ArbG Aachen – Az.: 3 Ca 3137/18 – Urteil vom 08.10.2019
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Streitwert: 16.609,- EUR.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung.
Der Beklagte betreibt ein Unternehmen zur Arbeitnehmerüberlassung und beschäftigt mehr als zehn Arbeitnehmer.
Der 1985 geborene Kläger ist beim Beklagten seit dem 15.11.2017 als Kraftfahrer beschäftigt. Bei einem Stundenentgelt von 12,51 EUR brutto erzielte der Kläger bei einer monatlichen Arbeitszeit von 160 Stunden ein Entgelt in Höhe von 2001,61 EUR brutto. Auf den Arbeitsvertrag der Parteien (Bl. 6 ff. d.A.) wird Bezug genommen.
Ob das Arbeitsverhältnis unbelastet war und ob der Kläger schon eine Abmahnung erhalten hatte, ist zwischen den Parteien streitig.
Der Kläger war an die Firma S. GmbH (im Folgenden: S.) verliehen worden. Von der Firma S. wurde der Kläger als Fahrer von Müllfahrzeugen eingesetzt. Er war für die Firma S. dabei jedenfalls am 31.07.2018 und am 06.08.2018 jeweils in B. im Einsatz.
Am 24.08.2018 schrieb Frau C. von der Firma S. dem Beklagten eine E–Mail folgenden Inhalts, auf die Bezug genommen wird (Bl. 41e d.A.):
„Hallo Herr J., Hallo Herr D.
wie eben telefonisch besprochen, eine kurze Schilderung der Sachverhalte:
31.07.2018 – L.
Hr. F.. war Fahrer des Fahrzeuges X.S. 5..
L. / Ecke Hof in B. wurde ihm vom Lader mitgeteilt, er solle stehen bleiben. Bedingt durch die örtlichen Gegebenheiten (enge Straßenecke und zusätzlich Straßenkanalarbeiten) wollte Herr T. die Gelben Säcke zum LKW bringen. Herr F. versuchte trotz der Aufforderung zu warten, zu wenden und rückwärts heran zu fahren. Dabei wurde eine Laterne, die an einer Hauswand befestigt war, herunter gerissen (siehe Foto). Der Vorfall wurde von Herrn F. nirgends gemeldet, weder bei uns, noch beim Geschädigten. Er fuhr weiter. Erst durch die Aufforderung des Geschädigten den Schaden zu begleichen, wurden wir darauf aufmerksam gemacht. Auf meine Nachfrage bekam ich die Antwort, er hätte nichts gemerkt und keinen Hinweis von seinem Kollegen erhalten. (siehe PDF Datei)
06.08.2018 – W. X.
Hr F.. war Führer des Fahrzeugs X.S.
Im W. X. in B. fuhr er an einer Anfallstelle vorbei und es war notwendig, zurück zu fahren. Der Lader, Hr. N., gab ihm den Hinweis weiter vorn zu drehen und dann zurück zu fahren. Statt dem Hinweis zu folgen, setzte Herr F. rückwärts und riss dabei mit dem Unterboden des LKWs eine komplette Verkehrsinsel inclusive Verkehrsschilder weg (siehe Anhang).
Bisher waren stets keine Beschädigungen am Fahrzeug sichtbar. Jeden durch den letzten Unfall entstehen uns voraussichtlich Kosten in Höhe von ca. 6000 EUR.
(…).“
Mit Schreiben vom 24.08.2018 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht. Auf das Kündigungsschreiben wird Bezug genommen (Bl. 12 d.A.).
Mit am 05.09.2018 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage wehrt sich der Kläger gegen diese Kündigung, begehrt Weiterbeschäftigung und mit späteren Klageerweiterungen die Zahlung der jeweiligen monatlichen Vergütung.
Der Kläger trägt vor, das Telefongespräch zwischen Frau C. und Herrn D. habe vor dem 10.08.2018 stattgefunden. Der Kläger habe nicht am 31.07.2018 auf der L. einen Verkehrsunfall verursacht, ein entsprechendes Unfallereignis sei ihm unbekannt. Er habe an dem Tag mit aussteigen müssen, um die Müllsäcke zu holen.
Am 06.08.2018 habe er den geschilderten Schaden nicht bemerkt. Er sei auch nicht darauf hingewiesen worden, dass etwas passiert sei. Es sei nicht verwerflich, die Verantwortung für ein Unfallereignis abzustreiten, das man es nicht bemerkt habe.
Der Kläger beantragt zuletzt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 24.08.2018 weder fristlos noch ordentlich aufgelöst worden ist;
2. Für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) den Beklagten zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Berufskraftfahrer weiterzubeschäftigen;
3. festzustellen, dass die Vertragsstrafenregelung gem. § 14 des geschlossenen Arbeitsvertrags vom 26.10.2017 unwirksam ist;
4. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 4.003,20 EUR brutto abzüglich auf das Jobcenter T. B. übergegangene 1.602,00 EUR netto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit dieses Schriftsatzes zu zahlen;
5. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 4.003,20 EUR brutto abzüglich auf das Jobcenter T. B. übergegangene 1.602,00 EUR netto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit dieses Schriftsatzes zu zahlen;
6. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 8.006,40 EUR brutto abzüglich auf das Jobcenter T. B. übergegangene 3.209,00 EUR netto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit dieses Schriftsatzes zu zahlen;
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, der Kläger habe am 31.07.2018 in B. den in der E-Mail geschilderten Verkehrsunfall verursacht und sei anschließend weiter gefahren.
Am 06.08.2018 habe der Kläger den weiteren in der F.-Mail geschilderten Verkehrsunfall verursacht und auch hier Unfallflucht begangen.
Der Beklagte sei am 24.08.2018 von Frau C. hierauf aufmerksam gemacht worden.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen N. und T.. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 12.09.2018 Bezug genommen. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird ebenfalls auf die vorgenannte Sitzungsniederschrift, die Sitzungsniederschrift vom 25.04.2019, sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hatte keinen Erfolg.
A. Die Kündigungsschutzklage ist unbegründet, weil die fristlose Kündigung vom 24.08.2018 das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst hat.
I. Die Klage ist zwar zulässig und der Kläger hat die Klage fristgemäß nach §§ 13 Abs. 1 S. 2, 4 S. 1 KSchG erhoben.
II. Die fristlose Kündigung hat das Arbeitsverhältnis allerdings aufgelöst.
1. Der Beklagte hat die Kündigungserklärungsfrist nach § 626 Abs. 2 BGB entgegen der Auffassung des Klägers eingehalten.
a) Nach dieser Vorschrift kann die Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt nach § 626 Abs. 2 S. 2 BGB mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt (vgl. hierzu zuletzt ausführlich BAG, Urt. v. 16.07.2015 – 2 AZR 85/15, AP Nr. 255 zu § 626 BGB). Dies ist der Fall, sobald der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und hinreichend vollständige Kenntnis der einschlägigen Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung darüber ermöglicht, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen soll oder nicht. (BAG, Urt. v. 16.07.2015 – 2 AZR 85/15. AP Nr. 255 zu § 626 BGB; BAG, Urt. v. 12.02.2015 – 6 AZR 845/13, AP Nr. 1 zu § 22 BBiG; BAG, Urt. v. 22.11.2012 – 2 AZR 732/11, AP Nr. 241 zu § 626 BGB). Selbst eine grob fahrlässige Unkenntnis setzt die Frist nicht in Gang (BAG, Urt. v. 22.11.2012 – 2 AZR 732/11, AP Nr. 241 zu § 626 BGB). Zu den maßgebenden Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Der Kündigungsberechtigte, der gewisse Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann nach pflichtgemäßem Ermessen weitere Ermittlungen anstellen und dazu auch den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen begänne. Allerdings will die Rechtsprechung auch verhindern, dass der Kündigungsberechtigte den Sinn und Zweck der Ausschlussfrist dadurch umgeht, dass er den Sachverhalt nicht mit dem gebotenen Nachdruck ermittelt und dadurch den Beginn der Ausschlussfrist hinauszögert (ausführlich BAG, Urt. v. 31.03.1993 – 2 AZR 492/92, AP Nr. 32 zu § 626 BGB Ausschlussfrist; BAG, Urt. v. 06.07.1972 – 2 AZR 386/71, AP Nr. 3. zu § 626 BGB Ausschlussfrist).
b) Diese Voraussetzungen sind gewahrt. Der Kläger hat zwar – „ins Blaue hinein“ – vorgetragen, das Gespräch zwischen Frau C. und Herrn D. habe vor dem 10.08.2018 stattgefunden. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger bei diesem Gespräch nicht anwesend war, dürfte diese Vorgehensweise zwar prozessual zulässig sein. Allerdings hat der Kläger gleichzeitig nicht behauptet, dass Herr D. Kündigungsberechtigung hatte und die Erkenntnisse aus dem Telefonat auch bis zum 10.08.2018 an den Beklagten weitergeleitet hat. Daher ist bereits deswegen davon auszugehen, dass der kündigungsberechtigte Beklagte erst durch die (auch) an ihn gerichtete E-Mail vom 24.08.2018 Kenntnis von den Vorfällen erlangt hat. Abgesehen davon ist es wenig wahrscheinlich, dass das Telefongespräch bereits vor dem 10.08.2018 stattfand, weil der Inhalt der E-Mail einen telefonischen Kontakt am selben Tag (dem 24.08.2018) nahelegt („wie eben telefonisch besprochen“).
Es kommt allerdings auch nicht darauf an, wann das Telefongespräch stattfand. Denn der Beklagte konnte nur durch die der E-Mail beigefügten Fotos zuverlässig beurteilen, ob angesichts des Ausmaßes der Schäden eine Fahrerflucht anzunehmen war oder ob der Kläger sich auch nicht vorsätzlich vom Unfallort entfernt haben konnte, weil er z.B. den Unfall gar nicht bemerkt hatte. Der Kläger hat allerdings nicht bestritten, dass die der E-Mail beigefügten Fotos dem Beklagten erst am 24.08.2018 vorlagen. Daher gebot sich auch eine Beweisaufnahme über die Frage, wann das Telefongespräch stattgefunden hatte, nicht. Denn auch hinsichtlich der Obliegenheit, Ermittlungen mit der gebotenen Eile anzustellen, ist darauf zu verweisen, dass der Beklage in der konkreten Situation ohne entsprechende Informationen der Firma S. schlicht nichts ermitteln konnte. Daher begann die Zwei-Wochen-Frist erst, als dem Beklagten die Fotos vorlagen. Dies war am 24.08.2018, dem Tag des Ausspruchs der Kündigung.
2. Es liegt auch ein Kündigungsgrund nach § 626 Abs. 1 BGB vor.
a) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn Tatsachen gegeben sind, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung oder zum Ablauf einer vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
Nach der ständigen Rechtsprechung ist bei der Prüfung einer außerordentlichen Kündigung in zwei Stufen vorzugehen (vgl. etwa BAG, Urt. v. 29.01.1997 – 2 AZR 292/96, AP Nr. 68 zu § 626 BGB). Auf der ersten Stufe ist zu prüfen, ob ein Grund vorliegt, der ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen (BAG, Urt. v. 16.12.2010 – 2 AZR 485/08, NZA 2011, 571 m.w.N.)
Stellt sich heraus, dass ein an sich für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung geeigneter Kündigungsgrund vorliegt, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht (st. Rspr.; BAG, Urt. v. 29.01.1997 – 2 AZR 292/96, AP Nr. 68 zu § 626 BGB; BAG, Urt. v. 27.04.2006 – 2 AZR 386/05, AP Nr. 202 zu § 626 BGB; BAG, Urt. v. 26.03.2009 – 2 AZR 953/07, AP Nr. 220 zu § 626 BGB; BAG, Urt. v. 10.06.2010 – 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227; BAG, Urt. v. 16.12.2010 – 2 AZR 485/08, NZA 2011, 571).
b) Diese Voraussetzungen sind gegeben.
aa) Der Kläger hat dadurch, dass er versucht hat, sich der Verantwortung hinsichtlich der Unfallereignisse vom 31.07.2018 und 06.08.2018 zu entziehen, eine schwere Pflichtverletzung begangen. Diese ist auf der ersten Stufe geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.
(1) Nach der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger sowohl am 31.07.2018 als auch am 06.08.2018 jeweils einen Unfall verursacht hat und dies jedenfalls nicht seinem Vertragsarbeitgeber gemeldet hat.
(a) Hinsichtlich des Unfallereignisses vom 31.07.2018 ist dies mehr als offensichtlich. Der Zeuge T. hat eindeutig ausgesagt, dass der Kläger gefahren ist, dass er, der Zeuge, ausgestiegen sei, um die Gelben Säcke aus den Häusern zu holen und dass er dann den LKW an dem entsprechenden Piepton gehört habe, wie dieser rückwärts gefahren sei. Er hat ferner gehört, dass die Laterne mit einem Klirren kaputt gegangen sei. Auch wenn er diesen Vorgang nicht gesehen hat, hat er dies jedoch ausreichend in sich schlüssig geschildert. Das Vorbringen des Klägers hierzu ist mit der Zeugenaussage nicht in Einklang zu bringen und darüber hinaus in höchstem Maße unwahrscheinlich. Es bestand in der betreffenden Situation kein Grund für den Kläger, seinen Arbeitsplatz zu verlassen. Er war schließlich nicht Lader, sondern Fahrer. Der Kläger hat selbst nicht behauptet, dass sich ein Dritter des Fahrzeugs und des Fahrzeugschlüssels bemächtigt haben könnte, um den LKW rückwärts zu bewegen. Nach der Zeugenaussage kann sich das Fahrzeug ja auch nicht von selbst bewegt haben, da der Zeuge den Piepton, der vor rückwärtsfahrenden LKW warnt, wahrgenommen hatte.
Der Zeuge hat die Vorgänge auch glaubhaft geschildert, er selbst ist glaubwürdig. Der Zeuge konnte Ungenauigkeiten seiner Aussage – etwa, die Lampe habe auf dem Boden gelegen – überzeugend dahingehend korrigieren, die Glasscheiben der Lampe hätten auf dem Boden gelegen. Der Zeuge war auch erkennbar darum bemüht, sich die Ereignisse in Erinnerung zu rufen und verfolgte jedenfalls nicht das Ziel, den Kläger zu belasten. Sonst hätte es nahe gelegen, zu behaupten, er habe den Unfall auch visuell wahrgenommen.
Die diesbezüglichen Behauptungen des Klägers waren dagegen – gelinde gesagt – nicht überzeugend. Wie bereits dargestellt, gab es keinen Grund, sich zu entfernen. Die Behauptung, er habe selbst beim Holen der Säcke geholfen, ist eindeutig eine bloße Schutzbehauptung. Denn es ist sehr plausibel, dass der Kläger angesichts des von ihm verursachten Unfalls den Eindruck erwecken wollte, er sei hierfür nicht verantwortlich, weil er ebenfalls Säcke geholt habe. Dies würde mit der Aussage des Zeugen korrespondieren, dass der Kläger ihm nach dem vom Kläger wahrgenommenen Zurücksetzen mit anschließendem „Klirren“ entgegen kam. Genau dieser Umstand zeigt aber auch, dass der Kläger selbst den Unfall auch wahrgenommen hatte. Legt man wiederum die glaubhafte Aussage des Zeugen zugrunde, wurde er spätestens durch ihn auf den Unfall aufmerksam gemacht.
(b) Im Ergebnis verhält es sich ähnlich mit dem Unfallereignis vom 06.08.2018.
Auch wenn der Zeuge N. erkennbare Schwierigkeiten hatte, zwischen eigenen tatsächlichen Wahrnehmungen und einem möglicherweise unbewusst als plausibel zusammengesetzten Kausalverlauf zu unterscheiden, hat die Kammer – auch im Zusammenhang mit den Aussagen des Klägers im Verlauf der Kammerverhandlung – keinerlei Zweifel daran, dass der Kläger auch am 06.08.2018 einen Unfall verursacht hat, ohne dies zu melden. Nach der Aussage des Zeugen N. und den Einlassungen des Klägers kann nämlich als unstreitig angesehen werden, dass der Kläger über die Verkehrsinsel gefahren ist, beide ausgestiegen sind, der Kläger die Situation fotografisch dokumentiert hat, anschließend die Unfallstelle „aufgeräumt“ hat und sich dann entfernt hat. Streitig ist nur noch, ob die Schilder schon zuvor von einem Dritten umgefahren worden waren. Dies konnte auch der Zeuge nicht eindeutig bekunden.
Auch wenn damit letztlich nicht eindeutig bewiesen werden konnte, dass der Kläger die Schilder auf der Verkehrsinsel umgefahren hatte, weil der Zeuge jedenfalls nicht positiv wusste, dass die Schilder nicht bereits vorher dort lagen, hätte der Kläger dennoch zweifellos den Vorfall seinem Arbeitgeber melden müssen. Er selbst schätzte die wahrgenommenen Schäden ja offensichtlich als von ihm verursacht ein. Sonst gab es keinen Anlass, die Unfallstelle aufzuräumen und fotografisch zu dokumentieren. Insofern hatte der Kläger nach seiner eigenen Vorstellung die Pflicht, den Unfall zu melden. Dieser Pflicht ist er gegenüber seinem Arbeitgeber nicht nachgekommen.
Der Behauptung des Klägers im Rahmen der Kammerverhandlung, er habe den Unfall vom 06.08.2018 gegenüber der Firma S. gemeldet, musste die Kammer nicht nachgehen. Denn sein Sachvortrag ist insoweit in sich widersprüchlich und unbeachtlich. Schriftsätzlich hatte er vorgetragen, insoweit nichts wahrgenommen zu haben und sich damit – in sich schlüssig – verteidigt, wenn er nichts wahrgenommen hätte, könne ihm eine Unfallflucht auch nicht vorgeworfen werden. Wenn er allerdings nun behauptet, den Vorfall gemeldet zu haben, ist dies mit seinem bisherigen Verteidigungsvorbringen nicht in Einklang zu bringen. Der Kläger kann seinen Sachvortrag nicht an die jeweilige prozessuale Lage anpassen.
(2) Er hat mit der unterlassenen Meldung hinsichtlich beider Unfallereignisse versucht, sich seiner persönlichen und finanziellen Verantwortung für die Unfälle zu entziehen. Zugleich hat er in Kauf genommen, dass der Ruf seines Arbeitgebers gegenüber der Firma S. leidet (abgesehen von dem Ansehensverlust der Firma S. bei ihren Auftraggebern). Vor diesem Hintergrund hat die Kammer die wiederholte Unfallflucht nicht anders bewertet als sonstige Straftaten des Arbeitnehmers gegen fremdes Eigentum im bestehenden Arbeitsverhältnis. Dies ist jedenfalls ein an sich geeigneter Grund für eine fristlose Kündigung.
bb) Die Abwägung der Interessen beider Vertragsteile unter Betrachtung der konkreten Umstände des Einzelfalls führt nicht dazu, dass eine fristlose Kündigung hier als unverhältnismäßig angesehen werden könnte.
So ist zu berücksichtigen, dass es sich nicht um einen einmaligen Vorfall handelte, sondern der Kläger vergleichbare Verhaltensweisen im Hinblick auf die Vertuschung eigenen Fehlverhaltens binnen kurzer Zeit zweimal gezeigt hat. Darüber hinaus bestand das Arbeitsverhältnis noch nicht lang, sodass vor diesem Hintergrund auch offen bleiben kann, ob das Arbeitsverhältnis bereits durch eine Abmahnung, der ein nicht vergleichbares Fehlverhalten zugrunde gelegen haben soll, bereits belastet war. Der Kläger ist auch in einem Alter, in welchem er keine Schwierigkeiten haben sollte, auf dem Arbeitsmarkt eine neue Beschäftigung zu finden. Da er weitere Sozialdaten nicht mitgeteilt hat, ist nicht davon auszugehen, dass in die Abwägung einzubeziehende Unterhaltspflichten oder dergleichen bestehen.
Daher war die Kündigungsschutzklage abzuweisen.
B. Der Antrag zu 2) fiel nicht zur Entscheidung an, da er zuletzt nur für den Fall des Obsiegens gestellt war.
C. Der Feststellungsantrag hinsichtlich der Vertragsstrafenregelung im Arbeitsvertrag hatte ebenfalls keinen Erfolg.
Der Antrag ist bereits unzulässig. Es besteht kein Feststellungsinteresse für einen solchen Antrag. Soweit der Kläger meint, er könne die Feststellung verlangen, weil sich die Beklagte eines Anspruchs auf eine Vertragsstrafe berühme, so ist dies in doppelter Hinsicht nicht richtig.
Erstens hat der Kläger nicht konkret vorgetragen, geschweige denn bewiesen, dass die Beklagte tatsächlich eine Vertragsstrafe von ihm verlangt hat. Zweitens hätte der Kläger in diesem Fall eine negative Feststellungsklage erheben können. Dies ist allerdings nicht geschehen. Vielmehr begehrt der Kläger eindeutig (und anders kann auch seine kurze Begründung aus dem Schriftsatz vom 04.01.2019 nicht verstanden werden) die Lösung der abstrakten Rechtsfrage, dass die Vertragsstrafenregelung unwirksam sei. Dies kann jedoch nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein.
Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache (vgl. z.B. BAG, Beschl. v. 04.12.2013 – 7 ABR 7/12, AP Nr. 13 zu § 78 BetrVG 1972). Dabei sind einzelne Rechte und Pflichten ebenso Rechtsverhältnisse wie die Gesamtheit eines einheitlichen Schuldverhältnisses. Kein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO sind dagegen abstrakte Rechtsfragen, bloße Elemente eines Rechtsverhältnisses oder rechtliche Vorfragen (BAG, Beschl. v. 04.12.2013 – 7 ABR 7/12, AP Nr. 13 zu § 78 BetrVG 1972). Die Klärung solcher Fragen liefe darauf hinaus, ein Rechtsgutachten zu erstellen. Das ist den Gerichten verwehrt (BAG, Beschl. v. 18.01.2012 – 7 ABR 73/10, AP Nr. 153 zu § 37 BetrVG 1972; BAG, Beschl. v. 04.12.2013 – 7 ABR 7/12, AP Nr. 13 zu § 78 BetrVG 1972). So hat das Bundesarbeitsgericht auch ausdrücklich entschieden, dass die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts nicht zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann (BAG, Urt. v. 01.07.2009 – 4 AZR 261/08, AP Nr. 14 zu § 4. TVG Verbandsaustritt).
Ebenso verhält es sich hier. Die Feststellung der (Un-) Wirksamkeit einer einzelnen Klausel käme der Erstellung eines Rechtsgutachtens gleich.
Der Antrag war daher abzuweisen.
D. Die Zahlungsklagen sind unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung mit sofortiger Wirkung beendet wurde. Auf die Ausführungen unter A. wird Bezug genommen.
E. Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO. Der Streitwert (§ 61 Abs. 1 ArbGG) resultiert aus § 3. ZPO. Neben einem Quartalsverdienst für die Kündigungsschutzklage und den bezifferten Zahlungsanträgen hat die Kammer 1.000,- EUR für die Feststellungsklage hinsichtlich der Vertragsstrafe in Ansatz gebracht.