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Gegenstandswert – Anfechtung Einigungsstellenspruch – Gesamtbetriebsvereinbarung

Landesarbeitsgericht Hamburg – Az.: 5 TaBV 12/19 – Beschluss vom 31.03.2021

Der Gegenstandswert für die Beschwerde wird auf 65.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Dieser Beschluss setzt den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Beschwerdeverfahren fest (§ 33 Abs. 1 RVG). Der Gegenstandswert dient als Berechnungsgrundlage für die anwaltlichen Gebühren.

1. Der antragstellende Gesamtbetriebsrat hat begehrt, die Unwirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs über die unternehmensweite Einführung eines Kassensystems in allen Betrieben der Arbeitgeberin festzustellen, darunter auch Betriebe ohne Betriebsrat. Die Arbeitgeberin beschäftigt nach ihren eigenen Angaben insgesamt 3.661 Arbeitnehmer:innen (Stand: September 2020). Soweit der Gesamtbetriebsrat von insgesamt 4.098 Arbeitnehmer:innen ausgeht, handelt es sich nicht um seine eigenen Ermittlungen, sondern um eine Mitteilung von anderer Seite – vermutlich aus dem Bereich der Arbeitgeberin. In 54 Filialen der Arbeitgeberin sind örtliche Betriebsräte gebildet, die insgesamt 2.910 Arbeitnehmer:innen repräsentieren.

2. Auf den Antrag des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren durch gesonderten Beschluss festzusetzen (§ 33 Abs. 1 RVG, § 2 Abs. 2 GKG).

a) Da sich der Gegenstandswert aus besonderen Vorschriften nicht ergibt, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen. Bei nicht vermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 5.000 € (Hilfswert), nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000 € anzunehmen (§ 23 Abs. 3 Satz 2 RVG).

b) Der vorliegende Regelungsstreit hat einen nicht vermögensrechtlichen Gegenstand, dessen Wert nach billigem Ermessen auf den 13fachen Hilfswert festzusetzen ist, mithin auf 65.000,00 €.

aa) Der Streit über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs und damit über die Wirksamkeit einer Betriebsvereinbarung ist hinsichtlich der Bemessung des Gegenstandswerts nach den Grundsätzen über den Streit um das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts oder die Einhaltung einer Betriebsvereinbarung zu behandeln (LAG Hamburg, Beschluss vom 10. Februar 2012 – H 6 Ta 1/12 –, juris).

(1) Bei der Bemessung der wertmäßigen Bedeutung, den eine Auseinandersetzung um das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts hat, ist von der Anzahl der betroffenen Beschäftigten auszugehen und sich dabei an der Staffel des § 9 BetrVG zu orientieren; das Gleiche gilt, soweit es um die Einhaltung einer Betriebsvereinbarung geht. Dabei ist regelmäßig der Grundfall von bis zu 20 Beschäftigten mit dem einfachen Auffangwert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG in Höhe von 5.000 € in Ansatz zu bringen; für die weiteren in § 9 BetrVG vorgesehenen Staffeln sind jeweils zusätzlich 5.000 € zu berücksichtigen (LAG Hamburg, Beschluss vom 30. November 2009 – 4 Ta 12/09 –, juris).

(2) Die Orientierung an der Staffel des § 9 BetrVG zur Bemessung der wertmäßigen Bedeutung des Streitgegenstandes gilt auch für den Streit über die Wirksamkeit einer Gesamtbetriebsvereinbarung. Erstreckt sich der persönliche Geltungsbereich der Gesamtbetriebsvereinbarung aufgrund originärer Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats auch auf Beschäftigte in Betrieben ohne Betriebsrat (§ 50 Abs. 1 BetrVG), sind bei der Orientierung an der Staffel des § 9 BetrVG alle Arbeitnehmer (§ 5 Abs. 1 BetrVG) des Unternehmens zu berücksichtigen, soweit sie auch im Übrigen dem Geltungsbereich der Gesamtbetriebsvereinbarung unterfallen.

(3) Soweit die erkennende Kammer in einer früheren Entscheidung ausgeführt hat, im Interesse einer möglichst einheitlichen Gestaltung der Streitwertbemessung für bestimmte, typische Fallkonstellationen ihre Rechtsprechung am sogenannten „Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit“ (vgl. zuletzt: NZA 2018, S. 498) zu orientieren (LAG Hamburg, Beschluss vom 20. Mai 2016 – 5 Ta 7/16 –, Rn. 10, juris), hält sie daran nach einem Wechsel im Kammervorsitz nicht weiter fest. Die Empfehlungen der mandatslos errichteten sogenannten „Streitwertkommission“ sind nicht bindend. Sie sind weder Rechtssätze noch Rechtsprechung.

bb) Die Beteiligten haben über die Wirksamkeit einer durch Einigungsstellenspruch zustande gekommenen Gesamtbetriebsvereinbarung gestritten, für die der Gesamtbetriebsrat seine originäre Zuständigkeit (§ 50 Abs. 1 BetrVG) hinsichtlich seines Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG in Anspruch nimmt, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Nach den obigen Grundsätzen sind alle Arbeitnehmer des Unternehmens der Arbeitgeberin bei der Streitwertbemessung zu berücksichtigen, auch die Beschäftigten in betriebsratslosen Betrieben. Eine Einschränkung des sachlichen Geltungsbereichs der Gesamtbetriebsvereinbarung auf bestimmte Arbeitnehmergruppen ist nicht ersichtlich. Damit ist auszugehen von 3.661 betroffenen Arbeitnehmer:innen – die abweichende Angabe des Gesamtbetriebsrats zur Beschäftigtenanzahl stammt aus einer unklaren Quelle –, sodass die 13. Staffel des § 9 BetrVG erreicht wird, woraus sich ein Gegenstandswert von (13 x 5.000 € =) 65.000 € ergibt.

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