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Fristlose Verdachtskündigung und Anhörung des Arbeitnehmers

Eine Justizangestellte in Rheinland-Pfalz wurde fristlos entlassen, da sie verdächtigt wird, Dienstgeheimnisse verraten zu haben. Die Frau soll unerlaubt auf Ermittlungsakten zugegriffen und Informationen an ihren Bruder weitergegeben haben. Das Landesarbeitsgericht bestätigte die Kündigung, da der Verdacht das Vertrauen in die Mitarbeiterin zerstörte.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
  • Datum: 18.04.2024
  • Aktenzeichen: 2 Sa 171/23
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren im Kündigungsschutzprozess
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Eine ehemalige Angestellte der Staatsanwaltschaft E. Sie behauptet, unrechtmäßig außerordentlich gekündigt worden zu sein wegen des Verdachts, ein Dienstgeheimnis verletzt zu haben. Sie argumentiert, dass ihre Anhörung vor der Kündigung nicht ordnungsgemäß war und dass die Personalratsbeteiligung nicht ausreichend war.
  • Beklagtes Land: Arbeitgeber der Klägerin. Es handelt sich um das Land Rheinland-Pfalz. Sie behaupten, die Klägerin sei ordnungsgemäß angehört worden und die Verdachtsmomente seien ausreichend für eine Fristlose Kündigung.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Arbeitgeber, das Land Rheinland-Pfalz, hatte die Klägerin, die als Servicekraft in der Staatsanwaltschaft E. arbeitete, fristlos gekündigt. Der Kündigung lag der Verdacht zugrunde, dass sie Informationen aus laufenden Ermittlungsverfahren an Dritte weitergegeben hatte. Die Klägerin legte dagegen Kündigungsschutzklage ein und argumentierte, dass die Kündigung sowohl aus materiellen als auch formalen Gründen unwirksam sei.
  • Kern des Rechtsstreits: War die Kündigung der Klägerin rechtmäßig und wurde der Klägerin ausreichend Gehör gegeben, bevor die Verdachtskündigung ausgesprochen wurde? Wurde der Personalrat korrekt in den Kündigungsprozess einbezogen?

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen. Die außerordentliche Verdachtskündigung war rechtmäßig und das Arbeitsverhältnis wurde fristlos beendet.
  • Begründung: Das Gericht entschied, dass die Verdachtsmomente ausreichend stark waren, um die Kündigung zu rechtfertigen, und die Anhörung der Klägerin vor der Kündigung ordnungsgemäß war. Der Klägerin wurde hinreichend Gelegenheit gegeben, sich zur Sache zu äußern. Auch die Personalratsanhörung wurde korrekt durchgeführt, indem der Personalrat umfassend über die Gründe für die Kündigung informiert wurde.
  • Folgen: Die Klägerin bleibt gekündigt und kann möglicherweise andere rechtliche Schritte nicht mehr ergreifen, da die Revision nicht zugelassen wurde.

Fristlose Kündigungen: Rechte von Arbeitnehmern bei Verdachtskündigungen im Fokus

Im Arbeitsrecht spielen fristlose Kündigungen eine besondere Rolle, wenn schwerwiegende Pflichtverletzungen oder konkrete Verdachtsmomente vorliegen. Eine außerordentliche Kündigung ist für Arbeitgeber ein weitreichendes Instrument, um das Arbeitsverhältnis unverzüglich zu beenden, wenn der Verdacht einer schweren Verfehlung besteht.

Zentral bei einer solchen Verdachtskündigung sind jedoch die Rechte des Arbeitnehmers. Eine ordnungsgemäße Arbeitsrechtliche Anhörung ist dabei essentiell, da sie dem Beschäftigten die Möglichkeit gibt, sich gegen die Vorwürfe zu verwahren und seine Position darzulegen. Die rechtlichen Grundlagen und Verfahrensweisen sind komplex und erfordern eine sorgfältige Dokumentation und Abwägung aller Umstände.

Die nun folgende Fallanalyse zeigt, wie in der Praxis mit einem konkreten Verdachtsfall umgegangen wurde und welche rechtlichen Konsequenzen sich daraus ergaben.

Der Fall vor Gericht


Landesarbeitsgericht bestätigt Verdachtskündigung bei möglichem Geheimnisverrat

Mid-aged woman in blazer at courthouse desk, document titled "Ermittlungsakten - Vertraulich" auf dem Bildschirm.
Verdachtskündigung wegen Dienstgeheimnisverletzung | Symbolfoto: Flux gen.

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat die fristlose Kündigung einer Justizangestellten wegen des dringenden Verdachts der Weitergabe von Dienstgeheimnissen für rechtmäßig erklärt. Die Klägerin, die seit 2017 als Servicekraft in der Geschäftsstelle der Staatsanwaltschaft tätig war, soll im Januar 2021 unbefugt auf Dokumente eines fachfremden Ermittlungsverfahrens zugegriffen und vertrauliche Informationen daraus weitergegeben haben.

Zugriff auf fachfremde Ermittlungsakten führt zu Verdacht

Der Fall kam ins Rollen, als die Staatsanwaltschaft F. der Leitenden Oberstaatsanwältin mitteilte, dass gegen eine noch unbekannte weibliche Bedienstete der Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses geführt werde. Diese soll ihrem Bruder Informationen aus laufenden Ermittlungsverfahren offenbart haben. Durch Prüfung der Personalakten konnte die Klägerin als einzige Mitarbeiterin marokkanischer Abstammung identifiziert werden. Die Überprüfung der Zugriffsprotokolle ergab, dass sie am 27. Januar 2021 mehrfach auf Dokumente eines fachfremden Ermittlungsverfahrens zugegriffen hatte, ohne dass dafür eine dienstliche Veranlassung bestand.

Ordnungsgemäße Durchführung der Anhörung

Nach Auffassung des Gerichts erfolgte die vor der Kündigung erforderliche Anhörung der Mitarbeiterin ordnungsgemäß. Die Klägerin wurde in einem Personalgespräch am 24. März 2022 mit dem Vorwurf konfrontiert und erhielt eine Woche Zeit zur Stellungnahme. Die Behauptung der Klägerin, ihr sei nur die Möglichkeit eines Aufhebungsvertrags eingeräumt worden, wies das Gericht zurück. Nach den Zeugenaussagen war die Frist ausdrücklich zur Äußerung zu den Vorwürfen gedacht.

Dringender Verdacht rechtfertigt fristlose Kündigung

Das Gericht sah den dringenden Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung als gegeben an. Für den zeitgleich mit der mutmaßlichen Informationsweitergabe erfolgten Zugriff auf die fachfremden Dokumente konnte die Klägerin keine plausible Erklärung liefern. Die Zweiwochenfrist für die außerordentliche Kündigung wurde gewahrt, da die Behördenleiterin erst am 17. März 2022 von dem Verdacht erfuhr. Auch die erforderliche Anhörung des Personalrats war ordnungsgemäß erfolgt.

Nach Abwägung aller Umstände hielt das Gericht die fristlose Kündigung für gerechtfertigt. Der dringende Verdacht, dass die Klägerin unter Ausnutzung ihrer dienstlichen Stellung Dienstgeheimnisse verletzt hatte, habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört. Eine Weiterbeschäftigung sei dem Arbeitgeber auch nicht bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar gewesen.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht die schwerwiegenden Konsequenzen unbefugter Zugriffe auf dienstliche Dokumente im öffentlichen Dienst. Bereits das reine Lesen von Dokumenten ohne dienstliche Veranlassung kann als Verletzung des Dienstgeheimnisses gewertet werden. Besonders relevant ist die Nachvollziehbarkeit solcher Zugriffe durch Protokollierung im System, die als Beweismittel dienen können.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Beschäftigte/r im öffentlichen Dienst müssen Sie äußerst vorsichtig mit Ihren Zugriffsrechten auf dienstliche Dokumente umgehen. Jeder Zugriff ohne dienstlichen Anlass – auch reines Lesen – kann arbeitsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die elektronischen Zugriffsprotokolle ermöglichen eine lückenlose Nachverfolgung Ihrer Systemaktivitäten. Selbst wenn Sie nur aus Neugier Akten einsehen, kann dies bereits als Dienstpflichtverletzung gewertet werden und eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Bei sensiblen Daten ist absolute Vertraulichkeit zu wahren – auch gegenüber Familienangehörigen.

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Der Zugriff auf sensible Daten und die Wahrung der Vertraulichkeit sind im öffentlichen Dienst von höchster Bedeutung. Schon ein unbedachter Blick in fremde Akten kann schwerwiegende Folgen haben. Fühlen Sie sich ungerechtfertigt beschuldigt oder sind Sie sich Ihrer Rechte und Pflichten unsicher?

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Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was sind die rechtlichen Voraussetzungen für eine wirksame Verdachtskündigung?

Eine Verdachtskündigung setzt voraus, dass ein dringender Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung oder Straftat des Arbeitnehmers besteht, der das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig zerstört.

Objektive Tatsachen und Dringlichkeit

Der Verdacht muss sich auf objektive, nachweisbare Tatsachen stützen. Bloße Vermutungen oder vage Verdächtigungen reichen nicht aus. Es muss eine hohe Wahrscheinlichkeit bestehen, dass der Arbeitnehmer die vermutete Pflichtverletzung tatsächlich begangen hat.

Wenn Sie beispielsweise in einem Supermarkt arbeiten und Waren aus dem Lager verschwinden, reicht ein allgemeiner Verdacht nicht aus. Der Verdacht wäre aber möglicherweise begründet, wenn Sie von mehreren Kollegen beim Diebstahl beobachtet wurden.

Schwere der Pflichtverletzung

Die verdächtigte Pflichtverletzung muss so schwerwiegend sein, dass sie – wäre sie bewiesen – eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würde. Typische Beispiele sind:

  • Diebstahl oder Unterschlagung
  • Arbeitszeitbetrug
  • Spesenbetrug
  • Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit

Anhörung und Aufklärungspflicht

Der Arbeitgeber muss vor Ausspruch der Verdachtskündigung:

  • Den Arbeitnehmer zu den Vorwürfen konkret anhören
  • Alle zumutbaren Anstrengungen zur Sachverhaltsaufklärung unternehmen
  • Die Stellungnahme des Arbeitnehmers berücksichtigen

Formelle Anforderungen

Bei einer außerordentlichen Verdachtskündigung muss der Arbeitgeber die Zwei-Wochen-Frist nach § 626 Abs. 2 BGB einhalten. Diese Frist beginnt erst, wenn der Arbeitgeber den Sachverhalt ausreichend aufgeklärt hat und alle Verdachtsmomente kennt.

Verhältnismäßigkeit

Die Verdachtskündigung muss verhältnismäßig sein. Der Arbeitgeber muss prüfen, ob nicht mildere Mittel wie eine Abmahnung oder Versetzung ausreichen. Bei der Interessenabwägung sind auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit und das bisherige Verhalten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.


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Welche Rechte hat ein Arbeitnehmer während der Anhörung bei einer Verdachtskündigung?

Grundlegende Anhörungsrechte

Bei einer Verdachtskündigung haben Sie als Arbeitnehmer das Recht auf eine umfassende Anhörung, bevor der Arbeitgeber die Kündigung aussprechen darf. Der Arbeitgeber muss Ihnen konkrete Tatsachen und Verdachtsmomente mitteilen, damit Sie sich effektiv verteidigen können.

Zeitliche Rahmenbedingungen

Für Ihre Stellungnahme steht Ihnen eine angemessene Frist zu. Bei einer schriftlichen Anhörung sollten Sie 3-6 Arbeitstage Zeit bekommen, um sich zu den Vorwürfen zu äußern. Eine zu kurze Frist von nur zwei Werktagen ist unzulässig, besonders wenn Sie krank sind.

Verteidigungsmöglichkeiten

Sie haben während der Anhörung mehrere wichtige Rechte:

  • Sie können schriftlich oder mündlich Stellung nehmen
  • Sie dürfen einen Rechtsbeistand zur Anhörung mitbringen
  • Sie können die Vorlage konkreter Beweise für die Verdachtsmomente verlangen
  • Sie haben das Recht zu schweigen, ohne dass dies automatisch als Schuldeingeständnis gewertet werden darf

Formale Absicherung

Der Arbeitgeber muss Ihnen sämtliche relevante Erkenntnisse offenlegen, die den Verdacht begründen. Werden später neue Erkenntnisse gewonnen, haben Sie das Recht auf eine erneute Anhörung. Ein Gesprächsprotokoll ist sinnvoll und kann als Beweismittel dienen.

Wenn der Arbeitgeber diese Rechte missachtet oder die Anhörung nicht ordnungsgemäß durchführt, ist eine später ausgesprochene Verdachtskündigung unwirksam. Dies gilt auch, wenn Ihnen nicht ausreichend Gelegenheit gegeben wurde, den Verdacht zu entkräften.


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Was sind die Folgen einer Verletzung von Dienstgeheimnissen im öffentlichen Dienst?

Die Verletzung von Dienstgeheimnissen im öffentlichen Dienst zieht schwerwiegende strafrechtliche und dienstrechtliche Konsequenzen nach sich.

Strafrechtliche Folgen

Bei vorsätzlicher Verletzung eines Dienstgeheimnisses droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. Handelt der Täter fahrlässig und gefährdet dadurch wichtige öffentliche Interessen, reduziert sich die maximale Freiheitsstrafe auf ein Jahr.

Ein Strafverfahren wird allerdings nur mit Ermächtigung der zuständigen Stelle eingeleitet. Diese Ermächtigung erteilt je nach Fall der Präsident des Gesetzgebungsorgans, die oberste Bundesbehörde oder die oberste Landesbehörde.

Dienstrechtliche Konsequenzen

Im Rahmen des Disziplinarrechts können folgende Maßnahmen ergriffen werden:

  • Vorläufiges Amtsausübungsverbot
  • Disziplinarverfügung durch die zuständige Behörde
  • Entfernung aus dem Dienst als schwerste Maßnahme

Seit April 2024 können diese Maßnahmen beschleunigt durchgeführt werden, da sie direkt durch die Behörde verhängt werden können und kein langwieriges Klageverfahren mehr erforderlich ist.

Arbeitsrechtliche Folgen

Bei einer schwerwiegenden Verletzung des Dienstgeheimnisses kann der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung aussprechen. In weniger schweren Fällen ist auch eine Abmahnung möglich. Zusätzlich können Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitnehmer geltend gemacht werden, wenn durch die Verletzung des Dienstgeheimnisses ein materieller Schaden entstanden ist.

Ein typischer Fall wäre etwa ein Polizeibeamter, der unbefugt Auskünfte aus dem polizeilichen Datensystem an Privatpersonen weitergibt. Dies kann zum vorläufigen Amtsausübungsverbot und zur Anklage führen.


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Welche Beweise muss der Arbeitgeber für eine Verdachtskündigung vorlegen?

Bei einer Verdachtskündigung trägt der Arbeitgeber die vollständige Darlegungs- und Beweislast für den Kündigungsgrund. Der Verdacht muss sich auf konkrete, objektiv nachweisbare Tatsachen stützen, bloße Vermutungen oder vage Verdächtigungen reichen nicht aus.

Anforderungen an die Beweise

Der Arbeitgeber muss objektive Tatsachen wie Zeit, Ort oder konkrete Handlungen darlegen können, die den Verdacht begründen. Dabei muss eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Verdachts bestehen. Die vorgebrachten Indizien dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein harmloses Geschehen zu erklären sein.

Umfang der Beweispflicht

Der Arbeitgeber muss nachweisen:

  • Die objektiven Tatsachen, die den Verdacht begründen
  • Die Schwere der vermuteten Pflichtverletzung
  • Die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses durch den Verdacht
  • Die ordnungsgemäße Durchführung der Anhörung des Arbeitnehmers

Bedeutung der Sachverhaltsaufklärung

Wenn Sie als Arbeitnehmer mit einer Verdachtskündigung konfrontiert werden, muss Ihr Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen haben. Dazu gehört insbesondere die Prüfung von entlastenden Umständen und alternativen Erklärungen für den verdächtigen Sachverhalt.

Der Arbeitgeber muss auch nach der Anhörung neue Beweise und Erkenntnisse berücksichtigen. Wenn sich der Verdacht im Laufe des Kündigungsschutzprozesses nicht erhärten lässt oder durch Be- oder Entlastungstatsachen ausgeräumt wird, ist die Kündigung unwirksam.


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Wie kann man sich gegen eine ungerechtfertigte Verdachtskündigung wehren?

Bei einer Verdachtskündigung können Sie sich durch mehrere rechtliche Schritte wehren. Die Kündigungsschutzklage ist dabei das wichtigste Instrument. Diese müssen Sie innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen.

Ihre Rechte bei der Verdachtsanhörung

Der Arbeitgeber muss Ihnen vor Ausspruch der Verdachtskündigung die Möglichkeit zur Stellungnahme geben. Bei dieser Anhörung haben Sie folgende Rechte:

  • Sie müssen über die konkreten Verdachtsmomente informiert werden
  • Sie erhalten eine angemessene Frist zur Vorbereitung (üblicherweise eine Woche)
  • Sie können zu den Vorwürfen schriftlich oder mündlich Stellung nehmen

Eine ohne Anhörung ausgesprochene Verdachtskündigung ist in der Regel unwirksam.

Prüfung der Kündigungsvoraussetzungen

Der Arbeitgeber muss für eine wirksame Verdachtskündigung nachweisen:

  • Objektive Tatsachen für den Verdacht, nicht bloße Vermutungen
  • Eine schwerwiegende Pflichtverletzung, die das Vertrauensverhältnis zerstört
  • Die Verhältnismäßigkeit der Kündigung als letztes Mittel
  • Die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist für außerordentliche Kündigungen nach Kenntnis der Verdachtsmomente

Vorgehen bei der Klageerhebung

Wenn Sie die Kündigung für ungerechtfertigt halten, müssen Sie zügig handeln:

Die Drei-Wochen-Frist beginnt mit dem Zugang der schriftlichen Kündigung. Diese Frist gilt auch bei einer Verdachtskündigung. Versäumen Sie diese Frist, wird die Kündigung automatisch wirksam – selbst wenn sie eigentlich unwirksam wäre.

In Ausnahmefällen kann eine verspätete Klage zugelassen werden, etwa bei schwerer Krankheit oder wenn Sie nachweislich ohne eigenes Verschulden an der rechtzeitigen Klageerhebung gehindert waren. Der Antrag auf nachträgliche Zulassung muss dann innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Verdachtskündigung

Eine Kündigung, die ausgesprochen wird, wenn schwerwiegende Verdachtsmomente für ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers vorliegen, auch wenn die Tat nicht eindeutig bewiesen werden kann. Der dringende Verdacht muss auf objektiven Tatsachen basieren und das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig zerstören. Geregelt wird dies durch die Rechtsprechung zu § 626 BGB. Beispiel: Ein Kassierer wird nach Kassenfehlbeständen entlassen, weil starke Indizien auf seine Veruntreuung hinweisen, auch wenn ein direkter Beweis fehlt.


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Fristlose Kündigung

Eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aufgrund eines wichtigen Grundes nach § 626 BGB. Sie ist nur bei besonders schwerwiegenden Verstößen zulässig, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum regulären Kündigungstermin unzumutbar machen. Der Arbeitgeber muss die Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung der Vorfälle aussprechen. Beispiel: Diebstahl von Firmeneigentum oder schwerwiegende Arbeitsverweigerung.


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Dienstgeheimnis

Vertrauliche Informationen oder Tatsachen, die einem Beschäftigten im öffentlichen Dienst in Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit bekannt werden und die nach ihrer Natur oder gesetzlichen Vorschriften geheim zu halten sind. Die Verletzung ist nach § 353b StGB strafbar. Ein typisches Beispiel ist die unbefugte Weitergabe von Informationen aus Ermittlungsakten an Außenstehende.


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Arbeitsrechtliche Anhörung

Ein zwingend erforderliches Verfahren vor dem Ausspruch bestimmter Kündigungen, bei dem der Arbeitnehmer die Gelegenheit erhält, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Sie dient der Wahrung des rechtlichen Gehörs und ist besonders bei Verdachtskündigungen von zentraler Bedeutung. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer die Vorwürfe konkret mitteilen und eine angemessene Frist zur Stellungnahme einräumen. Die Anhörung muss dokumentiert werden.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 626 BGB): Dieser Paragraph regelt die außerordentliche Kündigung von Arbeitsverhältnissen aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn Tatsachen existieren, aufgrund derer dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder der vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und den wichtigen Grund klar benennen.

    Im vorliegenden Fall wirft die Staatsanwaltschaft der Klägerin vor, Dienstgeheimnisse verletzt zu haben. Diese schwerwiegende Pflichtverletzung rechtfertigt nach § 626 BGB eine außerordentliche Kündigung, da das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erheblich gestört ist.

  • Gesetz über die förmliche Verpflichtung nicht beamteter Personen (§ 1 Verpflichtungsgesetz): Dieses Gesetz verpflichtet nichtbeamtete Mitarbeiter öffentlicher Einrichtungen zur Wahrung von Verschwiegenheit über dienstliche Angelegenheiten sowie zum Schutz von Privat- und Dienstgeheimnissen. Die Verpflichtung umfasst die sorgfältige Erfüllung der dienstlichen Aufgaben und die Einhaltung ethischer Standards.

    Die Klägerin wurde gemäß § 1 Verpflichtungsgesetz auf ihre Pflicht zur Verschwiegenheit hingewiesen. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, sie habe Dienstgeheimnisse an ihren Bruder weitergegeben, stellt eine klare Verletzung dieser gesetzlichen Verpflichtung dar und bildet die Grundlage für rechtliche Konsequenzen wie die Kündigung.

  • § 353a StGB): Dieser Paragraph des Strafgesetzbuches stellt die unbefugte Offenbarung von Dienstgeheimnissen unter Strafe. Ein Dienstgeheimnis liegt vor, wenn bestimmte berufliche Informationen, die einem Amtsträger während seiner Tätigkeit bekannt geworden sind, unbefugt weitergegeben werden. Die Verletzung kann mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe geahndet werden.

    Im Fall der Klägerin wird ihr vorgeworfen, Informationen aus Ermittlungsverfahren an ihren Bruder weitergegeben zu haben. Dies fällt direkt unter § 353a StGB, da es sich um die unbefugte Offenbarung von Dienstgeheimnissen handelt, was eine strafbare Handlung darstellt.

  • Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L): Der TV-L regelt die Arbeitsbedingungen, Rechte und Pflichten der Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder. Er umfasst unter anderem Bestimmungen zu Vergütung, Arbeitszeit, Urlaub und Kündigungsmodalitäten. Zudem bieten Tarifverträge Rahmenbedingungen für disziplinarische Maßnahmen und den Umgang mit Pflichtverletzungen.

    Das Arbeitsverhältnis der Klägerin unterliegt dem TV-L, der spezifische Regelungen zur Kündigung und den Schutz der Arbeitnehmerrechte enthält. Bei einer außerordentlichen Kündigung müssen die Vorgaben des TV-L beachtet werden, um die Rechtmäßigkeit der Kündigung sicherzustellen.

  • § 353a StPO (Strafprozessordnung): Dieser Paragraph regelt die Ermittlungen bei der Verletzung von Dienstgeheimnissen durch öffentliche Bedienstete. Er erlaubt umfangreiche Ermittlungsmaßnahmen zur Aufklärung solcher Verstöße, einschließlich der Durchsuchung von Arbeitsplätzen und der Einsicht in elektronische Kommunikationsmittel.

    Die Staatsanwaltschaft führte ein Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin durch, bei dem Zugriffsprotokolle ihres Arbeitsrechners ausgewertet wurden. § 353a StPO bildet die rechtliche Grundlage für diese Ermittlungen, um die angebliche Verletzung von Dienstgeheimnissen zu prüfen.


Das vorliegende Urteil


Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 2 Sa 171/23 – Urteil vom 18.04.2024


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