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Geheimhaltungsmaßnahmen Geschäftsgeheimnisgesetz

Verwendung von Geschäftsgeheimnissen

Landesarbeitsgericht Düsseldorf – Az.: 12 SaGa 4/20 – Urteil vom 03.06.2020

1. Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 23.01.2020 – 12 Ga 5/20 teilweise abgeändert und der Verfügungsbeklagte verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr privat angefertigte Notizen über Kunden, Ansprechpartner sowie deren Kontaktinformationen und/oder Umsätze zum Zwecke des Wettbewerbs zu verwerten und/oder verwerten zu lassen und/oder zu nutzen und/oder zu nutzen und/oder nutzen zu lassen.

2. Die weitergehende Berufung des Verfügungsklägers wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Verfügungskläger zu 75 % und dem Verfügungsbeklagten zu 25 % auferlegt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Unterlassung der Verwendung von Geschäftsgeheimnissen durch den Verfügungsbeklagten.

Der Verfügungskläger als eingetragener Kaufmann betrieb die Herstellung und den Vertrieb von Verpackungsmaterialien. U.a. vertrieb er sog. Polyurethan-Schaum (im Folgenden PU-Schaum). Es handelte sich um einen Kleinbetrieb mit weniger als zehn Mitarbeitern. Der Verfügungsbeklagte, der zuvor in einer anderen Branche tätig war, war bei dem Verfügungskläger seit dem 15.10.2014 auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 09.10.2014 als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag vom 09.10.2014 hieß es u.a.:

„§ 14 – Geheimhaltungspflicht, Rückgabe von Unterlagen

In seiner Eigenschaft als Außendienstmitarbeiter verpflichtet sich der Arbeitnehmer zu absoluter Verschwiegenheit gegenüber jedem unbefugten Dritten in Bezug auf alle geheimhaltungsbedürftigen Vorgänge.

Die Geheimhaltungspflicht erstreckt sich auf alle Angelegenheiten und Vorgänge, die im Rahmen der Tätigkeit bekannt geworden sind und bekannt werden, aber auch auf sonstige sachliche und persönliche Umstände im Unternehmen, die nicht zu den formellen Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen gehören.

Die Geheimhaltungspflicht besteht nicht nur gegenüber Dritten, sondern auch gegenüber den Arbeitnehmern des Arbeitgebers, sofern nicht die Wahrnehmung der betrieblichen Aufgaben und die reibungslose Zusammenarbeit eine Mitteilung erforderlich machen.

Auf Verlangen des Arbeitgebers sind ihm alle dienstlichen Unterlagen (z.B. Aufzeichnungen, Gesprächsunterlagen), Arbeitsgerätschaften (z.B. Laptop) und Waren jederzeit auszuhändigen.

Am letzten Arbeitstag sind alle vorgenannten Gegenstände, die unmittelbar oder mittelbar mit der Arbeitsverrichtung oder dem Unternehmen zusammenhängen, dem Arbeitgeber zurückzugeben.

…“

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Arbeitsvertrag Bezug genommen. Der Verfügungskläger stellte dem Verfügungsbeklagten für dienstliche Zwecke einen Dienstrechner in den eigenen Räumlichkeiten und einen Laptop zur Verfügung. Die private Nutzung dieser Arbeitsgeräte wurde geduldet. Während seiner Tätigkeit bei dem Verfügungskläger wies der Verfügungsbeklagte gelegentlich auf seine eigene Vergesslichkeit hin.

In der Liste der Vermerke über Kundenkontakte des Verfügungsbeklagten, welche die Mitarbeiter des Verfügungsklägers pflegten, waren auch die Aktivitäten des Verfügungsbeklagten betreffend den Kunden M. GmbH vermerkt. Bei dem Bericht des Verfügungsbeklagten vom 04.08.2017, geändert am 03.04.2018 war bei der M. GmbH als Ansprechpartner Herr T. genannt. Bei dem Bericht des Verfügungsbeklagten vom 03.04.2018 war bei der M. GmbH als Ansprechpartner Herr T. genannt. In dem Berichtstext hieß es:

„Leider dieses Jahr noch nichts bestellt, habe angerufen doch Herr T. ist noch im Urlaub.

Der neue Einkäufer ist erst seit letztem Jahr November da und konnte mir keine Erklärung dafür geben, warum noch nichts bestellt wurde.

Kläre ich, wenn Herr T. aus dem Urlaub ist.

WV Mitte April 2018“

Am 13.06.2018 mahnte der Verfügungskläger den Verfügungsbeklagten wegen angeblichen wiederholten Reisekosten-Abrechnungsbetrugs in den Jahren 2015 bis 2017 ab. Bei dem Bericht des Verfügungsbeklagten vom 07.12.2018, geändert am 06.02.2019 war bei der M. GmbH als Ansprechpartner Herr T. genannt. Als Aktionsbeginn und Aktionsende war der 06.12.2018 angegeben. Im Text hieß es: „alles OK laut N. C. bleibt alles beim alten.“ Herr T. war der Lagerleiter bei der M. GmbH. Ein Herr A. war dies nicht. Dieser war jedenfalls seit Mai 2018 Techniker und Disponent. Herr A. war im Kundensatz des Verfügungsklägers als Ansprechpartner genannt, weil er wegen Datenschutzthemen angeschrieben worden war. In ca. 500 Meter Entfernung zur M. GmbH war ein weiterer Kunde des Verfügungsklägers, die Firma O.-F.-Maschinenfabrik ansässig. Am gleichen Tag, der den Vermerk betreffend die Firma M. im Dezember 2018 betraf, hatte der Verfügungsbeklagte zunächst die Firma T. Compressor Systems GmbH und sodann die Firma O.-F.-Maschinenfabrik aufgesucht. Ob der Verfügungsbeklagte an diesem Tag auch die Firma M. aufsuchte, ist zwischen den Parteien streitig.

Im Rahmen seiner Tätigkeit erhielt der Verfügungsbeklagte auf seine Anforderung Kundenumsatzlisten über die von ihm betreuten Kunden im Excel-Format. Diese als Anlage ASt 7 zur Akte gereichte Liste wurde dem Verfügungsbeklagten durch den Verfügungskläger mit einer E-Mail von Frau E. vom 17.01.2019 übersandt. In dieser E-Mail hieß es u.a.:

„anbei die Liste Umsatzstatistik bis einschl. 31. Dezember 2018. Sie dient Euch nicht nur für einen Überblick Eurer Kunden und deren Umsatzzahlen, sondern ebenso zum Abgleich für Eure Provisionszahlungen. Ihr schafft das – ich weiß das. Auch wenn nicht alles nochmal separat und für jeden von Euch in einer Provisionsliste aufgeführt ist. Solltet Ihr noch Fragen bezügl. Provisionen haben, lasst es mich gerne wissen“

Die Liste Anlage ASt 7 führte 240 Kunden des Verfügungsklägers mit namentlicher Bezeichnung, Anschrift, abgenommener Menge an PU-Schaum und die durch den Absatz von PU-Schaum generierten Umsätze auf. Die Preise für PU-Schaum waren nicht allgemein bekannt und hingen u.a. davon ab, welcher Schaum in welcher Qualitätsstufe und mit welcher Kerndichte von den jeweiligen Kunden bezogen wurde. Diese Anlage ASt 7 befand sich jedenfalls auf dem Dienstrechner des Verfügungsbeklagten. Der Verfügungsbeklagte erhielt Provisionsabrechnungen. Zur Kontrolle erhielt er eine detaillierte Umsatz- und Provisionsaufstellung, die er ausgedruckt erhielt. Diese als Anlage ASt 9 zur Akte gereichte Liste enthielt ebenfalls Kundenamen nebst Anschriften sowie die abgenommene Menge und den Umsatz.

Auf der Messe LogiMat vom 19.02.2019 bis 21.02.2019, an welcher der Verfügungsbeklagte für den Verfügungskläger teilnahm, lernte der Verfügungsbeklagte den Geschäftsführer der S. GmbH kennen. Am 14.03.2019 fand ein Treffen des Verfügungsbeklagten mit der S. GmbH statt. In dem dazu von ihm im System des Verfügungsklägers hinterlegten Terminsbericht hieß es:

„mit Herrn M. getroffen, auf der Messe M. kennen gelernt.

Hatte Interesse an Air C. und möchte eventuell Zusammenarbeit mit uns.

Wollte mich ausfragen wegen Schaum, in Deutschland noch nicht vertreten, soll sich aber ändern. Bieten alle Schaumanlagen immer kostenfrei an, welche Schaumtypen und wie viele, wie teuer er selber hatte keine Ahnung zum Thema Schaum.

Er möchte, dass ich mir die Anlagen ansehe, bin schon neugierig, ob wir weitere Konkurrenz bekommen.“

Der Verfügungsbeklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 25.03.2019 zum 30.04.2019. Mit Schreiben vom 27.03.2019 verzichtete der Verfügungsbeklagte gegenüber dem Verfügungskläger auf das in § 13 des Arbeitsvertrages vom 09.10.2014 vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot. In dem dazu zwischen den Parteien geführten Gespräch gab der Verfügungsbeklagte an, dass er damit spiele, Facility-Manager zu werden. Mit E-Mail vom 04.04.2019 fragte der Geschäftsführer der S. GmbH bei dem Verfügungsbeklagten einen Termin am 10.04.2019 um 10.00 Uhr in der Cigarworld Lounge in E. an. Unter dem 05.04.2019 verfasste der Verfügungsbeklagte folgende Notiz zur S. GmbH im System des Verfügungsklägers:

„auf der M. kennengelernt, habe mit Herrn S. nochmal telefoniert.

Hat Interesse an Air C., ich habe ihn eigeladen nach NL zur Messe zu kommen, er wollte schnellstmöglich Muster, die hat er sich auf der Messe abgeholt und ist im Anschluss zu seinem Kunden gefahren. Es wurde ein neuer Termin vereinbart, hat Interesse an H5, die aber nur mit 80my und 5 cm kürzer sein sollen.

Bekommt ein Angebot für 15k Jahresbedarf und ca. 20 Muster H5.

Termin angedacht am 10.04.2019.“

Der Termin wurde auf den 09.04.2019 vorverlegt. Am 10.04.2019 um 07.13 Uhr übersandte der Geschäftsführer der S. GmbH an die E-Mail-Adresse des Verfügungsbeklagten Preise und Informationen zu den Schaumsystemen der S. GmbH, wobei er sich für die längere Bearbeitungszeit entschuldigte. Am 10.04.2019 um 16.11 Uhr schloss der Verfügungsbeklagte einen Wechseldatenträger an den Dienstrechner an und kopierte dorthin jedenfalls seine privaten Dateien. Der Anschluss erfolgte wenige Minuten später auch an den Laptop. Der Verfügungsbeklagte löschte auf diesen Arbeitsgeräten Rechner jedenfalls seine privaten Dateien. Am 10.04.2019 bearbeitete der Verfügungsbeklagte seinen Lebenslauf sowie seine Bewerbung. An seinen letzten Arbeitstagen „fasste“ der Verfügungsbeklagte ausweislich der temporären Ordner Interessenliste, Umsatzlisten und Preislisten an. Am 12.04.2019 antwortete der Verfügungsbeklagte von seiner privaten E-Mail-Adresse auf die E-Mail des Geschäftsführers der S. GmbH und zugleich auch an seine dienstliche E-Mail-Adresse bei dem Verfügungskläger wie folgt:

„Hallo S., vielen Dank. Ich melde mich bald hierzu bei Dir.

Hab ein schönes Wochenende Grüße E..“

Am 16.04.2019 trat der Verfügungsbeklagte seinen Resturlaub an.

Die als Anlage ASt 9 zur Akte gereichte Liste gab der Verfügungsbeklagte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht an den Verfügungskläger zurück. Die dienstlichen Arbeitsgeräte des Verfügungsbeklagten blieben beim Verfügungskläger.

Ab dem 01.06.2019 war der Verfügungsbeklagte als Produktmanager für die S. GmbH tätig und vertrieb für diese PU-Schaum.

Mit E-Mail vom 25.09.2019 wandte sich der Verfügungsbeklagte an die M. GmbH, einen Kunden des Verfügungsklägers, der vor dessen Ausscheiden durch den Verfügungsbeklagten betreut wurde. In der E-Mail hieß es:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist E. Q., ich war für die Firma G. Pack tätig und bin jetzt bei der Firma S. GmbH.

Aus diesem Grunde wende ich mich heute an Sie, wir die Firma S. GmbH bieten den PU-Schaum zu einem sehr günstigen Preis an, es würde mich sehr freuen wenn Ihnen unser Angebot zusagt.

Ich gehe davon aus, dass Sie momentan für Ihren Schaum ca. 7 – 8 Euro je kg bezahlen, wir bieten Ihnen den Schaum fast 50 % günstiger an.

Um sich von der Qualität selbst ein Bild machen zu können, möchten wir Ihnen anbieten, unseren Schaum mal zu testen. Sie werden nicht nur von den Einsparnissen begeistert sein.

Über ein Feedback würde ich mich sehr freuen und stehe Ihnen jederzeit gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen/Best regards

…..“

Die M. GmbH leitete die E-Mail vom 25.09.2019 am 02.10.2019 an einen Mitarbeiter des Verfügungsklägers weiter. Der Verfügungskläger erhielt aufgrund eines Urlaubs erst am 07. oder 08.10.2019 hiervon Kenntnis. Am 23.10.2019 mahnte der Verfügungskläger auch das hier in Rede stehende Verhalten gegenüber dem Verfügungsbeklagten ab.

Die in diesem Verfahren gestellten Anträge erster Instanz sind zunächst Gegenstand eines vom Verfügungskläger bei dem Landgericht Mönchengladbach angestrengten einstweiligen Verfügungsverfahrens auch gegen die S. GmbH und deren Geschäftsführer gewesen. Nach deren Abtrennung hat das Landegericht Mönchengladbach diese wegen örtlicher Unzuständigkeit an das Landgericht Düsseldorf verwiesen, welches diese wiederum aus Gründen der sachlichen Zuständigkeit an das Arbeitsgericht Düsseldorf verwiesen hat.

Der Verfügungskläger hat behauptet, dass sich anhand der Umsätze und der Absatzmenge aus den Kundenumsatzlisten der Preis ermitteln lasse, den ein jeweiliger Kunde für seinen PU-Schaum bezahle und welche Qualitätsstufe er nachfrage. Dieses Geschäftsgeheimnis nutze der Verfügungsbeklagte. Er schöpfe nicht aus seiner Erinnerung, sondern arbeite eine Liste ab, die er nicht haben dürfe. Bei der Kontaktaufnahme der Firma M. GmbH handele es sich nicht um einen Einzelfall. Der Verfügungskläger hat behauptet, dass der Verfügungsbeklagte sich aufgrund seiner Vergesslichkeit bereits auf dem Rückweg von den Kundenbesuchen nicht mehr habe erinnern können, bei welchem Kunden er gerade gewesen sei. Zu dem Kunden M. habe der Verfügungsbeklagte zuletzt im April 2018 Kontakt gehabt. Aus dem Text der E-Mail an den Kunden M. ergebe sich, dass es sich um eine für viele Kunden vorformulierte E-Mail handele. Dies ergebe sich bereits aus der Anrede sowie daraus, dass die E-Mail keinen konkreten Ansprechpartner aufweise.

Der Verfügungskläger hat gemeint, der Unterlassungsanspruch ergebe sich gemäß §§ 2, 6, 4 GeschGehG i.V.m. §§ 8,17 (a.F.) UWG. Bei den Anlagen ASt 7 und ASt 9 handele es sich um Geschäftsgeheimnisse i.S.v. § 2 GeschGehG. Er habe jedenfalls durch die Verschwiegenheitsklausel im Arbeitsvertrag eine angemessene Schutzmaßnahme ergriffen. Die erforderliche Wiederholungsgefahr ergebe sich aus der erstmaligen Verletzungshandlung des Verfügungsbeklagten. Die Dringlichkeit ergebe sich daraus, dass künftige Verletzungshandlungen zu unterbinden seien.

Der Verfügungskläger hat beantragt,

1. dem Verfügungsbeklagten es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr die in ihm dem Verfügungsbeklagten überlassenen Umsatzlisten gemäß Anlage ASt 7 und/oder Provisionsabrechnungen gemäß Anlage ASt 9 enthaltenen Angaben über (a) die generelle Nachfrage von Polyurethan-Schaum von Unternehmen von seinen Kunden und/oder (b) die durch diese Kunden generierten Umsätze zum Zwecke des Wettbewerbs zu verwerten und/oder verwerten zu lassen und/oder zu nutzen und/oder nutzen zu lassen,

2. die als Anlagen ASt 7 und ASt 9 vorgelegten Dokumente als „geheimhaltungsbedürftig“ einzustufen.

Der Verfügungsbeklagte hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

Er hat behauptet, dass ihm aufgrund seiner Tätigkeit für den Verfügungskläger bekannt sei, welche Umsätze und welche Absatzmengen inklusive des Preises ein jeweiliger „seiner Kunden“ für PU-Schaum zahle und welche Qualität er nachfrage. Die als Anlage ASt 7 vorgelegte Liste habe er lediglich angefordert, um die Provisionsabrechnung für 2018 in Höhe von 29.767,62 Euro brutto überprüfen zu können. Diese habe er nicht ausgedruckt. Sie habe sich ausschließlich auf dem Dienstrechner befunden, den er bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückgab. Der Verfügungsbeklagte hat behauptet, dass der Hinweis auf die eigene Vergesslichkeit in anderem Zusammenhang erfolgt sei. Wenn er oft vier bis fünf Kunden täglich besucht habe, dann habe er sich bei den Kollegen im Betrieb telefonisch gemeldet, um dringende Informationen kurzfristig zu übermitteln. Dabei sei er zu den übrigen Besuchen befragt worden. Dann habe er darauf hingewiesen, dass er die betreffende Dokumentation erstellen und sodann Informationen erteilen werde, sobald er in den Betrieb zurückgekehrt sei.

Der Verfügungsbeklagte hat behauptet, er habe sich am 27.03.2019 noch nicht um eine andere Arbeitsstelle bemüht gehabt. Er habe außerdem Ende September 2019 in der Zentrale der Firma M. GmbH angerufen, um sich mit dem Lagerleiter A. verbinden zu lassen. Dieses Telefonat habe die Zentrale, konkret Frau S., angenommen. Diese habe ihn darauf hingewiesen, dass Herr A. für das Lager nicht mehr verantwortlich sei, sondern ein Herr Q., der nicht im Hause sei. Frau S. habe ihm vorgeschlagen, sein Anliegen per E-Mail zu unterbreiten und habe ihm die E-Mail-Adresse info@m..de gegeben. Daraufhin habe er die E-Mail vom 25.09.2019 verfasst. Dabei habe es sich um ein individuelles Schreiben und nicht um einen Serienbrief gehandelt.

Tatsache sei außerdem, dass er die Daten aus den hier streitigen Listen nicht benötige, weil ihm diese hinsichtlich der Kunden, mit denen er regelmäßig Kontakt hatte, nach viereinhalbjähriger Tätigkeit ohne weiteres erinnerlich seien. Gleiches gelte für die Kalkulationsgrundlage des PU-Schaums. Außerdem sei das Sortiment des Verfügungsklägers mit PU-Schaum in elf Varianten, sechs Schaummaschinen, drei Luftpolstermaschinen, zwei Papiermaschinen und Fixierverpackung L. überschaubar.

Das Arbeitsgericht hat den Unterlassungsantrag des Verfügungsklägers mit Urteil vom 23.01.2020 zurückgewiesen und zugleich die als Anlagen ASt 7 und ASt 9 vorgelegten Dokumente als geheimhaltungsbedürftig eingestuft. Gegen das ihm am 03.02.2020 zugestellte Urteil hat der Verfügungskläger am 03.03.2020 Berufung eingelegt und diese am 03.04.2020 begründet.

Der Verfügungskläger rügt, dass das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt habe, dass der Verfügungsbeklagte sich nicht mit glaubhaft gemachtem Bestreiten verteidigt habe. Es habe außerdem nicht berücksichtigt, dass der Verfügungsbeklagte keinen Kontakt zu einem Herrn A. bei der M. GmbH hatte sowie dass er bereits vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit ihm in einer vorarbeitsvertraglichen Beziehung zur S. GmbH gestanden habe. Außerdem habe das Arbeitsgericht seine Hinweispflicht verletzt. Da sich das Arbeitsgericht nach dem Stand des Verfahrens vor dem Landgericht Mönchengladbach erkundigt habe, das seinen dortigen Anträgen entsprochen, habe er davon ausgehen dürfen, dass sein Vortrag für den Erlass der einstweiligen Verfügung ausreichen würde.

Der Verfügungskläger behauptet, dass der Verfügungsbeklagte in Abstimmung mit seinem neuen Arbeitgeber seine Geschäftsgeheimnisse verwerten würde. Rechtlich komme hier das unbefugte Kopieren von Dokumenten betreffend ein Geschäftsgeheimnis (§ 4 Abs. 1 Nr. 1, 3. Variante GeschGehG) ebenso in Betracht wie das Erlangen des Geschäftsgeheimnisses durch ein sonstiges Verhalten i.S.v. § 4 Abs. 1 Nr. 2 GeschGehG. Dabei dürfte es – so der Verfügungskläger – weiter zulässig sein, dass ein ausgeschiedener Mitarbeiter Informationen aus dem Gedächtnis abruft. Der Verfügungskläger behauptet, dass der Verfügungsbeklagte nicht aus der Erinnerung schöpfe, sondern auf Kunden- und Umsatzlisten zurückgreife und diese für die aktuelle Arbeitgeberin verwerte. Dies habe er ausreichend glaubhaft gemacht.

Der Verfügungskläger ist der Ansicht, dass sich aus dem Sachvortrag des Verfügungsbeklagten nicht ergebe, warum er sich mit der M. GmbH an einen Kunden erinnern könne, zu dem er weder einen häufigeren Kontakt noch einen besonderen Umsatz aufwies, zumal der Verfügungsbeklagte ausführte, dass er sich an Kunden erinnere, zu denen er regelmäßig Kontakt hatte.

Der Verfügungskläger behauptet, dass der Verfügungsbeklagte während seiner Beschäftigung bei ihm keinen Kontakt zu einem Herrn A. der Firma M. GmbH gehabt habe. Vielmehr habe er mit Herrn T. oder Herrn T. Kontakt gehabt. Bei der Kontaktaufnahme für die S. GmbH habe der Verfügungsbeklagte den gleichen Fehler gemacht und sich an Herrn A. gewandt. Er müsse sich deshalb auch insoweit seines Kundendatensatzes der M. GmbH bedient und diese, die Anlage ASt 21, in Besitz haben. Der Verfügungskläger behauptet, dass der Verfügungsbeklagte letztmals im Jahr 2016 persönlich Kontakt mit der Firma M. GmbH gehabt habe. Im Dezember 2018 sei er nicht vor Ort gewesen, vielmehr habe Herr C. den Termin wahrgenommen, wie es sich aus dem Terminsbericht ergebe. Der Verfügungsbeklagte erläutere nicht, woher er Herrn A. kenne.

Der Verfügungskläger behauptet, dass der Verfügungsbeklagte auf seinen Arbeitsgeräten nicht nur seine privaten Dateien, sondern auch die hier in Rede stehenden Umsatzlisten und Provisionslisten gelöscht habe. Er habe selektiv Dateien gelöscht und so Spuren verwischt. Nach einem allgemeinen Erfahrungssatz lösche nur der Spuren, dem sie gefährlich werden könnten.

Der Verfügungskläger behauptet, dass sich der Preis des PU-Schaums aus der Umsatzliste ASt 7 ergebe und keinesfalls aus der Erinnerung des Verfügungsbeklagten. Wegen der Einzelheiten diesen Sachvortrags wird auf Seite 14 f. der Berufungsbegründung Bezug genommen. Aus der Anlage ASt 7 ergebe sich ein Verkaufspreis von 8,33 Euro, d.h. gerundet zufälligerweise 8,00 Euro.

Die Gesamtindizien ergäben, dass der Verfügungsbeklagte und sein neuer Arbeitgeber die Erlangung seiner Geschäftsgeheimnisse koordiniert hätten. Es sei unplausibel, dass diese erst nach der Kündigung am 25.03.2019 Gespräche aufgenommen hätten und das Arbeitsverhältnis zum 01.06.2019 eingegangen seien. Das Treffen am 09.04.2019 habe nur vorgeblich der Übergabe von Mustern und Proben gedient. Es habe tatsächlich in der Cigarworld Lounge stattgefunden. Es handele sich um kein Ambiente, in dem Proben übergeben würden. Diese hätte man auch postalisch versenden können. Das Angebot der S. GmbH vom 10.04.2019 sei für ihn den Verfügungsbeklagten von keinerlei Interesse gewesen. Eine Mitarbeiterin habe die ausgedruckte E-Mail in einem Papierstapel am verlassenen Schreibtisch des Verfügungsbeklagten gefunden. Die E-Mail vom 12.04.2019 habe der Verfügungsbeklagte versehentlich auch an seine dienstliche E-Mail-Adresse bei ihm, dem Verfügungskläger gesandt. Hätte der Verfügungsbeklagte ernsthaft den Markt sondieren wollen, dann hätte er ihm dem Verfügungskläger Bericht erstattet, keine E-Mails von seinem privaten Account versandt, kein Näheverhältnis zur S. GmbH in entspannter Atmosphäre hergestellt und am vorletzten Arbeitstag nicht gemailt, dass sich er und nicht ein anderer Mitarbeiter des Verfügungsklägers melde. Es sei vielmehr darum gegangen, Anhaltspunkte dafür zu sammeln, welche seiner Kunden vom Verfügungsbeklagten gesichert werden sollten.

Der Verfügungskläger behauptet, dass der Verfügungsbeklagte wiederholt bewusst oder unbewusst Reisekostenabrechnungen gefälscht habe und nicht wahrgenommene Termine abgerechnet habe. Er habe den Verfügungsbeklagten deshalb zu Recht abgemahnt.

Der Verfügungskläger behauptet, dass der Verfügungsbeklagte sich durch falsche Tatsachenbehauptungen die Lösung von dem Wettbewerbsverbot und eine einmalige Zahlung von 30.000,00 Euro erschlichen habe. Er habe wahrheitswidrig behauptet, Facility-Manager werden zu wollen und nicht zu einem Wettbewerber wechseln zu wollen. Er sei der Verfügungsbeklagte gewesen, der darauf gedrängt habe, das Wettbewerbsverbot aufzuheben. Der Verfügungskläger behauptet, dass der Verfügungsbeklagte zum Zeitpunkt der Aufhebung des Wettbewerbsverbots bereits wusste, dass dieser für die S. GmbH tätig werden würde.

Der Verfügungskläger meint, dass der Verfügungsbeklagte auf seinen qualifizierten, substantiierten und glaubhaft gemachten Vortrag mit nur einfachem Bestreiten reagiere und seinen Vortag an die von ihm vorgetragenen Informationen anpasse. Sein eigener Vortrag in der Berufungsinstanz sei zudem nicht verspätet. Überdies habe bereits sein erstinstanzlicher Vortrag genügt. Gerade seinem schon erstinstanzlichen Vortrag zur Kenntnis des Preises sei der Verfügungsbeklagte weder qualifiziert entgegengetreten noch habe er dazu etwas glaubhaft gemacht. Reiche die Behauptung aus, man könne sich an alles erinnern, werde das Geschäftsgeheimnisgesetz ad absurdum geführt.

Der Umstand, dass der Verfügungsbeklagte sich erst in zweiter Instanz auf die Aufzeichnungen in seinem Kalender berufe, zeige die Inkonsistenz des Vortrags des Verfügungsbeklagten. Er greife gerade auf seinen eigenen Aufzeichnungen zurück, was er nicht dürfe und so zu der Antragserweiterung aus dem Schriftsatz vom 26.05.2020 führe.

Der Vortrag des Verfügungsbeklagten stehe in diametralem Widerspruch zu den eigenen Aufzeichnungen zu seinen Kundenbesuchen. Ausweislich seines eigenen Terminsberichts sei es nicht er, sondern Herr C. gewesen, der bei der Firma M. GmbH gewesen sei. Außerdem beziehe er sich in seinem Bericht auf zwei Ansprechpartner, nämlich Herrn T. als Ansprechpartner bei der Firma M. und Herrn C. von T. Air. Dies stehe im Widerspruch dazu, dass er jetzt die Herren A. und C. als Ansprechpartner nenne. Dass der Verfügungsbeklagte sich an Herrn T. erinnern könne, sei nicht plausibel. Ungeklärt sei, woher der Verfügungsbeklagte den Namen A. kennen könne, wenn nicht aus der Anlage ASt 21.

Der Verfügungskläger behauptet, Frau E. habe durch einen Blick in das Postfach des Verfügungsbeklagten sehen können, welche E-Mails endgültig und nicht wiederherstellbar zerstört seien. Gerade unter diesen E-Mails befand sich auch eine E-Mail mit dem streitgegenständlichen Anhang, welche Frau E. dem Verfügungskläger geschickt hatte. Auf die Uhrzeit der Zugriffe auf die Arbeitsgeräte des Klägers komme es nicht an, weil er auf diese auch von seinem Laptop von zu Hause habe zugreifen können. Frau E. habe das Änderungsdatum der Dateien nicht ändern könne.

Aus dem bereits vorgetragenen zeitlichen Ablauf ergebe sich das kollusive Zusammenwirken mit der neuen Arbeitgeberin. Der Vortrag des Verfügungsbeklagten zu den Abläufen sei unsubstantiiert. So teile er nicht mit, wo – wenn nicht in der Cigarworld Lounge – denn das Treffen am 09.04.2019 stattgefunden habe. Entgegen seiner Einlassung habe der Verfügungsbeklagte mit der E-Mail von seinem privaten Account die Anfrage von Herrn M. weiterbearbeitet. Außerdem fehlten Angaben dazu, wie es denn konkret zur Anbahnung des Vertragsverhältnisses mit der S. GmbH gekommen sei. Die vielen Mosaiksteine zeichneten ein eindeutiges Gesamtbild. Auf die Duldung der privaten Nutzung der Arbeitsrechner komme es nicht an.

Der Vortrag zum Verzicht auf das Wettbewerbsverbot sei irrelevant, denn es gehe nicht um Wettbewerb an sich, sondern um unlauteren Wettbewerb. Im Übrigen sei es so gewesen, dass der Arbeitsvertrag des Klägers ab einer bestimmten Provisionshöhe die Neuverhandlung der Provisionshöhe vorgesehen habe. Daher habe der Verfügungsbeklagte einen neuen Arbeitsvertrag erhalten. Zur Kontrolle der Spesenabrechnungen des Verfügungsbeklagten habe begründeter Anlass bestanden. In den Ausgleich der falsch abgerechneten Reisekosten lasse sich ein Schuldanerkenntnis hineindeuten.

Der Verfügungskläger beantragt zuletzt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 23.01.2020 – 12 Ga 5/20 den Verfügungsbeklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die in den vom ihm dem Verfügungsbeklagten überlassenen Umsatzlisten gemäß Anlage ASt 7 und/oder Provisionsabrechnungen gemäß Anlage ASt 9 enthaltenen Angaben über (a) die generelle Nachfrage von Polyurethan-Schaum von Unternehmen von seinen Kunden und/oder (b) die durch diese Kunden generierten Umsätze und/oder die in seinem Kundensatz gemäß Anlage ASt 21 hinterlegten Ansprechpartner und/oder (d) privat angefertigte Notizen über Kunden, Ansprechpartner sowie deren Kontaktinformationen und/oder Umsätze aus seinem Geschäftsbereich zum Zwecke des Wettbewerbs zu verwerten und/oder verwerten zu lassen und/oder zu nutzen und/oder nutzen zu lassen.

Der Verfügungsbeklagte beantragt, die Berufung des Verfügungsklägers insgesamt zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Soweit der Verfügungskläger rügt, dass er seinen Sachvortrag nicht glaubhaft gemacht habe, weist er darauf hin, dass er dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht angeboten habe. Das Arbeitsgericht habe dies indes nicht für erforderlich gehalten. Auf eine Entscheidung des Landgerichts Mönchengladbach komme es schon deshalb nicht an, weil diese einen anderen Streitgegenstand betreffe.

Der Verfügungsbeklagte behauptet, dass er keineswegs Geschäftsgeheimnisse des Verfügungsklägers verwerte. Er greife weder auf Kundenlisten oder Umsatzlisten des Verfügungsklägers zurück, sondern schöpfe aus seiner Erinnerung. Es sei unzutreffend, dass er sich keine Namen merken könne. Er habe insoweit eine durchaus gute Erinnerung an den Kunden M. GmbH. Allein der Umstand, dass die Firma M. GmbH in unmittelbarer Nähe zu einem anderen Kunden des Verfügungsklägers ansässig war, habe dazu geführt, dass er diese in guter Erinnerung gehabt habe, weil dies eher ungewöhnlich gewesen sei. Er habe die Firma M. GmbH im Dezember 2018 auch tatsächlich selbst aufgesucht. Er habe im Jahr 2018 begonnen, sich zusätzlich in einem privaten Kalender Aufzeichnungen über seine Besuche bei Kunden und den Ansprechpartnern zu machen. Ausweislich des Kalenders sei für den Besuchstag im Dezember vermerkt, dass er zunächst bei T. Compressor Systems GmbH Frau K. kontaktierte. Im Anschluss sei er nach X. gefahren und habe bei der Firma O.-F.-Maschinenfabrik mit Frau I. gesprochen. Im Hinblick auf die räumliche Nähe sei er dann noch bei der M. GmbH gewesen und habe am Empfang gefragt, ob er Herrn A. oder Herrn T. sprechen könne. Beide Herren hätten keine Zeit gehabt aber mitteilen lassen, dass persönlicher Gesprächsbedarf nicht bestehe, weil „alles gut laufe“. Damit sei das Argument, dass er sich aufgrund seiner Vergesslichkeit weder an den Kunden M. GmbH noch an die konkreten Gesprächspartner erinnern könne, obsolet. Unzutreffend sei, dass Herr C. von der Firma T. Air im Dezember 2018 vor Ort bei der M. GmbH gewesen sei. Er sei selbst vor Ort gewesen.

Die Unterlage gemäß Anlage ASt 21 habe er nicht in seinem Besitz. Dies seien reine Spekulationen des Verfügungsklägers. Ebenso wenig habe er Informationen aus der Kundendatenbank des Verfügungsklägers abgeschrieben, ausgedruckt, kopiert oder weitergeleitet. Nichts anderes gelte für die Anlage ASt 21.

Auf seinem Dienstrechner habe er ausschließlich private Daten gelöscht. Soweit er den externen Datenträger angeschlossen habe, habe es sich ausschließlich um die Nutzung für private Daten gehandelt.

Der Verfügungsbeklagte behauptet, dass er keine Umsatzlisten des Verfügungsklägers für seine Tätigkeit bei S. GmbH genutzt habe. Er habe keineswegs die genauen Preise gekannt und sich gerade nicht mit einem konkreten Preis an die M. GmbH gewandt. Aufgrund seiner mehr als vierjährigen Tätigkeit habe er beim Kunden Preisangaben machen müssen.

Der Verfügungsbeklagte behauptet, dass er keineswegs mit seiner neuen Arbeitgeberin kollusiv zusammengewirkt habe. Vor der Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Verfügungskläger hätten keine Gespräche mit der S. GmbH mit dem Ziel der Anbahnung eines neuen Arbeitsverhältnisses stattgefunden. Im Anschluss an die Messe im Februar 2019 sei es ausschließlich um eine wie auch immer geartete Geschäftsbeziehung zwischen dem Verfügungskläger und der S. GmbH gegangen.

Der Verfügungsbeklagte behauptet, dass das Treffen am 09.04.2019 mit dem Geschäftsführer der Firma S. GmbH am 09.04.2019 nicht in der Cigarworld Lounge stattgefunden habe. Die E-Mail des Mitarbeiters M. der Firma S. GmbH vom 10.04.2019 stehe im Zusammenhang mit seinem Bericht von dem Zusammentreffen auf der Messe am 14.03.2019. Die Initiative sei nicht von ihm, sondern von Herrn M. ausgegangen. Da am 10.04.2019 das Ende des Arbeitsverhältnisses feststand und er ab dem 16.04.2019 keine Tätigkeiten mehr für den Verfügungskläger erbrachte, habe er die E-Mail vom 10.04.2019 nicht mehr weiterbearbeitet.

Der Verfügungsbeklagte behauptet, dass er keine Reisekostenabrechnungen gefälscht habe. Der Verfügungskläger hätte ihm außerhalb des Anwendungsbereiches des Kündigungsschutzgesetzes ohne weiteres ordentlich kündigen können. Dies habe der Verfügungskläger wegen des Wettbewerbsverbots nicht gewollt. Vielmehr habe er sich dieses Wettbewerbsverbotes durch Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages ohne Wettbewerbsverbot entledigen wollen. Diesen habe er ihm im Hinblick auf neue Datenschutzregelungen vorgelegt. Der Verfügungsbeklagte behauptet, dass der Grund für die Spannungen im Arbeitsverhältnis gewesen sei, dass er im Vergleich zu Frau E. deutlich höhere Provisionen erzielt habe. Nachdem dies aufgefallen sei, habe sich das Arbeitsverhältnis deutlich schwieriger gestaltet. Im Frühjahr 2018 habe sich Frau E. veranlasst gesehen, sämtliche Spesenabrechnungen zu kontrollieren. Wegen des Zeitablaufs habe man sich verständigt, dass er vermeintliche Fehlbeträge erstatte. Das Gespräch in diesem Zusammenhang sei der Anlass gewesen, ab Juni 2018 ergänzend seine Tätigkeit im Kalender aufzuzeichnen. Aufgrund der zunehmen Spannungen im Arbeitsverhältnis habe er dann gesundheitliche Probleme bekommen und sein Arzt habe ihm geraten, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Er habe deshalb gekündigt. Es sei der Verfügungskläger gewesen, der das Wettbewerbsverbot aufheben wollte. Er habe ihm gegenüber erklärt, dass er ihm sowieso nicht gefährlich werden könne. Zum Zeitpunkt der Aufhebung des Wettbewerbsverbots habe er weder Gespräche zur Eingehung eines Arbeitsverhältnisses mit der S. GmbH geführt noch dies beabsichtigt. Er habe sich zunächst arbeitslos gemeldet. Erst Anfang Mai seien er und der Geschäftsführer der S. GmbH in Vertragsverhandlungen getreten. Der Arbeitsvertrag mit der S. GmbH sei am 15.05.2019 ausgedruckt und erst danach von ihm unterschrieben worden. Am 20.05.2019 habe er sich bei der Agentur für Arbeit gemeldet und den Beschäftigungsbeginn bei der S. GmbH zum 01.06.2020 mitgeteilt.

Im Hinblick auf das gekündigte Arbeitsverhältnis habe er am 10.04.2019 ein Interesse daran gehabt, seinen Lebenslauf und seine Bewerbung zu aktualisieren.

Der Verfügungsbeklagte bezweifelt, dass die zur Akte gereichten Screenshots die ursprünglichen Daten zutreffend wiedergäben. Teilweise wiesen diese Bearbeitungszeiten von 6.59 Uhr und 07.00 Uhr aus. Er habe die Räumlichkeiten des Verfügungsklägers aber erst um 08.00 Uhr betreten können, weil er keinen Schlüssel mehr gehabt habe. Die Mitarbeiterin E. könne sich außerdem an allen Nutzern einloggen und gespeicherte Daten verändern.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle in beiden Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A. Die zulässige Berufung des Verfügungsklägers ist teilweise begründet und zwar insoweit, als der Verfügungsbeklagte es auf den zulässigen Antrag des Verfügungsklägers zu unterlassen hat im geschäftlichen Verkehr privat angefertigte Notizen über Kunden, Ansprechpartner sowie deren Kontaktinformationen und/oder Umsätze zum Zwecke des Wettbewerbs zu verwerten und/oder verwerten zu lassen und/oder zu nutzen und/oder zu nutzen und/oder nutzen zu lassen. Im Übrigen ist die zulässige Berufung des Verfügungsklägers unbegründet, weil dessen zulässiger Antrag insoweit unbegründet ist.

I. Der zuletzt von dem Verfügungskläger gestellte Antrag ist insgesamt zulässig. Der Verfügungskläger konnte seinen Antrag in der Berufungsinstanz gemäß § 533 ZPO erweitern und der Antrag ist insgesamt hinreichend bestimmt.

1. Die Voraussetzungen des § 533 ZPO sind gegeben. Die Antragserweiterung in der Berufungsinstanz um die Anlage ASt 21 und die privaten Aufzeichnungen ist sachdienlich i.S.v. § 533 Nr. 1 ZPO. Die beiden weiteren Aspekte des Unterlassungsbegehrens bauen auf dem bisherigen Sach- und Streitstoff auf und können unter der Verwertung des bisherigen Prozessstoffes prozesswirtschaftlich mit entschieden werden. Im Übrigen hat der Verfügungsbeklagte sich dadurch, dass er ausdrücklich die Zurückweisung der Berufung des Verfügungsklägers insgesamt beantragt hat, rügelos (§ 267 ZPO i.V.m. § 525 ZPO) eingelassen, was seiner Einwilligung gemäß § 533 Nr. 1 ZPO gleichsteht (vgl. BGH 13.11.1975 – VII ZR 186/73 Rn. 25). Die Entscheidung kann auf den Sachverhalt gestützt werden, den das Landesarbeitsgericht gemäß § 533 Nr. 2 ZPO ohnehin seiner Entscheidung zu Grunde zu legen hat.

2. Der zuletzt gestellte Sachantrag ist hinreichend bestimmt i.S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

a) Ein Unterlassungsantrag muss nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO so bestimmt gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts klar umrissen sind und der Beklagte erkennen kann, wogegen er sich verteidigen soll und welche Unterlassungspflichten sich aus einer dem Unterlassungsantrag folgenden Verurteilung ergeben; die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, darf grundsätzlich nicht dem Vollstreckungsgericht überlassen werden (BGH 22.11.2007 – I ZR 12/05, juris Rn. 20; BGH 16.07.2009 – I ZR 56/07, juris Rn. 9; BGH 26.01.2017 – I ZR 207/14, juris Rn. 18). Die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe oder Bezeichnungen kann dabei allerdings hinnehmbar oder im Interesse einer sachgerechten Verurteilung zweckmäßig oder sogar geboten sein, wenn über den Sinngehalt der verwendeten Begriffe oder Bezeichnungen kein Zweifel besteht, so dass die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht (BGH 05.06.1997 – I ZR 69/95, juris Rn. 39) bzw. wenn dessen Auslegung zwischen den Parteien nicht streitig ist (vgl. BGH 30.04.2008 – I ZR 73/05 juris Rn. 35). Welche Anforderungen dabei an die Konkretisierung des Streitgegenstandes im Unterlassungsantrag zu stellen sind, ist auch abhängig von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und den Umständen des Einzelfalles (BGH vom 04.07.2002 – I ZR 38/00, juris Rn. 28; LAG Sachsen-Anhalt vom 10.07.2009 – 9 Sa 167/08, juris Rn. 51). Eine auslegungsbedürftige Antragsformulierung kann im Übrigen hinzunehmen sein, wenn eine weitergehende Konkretisierung nicht möglich und die gewählte Antragsformulierung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes erforderlich ist (BGH 26.01.2017 a.a.O. Rn. 18; OLG München 21.03.2019 – 6 U 3377/18, juris Rn. 51).

b) Diesen Anforderungen genügt der vom Verfügungskläger zuletzt gestellte Antrag. Die Handlungen, welche der Verfügungsbeklagte bezogen auf bestimmte Gegenstände unterlassen soll, sind sämtlich hinreichend bestimmt beschrieben.

aa) Sämtlichen Handlungen, die der Verfügungsbeklagte unterlassen soll, ist gemein, dass diese nur im geschäftlichen Verkehr in Abgrenzung zur privaten und auf den eigenen Lebensbereich bezogenen Verwendung unterlassen werden sollen. Bei dem Begriff des geschäftlichen Verkehrs handelt es sich um einen Begriff, über dessen Auslegung zwischen den Parteien kein Streit besteht und für den objektive Maßstäbe zur Abgrenzung vorliegen (vgl. allgemein dazu BGH 04.11.2010 – I ZR 118/09, juris Rn. 13; sowie konkret Köhler/Bornkamm/Feddersen, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 38. Aufl. 2020, § 12 UWG Rn. 2.38).

bb) Der Gegenstand des Unterlassungsbegehrens ist jeweils hinreichend konkret bestimmt.

(1) Dies sind zunächst die Umsatzliste ASt 7 und die Liste ASt 9, die jeweils genau bezeichnet sind. Zu (a) und (b) im Antragstext ist mitgeteilt, welche Angaben dieser Listen gemeint sind, wobei durch die Verwendung der Verknüpfung „und/oder“ zum Ausdruck gebracht wird, dass jeweils die alleinige Verwendung als auch die kumulative Verwendung mehrerer dieser Gegenstände begehrt wird. Es ist weiter hinreichend konkret beschrieben, dass es darum geht, die im Kundendatensatz gemäß Anlage ASt 21 hinterlegten Ansprechpartner nicht zu verwenden. Die jeweiligen Inhalte der Anlage ASt 7, 9 und 21 sind zwar nicht im Antrag selbst wiedergegeben. Sie sind aber der Antragsschrift bzw. der Antragserweiterung beigefügt, so dass auf diese Unterlagen für die Auslegung des Unterlassungsbegehrens zurückgegriffen werden kann.

(2) Auch die zuletzt von dem Verfügungskläger begehrte Antragserweiterung ist hinreichend bestimmt. Es geht in der zuletzt gestellten Antragsformulierung um privat angefertigte Notizen über Kunden, Ansprechpartner sowie deren Kontaktinformationen und/oder Umsätze aus dem Geschäftsbereich des Verfügungsklägers. Richtig ist, dass diese privat angefertigten Notizen – anders als z.B. die Liste gemäß Anlage ASt 7 – nicht im Einzelnen vorliegen. Dies ist aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes auch unter Bestimmtheitsgesichtspunkten nicht erforderlich. Der Verfügungsbeklagte hat sich unstreitig zu den Kunden des Verfügungsklägers in seinem privaten Kalender, den er als Kladde im Termin dabeihatte, Notizen zu den Kunden und Terminen, die er für den Verfügungskläger wahrnahm, gemacht. Durch dieses sich aus der Antragsbegründung ergebende Beispiel (vgl. zu diesem Aspekt Köhler/Bornkamm/Feddersen a.a.O. § 12 UWG Rn. 2.37) wird der mit der Antragsformulierung beschriebene Gegenstand klar. Es geht um Aufzeichnungen des Verfügungsbeklagten, welche dieser nicht auf den geschäftlichen ihm vom Verfügungskläger zur Verfügung gestellten Medien gemacht hat, sondern um solche, die dieser außerhalb davon auf eigenen Medien, wie z.B. dem Kalender, angefertigt hat. Es ist auch klar, welche konkreten Aufzeichnungen gemeint sind, nämlich über Kunden, d.h. deren namentliche Nennung, ein zughöriger Ansprechpartner des Kunden und dessen Kontaktinformation, wie z.B. eine Telefonnummer oder eine E-Mail und die Angabe, welche Umsätze gemacht wurden. Es handelt sich dabei nicht um beliebige Kunden, sondern um solche aus dem Geschäftsbereich des Verfügungsklägers. Dies ist allerdings zu weit, weil dies sämtliche, d.h. auch Neukunden nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erfassen würde. Gemeint sind ersichtlich nur solche Aufzeichnungen, die der Verfügungsbeklagte sich während seines Arbeitsverhältnisses zu Kunden machte, die auch während des Arbeitsverhältnisses des Verfügungsbeklagten zum Verfügungskläger dessen Kunden waren, d.h. zu diesem in einer Geschäftsbeziehung standen. Auf spätere Aufzeichnungen bezieht sich der Antrag nicht. So ist der Gegenstand des Unterlassungsbegehrens zu verstehen und mit diesem Inhalt hat die erkennende Kammer ihm entsprochen und dabei den etwas zu weiten Begriff „aus dem Geschäftsbereich“ ausgelassen. Inhaltlich ist der Antrag indes so wie beschrieben zu verstehen (vgl. auch § 938 Abs. 1 ZPO und Seite 26 Ende der Antragsschrift).

(3) Die Handlung, welche der Verfügungsbeklagte unterlassen soll, hat der Verfügungskläger mit verwerten bzw. nutzen und/oder der jeweiligen Passivform beschrieben. Es handelt sich dabei um Synonyme, wie der Verfügungskläger auf Nachfrage im Termin bestätigt hat. Der Verfügungsbeklagte soll die entsprechenden oben beschriebenen Gegenstände weder selbst verwenden noch durch Dritte verwenden lassen, d.h. diese Gegenstände bzw. Daten weder selbst nutzen noch an Dritte zur Nutzung weitergeben. Beide Handlungen soll der Verfügungsbeklagte jeweils alleine für sich und auch gemeinsam unterlassen. Beides soll er nicht zum Zwecke des Wettbewerbs tun dürfen. Dies bedeutet, dass er damit nicht in den Geschäftsbereich des Verfügungsklägers eindringen soll. Er bringt damit klarstellend zum Ausdruck, was letztlich Inhalt des Streitgegenstandes ist. Der zu Grunde liegende Lebenssachverhalt ist, dass der Verfügungskläger weiter in seinem bisherigen Geschäftsbereich tätig ist. Ist er dies nicht mehr, dann ist die Verwendung der Gegenstände bzw. Daten kein Wettbewerb mehr. Dies bedeutet nichts anderes, als dass der Verfügungsbeklagte im Vollstreckungsverfahren einwenden können soll, dass der Verfügungskläger seinen Geschäftsbetrieb aufgegeben hat oder in einem anderen Segment tätig ist. Dann fehlt es am Wettbewerb. Nicht erfasst ist damit außerdem eine eigennützige Verwendung, wie z.B. für die Kontrolle der Reisekostenabrechnungen durch die privaten Aufzeichnungen. Im Übrigen ergibt sich aus dem Antrag, so wie das Gericht ihn zugesprochen hat, dass nicht jede Ansprache der Kunden des Verfügungsbeklagten verboten ist, sondern nur eine solche, welche die oben genannten Gegenstände bzw. Daten verwendet. Dem entspricht der Vortrag des Verfügungsklägers, der sich nicht gegen den Wettbewerb an sich, sondern nur gegen den unlauteren Wettbewerb wendet.

II. Der zuletzt von dem Verfügungskläger gestellte Antrag ist nur teilweise begründet. Der Verfügungsbeklagte hat es auf den zulässigen Antrag des Verfügungsklägers zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr privat angefertigte Notizen über Kunden, Ansprechpartner sowie deren Kontaktinformationen und/oder Umsätze zum Zwecke des Wettbewerbs zu verwerten und/oder verwerten zu lassen und/oder zu nutzen und/oder zu nutzen und/oder nutzen zu lassen. Im Übrigen ist der Antrag unbegründet.

1. Der Unterlassungsantrag ist betreffend die Unterlagen gemäß der Anlage ASt 7 und ASt 21 und die diesbezüglich bezeichneten Inhalte schon deshalb weder gemäß § 8 Abs. 1 UWG i.V.m. §§ 3 Abs. 1, 3a UWG und § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. noch gemäß § 6 GeschGehG i.V.m. §§ 2, 4 GeschGehG begründet, weil das Gericht sich nicht die für eine einstweilige Verfügung ausreichende richterliche Überzeugung verschaffen konnte, dass der Verfügungsbeklagte diese Unterlagen überhaupt besitzt. Dann kann er sie auch nicht verwenden.

a) Im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens sind Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund glaubhaft zu machen (§§ 920 Abs. 2, 936 ZPO). Anders als in Konstellationen, in denen eine Partei den (vollen) Beweis für eine Behauptung zu erbringen hat, ist eine Glaubhaftmachung selbst bei Vorliegen vernünftiger Zweifel nicht ausgeschlossen. Nach den zu § 294 ZPO entwickelten Grundsätzen genügt zur Glaubhaftmachung ein geringerer Grad der richterlichen Überzeugungsbildung. An die Stelle des Vollbeweises tritt eine Wahrscheinlichkeitsfeststellung. Die Behauptung ist schon dann glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft. Diese Voraussetzung ist schon dann erfüllt, wenn bei der erforderlichen umfassenden Würdigung der Umstände des jeweiligen Falles mehr für das Vorliegen der in Rede stehenden Behauptung spricht als dagegen (BGH 21.10.2010 – V ZB 210/09, juris Rn. 7; BeckOK ZPO Vorwerk/Wolf, 36. Edition, § 294 Rn. 3). Dies ist auch im Wege des Indizienbeweises möglich. Die Haupttatsache ist glaubhaft gemacht, wenn die auf die Hilfstatsachen gestützte Schlussfolgerung überwiegend wahrscheinlich erscheint, ohne dass dadurch bereits alle anderen Möglichkeiten praktisch ausgeschlossen sein müssen (BGH 09.02.1998 – II ZB 15/97, juris Rn). Die Wahrscheinlichkeitsfeststellung unterliegt ebenfalls dem Grundsatz der freien Würdigung des gesamten Vorbringens gemäß § 286 ZPO (BGH 21.12.2006 – IX ZB 60/06, juris Rn. 12; BGH 21.10.2010 a.a.O. Rn. 7).

b) In Würdigung sämtlicher Umstände des Falles und unter Berücksichtigung der vom Verfügungskläger zur Akte gereichten eidesstattlichen Versicherungen besteht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit im oben beschriebenen Sinne, dass der Verfügungsbeklagte sich die Unterlagen gemäß Anlage ASt 7 und ASt 21 verschafft hat und weiterhin in seinem Besitz hält. Aus dem Vorbringen des Verfügungsklägers ergibt sich diesbezüglich nur die Möglichkeit, nicht aber die geforderte überwiegende Wahrscheinlichkeit. Es spricht nicht mehr dafür als dagegen. Dies ergibt sich im Einzelnen insbesondere aus Folgendem:

Der Verfügungskläger hat dem Verfügungsbeklagten die Liste Anlage ASt 7 nicht körperlich in ausgedruckter Form übermittelt. Vielmehr hat er sie ihm mit E-Mail vom 17.01.2019 gesendet. Dies erfolgte nicht an seine eigene private E-Mail-Adresse, sondern sowohl Absender (Frau E. für den Verfügungskläger) als auch die Adressaten (der Verfügungsbeklagte und ein F.) waren mit Adressen von Uniqbag Airpacking genannt. Der Verfügungsbeklagte hat anders als zur Liste ASt 9 mitgeteilt, dass er die Liste Anlage Ast 7 nicht besitze, sondern dass sie sich alleine auf seinem Rechner befunden habe und er diesen zurückgegeben und deshalb keinen Zugriff mehr auf die Anlage ASt 7 habe. Der Verfügungskläger hat nicht überwiegend wahrscheinlich gemacht, dass dies nicht zutrifft und sich der Verfügungsbeklagte die Liste gemäß Anlage ASt 7 verschafft hat und weiter nutzt. Es besteht die gleiche Wahrscheinlichkeit, dass dies nicht der Fall ist. Ein unmittelbarer Beweis, dass der Verfügungsbeklagte sich diese Liste verschaffte, ergibt sich aus dem Vortrag des Verfügungsklägers nicht. Aber auch die Indiztatsachen machen dies nicht im o.g. Sinne überwiegend wahrscheinlich. Entgegen der Äußerung des Geschäftsführers im Termin hat die Kammer sehr wohl gewürdigt, dass dieser die Zugriffe auf die Rechner des Klägers geprüft und vorgetragen hat. Der Umstand, dass der Verfügungsbeklagte an seinen letzten Arbeitstagen Interessenlisten, Umsatzlisten und Preislisten anfasste, besagt zunächst nichts. Das Arbeitsverhältnis bestand fort und er hatte seine Arbeitsleistung bis zu seinem Resturlaub zu erbringen. Es mag sein, dass der Verfügungsbeklagte an seinen letzten Arbeitstagen die E-Mail löschte, mit der die Liste gemäß Anlage ASt 7 übermittelt worden war. Dies belegt nicht, dass er sich diese zuvor selbst versandt hat. Es belegt vielmehr, dass diese gelöscht wurde. Dass hier Spuren verwischt worden sein sollen, ist nicht überwiegend wahrscheinlich. Es handelte sich schon ausweislich des Anschreibens um eine Übersicht, welche für den Verfügungsbeklagten auch für den Abgleich der Provisionen gedacht war, wie er auch in der mündlichen Anhörung mitgeteilt hat. Wenn diese als zumindest auch privat einzuordnende E-Mail vom Verfügungsbeklagten aus Anlass der Beendigung seine Arbeitsverhältnisses gelöscht wurde, als er alle privaten Daten löschte, belegt dies in keiner Weise, dass der Verfügungsbeklagte sich diese Liste gemäß Anlage ASt 7 zuvor verschaffte. Nichts anderes gilt dafür, dass er Wechseldatenträger anschloss, wenn er unstreitig auch private Daten auf den Arbeitsgeräten der Beklagten hatte und einräumte, diese gesichert zu haben. Eine solche überwiegende Wahrscheinlichkeit belegen auch die übrigen Indiztatsachen nicht. Dies gilt zunächst für den zeitlichen Ablauf im Hinblick auf die Anbahnung des neuen Arbeitsverhältnisses mit der S. GmbH. Die Kammer glaubt insoweit dem Verfügungsbeklagten nicht alle seine Einlassungen. Sein Vortrag dazu ist zögerlich und wird nur scheibchenweise vervollständigt. Eine wirklich plausible Erklärung, dass er zunächst Facility Manager werden wollte und sich dann (warum ?) innerhalb kurzer Zeit doch entschieden hat, für die S. GmbH tätig zu werden, hat der Verfügungsbeklagte nicht geliefert. Er hat auch nicht von vornherein eingeräumt, dass es bereits zu Zeiten des Beschäftigungsverhältnisses mit dem Verfügungskläger dazu gekommen ist, dass er dem Geschäftsführer der S. GmbH die private Telefonnummer mitgeteilt hat und man sich bereits damals vorstellen konnte, zusammenzuarbeiten. Er hat dies erst auf Nachfrage der Kammer, wie es denn genau in der kurzen Zeit zwischen Kündigung am 25.03.2019 bis Mitte Mai 2019 zur Kontaktaufnahme zur S. GmbH gekommen ist, mitgeteilt. Für einen früheren Kontakt spricht auch, dass der Verfügungsbeklagte in den letzten Tagen bei dem Verfügungsbeklagten seinen Lebenslauf und seine Bewerbung bearbeitet hat. Es mag deshalb sein, dass der Verfügungsbeklagte bereits zum Zeitpunkt der Aufhebung des Wettbewerbsverbots zumindest mit dem Gedanken spielte, für die S. GmbH tätig zu werden und dies – zumindest als Möglichkeit – nicht offengelegt hat. Richtig ist weiterhin, dass die E-Mail vom 12.04.2019 von dem privaten E-Mail-Account des Verfügungsbeklagten versandt wurde und zugleich mitgeteilt wurde, dass er sich melde. Dies deutet auf einen bereits bestehenden Kontakt hin, der auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei dem Verfügungskläger fortgesetzt werden sollte. Die Kammer kann auch nicht nachvollziehen, dass der Verfügungsbeklagte sich nicht erinnern können will, ob das Treffen am 09.04.2019 in der Cigarworld Lounge stattgefunden hat, nachdem er zuvor schriftsätzlich vortrug, dass dies nicht der Fall war. Dies alles bedeutet aber nicht zugleich, dass er sich die Liste gemäß Anlage ASt 7 verschaffte. Dagegen spricht zunächst, dass der Verfügungsbeklagte den geschäftlichen Kontakt mit der S. GmbH ab Februar 2019 auch als möglichem Konkurrenten offen in das System des Verfügungsklägers eingetragen hat. Er hat hierzu den Bericht zum Termin am 14.03.2019 eingetragen und die konkrete Anfrage von Proben durch die S. GmbH am 05.04.2019. Der Verfügungsbeklagte hat insoweit nichts verheimlicht, sondern offengelegt, dass er auch noch kurz vor seinem Ausscheiden geschäftlichen Kontakt zu einem Konkurrenten hatte und dieser Proben anforderte. Das Verhalten des Verfügungsbeklagten nach dem Ausscheiden belegt in keiner Weise, dass er auch die Anlage ASt 7 im Besitz hatte. Unstreitig hat der Verfügungsbeklagte die Firma M. GmbH für die Firma S. GmbH kontaktiert. Die Kammer geht insoweit davon aus, dass zumindest Herr A. nicht aus dem Gedächtnis des Klägers angesprochen worden ist. Dies sagt nichts darüber aus, dass der Verfügungsbeklagte die Liste Anlage ASt 7 verwendete und er diese in seinem Besitz hatte. Der Ansprechpartner ergibt sich aus der Anlage ASt 7 schon nicht. Der Kunde M. GmbH ergibt sich zum einen aus der Liste Ast 9, aber auch aus dem privaten Kalender des Verfügungsbeklagten. Unabhängig davon ist es der Kammer trotz des nicht immer stringenten Vortrags des Verfügungsbeklagten nachvollziehbar, wenn man sich an einen Kunden erinnert, der gerade in der Nähe eines anderen Kunden tätig ist. Jedenfalls ergibt sich in keiner Weise, dass mehr dafür spricht, dass der Verfügungsbeklagte den Kunden M. GmbH aus der Liste ASt 7 entnommen hat und nicht – alleine – aus seinem Kalender oder aber der Liste ASt 9. Dies lässt sich auch mit dem Umsatzzahlen nicht begründen. Dies ergibt sich zum einen selbständig tragend daraus, dass diese auch in der Anlage ASt 9 enthalten waren. Wenn der Verfügungsbeklagte sie einer Anlage entnommen haben sollte, kann dies ebenso Anlage ASt 9 sein. Unabhängig davon ergibt sich dies daraus, dass der Verfügungsbeklagte gerade nicht den Preis 8,33 Euro gegenüber der M. GmbH nannte, sondern eine nur ungefähre Preisspanne. Auch unter Würdigung des Sachvortrags des Verfügungsklägers zur Preisbildung ergibt sich dies nicht. Insgesamt verbleibt es bei Würdigung aller Umstände, dabei es nicht überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Verfügungsbeklagte sich die Liste Anlage ASt 7 unbefugt verschaffte. Nichts andere gilt für die Anlage ASt 21. Es ist nicht ersichtlich, wie der Verfügungsbeklagte sich diesen Kundendatensatz verschafft haben soll. Die Ansprache des Herrn A. erklärt sich als gleichwertige Möglichkeit daraus, dass der Verfügungsbeklagte schlicht auf seinen Kalender zurückgegriffen hat, in den er Herrn A. als Ansprechpartner entsprechend dem System bei dem Verfügungskläger eingetragen hatte. Dass er die Anlage ASt 21 sich verschaffte und besaß, ist nicht überwiegend wahrscheinlich.

2. Die einstweilige Verfügung ist begründet, soweit der Verfügungsbeklagte im Sinne des oben dargestellten Antragsverständnisses es zu unterlassen hat, im geschäftlichen Verkehr privat angefertigte Notizen über Kunden, Ansprechpartner sowie deren Kontaktinformationen und/oder Umsätze zum Zwecke des Wettbewerbs zu verwerten und/oder verwerten zu lassen und/oder zu nutzen und/oder zu nutzen und/oder nutzen zu lassen. Insoweit sind Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund gegeben. Dies gilt indes nicht für die Daten aus der Anlage ASt 9.

a) Der Verfügungsklägerin begehrt eine Leistungsverfügung, denn der Zuspruch des begehrten Antrags würde dem Verfügungsbeklagten die tatsächliche Nutzung der privaten Aufzeichnungen und der Anlage ASt 9 ab sofort verbieten. Nach ganz herrschender Auffassung ist eine Leistungsverfügung (ausnahmsweise) zulässig. Dabei sind an den Verfügungsgrund (§ 940 ZPO) strenge Anforderungen zu stellen: (1) Der Antragsteller muss auf die sofortige Erfüllung seines Anspruchs dringend angewiesen sein, (2) die geschuldete Handlung ist, wenn sie ihren Sinn nicht verlieren soll, so kurzfristig zu erbringen, dass die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht möglich ist, und (3) der dem Antragsteller aus der Nichterfüllung drohende Schaden steht außer Verhältnis zu dem Schaden, der dem Antragsgegner aus der sofortigen – vorläufigen – Erfüllung droht (LAG Düsseldorf 17.11.2010 – 12 SaGa 19/10, juris Rn. 12; LAG Düsseldorf 19.09.2012 – 12 SaGa 17/12, juris Rn. 7). Diese Interessenabwägung ist hier in Wechselwirkung zu dem Verfügungsanspruch zu berücksichtigen, weil die Frage, welche Anforderungen an die angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen i.S.v. § 2 Nr. 1 Buchstabe b GeschGehG zu stellen sind, in diesem einstweiligen Verfügungsverfahren nicht abschließend geklärt werden können.

b) In Hinblick auf den Verfügungsanspruch ist für die rechtliche Bewertung zu berücksichtigen, dass das GeschGehG am 26.04.2019 am Tag nach der Verkündung in Kraft getreten ist (Art. 1, 6 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung, BGBl. I vom 25.04.2019 S. 466 ff.). Mangels Übergangsvorschrift richtet sich der zivilrechtliche Geheimnisschutz seit dem 26.04.2019 nach dem GeschGehG (Reinfeld, Das neue Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen, 2019, § 1 Rn. 58). Hier ist zu berücksichtigen, dass das Arbeitsverhältnis mit dem 30.04.2019 sein Ende fand, die in Rede stehenden Gegenstände bzw. Daten, nämlich die Anlage ASt 9 dem Verfügungsbeklagten aber vor dem 26.04.2019 übergeben wurde und er auch vor dem 26.04.2019 begann, private Aufzeichnungen im Sinne des zugesprochenen Antrags zu fertigen. Für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch bedeutet dies, dass er nur besteht, wenn das beanstandete Wettbewerbsverhalten des Verfügungsbeklagten zu der Zeit, zu der es erfolgt ist, solche Ansprüche begründet hat und diese Ansprüche auch auf der Grundlage der nunmehr geltenden Rechtslage noch gegeben sind (BGH 27.04.2006 – I ZR 126/03, juris Rn. 8; BGH 11.03.2010 – I ZR 27/08, juris Rn. 16 jeweils für das In-Kraft-Treten des UWG). Darauf hat die Kammer die Parteien im Termin hingewiesen. Ohnehin hat der Verfügungskläger sein Begehren bereits zuvor in rechtlicher Hinsicht auf beiden rechtlichen Grundlagen begründet.

c)Auf der Grundlage des bisherigen Rechts, d.h. der § 8 Abs. 1 UWG i.V.m. §§ 3 Abs. 1, 3a UWG und § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. ergibt sich, dass es wettbewerbsrechtlich unlauter ist, wenn der Verfügungsbeklagte bei der S. GmbH die Kundendaten und Umsätze aus der Anlage ASt 9 verwendet, um Kunden für die S. GmbH anzusprechen. Nichts anderes gilt für die privaten Aufzeichnungen.

aa) Die bisherige Rechtsprechung zum UWG ist davon ausgegangen, dass Kundennamen und -anschriften, die einem Arbeitnehmer während seiner Tätigkeit für die Klägerin bekannt geworden sind, Geschäftsgeheimnisse i.S. von § 17 Abs. 2 UWG darstellen (BGH 19.12.2002 – I ZR 119/00, juris Rn. 21). Eine unzulässige Verwertung der Kundenliste als Geschäftsgeheimnis eines Unternehmens ist auch dann gegeben, wenn die Namen der Kunden im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit in die persönlichen Unterlagen des Arbeitnehmers gelangt sind und von diesem bei der Ausübung seiner Geschäftstätigkeit außerhalb des Unternehmens verwertet werden (BGH 19.12.2002 a.a.O. Rn. 26; BGH 27.04.2006 – I ZR 126/03, juris Rn. 13). Es ist unmittelbar unlauter, wenn sich ein ausgeschiedener Arbeitnehmer unter Verstoß gegen § 17 Abs. 2 UWG Aufzeichnungen aus der ihm vom Arbeitgeber überlassenen Kundenkartei zum Zwecke der Verwertung im Wettbewerb für ein Konkurrenzunternehmen gemacht hätte (BGH 14.01.1999 – I ZR 2/07, juris Rn. 28). Liegen dem ausgeschiedenen Mitarbeiter derartige schriftliche Unterlagen – beispielsweise in Form privater Aufzeichnungen oder in Form einer auf dem privaten Notebook abgespeicherten Datei – vor und entnimmt er ihnen ein Geschäftsgeheimnis seines früheren Arbeitgebers, verschafft er sich damit dieses Geschäftsgeheimnis unbefugt i.S. von § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG (BGH 27.04.2006 a.a.O. Rn. 14). In Abgrenzung dazu, liegt kein vertrags- oder wettbewerbswidriges Verhalten vor, wenn ein ausgeschiedener Vertreter Kundenadressen verwertet, die in seinem Gedächtnis geblieben sind, oder sich solche Anschriften von Kunden nutzbar macht, die keinen dauerhaften geschäftlichen Kontakt zu dem bisher vertretenen Unternehmen aufgenommen haben. Es entspricht vielmehr dem Grundsatz des Leistungswettbewerbs, wenn ein ausgeschiedener Handelsvertreter zu seinem früheren Geschäftsherren in Wettbewerb tritt (BG H 14.01.1999 a.a.O. Rn. 26; BGH 27.04.2006 a.a.O. Rn. 13). Der Verfügungsbeklagte darf sein Erfahrungswissen aus der Tätigkeit auch soweit es sich auf Geschäftsgeheimnisse bezieht, in seiner neuen Tätigkeit verwerten (BAG 15.06.1993 – 9 AZR 558/91, juris Rn. 52). Darum geht es dem Verfügungskläger aber auch gar nicht, denn er wendet sich mit seinen Anträgen gerade nicht gegen einen solchen Leistungswettbewerb, sondern gegen einen solchen unter Ausnutzung seiner Geschäftsgeheimnisse. Es bedarf insoweit der Feststellung einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit, dass der Verfügungsbeklagte diese Geschäftsgeheimnisse – hier in Form der privaten Aufzeichnungen oder der Liste ASt 9 – für die Kundenansprache bei dem Wettbewerber nutzte (vgl. dazu BGH 14.01.1999 a.a.O. Rn. 30).

bb) Zunächst handelte es sich bei der Liste ASt 9 und den privaten Aufzeichnungen des Verfügungsbeklagten um ein Geschäftsgeheimnis i.S.v. 17 Abs. 1 UWG a.F. Ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis ist jede im Zusammenhang mit einem Betrieb stehende Tatsache, die nicht offenkundig, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist und nach dem bekundeten, auf wirtschaftlichen Interessen beruhenden Willen des Betriebsinhabers geheim gehalten werden soll (BGH 27.04.2006 a.a.O. Rn. 19). Enthalten Kundenlisten die Daten von Kunden, zu denen bereits eine Geschäftsbeziehung besteht und die daher auch in Zukunft als Abnehmer der angebotenen Produkte in Frage kommen, stellen sie im Allgemeinen für das betreffende Unternehmen einen wichtigen Bestandteil seines „Good will“ dar, auf dessen Geheimhaltung von Seiten des Betriebsinhabers meist großer Wert gelegt wird. Anders ist dies dann, wenn es sich lediglich um eine Adressenliste handelt, die jederzeit ohne großen Aufwand aus allgemein zugänglichen Quellen erstellt werden kann. Ein Geschäftsgeheimnis braucht keinen bestimmten Vermögenswert zu besitzen; es reicht aus, dass es sich nachteilig auswirken kann, wenn Dritte, insbesondere Wettbewerber, Kenntnis von den Daten erlangen. Es liegt in der Natur derartiger Kundenlisten, dass sie nicht in die Hand eines Wettbewerbers geraten dürfen und dass an ihnen daher ein besonderes Geheimhaltungsinteresse besteht. Dementsprechend dürfen an die Manifestation des Geheimhaltungswillens keine überzogenen Anforderungen gestellt werden; es genügt, wenn sich dieser Wille aus der Natur der geheim zu haltenden Tatsache ergibt (BGH 27.04.2006 a.a.O. Rn. 19).

So liegt es hier betreffend die Liste gemäß Anlage ASt 9 und die privaten Aufzeichnungen des Verfügungsbeklagten. Die Liste gemäß Anlage ASt 9 ist ebenfalls sehr umfangreich und enthält neben den Adressen Absatzmengen und den Umsatz zum jeweiligen Kunden bezogen auf den Verfügungskläger. Es ist zwar so, dass der Verfügungsbeklagte diese Liste zur Kontrolle seiner Provisionsabrechnungen erhalten hat. Diese Zweckbindung steht aber einem Geschäftsgeheimnis im oben genannten Sinne nicht entgegen. Vielmehr wurde die Liste nur zu diesem Zweck überlassen. Aus der Natur der Liste, nämlich der Verknüpfung der Kunden in erheblichem Umfang mit der jeweiligen Absatzmenge und dem Umsatz ergibt sich ohne weiteres das Geheimhaltungsinteresse des Verfügungsklägers. Für die privaten Aufzeichnungen des Verfügungsbeklagten in seinem Kalender gilt nichts anderes. Es handelt sich nicht um einzelne sporadische Aufzeichnungen. Vielmehr hat der Verfügungsbeklagte selbst vorgetragen, dass er sich seit Juni 2018 Aufzeichnungen über die Besuche bei den Kunden und deren Ansprechpartner und seiner Tätigkeiten dort gemacht hat. So waren dort nicht nur der Besuch bei der M. GmbH mit Ansprechpartnern sondern z.B. auch die Besuche bei den Firmen T. Compressor GmbH in M. und O.-F.-Maschinenfabrik nebst Ansprechpartner notiert. Hintergrund war der Streit über die Reisekosten des Verfügungsbeklagten. Es handelt sich mithin um eine systematische über einen langen Zeitraum geführte private Aufzeichnungen zu den Kunden, Ansprechpartnern und Tätigkeiten dort. Auch insoweit besteht ein ersichtliches Geheimhaltungsinteresse des Verfügungsklägers. Es handelt sich nicht um eine bloße Adressliste. Gerade durch die zugeordneten Ansprechpartner ist eine erheblich erleichterte Ansprache möglich, zumal der Verfügungskläger selbst auch Ansprechpartner speicherte.

cc) Eine unzulässige Verwertung i.S.v. § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. einer solchen Kundenliste als Geschäftsgeheimnis eines Unternehmens ist gegeben, weil zur Überzeugung der Kammer überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Verfügungsbeklagte die Aufzeichnungen aus seinem privaten Kalender im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit für die S. GmbH verwertet und deshalb außerhalb des Unternehmens des Verfügungsklägers unlauter einsetzt. Daraus ergibt sich bezogen auf die privaten Aufzeichnungen die den Unterlassungsanspruch begründende Wiederholungsgefahr gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG. Es ist überwiegend wahrscheinlich, dass der Verfügungsbeklagte seine Aufzeichnungen aus dem privaten Kalender für die Ansprache bei der M. GmbH verwandte. Eine andere plausible Erklärung dafür, warum er dort nach seinem eigenen Vortrag angerufen hat, um sich mit dem Lagerleiter A. verbinden zu lassen, liefert er nicht. Dies entspricht im Übrigen seinem eigenen Vortrag aus der Berufungserwiderung, in der er auf den Vortrag des Verfügungsklägers eingehend, ausführt, dass er den Namen A. aus seinem Kalender habe und deshalb der Hinweis auf seine Vergesslichkeit obsolet sei. Soweit er in der mündlichen Verhandlung angeführt hat, dass er den Kalender erst im Zusammenhang mit diesem Verfahren wiedergefunden habe, glaubt ihm die Kammer nicht. Nichts anderes gilt für seinen Einwand, dass es wahrscheinlich sei, dass ihm der Name A. erinnerlich gewesen sei, weil er ihn aufgeschrieben habe. Auch dies glaubt die Kammer dem Verfügungsbeklagten schon angesichts des Zeitablaufs nicht, zumal er sich nicht einmal erinnern konnte, ob das Treffen am 09.04.2019 in der Cigarworld Lounge stattgefunden hat. Im Übrigen sind seine Ausführungen zu den von ihm verfassten Bericht über den Besuch bei der Firma M. GmbH nicht nachvollziehbar. Hatte er im Bericht vom 03.04.2018 noch vermerkt, dass er Herrn T. nicht angetroffen hatte und dieser in Urlaub war, fehlt für den Vermerk vom 07.12.2018 über den Besuch vom 06.12.2018 ein vergleichbarer Eintrag. Es ist gerade nicht notiert, dass Herr A. nicht anwesend war und er ihn nicht erreicht hat. Stattdessen hat er sich alleine auf eine Information von Herrn C. bezogen. Der Vortrag des Verfügungsbeklagten ist insoweit nicht konsistent. Wenn er aber in dem offiziellen Bericht Herrn A. nicht erwähnte, spricht auch dies dagegen, dass er sich an diesen selbst erinnerte, weil er dies verschriftlicht hatte. Vielmehr ergibt sich unter Würdigung aller Umstände eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dahingehend, dass der Verfügungsbeklagte bei der Ansprache der Firma M. GmbH für die Firma S. GmbH auf seine privaten Aufzeichnungen in dem Kalender zurückgegriffen hat und so darauf kam, Herrn A. anzurufen. Dies begründet die Wiederholungsgefahr. Da es sich letztlich um einen gleichartigen Pflichtverstoß handelt, begründet dies auch die Gefahr, dass der Verfügungsbeklagte sich auch der Liste ASt 9 bedient.

d) Im Hinblick darauf, dass für den zukunftsbezogenen Unterlassungsanspruch die Rechtslage nach dem Geschäftsgeheimnisgesetz (§ 6 GeschGehG i.V.m. §§ 2, 4 GeschGehG) zu berücksichtigen ist, ist zur Überzeugung der Kammer in Abwägung von Verfügungsanspruch zum Verfügungsgrund gerade auch im Hinblick darauf, dass es sich um eine Leistungsverfügung handelt, die einstweilige Verfügung nur betreffend die privaten Aufzeichnungen und nicht bezogen auf die Anlage ASt 9 zu erlassen.

aa) Die Kammer hat zunächst keine Bedenken, dass die Inhalte der Anlage ASt 9 und die privaten Aufzeichnungen des Verfügungsbeklagten die Voraussetzungen eines Geschäftsgeheimnisses i.S.v. § 2 Nr. 1 Buchstaben a und c GeschGehG erfüllen. Es handelt sich um Informationen, die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich und daher von wirtschaftlichem Wert sind. Dies hat die Kammer bereits zur bisherigen Rechtslage begründet. Insoweit gilt aufgrund der geordneten und nicht allgemein bekannten umfangreichen Kundenaufstellung in der Anlage ASt 9 nebst Absatzmenge und Umsatz nichts anderes. Auch der Kalender enthält als private Aufzeichnung über einen langen Zeitraum die Kunden, Ansprechpartner und Tätigkeiten des Verfügungsbeklagten für den Verfügungskläger. Gerade die Zuordnung der einzelnen Ansprechpartner und etwaiger Kontaktinformationen zu den einzelnen Kunden ist von wirtschaftlichem Wert und ermöglicht einem Konkurrenten die erleichterte Ansprache. Nichts anderes gilt für die Tätigkeit des Verfügungsbeklagten, aus der sich ggfs. auch der Umsatz ableiten lässt. Es besteht ein berechtigtes Interesse des Verfügungsklägers, diese Informationen geheim zu halten.

bb) Die Kammer hat allerdings erhebliche Bedenken, ob der Verfügungskläger betreffend die Anlage ASt 9 angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen i.S.v. § 2 Nr. 1 Buchstabe b GeschGehG getroffen hat. Anders ist dies für die privaten Aufzeichnungen des Verfügungsbeklagten. Ohne solche Maßnahmen fehlt es an einem Geschäftsgeheimnis. Die Frage der angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen ist in der mündlichen Verhandlung erörtert worden und die Kammer hat darauf hingewiesen, dass diese Frage differenziert betreffend Unterlagen und private Aufzeichnungen zu beurteilen sein kann.

(1) Durch dieses Merkmal gibt das Gesetz zu erkennen, dass nur derjenige den Schutz durch die Rechtsordnung genießt, der die geheime Information aktiv schützt. Wer keine Bestrebungen zum Schutz einer Information unternimmt oder lediglich darauf vertraut, die geheime Information werde nicht entdeckt und bleibe verborgen, genießt keinen Schutz durch die Rechtsordnung (Köhler/Bornkamm/Feddersen a.a.O. § 2 GeschGehG Rn. 49). Der Verfügungskläger hat sich hier betreffend die Geheimhaltungsmaßnahmen alleine auf die vertraglichen Vereinbarungen in § 14 des Arbeitsvertrags berufen. Sonstige Aspekte hat er nicht eingebracht und sie sind auch nicht ersichtlich. Allerdings ist die Kammer der Ansicht, dass auch vertragliche Vereinbarungen ein Mittel des Geheimnisschutzes darstellen können (Köhler/Bornkamm/Feddersen a.a.O. § 2 GeschGehG Rn. 60; Reinfeld a.a.O. § 1 Rn. 193 ff.). Wie die Kammer den Parteien im Termin mitgeteilt hat, erachtet sie die Regelungen in § 14 Absätze 1 bis 3 des Arbeitsvertrags zur Geheimhaltungspflicht für ungenügend im Sinne von § 2 Nr. 1 Buchstabe b GeschGehG. Die Regelung ist deutlich zu weitgehend, denn es wird sogar ausdrücklich das, was nicht Geschäftsgeheimnis ist, erfasst. Außerdem bleibt die Formulierung inhaltsleer. Es werden schlicht alle Angelegenheiten und Vorgänge, die im Rahmen der Tätigkeit bekannt werden, genannt. Es fehlt jeder Bezug zu dem Begriff des Geschäftsgeheimnisses im Sinne des bisherigen und neuen Rechts. Ließe man eine solche Regelung ausreichen, würde § 2 Nr. 1 Buchstabe b GeschGehG seines Inhalts und Zwecks entleert. Anders ist dies betreffend die Rückgabepflicht aller dienstlichen Unterlagen, wie Aufzeichnungen und Gesprächsunterlagen, die gemäß § 14 Absätze 4 und 5 des Arbeitsvertrags am letzten Arbeitstag zurückzugeben sind. Diese werden zunächst einmal konkret als Unterlagen bezeichnet und mit bespielen versehen. Außerdem entspricht die Rückgabe der vollständigen Geschäftsunterlagen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses § 667 BGB (vgl. dazu BAG 14.12.2011 – 10 AZR 283/10, juris; Reinfeld a.a.O. § 1 Rn. 190 f.). Nichts anderes beinhaltet § 14 Absätze 5 und 4 des Arbeitsvertrages.

(2) Allerdings ist zu beachten, dass es sich um angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen handeln muss. Der Maßstab ist objektiv. Nicht erforderlich ist ein optimaler Schutz. Die Angemessenheit ist indes nach den konkreten Umständen des Einzelfalls im Sinne einer Verhältnismäßigkeitsprüfung zu würdigen (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen a.a.O. § 2 Rn. 65 f.). Bei der Bewertung der Angemessenheit können z.B. folgende Aspekte berücksichtigt werden: Wert des Geschäftsgeheimnisses und dessen Entwicklungskosten; Natur der Information, Bedeutung für das Unternehmen; Größe des Unternehmens; die üblichen Geheimhaltungsmaßnahmen in dem Unternehmen, die Art der Kennzeichnung der Informationen, vereinbarte vertragliche Regelungen mit Arbeitnehmern und Geschäftspartnern (Reinfeld a.a.O. § 1 Rn. 183). Ein solches Prüfprogramm wird indiziell durch Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2016/943/EU bestätigt, wonach die zuständigen Gerichte bei ihrer Prüfung der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit unter den dort genannten Aspekten Rechnung tragen müssen.

(3) Berücksichtigt dies, spricht viel dafür, dass es betreffend die Anlage ASt 9 an angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen fehlt. Es kommt alleine die vertragliche Rückgabeverpflichtung der Liste gemäß Anlage ASt 9 in Betracht. Diese hat der Verfügungsbeklagte nicht erfüllt. Dies genügt auch unter Würdigung des Umstandes, dass der letzte Arbeitstag anders als das Ende des Arbeitsverhältnisses noch vor In-Kraft-Treten des Geschäftsgeheimnisgesetzes lag, nicht als angemessene Geheimhaltungsmaßnahme. Nichts anderes folgt daraus, dass es sich bei dem Verfügungskläger um einen Kleinbetrieb ohne Kündigungsschutz handelt. Insoweit dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Hier ist aber zu berücksichtigen, dass der Verfügungskläger wusste, dass die Liste Anlage ASt 9, welche der Verfügungsbeklagte auch ausgedruckt erhalten hatte, sich in den Händen des Verfügungsbeklagten befand. Er hatte diese am Ende des Arbeitsverhältnisses nicht zurückerhalten. Daraufhin, hat er zunächst schlicht nichts getan, worauf die Prozessbevollmächtigte des Verfügungsbeklagten in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat. Weder hat er eine Rückforderung verlangt noch nur nachgefragt, ob der Verfügungsbeklagte die Unterlagen noch zur Kontrolle seiner Provisionen benötigt. Es spricht sehr viel dafür, dass dies kein aktiver Geheimnisschutz im Sinne von § 2 Nr. 1 Buchstabe b GeschGehG ist. Wer weiß, dass eine Unterlage, die er für geheimhaltungsbedürftig hält, entgegen der vertraglichen Rückgabepflicht nicht zurückgegeben wird und dann von März/April bis Oktober eines Jahres nicht einmal außergerichtlich im Sinne einer Herausgabeforderung tätig wird, dokumentiert kein wirkliches Geheimhaltungsinteresse und trifft keine angemessenen Schutzmaßnahmen. Anders ist dies zur Überzeugung der Kammer für die privaten Aufzeichnungen des Verfügungsbeklagten. Von denen hatte der Verfügungskläger bis zu diesem Verfahren keine Kenntnis. Dann können von ihm auch keine weiteren Geheimhaltungsmaßnahmen, die über die vertragliche Rückgabepflicht hinausgehen, verlangt werden. Er ist nicht rechtlich verpflichtet, von sich aus ohne Anhalt ein Vollständigkeitsverzeichnis der zurückgegebenen Unterlagen zu verlangen. Die Pflicht erfasste hier auch die Rückgabe der privaten Aufzeichnungen, die ausdrücklich in § 14 Abs. 4 des Arbeitsvertrages genannt sind. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Verfügungsbeklagte noch ein Interesse an den Unterlagen hat, um seine Reisekostenabrechnungen prüfen zu können. Er hat im Rahmen der Vergleichsgespräche dem gerichtlichen Vorschlag zugestimmt, seinen Kalender durch das Gericht auf der Grundlage einer diesbezüglichen vertraglichen Einigung vernichten zu lassen. Auch nach Ablehnung dieses Vorschlags hat er dies weiter angeboten, was für das Gericht als einseitige Maßnahme ohne vertragliche Vereinbarung nicht in Betracht kam.

(4) Letztlich sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des Geschäftsgeheimnisses i.S.v. § 2 Nr. 1 GeschGehG europarechtlich determiniert. Gerade der Begriff der angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen ergibt sich aus Art. 2 Nr. 1 Buchstabe c RL 2016/943. Diesbezüglich kam im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens kein Vorabentscheidungsersuchen in Betracht. Die Voraussetzungen des Eilvorabendscheidungsverfahrens gemäß Art 107 der Verfahrensordnung des Europäischen Gerichtshofs sind nicht gegeben. Auch eine Vorlage im beschleunigten Verfahren gemäß Art. 105 der Verfahrensordnung des Europäischen Gerichtshofs kam nicht in Betracht, wie den Parteien im Termin unter Erläuterung der Gründe mitgeteilt wurde. Ausweislich Rn. 36 der Empfehlungen an die nationalen Gerichte bezüglich der Vorlage von Vorabentscheidungen (ABl. EU vom 08.11.2019, C 380/1) stellen wirtschaftliche Interessen, so bedeutend und legitim sie auch sein mögen, eine die Situation der Parteien des Ausgangsverfahrens oder anderer Parteien vergleichbarer Rechtsstreitigkeiten beeinträchtigende Rechtsunsicherheit, eine große Zahl von Personen oder Rechtsverhältnissen, die von der Entscheidung, die das vorlegende Gericht erlassen muss, nachdem es den Gerichtshof mit einem Vorabentscheidungsersuchen befasst hat, potenziell betroffen sind, oder eine große Zahl von Rechtssachen, die von der Entscheidung des Gerichtshofs betroffen sein können, für sich genommen keine Umstände dar, die die Anwendung des Eilvorabentscheidungsverfahrens rechtfertigen könnten. Berücksichtigt man dies und den Umstand, dass im einstweiligen Verfügungsverfahren nur eine einstweilige Regelung erlassen wird, nicht aber eine Rechtsfrage abschließend entschieden wird, kam vorliegend kein Vorabentscheidungsersuchen in Betracht. Die Problematik lässt sich vielmehr sachangemessen damit lösen, dass man die Erfolgsaussichten hier konkret bezogen auf die „angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen“ mit in die Interessenabwägung der Leistungsverfügung einbezieht (vgl. allgemein einem solchen Ansatz Zöller/Vollkommer ZPO, 33. Aufl. 2020, § 922 Rn. 7 m.w.N.), was zudem mit dem Regelungskonzept von Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2016/943/EU vereinbar ist.

(5) Wägt man die Interessen der Parteien unter Würdigung der Erfolgsaussichten ab, kommt betreffend die Anlage ASt 9 der Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht in Betracht. Ausgangspunkt ist insoweit, dass deutlich mehr dafürspricht, dass der Verfügungskläger keine angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen getroffen hat. Zu berücksichtigen ist allerdings zu seinen Gunsten, dass es sich um eine umfangreiche Kundenliste handelt und zudem Umsätze und Abnahmemengen ersichtlich sind. Dass diese Angaben nicht von einem Wettbewerber ausgenutzt werden ist von hohem wirtschaftlichem Interesse für den Verfügungskläger. Auf Seiten des Verfügungsbeklagten stehen keine Gründe, die es ihm erlauben würden, diese Liste zu nutzen. Davon geht er selbst nicht aus, denn er lässt sich dahingehend ein, dass er diese Liste nicht nutzt. Anderseits ist zu würdigen, dass er mit einem zusprechenden Unterlassungstitel sich zumindest der Gefahr eines Vollstreckungsverfahrens ausgesetzt sieht und in jedem Einzelfall immer wieder zu klären ist, ob es sich um zulässigen Wettbewerb handelt oder der Verfügungsbeklagte auf die Liste Anlage ASt 9 zurückgreift. Im Hinblick darauf, dass mehr dafürspricht, dass es an ausreichenden Geheimhaltungsmaßnahmen fehlt, hält die Kammer insoweit keine einstweilige Leistungsverfügung für geboten. Anders ist dies betreffend die privaten Aufzeichnungen. Davon hatte der Verfügungskläger bis zu der Berufungserwiderung keine Kenntnis. Es handelt sich wie ausgeführt um wertvolle Kundeninformationen über einen langen Zeitraum, die das Ansprechen der Kunden durch einen Wettbewerber deutlich erleichtern. Ausreichende Geheimhaltungsmaßnahmen erachtet das Gericht hier für gegeben. Interessen des Klägers, diese Unterlagen zum Zwecke des Wettbewerbs zu nutzen, bestehen nicht.

cc) Die weiteren Voraussetzungen aus § 6 GeschGehG i.V.m. §§ 2, 4 GeschGehG sind betreffend die privaten Aufzeichnungen gegeben. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist auf der Grundlage von § 14 Abs. 5 des Arbeitsvertrages der Verfügungskläger Inhaber des Geschäftsgeheimnisses der privaten Aufzeichnungen entsprechend dem Antrag. Er hat die rechtmäßige Kontrolle darüber, zumal der Verfügungsbeklagte diese nicht mehr zur Kontrolle der Reisekostenabrechnungen benötigt, wie sich aus seiner Vernichtungsbereitschaft ergibt und außerdem aus der Ausschlussklausel in § 16 des Arbeitsvertrages. Das Behalten und Nutzen der privaten Aufzeichnungen zum Zwecke des Wettbewerbs ist eine Nutzung, die nicht den anständigen Marktgepflogenheiten entspricht (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 GeschGehG) und den Verfügungsbeklagten deshalb zum Rechtsverletzer macht. Von diesem kann der Verfügungskläger aufgrund der bestehenden Wiederholungsgefahr Unterlassung verlangen.

e) Die Dringlichkeit der einstweiligen Anordnung und damit der Verfügungsgrund ergeben sich daraus, dass der Verfügungskläger besorgen muss, dass es zu weiteren Rechtsverletzungen des Verfügungsbeklagten kommt. Die Eilbedürftigkeit und damit der Verfügungsgrund entfallen jedoch, wenn der Verfügungskläger durch zu langes Zuwarten die Dringlichkeit, die Angelegenheit vorläufig durch eine einstweilige Leistungsverfügung zu regeln, selbst widerlegt hat. Es ist deshalb allgemein für das Verfahren der einstweiligen Verfügung anerkannt, dass ein Verfügungsgrund dann fehlt, wenn der Verfügungskläger zu lange gewartet hat, bevor er die einstweilige Verfügung beantragt (LAG Düsseldorf 19.09.2012 – 12 SaGa 17712, juris Rn. 8). Auf den ersten Anhaltspunkt der Ansprache der M. GmbH hat der Verfügungskläger ausreichend zeitnah reagiert. In Beantwortung auf die Berufungserwiderung vom 18.05.2020 hat der Verfügungskläger bereits am 26.05.2020 seinen Antrag erweitert und nunmehr auch auf die ihm erst aus der Berufungserwiderung bekannten privaten Aufzeichnungen bezogen.

3. Die Androhung von Ordnungsgeld, Ordnungshaft und Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten beruht auf § 890 Abs. 1, 2 ZPO.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Kammer hat gewürdigt, dass es ein einheitliches wirtschaftliches Interesse ist, auf den sich das Unterlassungsbegehren bezieht. Allerdings ist dieses in seiner Gesamtheit dem Verfügungskläger nur zu einem kleineren Teil zugesprochen worden. Die Listen gemäß Anlagen ASt 7 und ASt 9 sind als klare Aufzählung der Kunden mit den Umsatzangaben die dort verlässlich beziffert sind, deutlich gewichtiger und werthaltiger als die privaten Aufzeichnungen des Verfügungsbeklagten. Bei der Wertfestsetzung ist außerdem zu berücksichtigen, dass Gegenstand gerade nicht das Unterlassen von Wettbewerb an sich ist, sondern das Ausnutzen bzw. Verwenden bestimmter Informationen. Diese kennzeichnen deshalb das wirtschaftliche Interesse des Verfügungsklägers. Würdigt man dies alles, ist eine Kostenquote von 75 % für den Verfügungskläger und von 25 % für den Verfügungsbeklagten angemessen.

C. Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 72 Abs. 4 ArbGG).

 

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