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Fristlose Kündigung wegen Postings in sozialen Medien

Ein Redakteur der Deutschen Welle wurde wegen antisemitischer Äußerungen in sozialen Medien entlassen. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg bestätigte die Kündigung, da die Äußerungen das Ansehen des Senders schädigten und die Meinungsfreiheit nicht uneingeschränkt gilt. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Grenzen der Meinungsfreiheit und die Verantwortung von Journalisten in der Öffentlichkeit.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Kläger, ein Redakteur bei einem öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, stritt über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses aufgrund seiner Äußerungen in sozialen Medien, die von der Beklagten als antisemitisch interpretiert wurden.
  • Die Beklagte, die für sorgfältige und wahrheitsgemäße Berichterstattung bekannt ist, argumentierte, dass die Äußerungen des Klägers gegen die Unternehmensrichtlinien und deren Grundhaltung, insbesondere das Existenzrecht Israels, verstoßen.
  • Das ursprüngliche Gerichtsurteil gab der Kündigungsschutzklage des Klägers statt, da es die Vorwürfe als von der Meinungsfreiheit gedeckt betrachtete und meinte, eine Abmahnung wäre das angemessene Mittel gewesen.
  • Das Berufungsgericht sah hingegen in den Äußerungen eine schwerwiegende Verletzung der Loyalitätspflichten, insbesondere da die Beiträge öffentlich zugänglich waren und die Beklagte mit dem Kläger in Verbindung gebracht werden konnte.
  • Das Gericht hob hervor, dass die Beanspruchung der Meinungsfreiheit hier von der Notwendigkeit der Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers überwogen wurde, da die Beklagte als deutsches Auslandsmedium besonders auf das Einhalten ihrer Wertvorstellungen achtet.
  • Die Kündigung wurde als wirksam anerkannt und aufrechterhalten, da die Beiträge eine andauernde Gefahr für den Ruf der Beklagten darstellten.
  • Die Beklagte handelte rechtmäßig, da sie zeitnah nach Bekanntwerden der vollständigen Tatsachen entschieden hatte.
  • Das Urteil hat weitreichende Implikationen für die Erwartungen an Mitarbeitende, besonders in öffentlichen Rundfunkanstalten, ihre persönliche Meinungsäußerung mit den Interessen des Arbeitgebers in Einklang zu bringen.
  • Die Entscheidung sendet ein starkes Signal bezüglich der Grenzen der Meinungsfreiheit am Arbeitsplatz und betont die Bedeutung der Einhaltung der Unternehmensrichtlinien.

Fristlose Kündigung: Auswirkungen von Online-Äußerungen auf den Job

Die Fristlose Kündigung ist eine der gravierendsten Maßnahmen, die Arbeitgeber im Rahmen des Arbeitsrechts ergreifen können. Sie erfolgt meist aufgrund schwerwiegender Verstöße gegen den Arbeitsvertrag, die das vertrauensvolle Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig beschädigen. In einer Zeit, in der soziale Medien eine immer größere Rolle in der Mitarbeiterkommunikation spielen, können Online-Äußerungen schnell zu Kündigungsgründen werden, insbesondere wenn diese mit negativer Publicity oder Rufschädigung für das Unternehmen verbunden sind.

Die Einhaltung von Netzwerkrichtlinien und eines Verhaltenskodex ist daher für Arbeitnehmer von großer Bedeutung. Verstöße gegen diese Richtlinien, sei es durch kritische Postings auf Bewertungsportalen oder unangemessene Äußerungen, können zu Disziplinarmaßnahmen führen, die bis zur fristlosen Kündigung reichen. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die rechtlichen Konsequenzen solcher Online-Aktivitäten und die damit verbundenen Herausforderungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber verdeutlicht.

Der Fall vor Gericht


Landesarbeitsgericht bestätigt Kündigung eines Deutsche-Welle-Redakteurs wegen antisemitischer Äußerungen

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat die Kündigung eines gehobenen Redakteurs der Deutschen Welle nach antisemitischen und israelfeindlichen Äußerungen in sozialen Medien für rechtmäßig erklärt.

Fristlose Kündigung wegen antisemitischer Äußerungen
Die fristlose Kündigung eines Redakteurs der Deutschen Welle wegen antisemitischer Äußerungen in sozialen Medien wurde vom Gericht als rechtmäßig erklärt. (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Die Richter gaben damit der Berufung der Deutschen Welle gegen das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Berlin statt.

Schwerwiegende Verletzung der Pflichten als Tendenzträger

Der 49-jährige Redakteur hatte zwischen 2014 und 2019 mehrere Beiträge auf Twitter und Facebook veröffentlicht, die nach Auffassung des Gerichts klar antisemitische Inhalte aufwiesen und das Existenzrecht Israels in Frage stellten. So bezeichnete er Israel als „Terrorstaat“ und verwendete wiederholt die Begriffe „jüdische Lobby“ und „zionistische Lobby“ im Zusammenhang mit angeblicher Kontrolle über Medien und Gesetzgebung. Diese Äußerungen stellten nach Ansicht der Richter eine schwerwiegende Verletzung seiner Pflichten als Tendenzträger dar.

Besondere Verantwortung als Deutsche-Welle-Redakteur

Das Gericht betonte die besondere Rolle der Deutschen Welle als deutsches Auslandsmedium. Die Beklagte stellt das Existenzrecht Israels nicht in Frage und setzt sich gegen jede Form von Antisemitismus ein. Diese grundsätzlichen Zielsetzungen müssen einem gehobenen Redakteur bekannt sein – auch ohne schriftlich verfasste Richtlinien. Als Tendenzträger oblag es dem Kläger in besonderem Maße, auf diese Grundsätze sowohl bei seiner Arbeitsleistung als auch im außerdienstlichen Bereich Rücksicht zu nehmen.

Keine Deckung durch Meinungsfreiheit

Die Äußerungen des Redakteurs waren nach Auffassung des Gerichts nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Zwar sei diese ein hohes Gut, müsse aber mit anderen Grundrechten in Einklang gebracht werden. Die Deutsche Welle könne sich auf ihre Rundfunkfreiheit berufen und habe das Recht, von ihren Tendenzträgern die Beachtung ihrer Grundsätze zu verlangen. Der Kläger sei verpflichtet gewesen, alles zu vermeiden, was auch nur den Anschein von Antisemitismus hervorrufen und mit der Deutschen Welle in Verbindung gebracht werden könnte.

Rechtmäßigkeit der fristlosen Kündigung

Die fristlose Kündigung war nach Ansicht des Gerichts gerechtfertigt, auch wenn die Äußerungen vor Beginn des Arbeitsverhältnisses erfolgten. Entscheidend war, dass die Beiträge bis Anfang 2022 öffentlich einsehbar blieben und damit auch während des Arbeitsverhältnisses eine Gefahr für den Ruf der Deutschen Welle darstellten. Eine vorherige Abmahnung war aufgrund der Schwere der Verstöße nicht erforderlich. Auch die Teil-Löschung der Beiträge und eine schriftliche Stellungnahme des Redakteurs, in der er sich zu den Werten der Deutschen Welle bekannte, änderten nichts an der Rechtmäßigkeit der Kündigung.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil stärkt die Position von Arbeitgebern mit besonderen weltanschaulichen oder politischen Zielsetzungen (Tendenzunternehmen) gegenüber ihren Mitarbeitern erheblich. Auch private Äußerungen in sozialen Medien, die den Grundwerten des Arbeitgebers widersprechen, können eine fristlose Kündigung rechtfertigen – selbst wenn sie vor Beginn des Arbeitsverhältnisses getätigt wurden. Das Gericht betont dabei, dass die Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers hinter dem Interesse des Arbeitgebers an der Wahrung seiner grundlegenden Werte zurücktreten muss, wenn dieser aufgrund seiner öffentlichen Rolle besondere Verantwortung trägt.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie in einem Unternehmen mit klaren weltanschaulichen oder politischen Positionen arbeiten, müssen Sie besonders vorsichtig mit öffentlichen Äußerungen in sozialen Medien umgehen. Ihre Meinungsfreiheit ist in diesen Fällen deutlich eingeschränkt – auch bei rein privaten Posts. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Ihre Äußerungen den Grundwerten Ihres Arbeitgebers widersprechen könnten. Prüfen Sie alte Social Media-Beiträge kritisch und löschen Sie problematische Inhalte, da diese auch Jahre später noch als Kündigungsgrund herangezogen werden können. Bei Unternehmen mit besonderer öffentlicher Verantwortung wie Medien oder staatlichen Einrichtungen gelten besonders strenge Maßstäbe für das Verhalten der Mitarbeiter.


Benötigen Sie Hilfe?

Die rechtliche Bewertung von Social Media-Aktivitäten im Arbeitskontext erfordert eine sorgfältige Einzelfallprüfung – besonders wenn Sie in einem Tendenzunternehmen tätig sind. Unsere erfahrenen Anwälte analysieren Ihre individuelle Situation und entwickeln präventive Strategien zum Schutz Ihrer beruflichen Zukunft. In einem persönlichen Gespräch können wir gemeinsam evaluieren, wie sich das aktuelle Urteil auf Ihre spezifische Situation auswirkt. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was macht eine fristlose Kündigung rechtlich wirksam?

Eine fristlose Kündigung ist nach § 626 BGB nur wirksam, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der es dem Kündigenden unzumutbar macht, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen.

Formelle Voraussetzungen

Die fristlose Kündigung muss zwingend schriftlich erfolgen und eigenhändig unterschrieben sein. Sie muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen ausgesprochen werden. Bei einer Arbeitgeberkündigung ist zudem die vorherige Anhörung des Betriebsrats erforderlich, sofern einer existiert.

Wichtige Gründe

Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn Tatsachen gegeben sind, die unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien die sofortige Beendigung rechtfertigen. Typische Beispiele sind:

  • Schwerwiegende Pflichtverletzungen wie Diebstahl oder Betrug
  • Beharrliche Arbeitsverweigerung
  • Gravierende Beleidigungen oder Tätlichkeiten
  • Bei Arbeitnehmerkündigungen: Ausbleibende Lohnzahlungen oder sexuelle Belästigung

Verhältnismäßigkeitsprüfung

Die fristlose Kündigung muss verhältnismäßig sein. Das bedeutet, sie ist nur wirksam, wenn mildere Mittel wie eine Abmahnung oder ordentliche Kündigung nicht ausreichen. Bei erstmaligen Verstößen ist daher in der Regel zunächst eine Abmahnung erforderlich.

Besonderheiten bei Verdachtskündigungen

Bei einer Verdachtskündigung müssen objektiv belegbare Tatsachen vorliegen, die den Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung begründen. Der Arbeitnehmer muss zudem die Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.


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Welche Grenzen hat die private Meinungsäußerung in sozialen Medien für Arbeitnehmer?

Die Meinungsfreiheit gilt grundsätzlich auch im Arbeitsverhältnis und schützt Ihre Äußerungen in sozialen Medien. Allerdings unterliegt dieses Grundrecht wichtigen Einschränkungen durch arbeitsvertragliche Pflichten.

Zulässige Äußerungen

Sie dürfen sich grundsätzlich kritisch zu betrieblichen Verhältnissen äußern und Ihre politischen Auffassungen kundtun, auch wenn diese Ihrem Arbeitgeber oder Kollegen nicht gefallen. Dies gilt besonders für Äußerungen in Ihrem engen persönlichen Umfeld mit Familie und engen Freunden.

Unzulässige Äußerungen

Verboten sind Äußerungen, die:

  • Den Betriebsfrieden ernsthaft und konkret stören
  • Beleidigend oder ehrverletzend gegenüber Vorgesetzten oder Kollegen sind
  • Das Unternehmen herabwürdigen oder dessen Ruf schädigen
  • Geschäftsgeheimnisse preisgeben
  • Straftatbestände wie Volksverhetzung erfüllen

Öffentlichkeit der Äußerungen

Ein Post gilt als öffentlich, wenn:

  • Er mehr als 100 Personen erreichen kann
  • Viele Arbeitskollegen im Empfängerkreis sind
  • Die „Freunde von Freunden“ ihn sehen können

Konsequenzen bei Verstößen

Die Folgen unangemessener Äußerungen können von einer Abmahnung bis zur fristlosen Kündigung reichen. Besonders kritisch sind Beleidigungen des Arbeitgebers (wie „Menschenschinder“ oder „Ausbeuter“) oder diskriminierende Äußerungen über Kollegen. Bei der rechtlichen Bewertung wird stets der Einzelfall betrachtet, wobei Faktoren wie die Schwere der Äußerung, die Reichweite und die bisherige Beschäftigungsdauer eine Rolle spielen.


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Wann ist eine Abmahnung vor einer Kündigung erforderlich?

Eine Abmahnung ist vor einer verhaltensbedingten Kündigung grundsätzlich erforderlich, wenn es sich um steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers handelt. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der im Arbeitsrecht eine zentrale Rolle spielt.

Zweck der Abmahnung

Die Abmahnung dient als Warnschuss und gibt dem Arbeitnehmer die Chance, sein Verhalten zu ändern. Sie erfüllt dabei drei wesentliche Funktionen: Sie dokumentiert das Fehlverhalten, rügt es konkret und warnt vor den Konsequenzen im Wiederholungsfall.

Typische Fälle mit Abmahnungserfordernis

Bei folgenden Verhaltensweisen muss in der Regel eine Abmahnung ausgesprochen werden:

  • Wiederholte Unpünktlichkeit
  • Verspätete Krankmeldungen
  • Missachtung von Arbeitsanweisungen
  • Privates Surfen im Internet während der Arbeitszeit

Ausnahmen von der Abmahnungspflicht

Eine Abmahnung ist nicht erforderlich, wenn:

  • Das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört ist
  • Eine Straftat wie Diebstahl oder Körperverletzung vorliegt
  • Bei besonders schwerwiegenden Pflichtverstößen, die die Vertrauensbasis grundlegend stören

Bei Social-Media-Vergehen kommt es auf die Schwere des Verstoßes an. Bei groben Beleidigungen oder menschenverachtenden Äußerungen kann eine fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt sein. Bei leichteren Verstößen, wie etwa dem bloßen „Liken“ eines kritischen Beitrags, ist hingegen eine Abmahnung erforderlich.

Formelle Anforderungen

Eine wirksame Abmahnung muss:

  • Das konkrete Fehlverhalten mit Datum, Uhrzeit und Ort beschreiben
  • Die verletzte Pflicht aus dem Arbeitsvertrag benennen
  • Eine eindeutige Warnung für den Wiederholungsfall aussprechen
  • In zeitlichem Zusammenhang mit dem Vorfall stehen

Bei leichteren Verstößen sind häufig mehrere Abmahnungen erforderlich, bevor eine Kündigung gerechtfertigt ist. Allerdings gibt es keine feste Regel, wie viele Abmahnungen notwendig sind.


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Welche besonderen Pflichten haben Arbeitnehmer in Medienunternehmen?

Beschäftigte in Medienunternehmen gelten als Tendenzträger und unterliegen damit besonders strengen Treuepflichten gegenüber ihrem Arbeitgeber. Dies gilt insbesondere für Redakteure und andere Mitarbeiter, die unmittelbar auf die Berichterstattung und Meinungsäußerung Einfluss nehmen können.

Erweiterte Loyalitätspflichten

Die Pressefreiheit gewährleistet dem Medienunternehmen das Recht, die inhaltliche Tendenz festzulegen und zu verwirklichen. Mitarbeiter müssen diese Tendenz respektieren und dürfen ihr nicht öffentlich widersprechen. Dies gilt auch für private Äußerungen in sozialen Medien, die dem Arbeitgeber zugerechnet werden könnten.

Besondere Sorgfaltspflichten

Tendenzträger in Medienunternehmen müssen bei öffentlichen Äußerungen besondere Vorsicht walten lassen. Die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers wiegt hier schwerer als in anderen Branchen. Auch private Social-Media-Aktivitäten können arbeitsrechtliche Konsequenzen haben, wenn sie dem Ansehen oder der redaktionellen Linie des Medienunternehmens schaden.

Verschwiegenheit und Neutralität

Medienarbeitnehmer unterliegen einer verschärften Verschwiegenheitspflicht bezüglich interner Vorgänge und redaktioneller Entscheidungsprozesse. Sie müssen zudem in der Öffentlichkeit eine gewisse Neutralität wahren, um die Glaubwürdigkeit des Medienunternehmens nicht zu gefährden. Ein Verstoß gegen diese Pflichten kann eine verhaltensbedingte oder sogar fristlose Kündigung rechtfertigen.


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Wie kann sich ein Arbeitnehmer gegen eine fristlose Kündigung wehren?

Bei einer fristlosen Kündigung können Sie innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Diese Frist ist zwingend einzuhalten, da die Kündigung sonst automatisch als wirksam gilt.

Voraussetzungen für eine erfolgreiche Anfechtung

Eine Kündigungsschutzklage hat gute Erfolgsaussichten, wenn die fristlose Kündigung formale Mängel aufweist oder ungerechtfertigt ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn:

  • Die Kündigung nicht schriftlich erfolgte
  • Der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört wurde
  • Bei Schwerbehinderten keine Zustimmung des Integrationsamts vorlag
  • Kein triftiger Kündigungsgrund nachweisbar ist
  • Im Regelfall keine vorherige Abmahnung erfolgte

Ablauf des Verfahrens

Das Arbeitsgericht prüft bei einer Kündigungsschutzklage in einem zweistufigen Verfahren die Wirksamkeit der Kündigung. Zunächst wird der Sachverhalt untersucht, der zur Kündigung führte. Anschließend erfolgt eine Interessenabwägung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Mögliche positive Folgen

Bei erfolgreicher Kündigungsschutzklage wird die fristlose Kündigung häufig in eine ordentliche Kündigung umgewandelt. Dies bedeutet:

  • Das Arbeitsverhältnis endet erst nach Ablauf der regulären Kündigungsfrist
  • Sie erhalten bis zum Ablauf dieser Frist Ihr volles Gehalt
  • Eine mögliche Sperrzeit beim Arbeitslosengeld entfällt
  • Oft wird eine bezahlte Freistellung bis zum Vertragsende vereinbart

Besonderheiten bei Kleinbetrieben

Auch in Kleinbetrieben, in denen das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt, können Sie gegen eine fristlose Kündigung vorgehen. Der Arbeitgeber muss auch hier einen wichtigen Grund nachweisen und die Zwei-Wochen-Frist für die Kündigungserklärung einhalten.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Antisemitismus

Antisemitismus bezeichnet Feindseligkeit, Vorurteile oder Diskriminierung gegenüber Juden. Im rechtlichen Kontext betrifft dies oft Äußerungen oder Handlungen, die judenfeindlich sind und als solche strafrechtlich relevant sein können. In dem vorliegenden Fall war die Entlassung eines Redakteurs mit antisemitischen Äußerungen in sozialen Medien Gegenstand der Klage. Diese Äußerungen wurden als Verstoß gegen arbeitsrechtliche Pflichten und die Grundsätze der Deutschen Welle bewertet, weshalb die fristlose Kündigung gerechtfertigt war.

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Fristlose Kündigung

Eine fristlose Kündigung beendet ein Arbeitsverhältnis sofort und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Sie ist gerechtfertigt, wenn ein Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten in einem Maß verletzt, das eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht (§ 626 BGB). In diesem Fall sah das Gericht die antisemitischen Äußerungen als so schwerwiegend an, dass eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt war.

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Landesarbeitsgericht

Das Landesarbeitsgericht (LAG) ist eine der Instanzen der Arbeitsgerichtsbarkeit in Deutschland. Es überprüft Entscheidungen der Arbeitsgerichte in zweiter Instanz, also Berufungsinstanz. Im vorliegenden Fall bestätigte das LAG Berlin-Brandenburg die Rechtmäßigkeit der fristlosen Kündigung eines Redakteurs wegen seiner Äußerungen in sozialen Medien.

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Meinungsfreiheit

Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht, das in Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert ist. Es erlaubt jedem, seine Meinung frei zu äußern. Jedoch ist dieses Recht nicht uneingeschränkt und muss im Einklang mit anderen Grundrechten wie der Menschenwürde und dem Schutz der persönlichen Ehre stehen. In diesem Fall entschied das Gericht, dass die Meinungsfreiheit die antisemitischen Äußerungen des Redakteurs nicht decke, da diese das Ansehen der Deutschen Welle schädigten und mit Antisemitismus in Verbindung stehen.

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Tendenzträger

Ein Tendenzträger ist eine Person, die in einem Unternehmen mit grundsätzlicher Ausrichtung, wie etwa einem Medienunternehmen, eine herausgehobene Stellung einnimmt und deren Aufgaben im Rahmen der Tendenzverwirklichung des Unternehmens liegen (§ 118 Betriebsverfassungsgesetz). In diesem Fall war der Redakteur als Tendenzträger verpflichtet, die nicht antisemitische und israelfreundliche Ausrichtung der Deutschen Welle durch sein Verhalten zu unterstützen.

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Rundfunkfreiheit

Die Rundfunkfreiheit wird durch Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert und schützt die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Medien. Diese Freiheit erlaubt es einem Sender, seine redaktionelle Linie zu bestimmen, und schließt das Recht ein, von den Mitarbeitern, insbesondere Tendenzträgern, die Beachtung entsprechender Unternehmensgrundsätze zu verlangen. Die Deutsche Welle berief sich im vorliegenden Fall auf ihre Rundfunkfreiheit, um die Einhaltung ihrer nicht antisemitischen Linie zu gewährleisten.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Deutsche-Welle-Gesetz (§ 5 Absatz 3): Dieses Gesetz regelt die Aufgaben und Pflichten der Deutschen Welle, einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Es legt fest, dass die Berichterstattung umfassend, wahrheitsgetreu und sachlich erfolgen soll, wobei die besondere Verantwortung Deutschlands, insbesondere in Bezug auf den Holocaust, hervorgehoben wird. Im vorliegenden Fall ist die Einhaltung dieser Vorgabe relevant, da die streitigen Äußerungen des Klägers möglicherweise gegen die Verpflichtung zur sachlichen und verantwortungsvollen Berichterstattung verstoßen haben.
  • Grundgesetz (§ 5 Absatz 1): Dieser Paragraph garantiert das Recht auf freie Meinungsäußerung, das auch für Mitarbeiter von Medienunternehmen gilt, solange es nicht gegen geltendes Recht oder die Rechte Dritter verstößt. Die Äußerungen des Klägers zu Israel im Intranet und den sozialen Medien werfen Fragen zur Vereinbarkeit seiner Meinungsäußerungen mit seinem Arbeitsverhältnis bei der Deutschen Welle und den zu beachtenden Richtlinien auf.
  • Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG): Dieses Gesetz soll Diskriminierung aus Gründen wie Rasse oder ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion und Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität verhindern. Da die Kündigung des Klägers möglicherweise auf seinen öffentlichen Äußerungen zu einem sensiblen Thema basiert, erfordert der Fall eine Prüfung, inwieweit das AGG verletzt wurde oder wurde, wenn die Kündigung als diskriminierend wahrgenommen wird.
  • Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Es schützt Arbeitnehmer vor ungerechtfertigten Kündigungen und legt fest, dass eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein muss. Im Fall des Klägers ist zu klären, ob die Kündigung wegen seiner Äußerungen gerechtfertigt war oder nicht und ob die Abläufe und Gründe entsprechend den Anforderungen des KSchG eingehalten wurden.
  • Tarifverträge und Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG): Das BetrVG regelt die Mitbestimmung der Betriebsräte und legt die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer sowie der Arbeitgeber fest. Da die Beklagte einen Personalrat hat, könnte dessen Mitbestimmungsrecht bei arbeitsrechtlichen Entscheidungen wie Kündigungen betroffen sein. Dies ist im Kontext des Konflikts um die Kündigung des Klägers von Bedeutung.

Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg – Az.: 5 Sa 894/23 – Urteil vom 04.04.2024


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