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Insolvenz Arbeitgeber: Urlaubsabgeltungsanspruch

Was passiert mit den Überstunden und den Urlaubsanspruch bei einer Insolvenz?

Ein Unternehmen als Arbeitgeber kann aus den unterschiedlichsten Gründen insolvent werden. Gerade in Krisenzeiten ist dies nicht gerade eine Seltenheit. Im Hinblick auf die Forderungsinhaber stellt sich dann jedoch die Frage, wie die Ansprüche gegen das Unternehmen geltend gemacht werden können. Auch für die Arbeitnehmer des Unternehmens kann diese Frage überaus interessant werden, da das Unternehmen mit dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens den Regelungen der InsO (Insolvenzordnung) unterworfen wird. Dementsprechend müssen Arbeitnehmer, die beispielsweise einen Urlaubsabgeltungsanspruch gegen das Unternehmen durchsetzen möchten, sehr durchdacht vorgehen.

Der Urlaubsanspruch im Fall des Insolvenzverfahrens

Sollte das bestehende Arbeitsverhältnis zwischen dem insolventen Unternehmen als Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer auch nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens weiter fortgeführt werden, so hat der Arbeitnehmer selbstverständlich noch einen Anspruch auf die bislang noch nicht erhaltenen Urlaubstage. Dieser Anspruch bleibt unberührt von dem Insolvenzverfahren, allerdings ist gem. §§ 55 Absatz 1 Nr. 2 bzw. 2, 108 Absatz 1 Satz 1 der InsO) der eingesetzte Insolvenzverwalter der Schuldner und dementsprechend auch der Ansprechpartner für den Arbeitnehmer.

Insolvenz
Aufgrund der Corona-Pandemie kommt es zu zunehmenden Firmeninsolvenzen. Was Arbeitnehmer jetzt wissen sollten! (Symbolfoto: Von Bihlmayer Fotografie/Shutterstock.com)

Das Bundesarbeitsgericht hat mit seinem Urteil (Aktenzeichen: 8 AZR 481/84 vom 18.12.1986) ausdrücklich festgestellt, dass das alleinige Vorliegen eines Insolvenzverfahrens keine Auswirkungen auf die vorhandenen Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers hat. Mit dem Datum 18.11.2003 hat das Bundesarbeitsgericht zudem auch festgestellt, dass auch diejenigen Urlaubsansprüche, welche aus den Zeiträumen vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstammen, entsprechend unberührt bleiben.

Urlaubsansprüche eines Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber gelten im Falle eines Insolvenzverfahrens des arbeitgebenden Unternehmens als Masseforderungen. Dazu zählen gem. Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18.11.2003 (Aktenzeichen 9 AZR 95/03) auch diejenigen Urlaubsansprüche, die vor dem Zeitraum der Eröffnung des Insolvenzverfahrens von dem Arbeitnehmer erworben wurden.

Diese Regelung gilt ausdrücklich auch dann, wenn ein Insolvenzverfahren noch nicht in der endgültigen Form eröffnet wurde. Sollte ein sogenannter „vorläufiger starker Insolvenzverwalter“ gem. §§ 21 Absatz 2 Nr. 2 bzw. 1 / 22 Absatz 1 InsO mit der Durchführung des Insolvenzverfahrens beauftragt worden sein, welcher die Verwaltungs- sowie auch Verfügungsbefugnis über das vorhandene Schuldnervermögen erhalten hat, so gilt dies auch. In einem derartigen Fall ergeht in der gängigen Praxis ein sogenanntes allgemeines Verfügungsverbot des Schuldners (vgl. Teilurteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10.09.2020, Aktenzeichen 6 AZR 94/19).

Sollte der Insolvenzverwalter auch weiterhin die Arbeitnehmerarbeitsleistung in Anspruch nehmen und den Arbeitnehmer nicht freistellen, so muss der Insolvenzverwalter auch gem. § 55 Absatz 2 InsolvenzOrdnung für die entstehenden Urlaubsansprüche einstehen.

Der Urlaubsabgeltungsanspruch

Der Urlaubsabgeltungsanspruch eines Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitnehmer in dem Insolvenzverfahren unterscheidet sich durchaus zu dem Urlaubsanspruch. Zwar gilt auch ein Urlaubsabgeltungsanspruch im Fall eines Insolvenzverfahrens als Masseforderung, allerdings gilt dies lediglich unter ganz bestimmten Voraussetzungen. Gem. Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21.11.2006 (Aktenzeichen 9 AZR 97/06) gelten nur diejenigen Verpflichtungen aus den gegenseitigen Verträgen, deren Erfüllungszeitraum nach dem Zeitpunkt der Eröffnung des entsprechenden Insolvenzverfahrens liegt.

Der gleiche Grundsatz gilt auch für die Zeitspanne vor der eigentlichen Entscheidung im Hinblick auf das zu eröffnende Insolvenzverfahren und dann, wenn der vorgenannte vorläufige starke Insolvenzverwalter den Arbeitnehmer zu einer Arbeitsleistung heranzieht (vgl. Teilurteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10.09.2020, Aktenzeichen: 9 AZR 94/19 sowie § 55 Absatz 2 Satz 2 der InsolvenzOrdnung).

Aus insolvenzrechtlicher Sicht sind Urlaubsentgeltansprüche den normalen Urlaubsansprüchen gleichgestellt. Dementsprechend besteht auch die Verpflichtung zur Abgeltung derjenigen Urlaubsansprüche, welche in dem Zeitraum vor einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens seitens des Arbeitnehmers erworben wurden.

Für die reine Beurteilung, zu welchem Zeitpunkt der entsprechende Urlaubsabgeltungsanspruch eines Arbeitnehmers vonseiten des Schuldners zu erfüllen ist, ist der Entstehungszeitpunkt des Anspruchs von maßgeblicher Bedeutung. Das Bundesarbeitsgericht stellt seine Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Insolvenzordnung das materielle Recht als Grundlage für den Entstehungszeitpunkt auf (vgl. Urteil vom 25.03.2003, Aktenzeichen 9 AZR 174/02).

Als grundsätzliche Voraussetzung für den Urlaubsabgeltungsanspruch gilt dabei, dass ein Urlaub eines Arbeitnehmers bedingt durch die Beendigung des arbeitsvertraglichen Verhältnisses zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer seitens des Arbeitnehmers nicht mehr in Anspruch genommen werden kann. Die rechtliche Grundlage hierfür stellt der § 7 Absatz 4 Bundesurlaubsgesetz dar. Der Anspruch ist dementsprechend auch erst dann zu erfüllen.

Auch ein Insolvenzverwalter hat die Verpflichtung, den Urlaubsabgeltungsanspruch eines Arbeitnehmers als Masseforderung zu befriedigen, sofern das Arbeitsverhältnis nach dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung auch wirklich endet. Der Anspruch auf die Urlaubsabgeltung bleibt jedoch durch die Insolvenzeröffnung absolut unberührt.

Es gibt im Zusammenhang mit der Insolvenz zwei unterschiedliche Arten von Forderungen der Gläubiger. Auf der einen Seite stehen die Insolvenzforderungen und auf der anderen Seite die sogenannten Masseforderungen. Der Unterschied zwischen diesen beiden Forderungsarten liegt letztlich in der unterschiedlich ausgelegten Befriedigungsquote. Im Gegensatz zu den Insolvenzforderungen werden die Masseforderungen dem reinen Grundsatz nach in der vollen Höhe im Vorwege aus der vorhandenen Insolvenzmasse heraus seitens des Insolvenzverwalters befriedigt. Ein weiterer Unterschied liegt auch in der Art und Weise, wie die Forderungen geltend gemacht werden.

In der gängigen Praxis ist die Unterscheidung der Forderungen nicht immer ganz einfach. Im Zuge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt auch eine Einteilung der unterschiedlichen Forderungen. Hierbei ist zu erwähnen, dass Masseforderungen im Vergleich zu Insolvenzforderungen vorrangig behandelt werden. Lohnforderungen der Arbeitnehmer sowie auch die Urlaubsabgeltungsansprüche sind regelrechte Paradebeispiele für Masseforderungen, jedoch müssen diese Forderungen auch gegenüber dem Schuldner geltend gemacht werden. Nun ist es jedoch auch so, dass ein Insolvenzverwalter durchaus einen beachten Arbeitsaufwand durch die Insolvenzeröffnung hat. In der Regel erfolgt seitens des Insolvenzverwalters eine Information an alle Gläubiger, dass nunmehr für das jeweilige Unternehmen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Auf diese Information kann ein Gläubiger mit der jeweiligen Forderung an den Insolvenzverwalter schriftlich antworten. Wichtig hierbei ist jedoch die Belegbarkeit der Forderungen. Im Hinblick auf die Urlaubsabgeltungsansprüche ist die Belegbarkeit des Anspruchs durchaus möglich, allerdings sollten die entsprechenden Arbeitnehmer auch gewisse Dokumente dem Schreiben beifügen können.

Nicht verschwiegen werden darf in diesem Zusammenhang, dass diese Zeit für den Arbeitnehmer nicht gänzlich einfach ist. Das Arbeitsverhältnis in dem Unternehmen endet zwangsläufig und dementsprechend ist die eigene berufliche Zukunft in vielen Fällen ungewisse. Dies bedeutet jedoch, dass ein Arbeitnehmer zunächst erst einmal einen großen Teil seiner Zeit mit der Suche nach einem neuen festen Arbeitsplatz verbringen muss. In der heutigen Zeit ist dies nicht immer gänzlich einfach und so ist es auch nicht verwunderlich, dass bei sehr vielen Arbeitnehmern eine emotionale Sonderbelastung vorliegt. Für die Anmeldung von Urlaubsabgeltungsansprüchen jedoch wird auf jeden Fall ein kühler Kopf sowie eine nüchterne Betrachtungsweise der ganzen Angelegenheit zwingend erforderlich.

Ein weiterer Aspekt, der vielen Arbeitnehmern mit Urlaubsabgeltungsansprüchen durchaus schwerfällt, ist die Bemessung der Höhe der entsprechenden Forderung. Dass ein Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung besteht dürfte den meisten Arbeitnehmern durchaus noch bewusst sein, doch die Bemessung der Höhe erfordert auch ein gewisses juristisches Fachwissen. Dieses Fachwissen ist jedoch nicht jedem juristischen Laien gegeben, sodass durchaus auch Fehler bei der Bemessung der Höhe eines Urlaubsabgeltungsanspruchs entstehen können. Diese Fehler führen letztlich jedoch zu einer Verzögerung der ganzen Angelegenheit, sodass Arbeitnehmer einen längeren Zeitraum auf die Abgeltung des Urlaubsanspruchs warten müssen. Dies lässt sich jedoch dadurch vermeiden, dass ein erfahrener Rechtsanwalt für Arbeitsrecht seitens des Forderungsinhabers beauftragt wird. Dieser erfahrene Rechtsanwalt kann dann ein rechtskonformes Forderungsschreiben an den Insolvenzverwalter aufsetzen und dabei auch die Höhe der entsprechenden Forderung korrekt bemessen.

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