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Fristlose Tat- und Verdachtskündigung – Weiterbeschäftigung für Rechtsstreitdauer

Ein Bart in der Pharmaproduktion – eigentlich ein No-Go. Doch als ein Unternehmen deswegen einen Maschinenführer vor die Tür setzte, landete der Fall vor Gericht. Dort wurde schnell klar: So einfach geht Kündigungsschutz in Deutschland nicht.

Übersicht:

Zum vorliegenden Urteil Az.: 3 Sa 515/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
  • Datum: 07.12.2022
  • Aktenzeichen: 3 Sa 515/22
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein seit 2012 bei der Beklagten beschäftigter Maschinenführer, der Bartträger ist und aus gesundheitlichen Gründen nur noch in der Tagschicht arbeitet.
  • Beklagte: Ein Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitern, das pharmazeutische Verpackungskomponenten herstellt und bei dem ein Betriebsrat besteht.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Der Kläger ist Bartträger und muss im Betrieb der Beklagten in der Produktion einen Bartschutz oder eine Astrohaube tragen, um Produktkontaminationen zu vermeiden. Die Beklagte kündigte dem Kläger mit Schreiben vom 22.10.2021 fristlos, hilfsweise fristgerecht, nachdem der Betriebsrat angehört worden war.
  • Kern des Rechtsstreits: Streit über die Wirksamkeit dieser Kündigung (sowohl der fristlosen als auch der hilfsweisen ordentlichen) und über die Pflicht der Beklagten, den Kläger während des Gerichtsverfahrens weiter zu beschäftigen.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen (Az. 9 Ca 2935/21) wurde zurückgewiesen. Das Urteil der Vorinstanz bleibt somit bestehen.
  • Folgen: Die Beklagte muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Das Gericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen.

Der Fall vor Gericht


Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln im Kündigungsstreit

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat in einem Berufungsverfahren entschieden, dass die Kündigung eines Maschinenführers durch seinen Arbeitgeber unwirksam ist.

Pharmafabrik: Vorgesetzter beobachtet Bart beim Maske-Absetzen des Mitarbeiters. Arbeitsrecht, Kündigungsschutz.
Rechtsstreit um fristlose Kündigungsschutz. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Die Entscheidung bestätigt ein früheres Urteil des Arbeitsgerichts Aachen und verpflichtet den Arbeitgeber zur Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters während des laufenden Rechtsstreits.

Hintergrund des Falls: Pharmaunternehmen vs. Maschinenführer

Der Kläger ist seit 2012 als Maschinenführer bei der Beklagten, einem Hersteller pharmazeutischer Verpackungskomponenten, tätig. Das Unternehmen beschäftigt über 1.000 Mitarbeiter und unterhält einen Betriebsrat. Der Kläger, ein Bartträger, arbeitet aus gesundheitlichen Gründen seit Anfang 2020 nur noch in der Tagschicht. Sein Bruttomonatsgehalt beträgt rund 4.000 Euro.

Hygienestandards im Fokus: Bartschutzpflicht in der Produktion

Aufgrund der sensiblen Produktion pharmazeutischer Komponenten gelten im Betrieb der Beklagten strenge Hygienevorschriften. Bartträger müssen in der Produktion einen Bartschutz oder seit April 2021 alternativ eine sogenannte Astrohaube tragen. Diese Maßnahme soll eine Verunreinigung der Produkte durch Barthaare verhindern und die Produktqualität sichern.

Anlass der Kündigung: Mehrere Vorfälle im Oktober 2021

Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers am 22. Oktober 2021 außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich. Zuvor war der Betriebsrat angehört worden. Die Kündigung stützte sich auf drei Vorfälle, die sich am 11. und 12. Oktober 2021 ereignet haben sollen. Der Arbeitgeber sah darin schwerwiegende Pflichtverletzungen.

Vorwurf 1: Missachtung von Anweisungen am 11. Oktober

Am 11. Oktober soll der Kläger Anweisungen seines Vorarbeiters S., mutmaßlich bezüglich des Tragens des vorgeschriebenen Bartschutzes, missachtet haben. Der Arbeitgeber behauptet, der Kläger sei dreimal mündlich ermahnt worden und habe schließlich respektlos geäußert: „es ist mir scheiß egal was du sagst!“. Dies sei in Anwesenheit eines Kollegen geschehen.

Vorwurf 2: Angebliche Bedrohung am 12. Oktober (Vormittag)

Am folgenden Tag, dem 12. Oktober, soll der Kläger laut Arbeitgeberangaben den Vorarbeiter S. bedroht haben. Die genauen Umstände dieser angeblichen Bedrohung wurden im vorliegenden Auszug nicht näher spezifiziert, bildeten aber einen weiteren Pfeiler der Kündigungsbegründung.

Vorwurf 3: Unklare Vorkommnisse am 12. Oktober (Abend)

Schließlich berief sich der Arbeitgeber auf Vorkommnisse an der Privatanschrift des Klägers am Abend des 12. Oktober. Auch hier fehlen im Auszug Details, doch der Arbeitgeber sah offenbar einen Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis und wertete die Ereignisse als kündigungsrelevanten Verstoß.

Entscheidung der ersten Instanz: Arbeitsgericht Aachen weist Kündigung zurück

Das Arbeitsgericht Aachen erklärte die Kündigung in seinem Urteil vom 25. Mai 2022 für unwirksam. Es stellte fest, dass keiner der drei Vorwürfe – weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit – eine außerordentliche oder Ordentliche Kündigung rechtfertigen könne. Das Gericht verurteilte die Beklagte zudem zur Weiterbeschäftigung des Klägers.

Begründung des Arbeitsgerichts: Fehlende Abmahnung entscheidend

Bezüglich des ersten Vorfalls (11.10.) bemängelte das Gericht das Fehlen einer vorherigen Abmahnung. Eine Abmahnung dient dazu, dem Arbeitnehmer sein Fehlverhalten konkret vorzuhalten und ihm die Konsequenzen bei Wiederholung (Kündigung) aufzuzeigen. Sie ist bei steuerbarem Verhalten in der Regel Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung.

Begründung des Arbeitsgerichts: Bedrohungsvorwurf unbegründet

Den Vorwurf der Bedrohung (12.10., Vormittag) sah das Arbeitsgericht selbst auf Basis des Arbeitgebervortrags als unberechtigt an. Es fehlten offenbar ausreichende Anhaltspunkte für eine ernsthafte Bedrohungslage, die eine Kündigung rechtfertigen könnte.

Begründung des Arbeitsgerichts: Kein Bezug zum Arbeitsverhältnis bei privatem Vorfall

Hinsichtlich der Ereignisse an der Privatadresse des Klägers (12.10., Abend) konnte das Gericht keinen zurechenbaren Kausalverlauf feststellen. Es war nicht nachweisbar, dass der Kläger hierdurch arbeitsvertragliche Pflichten verletzt hätte. Privates Verhalten ist nur in Ausnahmefällen kündigungsrelevant.

Berufungsverfahren vor dem LAG Köln: Arbeitgeber hält an Kündigung fest

Der Arbeitgeber legte gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berufung beim LAG Köln ein. Er argumentierte erneut, dass jeder einzelne Vorfall für sich genommen, aber erst recht die Gesamtheit der Ereignisse, die fristlose Kündigung rechtfertige. Die vorherige Abmahnung sei entbehrlich gewesen, da die dreimalige mündliche Ermahnung erfolglos blieb.

Entscheidung des LAG Köln: Berufung erfolglos, Kündigung bleibt unwirksam

Das LAG Köln wies die Berufung des Arbeitgebers mit Urteil vom 7. Dezember 2022 vollumfänglich zurück. Es bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanz. Die Kündigung vom 22. Oktober 2021 ist somit rechtsunwirksam, und das Arbeitsverhältnis besteht fort. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Arbeitgeber.

Zentrale Gründe für die Zurückweisung der Berufung

Das LAG schloss sich im Wesentlichen der Argumentation des Arbeitsgerichts an. Die Notwendigkeit einer Abmahnung für den Vorfall am 11. Oktober wurde bekräftigt. Mündliche Ermahnungen ersetzen in der Regel keine formelle Abmahnung. Der Vorwurf der Bedrohung wurde als nicht ausreichend substantiiert bewertet, und für die privaten Vorfälle fehlte der notwendige Bezug zum Arbeitsverhältnis.

Weiterbeschäftigungsanspruch bestätigt

Mit der Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils bleibt auch die Verpflichtung des Arbeitgebers bestehen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiterzubeschäftigen. Dieser Anspruch ergibt sich aus dem Bestand des Arbeitsverhältnisses und dem Obsiegen des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess in erster Instanz.

Bedeutung für Betroffene

Für Arbeitnehmer

Dieses Urteil unterstreicht den hohen Stellenwert des Kündigungsschutzes in Deutschland. Es zeigt, dass Arbeitgeber auch bei behauptetem Fehlverhalten hohe Hürden für eine fristlose oder ordentliche Kündigung überwinden müssen. Insbesondere das Erfordernis einer vorherigen Abmahnung bei Pflichtverstößen wird betont. Arbeitnehmer können sich darauf verlassen, dass nicht jede Unstimmigkeit sofort zur Kündigung führen darf.

Zudem verdeutlicht die Entscheidung, dass privates Verhalten nur in eng begrenzten Ausnahmefällen arbeitsrechtliche Konsequenzen haben kann. Solange kein direkter negativer Einfluss auf das Arbeitsverhältnis nachweisbar ist, bleibt die Privatsphäre geschützt. Der bestätigte Weiterbeschäftigungsanspruch sichert zudem die wirtschaftliche Existenz während eines oft langwierigen Rechtsstreits.

Für Arbeitgeber

Arbeitgeber müssen bei Kündigungsabsichten sorgfältig prüfen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind. Das Urteil mahnt zur Einhaltung des abgestuften Sanktionssystems: Vor einer Kündigung wegen steuerbaren Verhaltens ist in der Regel eine klare und unmissverständliche Abmahnung erforderlich. Bloße mündliche Ermahnungen reichen oft nicht aus.

Ferner müssen die vorgebrachten Kündigungsgründe substantiiert und nachweisbar sein. Vage Behauptungen oder unklare Sachverhalte tragen eine Kündigung nicht. Insbesondere bei Verdachtskündigungen sind strenge Anforderungen an die Sachverhaltsaufklärung und die Anhörung des Arbeitnehmers zu stellen. Die Entscheidung zeigt die Grenzen der Arbeitgebermacht bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen auf.


Die Schlüsselerkenntnisse

Eine Kündigung aufgrund von Konflikten mit Vorgesetzten erfordert ausreichende Beweise für schwerwiegendes Fehlverhalten und kann nicht nur auf Verdächtigungen basieren. Das Gericht bestätigt, dass vor einer außerordentlichen Kündigung in der Regel eine Abmahnung erfolgen muss und dass ein direkter Zusammenhang zwischen dem vorgeworfenen Fehlverhalten und dem Arbeitsverhältnis nachgewiesen werden muss. Die Quintessenz liegt darin, dass Arbeitgeber auch bei angespannten Arbeitsbeziehungen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit wahren müssen – bloße Meinungsverschiedenheiten oder unbewiesene Verdächtigungen rechtfertigen keine fristlose Kündigung.

Benötigen Sie Hilfe?

Fristlose Kündigung und Ihre arbeitsrechtlichen Hürden

Wer eine fristlose Kündigung erhält, steht häufig vor der Frage, ob das eigene Verhalten wirklich einen so schwerwiegenden Pflichtverstoß darstellt, der diese drastische Maßnahme rechtfertigt. Gerade im Spannungsfeld zwischen betrieblicher Ordnung, individuellen Reaktionen im Arbeitsalltag und privaten Lebensbereichen gelten hohe rechtliche Anforderungen an eine wirksame Kündigung.

In solchen Situationen unterstützt unsere Kanzlei dabei, den konkreten Sachverhalt arbeitsrechtlich einzuordnen und die Erfolgsaussichten eines Vorgehens zu prüfen. Wir begleiten Sie während des gesamten Verfahrens, klären Ihre Rechte und setzen uns für eine tragfähige Lösung ein.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet eine Kündigungsschutzklage und wann ist sie sinnvoll?

Eine Kündigungsschutzklage ist ein gerichtliches Verfahren, das ein Arbeitnehmer nach Erhalt einer Kündigung durch den Arbeitgeber einleiten kann. Das Ziel der Klage ist es, vom Arbeitsgericht feststellen zu lassen, dass die Kündigung unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis somit nicht beendet wurde.

Dies gilt sowohl für ordentliche (fristgerechte) als auch für fristlose (außerordentliche) Kündigungen. Bei einer Klage gegen eine fristlose Kündigung geht es speziell darum zu prüfen, ob die strengen Voraussetzungen für eine solche sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich vorlagen.

Die wichtige Drei-Wochen-Frist

Wenn Sie eine Kündigung erhalten haben – egal ob fristlos oder ordentlich – und dagegen vorgehen möchten, müssen Sie sehr schnell handeln. Sie haben ab dem Zeitpunkt, an dem Ihnen die schriftliche Kündigung zugeht, nur drei Wochen Zeit, um Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einzureichen.

Wird diese Frist versäumt, gilt die Kündigung in der Regel als von Anfang an wirksam, selbst wenn sie ursprünglich Fehler hatte oder ungerechtfertigt war (§ 7 Kündigungsschutzgesetz). Das Arbeitsverhältnis ist dann zu dem in der Kündigung genannten Datum beendet. Nur in sehr seltenen Ausnahmefällen kann eine nachträgliche Zulassung der Klage beantragt werden.

Wann kann eine Klage gegen eine fristlose Kündigung sinnvoll sein?

Ob eine Kündigungsschutzklage Aussicht auf Erfolg hat, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine Klage kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn Zweifel an der Wirksamkeit der Kündigung bestehen. Bei einer fristlosen Kündigung sind die Anforderungen für den Arbeitgeber besonders hoch. Gründe, warum eine fristlose Kündigung unwirksam sein könnte, sind zum Beispiel:

  • Formelle Fehler: Die Kündigung muss schriftlich erfolgen (§ 623 BGB). Ist sie nur mündlich ausgesprochen, ist sie unwirksam. Auch muss der Betriebsrat – falls vorhanden – vor der Kündigung ordnungsgemäß angehört worden sein. Manchmal muss die Kündigung auch eine Begründung enthalten.
  • Fehlender wichtiger Grund: Eine fristlose Kündigung ist nur wirksam, wenn ein sogenannter „wichtiger Grund“ vorliegt (§ 626 BGB). Das bedeutet, es müssen Tatsachen gegeben sein, die es dem Arbeitgeber – unter Berücksichtigung aller Umstände und nach Abwägung der Interessen beider Seiten – unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der normalen Kündigungsfrist fortzusetzen. Beispiele hierfür können schwere Pflichtverletzungen sein (z.B. Diebstahl am Arbeitsplatz, Tätlichkeiten, Arbeitsverweigerung nach vorheriger Abmahnung). Ob ein Grund „wichtig“ genug ist, prüft das Gericht im Einzelfall sehr genau. Oftmals ist vor einer fristlosen Kündigung auch eine Abmahnung erforderlich, außer bei besonders schweren Verfehlungen.
  • Frist für die Kündigungserklärung nicht eingehalten: Der Arbeitgeber muss die fristlose Kündigung innerhalb von zwei Wochen aussprechen, nachdem er von dem wichtigen Grund erfahren hat (§ 626 Abs. 2 BGB). Versäumt er diese Frist, kann er sich später nicht mehr auf diesen Grund für eine fristlose Kündigung berufen.

Auch bei ordentlichen Kündigungen kann eine Klage sinnvoll sein, wenn zum Beispiel das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist (in der Regel bei mehr als zehn Arbeitnehmern im Betrieb und einer Beschäftigungsdauer von über sechs Monaten) und die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt ist (also nicht durch Gründe in der Person, im Verhalten des Arbeitnehmers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist).

Die Kündigungsschutzklage zielt darauf ab, die Unwirksamkeit der Kündigung feststellen zu lassen. Ein erfolgreiches Verfahren führt dazu, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Oftmals enden solche Verfahren aber auch durch einen Vergleich, zum Beispiel auf Zahlung einer Abfindung gegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.


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Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei einer Kündigung und welche Rechte habe ich als Arbeitnehmer in diesem Zusammenhang?

Der Betriebsrat spielt eine zentrale Rolle, wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen kündigen möchte. Ohne die Beteiligung des Betriebsrats ist eine Kündigung in der Regel unwirksam.

Die Anhörungspflicht des Arbeitgebers

Bevor Ihr Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen kann – egal ob fristgerecht oder fristlos –, muss er den Betriebsrat dazu anhören. Das bedeutet, er muss dem Betriebsrat die Gründe für die geplante Kündigung und die Person des betroffenen Arbeitnehmers mitteilen.

Erfolgt diese Anhörung nicht oder nicht korrekt, ist die Kündigung allein aus diesem Grund unwirksam. Es spielt dann zunächst keine Rolle, ob die Kündigungsgründe selbst vielleicht berechtigt wären.

Der Widerspruch des Betriebsrats

Nach der Anhörung hat der Betriebsrat die Möglichkeit, der Kündigung zu widersprechen. Dafür gibt es gesetzlich festgelegte Gründe, zum Beispiel wenn der Betriebsrat meint, dass soziale Aspekte nicht ausreichend berücksichtigt wurden oder eine Weiterbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz möglich wäre.

Der Betriebsrat muss seinen Widerspruch innerhalb einer bestimmten Frist (bei einer ordentlichen Kündigung eine Woche, bei einer fristlosen Kündigung unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen) schriftlich beim Arbeitgeber einreichen und begründen. Ein Widerspruch des Betriebsrats macht die Kündigung aber nicht automatisch unwirksam.

Was bedeutet ein Widerspruch für Sie als Arbeitnehmer?

Ein ordnungsgemäßer Widerspruch des Betriebsrats stärkt Ihre Position erheblich, falls Sie sich gegen die Kündigung wehren möchten:

  • Weiterbeschäftigungsanspruch: Widerspricht der Betriebsrat frist- und formgerecht einer ordentlichen Kündigung und erheben Sie als Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage, muss Ihr Arbeitgeber Sie auf Ihr Verlangen hin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Gerichtsverfahrens weiterbeschäftigen – und zwar zu den bisherigen Arbeitsbedingungen. Dieser Anspruch besteht bei einer fristlosen Kündigung nicht in dieser Form.
  • Recht auf Information: Sie haben als betroffener Arbeitnehmer das Recht, die Stellungnahme des Betriebsrats zu Ihrer Kündigung zu erhalten und einzusehen. Ihr Arbeitgeber muss Ihnen diese zusammen mit der Kündigung aushändigen, wenn der Betriebsrat eine Stellungnahme abgegeben hat.

Die korrekte Anhörung des Betriebsrats ist also eine sehr wichtige Voraussetzung für die Wirksamkeit jeder Kündigung in Betrieben mit Betriebsrat. Fehler in diesem Verfahren können dazu führen, dass eine Kündigung vor Gericht keinen Bestand hat.


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Welche Gründe rechtfertigen eine fristlose Kündigung und was kann ich tun, wenn ich der Meinung bin, dass diese unberechtigt ist?

Eine fristlose Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis sofort, ohne Einhaltung der üblichen Kündigungsfrist. Sie ist nur unter sehr strengen Voraussetzungen möglich.

Was ist ein „wichtiger Grund“?

Der Arbeitgeber darf nur dann fristlos kündigen, wenn ein sogenannter „wichtiger Grund“ vorliegt. Das bedeutet, es müssen Tatsachen gegeben sein, aufgrund derer es dem Arbeitgeber – unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und nach Abwägung der Interessen beider Seiten (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) – nicht zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der normalen Kündigungsfrist fortzusetzen.

Die Hürden hierfür sind sehr hoch. Es muss sich um eine schwerwiegende Pflichtverletzung handeln. Ob ein Grund „wichtig“ genug ist, hängt immer vom konkreten Einzelfall ab.

  • Beispiele für mögliche wichtige Gründe können sein (dies ist keine abschließende Liste und hängt immer vom Einzelfall ab):
    • Straftaten am Arbeitsplatz (z.B. Diebstahl, Betrug, Körperverletzung)
    • Grobe Beleidigungen von Vorgesetzten, Kollegen oder Kunden
    • Andauernde Arbeitsverweigerung
    • Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit
    • Sexuelle Belästigung
    • Erhebliche Verletzung von Betriebsgeheimnissen

Wichtig: Oftmals muss der Arbeitgeber vor einer fristlosen Kündigung wegen eines Fehlverhaltens bereits eine Abmahnung ausgesprochen haben. Das bedeutet, er muss den Arbeitnehmer auf das Fehlverhalten hingewiesen und für den Wiederholungsfall die Kündigung angedroht haben. Nur bei besonders schweren Verfehlungen kann eine Abmahnung entbehrlich sein.

Die Zwei-Wochen-Frist

Der Arbeitgeber muss die fristlose Kündigung innerhalb von zwei Wochen aussprechen, nachdem er von dem wichtigen Grund erfahren hat. Lässt er diese Frist verstreichen, ist eine fristlose Kündigung wegen dieses Grundes in der Regel nicht mehr möglich.

Was tun bei einer (vermeintlich) unberechtigten fristlosen Kündigung?

Wenn Sie eine fristlose Kündigung erhalten haben und Zweifel an deren Berechtigung haben, gibt es die Möglichkeit, gerichtlich dagegen vorzugehen.

  • Kündigungsschutzklage: Sie können beim zuständigen Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage einreichen.
  • Sehr wichtige Frist: Diese Klage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung beim Arbeitsgericht eingehen. Wird diese Drei-Wochen-Frist versäumt, gilt die Kündigung als wirksam, auch wenn sie ursprünglich unberechtigt gewesen wäre.
  • Ablauf des Verfahrens: Nach Klageeinreichung setzt das Gericht in der Regel zunächst einen sogenannten Gütetermin an. Ziel ist es, eine gütliche Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu finden (z.B. Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses oder Zahlung einer Abfindung). Kommt keine Einigung zustande, folgt meist ein weiterer Verhandlungstermin (Kammertermin), an dessen Ende das Gericht durch Urteil entscheidet, ob die Kündigung wirksam war oder nicht.

Ziel einer Kündigungsschutzklage ist es, feststellen zu lassen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht beendet wurde. Oft enden solche Verfahren aber auch durch einen Vergleich, bei dem sich die Parteien beispielsweise auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung einigen.


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Welche Gründe rechtfertigen eine fristlose Kündigung und was kann ich tun, wenn ich der Meinung bin, dass diese unberechtigt ist?

Eine fristlose Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis sofort, ohne Einhaltung der üblichen Kündigungsfrist. Sie ist nur unter sehr strengen Voraussetzungen möglich.

Was ist ein „wichtiger Grund“?

Der Arbeitgeber darf nur dann fristlos kündigen, wenn ein sogenannter „wichtiger Grund“ vorliegt. Das bedeutet, es müssen Tatsachen gegeben sein, aufgrund derer es dem Arbeitgeber – unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und nach Abwägung der Interessen beider Seiten (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) – nicht zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der normalen Kündigungsfrist fortzusetzen.

Die Hürden hierfür sind sehr hoch. Es muss sich um eine schwerwiegende Pflichtverletzung handeln. Ob ein Grund „wichtig“ genug ist, hängt immer vom konkreten Einzelfall ab.

  • Beispiele für mögliche wichtige Gründe können sein (dies ist keine abschließende Liste und hängt immer vom Einzelfall ab):
    • Straftaten am Arbeitsplatz (z.B. Diebstahl, Betrug, Körperverletzung)
    • Grobe Beleidigungen von Vorgesetzten, Kollegen oder Kunden
    • Andauernde Arbeitsverweigerung
    • Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit
    • Sexuelle Belästigung
    • Erhebliche Verletzung von Betriebsgeheimnissen

Wichtig: Oftmals muss der Arbeitgeber vor einer fristlosen Kündigung wegen eines Fehlverhaltens bereits eine Abmahnung ausgesprochen haben. Das bedeutet, er muss den Arbeitnehmer auf das Fehlverhalten hingewiesen und für den Wiederholungsfall die Kündigung angedroht haben. Nur bei besonders schweren Verfehlungen kann eine Abmahnung entbehrlich sein.

Die Zwei-Wochen-Frist

Der Arbeitgeber muss die fristlose Kündigung innerhalb von zwei Wochen aussprechen, nachdem er von dem wichtigen Grund erfahren hat. Lässt er diese Frist verstreichen, ist eine fristlose Kündigung wegen dieses Grundes in der Regel nicht mehr möglich.

Was tun bei einer (vermeintlich) unberechtigten fristlosen Kündigung?

Wenn Sie eine fristlose Kündigung erhalten haben und Zweifel an deren Berechtigung haben, gibt es die Möglichkeit, gerichtlich dagegen vorzugehen.

  • Kündigungsschutzklage: Sie können beim zuständigen Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage einreichen.
  • Sehr wichtige Frist: Diese Klage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung beim Arbeitsgericht eingehen. Wird diese Drei-Wochen-Frist versäumt, gilt die Kündigung als wirksam, auch wenn sie ursprünglich unberechtigt gewesen wäre.
  • Ablauf des Verfahrens: Nach Klageeinreichung setzt das Gericht in der Regel zunächst einen sogenannten Gütetermin an. Ziel ist es, eine gütliche Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu finden (z.B. Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses oder Zahlung einer Abfindung). Kommt keine Einigung zustande, folgt meist ein weiterer Verhandlungstermin (Kammertermin), an dessen Ende das Gericht durch Urteil entscheidet, ob die Kündigung wirksam war oder nicht.

Ziel einer Kündigungsschutzklage ist es, feststellen zu lassen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht beendet wurde. Oft enden solche Verfahren aber auch durch einen Vergleich, bei dem sich die Parteien beispielsweise auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung einigen.


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Welche Kosten entstehen bei einer Kündigungsschutzklage und wer trägt diese?

Bei einer Kündigungsschutzklage können grundsätzlich zwei Arten von Kosten anfallen: Gerichtskosten und Anwaltskosten. Die Frage, wer diese Kosten am Ende trägt, ist im Arbeitsrecht speziell geregelt.

Gerichts- und Anwaltskosten

  • Gerichtskosten: Dies sind Gebühren, die für die Inanspruchnahme des Gerichts anfallen. Ihre Höhe richtet sich nach dem sogenannten Streitwert. Bei einer Kündigungsschutzklage entspricht dieser Wert in der Regel drei Brutto-Monatsgehältern. Zum Beispiel: Wenn Sie 3.000 € brutto im Monat verdienen, beträgt der Streitwert für die Kündigungsschutzklage üblicherweise 9.000 €. Anhand dieses Werts werden die Gerichtsgebühren berechnet.
  • Anwaltskosten: Wenn Sie sich durch einen Anwalt vertreten lassen, entstehen Anwaltskosten. Auch diese richten sich grundsätzlich nach dem Streitwert und sind im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) festgelegt. Es können aber auch individuelle Honorarvereinbarungen getroffen werden.

Wer trägt die Kosten in der ersten Instanz?

Eine wichtige Besonderheit im Arbeitsrecht betrifft die Kostentragung in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht:

  • Anwaltskosten: Jede Partei trägt ihre eigenen Anwaltskosten selbst – unabhängig davon, wie der Prozess ausgeht. Das bedeutet: Selbst wenn Sie die Kündigungsschutzklage gewinnen, müssen Sie die Kosten für Ihren eigenen Anwalt bezahlen. Umgekehrt muss der Arbeitgeber seine Anwaltskosten tragen, auch wenn er den Prozess gewinnt. Diese Regelung (§ 12a Arbeitsgerichtsgesetz) soll den Zugang zum Arbeitsgericht erleichtern, da keine Partei das Risiko tragen muss, bei einer Niederlage auch noch die Anwaltskosten der Gegenseite übernehmen zu müssen.
  • Gerichtskosten: Die Gerichtskosten muss in der Regel die Partei tragen, die den Prozess verliert. Endet das Verfahren jedoch durch einen Vergleich – was bei Kündigungsschutzklagen sehr häufig der Fall ist – entfallen die Gerichtskosten meistens ganz oder werden zwischen den Parteien aufgeteilt, je nach Vereinbarung im Vergleich.

Finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten

  • Prozesskostenhilfe (PKH): Wenn Sie die Kosten für den Prozess (Gerichtskosten und eigene Anwaltskosten) aufgrund Ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht selbst aufbringen können, besteht die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe beim Arbeitsgericht zu beantragen. Wird diese bewilligt, übernimmt die Staatskasse die Gerichtskosten und die Kosten Ihres eigenen Anwalts – entweder vollständig oder Sie müssen sie in Raten zurückzahlen. Voraussetzungen für die Bewilligung sind Ihre finanzielle Bedürftigkeit und dass die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint.
  • Rechtsschutzversicherung: Verfügen Sie über eine Rechtsschutzversicherung, kann diese die Kosten des Verfahrens (Gerichtskosten, eigene Anwaltskosten) übernehmen. Prüfen Sie in Ihrem Versicherungsvertrag, ob Arbeitsrechtsschutz enthalten ist und ob die Versicherung die Kosten für eine Kündigungsschutzklage deckt, insbesondere im Zusammenhang mit einer fristlosen Kündigung. Beachten Sie eventuelle Wartezeiten oder vereinbarte Selbstbeteiligungen. Es ist üblich, vorab eine Deckungszusage bei der Versicherung einzuholen.

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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Außerordentliche fristlose Kündigung

Eine außerordentliche fristlose Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis sofort, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Sie ist nur als letztes Mittel zulässig, wenn ein „wichtiger Grund“ vorliegt (§ 626 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB), der es dem Kündigenden unzumutbar macht, das Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Im vorliegenden Fall sah der Arbeitgeber die vorgeworfenen Pflichtverletzungen (Missachtung von Anweisungen, angebliche Bedrohung) als solchen wichtigen Grund an. Die Gerichte hielten diese Gründe jedoch nicht für ausreichend schwerwiegend, um eine sofortige Beendigung zu rechtfertigen.

Beispiel: Ein typischer wichtiger Grund kann ein Diebstahl am Arbeitsplatz oder eine schwerwiegende Beleidigung des Arbeitgebers sein.


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Ordentliche Kündigung

Die ordentliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist. Anders als die fristlose Kündigung benötigt sie keinen „wichtigen Grund“, muss aber – sofern das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Anwendung findet (wie hier im Betrieb mit >1000 Mitarbeitern) – sozial gerechtfertigt sein. Das bedeutet, sie muss durch Gründe im Verhalten oder in der Person des Arbeitnehmers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sein (§ 1 KSchG). Im Text wurde sie vom Arbeitgeber nur „hilfsweise“ für den Fall erklärt, dass die fristlose Kündigung unwirksam ist; sie scheiterte hier aber ebenfalls, unter anderem weil eine erforderliche Abmahnung fehlte.


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Abmahnung

Eine Abmahnung ist eine formelle Rüge des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer wegen eines konkreten Fehlverhaltens. Sie hat eine Warn- und Hinweisfunktion: Sie muss das Fehlverhalten genau benennen (Rügefunktion), den Arbeitnehmer auffordern, sich zukünftig vertragskonform zu verhalten (Hinweisfunktion), und für den Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen, insbesondere eine Kündigung, androhen (Warnfunktion). Bei steuerbarem Fehlverhalten, wie der im Text vorgeworfenen Missachtung von Anweisungen (Tragen des Bartschutzes), ist sie in der Regel Voraussetzung für eine spätere verhaltensbedingte Kündigung. Das Fehlen einer solchen Abmahnung war hier ein zentraler Grund für die Unwirksamkeit der Kündigung.

Beispiel: Eine Kassiererin hat wiederholt Fehlbeträge in der Kasse. Der Arbeitgeber mahnt sie schriftlich ab, listet die Daten und Beträge auf und kündigt für den nächsten Vorfall die Kündigung an.


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Anhörung des Betriebsrats

Bevor ein Arbeitgeber eine Kündigung ausspricht, muss er den Betriebsrat – sofern im Betrieb einer existiert – zu der geplanten Kündigung anhören (§ 102 Betriebsverfassungsgesetz – BetrVG). Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Person des Arbeitnehmers, die Art der Kündigung und die Kündigungsgründe detailliert mitteilen. Eine ohne ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Im vorliegenden Fall wurde der Betriebsrat zwar angehört, was eine formale Voraussetzung erfüllte; die Kündigung scheiterte aber an den inhaltlichen Anforderungen (fehlende Kündigungsgründe bzw. fehlende Abmahnung).


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Weiterbeschäftigungsanspruch

Der Weiterbeschäftigungsanspruch ist das Recht des Arbeitnehmers, vom Arbeitgeber trotz einer ausgesprochenen Kündigung vorläufig weiterbeschäftigt zu werden, bis rechtskräftig über die Wirksamkeit der Kündigung entschieden ist. Dieser Anspruch entsteht typischerweise, wenn das Arbeitsgericht die Kündigung für unwirksam erklärt hat, wie hier im Urteil des Arbeitsgerichts Aachen. Er soll die wirtschaftliche Existenz des Arbeitnehmers sichern und die faktische Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ermöglichen, solange der Rechtsstreit andauert und der Arbeitnehmer in erster Instanz gewonnen hat. Das LAG Köln bestätigte diesen Anspruch, indem es die Entscheidung des Arbeitsgerichts aufrechterhielt.


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Kündigungsschutz

Kündigungsschutz bezeichnet die Gesamtheit der gesetzlichen Regelungen, die Arbeitnehmer vor sozial ungerechtfertigten oder willkürlichen Kündigungen durch den Arbeitgeber schützen. Das wichtigste Gesetz ist das Kündigungsschutzgesetz (KSchG), das in Betrieben ab einer bestimmten Größe (hier >1000 Mitarbeiter, also anwendbar) greift und für Arbeitnehmer gilt, deren Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht. Es verlangt, dass eine ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt sein muss (durch personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe). Das Urteil im Fall des Maschinenführers zeigt, dass die Hürden für eine wirksame Kündigung hoch sind und Arbeitgeber die strengen Voraussetzungen, wie z. B. das Erfordernis einer vorherigen Abmahnung bei Verhaltensverstößen, beachten müssen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Dieser Paragraph bestimmt, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam ist, wenn sie nicht durch Gründe, die im Verhalten oder in der Person des Arbeitnehmers liegen oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Das KSchG schützt Arbeitnehmer vor willkürlichen Kündigungen und setzt voraus, dass ein „Kündigungsgrund“ von ausreichendem Gewicht vorliegt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat die Kündigungsschutzklage des Klägers erfolgreich entschieden, was bedeutet, dass es die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 1 KSchG angesehen hat. Die vom Arbeitgeber vorgebrachten Gründe reichten demnach nicht aus, um eine Kündigung zu rechtfertigen.
  • § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Außerordentliche Kündigung: Dieser Paragraph regelt die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn Tatsachen gegeben sind, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Eine außerordentliche Kündigung ist nur in Ausnahmefällen zulässig, wenn ein besonders schwerwiegendes Fehlverhalten vorliegt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Beklagte hat eine außerordentliche fristlose Kündigung ausgesprochen, die vom Gericht als unwirksam abgelehnt wurde. Dies deutet darauf hin, dass das Gericht keinen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB für die fristlose Kündigung gesehen hat, selbst unter Berücksichtigung der von der Beklagten angeführten Vorfälle.
  • § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) – Anhörung des Betriebsrats: Vor jeder Kündigung muss der Arbeitgeber den Betriebsrat anhören. Er hat dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausges

Hinweise und Tipps

Praxistipps für Arbeitnehmer bei Kündigung wegen Hygienevorschriften am Arbeitsplatz

Strenge Hygienevorschriften am Arbeitsplatz, etwa in der Lebensmittel- oder Pharmaproduktion, können zu Konflikten führen, besonders wenn persönliche Merkmale wie ein Bart betroffen sind. Manchmal droht der Arbeitgeber sogar mit Kündigung, wenn Vorgaben nicht eingehalten werden. Doch nicht jede Kündigung ist in solchen Fällen automatisch wirksam.

Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.

Tipp 1: Kündigungsschutz ernst nehmen
Eine Kündigung durch den Arbeitgeber ist in Deutschland an hohe Hürden gebunden, auch wenn es um betriebliche Regeln wie Hygienevorschriften geht. Selbst wenn Sie gegen eine Anweisung verstoßen haben sollen, bedeutet das nicht automatisch, dass eine Kündigung – insbesondere eine fristlose – gerechtfertigt ist.


Tipp 2: Prüfen Sie vorherige Abmahnungen
Einer Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen (z.B. Nichttragen vorgeschriebener Schutzkleidung wie Bartschutz) muss in der Regel mindestens eine einschlägige Abmahnung vorausgehen. Fehlt eine solche Abmahnung oder ist sie fehlerhaft, kann die Kündigung unwirksam sein.


Tipp 3: Handeln Sie schnell bei Erhalt einer Kündigung
Wenn Sie eine Kündigung erhalten haben, läuft eine kurze Frist: Sie müssen innerhalb von drei Wochen nach Zugang des Kündigungsschreibens Klage beim Arbeitsgericht einreichen (Kündigungsschutzklage). Versäumen Sie diese Frist, gilt die Kündigung in der Regel als wirksam, selbst wenn sie ursprünglich fehlerhaft war.

⚠️ ACHTUNG: Die Drei-Wochen-Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage ist entscheidend! Suchen Sie sofort nach Erhalt einer Kündigung Rechtsrat.


Tipp 4: Berücksichtigen Sie mildere Mittel
Eine Kündigung ist nur als letztes Mittel (ultima ratio) zulässig. Der Arbeitgeber muss prüfen, ob nicht mildere Mittel ausreichen, um das Problem zu lösen. Beispiele könnten eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz (falls möglich und zumutbar) oder die erneute, eindringliche Aufforderung zum Tragen der Schutzausrüstung sein.

Beispiel: Im Kölner Fall gab es die Möglichkeit, einen Bartschutz oder eine Astrohaube zu tragen, um die Hygienevorschriften einzuhalten. Eine Kündigung allein wegen des Bartes war daher nicht ohne Weiteres möglich.


Tipp 5: Betriebsrat beteiligen (falls vorhanden)
Gibt es in Ihrem Betrieb einen Betriebsrat, muss dieser vor jeder Kündigung ordnungsgemäß angehört werden. Eine ohne oder mit fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Der Betriebsrat kann der Kündigung auch widersprechen, was Ihre Position im Kündigungsschutzprozess stärken kann.


Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Achten Sie darauf, ob die Hygienevorschriften oder die Anweisung zum Tragen bestimmter Schutzkleidung klar formuliert und Ihnen bekannt gemacht wurden. Unklare oder unverhältnismäßige Anweisungen sind möglicherweise nicht bindend. Auch persönliche Umstände (z.B. gesundheitliche Gründe für bestimmte Einschränkungen, wie im Fall die Arbeit nur in Tagschicht) können im Rahmen der Interessenabwägung bei einer Kündigung eine Rolle spielen.

Checkliste: Kündigung wegen Hygienevorschriften erhalten

  • Kündigungsschreiben erhalten? Datum des Zugangs notieren!
  • Drei-Wochen-Frist für Kündigungsschutzklage im Kalender markiert?
  • Gab es vor der Kündigung eine (korrekte) Abmahnung wegen desselben Sachverhalts?
  • Wurde der Betriebsrat (falls vorhanden) ordnungsgemäß angehört?
  • Unverzüglich Rechtsberatung bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht gesucht?

Das vorliegende Urteil


Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 3 Sa 515/22 – Urteil vom 07.12.2022


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