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Hausmeisterdienstwohnung – Mieterhöhung bei Werkdienstwohnung

ArbG Nürnberg – Az.: 9 Ca 663/12 – Urteil vom 11.10.2012

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

III. Der Streitwert wird festgesetzt auf 2.278,44 €.

IV. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Zustimmung zur Mieterhöhung für die von den Beklagten bewohnte Hausmeisterwohnung.

Die Klägerin schloss unter dem 09.12.1986 einen Mietvertrag mit den Beklagten. Zudem schloss die Klägerin jeweils mit dem Beklagten und der Beklagten einen Hausmeisterdienstvertrag.

Der Mietvertrag enthält u.a. folgende zusätzliche Vereinbarung:

Die Wohnung ist eine Dienstwohnung. Das Mietverhältnis endet in jedem Fall mit der Beendigung des Dienstverhältnisses. Der Dienstvertrag vom 15.01.1987  gilt als wesentlicher Bestandteil des Mietvertrages.

§ 7 Absatz 1) des Dienstvertrages regelt Folgendes:

Die V stellt dem Hausmeister eine Dienstwohnung zur Verfügung, über die ein besonderer Mietvertrag abgeschlossen wird.  Mietvertrag und Hausmeisterdienstvertrag  bilden ein einheitliches Rechtsverhältnis. Die Beendigung des einen Vertrages hat auch die Auflösung des anderen Vertrages zur Folge.

Die Dienstverhältnisse gingen im Rahmen von Betriebsübergängen von der Klägerin auf die M und sodann auf die SH über.

Mit Schreiben vom 13.08.2010 begehrte die Klägerin von den Beklagten unter Bezugnahme auf den Mietspiegel Nürnberg 2010 gemäß § 558 BGB die Zustimmung zu einer 20%igen Mieterhöhung.

Die Klägerin ist der Auffassung, es handle sich um eine Werkmietwohnung. Zwischen den Parteien sei ein eigenständiger Mietvertrag geschlossen worden. Die Vermietung sei zwar mit Rücksicht auf das geplante Dienstverhältnis erfolgt, Werkmietvertrag sowie Dienstvertrag seien jedoch getrennte, unabhängige Verträge. Zudem bestehe keine Identität mehr zwischen Vermieter und Arbeitgeber, da das Arbeitsverhältnis mittlerweile mit der GmbH bestehe.

Auf die Werkmietwohnung im Sinne des § 576 BGB seien die §§ 557-561 BGB anwendbar. Somit stehe einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete nach § 558 BGB im vorliegenden Fall nichts entgegen.

Die Klägerin hat die Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung beim Amtsgericht Nürnberg erhoben. Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 22.03.2011 abgewiesen. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat mit Beschluss von 10.01.2012 das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit an das zuständige Arbeitsgericht Nürnberg verwiesen, weil es sich nicht um eine Werkmietwohnung, sondern um eine Werkdienstwohnung handle.

Die Klägerin beantragt:

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, für die Wohnung im 5.OG rechts im Haus erg ab dem 01.11.2010 einer Erhöhung der monatlichen Grundmiete von 318,08 € um 63,29 € auf 381,37 € zuzustimmen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, dass der Rechtsstreit zutreffend verwiesen wurde, weil es sich um eine Werkdienstwohnung handle. Für diese sei eine Mieterhöhung nach den Vorschriften des BGB nicht möglich, da diese in das Lohngefüge eingreifen würde. Daran ändere sich auch durch die erfolgten Betriebsübergänge nichts.

Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und das Protokoll verwiesen, § 46 Abs. 2 ArbGG, § 313 Abs. 2 ZPO.

Entscheidungsgründe

I.

Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist nach dem bindenden Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 10.01.2012 eröffnet, § 17a Abs.2 Satz 3 GVG.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere liegt die Prozessvoraussetzung der Prozessführungsbefugnis vor, da die Klägerin behauptet, Inhaberin des geltend gemachten Rechts zu sein (vgl. Zöller/Vollkommer, vor § 50 ZPO, Rn 18).

Die örtliche Zuständigkeit ist gemäß § 46 Abs.2 ArbGG, §§ 12, 13 ZPO gegeben, da die Beklagten ihren Wohnsitz im Gerichtsbezirk des Arbeitsgerichts Nürnberg haben.

II.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Im Hinblick auf das Parteivorbringen ist unter Beachtung des Rechtsgedankens aus § 313 Abs.3 ZPO Folgendes auszuführen:

1. Die Klägerin ist nicht aktivlegitimiert.

Steht die eingeklagte Forderung nicht der Klagepartei, sondern einem Dritten zu, wird die Klage wegen mangelnder Aktivlegitimation als unbegründet abgewiesen (Zöller/Vollkommer, vor § 50 ZPO, Rn 18).

a) Hinsichtlich der Frage, ob es sich bei der von den Beklagten bewohnten Wohnung um eine Werkdienst- oder Werkmietwohnung handelt, schließt sich das Gericht den überzeugenden Ausführungen des Landgerichts Nürnberg-Fürth im Beschluss vom 10.01.2012 an. Eine Werkdienstwohnung liegt dann vor, wenn die Wohnraumüberlassung Teil der dem Dienstberechtigten oder Arbeitgeber obliegenden vertraglichen Gegenleistung darstellt und ein besonderes Mietverhältnis nicht abgeschlossen wird (MK/Artz Vor §§ 576–576b Rn1; Schmidt-Futterer/Blank Vor § 576 Rn 2). Sowohl aus der Vertragsgestaltung als auch aus der Vertragsdurchführung lässt sich auf ein einheitliches Rechtsverhältnis und somit auf das Vorliegen einer Werkdienstwohnung schließen.

b) Der erfolgte Betriebsübergang, infolge dessen die Klägerin ihre Arbeitgeberstellung verloren hat, führen entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dazu, dass sich der Charakter der ursprünglichen Vertragsgestaltung dahingehend geändert hat, dass es sich um keine Werkdienstwohnung, sondern nunmehr um eine Werkmietwohnung handeln würde.

Die Folge des Betriebsübergangs war eine andere.

Ist ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft übergegangen, so bestimmt § 613a Abs.1 Satz 1 BGB, dass der neue Inhaber in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisses eintritt. Das Arbeitsverhältnis zum bisherigen Betriebsinhaber erlischt. Zu den Rechtsbeziehungen, die als Bestandteil des Arbeitsverhältnisses nach § 613a Abs.1 Satz 1 BGB auf den neuen Betriebsinhaber übergehen gehört insbesondere die Pflicht zur Überlassung einer Werkdienstwohnung gemäß § 576b BGB (HWK/Willemsen/Müller-Bonanni, § 613a BGB, Rn 231, m.w.N.). Denn bei der Werkdienstwohnung besteht neben dem Arbeitsverhältnis kein besonderes Mietverhältnis, so dass das Wohnrecht zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses gehört und nach § 613 a BGB übergeht. Verpflichtet der Arbeitsvertrag den Arbeitgeber zur Stellung einer Mietwohnung, geht diese Pflicht nach § 613a BGB auf den Erwerber über (MüKo/Müller-Glöge, § 613a BGB, Rn 99, ErfK/Preis, § 613a BGB, Rn 77, m.w.N.).

Die Klägerin hat daher infolge des Betriebsübergangs auf die Firma M neben ihrer Arbeitgeberstellung auch die Rechte aus dem Mietvertrag als Bestandteil des Arbeitsvertrages verloren. Für den hier geltend gemachten Anspruch aus § 558 BGB fehlt ihr somit die Aktivlegitimation und die Klage war als unbegründet abzuweisen.

2. Der geltend gemachte Anspruch auf Mieterhöhung scheitert zudem daran, dass bei einer Werkdienstwohnung wegen Fehlens einer gesonderten mietvertraglichen Vereinbarung das Mieterhöhungsverfahren nach §§ 557 ff nicht anzuwenden ist (BAG WM 1993, 353; WM 2000, 362; Palandt/Weidenkaff Vor § 576 Rn 6).

Da die Überlassung einer Werkdienstwohnung als Bestandteil einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung auch bei Vorliegen einer gesonderten Vertragsvereinbarung ein selbständiges Mietverhältnis ausschließt, gelten die §§ 557–561 BGB weder unmittelbar noch entsprechend (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10.Auflage 2011, § 558 BGB, Rn 116).

Die Anwendung mietrechtlicher Sondervorschriften kann auch nicht mit dem doppeltypischen Charakter des Vertrages begründet werden. Die Vorschriften des Mieterhöhungsverfahrens sind auf einen selbständigen Mietvertrag zugeschnitten und lassen sich mit dem arbeitsrechtlichen Hauptcharakter des Vertrages und der arbeitsrechtlichen Bindung der Wohnungsnahme an die Arbeitsleistung nicht vereinbaren. Bei der Dienstwohnung lassen sich die Verpflichtung zur Arbeitsleistung und die Wohnverpflichtung nicht trennen. Die Kündigung etwa nur der Verpflichtung zur Wohnungsnahme wäre eine unzulässige Teilkündigung (BAG Urteil vom 23. August 1989 – 5 AZR 569/88 – AP Nr. 3 zu § 565 e BGB). Hinzu kommt, dass die Überlassung der Wohnung häufig als Sachleistung anzusehen ist. Eine Änderung allein der Dienstwohnungsvergütung bzw. eine Kündigung des Dienstwohnungsverhältnisses nach Maßgabe der mietrechtlichen Vorschriften führte also zu einem Eingriff auch in das arbeitsvertraglich festgesetzte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, das grundsätzlich nur nach arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten geändert werden kann (vgl. auch BAG Urteil vom 23. August 1989, aaO). Insgesamt widerspricht also das vorgegebene Instrumentarium der Mieterhöhung nach Maßgabe der §§ 557 ff BGB einerseits wie auch das einseitige Kündigungsrecht des Mieters der arbeitsrechtlichen Einbindung der Wohnungsüberlassung und der Notwendigkeit der Wohnungsnahme zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Arbeitsleistung (vgl. BAG Urteil vom 15.12.1992 – 1 AZR 308/92 – juris).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs.2 ArbGG, § 91 Abs.1 Satz 1 ZPO und begründet sich mit dem Unterliegen der Klägerin.

Der Streitwert war gemäß §§ 61 Abs.1, 46 Abs.2 ArbG, §§ 3 ff. ZPO in Höhe der 36fachen Mietdifferenz festzusetzen.

Die Entscheidung über die Zulassung der Berufung ergeht gemäß § 64 Abs.3a ArbGG. Die Berufung kann gemäß § 64 Abs.2 ArbGG eingelegt werden. Umstände, welche die gesonderte Zulassung der Berufung gemäß § 64 Abs.3 ArbGG begründet hätten sind nicht gegeben.

 

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