussetzung für die Geltendmachung eines Annahmeverzugslohns seien vorliegend nicht ersichtlich. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts (Bl. 89 ff. d. A.) Bezug genommen.

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 5. März 2019 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem am 2. April 2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese mit am 3. Mai 2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 2. Mai 2019 begründet.

Zur Begründung der Berufung macht der Kläger nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie der Schriftsätze vom 7. November 2019 und 15. November 2019, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 115 ff., 142 f., 145 d. A.), unter ergänzender Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen zusammengefasst geltend,

eine beharrliche Arbeitsverweigerung liege nicht vor. Er habe seine Hauptleistungspflichten nicht am Dienstort des Beklagten zu erfüllen gehabt. Bei einem angestellten Außendienstmitarbeiter sei der Ort, an dem die vertraglich geschuldete Leistung überwiegend erbracht werde, in der Regel beim Kunden des Arbeitgebers. Er habe sich lediglich drei- bis fünfmal im Monat am Sitz aufgehalten, oftmals nur für wenige Minuten. Die Kundenaufträge, die er zu erledigen gehabt habe, seien ihm von dem Beklagten regelmäßig nach Hause geschickt worden, so dass eine Anwesenheit am Sitz nicht erforderlich gewesen sei.

Selbst wenn man der Auffassung wäre, dass er lediglich berechtigt gewesen wäre, das ihm zur Verfügung gestellte Firmenfahrzeug zu dienstlichen Zwecken zu nutzen, wäre ihm keine Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtungen vorzuwerfen, da der Weg eines Außendienstmitarbeiters zum Kunden dienstlich veranlasst sei. Die von einem Außendienstmitarbeiter zurückgelegten Wegezeiten seien Teil der vertraglich geschuldeten Arbeitspflicht. Aus seiner Sicht sei er aber aufgrund der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung auch berechtigt gewesen, Fahrten zum Betriebssitz des Beklagten mit dem ihm zur Verfügung gestellten Dienstfahrzeug vorzunehmen. Aufgrund des Inhalts des Gesprächs zwischen den Parteien anlässlich des Vorstellungsgesprächs sei die einvernehmliche Nutzung des Firmenfahrzeugs für seine Fahrten zum Sitz des Beklagten bereits seit Beginn des Arbeitsverhältnisses Vertragsinhalt geworden.

Die angegriffene Kündigung sei nicht verhältnismäßig. Durch den Ausspruch der ordentlichen Kündigung vom 10. August 2018 habe der Beklagte selbst bereits zum Ausdruck gebracht, dass er eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Kündigungsfrist in Anbetracht der sich nach dem Ende seiner Arbeitsunfähigkeit Ende Juli 2018 offenbarenden Problematik nicht für erforderlich gehalten habe.

Ausweislich des WhatsApp-Verkehrs habe er am 29. Juli 2018 seine Arbeitskraft wieder angeboten. Der Beklagte habe den Umstand, dass er seine Arbeitsleistung nicht mehr habe erbringen können, selbst herbeigeführt, indem er die Überlassung eines Firmenfahrzeugs pflichtwidrig abgelehnt habe. Unter diesen Gegebenheiten bestehe ein Anspruch auf Zahlung von Verzugslohn.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – vom 26. Februar 2019, Az. 6 Ca 703/18, abzuändern und wie folgt neu zu fassen:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 2. September 2018 nicht aufgelöst wurde, sondern bis zum 30. November 2018 fortbestand.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.166,67 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. September 2018 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seines Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 29. Mai 2019 sowie des Schriftsatzes vom 25. November 2019, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 129 ff., 148 f. d. A.), als rechtlich zutreffend.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH und auch des EUGH zum Arbeitsort bei Monteuren und Außendienstmitarbeitern sei deren Arbeitsort die Betriebsstätte des Arbeitgebers. Der Kläger sei als Monteur an unterschiedlichen Orten außerhalb des Unternehmens tätig gewesen, um seine Hauptleistungspflicht aus dem Vertrag zu erfüllen. Die Einzeltätigkeiten seien aber stets vom Sitz des Unternehmens aus gesteuert, koordiniert und organisiert worden. Von hier aus seien die Arbeiten an die Mitarbeiter – also auch den Kläger – zugewiesen worden. Hier seien das notwendige Material und die notwendigen Unterlagen, ebenso wie die Betriebsfahrzeuge bereitgestellt worden.

Dem Kläger sei zu keinem Zeitpunkt in Aussicht gestellt worden, dass dieser das Firmenfahrzeug zu privaten Zwecken, nämlich zur Zurücklegung des Weges von seinem Wohnort zum Arbeitsort nutzen könne. Gegenteiliges ergebe sich bereits aus § 10 des Arbeitsvertrages. Es sei keinesfalls so, dass es dem Kläger ohne das Vorhandensein eines Pkws unmöglich gewesen wäre, zur Arbeit am Arbeitsort zu erscheinen. Der zeitliche und wirtschaftliche Aufwand des Klägers um zu seinem Arbeitsort – dem Betriebssitz – zu gelangen, falle allein in dessen Risikosphäre.

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 4. Dezember 2019 (Bl. 153 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

B.

In der Sache hatte die Berufung des Klägers nur hinsichtlich des Kündigungsschutzantrags teilweise Erfolg. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 2. September 2018 nicht mit sofortiger Wirkung beendet worden. Ansprüche auf Annahmeverzugsvergütung für die Zeit vom 1. bis 12. sowie vom 20. bis 31. August 2018 hat der Kläger gegen den Beklagten nicht.

I.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet, soweit er einen Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung für die Zeit vom 1. bis 12. sowie vom 20. bis 31. August 2018 in Höhe von 2.166,67 € (brutto) (2.600,00 brutto abzüglich 433,33 €) verfolgt. Das Arbeitsgericht hat die Klage insoweit zu Recht abgewiesen.

Der Kläger hat für diesen Zeitraum keinen Anspruch gemäß § 615 S. 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB. Kommt der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers in Verzug, so kann der Arbeitnehmer für die infolge des Verzugs nicht erbrachte Arbeitsleistung die vereinbarte Vergütung verlangen.

1. Nach § 293 BGB kommt der Arbeitgeber in Annahmeverzug, wenn er im erfüllbaren Arbeitsverhältnis die ihm vom Arbeitnehmer angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung tatsächlich anbieten, § 294 BGB. Ein wörtliches Angebot (§ 295 BGB) genügt (nur), wenn der Arbeitgeber ihm erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen oder er sei nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem die tatsächliche Heranziehung übersteigenden Umfang zu beschäftigen. Lediglich für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung ist die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon ausgegangen, ein Angebot der Arbeitsleistung sei regelmäßig nach § 296 BGB entbehrlich. Zudem kann ein Angebot der Arbeitsleistung ausnahmsweise entbehrlich sein, wenn offenkundig ist, dass der Arbeitgeber auf seiner Weigerung, die geschuldete Leistung anzunehmen, beharrt, insbesondere er durch einseitige Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit auf das Angebot der Arbeitsleistung verzichtet hat (BAG 28. Juni 2017 – 5 AZR 263/16 – Rn. 21; 21. Oktober 2015 – 5 AZR 843/14 – Rn. 19, jeweils mwN.).

Nach § 294 BGB hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber grundsätzlich seine Arbeitsleistung so anzubieten, wie sie zu bewirken ist, also in eigener Person, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und in richtiger Art und Weise entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen bzw. deren Konkretisierung kraft Weisung nach § 611a Abs. 1 S. 2 BGB anzubieten. Der Arbeitnehmer muss die Arbeitsleistung so anbieten, wie sie zu bewirken ist (BAG 28. Juni 2017 – 5 AZR 263/16 – Rn. 21 mwN.). Das von § 294 BGB verlangte tatsächliche Angebot ist ein Realakt. Es bedeutet, dass der Arbeitnehmer sich am Arbeitsort oder am Arbeitsplatz einfindet, um mit der Arbeitsleistung zu beginnen (BAG 28. Juni 2017 – 5 AZR 263/16 – Rn. 26 mwN.).

2. Der beklagte Arbeitgeber hat die Arbeitspflicht des Klägers dahingehend konkretisiert, dass dieser seine Arbeitsleistung am ersten Tag nach der Arbeitsunfähigkeit bzw. nach dem Urlaub am Betriebssitz in K. um 7.00 Uhr aufzunehmen hat (vgl. § 611a Abs. 1 S. 2 BGB).

Der Inhalt der Arbeitspflicht eines Arbeitnehmers ergibt sich in erster Linie aus dem Arbeitsvertrag. Dessen Inhalt ist durch Auslegung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Bei dem Arbeitsvertrag der Parteien handelt sich um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinn des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zu Grunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Ungewöhnliche, insbesondere überraschende Klauseln im Sinn von § 305c Abs. 1 BGB (z. B. „versteckte“ Versetzungsvorbehalte) werden nicht Vertragsbestandteil und bleiben deshalb im Rahmen der Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen unberücksichtigt. Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gem. § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305 Abs. 2 BGB setzt aber voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (st. Rspr., vgl. nur BAG 19. Januar 2011 – 10 AZR 738/09 – Rn. 13 f.).

Der Arbeitsvertrag sieht in § 1 Ziff. 1 vor, dass der Kläger von dem Beklagten „als Brandschutztechniker“, „gegebenenfalls auch an auswärtigen Arbeitsplätzen, Filialen etc.“ (§ 1 Ziff. 2 und § 2 Ziff. 4) beschäftigt wird. Danach geht der Arbeitsvertrag bereits nach seinem Wortlaut davon aus, dass die Arbeitsleistung grundsätzlich vom Betriebssitz aus, gegebenenfalls auch auswärtig zu erbringen ist. Insbesondere ist im Arbeitsvertrag nicht vereinbart worden, dass der Wohnort des Klägers Arbeitsort sein soll oder der Kläger seine Arbeitsleistung ausschließlich von seinem Wohnort aus erbringt. Das Direktionsrecht des beklagten Arbeitgebers ist durch den Arbeitsvertrag örtlich nicht eingeschränkt. Nichts anderes ergibt sich unter Berücksichtigung des Vertragswillens verständiger und redlicher Vertragspartner. Die arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit des Klägers als „Brandschutztechniker“ bedingt einen Einsatz an verschiedenen Orten, bei Kunden. Gleichzeitig erfordert sie die Aufnahme von benötigten Materialien. Der Vertragswille der Parteien eines solchen Arbeitsverhältnisses geht daher typischerweise dahin, dass dem Arbeitgeber ein weitgehendes Direktionsrecht hinsichtlich der Bestimmung des Ortes zusteht, an dem die Arbeitsleistung konkret zu erbringen ist. Dem entspricht der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten.

a) Hiervon ausgehend ist die Konkretisierung der Arbeitspflicht nach § 611a Abs. 1 S. 2 BGB Sache des Arbeitgebers. Je allgemeiner die vom Arbeitnehmer zu leistenden Dienste oder der Ort der Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag festgelegt sind, desto weiter geht die Befugnis des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer unterschiedliche Aufgaben oder einen anderen Ort im Wege des Direktionsrechts zuzuweisen (BAG 19. Januar 2011 – 10 AZR 738/09 – Rn. 17 mwN.). Der Beklagte hat sein Direktionsrecht durch seine Nachricht vom 29. Juli 2018, 21.08 Uhr ausgeübt, indem er den Kläger aufgefordert hat, am Folgetag morgens um 7.00 Uhr in K. zu erscheinen, um sodann bis Freitag auf Montage zu gehen. Mit Textnachricht vom 30. Juli 2018, 20.24 Uhr hat der Beklagte den Kläger erneut aufgefordert, „morgen um 7:00 Uhr in K. zur Arbeit zu erscheinen.“ Mit den Abmahnungen vom 31. Juli 2018, 3. August 2018 und 22. August 218 hat der Beklagte den Kläger erneut aufgefordert, „Ihren arbeitsvertraglich geschuldeten Pflichten nachzukommen und am Arbeitsort zu erscheinen“.

b) Die Leistungsbestimmung durch den Beklagten entsprach nach Auffassung der Kammer auch billigem Ermessen.

Fehlt es an einer Festlegung und weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen (anderen) Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (BAG 19. Januar 2011 – 10 AZR 738/09 – Rn. 18 mwN.).

Nach der längeren Arbeitsunfähigkeit des Klägers bzw. nach seinem Urlaub bestand ein Interesse des beklagten Arbeitgebers, dass der klagende Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung am Betriebssitz aufnahm, von dem aus die Einzeltätigkeiten gesteuert, koordiniert und organisiert wurden und an dem sich notwendiges Material, erforderliche Unterlagen und die Firmenfahrzeuge befanden. Diesem Interesse gegenüber überwiegen nicht die für den Kläger bestehenden, dem Beklagten bekannten Schwierigkeiten, den Betriebssitz des Beklagten ohne eigenen Pkw zu erreichen. Die Arbeitsaufnahme am Betriebssitz war dem Kläger nicht unmöglich. So hätte der Kläger zumindest einmalig für die Anfahrtsstrecke oder eine Teilstrecke ein Fahrzeug mieten oder leihen, eine Mitfahrgelegenheit finden oder am Vortag anreisen und am Betriebssitz übernachten können, um die Arbeitsleistung am ersten Tag nach der Arbeitsunfähigkeit bzw. seinem Urlaub ordnungsgemäß anbieten zu können. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass dem Kläger von dem Beklagten nach Unterzeichnung des Arbeitsvertrages ein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt worden war. Ausweislich des § 10 des Arbeitsvertrages war die Nutzung des Firmenfahrzeuges ausschließlich zu dienstlichen Zwecken gestattet. Eine Privatnutzung war ausdrücklich untersagt. Von einer solchen Privatnutzung wurde von den Parteien – wie sich aus der Abrechnung der Brutto-Netto-Bezüge für den Monat Juni 2018 ergibt, in dem sich das Firmenfahrzeug noch beim Kläger befand – auch aus steuerrechtlicher Sicht nicht ausgegangen. Dem widerspricht nicht, dass dem Kläger das Fahrzeug auch für die Fahrt vom Betriebssitz zu seinem Wohnort überlassen wurde, sofern er am nächsten Tag direkt von dort aus einen Kunden aufzusuchen hatte. Dass dem Kläger in der Vergangenheit regelmäßig Kundenaufträge nach Hause geschickt wurden, rechtfertigt ebenfalls keine andere Beurteilung. Auch nach dem Vortrag des Klägers hat dieser sich drei- bis fünfmal im Monat am Betriebssitz aufgehalten, so dass die Anweisung, dort seine Arbeit nach mehrmonatiger Abwesenheit aufzunehmen, billigem Ermessen entspricht.

3. Der Kläger hat seine so durch den Beklagten konkretisierte Arbeitsleistung nicht tatsächlich angeboten. Er ist bis einschließlich 29. August 2018 nicht in K. erschienen, um seine Arbeitsleistung anzubieten und zu erbringen.

Als er am 30. August 2018 seine Arbeitsleistung am Betriebssitz anbot, erfolgte dieses Angebot zwar am richtigen Ort, jedoch nicht zu der von dem Beklagten bestimmten Zeit um 7.00 Uhr morgens und damit ebenfalls nicht ordnungsgemäß.

Indem der Kläger an seinem Wohnort auf einen Arbeitseinsatz gewartet hat, hat er seine Arbeitsleistung nicht ordnungsgemäß angeboten. Das wörtliche Angebot des Klägers, so am 29. Juli 2018, 18.49 Uhr mit der Einschränkung, er brauche für die Erbringung der Arbeitsleistung eine frei geschaltete Karte zum Tanken und ein Fahrzeug, war kein ausreichendes Angebot der Arbeitsleistung, durch die der Beklagte in Annahmeverzug gekommen wäre.

Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Zahlung von Annahmeverzugsvergütung besteht daher für den streitgegenständlichen Zeitraum vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung durch den Beklagten nicht.

II.

Die Berufung hat jedoch teilweise Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung des Kündigungsschutzantrags wendet (Antrag zu 1). Die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 2. September 2018 hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht beendet. Ein wichtiger Grund im Sinn des § 626 Abs. 1 BGB bestand nicht.

1. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht (st. Rspr., BAG 14. Dezember 2017 – 2 AZR 86/17 – Rn. 27 mwN.)

2. Das dem Kläger vorgeworfene Verhalten ist „an sich“ geeignet, einen wichtigen Grund im Sinn des § 626 Abs. 1 BGB darzustellen.

Die beharrliche Weigerung eines Arbeitnehmers, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen, ist „an sich“ geeignet, selbst eine außerordentliche fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Ein Arbeitnehmer weigert sich beharrlich, seinen vertraglichen Pflichten nachzukommen, wenn er sie bewusst und nachhaltig nicht erfüllen will. Welche Pflichten ihn treffen, bestimmt sich nach der objektiven Rechtslage. Eine – auch bloß vorläufige – Bindung des Arbeitnehmers an „lediglich“ unbillige Weisungen des Arbeitgebers besteht nicht (BAG 28. Juni 2018 – 2 AZR 436/17 – Rn. 18 mwN.). Verweigert aber der Arbeitnehmer die Erfüllung einer arbeitsvertraglichen Pflicht in der Annahme, er handele rechtmäßig, hat grundsätzlich er selbst das Risiko zu tragen, dass sich seine Rechtsauffassung als falsch erweist (BAG 28. Juni 2018 – 2 AZR 436/17 – Rn. 16; 14. Dezember 2017 – 2 AZR 86/17 – Rn. 29; jeweils mwN.). Es ist daher zu prüfen, welche Pflichten den Kläger im maßgeblichen Zeitraum überhaupt trafen. Dies hängt davon ab, ob die ihm erteilten Weisungen die Grenzen des arbeitsgeberseitigen Direktionsrechts wahrten (vgl. BAG 28. Juni 2018 – 2 AZR 436/17 – Rn. 38).

3. Der Kläger hat seine Arbeitsleistung nach dem Ende seiner Arbeitsunfähigkeit bzw. nach seinem Urlaub – wie unter B.I dargelegt – nicht ordnungsgemäß am Betriebssitz angeboten und damit seine von dort aus zu erbringende Arbeitsleistung verweigert. Er hat an seiner Verweigerungshaltung – unterbrochen lediglich durch einen einwöchigen Erholungsurlaub – über einen Zeitraum von mehr als einem Monat und auch nach dem Ausspruch von drei Abmahnungen durch den Beklagten sowie ebenfalls noch nach Ausspruch einer ordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung festgehalten. Seine Arbeitsverweigerung war damit beharrlich.

4. Dennoch war dem Beklagten nach Auffassung der Kammer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum 30. November 2018, dem Ablauf der Kündigungsfrist der arbeitgeberseitigen, vom Kläger nicht angegriffenen Kündigung vom 10. August 2018 zuzumuten.

Bei der Prüfung im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen (BAG 14. Dezember 2017 – 2 AZR 86/17 – Rn. 54 mwN.). Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ende der Frist für eine ordentliche Kündigung zumutbar war oder nicht, nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Sie scheidet aus, wenn es ein „schonenderes“ Gestaltungsmittel – etwa Abmahnung, Versetzung, ordentliche Kündigung – gibt, das ebenfalls geeignet ist, den mit einer außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck – nicht die Sanktion des pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses – zu erreichen.

Die Kammer hat bei ihrer Interessenabwägung berücksichtigt, dass der Kläger weder nach den Textnachrichten des Beklagten noch nach den Abmahnungen noch nach Ausspruch der ordentlichen Kündigung zu einem vertragsgemäßen Verhalten zurückkehrte. Sie hat weiter in ihre Abwägung einbezogen, dass der Einsatz des Klägers für den Beklagten angesichts dessen Weigerung ohne vorherige Überlassung eines Firmenfahrzeugs morgens um 7.00 Uhr seine Arbeitstätigkeit am Betriebssitz aufzunehmen gerade auch im Hinblick auf Kundentermine nicht planbar war, der Arbeitgeber andererseits aber auch keinen Vergütungsansprüchen des Klägers ausgesetzt war, solange dieser seine Arbeitsleistung nicht ordnungsgemäß anbot. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. November 2018 stand im Zeitpunkt des Ausspruchs der außerordentlichen Kündigung am 2. September 2018 bereits fest, da der Kläger gegen die ordentliche Kündigung vom 10. August 2018 in der Frist der §§ 4 S. 1, 7 KSchG keine Kündigungsschutzklage erhoben hatte. Weiter hat die Kammer bedacht, dass der Kläger stets betont hat, grundsätzlich zur Erbringung seiner Arbeitsleistung bereit zu sein, sich aber wegen der Sperrung der Karte zum Tanken und dem Abholen des Firmenfahrzeugs durch den Beklagten nicht in der Lage und verpflichtet sah, den Betriebssitz auf andere Art zu erreichen. Tatsächlich kann die Strecke zwischen dem Wohnort des Klägers und dem Betriebssitz mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur mit großem zeitlichem Aufwand und mehrmaligem Umsteigen zurückgelegt werden. Der Beklagte hat demgegenüber auch selbst nicht behauptet, dass es ihm nicht möglich gewesen wäre, dem Kläger erneut – entsprechend der früheren Regelung – ein Dienstfahrzeug zur Verfügung zu stellen. Entscheidend ist für die Kammer jedoch, dass der Beklagte die außerordentliche Kündigung erst ausgesprochen hat, nachdem der Kläger tatsächlich – wenn auch nicht zu Beginn des Arbeitstages, sondern erst nach 10.00 Uhr – am Betriebssitz erschienen ist und weggeschickt wurde. Mit dem Erscheinen am Betriebssitz hat der Kläger nach Auffassung der Kammer seinen Willen dokumentiert, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Nicht ersichtlich ist, dass und aus welchem Grund die Rückkehr zur vor der Arbeitsunfähigkeit bestehenden Regelung einer Überlassung des Firmenfahrzeugs zur dienstlichen Nutzung jedenfalls bis zum 30. November 2018 nicht möglich gewesen wäre. Dem Beklagten war daher die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis einschließlich 30. November 2018 nach der Überzeugung der Kammer zumutbar.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.

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