Übersicht:
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Fristlose Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit: Gerichtsurteil zeigt entscheidende Kriterien
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Welche Voraussetzungen müssen für eine fristlose Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit erfüllt sein?
- Welche Handlungen gelten als unzulässige Konkurrenztätigkeit während des bestehenden Arbeitsverhältnisses?
- Welche Bedeutung hat eine Abmahnung im Zusammenhang mit einer fristlosen Kündigung?
- Welche Rechte hat ein Arbeitnehmer, wenn ihm der Dienstwagen vorzeitig entzogen wird?
- Was sollten Arbeitnehmer tun, wenn sie eine fristlose Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit erhalten?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Die fristlose Kündigung der Beklagten wurde vom Gericht als unwirksam erklärt.
- Das Arbeitsverhältnis endete erst mit der Eigenkündigung der Klägerin zum 28. Februar 2021.
- Die Klägerin hatte die Erlaubnis, den Dienstwagen privat zu nutzen, bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses.
- Die Klägerin erhielt eine Nutzungsausfallentschädigung, da ihr der Dienstwagen vorzeitig entzogen wurde.
- Das Gericht stellte fest, dass die Klägerin keine wettbewerbswidrigen Handlungen begangen hat.
- Der Vorwurf, Kunden aktiv abgeworben zu haben, reichte nicht aus, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.
- Es wurde keine vorherige Abmahnung ausgesprochen, was für eine außerordentliche Kündigung notwendig gewesen wäre.
- Das Gericht betonte, dass milde Maßnahmen wie eine Abmahnung vorrangig sind.
- Eine außerordentliche Kündigung dient dazu, einer Wiederholungsgefahr entgegenzuwirken, die hier nicht gegeben war.
- Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Fristlose Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit: Gerichtsurteil zeigt entscheidende Kriterien
Fristlose Kündigung – ein Schritt, der für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen gravierende Folgen haben kann. Doch wann ist eine solche Maßnahme rechtlich überhaupt zulässig? Im Falle einer Konkurrenztätigkeit kommt es insbesondere darauf an, ob der Arbeitnehmer das Vertrauensverhältnis zu seinem Arbeitgeber schwerwiegend und nachhaltig gestört hat. Dabei sind verschiedene Faktoren entscheidend, etwa die Art und Weise der Konkurrenztätigkeit, der Umfang des Wettbewerbs, die Dauer der Tätigkeit und die konkrete Position des Arbeitnehmers im Unternehmen.
Um beurteilen zu können, ob eine fristlose Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit rechtmäßig ist, müssen die konkreten Umstände des Einzelfalles genau betrachtet werden. Ein aktuelles Gerichtsurteil zeigt anhand eines konkreten Falles, welche Kriterien bei der Beurteilung relevant sind und wie die Gerichte in vergleichbaren Fällen entscheiden.
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Der Fall vor Gericht
Fristlose Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit unwirksam: Arbeitsgericht Erfurt stärkt Arbeitnehmerrechte
Die 7. Kammer des Arbeitsgerichts Erfurt hat in einem bemerkenswerten Fall die fristlose Kündigung einer langjährigen Mitarbeiterin für unwirksam erklärt. Der Fall dreht sich um eine Hörakustikmeisterin und Filialleiterin, die nach über 16 Jahren Betriebszugehörigkeit plante, sich selbstständig zu machen.
Hintergründe des arbeitsrechtlichen Konflikts
Die Klägerin, eine 1988 geborene Hörakustikmeisterin, war seit September 2004 bei einem Unternehmen beschäftigt, das Hörgeräte und akustisches Zubehör vertreibt. Zuletzt arbeitete sie als Filialleiterin in Ilmenau. Am 26. August 2020 kündigte sie ihr Arbeitsverhältnis zum 28. Februar 2021, um sich mit einer ehemaligen Kollegin selbstständig zu machen.
Anfang Februar 2021 warb die Klägerin für die bevorstehende Eröffnung ihres eigenen Geschäfts. Gleichzeitig meldete sie sich arbeitsunfähig krank. Die Beklagte stellte die Klägerin daraufhin von der Arbeitspflicht frei und forderte die Rückgabe des Dienstwagens, was am 11. Februar 2021 erfolgte.
Am 12. Februar 2021 sprach die Beklagte eine fristlose Kündigung aus, die der Klägerin am 16. Februar zuging. Die Begründung: Die Klägerin habe aktiv Kunden abgeworben und damit ihre arbeitsvertraglichen Pflichten schwerwiegend verletzt.
Gerichtliche Auseinandersetzung und Urteilsbegründung
Das Arbeitsgericht Erfurt gab der Klage der Arbeitnehmerin statt. Das Gericht stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung beendet wurde, sondern wie ursprünglich vereinbart am 28. Februar 2021 endete.
In seiner Begründung wog das Gericht sorgfältig die Interessen beider Parteien ab:
- Langjährige Betriebszugehörigkeit: Die Klägerin war über 16 Jahre beanstandungsfrei beschäftigt.
- Kurze Restlaufzeit des Arbeitsverhältnisses: Zum Zeitpunkt der Kündigung verblieben nur noch 12 Tage bis zum vereinbarten Vertragsende.
- Fehlende Wiederholungsgefahr: Durch die bereits erfolgte Freistellung war der Klägerin die „Plattform“ für mögliche weitere Pflichtverletzungen bereits entzogen.
- Keine vorherige Abmahnung: Das Gericht betonte, dass bei steuerbarem Verhalten grundsätzlich eine Abmahnung vor einer Kündigung erforderlich ist.
Rechtliche Bewertung der Konkurrenztätigkeit
Das Gericht stellte klar, dass Arbeitnehmer während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses grundsätzlich keine Konkurrenztätigkeit ausüben dürfen. Allerdings sind Vorbereitungshandlungen für eine spätere Selbstständigkeit erlaubt, solange sie nicht unmittelbar in die Interessen des Arbeitgebers eingreifen.
Die genaue Abgrenzung zwischen erlaubter Vorbereitung und unerlaubter Konkurrenz sei fließend. Das Gericht ließ offen, ob die Handlungen der Klägerin tatsächlich eine unzulässige Konkurrenztätigkeit darstellten. Es betonte jedoch, dass selbst wenn dies der Fall wäre, eine fristlose Kündigung unter den gegebenen Umständen unverhältnismäßig sei.
Weitere Folgen des Urteils
Neben der Feststellung der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung entschied das Gericht auch über einen weiteren Streitpunkt: Die Beklagte wurde zur Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung für den Dienstwagen verurteilt. Da das Arbeitsverhältnis erst am 28. Februar 2021 endete, stand der Klägerin die private Nutzung des Dienstwagens bis zu diesem Zeitpunkt zu. Für die 16 Tage zwischen dem Entzug des Fahrzeugs und dem Vertragsende muss die Beklagte eine Entschädigung von 162,24 EUR brutto zahlen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass eine fristlose Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit einer sorgfältigen Interessenabwägung bedarf. Selbst bei Verdacht auf Kundenabwerbung kann eine fristlose Kündigung unverhältnismäßig sein, wenn das Arbeitsverhältnis ohnehin bald endet, langjährige Betriebszugehörigkeit besteht und keine Wiederholungsgefahr droht. Arbeitgeber sollten vor einer fristlosen Kündigung stets mildere Mittel wie Abmahnungen erwägen und die Gesamtumstände berücksichtigen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie planen, sich selbstständig zu machen oder zu einem Konkurrenzunternehmen zu wechseln, gibt Ihnen dieses Urteil mehr Sicherheit. Es zeigt, dass Vorbereitungshandlungen für eine Selbstständigkeit grundsätzlich erlaubt sind, solange Sie nicht aktiv Kunden abwerben. Selbst wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen eine Konkurrenztätigkeit vorwirft, ist eine fristlose Kündigung nicht automatisch gerechtfertigt. Das Gericht berücksichtigt Faktoren wie Ihre Betriebszugehörigkeit, die verbleibende Vertragslaufzeit und ob eine Abmahnung ausgesprochen wurde. Zudem können Sie bei einer ungerechtfertigten fristlosen Kündigung Anspruch auf Entschädigung haben, beispielsweise für einen entzogenen Dienstwagen. Es ist ratsam, sich bei solchen Vorhaben rechtlich beraten zu lassen, um Ihre Rechte zu kennen und Risiken zu minimieren.
FAQ – Häufige Fragen
Sie stehen vor der Herausforderung, eine fristlose Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit zu bewältigen? Diese Situation ist komplex und birgt viele rechtliche Fallstricke. Unsere FAQ-Rubrik beantwortet wichtige Fragen zu diesem Thema und bietet Ihnen eine unabhängige Informationsquelle, um in dieser schwierigen Situation die richtigen Schritte zu unternehmen.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Welche Voraussetzungen müssen für eine fristlose Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit erfüllt sein?
- Welche Handlungen gelten als unzulässige Konkurrenztätigkeit während des bestehenden Arbeitsverhältnisses?
- Welche Bedeutung hat eine Abmahnung im Zusammenhang mit einer fristlosen Kündigung?
- Welche Rechte hat ein Arbeitnehmer, wenn ihm der Dienstwagen vorzeitig entzogen wird?
- Was sollten Arbeitnehmer tun, wenn sie eine fristlose Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit erhalten?
Welche Voraussetzungen müssen für eine fristlose Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit erfüllt sein?
Für eine rechtmäßige fristlose Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein.
Eine Konkurrenztätigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer im selben Geschäftsfeld wie sein Arbeitgeber tätig wird. Dies kann durch eine eigene selbstständige Tätigkeit oder die Mitarbeit bei einem Konkurrenzunternehmen geschehen. Entscheidend ist, dass die Tätigkeit geeignet ist, die geschäftlichen Interessen des Arbeitgebers zu beeinträchtigen.
Die Konkurrenztätigkeit muss eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstellen. Dies ist der Fall, wenn sie das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig stört. Dabei kommt es auf den Einzelfall an. Relevante Faktoren sind etwa der Umfang der Konkurrenztätigkeit, die Position des Arbeitnehmers und der potenzielle Schaden für den Arbeitgeber.
Eine fristlose Kündigung erfordert einen wichtigen Grund nach § 626 BGB. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist muss für den Arbeitgeber unzumutbar sein. Bei einer Konkurrenztätigkeit kann dies der Fall sein, wenn der Arbeitgeber befürchten muss, dass der Arbeitnehmer Geschäftsgeheimnisse preisgibt oder Kunden abwirbt.
Grundsätzlich ist vor einer verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung erforderlich. Bei besonders schweren Pflichtverletzungen kann eine Abmahnung jedoch entbehrlich sein. Eine unerlaubte Konkurrenztätigkeit stellt häufig eine so schwerwiegende Pflichtverletzung dar, dass eine vorherige Abmahnung nicht notwendig ist.
Der Arbeitgeber muss die Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen aussprechen. Diese Frist beginnt, sobald der Arbeitgeber ausreichende Kenntnis von der Konkurrenztätigkeit hat, um eine Kündigung darauf stützen zu können.
Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung nimmt das Arbeitsgericht stets eine umfassende Interessenabwägung vor. Dabei werden alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt, wie die Dauer des Arbeitsverhältnisses, das Alter des Arbeitnehmers und seine familiären Verhältnisse.
Ein Arbeitnehmer, der eine Nebentätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen aufnimmt, verstößt gegen seine arbeitsvertragliche Treuepflicht. Selbst wenn die Tätigkeit außerhalb der Arbeitszeit erfolgt, kann sie eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Der Arbeitgeber muss nicht hinnehmen, dass ein Mitarbeiter das im Unternehmen erworbene Know-how bei der Konkurrenz einsetzt.
Die bloße Vorbereitung einer selbstständigen Tätigkeit im Konkurrenzverhältnis rechtfertigt in der Regel noch keine fristlose Kündigung. Erst wenn der Arbeitnehmer konkrete Schritte unternimmt, wie die Anmietung von Geschäftsräumen oder die Akquise von Kunden, kann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein.
Bei leitenden Angestellten oder Arbeitnehmern in Vertrauensstellungen werden strengere Maßstäbe angelegt. Hier kann bereits eine geringfügige Konkurrenztätigkeit eine fristlose Kündigung rechtfertigen, da diese Mitarbeiter in besonderem Maße zur Loyalität verpflichtet sind.
Welche Handlungen gelten als unzulässige Konkurrenztätigkeit während des bestehenden Arbeitsverhältnisses?
Als unzulässige Konkurrenztätigkeit während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses gelten Handlungen, die in direktem Wettbewerb zum Arbeitgeber stehen und dessen Interessen beeinträchtigen können. Grundsätzlich ist es Arbeitnehmern untersagt, im gleichen Geschäftszweig wie ihr Arbeitgeber tätig zu werden oder dessen Geschäftsinteressen anderweitig zu gefährden.
Zu den konkreten unzulässigen Handlungen zählt das Abwerben von Geschäftsverbindungen des Arbeitgebers. Arbeitnehmer dürfen keine Kunden im selben Handelszweig abwerben oder Waren an Kunden des Arbeitgebers verkaufen. Ebenso ist es verboten, Aufträge des Arbeitgebers auf eigene Rechnung zu erledigen oder in der Freizeit die gleiche Leistung wie der Arbeitgeber anzubieten.
Die Beteiligung an einem Konkurrenzunternehmen kann ebenfalls als unzulässige Konkurrenztätigkeit gewertet werden, insbesondere wenn der Arbeitnehmer dadurch maßgeblichen Einfluss auf den Geschäftsbetrieb des Wettbewerbers ausüben kann. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer seine Beteiligung vor dem Arbeitgeber geheim hält.
Es ist wichtig zu betonen, dass nicht nur tatsächlich erfolgreiche Konkurrenztätigkeiten verboten sind. Bereits der Versuch oder die Absicht, in Konkurrenz zum Arbeitgeber zu treten, kann als Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten gewertet werden. Die bloße Möglichkeit einer Schädigung des Arbeitgebers reicht aus, um eine Handlung als unzulässige Konkurrenztätigkeit einzustufen.
Arbeitnehmer sollten beachten, dass das Wettbewerbsverbot während des laufenden Arbeitsverhältnisses auch ohne explizite vertragliche Vereinbarung gilt. Es ergibt sich aus den arbeitsvertraglichen Treuepflichten und ist in den §§ 60 ff. HGB gesetzlich verankert.
Von unzulässigen Konkurrenztätigkeiten abzugrenzen sind erlaubte Vorbereitungshandlungen für eine zukünftige selbstständige Tätigkeit. Arbeitnehmer dürfen beispielsweise Räumlichkeiten für ein geplantes eigenes Unternehmen anmieten oder Bewerbungsgespräche bei Konkurrenzunternehmen führen. Solche Vorbereitungsmaßnahmen sind zulässig, solange sie nicht bereits als Teil einer werbenden Tätigkeit aufgefasst werden können und nicht unmittelbar in die Interessen des Arbeitgebers eingreifen.
Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot kann schwerwiegende Konsequenzen haben. Im Falle einer unzulässigen Konkurrenztätigkeit ist der Arbeitgeber berechtigt, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen. Zusätzlich können Schadensersatzforderungen gegen den Arbeitnehmer geltend gemacht werden.
Arbeitnehmer sollten sich bewusst sein, dass das Wettbewerbsverbot auch für Nebentätigkeiten gilt. Eine Nebentätigkeit, die in Konkurrenz zum Arbeitgeber steht, ist ebenfalls unzulässig. Erlaubt sind hingegen Tätigkeiten, die nichts mit dem Geschäftsfeld des Arbeitgebers zu tun haben oder außerhalb seiner Reichweite stattfinden.
Welche Bedeutung hat eine Abmahnung im Zusammenhang mit einer fristlosen Kündigung?
Eine Abmahnung hat im Zusammenhang mit einer fristlosen Kündigung eine wichtige Warnfunktion. Sie dient dazu, dem Arbeitnehmer ein Fehlverhalten deutlich vor Augen zu führen und ihm die Möglichkeit zu geben, dieses zu korrigieren. Bei einer fristlosen Kündigung ist eine vorherige Abmahnung in den meisten Fällen rechtlich erforderlich. Sie stellt ein milderes Mittel dar und soll eine Kündigung möglichst vermeiden.
Der Arbeitgeber muss mit der Abmahnung klar zum Ausdruck bringen, welches konkrete Verhalten er beanstandet und dass im Wiederholungsfall die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist. Erst wenn der Arbeitnehmer trotz Abmahnung das gerügte Verhalten fortsetzt, kann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein. Dies gilt insbesondere bei Pflichtverletzungen wie wiederholtem Zuspätkommen oder Arbeitsverweigerung.
In bestimmten Ausnahmesituationen kann eine fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung zulässig sein. Dies ist der Fall, wenn das Fehlverhalten des Arbeitnehmers derart schwerwiegend ist, dass selbst bei objektiver Betrachtung eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar erscheint. Hierzu zählen etwa Straftaten wie Diebstahl oder Betrug zum Nachteil des Arbeitgebers. Auch bei gravierenden Verstößen gegen arbeitsvertragliche Pflichten, wie einer Konkurrenztätigkeit für ein anderes Unternehmen, kann unter Umständen sofort fristlos gekündigt werden.
Die Rechtsprechung legt allerdings strenge Maßstäbe an eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung an. Der Arbeitgeber muss in einem möglichen Kündigungsschutzprozess darlegen und beweisen, warum eine Abmahnung im konkreten Fall entbehrlich war. Gerichte prüfen hier sehr genau, ob tatsächlich keine Aussicht auf Besserung des Verhaltens bestand.
Für Arbeitnehmer bedeutet dies: Auch bei schweren Verfehlungen sollte nicht vorschnell von einer wirksamen fristlosen Kündigung ausgegangen werden. Fehlt eine vorherige einschlägige Abmahnung, bestehen oft gute Chancen, sich erfolgreich gegen die Kündigung zu wehren. Arbeitgeber wiederum sollten sorgfältig prüfen, ob eine Abmahnung im Einzelfall entbehrlich ist oder ob sie zur rechtssicheren Vorbereitung einer möglichen späteren Kündigung zunächst abmahnen sollten.
Die Abmahnung erfüllt somit eine wichtige Schutzfunktion für beide Seiten. Sie gibt dem Arbeitnehmer die Chance zur Verhaltensänderung und schützt ihn vor überraschenden Kündigungen. Dem Arbeitgeber ermöglicht sie, Fehlverhalten zu dokumentieren und eine spätere Kündigung vorzubereiten. Im Streitfall kann der Arbeitgeber so nachweisen, dass er den Arbeitnehmer auf die Konsequenzen seines Verhaltens hingewiesen hat.
Bei Konkurrenztätigkeit kommt der Abmahnung eine besondere Bedeutung zu. Nimmt ein Arbeitnehmer ohne Erlaubnis eine Nebentätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen auf, verletzt er in der Regel seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Je nach Schwere des Verstoßes kann eine Abmahnung hier geboten sein, um dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, die Konkurrenztätigkeit einzustellen. Setzt er sie trotz Abmahnung fort, ist eine fristlose Kündigung in vielen Fällen gerechtfertigt.
Welche Rechte hat ein Arbeitnehmer, wenn ihm der Dienstwagen vorzeitig entzogen wird?
Arbeitnehmer haben bei vorzeitigem Entzug des Dienstwagens grundsätzlich ein Recht auf Fortsetzung der Nutzung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses. Die Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung stellt einen geldwerten Vorteil und somit einen Teil der Arbeitsvergütung dar. Der Arbeitgeber kann diesen Vergütungsbestandteil nicht einseitig entziehen.
Für einen rechtmäßigen Entzug des Dienstwagens muss eine wirksame vertragliche Grundlage bestehen. Dies kann eine Widerrufsklausel im Arbeitsvertrag oder in der Dienstwagenvereinbarung sein. Solche Klauseln unterliegen jedoch einer strengen rechtlichen Prüfung, insbesondere wenn sie einseitig vom Arbeitgeber vorgegeben wurden.
Fehlt eine wirksame Vereinbarung zum Entzug, kann der Arbeitnehmer die weitere Nutzung des Dienstwagens verlangen. Er muss das Fahrzeug trotz Aufforderung nicht herausgeben. Dies gilt auch bei einer Freistellung nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Entzieht der Arbeitgeber den Dienstwagen dennoch unberechtigt, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Nutzungsausfallentschädigung. Die Höhe dieser Entschädigung bemisst sich nach der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit. Als Richtwert gilt ein Prozent des Bruttolistenpreises des Fahrzeugs pro Monat. Ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für ein Ersatzfahrzeug besteht hingegen nicht.
Arbeitgeber sollten beachten, dass die Gewährung der Privatnutzung eines Dienstwagens grundsätzlich bis zum Ende des Arbeitsvertrags aufrechterhalten werden muss. Möchten sie sich unter bestimmten Voraussetzungen von dieser Verpflichtung lösen, bedarf es einer rechtssicheren Vereinbarung im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung.
Bei einer fristlosen Kündigung wegen schwerwiegender Pflichtverletzungen wie einer unzulässigen Konkurrenztätigkeit kann der Arbeitgeber die sofortige Rückgabe des Dienstwagens verlangen. Eine solche Konkurrenztätigkeit liegt beispielsweise vor, wenn sich ein leitender Angestellter maßgeblich an einem Wettbewerbsunternehmen beteiligt. In diesem Fall entfällt der Anspruch auf Nutzung oder Entschädigung.
Arbeitnehmer sollten bei Aufforderung zur Rückgabe des Dienstwagens die rechtlichen Grundlagen sorgfältig prüfen. Oft lohnt es sich, fachkundigen Rat einzuholen, um die eigenen Rechte zu wahren und mögliche Ansprüche geltend zu machen.
Was sollten Arbeitnehmer tun, wenn sie eine fristlose Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit erhalten?
Arbeitnehmer, die eine fristlose Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit erhalten, sollten umgehend handeln. Die Einreichung einer Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung ist der wichtigste erste Schritt. Diese Frist ist unbedingt einzuhalten, da sonst die Kündigung als rechtswirksam gilt.
Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht sollte zeitnah konsultiert werden. Dieser kann die Rechtmäßigkeit der Kündigung prüfen und den Arbeitnehmer bei der Durchsetzung seiner Rechte unterstützen. Der Anwalt wird zunächst den Sachverhalt genau analysieren und die Erfolgsaussichten einer Klage einschätzen.
Parallel dazu empfiehlt es sich, alle relevanten Unterlagen und Beweise zu sichern. Dazu gehören der Arbeitsvertrag, die Kündigungserklärung sowie sämtliche Dokumente, die belegen können, dass keine unerlaubte Konkurrenztätigkeit vorlag. Auch Zeugenaussagen von Kollegen oder Kunden können hilfreich sein.
Die genaue Prüfung des Kündigungsgrundes ist entscheidend. Eine Konkurrenztätigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer eine Tätigkeit ausübt, die in direktem Wettbewerb zum Arbeitgeber steht. Dies kann beispielsweise die Gründung eines eigenen Unternehmens in derselben Branche oder die Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen sein. Allerdings muss die Konkurrenztätigkeit erheblich sein und das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber nachhaltig stören, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.
Im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens trägt der Arbeitgeber die Beweislast für das Vorliegen einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit. Der Arbeitnehmer sollte daher alle Argumente sammeln, die gegen eine solche Tätigkeit sprechen. Wurde beispielsweise lediglich eine genehmigte Nebentätigkeit ausgeübt, die nicht in Konkurrenz zum Arbeitgeber stand, ist dies ein wichtiger Verteidigungsansatz.
Die Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers spielt eine zentrale Rolle. Dabei werden Faktoren wie die Dauer des Arbeitsverhältnisses, das Alter des Arbeitnehmers und seine familiären Verpflichtungen berücksichtigt. Auch die Schwere der vorgeworfenen Konkurrenztätigkeit und mögliche Schäden für den Arbeitgeber fließen in die Bewertung ein.
Sollte sich im Laufe des Verfahrens herausstellen, dass die fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt war, kann das Arbeitsgericht diese in eine ordentliche Kündigung umdeuten. In diesem Fall hätte der Arbeitnehmer zumindest Anspruch auf Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist.
Während des laufenden Verfahrens sollte sich der Arbeitnehmer beim Arbeitsamt arbeitssuchend melden und gegebenenfalls Arbeitslosengeld beantragen. Dies dient der finanziellen Absicherung und erfüllt gleichzeitig die gesetzlichen Pflichten zur Schadensminderung.
Eine gütliche Einigung mit dem Arbeitgeber, etwa durch einen Vergleich vor Gericht, kann in manchen Fällen sinnvoll sein. Hierbei kann beispielsweise eine Abfindungszahlung vereinbart werden. Der Anwalt wird die Vor- und Nachteile einer solchen Lösung mit dem Arbeitnehmer besprechen.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Fristlose Kündigung: Eine fristlose Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis sofort, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Sie ist nur unter bestimmten Bedingungen möglich, etwa bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers. Beispiele sind Diebstahl, Gewalt oder eben Konkurrenztätigkeit. Die Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntwerden des Grundes ausgesprochen werden.
- Konkurrenztätigkeit: Während des Arbeitsverhältnisses darf ein Arbeitnehmer keine Tätigkeiten ausüben, die in direktem Wettbewerb zum Arbeitgeber stehen. Das bedeutet, dass er keine eigenen Geschäfte im gleichen Marktbereich betreiben oder Kunden des Arbeitgebers abwerben darf. Vorbereitungshandlungen für eine spätere Selbstständigkeit sind jedoch erlaubt, solange sie den Arbeitgeber nicht direkt schädigen.
- Abmahnung: Eine Abmahnung ist eine formale Warnung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, eine bestimmte Pflichtverletzung zukünftig zu unterlassen. Sie dient als Vorstufe zur Kündigung und gibt dem Arbeitnehmer die Chance, sein Verhalten zu ändern. Ohne vorherige Abmahnung ist eine verhaltensbedingte Kündigung oft unwirksam, da sie als unverhältnismäßig gilt.
- Nutzungsausfallentschädigung: Diese Entschädigung wird gezahlt, wenn dem Arbeitnehmer ein vertraglich zugesichertes Nutzungsrecht, etwa an einem Dienstwagen, vorzeitig entzogen wird. Der Arbeitgeber muss den entstandenen Schaden ersetzen, indem er die Kosten für die entgangene Nutzung übernimmt. Dies gilt insbesondere, wenn der Entzug ohne rechtmäßigen Grund erfolgt ist.
- Interessenabwägung: Bei einer fristlosen Kündigung müssen die Interessen beider Parteien gegeneinander abgewogen werden. Das bedeutet, dass das Gericht prüft, ob die Kündigung für den Arbeitnehmer unzumutbar ist und ob mildernde Umstände vorliegen. Faktoren wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit, die Schwere der Pflichtverletzung und die Wiederholungsgefahr spielen hierbei eine Rolle.
- Eigenkündigung: Dies ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer. Sie erfolgt meist mit einer Frist, die sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit richtet. Im Fall einer Eigenkündigung kann der Arbeitnehmer seine beruflichen Pläne, etwa eine Selbstständigkeit, gezielt vorbereiten, solange er keine Konkurrenztätigkeit ausübt und die vertraglichen Pflichten einhält.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 626 BGB (fristlose Kündigung aus wichtigem Grund): Dieser Paragraph regelt die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn Tatsachen gegeben sind, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Im vorliegenden Fall prüfte das Gericht, ob die Konkurrenztätigkeit der Klägerin einen solchen wichtigen Grund darstellte.
- § 622 BGB (Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen): Dieser Paragraph legt die gesetzlichen Kündigungsfristen für Arbeitsverhältnisse fest. Die Kündigungsfrist verlängert sich mit zunehmender Dauer der Betriebszugehörigkeit. Im vorliegenden Fall war die Klägerin über 16 Jahre im Betrieb beschäftigt, was zu einer längeren Kündigungsfrist geführt hätte. Diese Frist wurde jedoch durch die fristlose Kündigung der Beklagten unterbrochen, was das Gericht zu prüfen hatte.
- § 611 BGB (Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag): Dieser Paragraph beschreibt die allgemeinen Pflichten, die sich aus einem Dienstvertrag ergeben. Dazu gehört die Pflicht des Arbeitnehmers, die Arbeit persönlich zu leisten und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers zu wahren. Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob die Konkurrenztätigkeit der Klägerin gegen diese Pflichten verstieß.
- § 628 BGB (Fortsetzung des Dienstverhältnisses nach Ablauf der Kündigungsfrist): Dieser Paragraph regelt die Möglichkeit, dass das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist fortgesetzt wird, wenn der Arbeitnehmer weiterarbeitet und der Arbeitgeber dies nicht unverzüglich widerspricht. Im vorliegenden Fall endete das Arbeitsverhältnis am 28. Februar 2021, da die Klägerin nicht weiterarbeitete.
- § 615 BGB (Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko): Dieser Paragraph regelt die Zahlung der Vergütung, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht annimmt (Annahmeverzug). Im vorliegenden Fall wurde die Klägerin von der Arbeit freigestellt, behielt aber ihren Anspruch auf Vergütung. Dieser Anspruch erstreckte sich auch auf die private Nutzung des Dienstwagens, weshalb die Beklagte eine Nutzungsausfallentschädigung zahlen musste.
Das vorliegende Urteil
ArbG Erfurt – Az.: 7 Ca 332/21 – Urteil vom 12.11.2021
Lesen Sie hier das Urteil…
1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 12.02.2021 nicht aufgelöst wurde, sondern bis zum 28.02.2021 fortbestanden hat.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 162,24 EUR brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 09.03.2021 zu zahlen.
3. Die Kosten des Rechtstreites hat die Beklagte zu tragen.
4. Der Streitwert wird auf 1.499,84 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis durch eine Eigenkündigung der Klägerin mit Ablauf des 28. Februar 2021 oder aufgrund einer fristlosen Kündigung der Beklagten vom 12. Februar 2021 aufgelöst wurde sowie eine Nutzungsausfallentschädigung für die entzogene Privatnutzung eines Dienstwagens.
Die am 17. Mai 1988 geborene, verheiratete und zwei Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtete Klägerin war bei der Beklagten, die als Filialistin in Deutschland Hörgeräte und akustisches Zubehör vertreibt, seit dem 01. September 2004 in deren Filiale in Ilmenau zuletzt als Hörakustikmeisterin und Filialleiterin gegen Zahlung einer monatlichen Bruttovergütung i.H.v. 3.344,– EUR beschäftigt.
Wegen des Inhalts des zwischen den Parteien geltenden Arbeitsvertrages vom 20. Mai 2019 wird inhaltlich auf Bl. 7 – 13 d. A. Bezug genommen. Unter dem 25. Mai 2019 schlossen die Parteien ferner die aus Bl. 18 d. A. ersichtliche Zusatzvereinbarung zum Anstellungsvertrag, nach der die Klägerin berechtigt war, den ihr überlassenen Dienstwagen auch privat zu nutzen. Für die private Nutzung wurde ein Prozent des Bruttolistenpreises nämlich 284,– EUR brutto monatlich versteuert.
Mit Schreiben vom 26. August 2020 kündigte die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis zum 28. Februar 2021, da sie sich in unmittelbarer Nähe zum Fachgeschäft der Beklagten mit einer Kollegin, die zuvor ebenfalls bei der Beklagten beschäftigt gewesen war, selbständig machen wollte. Anfang Februar 2021 hängte sie Werbung in das Schaufenster des von ihr angemieteten Geschäfts, um für die bevorstehende Eröffnung ab dem 01. März 2021 zu werben, was die Beklagte ausdrücklich nicht beanstandet.
Zum gleichen Zeitpunkt meldete sich die Klägerin arbeitsunfähig krank. Die Klägerin war unstreitig bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Beklagten von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt.
Mit Schreiben vom 03. Februar 2021 forderte die Beklagte die Klägerin auf, den Dienstwagen am 11. Februar 2021 zurückzugeben, was die Klägerin wie gefordert tat.
Mit Schreiben vom 12. Februar 2021, der Klägerin am 16. Februar 2021 zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos.
Mit der vorliegenden am 24. Februar 2021 bei Gericht eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen diese Kündigung und bestreitet das Vorliegen eines wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung. Ebenso rügt sie die Einhaltung der Kündigungserklärungsfrist gemäß § 626 Abs. 2 BGB.
Die Klägerin bestreitet, noch während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses Kunden der Beklagten aktiv angebrochen zu haben. Sie habe sich lediglich von den von ihr teilweise langjährig betreuten Kunden verabschiedet und nur auf deren Bitte ihre Telefonnummer, unter der sie ab dem 01. März 2021 zu erreichen sei, aufgeschrieben oder die aus Bl. 38 d. A. ersichtliche Visitenkarte übergeben. Ihr seien keine wettbewerbswidrigen Handlungen vorzuwerfen. Darüber hinaus werde bestritten, dass der Bezirksleiterin der Kündigungssachverhalt erst am 10. Februar 2021 bekannt geworden sein soll.
Da die Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, der Klägerin die Privatnutzung des Dienstfahrwagens vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 28. Februar 2021 zu entziehen, schulde sie der Klägerin eine Nutzungsausfallentschädigung für 16 Tage (ab dem 13. Februar 2021 bis zum 28. Februar 2021).
Die Klägerin beantragt:
1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentlich fristlose Kündigung vom 12.02.2021, der Klägerin zugegangen am 16.02.2021, nicht aufgelöst wurde, sondern erst mit Ablauf des 28.02.2021 endet.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 162,24 EUR brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, die Klägerin habe aktiv Kunden abgeworben und ist der Auffassung, dass dieses ohne eine vorherige Abmahnung eine außerordentliche Kündigung rechtfertige. Die Klägerin habe die Grenzen der erlaubten Vorbereitungshandlungen einer Selbständigkeit bei weitem überschritten. Angesichts der Schwere ihres Verstoßes könne eine Interessenabwägung zu keinem anderen Ergebnis führen, als dass die Kündigung gerechtfertigt sei, zumal die Klägerin bei einem Verbleib im Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiterhin eine Plattform für ihre pflichtwidrigen Aktivitäten bei der Beklagten gehabt habe.
Am 10. Februar 2021 habe eine Kundin der Beklagten einer Mitarbeiterin der Beklagten in einem Telefonat mitgeteilt, dass die Klägerin ihr mitgeteilt habe, sie werde sich in einem eigenen Geschäft selbständig machen und eine weitere ehemalige Mitarbeiterin der Beklagten werde bei ihr in ihrem neuen Geschäft arbeiten. Die Kundin solle ihre Testgeräte dann Ende Februar an die Beklagte zurückgeben, um bei ihr im neuen Laden ab März Geräte neu zu testen und zu kaufen. Ferner habe die Klägerin für einen von ihr betreuten Kunden der Beklagten entgegen der Absprache mit diesem Testhörgeräte nicht bestellt. Eine andere Mitarbeiterin der Beklagten habe sie sich zum vereinbarten Termin zu dem Kunden und seiner Ehefrau begeben, die überrascht gewesen seien, als diese erschien sei. Dieser Mitarbeiterin habe die Ehefrau mitgeteilt, dass man eigentlich davon ausgegangen sei, dass sie nur die vorhandenen Geräte abholen würde. Man habe sich eigentlich schon dazu entschlossen, der Klägerin in ihr neues Geschäft, von dem die Klägerin mehrfach erzählt habe, zu folgen und wolle keine Geräte bei der Beklagten mehr testen. Nach der Kündigung, Anfang Mai 2021, sei darüber hinaus ein Kunde zu einem Termin im Geschäft der Beklagten erschienen. Im Serviceheft dieses Kunden habe die Visitenkarte der Klägerin gelegen. Diese Visitenkarte habe er im Januar 2021 im Geschäft der Beklagten von der Klägerin erhalten. Er habe bekundet, dass auch andere Kunden bei Besuchen im Geschäft der Beklagten von der Klägerin derartige Visitenkarten bekommen haben.
Da das Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung der Beklagten beendet worden sei, habe der Klägerin die private Nutzung des Dienstwagens auch nicht mehr zugestanden.
Entscheidungsgründe
1. Die zulässige und rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist des § 4 KSchG bei Gericht eingegangene Klage ist begründet. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist nicht aufgrund der außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 12. Februar 2021 mit ihrem Zugang am 16. Februar 2021 aufgelöst worden, sondern hat erst aufgrund der Eigenkündigung der Klägerin mit Ablauf des 28. Februar 2021 sein Ende gefunden. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB für diese Kündigung lag nicht vor.
Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Dabei vollzieht sich die erforderliche Prüfung, ob ein gegebener Lebenssachverhalt einen wichtigen Grund in diesem Sinne darstellt, zweistufig. Zunächst ist zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls als wichtiger Kündigungsgrund an sich geeignet ist. Ist dieses der Fall, bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (BAG, Urteil vom 10.12.2009, Az.: 2 AZR 534/08, juris).
Die Beklagte wirft der Klägerin eine Konkurrenztätigkeit während des noch bestehenden Arbeitsverhältnisses vor. Grundsätzlich verletzt eine Arbeitnehmerin ihre Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers aus § 241 Abs. 2 BGB erheblich, wenn sie während des bestehenden Arbeitsverhältnisses eine Konkurrenztätigkeit ausübt.
Während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ist einem Arbeitnehmer grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt. Der Arbeitnehmer darf im Marktbereich seines Arbeitgebers Dienste und Leistungen nicht Dritten anbieten. Dem Arbeitgeber soll dieser Bereich uneingeschränkt und ohne die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung durch den Arbeitnehmer offenstehen. Allerdings darf er, wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot wie vorliegend nach § 174 HGB nicht vereinbart ist, schon vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Zeit nach seinem Ausscheiden die Gründung eines eigenen Unternehmens oder den Wechsel zu einem Konkurrenzunternehmen vorbereiten. Verboten ist lediglich die Aufnahme einer werbenden Tätigkeit, z. B. durch Vermittlung von Konkurrenzgeschäften oder aktives Abwerben von Kunden. Bloße Vorbereitungshandlungen, die in die Interessen des Arbeitgebers nicht unmittelbar eingreifen, erfüllen diese Voraussetzungen nicht.
Zu Gunsten der Beklagten kann vorliegend unterstellt werden, die Klägerin habe in der von der Beklagten beschriebenen Form aktiv Kunden versucht abzuwerben. Gleichwohl ist unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen der Parteien eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses um weitere zwölf Kalendertage bis zu seinem Ende aufgrund der Eigenkündigung der Klägerin zumutbar.
Geht es um die Beurteilung rechtswidrigen schuldhaften Verhaltens einer Arbeitnehmerin, sind stets die beanstandungsfreie Dauer des Arbeitsverhältnisses, das Gewicht und die nachteiligen Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung sowie eine mögliche Wiederholungsgefahr und der Grad des Verschuldens der Arbeitnehmerin zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 28. Januar 2010, 2 AZR 1008/08). Vorliegend überwiegen die Interessen der Klägerin den Interessen der Beklagten, das Arbeitsverhältnis zwölf Tage vor dem ohnehin feststehenden Ende aufzulösen, da das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien offensichtlich mehr als 16 Jahre beanstandungsfrei bestand, andernfalls wäre die Klägerin wohl nicht als Filialleiterin eingesetzt worden. Darüber hinaus stellt eine außerordentliche Kündigung grundsätzlich keine Sanktion dar, sondern dient nur dazu einer möglichen Wiederholungsgefahr entgegenzuwirken. Hierauf stellt die Beklagte auch gerade ab, indem sie ausführt, der Klägerin solle die Plattform für ein entsprechendes Verhalten entzogen werden. Diese „Plattform“ wurde der Klägerin jedoch bereits aufgrund der unstreitig erklärten Freistellung entzogen.
Abgesehen davon kommt eine außerordentliche Kündigung nur in Betracht, wenn alle anderen, nach den jeweiligen Umständen möglichen und angemessenen milderen Mittel erschöpft sind, das in der bisherigen Form nicht mehr haltbare Arbeitsverhältnis fortzusetzen.
Als milderes Mittel gegenüber der außerordentlichen Kündigung wird insbesondere der Ausspruch einer Abmahnung angesehen. Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt das so genannte Prognoseprinzip. Zweck ist wie bereits ausgeführt die Vermeidung des Risikos weiterer Pflichtverletzungen. Eine begangene Pflichtverletzung muss sich deshalb noch in der Zukunft belastend auswirken (BAG, Urteil vom 26.06.2008, Az.: 2 AZR 190/ 07, juris).
Beruht eine Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten der Arbeitnehmerin, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ihr künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Ordentliche und außerordentliche Kündigungen wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus.
Es kann auch nicht ohne weiteres angenommen werden, dass die Kündigungsrelevanz eines Abwerbegesprächs der Klägerin erkennbar war. Die Abgrenzung zwischen erlaubter Vorbereitung einer späteren Selbständigkeit und unerlaubter Konkurrenz ist fließend, sowohl was die rechtliche Einordnung als auch was die tatsächliche Entwicklung angeht.
2. Da die fristlose Kündigung der Beklagten das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis nicht vor dem 28. Februar 2021 aufgelöst hat, hatte die Klägerin nach der zwischen den Parteien getroffenen Abrede einen Anspruch auf weitere Privatnutzung des Dienstwagens bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Beklagte ist ihrer Vertragspflicht, der Klägerin die Nutzung des Dienstwagens zu Privatzwecken weiter zu ermöglichen, nicht nachgekommen und die Leistung ist wegen des Zeitablaufs unmöglich geworden, deshalb hat die Klägerin nach der bereits in der Klage zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gem. § 280 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 283 S. 1 BGB einen Anspruch auf Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens.
Nach § 249 Abs. 1 BGB hat derjenige, der zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger gemäß § 251 Abs. 1 BGB in Geld zu entschädigen. Der Schadensersatz wegen Nichterfüllung richtet sich auf das positive Interesse. Demgemäß ist die Klägerin so zu stellen, wie sie stehen würde, wenn die Beklagte den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt hätte. Zur Berechnung ihrer Nutzungsausfallentschädigung ist die steuerliche Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit mit monatlich ein Prozent des Listenpreises anerkannt. Damit hat die Klägerin Anspruch auf eine kalendertägliche Nutzungsausfallentschädigung bei 28 Kalendertagen im Monat Februar 2021 in Höhe von 10,14 EUR für die noch verbleibenden 16 Tage seit dem Entzug der Nutzungsmöglichkeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, mithin auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 164,24 EUR.
Da die Beklagte im vorliegenden Rechtstreit unterlegen ist, hat sie gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 ZPO die Kosten des Rechtstreites zu tragen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. den §§ 42 Abs. 2 S. 1 GKG, 3 ff. ZPO.