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Krankheitsbedingte Kündigung bei negativer Gesundheitsprognose

LAG Rheinland-Pfalz, Az.: 3 Sa 368/13, Urteil vom 13.04.2015

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 22.07.2013, Az.: 4 Ca 764/12, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer ordentlichen krankheitsbedingten Arbeitgeberkündigung sein Ende gefunden hat, oder aber nicht.

Der 47-jährige Kläger ist bei der Beklagten seit 2001 als Kraftfahrer zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsentgelt in Höhe von 2.600,00 € beschäftigt. In den Jahren 2004 bis 2011 war er an 26, 53, 95, 87, 36, 20, 55 bzw. 32 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt. Nachdem im Jahr 2012 bereits weitere 15 Arbeitstage an Arbeitsunfähigkeit angefallen waren, hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 10. April 2012 zum 30. September 2012 gekündigt.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der am 23.04.2012 erhobenen Klage.

Der Kläger hat vorgetragen, die bisherigen Fehlzeiten seien im Wesentlichen auf eine Grunderkrankung zurückzuführen gewesen, die nach einer Operation im Jahr 2010 nicht wieder auftreten könne.

Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 10. April 2012 zum 30. September 2012 nicht beendet werden wird, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus zu unveränderten Bedingungen weiter fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, vorliegend sei eine negative Zukunftsprognose gegeben. Denn nach dem vom Arbeitsgericht eingeholten Gutachten beruhten nur etwa 40 Prozent der bisherigen Krankheitstage des Klägers auf der Erkrankung, wegen derer er operiert worden sei. Auch insoweit sei im Übrigen davon auszugehen, dass der Kläger zu der im Gutachten erwähnten Rezidivrate von fünfzehn Prozent nach operativer Therapie gehöre. Zudem sei auch hinsichtlich der Rückenprobleme von einer negativen Gesundheitsprognose auszugehen, nachdem der Kläger der Empfehlung zur physikalischen Therapie und Physiotherapie mit Rückenschulung nicht nachgekommen sei. Ferner bestehe auch hinsichtlich der Infektionskrankheiten angesichts des langjährigen Nikotinabusus des Klägers eine erhöhte Wiederholungsgefahr.

Das Arbeitsgericht hat im erstinstanzlichen Rechtszug ein fachärztliches Gutachten von Herrn Universitätsprofessor Dr. G., Institut für medizinische Klinik und Poliklinik der XY-Universität vom 15.04.2013 eingeholt, hinsichtlich dessen Inhalts auf Blatt 56 – 76 der Akte Bezug genommen wird.

Hinsichtlich der Erkrankungen des Klägers im Einzelnen aus den Jahren 2003 bis 2012 nebst Angabe der behandelnden Ärzte und der jeweiligen Diagnosen wird auf Bl. 35 – 44 d. A. Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Mainz hat daraufhin durch Urteil vom 22.07.2013 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 10.04.2012 nicht beendet wurde, sondern über den 30.09.2012 hinaus fortbesteht. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 118 – 123 d. A. Bezug genommen.

Gegen das ihr am 14.08.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am 28.08.2013 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch 11.10.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei von einer negativen Gesundheitsprognose hinsichtlich des Klägers auszugehen. Die vom Kläger vorgelegten Anlagen seiner Krankenkasse mit Übersichten seien völlig konfus, nicht zusammenhängend, unübersichtlich und unabhängig von den dortigen Fachausdrücken auf neun losen, nicht paginierten Blättern enthalten und somit nicht geeignet, die Beklagte zu verpflichten, sich die Einzelheiten aus den Anlagen selbst zusammen zu suchen. Sie seien insgesamt nicht einlassungsfähig. Dem Kläger sei es ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen, ggf. in Ansprache mit der Krankenkasse die jeweiligen Daten zeitlich nachvollziehbar zu ordnen, darüber hinaus unter Bezug auf die allgemein zugänglichen von jeder Krankenkasse benannten oder zur Verfügung gestellten Diagnoseschlüsseln zumindest in ihren Begrifflichkeiten in deutscher Sprache darzustellen. Vorliegend sei noch nicht einmal erkennbar, ob der Kläger sich überhaupt zu sämtlichen von der Beklagten vorgetragenen Fehlzeiten geäußert habe.

In der angefochtenen Entscheidung sei nicht einmal nachvollziehbar ausgeführt, ob und wie das Arbeitsgericht die Anlagen der Krankenkasse und mit welchem Ergebnis im Einzelnen berücksichtigt habe. Zur Bestätigung der tatsächlich gegebenen negativen Gesundheitsprognose seien auch die Fehlzeiten nach Zugang der Kündigung im Rahmen der vereinbarten Prozessbeschäftigung zu würdigen: 11.10.2012 bis 12.10.2012, 29.12.2012 bis 31.12.2012, 02.01.2013 bis 05.01.2013, 15.02.2013, 03.04.2013 bis 10.05.2013, 01.06.2013, 17.06.2013 bis 21.06.2013, 02.07.2013, 03.07.2013 bis 12.07.2013, die 49 Arbeitstage ausmachten, für die die Beklagte erneut volle Entgeltfortzahlung zu leisten gehabt habe. Es handele sich dabei um Fehltage, die zwar erst nach Zugang der Kündigung eingetreten seien, jedoch auf keinen neuen Kausalverlauf beruhten.

Mit der erfolgreichen Operation im Jahr 2010 sei das „Grundübel“ der überwiegenden vorherigen krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeitszeiten des Klägers keineswegs beseitigt worden. Aus den vorgelegten Unterlagen der Krankenkasse könne dies nicht entnommen werden. Insoweit sei insgesamt nicht nachvollziehbar, wie das Arbeitsgericht zu dieser Feststellung gelangt sei. Außerdem werde nicht berücksichtigt, dass auch nach der Enddarmoperation, die 30 vergütungspflichtige Arbeitstage im Jahr 2010 zur Folge gehabt habe, erneut 12 weitere entgeltfortzahlungspflichtige Arbeitstage im Jahr 2010 aufgetreten worden seien, im Jahr 2011 mit 32 vergütungspflichtigen Arbeitstagen erneut mehr als 6 Wochen und im Jahr 2012 allein bis Ausspruch der am 10.04.2012 erfolgten Kündigung wiederum bereits 15 entgeltfortzahlungspflichtige Arbeitstage, mithin 3 Wochen im ersten Drittel des Kalenderjahres.

Hinzu komme vorliegend, dass im vom Arbeitsgericht eingeholten Gutachten selbst auf die Notwendigkeit einer weitergehenden Begutachtung verwiesen werde. Dem sei das Arbeitsgericht unzutreffend nicht gefolgt. Denn gerade der bronchiale und orthopädische Zustand des Klägers, der in der Vergangenheit zu erheblichen Fehlzeiten geführt habe, begründe schon alleine für sich, erst Recht im Verbund mit den weiteren offensichtlich nicht ausgeheilten Krankheiten die Indizwirkung der negativen Gesundheitsprognose.

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 11.10.2013 (Bl. 150 – 156 d. A.) sowie ihre Schriftsätze vom 27.11.2013 (Bl. 177, 178 d. A.), vom 13.01.2014 (Bl. 195 – 197 d. A.), vom 10.04.2014 (Bl. 223 – 231 d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 22.07.2013 – 4 Ca 764/12 – abzuändern.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens und hebst insbesondere hervor, entgegen der Auffassung der Beklagten enthielten die vorgelegten Krankenkassenunterlagen nicht nur Diagnoseschlüssel, sondern jede Diagnose sei vielmehr konkret bezeichnet mit entsprechenden Zeitangaben. Mehr könne dem Kläger nicht abverlangt werden. Vorliegend sei davon auszugehen, dass insbesondere nach einem operativen Eingriff im Jahr 2010 deutlich weniger Fehlzeiten bei dem Kläger angefallen seien, was insgesamt für eine Verbesserung der gesundheitlichen Situation bei dem Kläger spreche. Vor diesem Hintergrund sei eine negative Gesundheitsprognose nicht gerechtfertigt.

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 18.11.2013 (Bl. 170 – 174 d. A.) sowie seine Schriftsätze vom 23.04.2014 (Bl. 234, 235 d. A.) sowie vom 23.03.2015 (Bl. 303, 304 d. A.) Bezug genommen.

Die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz hat im Termin vom 07.07.2014 einen Beweisbeschluss erlassen, der folgenden Inhalt hat:

I. Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung der Beklagten, hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger sei zum Zeitpunkt des Zugangs der ordentlichen Kündigung eine negative Gesundheitsprognose zu ziehen mit dem Inhalt, dass in Zukunft regelmäßig mit mehr als 30 Fehltagen pro Jahr (entgeltfortzahlungspflichtig) zu rechnen ist.

II. Der Kläger hat als Kraftfahrer der Beklagten im Wesentlichen folgende Aufgaben zu bewältigen:

1. Tätigkeiten als Kraftfahrer:

– Touren nach festen Vorgaben und Zeitfenster an die Warenhäuser der Kunden ausliefern,

– Beschaffungstransporte, Chep Touren bei Lieferanten abholen/ausfahren,

– Entsorgung der Kunden mit Leergütern (Europaletten, Cheppaletten, PET usw.),

– Aktive Teilnahme am Straßenverkehr mit Sattelfahrzeugen (40 t) auf Autobahnen, Bundesstraßen, Landstraßen und Innerorts,

– Verantwortung für das Equipment und die Ware (Wert bis zu 300.000,00 €),

– Fahren auf Touren bis ca. 200 km einfache Entfernung, sogenannte Tagestour oder Kurztouren (Nahverkehr), zweifacher Einsatz,

– Ausfahrkontrollen Equipment nach gesetzlicher Vorgabe incl. Prüfung Ladungssicherung,

– Aufsatteln bzw. Absatteln des Aufliegers (Stützen hochkurbeln; Versorgungsleistungen an-/abschließen),

– Kühlaggregate bedienen und Kontrolle der Liefertemperaturen,

– Verantwortlich für die Einhaltung der Hygienevorschriften Lebensmittel,

– Beladung der Einheit mit Elektroflurförderfahrzeugen und Handheld (Verladecomputer),

– Auslieferung der Ware mit MC (Mobilcomputer),

– Entladung der Ware beim Kunden mit Elektroflurförderfahrzeug,

– Tanken und Reinigung der Fahrzeuge (Waschstraße Außenwäsche und Druckreiniger für den Laderaum),

– Schichtarbeit im wöchentlichen Wechsel (Frühschicht ca. 4.00 Uhr bis ca. 13.00 Uhr von Montag bis Samstag und Spätschicht von ca. 12.00 Uhr bis 22.00 Uhr von (Montag bis Freitag), in der Frühschicht wird ein freier Tag (Rolltag) eingeteilt,

– Einhaltung der Sozialvorschriften und der Lenk-/Ruhezeiten

– Schulungen BKrQG, Führerschein, Fahrerkarte,

– Weitere/sonstige Tätigkeiten

2. Körperliche Belastungsfaktoren

– Beladetätigkeit: Erfolgt mit Elektroflurförderfahrzeugen (FFZ); im Fuhrpark gibt es hier:

a) zwei verschiedene FFZ-Varianten, die der Kläger befährt bzw. führt:

– FFZ mit Führerstand (d. h. der Kläger steht auf einer Plattform des FFZ). Beim Überfahren von Unebenheiten wie z. B. der Überladebrücke (Verbindung der Halle mit dem Lkw), kommt es zu Stauchungen der Gelenke und der Wirbelsäule.

– FFZ ohne Führerstand (Mitgängerfahrzeug), d. h. der Kläger geht neben dem FFZ her und muss durch Bewegen der Deichsel das FFZ in die richtige Richtung lenken, was durch Eigendynamik des FFZ auch körperlich belastend sein kann.

– Bei Transport von Tiefkühlware (TK) muss eine 2,5 m breite Trennwand geschlossen werden. Dies geschieht durch Herunterziehen ohne Hilfsmittel, d. h. der Kläger muss sich nach oben strecken, um dann mit Körperkraft die Kunststofftrennwand nach vorne-unten zu schieben.

b) Fahrzeugabfahrtkontrolle: Sichtkontrolle von außen, u. a. Reifen, Sattelkupplungsverschluss prüfen, Lichtanlage, Ladesicherung. Teilweise ist Bücken erforderlich, z. B. um Sattelkupplung zu überprüfen. Zur Ladesicherung müssen die Portaltüren geöffnet werden, durch deren Bauart (Gummidichtungen) erfordert dies einen relativ hohen Kraftaufwand, um die Portaltüren aufzuziehen.

c) Ein- und Aussteigen (ca. 4-5mal pro Tour): Überwindung von drei bis vier Stufen bzw. 1,5 m Höhenunterschied; wird von Kraftfahrern mit Rücken-/Gelenkproblemen als belastend empfunden.

d) Fahrtätigkeit: Sitzen in Zwangshaltung, je nach Länge der Touren bis zu 200 km entspricht 3-4 Stunden (ohne Unterbrechung).

e) Entladetätigkeit am Warenhaus: siehe oben Beladetätigkeit (2 a) mit dem Unterschied, dass die Warenhäuser in der Regel nur Mitgängerfahrzeuge haben (also ohne Führerstand) bzw. Handameisen, welche ohne elektrische Unterstützung rein mit Körperkraft bedient werden müssen.

Bei Transport von Tiefkühlware (TK) muss am Warenhaus die Trennwand wieder geöffnet werden. Da sich durch Kälte die Gummidichtungen der Trennwand an der Wand festsaugen, ist hier in gebückter Haltung ein erheblicher Kraftaufwand erforderlich, um die Trennwand zunächst hochzuziehen und sodann wiederum in gestreckter Körperhaltung (Innenhöhe 2,5 m) nach oben in die Verankerung zu drücken. Bei Mitarbeiten mit geringer Körpergröße (wie z. B. dem Kläger) ist die Überwindung der 2,5 m Innenhöhe nur mit einem erheblichen Schwung möglich.

f) Nach Entladung der Ware am Warenhaus wird Leergut (Leerpaletten etc.) geladen; hier gilt das oben bei Ladetätigkeit gesagte. Teilweise müssen die (Leer)Palettenstapel manuell gerade gerückt werden (ohne Hilfsmittel).

g) Gewichtsspanne der Paletten zwischen 20 und 1000 kg. Durchschnittsgewicht ca. 600 kg je Palette.

h) Umsatteln der Auflieger bei vorgeladenen Einheiten: Hierbei sind die Stützen mit gebückter Haltung und Kraftaufwand hoch zu kurbeln; Sattelkupplung öffnen/aufziehen; die Versorgungsleitungen trennen und neu anschließen.

3. Mögliche psychische Belastungsfaktoren:

– Zeitdruck dadurch, dass die Touren in festgelegten Zeitfenstern erledigt werden müssen (Stress durch verkehrsbedingte und sonstige Verzögerungen, technische Probleme etc.).

– Wenig kollegiale Kontakte, lediglich bei der Entgegennahme von Aufträgen.

– Fahrer ist möglicherweise bei Problemen (z. B. Verspätung, zu frühes Ankommen, falsche Ware etc.) der „Prellbock“, der den Unmut des Kunden (Warenhäuser) abbekommt.

– Wechselschicht (Frühschicht von ca. 04.00 Uhr bis 12.00 Uhr; Spätschicht ca. 12.00 Uhr bis 22.00 Uhr – Schichtzeiten ca. 10 Stunden).

– Fahrtätigkeit als solche (bekannte Belastungen und Gefahren des Straßenverkehrs).

– Persönliche Verantwortung für Einhaltung der Sozialvorschriften (Arbeits- und Pausenzeiten) bei zeitgleicher Verantwortung für pünktliche Anlieferung.

– Verantwortung für Ware und Equipment (ca. 200.000,00 €).

III. Die Fehlzeiten seit 2004 belaufen sich wie folgt:

siehe Anlage

IV. Die Begutachtung soll sich aufgrund der Besonderheiten des hier zu entscheidenden konkreten Lebenssachverhalts auch auf die krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers nach Ablauf der Kündigungsfrist erstrecken, die sich aus der Gerichtsakte ergeben und zwischen den Parteien unstreitig sind.

V. Das Gutachten soll zu einem Ergebnis gelangen, das bezogen sowohl auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung, als auch auf den Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens, die konkret in Zukunft zu erwartenden Fehlzeiten des Klägers pro Jahr beziffert angibt.

VI. Zum Sachverständigen wird bestimmt Frau Dr. med. W, E-Straße, D-Stadt.

VII. Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung wird nach Eingang des Sachverständigengutachtens bestimmt.

Daraufhin hat Frau Dr. med. W. am 16.02.2015 das angeforderte Sachverständigengutachten erstattet, hinsichtlich dessen Inhalts auf Bl. 259 – 295 d. A. Bezug genommen wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftsätze verwiesen.

Schließlich wird Bezug genommen auf die Sitzungsprotokolle vom 02.12.2013, 17.03.2014, 07.07.2014 und 13.04.2015.

Entscheidungsgründe

I.

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht ist letztlich im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche ordentliche krankheitsbedingte Kündigung der Beklagten das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht beendet hat, sondern vielmehr fortbesteht.

Denn die streitgegenständliche ordentliche krankheitsbedingte Kündigung erweist sich nach dem Ergebnis der von der Kammer durchgeführten Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens als sozial ungerechtfertigt (§ 1 KSchG). Denn der Beklagten ist der Nachweis einer negativen Gesundheitsprognose hinsichtlich weiterer zu besorgender Fehlzeiten des Klägers für den Fall des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien nicht zur vollen Überzeugung der Kammer gem. § 286 ZPO gelungen.

Der Begriff der krankheitsbedingten Kündigung erfasst alle Fallgestaltungen, in denen eine arbeitgeberseitige Kündigung durch eine Erkrankung des Arbeit-nehmers motiviert worden ist. Erfasst ist insoweit eine Vielzahl denkbarer Fallgestaltungen.

Doch kann eine Erkrankung des Arbeitnehmers als solche eine Kündigung niemals begründen, d. h. allein mit dem Hinweis auf eine aktuelle oder frühere Krankheit kann der Arbeitgeber eine Kündigung sozial nicht rechtfertigen. Die Erkrankung des Arbeitnehmers spielt lediglich insoweit eine Rolle, als sie Ursache der betriebsstörenden Nichtbesetzung des Arbeitsplatzes ist und ggf. Daten für die notwendige Prognose für die Zukunft liefert. Krankheit (vgl. Lepke NZA-RR 1999, 57 ff.) ist andererseits auch kein Kündigungshindernis: Eine Kündigung ist deshalb weder allein deswegen unwirksam, weil sie während einer Erkrankung ausgesprochen worden ist, noch hindert eine Erkrankung des Arbeitnehmers den Ablauf der Kündigungsfrist (vgl. Lepke Kündigung bei Krankheit Rn. 77 ff.).

Nach der Rechtsprechung des BAG (16.02.1989 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 26; 06.09.1989 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 27; 26.09.1991 EzA § 1 KSchG Personenbedingte Kündigung Nr. 10; 07.11.2002 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 50; 19.04.2007 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 53; 08.11.2007 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 54; s.a. LAG RhPf. 30.08.2004 NZA-RR 2005, 368; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 11. Aufl. 2014, Kap. 4 Rn. 2025 ff = S. 2028 ff) ist eine krankheitsbedingte Kündigung im Rahmen einer dreistufigen Überprüfung nur dann sozial gerechtfertigt, wenn auf Grund:

– objektiver Umstände (insbes. bisherige Fehlzeiten) bei einer lang anhaltenden Erkrankung mit einer weiteren Arbeitsunfähigkeit auf nicht absehbare Zeit bzw. bei häufigeren Kurzerkrankungen auch weiterhin (Wiederholungsgefahr) mit erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten gerechnet werden muss (negative Gesundheitsprognose);

– die entstandenen und prognostizierten Fehlzeiten zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers führen (erhebliche betriebliche Auswirkungen haben) und

– sich im Rahmen der umfassenden Interessenabwägung im Einzelfall eine unzumutbare betriebliche oder wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers ergibt.

Zu beachten ist schließlich auch das das gesamte Kündigungsrecht beherrschende Verhältnismäßigkeitsprinzip: Auch eine aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers ausgesprochene Kündigung ist unverhältnismäßig und damit rechtsunwirksam, wenn sie durch mildere Mittel vermieden werden kann (z.B. durch Qualifikation des Arbeitnehmers zur Bedienung neu angeschaffter Maschinen; LAG Hmb. 03.04.2009 – 6 Sa 47/08, AUR 2009, 319), d. h. wenn die Kündigung zur Beseitigung der eingetretenen Vertragsstörung nicht geeignet oder nicht erforderlich ist (BAG 10.06.2010 EzA § 1 KSchG Personenbedingte Kündigung Nr. 25).

Voraussetzung für die soziale Rechtfertigung einer krankheitsbedingten Kündigung ist zunächst eine begründete negative Gesundheitsprognose. Denn eine Kündigung stellt keine Sanktion für vergangenheitsbezogenes Fehlverhalten dar, sondern ist nur ein Instrument, um betriebswirtschaftlich unvertretbaren Besetzungen von Arbeitsplätzen für die Zukunft zu begegnen.

Voraussetzung ist deshalb, dass der Arbeitnehmer Fehlzeiten infolge Krankheit in voraussichtlich so großem Umfang (trotz §§ 3 ff. EFZG kommt es nicht auf Überschreitung von 30 Arbeitstagen pro Jahr an; eine Prognose von 12 Arbeitstagen jährlich kann folglich genügen; a.A. unzutr. ArbG Stuttgart, Kammern Ludwigsburg 02.03.2004 AuR 2004, 356 LS) aufweisen wird, dass diese zu erheblichen und deshalb dem Arbeitgeber letztlich nicht mehr zumutbaren betrieblichen und/oder wirtschaftlichen Störungen führen würden.

Beide Komponenten (Prognose krankheitsbedingter Fehlzeiten und die Prognose erheblicher betrieblicher und/oder wirtschaftlichen Belastungen) bilden den Kündigungsgrund (BAG 25.11.1982 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 10; vgl. APS/Dörner/Vossen § 1 KSchG Rn. 139 ff.).

Eine negative Gesundheitsprognose liegt dann vor, wenn zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung (BAG 25.11.1982 EzA § 1 Krankheit Nr. 10) auf Grund objektiver Tatsachen damit zu rechnen ist, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft seinem Arbeitsplatz krankheitsbedingt in erheblichem Umfang (auf Grund häufiger Kurzerkrankungen oder auf Grund einer lang anhaltenden Erkrankung) fernbleiben wird; ob die Grenze von 30 Arbeitstagen (§§ 3 ff. EFZG) überschritten wird, ist erst in der zweiten Stufe von Belang. Die negative Gesundheitsprognose muss in diesem Sinne eine objektive sein (zutr. LAG München 29.11.2007 LAGE § 1 KSchG Krankheit Nr. 41).

Für diese Prognose spielen die bisherigen, objektiv feststellbaren Krankheitszeiten keine unmittelbare, allerdings eine mittelbare Rolle. Insoweit können auch vergangenheitsbezogene Fehlzeiten eine negative Gesundheitsprognose begründen.

Eine danach begründete negative Gesundheitsprognose des Arbeitgebers kann der Arbeitnehmer dadurch entkräften, dass er darlegt, auf Grund welcher Umstände (etwa eine bevorstehende Operation, der fortgeschrittene Heilungsprozess, ggf. die Entdeckung eines neuartigen Heilmittels) mit seiner alsbaldigen Genesung und der Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit zu rechnen ist (BAG 06.09.1989 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 26; LAG SchlH 11.03.2008 NZA-RR 2008, 518, oder inwieweit eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit besteht, die keine Fehlzeiten erwarten lässt (s. BAG 19.04.2007 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 53). Dem wird er allerdings kaum nachkommen können, wenn er selbst seinen Gesundheitszustand und die weitere gesundheitliche Entwicklung negativ einschätzt (unklar LAG München 29.11.2007 LAGE § 1 KSchG Krankheit Nr. 41).

Eine erhebliche Beeinträchtigung der unternehmerischen oder betrieblichen Interessen des Arbeitgebers liegt dann vor, wenn die häufige Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers zu nicht vermeidbaren Störungen des Betriebsablaufs führt, z. B. zu Maschinenstillständen, Produktionsausfall, Materialverlust (etwa bei rasch verderbenden Gütern), Überstunden, um den Produktionsausfall zu verhindern oder sonstige, mit zusätzlichen Kosten verbundene Maßnahmen zur Überbrückung des Produktionsausfalls verursacht werden (vgl. BAG 08.11.2007 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 54; 16.02.1989 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 25; 02.11.1983 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 13; LAG Hamm 08.08.2007 – 18 Sa 396/07, AuR 2007, 444 LS; APS/Dörner/Vossen § 1 KSchG Rn. 154 ff.). Diese Voraussetzungen sind andererseits dann nicht gegeben, wenn die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz – ggf. zu geänderten Arbeitsbedingungen – besteht. Denn wenn eine Umsetzungsmöglichkeit besteht, führt die Krankheit nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen; in Betracht kommen allerdings nur solche anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten, die entweder gleichwertig mit der bisherigen Beschäftigung oder geringerwertig sind, denn das KSchG schützt das Vertragsverhältnis in seinem Bestand, verschafft aber keinen Anspruch auf Beförderung (BAG 19.04.2007 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 53).

Zur Darlegung erheblicher Betriebsstörungen bei einer Kündigung wegen Krankheit ist erforderlich, dass der Arbeitgeber im Einzelnen vorträgt, in welcher Weise er den Ausfall bisher überwunden hat und warum die bisherigen Maßnahmen nicht fortgesetzt werden können.

Das BAG (15.02.1984 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 15; 16.02.1989 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 25; 08.11.2007 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 54) geht insoweit davon aus, dass auch die außergewöhnlich hohe Belastung des Arbeitgebers durch Entgeltfortzahlungskosten ein Umstand ist, der als erhebliche Belastung u.U. angesehen werden kann.

Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber Betriebsablaufstörungen nicht dargelegt und keine Personalreserve vorhält (BAG 29.07.1993 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 40; LAG Köln 15.10.2009 – 7 Sa 581/09 – ZTR 2010, 606 LS).

Wenn das Arbeitsverhältnis auf Dauer erheblich gestört ist, weil mit immer neuen beträchtlichen Fehlzeiten und entsprechenden Entgeltfortzahlungskosten zu rechnen ist, kann danach eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Denn dann kann die wirtschaftliche Belastung unter dem Aspekt einer ganz erheblichen Störung des Austauschverhältnisses von nicht ganz unerheblicher und nicht absehbarer Dauer die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar erscheinen lassen.

Auch ein Verstoß gegen § 612 a BGB liegt dann nicht vor (BAG 29.07.1993 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 40). Denn der Arbeitgeber benachteiligt mit einer auf die Belastung mit unzumutbaren Entgeltfortzahlungskosten gestützten Kündigung den Arbeitnehmer nicht wegen der zulässigen Ausübung seiner Rechte.

Die Höhe der kündigungsrechtlich relevanten Entgeltfortzahlungskosten wird so ermittelt, dass zuerst die für die Fehlzeitenprognose unerheblichen vergangenheitsbezogenen Fehlzeiten ausgeklammert werden. Sodann werden für die prognoserelevanten Fehlzeiten die für sechs Wochen jährlich anfallenden Entgeltfortzahlungskosten berechnet. Dabei ist auch die Ermittlung eines jährlichen Durchschnittswertes zulässig. Die Summe der auf die prognoserelevanten Fehlzeiten (z. B. unter Ausschluss unfallbedingter und ausgeheilter einmaliger Erkrankungen, LAG Hamm 08.08.2007 – 18 Sa 396/07, AuR 2007, 444 LS) bis zu sechs Wochen pro Jahr anfallenden Entgeltfortzahlungskosten wird als die vom Arbeitgeber hinzunehmende Mindestgrenze verstanden (s. LAG Hamm 08.08.2007 – 18 Sa 306/07, AuR 2007, 444 LS).

Erheblich ist die wirtschaftlich Belastung des Arbeitgebers dann, wenn für den erkrankten Arbeitnehmer jährlich Lohnfortzahlungskosten für einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen aufzuwenden sind. Dies gilt auch dann, wenn die Fehlzeiten des Arbeitnehmers zu keinen Betriebsablaufstörungen führen und der Arbeitgeber keine Personalreserve vorhält (BAG 29.07.1993 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 40; 08.11.2007 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 54). Das gilt auch dann, wenn die Entgeltfortzahlungskosten zum Teil aus einem Tronc bezahlt werden und damit zugleich die Vergütungsansprüche anderer Arbeitnehmer schmälern. Denn entscheidend ist nicht die wirtschaftliche Gesamtlage des Arbeitgebers, sondern die vertragsrechtlich bestimmte Zuordnung der gegenseitigen Ansprüche (BAG 08.11.2007 EzA §1 KSchG Krankheit Nr. 54 = NZA 2008, 593).

Eine erhebliche Beeinträchtigung ist auch nicht erst dann zu bejahen, wenn die zu erwartenden Lohnfortzahlungskosten einen bestimmten Prozentsatz des für sechs Wochen Lohnfortzahlung aufzuwendenden Betrages überschreiten (BAG 13.12.1990 RzK I 5 g Nr. 42). Ebenso wenig ist es erforderlich, dass Lohnfortzahlungskosten – bezogen auf die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses – für durchschnittlich mehr als sechs Wochen jährlich aufzuwenden wären (BAG 13.08.1992 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 36; s. a. LAG Nbg. 14.10.2008 LAGE § 1 KSchG Nr. 41).

Erheblich für die Frage, wann Entgeltfortzahlungskosten eine Kündigung sozial rechtfertigen können, ist auch ein Vergleich mit anderen Arbeitnehmern, die eine vergleichbare Arbeit unter ähnlichen Bedingungen verrichten. Kündigungsrechtlich irrelevant sind deshalb Entgeltfortzahlungskosten, wenn sie zwar über dem nach den Vorschriften des EFZG vom Arbeitgeber hinzunehmenden Betrag liegen und derartige Kosten auch in Zukunft zu erwarten sind, bei anderen vergleichbaren Arbeitnehmern aber vergleichbar hohe Entgeltfortzahlungskosten anfallen. Denn dann ist davon auszugehen, dass diese Kosten in erheblichem Umfang betrieblich (mit-)verursacht worden sind, sodass sich der Arbeitgeber darauf zur Begründung einer Kündigung nicht berufen kann. Dabei kann allerdings nicht auf einen Vergleich zur jeweiligen Gesamtbelastung des Betriebes mit Entgeltfortzahlungskosten abgestellt werden.

Entscheidend sind vielmehr die Kosten des Arbeitsverhältnisses des gekündigten Arbeitnehmers, da andernfalls dessen Austauschcharakter weitgehend unbeachtet bleiben würde.

Dies ginge auch über Sinn und Zweck des KSchG hinaus, das in § 1 Abs. 2 KSchG immerhin aus personenbedingten Gründen, also auch u.a. bei dauernder Störung des Austauschverhältnisses, eine Kündigung zulässt (BAG 29.07.1993 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 40).

Für die abschließend durchzuführende Interessenabwägung ist zu beachten, dass § 1 Abs. 3 KSchG eine eigenständige Interessenabwägung an sich nur für die betriebsbedingte Kündigung (Sozialauswahl) vorsieht.

Dennoch ist nach der Rechtsprechung des BAG (07.11.1985 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 17) die krankheitsbedingte Kündigung wie auch die personenbedingte Kündigung im Übrigen nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich im Einzelfall nach Maßgabe einer umfassenden Interesseabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auf Grund der prognostizierten Belastung eine unzumutbare betriebliche oder wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers ergibt (vgl. APS/Dörner/Vossen § 1 KSchG Rn. 168 ff.).

Diese Interessenabwägung muss alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles berücksichtigen. Sie muss vollständig sein, sie darf keine Widersprüche aufweisen.

Welche Umstände gegeneinander jeweils abzuwägen sind, richtet sich u.a. nach der Art des Kündigungsgrundes. Es ist daher nicht möglich, einen Katalog von wesentlichen Umständen aufzustellen, der in jedem Einzelfall der Interessenabwägung zugrunde zu legen ist (BAG 15.01.1970 AP Nr. 7 zu § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung, 04.11.1981 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 9).

Von maßgeblicher Bedeutung sind allerdings auch bei der personenbedingten Kündigung jedenfalls die Kriterien Alter, Betriebszugehörigkeit, das Ausmaß der Unterhaltsverpflichtungen sowie die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers (BAG 20.01.2000 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 47; vgl. dazu Lingemann BB 2000, 1835 ff.; Lepke Kündigung bei Krankheit Rn. 144 ff.). Hat ein Arbeitnehmer – im konkret entschiedenen Einzelfall beginnend mit dem 20. Lebensjahr – seine Berufszeit ausschließlich bei demselben Arbeitgeber verbracht, so ist dies im Rahmen der Interessenabwägung in einer Weise zu berücksichtigen, dass dem Arbeitgeber im fortgeschrittenen Lebensalter des Arbeitnehmers eine höhere Belastung mit Fehltagen und hieraus entstehenden Kosten zuzumuten ist (LAG Bln 28.08.2001 LAGE § 1 KSchG Krankheit Nr. 32). Berücksichtigung finden können auch die schlechten Vermittlungschancen eines Ausländers auf dem Arbeitsmarkt (LAG SchlH 14.10.2002 ARST 2003, 190 LS).

Ob die finanzielle Belastung des Arbeitgebers – insbes. durch die nach der negativen Gesundheitsprognose in Zukunft aufzuwendenden Entgeltfortzahlungskosten – dem Arbeitgeber noch zumutbar ist, hängt insbes. von der Dauer des ungestörten Bestandes des Arbeitsverhältnisses ab.

Je länger das Arbeitsverhältnis ungestört i.S.d. Nichtvorliegens krankheitsbedingter Fehlzeiten bestanden hat, desto mehr Rücksichtnahme ist vom Arbeitgeber zu erwarten (BAG 15.02.1984 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 15) und desto eher sind dem Arbeitgeber die nunmehr durch Fehlzeiten entstehenden betrieblichen Belastungen zuzumuten.

Ein ungestörter Verlauf des Arbeitsverhältnisses liegt allerdings nicht schon dann vor, wenn ein Arbeitnehmer im Jahr nicht länger als 6 Wochen arbeitsunfähig krank gewesen ist (BAG 06.09.1989 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 28; 16.02.1989 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 25), sondern nur dann, wenn während des bisherigen Bestandes des Arbeitsverhältnisses keine oder nur unwesentliche Fehlzeiten aufgetreten sind (BAG 07.11.1985 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 17; 06.09.1989 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 26).

Für die krankheitsbedingte Kündigung ergibt sich folgende abgestufte Darlegungs- und Beweislast, die aus der in § 138 Abs. 2 ZPO angeordneten Wechselwirkung des gegenseitigen Parteivortrags folgt (BAG 06.09.1989 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 26, 27; APS/Dörner/Vossen § 1 KSchG Rn. 204 ff).

Zunächst muss der Arbeitgeber neben den krankheitsbedingten Fehlzeiten die Tatsachen darlegen, aus denen sich ergeben soll, dass der Arbeitnehmer noch auf nicht absehbare Zeit krank ist oder mit häufigeren Kurzerkrankungen in erheblichem Umfang gerechnet werden muss und durch diese zu erwartende Nichtbesetzung des Arbeitsplatzes betriebliche Störungen bzw. wirtschaftliche Belastung eintreten, die für den Arbeitgeber unzumutbar sind.

Dabei kann sich der Arbeitgeber wegen der erforderlichen Prognose zunächst darauf beschränken, Art und Dauer der bisherigen Erkrankungen anzugeben, sofern ihm Tatsachen, die eine genaue Gesundheitsprognose zulassen, unbekannt sind.

Zu berücksichtigen ist, dass der vergangenheitsbezogenen lang andauernden Erkrankung eine gewisse Indizwirkung für die Zukunft zukommt.

Andererseits kann aus der Dauer der Arbeitsunfähigkeit in der Vergangenheit noch nicht unmittelbar auf die Dauer der Fehlzeiten in der Zukunft geschlossen werden.

Auch häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit begründen eine Indizwirkung für die Prognose entsprechend häufiger Erkrankungen in der Zukunft, insbes. dann z. B., wenn ein 28-jähriger Arbeiter seit 5,5 Jahren in jedem Jahr zu 27,7 % der Arbeitszeit krankheitsbedingt, bei insgesamt rd. 50 verschiedenen Fehlzeiten ausgefallen ist (LAG SchlH 14.10.2002 ARST 2003, 190 LS). Das gilt allerdings nicht, wenn die Krankheiten ausgeheilt sind (BAG 07.11.2002 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 50). Nach Auffassung des LAG Hamm (04.12.1996 LAGE § 1 KSchG Krankheit Nr. 26) gilt diese Indizwirkung allerdings nur dann, wenn sich der Beobachtungszeitraum auf drei Jahre oder mindestens zwei Jahre erstreckt. Daraus, dass ein Arbeitnehmer in einem Jahr 40 Arbeitstage gefehlt hat, kann deshalb ohne Vorliegen weiterer Anhaltspunkte eine negative Gesundheitsprognose nicht abgeleitet werden, weil dieser Beobachtungszeitraum zu kurz ist (ArbG Würzburg 23.10.2003 AuR 2004, 436 LS). Diesem Grundsatz steht auch nicht entgegen, dass der gekündigte Arbeitnehmer im vorletzten Jahr vor Ausspruch der Kündigung ausnahmsweise keine erheblichen Fehlzeiten aufzuweisen hatte, da er in diesem Jahr wegen eines vorhergehenden Kündigungsschutzprozesses nur einer erheblich verringerten Arbeitsbelastung (dreimonatiger, von Urlauben ununterbrochener Arbeitseinsatz) ausgesetzt war (LAG Düsseldorf 19.11.2004 LAGE § 1 KSchG Krankheit Nr. 35). Der Arbeitgeber darf sich dann darauf beschränken, diese Fehlzeiten im Einzelnen darzulegen (BAG 25.11.1982 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 10; 23.06.1983 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 12; 06.09.1989 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 26).

Daraufhin hat der Arbeitnehmer darzulegen, weshalb mit seiner alsbaldigen Genesung bzw. warum in Zukunft mit weniger häufigen Erkrankungen zu rechnen ist (z.B. auf Grund einer durchgeführten oder bevorstehenden Operation, eines fortgeschrittenen Heilungsprozesses; vgl. LAG SchlH 14.10.2002 ARST 2003, 190 LS; LAG SchlH 11.03.2008 NZA-RR 2008, 518). Bei häufigen Kurzerkrankungen ist allerdings zu berücksichtigen, dass bei ihnen gerade regelmäßig eine alsbaldige Genesung eintritt.

Die Indizwirkung vergangenheitsbezogener Krankheitszeiten kann dadurch entkräftet werden, dass sie auf verschiedenen, voneinander unabhängigen Ursachen beruhen und es sich nur um einmalige Erkrankungen handelt, deren wiederholtes Auftreten nicht zu besorgen ist. Auch wenn die Erkrankungen aber auf verschiedenen Ursachen beruhen, können sie ausnahmsweise Indizwirkung für künftige Erkrankungen entwickeln. Andererseits kann sich aber bei einer Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen im Rahmen der Feststellung der Gesundheitsprognose aus der Gesamtheit des Krankheitsbildes auch eine persönliche konstitutionelle Schwäche und damit eine besondere Krankheitsanfälligkeit des konkret betroffenen Arbeitnehmers ergeben. Deshalb kann u.U. die Kündigung auch auf solche Kurzerkrankungen gestützt werden, die zwar je für sich gesehen als „ausgeheilt“ angesehen werden können, in einem ausreichend lang bemessenen Referenzzeitraum aber in ungewöhnlicher Häufung und Varianz immer wieder aufgetreten sind (LAG Köln 15.10.2009 – 7 Sa 581/09, ZTR 2010, 606 LS). In einem derartigen Fall muss der Arbeitnehmer, um die Gesundheitsprognose zu erschüttern, konkret darlegen, dass und ggf. wann welcher ihn behandelnde Arzt die künftige Entwicklung seiner Erkrankungszeiten vor welchem tatsächlichen Hintergrund positiv beurteilt hat. Es reicht dann nicht aus, die Einzeldiagnosen offen zu legen, die Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden und ohne näheren Vortrag pauschal unter Berufung auf das Zeugnis seiner Ärzte zu behaupten, die Einzelerkrankungen seien jeweils ausgeheilt, um die Indizwirkung der bisherigen Fehlzeiten zu erschüttern (zutr. LAG SchlH 03.11.2005 LAGE § 1 KSchG Krankheit Nr. 37; s.a. LAG Köln 19.08.2005 – 4 Sa 335/05, EzA-SD 6/06, S. 13 LS u. LAG Köln 15.10.2009 – 7 Sa 581/09 – ZTR 2010, 606 LS; Fettleibigkeit).

Beruhen die Fehlzeiten im Wesentlichen auf einem chronischen Grundleiden, so kann dessen Indizwirkung dadurch entfallen, dass es nunmehr ausgeheilt ist oder infolge konkret manifestierter Maßnahmen in Kürze ausgeheilt sein wird.

Das BAG (06.09.1989 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 26; 07.11.2002 EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 50) geht davon aus, dass der Arbeitnehmer, dem es an eigener Sachkunde fehlt seiner Darlegungslast durch das Bestreiten der Behauptung weiterer entsprechender Fehlzeiten in der Zukunft sowie die Entbindung der ihn behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht genügt. Voraussetzung ist allerdings, dass darin die Darstellung zu sehen ist, die Ärzte hätten ihm gegenüber die künftige gesundheitliche Entwicklung bereits tatsächlich positiv beurteilt. Weigert sich der erkrankte Arbeitnehmer vorprozessual, die ihn behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu befreien, so ist es ihm dennoch nicht verwehrt, im Kündigungsschutzprozess die negative Gesundheitsprognose unter Bezugnahme auf ärztliches Zeugnis zu bestreiten (BAG 12.04.2002 EzA § 1 Krankheit Nr. 49; s. Preis/Greiner SAE 2004, 12 ff.; krit. LAG SchlH 11.03.2008 NZA-RR 2008, 518).

Der Arbeitnehmer genügt insoweit seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nicht, wenn er die ihn behandelnden Ärzte nur gegenüber dem Gericht und seinen eigenen Prozessbevollmächtigten, nicht aber bezogen auf den Prozessgegner, von der ärztlichen Schweigepflicht entbindet. Darin kann eine Beweisvereitelung zu sehen sein. Bei der Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht handelt es sich um ein höchstpersönliches Recht. Eine Prozessvollmacht genügt zur Abgabe dieser Erklärung nicht, insbesondere dann nicht, wenn der Kläger nach Erteilung der Prozessvollmacht im laufenden Verfahren ausdrücklich erklärt hat, er sei nicht damit einverstanden, dass die Beklagte bei der Vernehmung der Ärzte anwesend sei (LAG Düsseldorf 19.12.2012 LAGE § 385 ZPO 2002 Nr. 1).

Den zuvor dargestellten Anforderungen hinsichtlich der negativen Gesundheitsprognose wäre nach Maßgabe des von der Kammer eingeholten Sachverständigengutachtens nur dann Genüge getan, wenn zur vollen Überzeugung der Kammer feststünde, dass auch für die Zeit nach dem Zeitpunkt des Zugangs der streitgegenständlichen Kündigung mit erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten zu rechnen wäre. Das in sich schlüssig abgefasste und ohne Weiteres nachvollziehbare Sachverständigengutachten vermag eine derartige volle Überzeugung i. S. d. § 286 ZPO vorliegend jedoch nicht zu begründen.

Gemäß § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Insofern ist das tatsächliche Vorbringen der Beklagten, dass die Klägerin zulässigerweise bestritten hat, nach Maßgabe der vor dem Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme als wahr anzusehen.

Auf der Basis der abgeschlossenen Beweisaufnahme stellt die richterliche Würdigung einen internen Vorgang in der Person der Richter zur Prüfung der Frage dar, ob ein Beweis gelungen ist. Im Rahmen dieses internen Vorgangs verweist § 286 ZPO ganz bewusst auf das subjektive Kriterium der freien Überzeugung des Richters und schließt damit objektive Kriterien – insbesondere die naturwissenschaftliche Wahrheit als Zielpunkt – aus. Die gesetzliche Regelung befreit den Richter bzw. das richterliche Kollegium von jedem Zwang bei seiner Würdigung und schließt es damit auch aus, dass das Gesetz dem Richter vorschreibt, wie er Beweise einzuschätzen und zu bewerten hat. Dabei ist Bezugspunkt der richterlichen Würdigung nicht nur das Ergebnis der Beweisaufnahme, sondern der gesamte Inhalt der mündlichen Verhandlung (vgl. Münchner Kommentar zur ZPO – Prütting, 4. Auflage 2013, § 286 Rn. 1 ff.).

Hinsichtlich der Anforderungen an die richterliche Überzeugung ist von Folgendem auszugehen: Die richterliche Überzeugung ist nicht gleichzusetzen mit persönlicher Gewissheit. Der Begriff der Gewissheit stellt nämlich absolute Anforderungen an eine Person. Er lässt für – auch nur geringe – Zweifel keinen Raum. Dies wird gesetzlich aber nicht verlangt; die gesetzliche Regelung geht vielmehr davon aus, das Gericht müsse etwas für wahr „erachten“. Bei dem Begriff der richterlichen Überzeugung geht es also nicht um ein rein personales Element der subjektiven Gewissheit eines Menschen, sondern darum, dass der Richter in seiner prozessordnungsgemäßen Stellung bzw. das Gericht in seiner Funktion als Streit entscheidendes Kollegialorgan eine prozessual ausreichende Überzeugung durch Würdigung und Abstimmung erzielt. Daraus folgt, dass es der richterlichen Überzeugung keinesfalls im Weg steht, wenn dem Gericht aufgrund gewisser Umstände Unsicherheiten in der Tatsachengrundlage bewusst sind. Unerheblich für die Beweiswürdigung und die Überzeugungsbildung ist auch die Frage der Beweislast. Richterliche Überzeugung ist vielmehr die prozessordnungsgemäß gewonnene Erkenntnis des einzelnen Richters oder der Mehrheit des Kollegiums, dass die vorhandenen Eigen- und Fremdwahrnehmungen sowie Schlüsse ausreichen, die Erfüllung des vom Gesetz vorgesehenen Beweismaßes zu bejahen. Es darf also weder der besonders leichtgläubige Richter noch der generelle Skeptiker ein rein subjektives Empfinden als Maß der Überzeugung setzen, sondern jeder Richter muss sich bemühen, unter Beachtung der Prozessgesetze, Ausschöpfung der gegebenen Erkenntnisquellen und Würdigung aller Verfahrensergebnisse in gewissenhafter und vernünftigerweise einer Entscheidung nach seiner Lebenserfahrung darüber zu treffen, ob im Urteil von der Wahrheit einer Tatsachenbehauptung auszugehen ist. Dabei muss sich das Gericht allerdings der Gefahren für jede Wahrheitsfindung bewusst sein.

Dabei ist letzten Endes ausschlaggebend, dass das Gesetz eine von allen Zweifeln freie Überzeugung nicht voraussetzt. Vielmehr kommt es auf die eigene Überzeugung des entscheidenden Richters an, auch wenn andere zweifeln oder eine andere Auffassung erlangt haben würden. Der Richter darf und muss sich aber in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGHZ 53, 245 = NJW 1970, 946; vgl. Münchner Kommentar zur ZPO – Prütting a. a. O., Rn. 28 ff). Vom Richter wird letztlich verlangt, dass er die volle Überzeugung erlangt, dass er eine streitige Tatsachenbehauptung für wahr erachtet. Diese Überzeugung kann und darf er nicht gewinnen, wenn für die streitige Behauptung nur die überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht, vielmehr muss für die behauptete Tatsache eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit sprechen, damit der Richter die Tatsache für wahr erachtet.

Das Sachverständigengutachten vom 16.02.2015 kommt in Beantwortung der Beweisfragen zu folgendem Ergebnis:

„Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 12.04.12 war aus arbeitsmedizinischer Sicht kein Grundleiden von Krankheitswert erkennbar, welches zu einer negativen Zukunftsprognose hinsichtlich mehr als 30 Fehltagen im Jahr führt.

1.) Der Kläger hat einen gültigen Führerschein Kl C und es bestehen keine gesundheitlichen Bedenken gegen die aktive Teilnahme am Straßenverkehr mit Sattelfahrzeugen (40t) und Übernahme aller im Beweisbeschluss dargestellten Aufgaben unter 1.)

2.) Es bestehe keine gesundheitlichen Bedenken gegen

a.) Beladetätigkeiten der LKWs mit Elektroflurförderzeugen – mit und ohne Führerstand-; Bewegungen der gewarteten TK Trennwand,

b.) Abfahrt- und Ladungskontrolle mit Öffnen der Portaltüren,

c.) Be- und Absteigen von 4-5x/Tour des LKW

d.) Fahrtätigkeit im Sitzen -auch über 3-4h- auf ergonomischen Schwingsitzen. (2010/11 war nach der Hämorrhoidal Operation vorübergehend längeres Sitzen operationswundbedingt nicht günstig)

e.) Entladetätigkeit am Warenhaus -auch Mitgängerfahrzeuge, ohne elektrische Unterstützung – auch Öffnen und Schließen der TK Trennwand,

f.) Laden von Leepaletten,

g.) Die von Menschen zu hebenden und tragenden Lasten und die hierbei erforderlichen Arbeitsplatzvoraussetzungen werden in der Lastenhandhabungsverordnung beschrieben. In der arbeitsmedizinischen Beurteilung von Hebe- und Tragevorgängen gemäß ArbSchG kommt der Bestimmung der Zeitwichtung die höchste Bedeutung zu neben der Lastwichtung, der Haltungswichtung und den Ausführungsbedingungen. Allein die Angabe > 40 kg Last führt zur Bewertung: wesentlich erhöhte Belastung : körperliche Belastung ist auch bei normal belastbaren Personen möglich: Gestaltungsmaßnahmen sind angezeigt.

h.) Umsatteln der Auflieger

3.) Aus arbeitsmedizinischer Sicht bestehen keine gesundheitlichen Bedenken gegen Tätigkeiten mit möglicher psychischer Belastung, wie im Beweisbeschluss beschrieben.

Sowohl zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung, als auch zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens lagen aus arbeitsmedizinisch-internistischer Sicht keine Erkrankungen vorn Krankheitswert vor, die auch in Zukunft gehäuft zu mehr als 30 Fehltagen/Jahr führen.

Eine genaue Prognose der pro Jahr zu erwartenden Fehlzeiten des Klägers ist medizinisch nicht verlässlich zu stellen, da einerseits Kurzerkrankung vorübergehender Art (z. B. Infektionen) oder aber auch plötzlich eine bisher unbekannte schicksalhafte Erkrankung auftreten können. Ursachen von Fehlzeiten sind multifaktoriell.“

Diese Ausführungen machen deutlich, dass keine Veranlassung dazu besteht, nach Maßgabe des Sachverständigengutachtens davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der streitgegenständlichen ordentlichen krankheitsbedingten Kündigung damit zu rechnen gewesen sein könnte, dass in Zukunft krankheitsbedingte Fehlzeiten des Klägers zu mehr als 30 Fehltagen pro Jahr führen könnten.

Folglich kann nicht von einer negativen Gesundheitsprognose ausgegangen werden, so dass sich die streitgegenständliche ordentliche Kündigung als rechtsunwirksam, weil sozial nicht gerechtfertigt, erweist.

Nach alledem war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

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