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Krankheitsbedingte Kündigung – betriebliches Eingliederungsmanagement

ArbG Offenbach – Az.: 4 Ca 378/20 – Urteil vom 29.01.2021

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 06. Oktober 2020 nicht aufgelöst wird.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zu einem rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses als gewerblicher Mitarbeiter zu den bisherigen Bedingungen weiter zu beschäftigen.

Im Übrige wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten Rechtsstreits zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird festgesetzt auf EUR 14.400,00

Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen. Die Statthaftigkeit der Berufung nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes bleibt hiervon unberührt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitig ausgesprochenen Kündigung.

Der am xx.xx.1972 geborene, verheiratete Kläger ist seit dem 4. November 1991 bei der Beklagten als gewerblicher Arbeitnehmer in der Entgeltgruppe 6B beschäftigt. Er wird als Operator an Inspektionsarbeitsplätzen in der Abteilung BC D eingesetzt. Dabei müssen Reifen aufgehoben, gedreht, getragen und abgelegt werden. Seine monatliche Vergütung beträgt ca. Euro 3.600,00. Bei der Beklagten sind regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt.

Der Kläger fehlte in den Jahren 2013 bis 2020 insgesamt 723 Tage krankheitsbedingt. Die Beklagte zahlte an den Kläger insgesamt Euro 48.275,00 Entgeltfortzahlung.

Mit Schreiben vom 8. September 2017 (Bl. 38 d.A.) lud die Beklagte den Kläger zu einem betrieblichen Eingliederungsmanagement ein. Dieses wurde am 24. Oktober 2017 durchgeführt (Bl. 16 d.A.). Dabei wurde festgestellt, dass der Kläger zur Erbringung seiner Arbeitsleistung aus betrieblicher Sicht im Stande sein müsste. Im Rahmen eines Gesprächs am 18. Januar 2018 zwischen dem Kläger und seinen Vorgesetzten kam man zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Vielzahl an Einschränkungen seitens des Klägers lediglich der Einsatz an den Inspektionsarbeitsplätzen in der Abteilung BC D möglich sei. Mit Schreiben vom 9. Februar 2018 (Bl. 42 d.A.) lud die Beklagte den Kläger erneut zu einem betrieblichen Eingliederungsmanagement ein. Auch dieses führte zu keinem Ergebnis. Am 30. April 2018 wurde der Kläger beim Ärztlichen Dienst der Beklagten vorstellig und wies ein fachärztliches Attest bezüglich seiner gesundheitlichen Einschränkungen am Arbeitsplatz vor (Bl. 14 d.A.). Am 26. November 2018 (Bl. 46 d.A.) wurde der Kläger erneut zum betrieblichen Eingliederungsmanagement eingeladen. Auch dieses blieb ohne Erfolg. Bei dem Gespräch im Zuge seiner Rückkehr von einer längerfristigen Erkrankung am 22. Januar 2020 konnte der Kläger der Beklagten keine Anhaltspunkte geben, wie den Leiden des Klägers weiter Rechnung getragen werden könne. Ein weiteres betriebliches Eingliederungsmanagement wurde mit Einladung vom 13. Februar 2020 (Bl. 48 d.A.) eingeleitet. Der Kläger erklärte mit Schreiben vom 19. Februar 2020 (Bl. 49 d.A.) seine Zustimmung. Die Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom 3. März 2020 (Bl. 50 d.A.) auf, ein aktuelles fachärztliches Attest einzureichen, um eventuelle Einschränkungen überprüfen zu können und ggf. spezifische Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit des Klägers einzuleiten. Der Kläger legte in Folge kein Attest vor.

Die Beklagte hörte den Betriebsrat mit Schreiben vom 25. September 2020 (Bl. 20 d.A, zur beabsichtigten Kündigung des mit dem Kläger bestehenden Arbeitsverhältnisses an. Mit Schreiben vom 2. Oktober 2020 (Bl. 12 d.A.) widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung.

Mit Schreiben vom 6. Oktober 2020 (Bl. 5 d.A.) kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis zum 31. Mai 2020.

Der Kläger behauptet, es seien keine weiteren erheblichen Arbeitsunfähigkeitszeiten zu befürchten; die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt ein regelgerechtes betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) Verfahren durchgeführt; für das angebliche bEM Gespräch am 9. September 2017 habe es keine Einladung gegeben, in der das Ziel und die Behandlung der erhobenen Daten erläutert wurden; gleiches gelte für das angebliche bEM Gespräch am 30. April 2018; seit mehr als 2,5 Jahren sei kein bEM Gespräch mehr versucht worden; auf die Einladung vom 13. Februar 2020 habe kein Gespräch stattgefunden.

Der Kläger beantragt,

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 06.10.2020 nicht aufgelöst wird, sondern unbeendet fortbesteht.

2. Die Beklagte wird für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) dazu verurteilt, den Kläger bis zu einer rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreits als gewerblicher Mitarbeiter zu den bisherigen Bedingungen weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, das betriebliche Eingliederungsmanagement, welches mit Einladung vom 13. Februar 2020 eingeleitet wurde, sei ohne Erfolg geblieben; der Einladung sei ein Informationsschreiben (Bl. 92 d.A.) beigefügt gewesen, in dem der Kläger ausführlich über die Ziele aufgeklärt und Art und Umfang der im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements erhobenen Daten hingewiesen wurde; das betriebliche Eingliederungsmanagement sei ordnungsgemäß als ergebnisoffener Suchprozess durchgeführt worden; der Kläger werde leidensgerecht beschäftigt; die Leiden des Klägers müssten aus privaten Umständen herrühren.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die jeweils gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 6. November 2021 und 13. Januar 2021 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist im Wesentlichen zulässig und begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird durch die Kündigung der Beklagten vom 6. Oktober 2020 nicht aufgelöst. Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen.

Der Antrag des Klägers, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien unbeendet fortbesteht, ist unzulässig. Es fehlt dem Antrag das in jedem Stadium des Verfahrens zu prüfende Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO i.V.m § 46 Abs. 2 ArbGG. Die Parteien streiten nur darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 6. Oktober 2020 aufgelöst worden ist. Weiterer Auflösungsgründe berühmt sich die Beklagte nicht. Für die weitergehende Feststellungsklage ist daher ein Rechtsschutzinteresse des Klägers nicht ersichtlich.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird durch die Kündigung vom 6. Oktober 2020 nicht aufgelöst. Sie ist gemäß § 1 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam, weil sie sozial ungerechtfertigt ist.

Die Kündigung gilt nicht bereits gemäß § 7 KSchG als rechtswirksam. Der Kläger hat die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung rechtzeitig geltend gemacht. Gemäß § 4 S. 1 KSchG kann die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung nur innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung durch Erhebung einer Kündigungsschutzklage geltend gemacht werden. Die Kündigungsschutzklage ist der Beklagten am 19. Oktober 2020 und damit weniger als zwei Wochen nach dem frühestmöglichen Zugang zugestellt worden.

Die Kündigung ist nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG sozial ungerechtfertigt, weil sie nicht durch Gründe, die in der Person des Klägers liegen, gerechtfertigt ist.

Das KSchG ist gemäß §§ 1, 23 KSchG anwendbar. Das Arbeitsverhältnis der Parteien besteht länger als sechs Monate; die Beklagte beschäftigt weit mehr als zehn Arbeitnehmer.

Auszugehen ist von den Grundsätzen zur Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen. Die soziale Rechtfertigung von Kündigungen, die aus Anlass von Krankheiten ausgesprochen werden, ist in drei Stufen zu prüfen. Eine mit häufigen (Kurz-)Erkrankungen des Arbeitnehmers begründete Kündigung ist sozial nur gerechtfertigt, wenn im Kündigungszeitpunkt Tatsachen vorliegen, die die Prognose stützen, es werde auch künftig zu Erkrankungen im bisherigen – erheblichen – Umfang kommen – erste Stufe. Die prognostizierten Fehlzeiten müssen außerdem zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen – zweite Stufe. Diese Beeinträchtigungen können sowohl in Betriebsablaufstörungen als auch in Entgeltfortzahlungskosten liegen, wenn diese für einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen jährlich zu erwarten sind. Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung – dritte Stufe – ist schließlich zu prüfen, ob die Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber angesichts der Belange des Arbeitnehmers gleichwohl hingenommen werden müssen (BAG 20. November 2014, 2 AZR 755/13, zitiert nach juris).

Es kann dahinstehen, ob die insoweit erforderliche negative Gesundheitsprognose sowie erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen hier vorliegen. Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt, weil die Beklagte das in § 167 Abs. 2 SGB IX vorgesehene betriebliche Eingliederungsmanagement unterlassen bzw. nicht ordnungsgemäß durchgeführt hat, ohne dass sie dargelegt hätte, es habe im Kündigungszeitpunkt kein milderes Mittel als die Kündigung gegeben, um der in der Besorgnis weiterer Fehlzeiten bestehenden Vertragsstörung entgegenzuwirken.

Eine aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers ausgesprochene Kündigung ist unverhältnismäßig und damit rechtsunwirksam, wenn sie zur Beseitigung der eingetretenen Vertragsstörung nicht geeignet oder nicht erforderlich ist. Eine Kündigung ist durch Krankheit nicht „bedingt“, wenn es angemessene mildere Mittel zur Vermeidung oder Verringerung künftiger Fehlzeiten gibt. Mildere Mittel können insbesondere die Umgestaltung des bisherigen Arbeitsbereichs oder die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf einem anderen – leidensgerechten – Arbeitsplatz sein. Der Arbeitgeber trägt für die Verhältnismäßigkeit der Kündigung nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BAG, vom 20. November 2014, 2 AZR 755/13, aaO). Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, ist der Arbeitgeber nach § 167 Abs. 2 SGB IX gehalten, ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) durchzuführen. Maßgeblich ist also der jeweils zurückliegende Jahreszeitraum. Ein bEM ist im Zeitablauf wiederholt durchzuführen oder jedenfalls anzubieten, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erneut erfüllt werden. Mit der Beendigung des Berechnungszeitraums, d.h. dem Zeitpunkt, in dem eine sechswöchige Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist, setzt ein neuer Jahreszeitraum ein. Es kommt daher für die Beantwortung der Frage, ob vor einer Kündigung ein (weiteres) bEM anzubieten und durchzuführen ist, immer auf das zurückliegende Jahr vor Ausspruch der Kündigung an. Liegen innerhalb des der Kündigung vorangegangenen Jahres erneut Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers von mehr als sechs Wochen, ist durch den Arbeitgeber erneut ein bEM anzubieten.

Die Beklagte war gemäß § 167 Abs. 2 SGB IX verpflichtet, ein betriebliches Eingliederungsmanagement vorzunehmen. Der Kläger war in dem letzten Jahr vor Ausspruch der Kündigung länger als 6 Wochen wegen Krankheit arbeitsunfähig.

Ziel des betrieblichen Eingliederungsmanagements ist es festzustellen, aufgrund welcher gesundheitlichen Einschränkungen es zu den bisherigen Ausfallzeiten gekommen ist, und herauszufinden, ob Möglichkeiten bestehen, sie durch bestimmte Veränderungen künftig zu verringern, um so eine Kündigung zu vermeiden. Es ist Sache des Arbeitgebers, die Initiative zur Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements zu ergreifen.

Die Beklagte hat zwar mit Schreiben vom 13. Februar 2020 die Initiative zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ergriffen. Auch hat der Kläger sich mit der Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements einverstanden erklärt. Aus dem Vorbringen der Beklagten ergibt sich jedoch nicht hinreichend konkret, dass in Folge tatsächlich ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt worden ist. Sie behauptet lediglich, dass das betriebliche Eingliederungsmanagement erfolglos geblieben sei. Unklar bleibt wann, wo und mit wem dieses durchgeführt worden sein soll. Die hierfür benannte Zeugin ist nicht zu hören, weil das Gericht damit einen unzulässigen Ausforschungsbeweis erheben würde. Erst durch die Vernehmung der Zeugin würden möglicherweise die Tatsachen festgestellt, die vorzutragen Aufgabe der hierfür darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten ist.

Die Durchführung des BEM ist zwar keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Kündigung oder ein milderes Mittel gegenüber der Kündigung. § 167 Abs. 2 SGB IX ist aber auch kein bloßer Programmsatz. Die Norm konkretisiert vielmehr den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Hat der Arbeitgeber ein betriebliches Eingliederungsmanagement nicht durchgeführt, muss er zur Darlegung der Verhältnismäßigkeit einer auf krankheitsbedingte Fehlzeiten gestützten Kündigung nicht nur die objektive Nutzlosigkeit arbeitsplatzbezogener Maßnahmen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG aufzeigen. Er muss vielmehr auch dartun, dass künftige Fehlzeiten ebenso wenig durch gesetzlich vorgesehene Hilfen oder Leistungen der Rehabilitationsträger in relevantem Umfang hätten vermieden werden können (vgl. BAG vom 20. November 2014, 2 AZR 755/13, aaO). Das bedeutet aber nicht, dass der Arbeitgeber, der kein bEM durchführt, für jede nur erdenkliche Maßnahme der Gesundheitsprävention – etwa bis zu möglichen Änderungen in der privaten Lebensführung des Arbeitnehmers – von sich aus darzulegen hätte, dass und weshalb sie zur nachhaltigen Verminderung der Fehlzeiten nicht geeignet gewesen sei, um auf diese Weise die Verhältnismäßigkeit der Kündigung zu begründen. Es reicht aus, wenn er dartut, dass jedenfalls durch gesetzlich vorgesehene Hilfen oder Leistungen der Rehabilitationsträger künftige Fehlzeiten nicht in relevantem Umfang hätten vermieden werden können. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt lediglich die Berücksichtigung solcher Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen, deren Beachtung dem Arbeitgeber zumutbar ist. Zumutbar in diesem Sinne sind nur solche Maßnahmen, deren Zweckmäßigkeit hinreichend gesichert ist. Auch muss deren tatsächliche Durchführung objektiv überprüft werden können. Beides trifft auf gesetzlich vorgesehene Leistungen und Hilfen, die der Prävention und/oder Rehabilitation dienen, typischerweise zu. Derartige Maßnahmen muss der Arbeitgeber deshalb grundsätzlich erwägen. Ggf. muss er dem Arbeitnehmer eine angemessene Frist zur Inanspruchnahme der Leistung setzen. Eine Kündigung kann er dann wirksam erst erklären, wenn die Frist trotz Kündigungsandrohung ergebnislos verstrichen ist (vgl. BAG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 2 AZR 400/08, juris).

Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass das künftige Auftreten erheblicher, über sechs Wochen hinausgehender Fehlzeiten des Klägers auch nicht durch gesetzlich vorgesehene Hilfen oder Leistungen der Rehabilitationsträger hätte vermieden oder im relevanten Umfang abgemildert werden können. Auch trägt sie nicht hinreichend dazu vor, warum weitere arbeitsplatzbezogene Maßnahmen nicht in Betracht gekommen wären. Sie behauptet ohne weitere Begründung, dass der Arbeitsplatz des Klägers leidensgerecht sei. Es ist unklar, inwiefern die Tätigkeit des Klägers unter Beachtung der Einschränkungen, die sich aus dem ärztlichen Attest vom 30. April 2018 (Bl. 14 d.A.) ergeben, ausgeführt werden kann. Der Kläger muss nach seinem unbestrittenen Vorbringen Reifen aufheben, drehen, tragen und ablegen. Das ärztliche Attest gibt an, dass der Kläger keine Tätigkeit ausüben soll, die mit Zwangshaltungen, Druckbelastungen sowie Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg Gewicht verbunden sind. Es ist aus den vorgetragenen Umständen nicht feststellbar, dass dies der Fall ist. Sofern die Tätigkeit den ärztlichen Vorgaben nicht entspricht, wäre die Beklagte gehalten darzulegen, inwiefern arbeitsplatzbezogene Maßnahmen ergriffen werden könnten bzw. solche nutzlos wären. Auch bleibt unklar, ob ggf. eine andere leidensgerechte Beschäftigung möglich wäre. Aber auch selbst wenn die betrieblichen Bedingungen nicht hätten geändert werden können bleibt die Kündigung unverhältnismäßig. Es ist nicht auszuschließend, dass bei Durchführung eines bEM Rehabilitationsbedarfe in der Person des Klägers hätten erkannt und durch entsprechende Maßnahmen künftige Fehlzeiten spürbar hätten reduziert werden können.

Der Kläger ist antragsgemäß weiter zu beschäftigen.

Nach der Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts besteht ein solcher Weiterbeschäftigungsanspruch, wenn ein die Unwirksamkeit der Kündigung feststellendes Instanzurteil ergeht und keine besonderen Umstände vorliegen, die ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers bekunden, den Arbeitnehmer nicht weiter zu beschäftigen (BAG, Beschluss vom 27. Februar 1985, GS 1/84, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht). Die Beklagte hat keine hinreichenden Gründe dafür geltend gemacht, dass ihr Interesse an einer Nichtbeschäftigung des Klägers dessen Beschäftigungsinteresse überwiegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr 1 ZPO iVm § 46 Abs. 2 ArbGG. Das Unterliegen des Klägers ist geringfügig

Der Wert des Streitgegenstandes ergibt sich für den Klageantrag zu 1) aus dem dreifachen und für den Klageantrag zu 2) aus dem einfachen Bruttomonatsgehalt des Klägers. Der Allgemeine Feststellungsantrag ist ohne Wert.

Gründe, die die Zulassung der Berufung gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG begründen könnten, sind nicht ersichtlich.

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