Voraussetzungen einer Kündigung wegen Krankheit
Viele Arbeitnehmer, die aufgrund einer Erkrankung ihrer Arbeitspflicht nicht mehr nachkommen können, machen sich während ihrer Abwesenheit Sorgen um ihre berufliche Anstellung. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass es in zahlreichen Betrieben gegenüber der Erkrankung eine „Null-Toleranz-Grenze“ gibt, welche auch vom Arbeitgeber offen gegenüber dem Arbeitnehmer suggeriert wird. In Verbindung mit Krankheiten, die ohnehin schon eine starke Belastung für den Menschen an sich darstellen, kommt dann noch die Angst um die eigene Existenz hinzu.
Dies ist natürlich dem Genesungsprozess nicht gerade förderlich und es herrschen auch sehr viele Vorurteile vor, welche dies sogar noch fördern. Fakt ist, dass eine Krankheit als solche an sich keinen Kündigungsgrund darstellen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Arbeitgeber einen Dauerkranken in seinem Betrieb einfach so dulden muss, denn die mit der Krankheit verbundenen Umstände wie beispielsweise Fehlzeiten sowie die Arbeitsunfähigkeit können sehr wohl eine Kündigung rechtfertigen.
✔ Das Wichtigste in Kürze
- Krankheitsbedingte Kündigung ist möglich, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, wie häufige und lange Fehlzeiten und keine Aussicht auf vollständige Genesung.
- Eine Kündigung muss gerechtfertigt sein; Arbeitgeber müssen beweisen, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung zukünftig nicht mehr erbringen kann.
- Arbeitgeber müssen bei längerer Krankheit ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchführen; Unterlassung kann die Kündigung unwirksam machen.
- Es gibt Sonderfälle wie Alkoholsucht, Fettleibigkeit und HIV, bei denen Kündigungen speziellen Regelungen unterliegen.
- Arbeitnehmer haben das Recht, gegen eine Kündigung vorzugehen, und sollten alle medizinischen Unterlagen aufbewahren und einen Betriebsrat kontaktieren, wenn vorhanden.
- Arbeitnehmer sollten Ruhe bewahren und über mögliche Maßnahmen nachdenken, und können eine Kündigungsschutzklage in Erwägung ziehen.
Übersicht:
- Voraussetzungen einer Kündigung wegen Krankheit
- Welche Faktoren sind bei krankheitsbedingten Kündigung entscheidend?
- Welche Kündigungsgründe gibt es überhaupt
- Negative Gesundheitsprognose
- Interessenbeeinträchtigung
- Interessenabwägung
- Wann ist eine Kündigung aufgrund einer Erkrankung eines Arbeitnehmers unwirksam
- Drei ganz bestimmte Sonderfälle
- Kündigung wegen Alkoholsucht
- Kündigung wegen Fettleibigkeit
- Kündigung wegen einer Erkrankung am HIV-Virus
- Gerne beraten wir Sie umfassend
Welche Faktoren sind bei krankheitsbedingten Kündigung entscheidend?
Damit eine krankheitsbedingte Kündigung überhaupt in Betracht kommen kann, müssen gewisse Umstände geklärt sein.
- Häufigkeit der Fehlzeiten: Eine wiederholte Abwesenheit kann ein Indikator für gesundheitliche Probleme sein, die die Arbeitsleistung beeinträchtigen. Hierbei wird nicht nur die Anzahl der Fehltage betrachtet, sondern auch, ob ein Muster erkennbar ist, z.B. häufiges Fehlen an Montagen.
- Dauer der Fehlzeiten: Nicht nur die Häufigkeit, sondern auch die Länge der Abwesenheitszeiten ist entscheidend. Längere Fehlzeiten können auf schwerwiegendere gesundheitliche Probleme hinweisen und die Organisationsstruktur des Unternehmens stärker beeinträchtigen.
- Aussicht auf vollständige Genesung: Wenn eine vollständige Genesung und damit die Rückkehr zur vollen Arbeitsfähigkeit unwahrscheinlich ist, kann dies eine Kündigung rechtfertigen. Die Prognose der Genesung ist oft ein zentraler Punkt bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer krankheitsbedingten Kündigung.
- Negative Gesundheitsprognose: Wenn die Prognose auf eine vollständige Genesung negativ ausfällt, kann dies eine Kündigung begründen. Der Arbeitgeber muss in der Lage sein, zu beweisen, dass keine Besserung zu erwarten ist.
- Interessenabwägung: Der Arbeitgeber muss die Interessen des Unternehmens gegen die des Arbeitnehmers abwägen. Hierbei spielen die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter des Arbeitnehmers und die Auswirkungen der Erkrankung auf die betrieblichen Abläufe eine Rolle.
- Möglichkeit der Weiterbeschäftigung: Bevor eine krankheitsbedingte Kündigung ausgesprochen wird, muss geprüft werden, ob eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers, eventuell in einer anderen Position oder mit angepassten Arbeitszeiten, möglich ist.
- Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM): Vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber prüfen, ob durch ein BEM eine Weiterbeschäftigung möglich ist. Das BEM soll klären, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden werden kann und mit welchen Leistungen oder Hilfen zur Wiedereingliederung beigetragen werden kann.
Es ist zwar durchaus korrekt, dass ein Arbeitnehmer in Deutschland auf der Grundlage des Kündigungsschutzgesetzes beschäftigt ist und dementsprechend ein Arbeitgeber für eine wirksame Kündigung triftige Gründe vorbringen muss. Das Risiko eines Arbeitnehmers besteht jedoch darin, dass es für eine ordentliche Kündigung aufgrund von einer Krankheit auch triftige Gründe gibt. Für gewöhnlich wird als Grund für eine ordentliche Kündigung im Krankheitsfall der Grund angegeben, dass der Arbeitgeber befürchtet, dass der Arbeitnehmer die arbeitsvertraglich zugesicherte Arbeitskraft zukünftig nicht erfüllen kann. Die sogenannte personenbedingte Kündigung wird sehr häufig ausgesprochen, allerdings gibt es hierfür ganz bestimmte Voraussetzungen. Wir stehen im Zweifelsfall sehr gern zur Verfügung und beraten Arbeitnehmer, denen aufgrund einer Krankheit die Kündigung ausgesprochen wurde. Senden Sie uns auf unserem Portal www.kuendigung-sofort-hilfe.de Ihre Kündigung. Wir überprüfen sie umgehend kostenlos und unverbindlich auf Wirksamkeit.
Welche Kündigungsgründe gibt es überhaupt
Das deutsche Arbeitsrecht kennt grundsätzlich drei verschiedene Kündigungsgründe
- Kündigung aufgrund des Verhaltens des Arbeitnehmers
- betriebsbedingte Kündigung
- personenbedingte Kündigung
Eine ordentliche Kündigung aufgrund der Erkrankung eines Arbeitnehmers wird kategorisch in die personenbedingte Kündigung gruppiert und stellt in der gängigen Praxis den häufigsten Kündigungsgrund dar. Sie kann auch gerechtfertigt sein, allerdings müssen hierfür folgende Voraussetzungen vorliegen
- kein anderweitiger Einsatz in dem Betrieb möglich
- keine dauerhafte Arbeitsleistung des erkrankten Arbeitnehmers möglich
Was viele Arbeitnehmer nicht wissen ist, dass der Arbeitgeber für eine ordentliche Kündigung aufgrund einer Erkrankung eines Arbeitnehmers in der Beweispflicht steht. Damit der Arbeitgeber dies beweisen kann, müssen drei Aspekte berücksichtigt werden.
- die Gesundheitsprognose des erkrankten Arbeitnehmers
- die Interessenbeeinträchtigung
- Interessenabwägung
Negative Gesundheitsprognose
Die Gesundheitsprognose eines erkrankten Arbeitnehmers ist der wichtigste Faktor bei der ordentlichen Kündigung aufgrund einer Erkrankung eines Arbeitnehmers. Die Prognose auf eine vollständige Genesung muss zwingend negativ ausfallen, damit die ordentliche Kündigung als gerechtfertigt gilt. Der Arbeitgeber steht somit in der Beweispflicht, dass der Arbeitnehmer zukünftig aufgrund der Erkrankung seine Arbeitsleistung nicht mehr erbringen kann. Entscheidend ist hierbei der Zeitpunkt, an welchem die Kündigung ausgesprochen wird. Ein betroffener Arbeitnehmer kann natürlich durch seinen Arzt eine negative Prognose durch eine Entbindung der Schweigepflicht widerlegen, sofern der Arzt die Prognose des ärztlichen Gutachtens des Arztes von dem Arbeitgeber anzweifelt.
Interessenbeeinträchtigung
Von einer Interessenbeeinträchtigung wird ausgegangen, wenn durch die Erkrankung des Arbeitnehmers die finanziellen Interessen von dem Arbeitgeber merklichen Schaden nehmen. Sollten durch krankheitsbedingte Abwesenheiten des Arbeitnehmers Umsatzeinbußen oder weitergehende Personalkosten entstehen kann ein Arbeitgeber Interessenbeeinträchtigung als Kündigungsgrund anbringen.
Interessenabwägung
Der dritte Faktor, die Interessenabwägung, stellt die härteste Hürde für einen Arbeitgeber für eine wirksame ordentliche Kündigung aufgrund einer Erkrankung eines Arbeitnehmers dar. Der Arbeitgeber steht in der Beweispflicht, dass es in dem Betrieb keine anderweitige Möglichkeit der Weiterbeschäftigung des erkrankten Arbeitnehmers gibt. Ein erkrankter Mitarbeiter hat dabei die Möglichkeit, durch eigene Vorschläge eine Weiterbeschäftigung anzuregen. Das Risiko besteht jedoch darin, dass auch ein schlechterer Posten als Weiterbeschäftigung gilt und dass dementsprechend Lohneinbußen von dem Arbeitnehmer akzeptiert werden müssen.
Wann ist eine Kündigung aufgrund einer Erkrankung eines Arbeitnehmers unwirksam
Es gibt in einigen Betrieben einen Betriebsrat, der zwingend vor der ausgesprochenen Kündigung des Arbeitgebers angehört werden muss. Unterlässt der Arbeitgeber diesen Zwischenschritt, so wird die ausgesprochene Kündigung damit rechtlich gesehen unwirksam. Des Weiteren besteht für einen Arbeitgeber die Verpflichtung, dass bei einer längeren Fehlzeit eines Arbeitnehmers zunächst ein sogenanntes betriebliches Eingliederungsmanagement vorgenommen werden muss. Wird dies nicht vorgenommen so führt dies zwar nicht automatisch zur Unwirksamkeit der Kündgung, die juristischen Chancen eines Arbeitgebers sinken jedoch.
Drei ganz bestimmte Sonderfälle
Es gibt in Deutschland auf der Grundlage des Arbeitsrechts drei ganz bestimmte Sonderfälle, in denen einem Arbeitnehmer nicht pauschalisiert aufgrund des Verhaltens gekündigt werden kann. Diese Sonderfälle sind
- Alkoholsucht
- Fettleibigkeit
- HIV-Erkrankung
Kündigung wegen Alkoholsucht
Die Alkoholsucht ist eine anerkannte Krankheit, sodass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer nur unter den vorgenannten Voraussetzungen personenbedingt kündigen darf. Die Gesundheitsprognose ist in diesem Fall ganz besonders entscheidend und falls der erkrankte Arbeitnehmer sich zu einer Entzugstherapie bereit erklärt scheidet die negative Prognose aus. Die personenbedingte Kündigung aufgrund einer Erkrankung eines Arbeitnehmers ist dann unwirksam. Mit Urteil des LAG Berlin-Brandenburg aus dem Jahr 2014 gibt es sogar eine juristische Grundlage für betroffene Arbeitnehmer und wir helfen gern dabei, dieses Recht für Arbeitnehmer zu stützen. Anders verhält es sich jedoch dann, wenn der erkrankte Arbeitnehmer eine Entzugstherapie vollends ablehnt. In diesem Fall kann von einer negativen Gesundheitsprognose ausgegangen werden, welche eine wirksame personenbedingte Kündigung zurfolge hätte.
Kündigung wegen Fettleibigkeit
Die Fettleibigkeit eines Arbeitnehmers rechtfertigt nicht pauschalisiert eine personenbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Das LAG Düsseldorf hat im Jahr 2016 ein Urteil gesprochen und eine Kündigung für unwirksam erklärt. Allerdings bedeutet dies für den betroffenen Arbeitnehmer nicht, dass keine Anstrengungen unternommen werden müssen, ein Normalgewicht zu erreichen. Ein Arbeitnehmer muss zwingend an seiner Gesundung mitwirken und seinen Arbeitgeber darüber auch informieren. Ein Besuch eines Adipositaszentrums zur Gewichtsreduzierung ist ein moderater und sehr wirksamer Schritt in die richtige Richtung und beweist auch den Willen zur Gesundung.
Kündigung wegen einer Erkrankung am HIV-Virus
Als dritter Sonderfall gilt das HIV-Virus, welches wie kaum ein anderes Virus zahlreichen Vorurteilen unterlegen ist. Der Grund hierfür ist die Tabu-Situation, welche im Zusammenhang mit HIV schnell entsteht. Anders, als es vielleicht landläufig verbreitet wird, ist HIV jedoch im arbeitsrechtlichen Sinn keine Erkrankung und rechtfertigt damit auch nicht die personenbedingte Kündigung aufgrund einer Erkrankung eines Arbeitnehmers. Vielmehr handelt es sich bei HIV um eine Behinderung, sodass die personenbedingte Kündigung ihre Rechtfertigungsgrundlage verliert.
Gerne beraten wir Sie umfassend
Wir stehen sehr gern vollumfänglich beratend zur Seite, wenn eine zweifelhafte Kündigung für einen erkrankten Arbeitnehmer ausgesprochen wurde. Als Fachanwalt für Arbeitsrecht verfügen wir über eine langjährige Erfahrung und Kompetenz in Sachen Arbeitnehmerkündigung. Selbstverständlich sind betroffene Arbeitnehmer nicht gänzlich hilflos, wenn dieser Fall eintritt. Es gibt vielmehr einige Verhaltenstipps sowie auch Maßnahmen, die getroffen werden können. Auf eine ordentliche personenbedingte Kündigung aufgrund einer Erkrankung eines Arbeitnehmers kann der Arbeitnehmer auch mit einer sogenannten Kündigungsschutzklage reagieren. Vor diesem juristischen Schritt sollte jedoch eine ausführliche Beratung im Hinblick auf die Chancen dieses Weges erfolgen. Weiterhin ist es wichtig, dass bei einer ausgesprochenen Kündigung aufgrund einer Erkrankung eines Arbeitnehmers die Frist für Gegenmaßnahmen fokussiert betrachtet wird. Nach Ablauf von drei Wochen gilt die Kündigung als akzeptiert und erhält damit rechtliche Wirksamkeit.
Um wirksam gegen eine ausgesprochene Kündigung vorgehen zu können ist es überdies auch sehr wichtig, dass alle medizinischen Unterlagen im Zusammenhang mit Erkrankungen sorgsam aufgehoben werden. Eine sofortige Kontaktaufnahme mit dem etwaig vorhandenen Betriebsrat ist ebenfalls äußerst ratsam und selbstverständlich sollte sich ein betroffener Arbeitnehmer auch Gedanken darüber machen, wie eine etwaige Weiterbeschäftigung in dem Betrieb aussehen könnte. Gern sind wir auch dabei behilflich, Konzepte zu entwickeln oder Gedankenanstöße zu geben. Sofern eine Rechtsschutzversicherung vorhanden ist sollte diese im Vorwege vor weiteren Maßnahmen kontaktiert werden. Mit einer Kostenzusage im Rücken und einem guten Rechtsanwalt verliert die ausgesprochene ordentliche Kündigung aufgrund einer Erkrankung eines Arbeitnehmers ihren ersten Schrecken. Als oberste Maxime gilt jedoch zunächst erst einmal eines: Ruhe bewahren und den kühlen Kopf nicht verlieren. Nach dem ersten Schrecken sollte sich der betroffene Arbeitnehmer dann Gedanken machen, welche Maßnahmen getroffen werden können wobei hier auch das Prinzip gilt: Schritt für Schritt. Wir stärken hierbei gern den Rücken und beraten ausführlich.