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Fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung – Ausnutzung Vorgesetztenfunktion

Das Arbeitsgericht Rheine hat die fristlose Entlassung eines Verwaltungsleiters wegen sexueller Belästigung bestätigt, der seine Machtposition schamlos ausnutzte. Die entsetzten Mitarbeiterinnen wagten lange kein Wort, doch nun verkündete das Gericht sein klares Urteil: Keine Abmahnung, sondern sofortige Konsequenzen für den Vorgesetzten. In einem Umfeld, das eher einem Albtraum glich, wurde die revolutionäre Entscheidung gerechtfertigt durch den Mut der Zeuginnen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: ArbG Rheine
  • Datum: 22.01.2024
  • Aktenzeichen: 2 Ca 1256/23
  • Verfahrensart: Kündigungsschutzklage im Arbeitsrecht
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht
  • Beteiligte Parteien:
    • Kläger: Ein seit 1998 beschäftigter Arbeitnehmer und allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters, gegen den Vorwürfe der sexuellen Belästigung und Ausnutzung seiner Vorgesetztenfunktion erhoben wurden.
    • Arbeitgeber: Derjenige, der die außerordentlich fristlos ausgesprochene Kündigung ausgesprochen hat.
  • Um was ging es?
    • Sachverhalt: Es geht um die Streitfrage, ob die außerordentlich fristlos ausgesprochene Kündigung des Arbeitnehmers aufgrund von Vorwürfen der sexuellen Belästigung und des Machtmissbrauchs in der Vorgesetztenposition wirksam ist.
    • Kern des Rechtsstreits: Es wird geprüft, ob die Kündigung gerechtfertigt und daher rechtswirksam ist.
  • Was wurde entschieden?
    • Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen.
    • Folgen: Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits und der Streitwert wurde auf EUR 19.050,00 festgesetzt.

Fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung: Ein Fall aus dem Arbeitsrecht

Die Diskussion um fristlose Kündigungen wegen sexueller Belästigung im Kontext missbräuchlicher Vorgesetztenfunktionen berührt zentrale Aspekte des Arbeitsrechts. Dabei spielen Fragen zu Arbeitgeberpflichten sowie dem Recht auf eine sichere Arbeitsumgebung eine wesentliche Rolle.

Aspekte wie Diskriminierung am Arbeitsplatz, Mobbing und präventive Maßnahmen rücken in den Fokus. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der diese Thematik praxisnah beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Gericht bestätigt fristlose Kündigung eines Verwaltungsleiters

Mann in Anzug beugt sich über eine Frau im Büro, unbehagliche Stimmung deutet auf Grenzverletzung hin.
Fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung | Symbolbild: Flux gen.

Das Arbeitsgericht Rheine hat die Fristlose Kündigung eines langjährigen Verwaltungsleiters wegen mehrfacher sexueller Belästigung von Mitarbeiterinnen bestätigt. Der 46-jährige Kläger war seit 1998 bei der beklagten Gemeinde beschäftigt und seit 2010 als Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters tätig.

Systematische Übergriffe durch Führungskraft

Nach Überzeugung des Gerichts hat der Verwaltungsleiter über einen längeren Zeitraum mehrere Mitarbeiterinnen wiederholt körperlich und verbal sexuell belästigt. Er fasste Mitarbeiterinnen gegen deren Willen an Armen, Schultern und Nacken an und ließ erst nach mehrfacher ausdrücklicher Aufforderung von ihnen ab. Zudem machte er regelmäßig anzügliche Bemerkungen, insbesondere über die Körper der Mitarbeiterinnen.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Vorgesetzte seine Machtposition gezielt ausnutzte. So soll er gegenüber einer Mitarbeiterin, die seine Annäherungsversuche zurückwies, geäußert haben: „Stell dich nicht so an, ich bin dein Vorgesetzter, ich kann das auch anordnen.“ In einem anderen Fall drohte er einer Mitarbeiterin mit einem Personalgespräch, nachdem diese sich seine unerwünschten Berührungen verbeten hatte.

Schwerwiegende Pflichtverletzungen im Amt

Besonders schwer wog für das Gericht, dass der Beklagte als Personalverantwortlicher ein stark sexualisiertes Arbeitsumfeld schuf. So lief er mit Arbeitshandschuhen durchs Rathaus, machte anzügliche Gesten auf Brusthöhe und bezeichnete sich als „Mopsbeauftragter“. Über eine Auszubildende äußerte er sich in Gegenwart von Kollegen mit den Worten: „Wenn die mal in der Mittagspause bei mir Hand anlegen würde, wäre ich schnell fertig.“

Die betroffenen Mitarbeiterinnen hatten die Übergriffe aus Angst vor negativen Konsequenzen lange Zeit nicht gemeldet. Erst Ende September 2023 wandten sie sich an den Personalrat, der den Bürgermeister informierte. Nach Anhörung der Beteiligten und des Personalrats sprach die Gemeinde am 18. Oktober 2023 die fristlose Kündigung aus.

Gericht: Kündigung trotz Unkündbarkeit gerechtfertigt

Das Arbeitsgericht bestätigte die Rechtmäßigkeit der außerordentlichen Kündigung. Die nachgewiesenen sexuellen Belästigungen und der Missbrauch der Vorgesetztenposition wögen so schwer, dass sie trotz der langen Betriebszugehörigkeit, des Alters und der eigentlichen Unkündbarkeit des Klägers eine fristlose Kündigung rechtfertigten. Eine vorherige Abmahnung war nach Ansicht des Gerichts aufgrund der Schwere der Pflichtverletzungen nicht erforderlich.

Die Richter stützten ihr Urteil maßgeblich auf die übereinstimmenden Aussagen mehrerer Zeuginnen, die die Übergriffe glaubhaft und detailliert schilderten. Der Einwand des Klägers, es habe sich um einen generell lockeren Umgangston gehandelt, wurde zurückgewiesen. Auch die von ihm behauptete Intrige im Zusammenhang mit einer Beförderungssituation sahen die Richter als widerlegt an.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass sexuelle Belästigung und Machtmissbrauch durch Vorgesetzte im öffentlichen Dienst einen wichtigen Kündigungsgrund darstellen können. Besonders schwerwiegend wird dies bewertet, wenn der Täter eine herausgehobene Position innehat und für Personalangelegenheiten zuständig ist. Die Dokumentation der Vorfälle durch Gespräche und Protokolle sowie die ordnungsgemäße Einbindung der zuständigen Gremien (Personalrat, Gemeinderat) sind für eine rechtswirksame Kündigung essentiell.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Arbeitnehmer müssen Sie wissen, dass Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ein Kündigungsgrund sein kann, der zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen kann – auch bei langjährigen Mitarbeitern in gehobenen Positionen. Der Arbeitgeber muss dabei ein sorgfältiges Verfahren einhalten, bei dem Vorwürfe dokumentiert, Betroffene angehört und alle erforderlichen Gremien eingebunden werden. Wenn Sie selbst von sexueller Belästigung betroffen sind, haben Sie das Recht, sich an Vorgesetzte oder den Personalrat zu wenden. Ihre Aussagen werden ernst genommen und können arbeitsrechtliche Konsequenzen für den Täter haben.

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Schwerwiegende Vorwürfe im beruflichen Umfeld ernst nehmen

In Situationen, in denen das Arbeitsverhältnis durch schwerwiegende, berufsbezogene Übergriffe belastet wird, ist es wichtig, jeden Einzelfall sorgfältig zu beleuchten. Eine differenzierte Analyse der vorliegenden Umstände trägt dazu bei, den eigenen Standpunkt zu verstehen und die möglichen rechtlichen Konsequenzen fundiert einzuschätzen.

Wir unterstützen Sie dabei, den konkreten Sachverhalt objektiv zu erfassen und Ihre Rechte zu wahren. Unsere Beratung basiert auf einer präzisen Analyse individueller Situationen und einer sachlichen Bewertung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Vertrauen Sie auf einen strukturierten Ansatz, der Ihnen eine klare Orientierung in schwierigen, sensiblen Fällen ermöglicht.

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Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Formen der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz rechtfertigen eine fristlose Kündigung?

Eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz stellt eine schwerwiegende Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar und kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Definition der sexuellen Belästigung

Eine sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten die Würde der betroffenen Person verletzt. Dies umfasst:

  • Körperliche Übergriffe: Unerwünschte Berührungen intimer Körperstellen, wie das Anfassen von Brust oder Gesäß
  • Verbale Belästigungen: Anzügliche Bemerkungen oder sexuell motivierte Äußerungen
  • Nonverbale Handlungen: Zeigen pornografischer Darstellungen oder eindeutige Gesten

Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung

Eine fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung ist gerechtfertigt, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

Schwere des Vorfalls: Bei besonders schwerwiegenden Übergriffen wie körperlichen Berührungen im Intimbereich ist eine sofortige fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung möglich.

Vorsätzlichkeit: Wenn die Belästigung vorsätzlich und sexuell motiviert war, rechtfertigt dies in der Regel eine fristlose Kündigung.

Wiederholungsgefahr: Bei wiederholten Vorfällen oder wenn nach einer Abmahnung erneut Belästigungen auftreten, ist eine fristlose Kündigung angemessen.

Besondere Fallkonstellationen

Betriebsveranstaltungen: Auch Vorfälle außerhalb der regulären Arbeitszeit, etwa auf Betriebsfeiern, können eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Der Einwand der Alkoholisierung schützt dabei nicht vor den Konsequenzen.

Auszubildende: Bei sexueller Belästigung von Auszubildenden oder Praktikanten wird besonders streng geurteilt, da hier ein besonderes Schutzbedürfnis besteht.

Langjährige Beschäftigung: Selbst eine lange Betriebszugehörigkeit oder das Alter des Täters schützen nicht vor einer fristlosen Kündigung bei schwerwiegenden Belästigungen.

Der Arbeitgeber ist nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz sogar verpflichtet, wirksame Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung zu ergreifen. In schweren Fällen kann er als ultima ratio zur Kündigung verpflichtet sein, um andere Mitarbeiter zu schützen.


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Welche Beweismittel werden bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz vor Gericht anerkannt?

Bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz werden verschiedene Beweismittel vor Gericht anerkannt, wobei keine gesetzliche Beweispflicht besteht. Das Gericht entscheidet im Einzelfall über die Zulassung und Bewertung der Beweise.

Schriftliche Beweismittel

E-Mails und digitale Kommunikation sind wichtige Beweismittel, die eine sexuelle Belästigung dokumentieren können. Dazu gehören:

  • Chatnachrichten und SMS
  • E-Mail-Korrespondenz
  • Fotos oder Videos mit belästigendem Inhalt

Dokumentation und Aufzeichnungen

Detaillierte Aufzeichnungen über Vorfälle können die Glaubwürdigkeit der Aussagen erhöhen. Diese sollten enthalten:

  • Genaue Beschreibung des Vorfalls
  • Datum und Uhrzeit
  • Ort des Geschehens
  • Beteiligte Personen

Zeugenaussagen

Zeugenaussagen haben besondere Bedeutung im Verfahren. Das Bundesgericht hat entschieden, dass auch ein Bündel übereinstimmender Indizien als Beweis zugelassen werden kann. Zeugen können sein:

  • Kolleginnen und Kollegen, die den Vorfall beobachtet haben
  • Personen, denen sich Betroffene zeitnah anvertraut haben

Beweiswürdigung

Bei der Beweiswürdigung achtet das Gericht besonders auf:

  • Widerspruchsfreie und konsistente Aussagen
  • Glaubwürdigkeit der Zeugen
  • Fehlende Belastungstendenzen in Zeugenaussagen

Dokumentation gegenüber Arbeitgeber

Schriftliche Beschwerden an den Arbeitgeber oder die Beschwerdestelle können ebenfalls als Beweismittel dienen. Eine schriftliche Zurückweisung des belästigenden Verhaltens gegenüber der beschuldigten Person kann die Beweisführung unterstützen.


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Welche Pflichten haben Arbeitgeber beim Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz?

Arbeitgeber haben nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) umfassende Schutzpflichten gegenüber ihren Beschäftigten. Diese Pflichten lassen sich in drei zentrale Bereiche unterteilen:

Präventive Schutzmaßnahmen

Der Arbeitgeber muss aktiv vorbeugende Maßnahmen ergreifen. Dazu gehören:

  • Einrichtung einer Beschwerdestelle gemäß § 13 AGG
  • Durchführung von Schulungen und Fortbildungen für Mitarbeiter
  • Erstellung von Richtlinien zum Verhalten am Arbeitsplatz
  • Information der Beschäftigten über ihre Rechte und Anlaufstellen

Ermittlungs- und Reaktionspflichten bei Verdachtsfällen

Erhält der Arbeitgeber Kenntnis von einem Verdacht auf sexuelle Belästigung, muss er diesem nachgehen. Er ist verpflichtet:

  • Den Sachverhalt sorgfältig aufzuklären
  • Beide Seiten anzuhören
  • Das Ergebnis der Ermittlungen zu dokumentieren
  • Die betroffene Person über das Ergebnis zu informieren

Sanktions- und Schutzmaßnahmen

Bei erwiesenen Fällen sexueller Belästigung muss der Arbeitgeber geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahmen ergreifen. Diese können sein:

  • Abmahnung des Belästigers
  • Versetzung oder Umsetzung
  • Kündigung bei schweren Verstößen
  • Schutzmaßnahmen für die betroffene Person

Versäumt der Arbeitgeber seine Schutzpflichten, macht er sich schadensersatzpflichtig. Betroffene können dann Entschädigungsansprüche nach § 15 AGG geltend machen.

Besondere Fürsorgepflicht

Die Schutzpflicht des Arbeitgebers erstreckt sich nicht nur auf das Bürogebäude, sondern auf alle arbeitsbezogenen Situationen. Dies umfasst auch Dienstreisen, Betriebsfeiern oder digitale Kommunikation. Der Arbeitgeber muss ein Arbeitsumfeld gewährleisten, in dem Beschäftigte ihre Arbeit ohne Belästigungen ausüben können.


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Wie können sich Betroffene gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz rechtlich wehren?

Unmittelbare Handlungsmöglichkeiten

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) bietet Ihnen als Betroffener drei zentrale rechtliche Instrumente:

Das Beschwerderecht ermöglicht es Ihnen, sich bei der zuständigen Stelle im Betrieb über die sexuelle Belästigung zu beschweren. Der Arbeitgeber muss Ihre Beschwerde prüfen und Sie über das Ergebnis informieren.

Das Leistungsverweigerungsrecht können Sie in Anspruch nehmen, wenn der Arbeitgeber keine oder unzureichende Schutzmaßnahmen ergreift. Sie dürfen dann Ihre Arbeit unter Fortzahlung des Gehalts einstellen, bis ein ausreichender Schutz gewährleistet ist.

Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche stehen Ihnen zu, wenn der Arbeitgeber seine Schutzpflichten verletzt hat.

Dokumentation und Beweissicherung

Dokumentieren Sie jeden Vorfall mit den wichtigen Details: Was ist passiert? Wann? Wo? Wer war beteiligt oder hat es beobachtet? Eine sorgfältige Dokumentation stärkt Ihre Position erheblich.

Schutz vor Benachteiligung

Nach einer Beschwerde dürfen Sie keine Nachteile erleiden. Ungerechtfertigte Abmahnungen, Versetzungen oder Kündigungen als Reaktion auf Ihre Beschwerde sind als „Rachemaßnahmen“ unzulässig.

Arbeitgeberpflichten

Der Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, Sie zu schützen und angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Diese können von Abmahnungen über Versetzungen bis hin zur fristlosen Kündigung der belästigenden Person reichen. Bei schwerwiegenden Fällen kann sogar eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt sein.

Strafrechtliche Dimension

Bei schweren Fällen sexueller Belästigung können Sie auch strafrechtliche Schritte einleiten. Nach § 184i StGB ist sexuelle Belästigung strafbar und kann mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe geahndet werden.


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Welche Rolle spielt die Position des Täters bei der rechtlichen Bewertung sexueller Belästigung?

Die Position des Täters hat erheblichen Einfluss auf die rechtliche Bewertung sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Sexuelle Belästigung steht in direktem Zusammenhang mit Machtstrukturen und Abhängigkeitsverhältnissen.

Hierarchische Machtverhältnisse

Bei sexueller Belästigung durch Vorgesetzte liegt eine besonders schwerwiegende Form der Pflichtverletzung vor. Studien zeigen, dass Belästigungen gegen Frauen häufiger im Kontext ungleicher Macht- und Abhängigkeitsbeziehungen stehen und öfter von Vorgesetzten ausgehen (23 Prozent) als bei männlichen Betroffenen (7 Prozent).

Täterprofile und Machtpositionen

Die Täterstruktur zeigt folgende Verteilung:

  • 43% gleichgestellte Kolleg*innen
  • 19% Vorgesetzte
  • 10% unterstellte Personen

Rechtliche Konsequenzen

Bei Belästigungen durch Vorgesetzte greifen besonders strenge arbeitsrechtliche Maßnahmen. Arbeitgeber sind nach § 12 AGG verpflichtet, bei nachgewiesener sexueller Belästigung angemessene Maßnahmen zu ergreifen:

  • Abmahnung
  • Umsetzung
  • Versetzung
  • Kündigung

Die Position des Täters beeinflusst auch die Bewertung der Schwere des Verstoßes. Wenn Vorgesetzte ihre Machtposition ausnutzen, um sexuell zu belästigen, verstößt dies nicht nur gegen arbeitsvertragliche Pflichten, sondern stellt auch einen besonders schweren Vertrauensbruch dar.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Fristlose Kündigung

Eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der üblichen Kündigungsfrist. Sie ist nur bei besonders schwerwiegenden Verstößen zulässig, wenn dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 626 BGB.

Beispiel: Ein Mitarbeiter wird beim Diebstahl erwischt oder begeht schwere sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz.


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Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

Jedes vorsätzliche, sexuell bestimmte Verhalten, das die Würde der betroffenen Person verletzt. Dies umfasst unerwünschte körperliche Berührungen, anzügliche Bemerkungen oder das Zeigen pornografischer Darstellungen. Rechtlich verankert im § 3 Abs. 4 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz).

Beispiel: Unerwünschte Berührungen, anzügliche Kommentare über das Aussehen oder explizit sexuelle Anspielungen.


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Vorgesetztenfunktion

Eine dienstliche Position mit Weisungsbefugnis und besonderer Verantwortung gegenüber unterstellten Mitarbeitern. Sie beinhaltet sowohl Führungsaufgaben als auch eine besondere Fürsorgepflicht. Der Missbrauch dieser Position kann arbeitsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Beispiel: Ein Abteilungsleiter droht mit negativen beruflichen Konsequenzen, wenn seine persönlichen Annäherungsversuche zurückgewiesen werden.


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Unkündbarkeit

Ein besonderer arbeitsrechtlicher Schutzstatus, der die ordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers ausschließt. Dies kann sich aus Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder individuellen Arbeitsverträgen ergeben. Eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund bleibt jedoch möglich. Geregelt in § 34 TVöD für den öffentlichen Dienst.

Beispiel: Ein Mitarbeiter hat nach 15 Jahren im öffentlichen Dienst und Vollendung des 40. Lebensjahres Unkündbarkeit erreicht.


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Personalrat

Ein gesetzlich verankertes Vertretungsorgan der Beschäftigten in Dienststellen des öffentlichen Dienstes. Er vertritt die Interessen der Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber und hat wichtige Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte. Rechtliche Grundlage ist das Personalvertretungsgesetz.

Beispiel: Der Personalrat muss bei Kündigungen angehört werden und kann Stellungnahmen abgeben.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Diese Vorschrift regelt die außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund. Ein solcher Grund liegt vor, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Im vorliegenden Fall wurde dem Kläger eine fristlose Kündigung wegen Vorwürfen sexueller Belästigung und Missbrauchs der Vorgesetztenfunktion ausgesprochen, was den Anwendungsbereich von § 626 BGB betrifft.
  • Kündigungsschutzgesetz (KSchG) § 1: Dieses Gesetz schützt Arbeitnehmer vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen. Eine Kündigung ist demnach nur sozial gerechtfertigt, wenn sie betriebsbedingt, verhaltensbedingt oder personenbedingt ist. Im vorliegenden Fall prüfte das Gericht, ob die Kündigung des Klägers den Anforderungen des KSchG entspricht und ob die sozialrechtlichen Vorgaben eingehalten wurden.
  • Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) § 7: Das AGG verbietet Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, des Geschlechts, der Religion und anderer Merkmale. Insbesondere § 7 schützt Arbeitnehmer vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Die im Fall vorgebrachten Vorwürfe gegen den Kläger bezüglich sexueller Belästigung beziehen sich direkt auf die Regelungen des AGG, die im Rahmen der Kündigungsbewertung berücksichtigt werden müssen.
  • Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) § 102: Dieses Gesetz regelt die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei personellen Angelegenheiten, einschließlich Kündigungen. Der Personalrat wurde im vorliegenden Fall über die beabsichtigte Kündigung informiert und beteiligt, was die Anwendung von § 102 BetrVG erforderlich macht, um sicherzustellen, dass alle gesetzlichen Mitbestimmungsrechte eingehalten wurden.
  • Tarifvertragsgesetz (TVöD-VKA): Der Kläger war nach der Entgeltgruppe TVöD-VKA eingruppiert, was die Anwendung tarifvertraglicher Regelungen erfordert. Diese Regelungen betreffen unter anderem die Bedingungen für Kündigungen, Abfindungen und weitere arbeitsrechtliche Aspekte. Im vorliegenden Fall musste geprüft werden, ob die Kündigung im Einklang mit den Bestimmungen des TVöD-VKA steht.

Das vorliegende Urteil


ArbG Rheine – Az.: 2 Ca 1256/23 – Urteil vom 22.01.2024


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