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Interne Stellenausschreibung – Mindestanforderungen

LAG Schleswig-Holstein, Az.: 4 TaBV 6/17, Beschluss vom 06.07.2017

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 07.02.2017 – 3 BV 147/16 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darum, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, in internen Stellenausschreibungen die für die Stelle vorgesehene Entgeltgruppe bekanntzumachen. Der Antragsteller ist der im Betrieb der Arbeitgeberin gewählte Betriebsrat. Die Arbeitgeberin ist tarifgebunden und wendet den Entgeltrahmentarifvertrag für den Metallindustriebezirk Küste an.

Die Arbeitgeberin lehnt es seit einiger Zeit ab, in internen Stellenausschreibungen die vorgesehene Entgeltgruppe zu benennen.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin sei gemäß § 93 BetrVG verpflichtet, die vorgesehene Entgeltgruppe anzugeben. Nur so könne der Zweck einer internen Stellenausschreibung erfüllt werden. Denn es liege nahe, dass sich interne Arbeitnehmer nicht auf eine schlechter dotierte Stelle bewerben würden. Ohne Kenntnis der Entgeltgruppe fehle es an einem wesentlichen Element für die Entscheidungsfindung der Arbeitnehmer, sich zu bewerben oder dies zu unterlassen.

Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, ihre Stellenausschreibung enthalte den gemäß § 93 BetrVG geforderten Mindestinhalt. Dazu gehöre nicht die Entgelthöhe oder die angestrebte Eingruppierung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird Bezug genommen auf den darstellenden Teil des angefochtenen Beschlusses.

Interne Stellenausschreibung - Mindestanforderungen
Symbolfoto: stvan4245/bigstock

Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrates auf Bekanntgabe der vorgesehenen Entgeltgruppe als unbegründet zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Nennung der Entgeltgruppe gehöre nicht zum notwendigen Inhalt einer internen Ausschreibung. Deren Gegenstand seien Arbeitsplätze, nicht jedoch das von der Arbeitgeberin beabsichtigte zukünftige Arbeitsverhältnis. Systematisch stehe das Ausschreibungserfordernis gemäß § 93 BetrVG im Zusammenhang mit der Einstellung gemäß § 99 BetrVG. Ein Zusammenhang zwischen interner Ausschreibung und Eingruppierung gemäß § 99 BetrVG komme dagegen nicht in Betracht. Die interne Ausschreibung habe keinerlei Einfluss auf die ordnungsgemäße Eingruppierung eines Mitarbeiters.

Auch aus dem Zweck der Vorschrift ergebe sich nichts anderes. Die interne Stellenausschreibung diene der innerbetrieblichen Transparenz und der Möglichkeit für die Arbeitnehmer, sich auf eine andere Stelle innerhalb des Unternehmens zu bewerben. Diese Möglichkeit werde durch die auf die Stellenbeschreibung und die Qualifikationsanforderungen begrenzte Ausschreibung nicht wesentlich eingeschränkt. Der Arbeitnehmer könne sein Interesse bekunden und weitere Informationen einholen. Auch aus anderen Gesichtspunkten komme ein Anspruch auf Nennung der Entgeltgruppe nicht in Betracht. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitgeberin bei externen Stellenausschreibungen für Tarifangestellte stets die Vergütungsgruppe anführe.

Wegen der weiteren Begründung wird Bezug genommen auf den Inhalt des angefochtenen erstinstanzlichen Beschlusses.

Der Betriebsrat hat gegen den ihm am 16. Februar 2017 zugestellten Beschluss am 13. März 2017 Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Frist bis 18. April 2017 am 18. April 2017 begründet.

Der Betriebsrat wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Nach seiner Auffassung verkenne das Arbeitsgericht, dass innerbetriebliche Bewerber in der Regel nicht eingestellt, sondern versetzt würden. Dabei müssten sich Betriebsangehörige überlegen, ob sie sich dem Wettbewerb mit anderen internen Arbeitnehmern stellen wollten. Eine solche Bewerbung habe unmittelbare Auswirkungen auf ihr soziales Verhältnis innerhalb der eigenen Abteilung und ihr Verhältnis zu den Konkurrenten um die begehrte Stelle. Die Entgelthöhe sei dabei ein ganz wesentlicher Faktor für die bereits beschäftigten Arbeitnehmer, an einem Ausschreibungsverfahren teilzunehmen. Sinn und Zweck der internen Ausschreibung könnten optimal nur erreicht werden, wenn tatsächlich dem einzelnen Bewerber ohne weitere Nachforschungen die für seine Entscheidungsfindung notwendigen Informationen bekanntgegeben würden. Es müsse ihm möglich sein, eine Entscheidung über die Teilnahme an dem Bewerbungsverfahren zu treffen, ohne sich vorher erkennen zu geben.

Zudem – so meint der Betriebsrat – sei angesichts der zunehmenden Stimmen in der Literatur zweifelhaft, ob das Bundesarbeitsgericht an seiner bisherigen Rechtsprechung festhalte, wonach es keine Verpflichtung gebe, die Vergütungsgruppe in der internen Stellenausschreibung zu benennen.

Der Betriebsrat beantragt, den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 07.02.2017 – 3 BV 147/16 – abzuändern und die Arbeitgeberin zu verpflichten, in Stellenausschreibungen im Sinne des § 93 BetrVG die für diese Stelle vorgesehene Entgeltgruppe des „Entgeltrahmentarifvertrages für den Metallindustriebezirk Küste” bekannt zu machen.

Die Arbeitgeberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie wiederholt unter Verteidigung der erstinstanzlichen Entscheidung ihre Rechtsauffassung, wonach Sinn und Zweck des § 93 BetrVG es nicht verlangten, auch die vorgesehene Entgeltgruppe zu bezeichnen. Der Arbeitgeber habe lediglich zu beachten, dass aus der Ausschreibung hervorgehe, um welchen Arbeitsplatz es sich handele und welche Anforderungen ein Bewerber erfüllen müsse. Die Vergütung selbst betreffe nicht den Arbeitsplatz, sondern nur dessen Wertigkeit. Wenn für den Arbeitnehmer tatsächlich die Höhe der Vergütung im Vordergrund stehe, habe er die Möglichkeit, diese Information in der Personalabteilung einzuholen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz wird Bezug genommen auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze.

II.

Die Beschwerde des Betriebsrates ist zulässig. Sie ist statthaft und frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat mit sorgfältiger und zutreffender Begründung den Antrag des Betriebsrates abgewiesen. Das Beschwerdegericht nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen darauf ausdrücklich Bezug. Die Angriffe der Beschwerde rechtfertigen keine Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses.

1. Gemäß § 93 BetrVG kann der Betriebsrat verlangen, dass Arbeitsplätze, die besetzt werden sollen, allgemein oder für bestimmte Arten von Tätigkeiten vor ihrer Besetzung innerhalb des Betriebes ausgeschrieben werden.

Das Gesetz enthält keine ausdrücklichen Bestimmungen dazu, welche Anforderungen an Inhalt, Form und Frist einer Ausschreibung sowie deren Bekanntmachung zu stellen sind. Die konkrete Ausgestaltung obliegt dem Arbeitgeber. Ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht hat der Betriebsrat insoweit nicht. Die Mindestanforderungen an Inhalt und Form einer Ausschreibung ergeben sich aus ihrem Zweck. Dieser geht dahin, die zu besetzende Stelle den in Betracht kommenden Arbeitnehmern zur Kenntnis zu bringen und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihr Interesse an der Stelle kundzutun und sich darum zu bewerben. Außerdem soll möglichen Bedenken innerhalb der Belegschaft über die Einstellung bisher betriebsfremder Personen trotz im Betrieb vorhandener qualifizierter Arbeitnehmer entgegengewirkt werden. Aus der Ausschreibung muss daher hervorgehen, um welchen Arbeitsplatz es sich handelt und welche Anforderungen ein Bewerber erfüllen muss (BAG, Beschluss vom 07.06.2016 – 1 ABR 33/14 -, zitiert nach juris Rn. Nr. 19).

Schon der Wortlaut des § 93 BetrVG streitet dafür, dass innerhalb des Betriebs der „Arbeitsplatz”, nicht jedoch das „Arbeitsverhältnis” auszuschreiben ist (BAG, Beschluss vom 07.06.2016 – 1 ABR 33/14 -, zitiert nach juris Rn. 20).

Als Mindestangaben verlangt die Ausschreibung daher die Beschreibung der betreffenden Stelle durch eine zumindest schlagwortartige Bezeichnung der mit ihr verbundenen Arbeitsaufgaben und die von den Bewerbern erwarteten Qualifikationen. Angaben zur Höhe des Arbeitsentgelts zählen nicht zum notwendigen Inhalt der Ausschreibung (BAG, Beschluss vom 10.03.2009 – 1 ABR 93/07 -, zitiert nach juris Rn. 47).

2. Unter „Ausschreibung einer Stelle” ist lediglich die allgemeine Aufforderung an alle oder eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern zu verstehen, sich für einen bestimmten Arbeitsplatz im Betrieb zu bewerben (Raab in GK – BetrVG, 10. Auflage, § 93 Rn. 32). Dabei muss die Ausschreibung auf eine Art und Weise erfolgen, welche die Chancengleichheit für die innerbetrieblichen Bewerber gewährleistet und diese nicht benachteiligt. Wird die Ausschreibung diesen Anforderungen nicht gerecht, so hat der Arbeitgeber seine Pflicht zur Ausschreibung nicht erfüllt (Raab in GK – BetrVG, 10. Auflage, § 93 Rn. 31). § 93 BetrVG dient der effektiven Verwirklichung eines innerbetrieblichen Arbeitsmarkts. Es sollen die im Betrieb selbst vorhandenen Möglichkeiten der Personalbeschaffung aktiviert werden (Fitting, BetrVG, 28. Auflage, § 93 Rn. 1).

3. Diesem Zweck genügt auch eine interne Stellenausschreibung, die keinen Hinweis auf die vorgesehene Entgeltgruppe oder die Vergütungshöhe hat. Zwar sind solche Angaben zweckmäßig, jedoch nicht erforderlich. Denn auch ohne solche Angaben erfüllt die Ausschreibung in vollem Umfang ihre Funktion, die Arbeitnehmer des Betriebs auf die zu besetzende Stelle aufmerksam zu machen. Die hierfür wesentliche Information ist die Beschreibung der geforderten Tätigkeit, weil die Arbeitnehmer ohne diese nicht beurteilen können, ob sie für den Arbeitsplatz überhaupt in Betracht kommen. Weitere Informationen verlangt der Zweck des § 93 BetrVG nicht (Raab in GK – BetrVG -, 10. Auflage, § 93 Rn. 34). Denn die fehlende Angabe zu einer Tarifgruppe hat nicht zur Folge, dass die zu besetzenden Arbeitsplätze für die Mitarbeiter im Betrieb nicht erkennbar waren. Eine Tarifgruppe betrifft nicht den Arbeitsplatz als solchen, sondern erst dessen Wertigkeit. Aus der Ausschreibung muss aber lediglich hervorgehen, um welchen Arbeitsplatz es sich handelt und welche Anforderungen der Bewerber erfüllen muss (Thüsing in Richardi, BetrVG, 15. Auflage, § 93 Rn. 23). Die Funktion der innerbetrieblichen „Markttransparenz” und der Aufstiegsförderung verlangt nicht die Benennung der Tarifgruppe. Der Betriebsrat verkennt insoweit, dass § 93 BetrVG lediglich ermöglichen will, dass Mitarbeiter Kenntnis von freien Stellen und deren Anforderungen haben. Hinweise auf weitere zu beachtende Motivlagen für eine Bewerbung, denen die interne Stellenausschreibung angeblich gerecht werden muss, enthält § 93 BetrVG nicht. Es geht allein um den Hinweis auf zu besetzende freie Stellen. Die interne Stellenausschreibung soll den Betriebsangehörigen eine Bewerbung ermöglichen. Dafür reichen allein die Benennung des konkreten Arbeitsplatzes und die damit verbundenen Anforderungen.

4. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem vom Betriebsrat angeführten Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 10. März 2009 (1 ABR 93/07).

Richtig ist, dass das Bundesarbeitsgericht dort ausführt, noch nicht entschieden zu haben, ob die Angabe einer objektiv unzutreffenden Vergütungsgruppe dem Unterbleiben einer Ausschreibung gleichzusetzen sei. Bei der unrichtigen Angabe der Höhe des Arbeitsentgelts könnte das – so das Bundesarbeitsgericht – anzunehmen sein, falls die in Aussicht gestellte Vergütung eindeutig im Widerspruch zu einer den Arbeitgeber bindenden tariflichen oder betrieblichen Vorgabe stehe. Denn durch den Hinweis auf eine (zu) niedrige Vergütung könnten mögliche Interessenten von einer Bewerbung abgehalten werden, was Sinn und Zweck einer innerbetrieblichen Stellenausschreibung widerspreche. Allerdings komme eine solche Annahme nach der Systematik des § 99 BetrVG nur in den Fällen einer offensichtlichen Falschangabe in Betracht.

Diesen Ausführungen lässt sich aber nicht entnehmen, dass das Bundesarbeitsgericht dazu neigen könnte, die Angabe der angestrebten Entgeltgruppe in einer innerbetrieblichen Stellenausschreibung zu verlangen. Im Gegenteil: Das Bundesarbeitsgericht führt in diesem Beschluss ausdrücklich aus, diese Information – beabsichtigte Eingruppierung – gehöre nicht zum notwendigen Inhalt einer Ausschreibung. Das Bundesarbeitsgericht hatte sich dort vielmehr mit der Frage zu befassen, ob eine offensichtliche Falschangabe einer unterbliebenen Stellenausschreibung gleichzusetzen sei. Es scheint dies mit Sinn und Zweck der innerbetrieblichen Stellenausschreibung zu bejahen, weil mit einem offensichtlich falschen Hinweis auf eine (zu) niedrige Vergütung interne Mitarbeiter von einer Bewerbung abgehalten werden könnten, was dem Sinn und Zweck einer innerbetrieblichen Stellenausschreibung widerspreche.

Darum geht es hier aber nicht. Denn hier hat die Arbeitgeberin in ihrer Stellenausschreibung überhaupt keine Entgeltgruppe genannt. Mit anderen Worten: Es gibt insoweit überhaupt keine Information, die falsch sein und interne Interessenten von einer Bewerbung abhalten könnte. Wird die Entgeltgruppe nicht genannt, so führt es nicht durch ein fehlerhaftes Handeln des Arbeitgebers dazu, dass interne Mitarbeiter sich von einer Bewerbung abhalten lassen könnten.

Nach alledem ist die Beschwerde des Betriebsrates zurückzuweisen.

Anlass zur Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht nicht.

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