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Fristlose Kündigung wegen privater Nutzung einer Firmenkreditkarte

ArbG Nürnberg – Az.: 11 Ca 8044/13 – Urteil vom 25.06.2014

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 17.12.2013 nicht aufgelöst wurde.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 5.000,– brutto sowie vermögenswirksame Leistungen in Höhe von € 23,52 nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.02.2014 zu bezahlen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Der Streitwert wird festgesetzt auf € 20.023,52.

5. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die beiden Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise erklärten ordentlichen Arbeitgeberkündigung sowie um Lohnansprüche für den Monat Dezember 2013.

Fristlose Kündigung wegen privater Nutzung einer Firmenkreditkarte
Symbolfoto: Von Stokkete /Shutterstock.com

Der Kläger ist bei der Beklagten als Personalleiter seit dem 17.12.2012 tätig. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitsvertrag der beiden Parteien vom 17.12.2012. Der Kläger erzielte bei der Beklagten ein Jahresbruttogehalt in Höhe von 60.000,00 €. Zusätzlich war zwischen dem Kläger und der Beklagten mit Wirkung ab dem 01.07.2013 die Zahlung einer jährlichen Gewinnbeteiligung vereinbart. Die Beklagte hatte dem Kläger aufgrund seiner Stellung im Betrieb und seiner Tätigkeit als Personalleiter Gesamtprokura erteilt. Die Beklagte beschäftigt mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.

Mit Schreiben vom 10.12.2013 erklärte die Beklagte die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 20.12.2013, eingegangen mit Telefax am gleichen Tag beim Arbeitsgericht Nürnberg, Kündigungsschutzklage erhoben.

Der Kläger ist der Auffassung, dass ein Kündigungsgrund nicht gegeben sei. Insbesondere sei die Rückgabe des Dienstfahrzeuges durch den Kläger kein Kündigungsgrund. Soweit die Beklagte dem Kläger vorwerfe, eine Firmenkreditkarte unberechtigterweise verwendet zu haben, so bestreitet der Kläger, dass eine eindeutige und unmissverständliche Vorgabe durch die Beklagte bestanden haben solle, dass diese Firmenkreditkarte lediglich zu dienstlichen Zwecken und nicht auch zu privaten Zwecken benutzt werden dürfe. Es treffe zu, dass der Kläger vier private Buchungen über die Karte vorgenommen habe für die Buchung eines Fluges und eines Hotelurlaubes im September 2013. Die Buchung hätte jedoch nur technisch über das Internet erfolgen können, so dass der Kläger hierfür auf die Firmenkarte zurückgegriffen habe. In gleicher Weise seien auch zwei Barabhebungen im Oktober 2013 erfolgt. Die Ausgaben seien unzweifelhaft privat erfolgt. Der Kläger habe jedoch vor der Buchung von Flug und Hotel mit dem Geschäftsführer der Beklagten gesprochen und darauf hingewiesen, dass seine Karte nicht funktioniere und ob Einverständnis mit einer entsprechenden Nutzung der Firmenkreditkarte bestehe. Der Geschäftsführer … habe mitgeteilt, dass dies möglich sei. Daraufhin habe der Kläger die Buchung vorgenommen und anschließend den Sachverhalt mit … besprochen. Mit … der Personalreferentin und Mitarbeiterin der Lohnbuchhaltung, habe er dann abgestimmt, dass dieser Betrag im Folgezeitraum vom Gehalt des Klägers in Abzug gebracht werde. In gleicher Weise sollte mit den zwei privaten Buchungen und dem Urlaub verfahren werden. Die Beklagte habe dann auch im Rahmen der Abrechnungen für die Monate November und Dezember 2013 Abzüge in Höhe von 1.194,59 € und 585,32 € vorgenommen. Nach Ansicht des Klägers sei es bei der Beklagten nicht unüblich gewesen, dass auch private Ausgaben über die Firmenkreditkarte getätigt worden seien und anschließend eine Verrechnung mit den Gehaltsansprüchen des Folgezeitraums vorgenommen worden sei. Insbesondere bei Mitarbeitern, die im Ausland tätig seien, sei dies so gehandhabt worden. Der Umstand, dass Mitarbeiter der Beklagten auch private Ausgaben über die Kreditkarte vornahmen, sei abgestimmt worden, sowohl mit …, dem Leiter der Buchhaltung, als auch mit … und …. Firmenkreditkarten habe es nicht nur für die Verwaltung einschließlich der Rechtsabteilung und der IT-Abteilung gegeben, sondern auch in anderen Fachbereichen der Beklagten. Da bei der Beklagten kein wirtschaftlicher Schaden entstanden sei und auch die Zustimmung des Geschäftsführers vorgelegen habe, sei ein Kündigungsgrund nicht ersichtlich. Die Beklagte habe dem Kläger das Gehalt für Dezember 2013 in Höhe von 5.000,00 € brutto sowie vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 23,52 € nicht bezahlt. Stattdessen habe die Beklagte dem Kläger eine Abrechnung für Dezember 2013 übermittelt und hierbei eine aus mehreren Gründen unzutreffende und unrichtige und unwirksame Verrechnung vorgenommen.

Der Kläger stellt den Antrag:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 17.12.2013 nicht aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 5.000,00 brutto sowie vermögenswirksame Leistungen in Höhe von € 23,52 nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen gerechtfertigt sei. Dem Kläger hätte nach der Regelung in Ziffer 10.1 des Anstellungsvertrages vom 17.12.2012 ein Dienstfahrzeug zur privaten Nutzung zugestanden. In Erfüllung dieser vertraglichen Verpflichtung habe die Beklagte dem Kläger ein entsprechendes Leasingfahrzeug zur Verfügung gestellt. Der Leasingvertrag sei für die Dauer von 36 Monaten abgeschlossen worden, der Ende April 2016 auslaufe. Als monatliche Leasingrate seien von der Beklagten 458,70 € zu leisten. Mit E-Mail vom 19.11.2013, also nach etwa mehr als vier Monaten der Laufzeit des Leasingvertrages, hätte der Kläger der Beklagten plötzlich mitgeteilt, dass er das Dienstfahrzeug nicht weiter nutzen und an die Beklagte zurückgeben wolle. Die Beklagte habe das Dienstfahrzeug jedoch eigens für den Kläger beschafft und eine anderweitige Verwendung des Dienstfahrzeuges sei weder vorgesehen noch kurzfristig möglich. Der Kläger sei unter anderem in dem Zeitraum 26.11.2013 bis 17.12.2013 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Während seiner Arbeitsunfähigkeit sei der Kläger am 28.11.2013 ohne Vorankündigung im Betrieb der Beklagten erschienen und stellte den ihm überlassenen Dienstwagen ohne Kenntnis der Beklagten dauerhaft in der Tiefgarage der Beklagten ab. Der Kläger hätte die Schlüssel und die Papiere an der Pforte bei … einer Mitarbeiterin der Beklagten, abgegeben. … sei insoweit nicht empfangsberechtigt gewesen. Dieses Verhalten des Klägers hätte den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien widersprochen. Die Beklagte habe dann zur Schadensminimierung den Kläger aufgrund der faktischen Rückgabe des Fahrzeuges mit Schreiben vom 29.11.2013 aufgefordert, auf die Überlassung eines Dienstfahrzeuges förmlich zu verzichten, ohne dass die Beklagte hierfür eine etwaige Nutzungsentschädigung an den Kläger hätte leisten müssen. Die Beklagte habe den Kläger aufgefordert, eine diesbezügliche Klarstellung als Nachtrag zum Anstellungsvertrag zu unterzeichnen. Mit Schreiben vom 05.12.2013, das der Kläger unberechtigterweise im Namen der Beklagten und nicht in seinem Namen auf Firmenpapier der Beklagten verfasst habe, lehnte der Kläger die Unterzeichnung des geforderten Nachtrages zum Anstellungsvertrag ab. In diesem Schreiben hätte der Kläger der Beklagten zu Unrecht eine wissentliche und vorsätzliche Missachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch die zwischenzeitlich erfolgte Umorganisation der Verwaltung vorgeworfen. Eine einseitige und vorzeitige Rückgabe des überlassenen Dienstfahrzeuges durch den Kläger sei nicht rechtmäßig gewesen. Die Beklagte habe durch die vorzeitige Rückgage des Dienstfahrzeuges einen nicht unerheblichen Schaden in Höhe von mindestens 1.834,80 € erlitten. Darüber hinaus habe die Beklagte dem Kläger für seine Tätigkeit eine Firmenkreditkarte zur Verfügung gestellt. Die Firmenkreditkarte hätte dem Kläger ausschließlich zur Bezahlung dienstlicher Aufwendungen zur Verfügung gestanden. Dem Kläger sei es nicht gestattet gewesen, die ihm überlassene Firmenkreditkarte auch zur Bezahlung privater Kosten zu verwenden. Entgegen dieser eindeutigen und unmissverständlichen Vorgabe habe der Kläger im September und Oktober 2013 Privatausgaben über die ihm von der Beklagten überlassene Firmenkreditkarte ohne Einverständnis oder Kenntnis der Beklagten bezahlt. Es hätte sich hierbei um eine Gesamtsumme von 1.740,94 € gehandelt. Es habe sich dabei offensichtlich um Aufwendungen für Privat-Urlaubsreisen des Klägers gehandelt. Dem Kläger sei jedoch nicht gestattet gewesen, Privatausgaben über die Firmenkreditkarte der Beklagten abzurechnen. Auf der Kreditkartenabrechnung für September 2013 vom 07.10.2013 finden sich handschriftliche Vermerke. Diese Vermerke seien von … Personalreferentin der Beklagten, auf Anweisung des Klägers auf der Abrechnung angebracht worden. … sei Personalreferentin und Mitarbeiterin der Lohnbuchhaltung, für die der Kläger mit zuständig und verantwortlich gewesen sei. Aus den handschriftlichen Vermerken ergäbe sich, dass sich der Kläger für die Rückzahlung der Privatausgaben eigenmächtig einen Kredit bei der Beklagten habe einräumen lassen, da er gegenüber … anordnete, dass die Ausgaben in den Folgemonaten mit seiner Vergütung zu verrechnen seien. Auch dies sei durch den Kläger eigenmächtig und ohne Kenntnis und Zustimmung oder Billigung der Beklagten erfolgt. Die Beklagte habe von der Bezahlung der privaten Ausgaben mit der Firmenkreditkarte durch den Kläger erstmals am 06.12.2013 Kenntnis erlangt. Die Beklagte gehe davon aus, dass die Verfehlungen des Klägers so schwerwiegend seien, dass sie eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen würden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen (§ 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

Entscheidungsgründe

Die Kündigung der Beklagten vom 17.12.2013 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien weder außerordentlich fristlos noch hilfsweise ordentlich beendet. Die Kündigungsschutzklage erweist sich daher als begründet. Gleiches gilt für die Lohnzahlungsklage.

I.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Rechtsweg zum Arbeitsgericht eröffnet (§§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a, b ArbGG) und das Arbeitsgericht Nürnberg örtlich zuständig (§ 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 12, 17 ZPO).

II.

Die Kündigung der Beklagten hat das Arbeitsverhältnis der Parteien weder außerordentlich fristlos noch hilfsweise ordentlich beendet. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Auf den Rechtsstreit findet aufgrund der Dauer des Arbeitsverhältnisses und der Anzahl der Beschäftigten im Betrieb das Kündigungsschutzgesetz Anwendung (§§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG). Der Kläger hat innerhalb der 3-Wochenfrist der §§ 4, 7, 13 KSchG Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Nürnberg erhoben.

2. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. An das Vorliegen eines wichtigen Grundes sind strenge Anforderungen zu stellen. Die außerordentliche Kündigung ist nur zulässig, wenn sie das letzte Mittel ist, um das Arbeitsverhältnis vorzeitig zu beenden. Sie greift bei besonders schwerwiegenden Gründen durch und kommt dann in Betracht, wenn alle anderen, nach den jeweiligen Umständen möglichen und angemessenen Mittel erschöpft sind. Dabei sind die für den Einzelfall in Betracht kommenden Umstände abzuwägen. Schwerwiegende Arbeitsvertragsverletzungen wie zum Beispiel vorsätzliche Vermögensschädigungen des Arbeitgebers bzw. Straftaten gegenüber dem Arbeitgeber sind grundsätzlich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abzugeben. Dies gilt auch für weisungswidriges Verhalten, insbesondere, wenn der Arbeitnehmer vorher schon diesbezüglich abgemahnt worden ist.

3. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Nach Überzeugung der erkennenden Kammer hat der Kläger zwar seine Arbeitspflichten verletzt, jedoch nicht so gravierend, dass es der Beklagten unzumutbar wäre, das Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen. Die erkennende Kammer hat sich von folgenden Überlegungen leiten lassen:

a) Hinsichtlich der vorzeitigen Rückgabe des Dienstwagens kann die erkennende Kammer aufgrund des bisherigen Sachverhaltes keine Pflichtverletzung bzw. zumindestens keine schwere Arbeitspflichtverletzung erkennen. Zugegebenermaßen haben die beiden Parteien im Arbeitsvertrag vereinbart, dass dem Kläger ein Dienstfahrzeug auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt wird. Hier alleine allerdings schon ableiten zu wollen, dass der Kläger auch verpflichtet wäre, diesen Dienstwagen in Anspruch zu nehmen, sieht die erkennende Kammer aufgrund des bisherigen Sachvortrages nicht. Es mag sein, dass jeweils anlassbezogen vom Arbeitgeber die Benutzung eines Dienstwagens für Dienstzwecke im Rahmen des Arbeitsverhältnisses verlangt werden kann, jedoch nicht eine pauschale Nutzung und Inanspruchnahme des Dienstfahrzeuges auch, wenn es dem Arbeitnehmer arbeitsvertraglich zusteht. Auch die von der Beklagten vorgetragene und behauptete Schädigung durch die vorzeitige Rückgabe kann die erkennende Kammer nicht nachvollziehen. Die Beklagte wäre verpflichtet, die Leasingraten zu zahlen, wenn der Kläger den Dienstwagen in Anspruch nimmt. Gleiches gilt für die vorzeitige Rückgabe. Inwieweit die Rückgabe des Dienstwagens ein Pflichtenverstoß ist, kann die erkennende Kammer aufgrund des derzeitigen Sachvortrages schwerlich beurteilen. Die Beklagte trägt zwar vor, dass … nicht befugt gewesen sein soll, obwohl dies dem Kläger bekannt gewesen sein müsse. Wer allerdings für die Rücknahme zuständig gewesen sein soll, trägt die Beklagte auch nicht vor. Offensichtlich gibt es hinsichtlich der Überlassung des Dienstwagens keine weitere Vereinbarung als die, die im Arbeitsvertrag vorgesehen ist. Dort ist die Rückgabe des Kfz allerdings nicht geregelt. Wenn man die Rückgabe an … als Pflichtenverstoß sehen möchte, so kann dies lediglich als geringfügiger Verstoß angesehen werden.

b) Die private Nutzung der Kreditkarte durch den Kläger kann dann als erhebliche Pflichtverletzung angesehen werden, wenn der Sachvortrag der Beklagten zutreffend ist, dass der Kläger weder eine ausdrückliche Genehmigung noch sich eine Erlaubnis für die private Nutzung eingeholt hat. Zwischen den beiden Parteien war streitig, inwieweit der Kläger sich vor der Nutzung die ausdrückliche Erlaubnis des Geschäftsführers eingeholt hat. Diesbezüglich hätte eine Beweisaufnahme stattfinden müssen. Die erkennende Kammer hat, nachdem ihrer Meinung nach Entscheidungsreife vorlag, zugunsten des Arbeitgebers als wahr unterstellt, dass der Kläger keine ausdrückliche Erlaubnis für die Benutzung der Firmenkreditkarte eingeholt hat

Die Beklagte hatte zunächst vorgetragen, gegenüber dem Kläger sei die ausdrückliche Weisung ergangen, dass er die Firmenkreditkarte nicht privat nutzen dürfe. Dies hat der Kläger schriftsätzlich ausdrücklich bestritten und die Beklagte aufgefordert, dies näher darzulegen. Die erkennende Kammer hat diesbezüglich im Kammertermin vom 25.06.2014 beim Prozessvertreter der Beklagten nachgefragt, wie die ausdrückliche Weisungslage gewesen sei. Der Prozessvertreter der Beklagten hat diesbezüglich ausgeführt, dass es als Selbstverständlichkeit anzusehen sei, dass dienstlich übergebene Sachen lediglich dienstlich benutzt werden dürften. Dies gelte insbesondere auch für Kreditkarten. Diese Auffassung teilt die erkennende Kammer ebenfalls ausdrücklich. Allerdings wäre, wenn ein entsprechender mündlicher oder schriftlicher Hinweis an den Beschäftigten ergangen wäre, der Pflichtenverstoß gravierender einzustufen. Die erkennende Kammer ging daher davon aus, dass ein ausdrücklicher Hinweis an den Kläger nicht ergangen ist. Anderes hätte substantiiert unter Beweisantritt vorgetragen werden müssen.

Die erkennende Kammer teilt jedoch die Ansicht des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, dass selbstverständlich der Arbeitnehmer, wenn er dienstliche Mittel für private Zwecke in Anspruch nehmen möchte, diesbezüglich ausdrücklich eine Erlaubnis einholen muss. Im streitgegenständlichen Fall hat die Beklagte vorgetragen, dass eine Erlaubnis, so wie vom Kläger vorgetragen, nicht vorliegen würde und den vom Kläger erbrachten Sachvortrag bestritten. Diesbezüglich hätte eine Beweisaufnahme stattfinden müssen. Die Kammer unterstellt jedoch zugunsten der Beklagten an dieser Stelle, dass eine Erlaubnis für die private Nutzung der Kreditkarte nicht vorgelegen hat und unterstellt auch als wahr, dass es nicht betriebsüblich sei, dass die Firmenkreditkarte auch zu privaten Zwecken benutzt werde.

Bei Unterstellung dieses Sachverhaltes erweist sich in der Tat das Handeln des Klägers als arbeitsvertragswidriges Fehlverhalten. Das Fehlverhalten hat jedoch nicht so ein Gewicht, dass eine weitere Beschäftigung des Arbeitnehmers der Beklagten nicht zumutbar wäre.

c) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalles unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (BAG vom 10.06.2010 – 2 AZR 541/09 in NZA 2010, 1227). Eine außerordentliche Kündigung kommt nur dann in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (BAG vom 16.12.2010 – 2 AZR 485/08 in NZA 2011, 571). Einer Abmahnung bedarf es in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (BAG vom 10.06.2010 – 2 AZR 541/09, a.a.O.). Dies gilt auch bei Störungen im Vertrauensbereich (BAG vom 12.05.2010 – 2 AZR 845/08 in EzA BGB 2002 § 626 Nr. 31).

Im vorliegenden Fall war zu berücksichtigen, dass der Kläger die Privatnutzung offensichtlich unverzüglich, insbesondere vor Entdeckung durch den Arbeitgeber, in der Verwaltung angezeigt hat und die Privatnutzung in der Verwaltung ordnungsgemäß erfasst worden ist und verbucht wurde, so dass ein heimliches Handeln des Klägers nicht ersichtlich ist. Auch eine Vermögensschädigung, zumindestens in einem solchen Maße, dass man von einer erheblichen Pflichtenverletzung reden könnte, ist nicht ersichtlich.

Selbstverständlich ist es zutreffend, dass der Kläger als Personalleiter in einer besonderen Vertrauensstellung steht. Der Kläger hatte aufgrund seiner hervorgehobenen Position als Personalleiter und als Inhaber einer umfassenden Prokura die Kreditkarte der Beklagten bekommen. Die erkennende Kammer hält es zumindestens für nicht ausgeschlossen, dass der Kläger die private Nutzung als geduldet angesehen hat, zumindestens im Hinblick darauf, dass er die private Nutzung unverzüglich in der Verwaltung ordnungsgemäß angezeigt hat und diese dokumentiert wurde. Im Hinblick darauf liegt zwar eine Pflichtverletzung vor, allerdings nicht von so einem Gewicht, dass der Beklagten eine Weiterbeschäftigung des Klägers unzumutbar wäre. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger erst eine Betriebszugehörigkeit von einem Jahr aufzuweisen hat, allerdings in diesem Zeitraum offensichtlich auch noch nicht abgemahnt wurde.

Die Kündigung vom 17.12.2013 hat das Arbeitsverhältnis daher nicht außerordentlich fristlos aufgelöst.

4. Auch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Arbeitgeberkündigung ist nach Auffassung der erkennenden Kammer nicht geeignet, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Auch hier gilt, wie oben vorgetragen, der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die erkennende Kammer ist hierbei der Auffassung, dass das Handeln des Klägers mit dem Ausspruch einer Abmahnung ausreichend sanktioniert wäre und im Hinblick auf die Zukunft nicht davon auszugehen ist, dass der Kläger in der gleichen Art und Weise gegen seinen Arbeitsvertrag verstoßen wird. Damit erweist sich auch die ordentliche Kündigung als unverhältnismäßig.

Die Kündigungsschutzklage erwies sich als begründet.

5. Auch der Zahlungsantrag für den Monat Dezember 2013 erweist sich als begründet. Bis zum Ausspruch der Kündigung hat der Kläger Anspruch auf Bezahlung entsprechend seiner erbrachten Arbeitsleistung bzw. für Zeiten seiner Erkrankung ergibt sich der Anspruch aus der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 EFZG). Ab dem 17.12.2013 ergibt sich der Anspruch des Klägers aus Annahmeverzugsgesichtspunkten. Wie oben dargestellt, hat die außerordentliche fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst. Der Kläger hat daher gemäß § 615 BGB Anspruch auf Zahlung von Annahmeverzugslohn.

Für den Kalendermonat Dezember 2013 hat der Kläger Anspruch auf Bezahlung des vertragsgemäßen Bruttomonatslohnes in Höhe von 5.000,00 € brutto sowie die vereinbarten vermögenswirksamen Leistungen.

Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Zinsen ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1 Satz 2, 288 BGB. Soweit die Beklagte hiervon Abzüge machen möchte, hat sie dies im Prozess weder näher dargelegt noch dargelegt, dass es hier Aufrechnungs- bzw. Verrechnungstatbestände gibt.

Der Klage war daher ebenfalls insoweit stattzugeben.

III.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen (§ 91 ZPO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO und wird im Hinblick auf die Beschäftigungszeit des Klägers auf einen dreifachen Bruttomonatsverdienst festgesetzt. Darüber hinaus wurde der eingeklagte Zahlungsantrag dazuaddiert.

IV.

Die Voraussetzungen für eine gesonderte Zulassung der Berufung lagen nicht vor (§ 64 Abs. 3 ArbGG). Es verbleibt daher bei der Möglichkeit der Einlegung von Rechtsmitteln entsprechend der beigelegten Rechtsmittelbelehrung.

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