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Kündigung eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers wegen wahrheitswidriger Behauptung

Landesarbeitsgericht Düsseldorf – Az.: 11 Sa 58/11 – Urteil vom 07.04.2011

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 10.11.2010 – 8 Ca 4900/10 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses.

Die …-jährige Klägerin, verheiratet und Mutter dreier nicht mehr unterhaltsberechtigter Kinder, ist seit dem 01.05.1982 bei der Beklagten aufgrund eines mit dieser am 29.04.1982 geschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrages als Bankangestellte in Teilzeit beschäftigt. Das monatliche Bruttogehalt der Klägerin betrug zuletzt 1.316,00 €. Bei der Beklagten sind in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer ohne Auszubildende tätig. Seit dem 01.12.2006 wird die Klägerin in der Filiale S. der Beklagten, zuletzt mit 15 Stunden pro Woche mittwochs und donnerstags, eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken Anwendung.

Kündigung eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers wegen wahrheitswidriger Behauptung
Symbolfoto: Von ravipat/Shutterstock.com

Seit dem Sommer 2009 erhielt die Klägerin seitens der Beklagten insgesamt drei Abmahnungen, von denen zwei beim Arbeitsgericht Düsseldorf mit der Folge angegriffen wurden, dass sie aus der Personalakte der Klägerin entfernt werden mussten. In einem dieser Rechtsstreite erklärte die Klägerin, als die Vorsitzende sie mahnte, sie laufe Gefahr, ihr Arbeitsverhältnis zu „verbrennen“, sie habe schon einige Filialleiter kommen und gehen gesehen und auch den derzeitigen, Herrn T.-La E., würde sie aussitzen.

Am 17.03.2010 ereignete sich in der Filiale S. Folgendes: Gegen 12.45 Uhr betrat ein Kunde – wahrscheinlich in Begleitung seiner Ehefrau – die Filiale. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin an der Kasse eingesetzt. Der Kunde wollte u.a. ein aktuelles Angebot in Anspruch nehmen und wandte sich an die Kundenbetreuerin, Frau L., die gerade keine Kunden beriet. Im Verlaufe des Beratungsgesprächs kam es zu Unstimmigkeiten. Frau L. hatte aufgrund einer ungewöhnlichen Farbschattierung Zweifel an der Echtheit eines der beiden zur Identifizierung vorgelegten Bundespersonalausweise. Der Leiter der Filiale S., Herr T.-La E., übernahm zwischen 13.00 Uhr und 13.10 Uhr die Kunden und bat sie in sein Büro.

Die Klägerin, Frau L. und Frau T. machten im Sozialraum Mittagspause. Nach Rückkehr der Frau L. aus der Pause übergab Herr T.-La E. ihr die Unterlagen des Vorgangs mit Kopien der Bundespersonalausweise, auf denen vermerkt war, dass bei der Kopie das Original Vorgelegen habe, und bat sie, die weiteren administrativen Schritte zu erledigen. Dies tat Frau L. auch.

Mit Schreiben vom 22.03.2010 an die Zentrale Revision der Beklagten, welches dieser am 23.03.2010 zuging, teilte die Klägerin unter der Überschrift „Betr.: Meldung eines Verstoßes gegen Sicherheitsrichtlinien“ u.a. Folgendes mit:

„… Ich zeige Ihnen hiermit einen schweren und vorsätzlichen Verstoß gegen die Sicherheitsrichtlinien der U. und ggfls. gegen gesetzliche Richtlinien an.

Datum: Mittwoch, 17.03.2010

Ort:  Filiale S.

Verursacher: Filialleiter Herr T.

Tathergang: … An dem besagten Tage war ich an der Kasse eingesetzt.

Dabei stellte sich heraus, dass der Kunde statt eines Bundespersonalausweises nur eine Kopie davon mit bei sich hatte. Als die Kollegin dies bemängelte, übernahm der Zweigstellenleiter diesen Fall und bat den Kunden in einen separaten Raum.

Dabei kam es zu dem eklatanten Verstoß gegen die Sicherheitsregel: Der Kunde konnte keinen gültigen Personalausweis vorlegen: Er hatte wohl eine Fotokopie bei der Hand.

Der Zweigstellenleiter kopierte die Kopie und soll eigenhändig den Vermerk aufgeschrieben haben, das Original habe Vorgelegen.

Letzteres durch Aussage der mit dem Fall befassten Kollegin.

Es obliegt Ihnen, die Schwere des Vergehens zusammen mit der erschwerenden Vorsätzlichkeit zu werten.

Zeugnis zur möglicherweise notwendigen Befragung: Kollegin Frau K. L..“

Auf den weiteren Inhalt des Schreibens wird ausdrücklich Bezug genommen.

Am 07.04.2010 führte der zuständige Personalreferent der Beklagten, Herr B. T., ein Gespräch mit der Klägerin. In diesem bat er die Klägerin, den Sachverhalt, der Gegenstand ihrer Anzeige war, noch einmal zu schildern. Dies tat die Klägerin. Auf Nachfrage des Herrn T., ob und inwieweit die Klägerin von der Kasse aus habe erkennen können, dass es sich um einen falschen Ausweis gehandelt habe, antwortete die Klägerin, dass diese Beobachtung Frau L. gemacht habe. Nach dem Gespräch mit der Klägerin führte Herr T. auch ein Gespräch mit Frau L.. Darin bat er sie zu Beweiszwecken ihre Aussage zu dem Vorfall am 17.03.2010 noch einmal schriftlich zusammen zu fassen.

Am 16.04.2010 reichte Frau L. ihre schriftliche Stellungnahme zu dem Vorfall am 17.03.2010 ein. In dieser führte Frau L. u.a. aus:

„Am besagten Tag kam das Kundenehepaar in unserer Filiale vorbei, um das Festgeldangebot in Anspruch zu nehmen.

Nachdem ich den Kunden erklärt hatte, wie der p.a. Zins zu verstehen ist, bat ich die Kunden um dessen Legitimationspapiere.

„Wieso ist die U.-bank so kompliziert und wieso brauchen Sie die Ausweise?“ antwortete der Kunde verärgert und auf frischer Tat ertappt.

Trotz Versuch, den Ausweis unauffällig zu kontrollieren, pöbelten mich die Kunden in lautem, unverschämten Ton an.

Daraufhin rief mich mein Chef (Herr T.) an, um zu fragen, ob es Probleme gäbe. Auch als ich im Büro Herrn T. die Ausweise gezeigt hatte, sind ihm diese ebenfalls auffällig vorgekommen.

…“

Am 30.04.2010 führten die örtlich zuständige Betriebsdirektorin der Beklagten und Vorgesetzte des Herrn T.-La E., Frau Q. F., und der Personalreferent, Herr B. T., ein Gespräch mit Herrn T.-La E.. Dieser war vom 23.03.2010 bis zum 12.04.2010 urlaubsabwesend gewesen. Herr T.-La E. erklärte u.a., dass er den Ausweis unter der UV-Lampe überprüft habe. Mit Schreiben vom 02.05.2010 gab Herr T.-La E. eine schriftliche Stellungnahme zu dem Vorfall am 17.03.2010 ab. In dieser heißt es u.a.:

„….Ich ließ mir von beiden Eheleuten jeweils die Personalausweise geben, ging zum Kopierer und kopierte je Vorder- und Rückseite. Die Ausweise hielt ich auch unter die UV-Lampe im Kassenbereich. …“

Am 04.05.2010 fand eine Rücksprache des Herrn T. mit der Innenrevision der Beklagten statt. Am 24.06.2010 fand ein weiteres Gespräch des Herrn T. und der Frau F. mit der Klägerin statt. Gegenstand des Gesprächs war das stetig verschlechternde Arbeitsklima in der S. Filiale. In diesem wurde auch erneut das Schreiben der Klägerin vom 22.03.2010 angesprochen und vereinbart, dass man sich am 13.07.2010 noch einmal zusammensetzen wollte.

Um das Gespräch mit der Klägerin am 13.07.2010 weiter vorzubereiten, bat Herr T. Frau L. um eine erneute, detaillierte Stellungnahme zu dem Sachverhalt vom 17.03.2010. Dem kam Frau L. mit E-Mail vom 25.06.2010 nach. Hierin gab sie wieder, was ihrerseits an dem Tag des Vorfalls in der Küche gesagt wurde. Frau L. führte in der E-Mail u.a. aus:

„… Nachdem Herr T. die gerade noch von mir nach draußen begleiteten Kunden doch zu sich ins Büro holte mit dem Aufhänger, ob ER den Kunden noch helfen könne, lief ich aufgeregt und erschrocken darüber, dass mir mein Chef in so einer kniffligen Situation in den Rücken fällt, in die Küche.

Die Kunden kamen mir sowieso schon auf Anhieb komisch vor und dann sah der Ausweis der Frau noch so komisch aus als wär er nicht echt-ich hab keine Ahnung, hab den nicht mehr geprüft-ich weiß auch nicht, ob Herr T. das noch macht- Er bedient die Kunden jetzt…“

Mit E-Mail vom 26.06.2010 versandte Herr T. zur Vorbereitung des Gesprächs am 13.07.2010 eine Tagesordnung an die Klägerin, Frau F. und die Herren E. und N. vom Betriebsrat. Die Klägerin antwortete darauf mit E-Mail vom 28.06.2010, in der sie am Ende Folgendes ausführte:

„Sie hatten das Thema des schwerwiegenden Sicherheitsvergehens des FL T., welches ich der Zentralrevision gemeldet hatte, zur Sprache gebracht. Allein Ihre Frage, warum ich das gemacht hätte, hat in mir tiefste Zweifel ausgelöst. Das war doch meine heiligste Pflicht! Ich hatte eigentlich Anerkennung für Pflichterfüllung unter Einsatz der Erwartung kurzfristiger persönlicher Nachteile erwartet. Leider gab es keine irgendwie geartete Reaktion. Ich hatte in allerletzter Zeit bereits vorgehabt, nachzufragen ob die Sache nicht verfolgt würde oder im Sande verlaufen sei. Dieses werde ich nach Ihrem Verhalten nunmehr tatsächlich in Richtung Geschäftsführung/Zentralrevision erfragen.“

Den für den 13.07.2010 vorgesehenen Gesprächstermin zog die Beklagte in Abstimmung mit der Klägerin auf den 02.07.2010 vor. An dem Gespräch an diesem Tag nahmen neben der Klägerin Frau F., der Personaldirektor der Beklagten, Herr S., der Direktor für Human Resources Arbeitsrecht und Mitbestimmung der Beklagten, Herr L., und der Betriebsratsvorsitzende, Herr E., teil. Eine Entscheidung über arbeitsrechtliche Konsequenzen wurde nicht getroffen. Im Anschluss an das Gespräch erhielt die Klägerin die Möglichkeit, bis zum 06.07.2010 eine schriftliche Stellungnahme einzureichen, um ihren Standpunkt umfassend darzustellen. Die Stellungnahme der Klägerin vom 04.07.2010 ging am 05.07.2010 auf dem allgemein zugänglichen Faxgerät der Filiale S. gegen 0.30 Uhr ein. Das Schreiben war nicht als persönlich/vertraulich gekennzeichnet. Dieses Schreiben sandte die Klägerin auch an Frau F., Herrn L., Herrn S., Herrn N. und Herrn E. sowie an die Geschäftsleitung und übergab es Frau L. und Frau T.. Die Klägerin führte darin u.a. aus:

„…

Die Vertreter des Arbeitgebers/Personalabteilung bezweifeln die Richtigkeit der gemachten Angaben der Frau L. aus Ihrem Schreiben an die Zentrale Revision der U.-bank vom 22. März 2010.

Das Direktorium geht von einer ordnungsgemäßen Abwicklung und keines Vergehens gegen interne Anweisungen und Bestimmungen und keiner Verletzung von Rechtsvorschriften seitens des FL T. aus.

Die Unterzeichnerin wurde befragt, wie sie dazu käme, einen Ausweis als falsch überhaupt erkennen zu können. Sie antwortete, dass jede Zweigstelle eine Prüfmaschine habe und bei Verdacht das bankinterne elektronische Expertensystem zu Rate gezogen werden könne. Beides unterblieb in der besagten Zeit, solange Frau L. anwesend war.

Dass es sich bei diesem Vorfall um eine Verkettung von Missverständnissen gehandelt haben könnte, welcher Fr. L. gegebenenfalls aufgesessen sein könnte, wurde ausgeschlossen. Fr. L. stimmt dem zu.

Daraufhin wurde von Fr. L. eine weitere Stellungnahme bis zum Dienstag, 06.07.2010 zu diesem Vorfall gefordert.

Obwohl Sie die Ankündigung eines Verfahrens wegen „Übler Nachrede“ wohl eher als Drohung verstanden wissen wollen, bin ich mit einem Strafverfahren nach § 186 StGB mehr als einverstanden. Ich halte den hier vorliegenden Tatbestand nach § 186 StGB eigentlich sogar noch für zu milde verfolgt, da es sich nicht darum handelt „einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung zeiht oder eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt“, sondern gegebenenfalls sogar um die sehr viel schwerwiegende Existenzeinschränkung aus der Möglichkeit des Erhaltens einer außerordentlichen Kündigung für Herrn T..

Ich bedanke mich für den von Ihnen vorgeschlagenen Weg der externen Klärungsmöglichkeit und erwarte nunmehr Ihre angekündigte Anzeige wegen übler Nachrede innerhalb eines angemessenen Zeitraums, da nach meinen Erwägungen hier eine staatsanwaltliche Ermittlung mangels öffentlichen Interesses nicht in Betracht kommen wird, und behalte mir danach die Möglichkeit der Selbstanzeige vor.

…“

Mit E-Mail vom 06.07.2010 forderte die Beklagte die Klägerin auf, unter Richtigstellung des Sachverhalts die Aussage zu widerrufen, dass sie von der Beklagten mit einer Strafanzeige bedroht worden sei. Einen Tag später stellte die Beklagte die Klägerin von der Arbeitsleistung frei.

Mit Schreiben vom 12.07.2010 hörte die Beklagte den in ihrem Betrieb bestehenden Betriebsrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung sowie zu einer hilfsweisen außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum 31.03.2010 an. Mit Schreiben vom 13.07.2010 stimmte der Betriebsrat der außerordentlichen Kündigung der Klägerin zu.

Mit Schreiben vom 14.07.2010, das der Klägerin am gleichen Tag übergeben wurde, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich mit sofortiger Wirkung, hilfsweise außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 31.03.2011.

Mit ihrer beim Arbeitsgericht Düsseldorf am 28.07.2010 eingereichten, der Beklagten am 02.08.2010 zugestellten Klage hat die Klägerin geltend gemacht, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 14.07.2010 nicht mit sofortiger Wirkung bzw. hilfsweise zum 31.03.2010 aufgelöst wird.

Die Klägerin hat im Wesentlichen ausgeführt:

Die ausgesprochene Kündigung sei rechtsunwirksam. Eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung sei nicht erfolgt. Zudem sei die Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht gewahrt worden. Der Vorfall vom 17.03.2010 sei spätestens mit dem Gespräch vom 24.06.2010 vollständig aufgeklärt und der Beklagten umfassend bekannt gewesen. Sie habe im Hinblick auf die Kündigungsbegründung der Beklagten ihren Vorgesetzten Herrn T.-La E. keinesfalls unberechtigt des Verstoßes gegen das Geldwäschegesetz und gegen interne Sicherheitsvorschriften bezichtigt. Sie habe lediglich in Abstimmung mit ihren Kolleginnen Frau T. und Frau L. über einen Vorfall informiert, der einen entsprechenden Verdacht nahegelegt habe bzw. sie habe die Kolleginnen später über das Schreiben informiert und dieses nicht mit ihnen abgestimmt. Des Weiteren habe sie zu keinem Zeitpunkt in Abrede gestellt, dass sie den Filialraum während der Kundenbetreuung durch Herrn T.-La E. zur Pause verlassen habe und dass während ihrer Pausenzeit eine Prüfung des Personalausweises noch habe stattfinden können. Mit der Formulierung „Letzteres durch die Aussage der mit dem Fall befassten Kollegin“ in der Anzeige vom 22.03.2010 habe sie zum Ausdruck bringen wollen, dass sie persönlich diesen Vorgang nicht begleitet habe und keine eigene Wahrnehmung geschildert habe. In dem Gespräch mit Herrn T. vom 07.04.2010 habe sie auf Nachfrage erklärt, dass sie persönlich von der Kasse aus nicht habe erkennen können, ob der der Frau L. vorgelegte Personalausweis echt gewesen sei. Frau L. habe ihr in dem an die Beratung anschließenden Gespräch lediglich gesagt, dass der Ausweis aufgrund der Färbung erkennbar unecht gewesen sei. Sie habe außerdem erklärt, sie könne ausschließen, dass der Ausweis des Kunden während ihrer Tätigkeit an der Kasse von Herrn T.-La E. geprüft worden sei. Hierbei habe sie verdeutlicht, dass sie natürlich nicht ausschließen könne, dass eine Prüfung ungewöhnlich spät im Rahmen der Beratung und damit während ihrer Pause erfolgt sei. Im Rahmen des Gesprächs am 02.07.2010 habe sie gesagt, dass der Filialleiter die Echtheit des Personalausweises nicht während ihrer Anwesenheit im Kassenbereich überprüft habe. Sie habe nicht erklärt, dass sie ausschließen könne, dass der Ausweis zum Ende der Beratung hin während ihrer Pause nicht doch überprüft worden sei. In dem Gespräch vom 02.07.2010 habe sie den Eindruck gewonnen, dass die Beklagte eine Strafanzeige wegen übler Nachrede gegen sie persönlich beabsichtige. Sie sei gerne bereit, die Erklärung, ihr sei ein Strafverfahren angedroht worden, zu korrigieren. Bereits nachdem Herr L. sie per E-Mail vom 06.07.2010 dazu aufgefordert habe, diese Behauptung zurückzunehmen, habe sie geantwortet, dass sie gerne bereit sei, einzelne Darstellungen in der Sache oder in der Tendenz nach Klärung mit den Gesprächsteilnehmern zu revidieren. In ihrem an die Filiale S. per Telefax gesendeten Schreiben vom 05.07.2010 habe sie erneut formuliert, dass eine Überprüfung des Personalausweises des Kunden unterblieben sei, solange sie selbst im Kassenbereich anwesend gewesen sei. Eine Verletzung der Vertraulichkeit sei durch die Übersendung des Telefaxes nicht gegeben, da alle Mitarbeiter bereits über den Vorfall am 17.03.2010 und die sich im Anschluss ergebenden Anhörungen informiert gewesen seien.

Die Klägerin hat beantragt festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 14.07.2010 nicht mit sofortiger Wirkung bzw. hilfsweise zum 31.03.2011 aufgelöst wird.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat im Wesentlichen geltend gemacht: Die außerordentliche Kündigung sei wegen übler Nachrede und bewusst wahrheitswidriger Tatsachenbehauptungen der Klägerin in Bezug auf Herrn T.-La E. sowie ihre Direktoren rechtmäßig erfolgt. Die Klägerin habe wiederholt unwahre Behauptungen aufgestellt und verbreitet und damit die Ehre, das Ansehen und den Ruf des Herrn T.-La E. verletzt. Die nachweisbar unwahre Behauptung habe die Klägerin wiederholt vor einem stetig größeren Empfängerkreis publik gemacht. In dem Teammeeting vom 26.03.2010, an dem die Klägerin und Herr T.-La E. nicht teilgenommen hätten, seien Herrn T. von den übrigen Arbeitnehmern keine Unregelmäßigkeiten bekannt gemacht worden. Im Rahmen der Sachverhaltsermittlung aufgrund der Anzeige der Klägerin habe diese in dem Gespräch mit Herrn T. vom 07.04.2010 gesagt, sie könne mit Sicherheit ausschließen, dass Herr T.-La E. die Ausweise vorschriftsmäßig geprüft habe. Daraufhin habe Herr T. mit Frau L. gesprochen, die die allgemeine Frage, ob es etwas Berichtenswertes in der Filiale gegeben habe, verneint habe. Konkret auf den 17.03.2010 angesprochen habe Frau L. angegeben, dass ihr der von den Kunden vorgelegte Ausweis merkwürdig vorgekommen sei, da er eine unnatürliche Farbe gehabt habe. Sie selbst habe nicht gesehen, dass Herr T.-La E. den Ausweis geprüft habe. Zudem habe Frau T. Herrn T. gesagt, sie habe nicht beobachten können, ob Herr T.-La E. den Ausweis geprüft habe. Aufgrund von Terminskollisionen habe sie mit Herrn T.-La E. erst am 30.04.2010 ein Gespräch führen können. Dieser habe angegeben, dass es sich bei den Kunden um Bestandskunden gehandelt habe, die aber bereits lange Zeit inaktiv gewesen seien und er diese daher systembedingt als Neukunden habe aufnehmen müssen. Der vorgelegte Bundespersonalausweis der Kunden habe eine abweichende Farbe aufgewiesen. Der Ausweis habe gewirkt, als ob er in einer Waschmaschine gewaschen worden sei. Bei der Prüfung des Ausweises unter der UV-Lampe im Kassenbereich habe er keine Unregelmäßigkeiten feststellen können. Auch im weiteren Legitimationsprozess, bei der Erfassung der Daten im Computersystem, hätten sich keine Auffälligkeiten ergeben. Im Rahmen der Rücksprache mit der Innenrevision am 04.05.2010 sei erstmals aufgefallen, dass die schriftliche Anzeige der Klägerin stark von ihrer persönlichen Stellungnahme abgewichen sei. Es seien Missverständnisse vermutet worden, die in einem weiteren Gespräch mit der Klägerin hätten geklärt werden sollen. Auf die Meldung vom 22.03.2010, auf die die Klägerin in dem Gespräch vom 24.06.2010 angesprochen worden sei, habe diese erklärt, dass in der Meldung selbst alles niedergeschrieben worden sei. Die dort dargelegten Vorwürfe halte sie vollumfänglich aufrecht. Herr T. habe die Klägerin in Bezug auf Widersprüchlichkeiten ihrer Aussage zu der schriftlichen Anzeige und den Aussagen ihrer Kolleginnen gefragt, warum sie denn die Anzeige gegen Herrn T.-La E. gestellt habe. Die Klägerin habe keine weiteren Angaben zu dem Vorfall machen wollen. Vielmehr habe sie ausdrücklich darauf bestanden, dass sie sich auf ein solches Gespräch vorbereiten und ein Betriebsratsmitglied anwesend sein müsse. Dann sei ein neuer Gesprächstermin vereinbart worden. Aufgrund der E-Mail der Klägerin vom 28.06.2010 sei unzweifelhaft erkennbar geworden, dass es sich hinsichtlich ihres Schreibens vom 22.03.2010 nicht um ein Missverständnis gehandelt habe, sondern dass sie ihre Vorwürfe vollumfänglich aufrechterhalte, obwohl sie eingestanden habe, die maßgeblichen Tatsachen, wie den vorgelegten Ausweis sowie die Fertigung der Kopie einer Ausweiskopie, nicht selbst gesehen zu haben. Aus ihrer – der Beklagten – Sicht sei es daher zu diesem Zeitpunkt einzig um die Frage gegangen, ob die Klägerin damit Recht gehabt habe, dass, wie von ihr behauptet, Herr T.-La E. die Ausweise – trotz der unstreitigen Auffälligkeiten – nicht unter UV-Licht kontrolliert habe. Die Klägerin habe in dem Gespräch vom 02.07.2010 Herrn L. ohne jede Einschränkung bestätigt, dass sie an der Anschuldigung festhalte. Auf die Frage des Herrn L., ob Herr T.-La E. die Echtheit des Ausweises geprüft habe, habe die Klägerin geantwortet, dass er das nicht getan habe. Auf die weitere Frage, ob die Klägerin dies habe übersehen können, habe sie ohne jede Einschränkung geantwortet, dass das nicht sein könne. Herr T.-La E. habe den Personalausweis definitiv nicht geprüft. Erstmals im Schreiben vom 05.07.2010 habe die Klägerin in Bezug auf ihre Darstellung eine Sachverhaltseinschränkung gemacht, indem sie geschrieben habe „solange Frau L. anwesend war“. Zuvor habe die Klägerin behauptet, dass Herr T.-La E. den Personalausweis definitiv nicht geprüft habe. Die Klägerin habe weder die Eskalation noch das weitere Handeln mitbekommen, da sie sich schon mit Frau T. im Sozialraum aufgehalten habe. Aufgrund der zweiten Stellungnahme der Klägerin habe festgestanden, dass sie entgegen ihrer Behauptung in dem Schreiben vom 22.03.2010 keinerlei eigene Wahrnehmung bezüglich möglicher Handlungen oder Unterlassungen des Herrn T.-La E. gehabt habe. Das habe der Klägerin auch bewusst sein müssen. Die Klägerin habe dies sowohl in ihrem Schreiben vom 22.03.2010 als auch in dem Gespräch vom 24.06.2010, der E-Mail vom 28.06.2010 und in dem Gespräch am 02.07.2010 bewusst anders dargestellt. Insbesondere habe die Klägerin noch in dem Gespräch am 02.07.2010 an der Behauptung, Herr T.-La E. habe die Ausweise nicht unter der UV-Lampe geprüft, festgehalten. Die Klägerin habe zudem die unwahre Behauptung aufgestellt, dass ihr, der Klägerin, in dem Gespräch vom 02.07.2010 von dem Personaldirektor, Herr S. und dem Direktor für Human Resources Arbeitsrecht und Mitbestimmung, Herr L., mit einer Strafanzeige gedroht worden sei. Dadurch seien der Betriebsfrieden und das Betriebsklima nachhaltig gestört. Das Arbeitsverhältnis sei zerrüttet und eine vertrauensvolle Basis zur weiteren Zusammenarbeit existiere nicht mehr.

Mit seinem am 10.11.2010 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht Düsseldorf der Klage vollumfänglich stattgegeben und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Weder eine außerordentliche fristlose Kündigung noch eine hilfsweise außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum 31.03.2011 als Verdachts- oder Tatkündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB seien unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile gerechtfertigt. Das Verhalten der Klägerin sei allerdings an sich geeignet, einen wichtigen Grund zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung zu rechtfertigen. Aufgrund des Verhaltens der Klägerin bestehe der dringende Verdacht, dass diese über Herrn T.-La E. bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen aufgestellt habe, so dass offenbleiben könne, ob die Vorwürfe der Beklagten für eine „Tatkündigung“ ausreichen würden. Die Klägerin habe mit ihrer Anzeige durch ihr Schreiben vom 22.03.2010 zum Ausdruck gebracht, dass der Leiter der Filiale S. der Beklagten, Herr T.-La E., unter Verstoß gegen die Sicherheitsrichtlinien der Beklagten und ggf. gegen gesetzliche Richtlinien gehandelt habe, ohne dass sie tatsächlich selbst einen derartigen Verstoß beobachtet habe. Aufgrund des unstreitigen Sachvortrages der Parteien stehe fest, dass die Klägerin von ihrer Position an der Kasse nicht habe erkennen können, ob die betreffenden Kunden einen falschen Personalausweis vorgelegt hätten oder nicht. Sämtliche Informationen, die die Klägerin hierzu gehabt habe, habe sie durch Aussagen der Frau L. erlangt. Zudem stehe fest, dass die Klägerin die Vorgehensweise des Herrn T.-La E. in Bezug auf die Kunden nur teilweise selbst beobachtet habe, da sie gegen 13.00 Uhr den Kassenraum verlassen habe, um im Sozialraum Mittagspause zu machen. Dennoch habe die Klägerin in der Anzeige vom 22.03.2010 geschrieben: „Dabei stellte sich heraus, dass der Kunde statt eines Bundespersonalausweises nur eine Kopie davon mit bei sich hatte.“ und „Der Zweigstellenleiter kopierte die Kopie und soll eigenhändig den Vermerk aufgeschrieben haben, das Original habe Vorgelegen.“ Damit stelle die Klägerin eindeutig die Behauptung auf, dass kein Originalausweis, sondern nur eine Kopie Vorgelegen habe und dass Herr T.-La E. eine Kopie dieser Kopie gemacht habe und behauptet habe, dass Original habe Vorgelegen. Damit unterstelle die Klägerin dem Filialleiter einen Verstoß gegen die Vorschriften der Bank, nämlich dass der Kunde sich mit einem Originalausweis habe ausweisen müssen. Dadurch habe sie auch zugleich behauptet, dass eine Prüfung des Ausweises unter der UV-Lampe durch Herrn T.-La E. nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Das Schreiben der Klägerin lasse keine andere Interpretation zu. Die Kammer sei davon überzeugt, dass die Klägerin ihren Vorwurf gegen den Filialleiter erhoben habe, ohne hinsichtlich der Echtheit des Ausweises aus eigener Kenntnis entsprechende Informationen zu haben. Für die Annahme einer bewusst unwahren Tatsachenbehauptung durch die Klägerin spreche auch der für die Anzeige gewählte Zeitpunkt am 22.03.2010, zu dem sich Herr T.-La E. den ersten Tag im Urlaub befunden habe. Der Grund für diese späte Reaktion der Klägerin habe nicht darin liegen können, dass sie sich mit ihren Kolleginnen habe abstimmen wollen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.11.2010 habe die Klägerin auf Nachfrage der Vorsitzenden entgegen ihrer Darstellung im schriftsätzlichen Vortrag erklärt, dass sie ihre Kolleginnen über das Schreiben informiert, dieses jedoch nicht mit ihnen abgestimmt habe. Im Hinblick auf den Vorwurf, die Klägerin habe zu Unrecht behauptet, ihr sei eine Strafanzeige angedroht worden, könne nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um ein Missverständnis der Klägerin handele, die sich angegriffen oder sogar bedroht gefühlt habe. Es fehle in Bezug darauf, dass sich die Klägerin dazu bereit erklärt habe, ihren Eindruck, ihr sei ein Strafverfahren angedroht worden, zu revidieren, bereits an der erforderlichen Erheblichkeit des Vorwurfs.

Im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wäre jedoch eine Abmahnung durch die Beklagte, als milderes Mittel eine künftige Vertragsstörung zu beseitigen, ausreichend gewesen. Es sei eine Prognose dahingehend gerechtfertigt, die Klägerin werde sich nach einer Abmahnung künftig wieder vertragstreu verhalten. Die Klägerin habe sowohl im Hinblick auf die „Drohung mit einer Strafanzeige“ als auch in Bezug auf die Behauptung sie sei von der Direktion der Beklagten mit einer Strafanzeige bedroht worden, Einsicht gezeigt und ihren -möglicherweise- falschen Eindruck revidiert. Nach Ansicht der Kammer sei zu erwarten, dass eine ordnungsgemäße Abmahnung die Klägerin davon abhalten würde, künftig leichtfertig Behauptungen über andere Mitarbeiter der Beklagten aufzustellen. Diese Annahme beruhe darauf, dass die fraglichen Schreiben der Klägerin in einer Phase verfasst worden seien, in der es erstmals nach 27 Jahren zu erheblichen Spannungen zwischen den Parteien gekommen sei. Die Beklagte habe die Klägerin mit Schreiben vom 09.09.2009 wegen Nichtteilnahme an einem Personalgespräch, mit Schreiben vom 14.10.2009 wegen des verspäteten Erscheinens zu einem Personalgespräch und mit Schreiben vom 14.10.2009 wegen vorzeitigen Verlassens eines ESB-Trainings am 25.07.2009 abgemahnt. Die Abmahnung vom 09.09.2009 sei im Rahmen eines Rechtsstreits aufgrund eines Vergleichs vom 27.01.2010 aus der Personalakte der Klägerin entfernt worden. Die Abmahnung vom 14.10.2009 wegen unerlaubten vorzeitigen Verlassens eines ESB-Trainings habe die Beklagte aufgrund des Urteils vom 14.04.2010 in dem Rechtsstreit gleichen Rubrums – Arbeitsgericht Düsseldorf 4 Ca 8587/09 – entfernen müssen. Die dritte Abmahnung sei von der Klägerin noch nicht angegriffen worden. Dies habe sie sich aber vorbehalten. Zudem sei im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.11.2010 deutlich geworden, dass die Schreiben nicht von der Klägerin allein verfasst worden seien, sondern „mit Hilfe“ ihres Ehemanns, so dass vielleicht nicht jede „verbale Spitze“ unmittelbar ihr anzulasten sei – auch wenn sie letztlich die Schreiben verantwortlich unterzeichnet habe. Die Kammer habe im Laufe der mündlichen Verhandlung den Eindruck gewonnen, dass die Klägerin eine formell ordnungsgemäße Abmahnung zum Anlass nehmen werde, ihr Verhalten zu überdenken und künftig vorsichtiger bei ihrer Wortwahl und den Vorwürfen gegenüber Vorgesetzten sein werde. Es spreche aus der Sicht der Kammer nicht zwingend für eine Wiederholungsgefahr, dass sich in einer Situation, in der sich der Arbeitnehmer mit Abmahnungen konfrontiert sehe, die letztlich einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhielten, Überreaktionen ergäben.

Der Beklagten sei es auch zuzumuten gewesen, der Klägerin eine Abmahnung auszusprechen, statt das Arbeitsverhältnis sofort außerordentlich zu kündigen. Im Rahmen dessen sei einerseits zu berücksichtigen gewesen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigung seit mehr als 28 Jahren bei der Beklagten tätig gewesen sei und – soweit der Kammer bekannt gewesen sei – erstmals im Jahre 2009 erhebliche Dissonanzen aufgetreten seien. Andererseits habe unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zugunsten der Klägerin der in dem langjährig bestehenden Arbeitsverhältnis erarbeitete Vorrat an Vertrauen berücksichtigt werden müssen. Es sei objektiv nicht nachvollziehbar, dass die „Drohung mit einer Strafanzeige“ und die Behauptung, die Klägerin sei von der Direktion der Beklagten mit einer Strafanzeige bedroht worden, in Bezug auf den Vorgesetzten der Klägerin, Herrn T.-La E., als einmaliger Vorfall dieses gewachsene Vertrauen vollständig zunichte gemacht habe. Der Klägerin sei zwar vorzuwerfen, dass sie eine Behauptung zu Lasten des Herrn T.-La E. aufgestellt habe, ohne konkrete eigene Informationen zu haben. Allerdings sei die Frage, ob der von der Klägerin erhobene Vorwurf zutreffe oder nicht, nie vollständig aufgeklärt worden. Die Beklagte habe sich auf die Aussage des Herrn T.-La E., die sie als richtig unterstellt habe, verlassen. Dabei habe sie diese Aussage nie, z.B. durch die Befragung des Ehepaares, das die Ausweiskopie laut Klägerin vorgelegt haben solle, weiter überprüft. Sicherlich sei von diesem Ehepaar eine Auskunft darüber zu erlangen gewesen, ob Herr T.-La E. sein Büro mit dem Ausweis während des Beratungsgesprächs einmal verlassen habe. Das wäre Voraussetzung für die von ihm behauptete Überprüfung des Ausweises mit der UV-Lampe gewesen. Ferner sei der Filialleiter Herr T.-La E. nicht mehr als Filialleiter in der Filiale S. der Beklagten tätig. Daher könne es künftig nicht zu weiteren Auseinandersetzungen zwischen der Klägerin und Herrn T.-La E. kommen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin grundsätzlich ein Problem mit ihren Vorgesetzten habe, seien nicht ersichtlich.

Gegen das ihr am 17.12.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem beim Landesarbeitsgericht am 13.01.2011 eingereichten Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem hier am 15.02.2011 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte macht unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:

Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass auch in der unwahren Behauptung der Klägerin hinsichtlich der Bedrohung durch eine Strafanzeige ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB läge. Die Feststellung, dass es hierbei an der erforderlichen Erheblichkeit des Vorwurfs fehle, habe zunächst der Beweisaufnahme bedurft. Insbesondere berücksichtige das Arbeitsgericht nicht, dass die Klägerin schriftlich dazu aufgefordert worden sei, die Anschuldigung, ihr sei ein Strafverfahren angedroht worden, zurückzunehmen. Unabhängig von der strafrechtlichen Relevanz dieser Behauptung, welche die Klägerin durch die Versendung des Telefaxes vom 05.07.2010 wissentlich und willentlich einem nicht mehr überschaubaren Empfängerkreis bekannt gemacht habe, läge in dieser ein bewusstes Behaupten unwahrer Tatsachen. Durch dieses Verhalten der Klägerin seien die Betriebsabläufe in der Filiale S. nachhaltig gestört. Die erforderliche Interessenabwägung im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Das Arbeitsgericht habe auf Fakten Bezug genommen, die weder festgestellt noch schriftsätzlich vorgetragen worden seien. Die Klägerin habe ihren direkten Vorgesetzten, Herrn T.-La E., wiederholt vor verschiedenen Kollegen und Vorgesetzten mündlich und schriftlich des Verstoßes gegen das Geldwäschegesetz sowie gegen interne Sicherheitsvorschriften bezichtigt. Es habe sich herausgestellt, dass sich die erhobenen Anschuldigungen nur auf Mutmaßungen Dritter gestützt hätten. Bei Zugrundelegung objektiver Maßstäbe müsse die „Anzeige“ so verstanden werden, dass die Klägerin behaupte, sie habe ihren Vorgesetzten bei einem regelwidrigen und strafrechtlich relevanten Verhalten beobachtet. Auf Nachfrage von Mitarbeitern habe die Klägerin ein Missverständnis ausgeschlossen und die Anschuldigungen selbst im Kündigungsschutzverfahren aufrecht erhalten. Die Klägerin habe damit im Rahmen ihrer aufgestellten Behauptungen keinem Missverständnis oder entschuldbarem Fehler aufgesessen, wie sie – die Beklagte – zunächst zu Gunsten der Klägerin angenommen habe. Vielmehr habe diese von Anfang an positive Kenntnis darüber besessen, dass die von ihr aufgestellten Behauptungen weder von ihrer eigenen Wahrnehmung noch der Wahrnehmung dritter Personen gedeckt gewesen seien. Die Klägerin habe falsche Behauptungen aufgestellt, um ihren Vorgesetzten schwer zu belasten. Insbesondere diese Probleme hätten zu drei Abmahnungen geführt, von denen die Klägerin zwei erfolgreich gerichtlich angegriffen habe. Auch seien mit ihr Gespräche über eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses geführt worden. Daher sei es, entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts, nicht erstmals nach 27 Jahren zu Schwierigkeiten mit der Klägerin im Arbeitsverhältnis gekommen. Ein Vertrauensvorrat könne aus diesem stark belasteten Arbeitsverhältnis nicht resultieren. Das Arbeitsgericht habe fehlerhaft festgestellt, dass die Klägerin das Schreiben vom 22.03.2010 nicht alleine erstellt habe. Selbst wenn die Klägerin das Schreiben gemeinsam mit ihrem Ehemann verfasst habe, könne das nicht rechtlich zu Gunsten der Klägerin gewertet werden. Die Klägerin habe das Schreiben unterzeichnet und müsse sich den Inhalt des Schreibens vollumfänglich zurechnen lassen. Soweit das Arbeitsgericht rüge, dass die Kunden, die an dem Tag des vermeintlichen Vorfalls durch Herrn T.-La E. betreut worden seien, später nicht befragt worden seien, habe hierzu keine Veranlassung dazu bestanden. Eine solche Befragung sei unzumutbar gewesen. Eine Nachfrage, ob die vorgelegten Ausweise nur eine Kopie gewesen seien, hätte die Kundenbeziehung erheblich belastet. Eine solche Belastung sei insbesondere deshalb zu erwarten, da die Kunden mit dem Hinweis, sie seien Bestandskunden, gar keine Veranlassung darin gesehen hätten, nochmals Angaben zu machen. Es müsse ferner zwingend zu Lasten der Klägerin gewertet werden, dass es mit allen zumutbaren Ermittlungsmaßnahmen nicht zur Überzeugung des Arbeitsgerichts gelinge, die Unwahrheit der Anschuldigungen zu beweisen. Das Arbeitsgericht habe die Tragweite der Anschuldigungen verkannt. Eine verhaltensbedingte Verdachtskündigung des Herrn T.-La E. sei weiterhin möglich, da das Arbeitsgericht den durch die Anschuldigungen der Klägerin ergebenden Verdacht gegen ihn nicht als ausgeräumt ansehe. Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, warum sich das Verhalten der Klägerin gegenüber einem Vorgesetzten nicht wiederholen könne. Das Arbeitsgericht nehme an, dass eine Wiederholungsgefahr auch deshalb nicht gegeben sei, weil Herr T.-La E. nicht mehr Leiter der Filiale in S. sei. Dabei verkenne es, dass es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung auf den Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung ankomme. Vielmehr sei kein Grund ersichtlich, warum die Klägerin ihr Verhalten mit einem neuen Vorgesetzten nicht wiederholen werde. Ferner habe das Arbeitsgericht nicht in Betracht gezogen, dass die Klägerin durch ihr Vorgehen den Betriebsfrieden in der Filiale S. tiefgreifend gestört und die dortige Arbeitsatmosphäre nachhaltig negativ beeinträchtigt habe. Die Klägerin habe ihr Fehlverhalten zu keinem Zeitpunkt eingeräumt, zeige keinerlei Einsicht und gehe immer noch von einem Fehlverhalten des Herrn T, La-E. aus. Zudem habe das Arbeitsgericht auch nicht berücksichtigt, dass sie – die Beklagte – als Arbeitgeberin zum Schutz ihrer Beschäftigten und damit auch zum Schutz des Herrn T.-La E. verpflichtet sei. Es sei eine so schwere Pflichtverletzung der Klägerin gegeben, die eine Abmahnung nicht erforderlich mache. Eine Abmahnung sei insbesondere nicht ausreichend gewesen. Sowohl die Behauptung im Hinblick auf die Bedrohung mit einer Strafanzeige als auch der Sachverhalt im Rahmen der Anzeige vom 22.03.2010 würden jeweils für sich genommen eine fristlose Kündigung der Klägerin rechtfertigen. Unter Berücksichtigung des planvollen Vorgehens der Klägerin, der bestehenden Wiederholungsgefahr sowie der Schwere der Pflichtverletzung, des Schutzbedürfnisses des Herrn T.-La E. und der bereits erfolgten Abmahnungen der Klägerin könne eine Interessenabwägung nur zulasten der Klägerin erfolgen. Eine weitere Zusammenarbeit mit der Klägerin sei unzumutbar.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 10. November 2010 – 8 Ca 4900/10 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt in erster Linie das angefochtene Urteil und macht unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend geltend:

In Anbetracht der langjährigen Betriebszugehörigkeit sei der Ausspruch der fristlosen Kündigung durch die Beklagte nicht gerechtfertigt. Bereits der Vorwurf der „Drohung mit einer Strafanzeige“ sei ungeeignet, eine solche zu rechtfertigen. Bis zum September 2009 sei das Arbeitsverhältnis bei einer Betriebszugehörigkeit von 29 Jahren beanstandungsfrei verlaufen. Der in Rede stehende Kunde mit Vorfall vom 17.03.2010 sei im System der Beklagten nicht als Bestandskunde geführt worden. Die Stellungnahme des Herrn T.-La E. vom 02.05.2010 spreche davon, dass eine Prüfung und Abfrage der „Mirco“-Datei ergeben habe, dass die Kunden noch nicht erfasst gewesen seien. Korrespondierend hierzu habe Frau L. in ihrer Stellungnahme vom 16.04.2010 formuliert, dass es unumgänglich sei, die Ausweise der Kunden zu erhalten, um eine Geschäftsbeziehung zwischen Bank und Kunde zu errichten. Somit sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen eine Befragung des Kunden zu dem Vorfall unzumutbar gewesen sein solle. Die Beklagte hätte insoweit ohne Weiteres weiter aufklären können. Weiterhin sei ihre Anzeige vom 23.03.2010 nicht, wie von Seiten des Arbeitsgerichts angenommen, zwingend dahingehend auszulegen, dass sie in dieser nicht deutlich gemacht habe, den Vorfall vom 17.03.2010 selbst nicht vollständig gesehen zu haben. Jedenfalls rechtfertige der erhobene Vorwurf auf der Ebene der Interessenabwägung nicht den Ausspruch einer fristlosen Kündigung. In dem seit 29 Jahren bestehenden Arbeitsverhältnis zu der Beklagten sei ein erheblicher Vorrat an Vertrauen entstanden. Zwar sei durch die Abmahnung der Beklagten vom 14.10.2009, welche bis heute Bestand habe, das Vertrauen zu der Beklagten erschüttert, jedoch beeinträchtige dieser Umstand das Vertrauensverhältnis der Parteien nicht wesentlich. Auch sei ihre Äußerung im Rahmen des ehemals geführten Rechtsstreits, sie werde den Filialleiter, Herr T.-La E., „aussitzen“, im Gesamtzusammenhang mit den drei erfolgten Abmahnungen der Beklagten in einem kurzen Zeitraum von einem Monat zu sehen. Die Abmahnungen seien nach zuvor jahrelanger beanstandungsfreier Betriebszugehörigkeit ausgesprochen worden. Sie habe sich dadurch unberechtigt angegriffen gefühlt, so dass die Äußerung als Überreaktion erfolgt sei. Auch sei mit der Aussage des „Aussitzens“ kein zielgerichtetes Vorgehen gegen Herrn T. verbunden gewesen. Zutreffend sei, dass ihre Anzeige vom 23.03.2010 unglücklich formuliert worden sei. Die Anzeige vermöge den Eindruck zu erwecken, dass sie ihren Vorgesetzten bei einem Verstoß gegen die Sicherheitsrichtlinien persönlich beobachtet habe. Tatsächlich sei bei ihr aus der Gesamtsituation heraus dieser Eindruck entstanden, obwohl sie den Vorgang nicht persönlich wahrgenommen habe und sie nicht ausschließen könne, dass während ihrer Pausenabwesenheit der Filialleiter den Ausweis des Kunden noch nachträglich auf seine Echtheit geprüft habe. Dies habe sie im Rahmen des ersten Verfahrens wie auch im Vorfeld der streitgegenständlichen Kündigung immer zum Ausdruck gebracht. Sie habe im Gespräch mit der Beklagten am 02.07.2010 die nicht protokollierten Äußerungen der Vertreter der Beklagten als Drohung mit einer Strafanzeige aufgefasst. Sie habe die Beklagte darum gebeten, ein gemeinsames Gesprächsprotokoll zum Termin vom 02.07.2010 zu erstellen, in dessen Rahmen sie auch gerne bereit sei, den von ihr gewonnenen Eindruck der Drohung mit einer Strafanzeige zu revidieren. Die Beklagte sei darauf jedoch nicht eingegangen. Ihr bereits vor dem Gespräch geäußertes Ansinnen, eine wörtliche Protokollierung des Gesprächs vorzunehmen, sei seitens der Beklagten zurückgewiesen worden. Auch sei in der Übermittlung des Telefaxes vom 05.07.2010 keine Störung des Betriebsfriedens zu sehen. Vielmehr seien die Mitarbeiter bereits durch die zur Aufklärung der Situation am 17.03.2010 geführten Gespräche über die Geschehnisse umfassend informiert gewesen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

Die Berufung der Beklagten, gegen deren Zulässigkeit keinerlei Bedenken bestehen, ist unbegründet. Zu Recht hat die Vorinstanz festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 14.07.2010 weder außerordentlich mit sofortiger Wirkung noch hilfsweise ordentlich zum 31.03.2010 aufgelöst worden ist (vgl. § 4 Satz 1 KSchG i. V. m. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG).

I. Zunächst ist festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 14.07.2010 mit Zugang dieser Kündigung bei der Klägerin aufgelöst worden ist.

1. Nach § 17 Nr. 3 Abs. 1 des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken vom 25.01.2000 i. d. F. vom 22.04.2009 konnte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin, die zum Zeitpunkt des Zugangs der streitbefangenen außerordentlichen Kündigung das 50. Lebensjahr vollendet hatte und dem Betrieb der Beklagten mehr als 10 Jahre ununterbrochen angehörte, nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kündigen. Verwendet ein Tarifvertrag den Begriff des wichtigen Grundes, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Tarifparteien diesen in seiner allgemein gültigen Bedeutung i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB gebraucht haben und nicht anders verstanden wissen wollen (st. Rspr z. B. BAG 12.01.2006 – 2 AZR 242/05 – EzA § 626 BGB 2002 Unkündbarkeit Nr. 9; BAG 02.03.2006 – 2 AZR 53/05 – EzA § 626 BGB 2002 Nr. 18; HessLAG 29.10.2010 – 19 Sa 275/10 – Rdz. 47 juris).

2. Wie auch sonst bei außerordentlichen Kündigungen (z. B. BAG 10.06.2010 – 2 AZR 541/09 – Rdz. 16 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 32; BAG 16.12.2010 – 2 AZR 485/08 – Rdz. 16 juris; APS/Dörner, 3. Aufl. 2007, § 626 BGB Rz. 28-30; KR-Fischermeier, 9. Aufl. 2009, § 626 BGB Rz. 84) hat die Prüfung, ob im konkreten Streitfall ein wichtiger Grund i. S. von § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung vorliegt, in zwei systematisch zu trennenden Abschnitten zu erfolgen. Zunächst ist festzustellen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls „an sich“ geeignet ist, einen wichtigen Kündigungsgrund abzugeben. Dabei genügt allerdings noch nicht die „abstrakte Erheblichkeit“ eines Kündigungssachverhaltes zur Begründung der Unzumutbarkeit. Vielmehr muss bereits auf der ersten Stufe festgestellt werden, ob der an sich zur außerordentlichen Kündigung geeignete Sachverhalt im Streitfall zu einer konkreten Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses geführt hat (BAG 15.11.1984 – 2 AZR 613/83 – EzA § 626 BGB n.F. Nr. 95; BAG 17.03.1988 – 2 AZR 576/87- EzA § 626 BGB n.F. Nr. 116). Erst dann ist auf einer zweiten Stufe zu untersuchen, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Abwägung aller in Betracht kommender Interessen der Arbeitsvertragsparteien jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (st. Rspr., z. B. BAG 10.06.2010 – 2 AZR 541/09 – Rdz. 16, a. a, O.; BAG 16.12.2010 – 2 AZR 485/08 – Rdz. 16 juris, m. w. N.).

a) Allerdings erfolgt in dem Fall, dass die ordentliche Kündigung tarifvertraglich ausgeschlossen ist, die Interessenabwägung im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB im Hinblick darauf, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber bis zum Ablauf der „fiktiven“ Kündigungsfrist, die der für eine ordentliche Kündigung geltenden Kündigungsfrist entspricht, noch zugemutet werden kann (BAG 27.04.2006 – 2 AZR 386/05 – Rdz. 34, EzA § 626 BGB 2002 Unkündbarkeit Nr. 11; LAG Düsseldorf 15.02.2011 – 16 Sa 1016/10 – Rdz. 106 juris; LAG Rheintand-Pfalz 27.03.2009 – 9 Sa 720/08 – Rdz. 20 juris). Bei dieser Prüfung besteht kein hinreichender Anlass, neben dem Alter und der Beschäftigungsdauer die ordentliche Unkündbarkeit des Arbeitnehmers erneut zu dessen Gunsten zu berücksichtigen und damit den ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer besser zu stellen als einen Arbeitnehmer ohne diesen Sonderkündigungsschutz bei entsprechenden Einzelfallumständen und beiderseitigen Interessen (BAG 27.04.2006 – 2 AZR 386/05 – Rdz. 34, a. a. O.).

b) Bei der Prüfung des Kündigungsgrundes an sich ist von großer Bedeutung, dass nach heute überwiegender Ansicht dieser seiner Natur nach zukunftsbezogen ist (z.B. BAG 12.01.2006 – 2 AZR 21/05 – EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 67; BAG 12.01.2006 – 2 AZR 179/05 – EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68; BAG 18.09.2008 – 2 AZR 827/06 – EzA § 626 BGB 2002 Nr. 24; BAG 23.10.2008 – 2 ABR 59/07 – EzA § 626 BGB 2002 Nr. 25). Die verhaltensbedingte Kündigung ist keine Sanktion für Pflichtverletzungen in der Vergangenheit. Vielmehr soll das Risiko künftiger Vertragsverletzungen ausgeschlossen werden. Die eingetretene Pflichtverletzung muss sich auch für die Zukunft noch belastend auswirken (BAG 12.01.2006 – 2 AZR 21/05 – a. a. O.; BAG 12.01.2006 – 2 AZR 179/05 – a. a. O; BAG 18.09.2008 – 2 AZR 827/06 – a. a. O). Eine derartige negative Prognose liegt nur vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde den Arbeitsvertrag auch nach Androhung einer Kündigung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen. Deshalb setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine Abmahnung voraus. Sie dient der Objektivierung der negativen Prognose (BAG 12.01.2006 – 2 AZR 21/05 – EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 67; BAG 12.01.2006 – 2 AZR 179/05 – EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68; BAG 18.09.2008 – 2 AZR 827/06 – a.a.O.). Liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneut seine arbeitsvertraglichen Pflichten, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch künftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen. Die Abmahnung ist insoweit notwendiger Bestandteil des Prognoseprinzips. Sie ist zugleich aber auch Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips (BAG 26.11.2009 – 2 AZR 751/08 – Rdz. 10 juris; BAG 10.06.2010 – 2 AZR 541/09 – Rdz. 35, EzA § 626 BGB 2002 Nr. 32). Eine vorherige Abmahnung ist allerdings unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausnahmsweise entbehrlich, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft trotz Abmahnung nicht erwartet werden kann (BAG 18.05.1994 – 2 AZR 626/93 – EzA § 611 BGB Abmahnung Nr. 31; BAG 12.01.2006 – 2 AZR 21/05 – EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 67) oder es sich um eine schwere Pflichtverletzung handelt, deren Rechtswidrigkeit dem Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist und bei der eine Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich – für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (st. Rspr., z. B. BAG 12.05,2010 – 2 AZR 845/08 – Rdz. 29, EzA § 626 BGB 2002 Nr. 21; BAG 10.06.2010 – 2 AZR 541/09 – Rdz. 37, a. a. O.).

3. Die Kammer hat bereits Bedenken, ob bezüglich der Äußerungen der Klägerin hinsichtlich des Verhaltens des Leiters der Filiale der Beklagten in S., Herrn T.-La E., am 17.03.2010 im Zusammenhang mit der Kontrolle von zwei Personalausweisen eines Kunden und einer Kundin, die er an diesem Tag betreut hat, ein an sich geeigneter wichtiger Grund i. S. von § 17 Nr. 3 Abs. 1 des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken bzw. von § 626 Abs. 1 BGB vorliegt.

a) Allerdings können nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grobe Beleidigungen des Arbeitgebers und/oder seiner Vertreter und Repräsentanten, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten, einen gewichtigen Verstoß gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers (§ 241 Abs. 2 BGB) darstellen und eine außerordentliche fristlose Kündigung an sich rechtfertigen. Entsprechendes gilt für bewusst wahrheitswidrig aufgestellte Tatsachenbehauptungen, etwa wenn sie den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen. Der Arbeitnehmer kann sich dafür nicht auf sein Recht zur freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen (BAG 10.12.2009 – 2 AZR 534/08 – Rdz. 17, EzA § 626 BGB 2002 Nr. 29; vgl. auch Hess.LAG 14.09.2010 – 3 Sa 243/10 – Rdz. 34 juris). Dieses Grundrecht schützt weder Formalbeleidigungen und Schmähungen, noch bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen (vgl. BVerfG 10.11.1998 – 1 BvR 1476/91 – juris). Es ist nicht schrankenlos gewährleistet. Die Meinungsfreiheit wird insbesondere durch das Recht der persönlichen Ehre gemäß Art. 5 Abs. 2 GG beschränkt und muss mit diesem in ein ausgeglichenes Verhältnis gebracht werden. Zwar können Arbeitnehmer unternehmensöffentlich Kritik am Arbeitgeber und den betrieblichen Verhältnissen üben und sich ggf. auch überspitzt oder polemisch äußern. Im groben Maß unsachliche Angriffe, die zur Untergrabung der Position eines Vorgesetzten führen können, muss der Arbeitgeber aber nicht hinnehmen. Schon die erstmalige Ehrverletzung kann kündigungsrelevant sein und wiegt umso schwerer, je überlegter sie erfolgte (BAG 10.12.2009 – 2 AZR 534/08 – Rdz. 17, a.a.O.; vgl. auch BAG 10.10.2002 – 2 AZR 418/01 – EzA § 626 BGB 2002 Unkündbarkeit Nr. 1).

b) Die Bedenken der Kammer gegen eine die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten tragende bewusst wahrheitswidrige Tatsachenbehauptung der Klägerin in ihrem Schreiben vom 22.03.2010 ergeben sich aus den nachfolgenden Gesichtspunkten.

aa) Zwar hat die Klägerin in ihrem Schreiben vom 22.03.2010 Herrn T.-La E. einen „eklatanten Verstoß“ gegen die Sicherheitsrichtlinien der Beklagten und gegebenenfalls gegen gesetzliche Richtlinien im Zusammenhang mit der Kontrolle zweier Personalausweise am 17.03.2010 vorgeworfen, was losgelöst von den Umständen des Streitfalles eine üble Nachrede gegenüber Herrn T.-La D… darstellen mag. Jedoch ist dem Schreiben entgegen der Auffassung der Beklagten unschwer zu entnehmen, dass dieser Vorwurf nicht auf eigener Wahrnehmung der Klägerin, sondern auf Mitteilung der mit dem Fall am 17.03.2010 zuerst befassten Kollegin, nämlich Frau L., beruhte. Dies folgt zum Einen aus der Angabe auf Seite 2 des Schreibens „letzteres durch Aussage der mit dem Fall befassten Kollegin“, was sich offensichtlich auf den zuvor mit Fettdruck verfassten Satz „der Zweigstellenleiter kopierte die Kopie und soll eigenhändig den Vermerk aufgeschrieben haben, das Original habe vorgelegen“ bezieht. Zum Anderen hat sich die Klägerin zur möglicherweise notwendigen Befragung ausdrücklich auf das Zeugnis der Kollegin L. berufen. Dass zumindest ein Ausweis, nämlich der der Kundin, Auffälligkeiten aufwies und der Kunde sich bei dem Versuch von Frau L., diesen Ausweis unauffällig zu kontrollieren, ungebührlich benahm, ist der von Frau L. am 16.04.2010 gefertigten Stellungnahme zu dem Vorfall am 17.03.2010 zu entnehmen. Aus dem Schreiben von Frau L. folgt weiterhin, dass Herr T.-La E. die Kunden von ihr – Frau L. – übernahm. Aus der Stellungnahme von Herrn T.-La E. wusste die Beklagte, dass dieser die Personalausweise beider Eheleute kontrolliert und die Originale unter die UV-Lampe am Kassenbereich gehalten hat.

bb) Letzte Klarheit für die Beklagte, dass weder Frau L. noch die Klägerin aus eigener Wahrnehmung angeben konnten, dass Herr T.-La E, die von ihm behauptete Kontrolle nicht durchgeführt hat, ergaben sich aus der E-Mail von Frau L. vom 25.06.2010 und aus dem Schreiben der Klägerin vom 04.07.2010, in dem sie als „Gedächtnisprotokoll“ den Inhalt des mit ihr am 02.07.2010 geführten Gesprächs wiedergibt. Dort führt sie auf Seite 2 aus: „Die Unterzeichnerin wurde befragt, wie sie dazu käme, einen Ausweis als falsch überhaupt erkennen zu können. Sie antwortete, dass jede Zweigstelle eine Prüfmaschine habe und bei Verdacht das bankinterne elektronische Expertensystem zu Rate gezogen werden könne. Beides unterblieb in der besagten Zeit, solange Fr. L. anwesend war.“ Damit musste der Fall bezüglich der Frage, ob die Klägerin mit eigenen Augen gesehen hatte, dass Herr T.-La E. die Personalausweise der Kunden (nicht) kontrolliert hat, abgeschlossen sein. Restliche Zweifel an der tatsächlichen Wahrnehmung der Klägerin im Zusammenhang mit der von Herrn T.-La E. am 17.03.2010 vorgenommenen Ausweiskontrolle hätte die Beklagte nur durch eine persönliche Gegenüberstellung der Klägerin mit Herrn T.-La E. im Gespräch mit ihr am 02.07.2010 oder später ausräumen können, Eine solche ist jedoch gerade unterblieben.

cc) Im übrigen ist die Beklagte darauf hinzuweisen, das, selbst wenn man ihr folgt und der Klägerin anlastet, sie habe in dem Gespräch vom 02.07.2010 Herrn L. ohne jede Einschränkung bestätigt, dass sie an der Anschuldigung gegenüber Herrn T.-La E. festhalte, ihre Aussage gegen diejenige von Herrn T.- La E. stände. Um den Wahrheitsgehalt der Äußerungen der Klägerin und des Herrn T.-La E. mit Sicherheit herauszufinden, hätte sich die Beklagte unbedingt an die Kunden wenden müssen, von denen die am 17.03.2010 in der S. Filiale der Beklagten vorgelegten Personalausweise stammten. Dies hätte sie im Übrigen vor Ausspruch einer Verdachtskündigung gegen Herrn T.-La E., die sie, da ihrer Meinung nach die Vorinstanz den sich durch die Anschuldigungen der Klägerin ergebenden Verdacht gegen Herrn T.-La E. als nicht ausgeräumt ansehen hat, für möglich hält (so Berufungsbegründung, Seite 8 unter 3.2), aufgrund der ihr obliegenden umfassenden Aufklärungspflicht im Zusammenhang mit einer Verdachtskündigung (vgl. hierzu z. B. BAG 12.05.2010 – 2 AZR 587/08 – Rdz. 27, EzA § 15 KSchG n. F. Nr. 67; BAG 25.11.2010 – 2 AZR 801/09 – Rdz. 16, EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 9) in jedem Fall machen müssen. Insofern kann von einer Unzumutbarkeit der Befragung der Kunden, die am 17.03.2010 durch Herrn T.-La E. betreut wurden, keine Rede sein. Auch wenn es sich selbst aus Sicht der Beklagten um „schwierige“ Kunden gehandelt hat, ist es nicht ausgeschlossen, dass diese, nachdem die Beklagte ihnen den Grund für die Befragung erläutert hätte, sich auskunftsbereit gezeigt hätten. Im Übrigen hat die Beklagte die von ihr angenommene Unzumutbarkeit nicht näher begründet.

4. Aber selbst wenn man zugunsten der Beklagten annehmen würde, es läge ein an sich geeigneter wichtiger Grund i. S. von § 626 Abs. 1 BGB hinsichtlich der hier in Rede stehenden Anschuldigungen gegenüber Herrn T.-La E. vor, hätte die Beklagte nicht den dem Kündigungsschutzrecht innewohnenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. hierzu z.B. BAG 05.11.2009 – 2 AZR 609/08 – Rdz, 17, EzA § 626 BGB 2002 Nr. 28; BAG 10.06.2010 – 2 AZR 541/09 – Rdz. 35, EzA § 626 BGB 2002 Nr. 32) beachtet.

a) Zum Einen hätte sie, wie bereits erwähnt, zu dem Gespräch vom 02.07.2010 auch Herrn T.-La E. laden müssen. Dann hätte sie ihn und die Klägerin mit ihren jeweiligen Aussagen persönlich konfrontieren können. Da, wie die Beklagte selbst eingeräumt hat, weder die Klägerin noch Dritte in der Lage waren, die von Herrn T.-La E. vorgenommene Kontrolle der Personalausweise der von ihm betreuten Kunden wahrzunehmen, hätte sie am 02.07.2010 Gelegenheit gehabt, die Klägerin, gegebenenfalls durch Androhung einer außerordentlichen Kündigung, auffordern können, ihre Äußerungen in ihrem Schreiben vom 22.03.2010 gegenüber Herrn T.-La E. zurück zu nehmen und sich hierfür zu entschuldigen.

b) Zum Anderen hätte die Beklagte, bevor sie die streitbefangene außerordentliche fristlose Kündigung gegenüber der Klägerin aussprach, prüfen müssen, ob sie nicht durch deren Versetzung in ihren ursprünglichen, bis zum 30.11.2006 innegehabten Bezirk, auf den sie offensichtlich Wert legte (vgl. E-Mail der Klägerin vom 28.06.2010 an Herrn T.), die auch von der Beklagten erkannten beruflichen Probleme der Klägerin im Umgang mit Herrn T.-La E., auf denen auch nach dem Vortrag der Beklagten die Abmahnungen vom 09.09,2009, 14.10.2009 und 14.10.2009 beruhten (vgl. Berufungsbegründung, Seite 5), für die Zukunft hätte beseitigen können. Ist ein Kündigungsgrund arbeitsplatzbezogen, geht die mögliche Versetzung auf einen freien Arbeitsplatz der Kündigung vor, wenn die begründete Aussicht besteht, dass der Arbeitnehmer unter den veränderten Verhältnissen, hier unter einem neuen Vorgesetzten, die Anforderungen vertragsgemäß erfüllen wird (vgl. Hess.LAG 08.03.2010 – 16 Sa 1280/09 – Rdz. 27 juris; KR-Fischermeier, 9. Aufl. 2009, § 626 BGB Rdz. 291; vgl. auch BAG 26.11.2009 – 2 AZR 272/08 – Rdz. 36, EzA § 626 BGB 2002 Unkündbarkeit Nr. 16). Augenscheinlich hat die Beklagte selbst die Konsequenzen aus den in der Filiale S. bestehenden Personalproblemen dadurch gezogen, dass sie Herrn T.-La E. nach der streitbefangenen außerordentlichen Kündigung aus der S. Filiale genommen hat. Gerade dieser Umstand spricht dafür, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nach einer Versetzung der Klägerin in ihren angestammten oder einen anderen Bezirk hätte ungestört fortgesetzt werden können. Insbesondere im Fall eines tariflich unkündbaren Arbeitnehmers kommt der Verpflichtung des Arbeitgebers, die Kündigung wenn möglich durch andere Maßnahmen abzuwenden, eine besondere Bedeutung zu (BAG 26.11.2009 – 2 AZR 272/08 – Rdz. 35, a.a.O.), sodass auch unter diesem Gesichtspunkt – wie von der Vorinstanz, wenn auch in anderem Zusammenhang, zu Recht angenommen – die zwischen der Klägerin und Herrn T.-La E. in der Vergangenheit entstandenen Querelen für die Zukunft hätten beseitigt werden können bzw. nunmehr – nach der Versetzung von Herrn T.-La E. – beseitigt sind.

5. Hinsichtlich des Vorwurfs, die Klägerin habe zu Unrecht behauptet, ihr sei eine Strafanzeige wegen übler Nachrede angedroht worden, ist die Kammer der Auffassung, dass sich die Beklagte hierauf als an sich geeigneten wichtigen Grund i.S. von § 17 Nr. 3 Abs. 1 des hier anwendbaren Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken bzw. § 626 Abs. 1 BGB im Streitfall für eine außerordentliche fristlose Kündigung nicht berufen kann.

a) Herr L., Director AR Labour Relations der Beklagten, hat in seiner E-Mail vom 06.07.2010 geschrieben: „Diese Behauptung ist falsch. Ich habe lediglich gesagt, dass ich Ihr Verhalten als üble Nachrede werten würde und dass dies arbeitsrechtliche Konsequenzen haben würde. Von einer Strafanzeige haben wir zu keinem Zeitpunkt gesprochen.“ Die Vorinstanz hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein Missverständnis der Klägerin vorliege, ohne dies allerdings näher zu erläutern. Die erkennende Kammer hält ein Missverständnis der Klägerin deshalb für möglich, weil üble Nachrede ein Straftatbestand (vgl. § 186 StGB) ist, so dass die Klägerin aus der Wertung ihres Verhaltens durch Herrn L. geschlossen haben kann, die Beklagte bzw. Herr L. habe ihr (konkludent) die Erstattung einer Strafanzeige angedroht.

b) Für das hier zugunsten der Klägerin angenommene Missverständnis spricht im Übrigen der Umstand, dass sie bereits knapp zwei Stunden nach der E-Mail von Herrn L. hierauf am 06.07.2010 u. a, wie folgt erwidert hat: „Üble Nachrede ist ein Straftatbestand nach § 186 StGB. Sie haben das auch durch Wahl Ihrer Worte in diese Wertung gebracht. Ob expressis verbis ein Verfahren angekündigt wurde, sei dahingestellt. Bei Straftaten muss der Täter mit Verfolgung rechnen. Der Vorwurf dieses Straftatbestandes ist gegen meine Person ergangen.“ Im Hinblick darauf, dass die Klägerin sich in ihrer E-Mail zugleich für den Fall, dass Herrn L. einzelne Darstellungen in ihrem „Gedächtnisprotokoll“ vom 04.07.2010 – betreffend das Gespräch am 02.07.2010, das die Klägerin mit E-Mail vom 05.07.2010 u. a. an Herrn L. versandt hatte – in der Sache oder der Tendenz als falsch erscheinen würden, bereit erklärt hat, diese nach Klärung mit den Gesprächsbeteiligten gerne zu revidieren, fehlt es dem der Klägerin gemachten Vorwurf der Beklagten jedenfalls an der Schärfe, wie sie vielleicht ursprünglich von der Beklagten aufgrund der Angaben der Klägerin in ihrem „Gedächtnisprotokoll“ zu Recht angenommen wurden.

6. Nach der vorerwähnten Bereitschaftserklärung der Klägerin hätte es in jedem Fall dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprochen, die von der Beklagten beanstandete Äußerung der Klägerin in ihrem „Gedächtnisprotokoll“ zum Anlass für eine Abmahnung zu nehmen. Im Übrigen ist nicht erkennbar, wieso die Beklagte bzw. Herr L. nicht auf das Angebot der Klägerin, mit ihr und den am Gespräch vom 02.07.2010 Beteiligten einen erneuten Gesprächstermin zu bestimmen, um das auf Seiten der Klägerin entstandene Missverständnis hinsichtlich ihrer seitens der Beklagten vorgeworfenen Äußerung, diese bzw. Herr L. habe eine Strafanzeige angekündigt bzw. mit dieser gedroht, auszuräumen, eingegangen ist. Stattdessen hat Herr L. die Klägerin auch mit seiner zweiten E-Mail vom 06.07.2010, abgesandt 14:12 Uhr, aufgefordert, bis 18:00 Uhr am gleichen Tag die ihr vorgeworfene Behauptung zu widerrufen, ohne dass hierfür ein derartiger Zeitdruck zu erkennen ist.

7. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Beklagte die von ihr behauptete „tiefgreifende“ Störung des Betriebsfriedens in ihrer S. Filiale in Folge des der Klägerin vorgeworfenen Verhaltens nicht näher erläutert hat. Insbesondere hat sie nicht angegeben, worin im Einzelnen diese Störung bestand. Im Übrigen hätte jedenfalls der etwa gestörte Betriebsfrieden in der S. Filiale der Beklagten durch die bereits angesprochene Versetzung der Klägerin in ihren ursprünglichen Bezirk wiederhergestellt werden können.

II. Zu Recht hat die Vorinstanz auch angenommen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die hilfsweise von der Beklagten mit Schreiben vom 14.07.2010 ausgesprochene außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist zum 31.03.2011 aufgelöst worden ist.

1. Zwar ist die Kündigung als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung grundsätzlich bedingungsfeindlich (vgl. nur BAG 15.03.2001 – 2 AZR 705/99 – AP Nr. 26 zu § 626 BGB Bedingung). Zulässig ist jedoch eine sog. vorsorgliche Kündigung, wie sie im Arbeitsleben gewöhnlich für den Fall ausgesprochen wird, dass die mit ihr erstrebte Rechtsfolge nicht schon zuvor oder zeitgleich durch einen anderen Auflösungstatbestand, z. B. durch eine außerordentliche fristlose Kündigung, bewirkt wird (BAG 11.03.1998 – 2 AZR 325/97 – n. v.; BAG 24.11.2005 – 2 ABR 55/04 – EzA § 103 BetrVG 2001 Nr. 5). Hierbei handelt es sich um eine zulässige Rechtsbedingung, da die hilfsweise ausgesprochene Kündigung von der bereits beim Zugang der Kündigungserklärung bestehenden Rechtslage ausgeht (BAG 27.03.1987 – 7 AZR 527/85 – AP Nr. 29 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; BAG 03.04.2008 – 2 AZR 500/06 – EzA § 2 KSchG Nr. 70).

2. Im Hinblick auf den tariflichen Ausschluss der ordentlichen Kündigung gegenüber der Klägerin kommt es für die Frage der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung mit der von der Beklagten gewählten, der „fiktiven“ Frist für eine ordentliche Kündigung entsprechenden Auslauffrist (vgl. § 17 Nr. 1 Abs. 2 Satz 1 mit Satz 2 des hier anwendbaren Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken) darauf an, ob ihr die Weiterbeschäftigung der Klägerin notfalls bis zu ihrer Pensionierung zumutbar ist oder nicht.

a) Eine solche Auslauffrist dient der Vermeidung von Wertungswidersprüchen in dem Fall, dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers bis zum Pensionsalter unzumutbar ist und deshalb ein wichtiger Grund zur Kündigung vorliegt, bei ordentlicher Kündbarkeit aber nur eine fristgemäße Kündigung zulässig wäre. Eine solche Möglichkeit ist auch bei einer verhaltensbedingten Kündigung zu prüfen (BAG 12.08.1999 – 2 AZR 923/98 – EzA § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 8; BAG 08.06.2000 – 2 AZR 638/99 – EzA § 626 BGB n. F. Nr. 182).

b) Dabei kann sich im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung die „Unkündbarkeit“ nach Auffassung des BAG im Einzelfall zu Gunsten oder zu Ungunsten des Arbeitnehmers auswirken (BAG 14.11.1984 – 7 AZR 474/83 – EzA § 626 BGB n. F. Nr. 93; vgl. auch BAG 13.04.2000 – 2 AZR 259/99 – EzA § 626 BGB n. F. Nr. 180; BAG 21.06.2001 – 2 AZR 30/00 – EzA § 626 BGB n. F. Unkündbarkeit Nr. 7; LAG Düsseldorf 15.02.2011 – 16 Sa 1016/10 – Rdz. 106 juris). Welche Betrachtungsweise im Einzelfall den Vorrang verdient, ist insbesondere unter Beachtung des Sinns und Zwecks des tariflichen Ausschlusses der ordentlichen Kündigung wie unter Berücksichtigung der Art des Kündigungsgrunde zu entscheiden (BAG 14.11.1984 – 7 AZR 474/83 – a. a. O.). Bei einmaligen Vorfällen ohne Wiederholungsgefahr wirkt sich die längere Vertragsbindung zu Gunsten des Arbeitnehmers aus. Bei Dauertatbeständen oder Vorfällen mit Wiederholungsgefahr kann die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber über die „fiktive“ Kündigungsfrist hinaus wegen des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung u. U. eher unzumutbar sein als bei einem ordentlich kündbaren Arbeitnehmer (BAG 21.06.2001 – 2 AZR 30/00 – a. a. O.). Insgesamt ist im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB ein besonders strenger Prüfungsmaßstab anzulegen (BAG 13.04.2000 – 2 AZR 259/99 – EzA § 626 BGB n. F. Nr. 180; BAG 08.06.2000 – 2 AZR 638/99 – a.a.O.). Nichts anderes kann für § 17 Nr. 3 Abs. 1 des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken gelten.

3. Unter Beachtung dieser Ausführungen ist die von der Beklagten am 14.07.2010 hilfsweise ausgesprochene außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist zum 31.03.2011 unwirksam. Zum Einen fehlt, wie zur außerordentlichen fristlosen Kündigung dargestellt, ein an sich geeigneter wichtiger Grund i.S. von § 17 Nr. 3 Abs. 1 des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken bzw. i.S. von § 626 Abs. 1 BGB. Zum Anderen verstößt die streitbefangene außerordentliche Kündigung, wie ebenfalls zur außerordentlichen Kündigung im Einzelnen dargelegt, gegen den im Kündigungsschutzrecht allgemein geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG.

Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zugemessen und deshalb die Revision an das Bundesarbeitsgericht gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

 

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