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Kündigung Geschäftsführer – § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG Kündigungsschutz

Was passiert, wenn ein Geschäftsführer auf Basis seines alten Arbeitsvertrags angestellt ist, aber die Firma in die Insolvenz gerät und er gekündigt wird? Diese ungewöhnliche Konstellation stand im Zentrum eines Rechtsstreits. Die Hoffnung auf umfassenden Arbeitnehmerschutz zerschlug sich jedoch trotz des Arbeitsvertrags – mit weitreichenden Folgen.

Übersicht:

Zum vorliegenden Urteil Az.: 16 Sa 522/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen)
  • Datum: 25.03.2022
  • Aktenzeichen: 16 Sa 522/21
  • Verfahrensart: Urteil
  • Rechtsbereiche: Kündigungsschutz, Betriebsübergang, Insolvenzrecht, GmbH-Recht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein ehemaliger Arbeitnehmer und späterer Geschäftsführer der insolventen A GmbH. Er wehrte sich gegen seine Kündigung und wollte feststellen lassen, dass sein Arbeitsverhältnis auf ein anderes Unternehmen übergegangen sei und fortbestehe.
  • Beklagte: Der Insolvenzverwalter der insolventen A GmbH und ein Unternehmen, auf das der Betrieb der A GmbH übergegangen sein soll. Beide hielten die Kündigung für wirksam und bestritten, dass das Arbeitsverhältnis auf das andere Unternehmen übergegangen sei oder fortbestehe.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Ein Mann war zunächst Arbeitnehmer, dann Geschäftsführer einer GmbH. Über die GmbH wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter kündigte das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers kurz nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und im Zusammenhang mit einem möglichen Betriebsübergang. Der Mann legte sein Geschäftsführeramt am selben Tag nieder, aber nach Zustellung der Kündigung.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob die Kündigung wirksam war. Es ging darum, ob der Geschäftsführer Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz oder Schutz vor einer Kündigung wegen eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB hatte, obwohl er im Zeitpunkt der Kündigung noch Geschäftsführer war und sein Anstellungsverhältnis auf seinem ursprünglichen Arbeitsvertrag beruhte.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Landesarbeitsgericht gab den Beklagten Recht, änderte das Urteil der Vorinstanz ab und wies die Klage des Klägers in vollem Umfang ab. Die Kündigung wurde somit als wirksam angesehen.
  • Begründung: Das Gericht stellte fest, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch Geschäftsführer und somit Organvertreter der GmbH war. Als solcher fiel er nach dem Kündigungsschutzgesetz nicht unter den allgemeinen Kündigungsschutz, selbst wenn sein Anstellungsverhältnis ursprünglich ein Arbeitsvertrag war. Auch der Schutz bei Betriebsübergang nach § 613a BGB war auf sein Anstellungsverhältnis als Geschäftsführer nicht anwendbar. Die Niederlegung des Geschäftsführeramtes nach Zustellung der Kündigung änderte nichts an der Wirksamkeit der Kündigung.
  • Folgen: Die Kündigung des Anstellungsverhältnisses war wirksam. Das Anstellungsverhältnis endete zu dem im Kündigungsschreiben genannten Datum. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Fall vor Gericht


Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers in der Insolvenz: Kein Kündigungsschutz nach KSchG und § 613a BGB trotz Arbeitsvertrags

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat in einem Urteil vom 25. März 2022 (Az.: 16 Sa 522/21) entschieden, dass die Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers, dessen Anstellung auf einem ursprünglichen Arbeitsvertrag basierte, auch im Kontext einer Insolvenz und eines möglichen Betriebsübergangs wirksam sein kann.

Übergabe eines offiziellen Briefumschlags durch Insolvenzverwalter an Geschäftsführer im Büro, symbolisiert Kündigung bei GmbH-Rechtsstreit.
Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers: Betriebsübergang, Kündigungsschutz nach § 613a BGB & § 14 KSchG im Fokus. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Entscheidend war, dass der Geschäftsführer zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs noch im Amt war und daher nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) vom allgemeinen Kündigungsschutz ausgenommen ist. Auch der besondere Schutz bei Betriebsübergängen nach § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) fand nach Ansicht des Gerichts keine Anwendung.

Ausgangslage: Langjähriger Mitarbeiter wird Geschäftsführer auf Basis seines Arbeitsvertrags in insolventer GmbH

Ein Mann war seit dem 1. September 2000 bei einer GmbH, die Logistikdienstleistungen erbrachte, auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages beschäftigt. Im Dezember 2013 wurde er zum Geschäftsführer dieser GmbH bestellt. Wichtig hierbei ist, dass kein separater Geschäftsführerdienstvertrag abgeschlossen wurde. Stattdessen bildete der ursprüngliche Arbeitsvertrag weiterhin die Basis für seine Tätigkeit als Geschäftsführer. Dies wurde sogar in einer Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag im Dezember 2017 ausdrücklich bestätigt. Zuletzt verdiente der Mann als Geschäftsführer durchschnittlich 9.482,89 Euro brutto im Monat.

Die GmbH, deren alleinige Gesellschafterin eine niederländische Firma war, nutzte angemietete Lagerflächen von rund 6.000 Quadratmetern und beschäftigte neben dem Geschäftsführer zuletzt 11 Arbeitnehmer und 2 Auszubildende. Die wirtschaftliche Lage verschlechterte sich jedoch. Nachdem über das Vermögen der niederländischen Muttergesellschaft am 3. Oktober 2019 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, folgte am 14. Oktober 2019 auch die Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens über das Vermögen der deutschen GmbH. Ein Rechtsanwalt wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Der Geschäftsbetrieb wurde zunächst fortgeführt. Ab Mitte Dezember 2019 arbeitete die GmbH auch für eine neu gegründete Gesellschaft, die wesentliche Betriebsmittel der früheren Konzerngesellschaften übernommen hatte und zu einer Unternehmensgruppe gehörte, zu der auch eine weitere Firma zählte, die später im Rechtsstreit als potenzielle Betriebserwerberin eine Rolle spielte.

Streitpunkt: Kündigung durch Insolvenzverwalter und Streit um Betriebsübergangsschutz für Geschäftsführer

Am 15. Januar 2020, um 09:41 Uhr, eröffnete das Amtsgericht Münster das reguläre Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH und bestellte den bisherigen vorläufigen Verwalter zum endgültigen Insolvenzverwalter. Gleichzeitig sah der Gerichtsbeschluss vor, dass die Gläubiger über einen Verkauf des gesamten beweglichen Anlage- und Umlaufvermögens an die bereits erwähnte Firma aus der neuen Unternehmensgruppe entscheiden sollten.

Noch am selben Tag, dem 15. Januar 2020, kündigte der Insolvenzverwalter dem Geschäftsführer dessen Arbeitsverhältnis – und vorsorglich auch ein eventuell bestehendes Geschäftsführeranstellungsverhältnis – zum 30. April 2020. Gleichzeitig stellte er den Geschäftsführer unwiderruflich von der Arbeit frei. Das Kündigungsschreiben erhielt der Geschäftsführer am Vormittag des 16. Januar 2020. Nur wenige Stunden später, am Nachmittag desselben Tages (14:56 Uhr), erklärte der Geschäftsführer per E-Mail, dass er sein Amt als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung niederlege. Gleichzeitig bot er dem Insolvenzverwalter seine Arbeitskraft auf Basis seines – aus seiner Sicht fortbestehenden – Arbeitsverhältnisses an.

Am 5. Februar 2020 reichte der gekündigte Geschäftsführer Klage beim Arbeitsgericht Rheine ein. Er wollte gerichtlich feststellen lassen, dass die Kündigung durch den Insolvenzverwalter unwirksam ist. Außerdem beantragte er die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis nicht am 30. April 2020 endet, sondern seit dem 28. Januar 2020 – dem Zeitpunkt eines aus seiner Sicht stattgefundenen Betriebsübergangs – mit der Firma fortbesteht, die das Vermögen kaufen sollte (die potenzielle Käuferin). Er argumentierte, der Betriebsübergang habe stattgefunden, da die Käuferin die Schlüssel erhalten, neue Mietverträge abgeschlossen, Betriebsmittel erworben und einen Teil der Belegschaft übernommen habe.

Seine zentrale Argumentation war, dass die Kündigung gegen das Kündigungsverbot bei Betriebsübergang gemäß § 613a Abs. 4 BGB verstoße. Sie sei nur ausgesprochen worden, weil die potenzielle Käuferin ihn nicht übernehmen wollte. Sein Geschäftsführeramt habe er wirksam niedergelegt, bevor der Betriebsübergang stattgefunden habe. Auch als Geschäftsführer falle er unter den Schutz des § 613a BGB, da sein Anstellungsverhältnis ja auf einem Arbeitsvertrag beruhte.

Der Insolvenzverwalter und die potenzielle Käuferin (die beiden Beklagten im Prozess) beantragten die Abweisung der Klage. Sie hielten die Kündigung für wirksam. Ihr Hauptargument: Der Mann war zum Zeitpunkt, als er die Kündigung erhielt, noch amtierender und im Handelsregister eingetragener Geschäftsführer. Als solcher sei er ein sogenannter Organvertreter und falle daher gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht unter den allgemeinen Kündigungsschutz. Auch der Zeitpunkt des behaupteten Betriebsübergangs ändere daran nichts. Zudem habe gar kein Betriebsübergang stattgefunden; der Insolvenzverwalter habe vielmehr den Betrieb stillgelegt. Selbst wenn es einen Betriebsübergang gegeben hätte, sei das Arbeitsverhältnis ohnehin bereits gekündigt gewesen und wäre nur im gekündigten Zustand auf die Käuferin übergegangen. Schließlich argumentierten sie, dass ein Geschäftsführer generell nicht unter den Schutz des § 613a BGB falle.

Das Arbeitsgericht Rheine gab in erster Instanz dem gekündigten Geschäftsführer Recht. Es sah durchgehend ein Arbeitsverhältnis als gegeben an, das durch die Geschäftsführerbestellung nicht beendet worden sei. Daher könne sich der Mann auf § 613a Abs. 4 BGB berufen, der auch das Arbeitsverhältnis eines Geschäftsführers schütze. Das Gericht sah zudem einen Betriebsübergang auf die Käuferin als erfolgt an. Gegen dieses Urteil legten der Insolvenzverwalter und die Käuferin Berufung beim Landesarbeitsgericht Hamm ein.

Entscheidung des LAG Hamm: Kündigung wirksam, kein Schutz für Geschäftsführer nach KSchG oder § 613a BGB

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm kam zu einem gegenteiligen Ergebnis. Es änderte das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine ab und wies die Klage des Geschäftsführers vollständig ab. Die Kosten des gesamten Rechtsstreits wurden dem Geschäftsführer auferlegt. Das Gericht ließ jedoch die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu, da der Fall grundsätzliche Bedeutung hat.

Begründung 1: Kein Kündigungsschutz nach KSchG für Organmitglieder (§ 14 KSchG) zum Kündigungszeitpunkt

Das LAG Hamm stellte klar, dass der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz für den Geschäftsführer nicht galt. Gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG finden die Schutzvorschriften des KSchG keine Anwendung auf Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung einer juristischen Person (wie einer GmbH) berufen ist. Ein GmbH-Geschäftsführer ist ein solches Organmitglied.

Entscheidend ist dabei allein die Organstellung zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung. Der Geschäftsführer erhielt die Kündigung am Vormittag des 16. Januar 2020. Zu diesem Zeitpunkt war er unstreitig noch als Geschäftsführer bestellt und im Handelsregister eingetragen. Seine Amtsniederlegung erklärte er erst am Nachmittag desselben Tages. Dieser spätere Wegfall der Organstellung ist für den Kündigungsschutz nach § 14 KSchG unbeachtlich.

Das Gericht betonte, dass § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG eine Art Fiktion enthält: Ist jemand im Kündigungszeitpunkt Geschäftsführer, ist es unerheblich, ob der zugrunde liegende Vertrag rechtlich als Arbeitsvertrag oder als freier Dienstvertrag einzuordnen ist. Der Ausschluss vom Kündigungsschutz knüpft allein an die formale Organstellung an. Europarechtliche Vorgaben stünden dem nicht entgegen, da der Kündigungsschutz nach dem KSchG nationales Recht sei.

Eine Ausnahme gäbe es nur, wenn neben dem Vertrag, der die Basis für die Geschäftsführertätigkeit bildet, noch ein weiteres, möglicherweise ruhend gestelltes Arbeitsverhältnis bestanden hätte. Dies war hier aber nicht der Fall. Es gab nur den ursprünglichen Arbeitsvertrag aus dem Jahr 2000, der durch die Geschäftsführerbestellung nicht beendet oder ruhend gestellt, sondern vielmehr zur Grundlage der Geschäftsführertätigkeit gemacht wurde. Somit war genau dieser Arbeitsvertrag das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis. Dessen Kündigung bedurfte wegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG keiner sozialen Rechtfertigung nach § 1 KSchG.

Begründung 2: Betriebsübergangsschutz (§ 613a BGB) gilt nicht für Geschäftsführer-Anstellungsverhältnisse

Das Gericht prüfte sodann, ob die Kündigung möglicherweise wegen Verstoßes gegen § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam war. Diese Vorschrift verbietet Kündigungen wegen eines Betriebsübergangs. Sie dient der Umsetzung einer EU-Richtlinie (2001/23/EG), die den Schutz von Arbeitnehmern bei einem Inhaberwechsel sicherstellen soll.

Das LAG Hamm entschied jedoch, dass § 613a BGB auf das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers nicht anwendbar ist, und zwar weder direkt noch entsprechend (analog). Die Richter folgten hierbei der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 13. Februar 2003 – 8 AZR 654/01).

Die Begründung: § 613a Abs. 4 BGB soll verhindern, dass Arbeitnehmer durch einen Betriebsübergang den Kündigungsschutz verlieren, der ihnen ansonsten zustehen würde. Er soll also einen bestehenden Schutz aufrechterhalten, aber keinen neuen Schutz begründen. Da der Geschäftsführer aber wegen seiner Organstellung gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG ohnehin keinen allgemeinen Kündigungsschutz genoss, würde die Anwendung von § 613a Abs. 4 BGB ihm einen Schutz verschaffen, den er ohne den Betriebsübergang nicht hätte. Dies wäre eine Besserstellung, die dem Zweck der Norm widerspricht.

Diese Überlegung gilt nach Ansicht des LAG Hamm auch dann, wenn das dem Geschäftsführeramt zugrunde liegende Verhältnis – wie hier – materiell ein Arbeitsverhältnis ist. Auch ein „Arbeitnehmer-Geschäftsführer“ ist nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG vom Kündigungsschutz ausgenommen. Deshalb muss § 613a BGB nach Auffassung des Gerichts im Wege der sogenannten teleologischen Reduktion eingeschränkt werden: Obwohl der Wortlaut der Norm („Arbeitsverhältnis“) passen könnte, muss sie nach ihrem Sinn und Zweck so ausgelegt werden, dass sie auf Geschäftsführer einer GmbH keine Anwendung findet.

Zusätzlich führte das Gericht das besondere Vertrauensverhältnis an, das zwischen Geschäftsführern und Gesellschaftern bestehen muss. Wenn schon die ursprünglichen Gesellschafter das Anstellungsverhältnis eines Geschäftsführers ohne die Hürden des Kündigungsschutzgesetzes beenden können, dann soll ein Betriebserwerber, der den Geschäftsführer nicht selbst bestellt hat, erst recht nicht an dessen Anstellungsverhältnis gebunden sein.

Begründung 3: Keine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebserwerber

Da die Kündigung durch den Insolvenzverwalter bereits aus den genannten Gründen wirksam war und § 613a BGB nicht anwendbar ist, konnte auch der Antrag auf Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses mit der potenziellen Käuferin keinen Erfolg haben. Das Gericht ließ offen, ob überhaupt ein Betriebsübergang stattgefunden hat. Selbst wenn es so gewesen wäre, wäre das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers allenfalls im bereits wirksam gekündigten Zustand auf die Käuferin übergegangen und hätte zum 30. April 2020 geendet.

Die spätere Amtsniederlegung des Geschäftsführers am Nachmittag des 16. Januar 2020 änderte an dieser Bewertung nichts. Sie erfolgte nach Zugang der Kündigung und konnte den fehlenden Kündigungs- und Bestandsschutz nicht mehr herstellen, zumal keine tatsächliche Weiterbeschäftigung als „normaler“ Arbeitnehmer erfolgte (er war ja freigestellt).

Kosten und Zulassung der Revision zum Bundesarbeitsgericht

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits basiert auf § 91 Zivilprozessordnung (ZPO). Da der Geschäftsführer mit seiner Klage vollständig unterlegen ist, muss er die gesamten Kosten des Verfahrens tragen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfragen, insbesondere zur Anwendbarkeit des § 613a BGB auf Geschäftsführer mit Arbeitsvertrag, hat das LAG Hamm die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob der Fall dort verhandelt und möglicherweise anders entschieden wird.


Die Schlüsselerkenntnisse

GmbH-Geschäftsführer genießen keinen Kündigungsschutz nach dem KSchG, selbst wenn ihr Anstellungsverhältnis auf einem ursprünglichen Arbeitsvertrag beruht und die Kündigung im Kontext einer Insolvenz erfolgt. Entscheidend ist die Organstellung zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs, nicht eine spätere Amtsniederlegung. Auch der Schutz bei Betriebsübergängen nach § 613a BGB gilt für Geschäftsführer nicht, da dies zu einer ungerechtfertigten Besserstellung führen würde. Diese Regelung hat große praktische Bedeutung für Arbeitnehmer, die zum Geschäftsführer aufsteigen, da sie ihren arbeitsrechtlichen Schutz verlieren.

Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Gilt das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) für GmbH-Geschäftsführer?

Für juristische Laien stellt sich oft die Frage, ob auch ein GmbH-Geschäftsführer im Falle einer Kündigung durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) geschützt ist. Dieses Gesetz bietet Arbeitnehmern Schutz vor ungerechtfertigten Kündigungen. Die Antwort darauf ist nicht pauschal Ja oder Nein, aber die Grundregel lautet: Nein, in der Regel gilt das KSchG nicht für GmbH-Geschäftsführer.

Warum sind GmbH-Geschäftsführer oft nicht durch das KSchG geschützt?

Das Kündigungsschutzgesetz schützt Arbeitnehmer. Ein typischer GmbH-Geschäftsführer wird rechtlich nicht als Arbeitnehmer im Sinne des KSchG angesehen. Der Grund liegt darin, dass ein Geschäftsführer die Gesellschaft nach außen vertritt und nach innen weitreichende Befugnisse hat. Er ist in der Regel nicht persönlich weisungsgebunden wie ein normaler Arbeitnehmer, sondern handelt weisungsgebunden gegenüber der Gesellschafterversammlung. Er ist damit eher dem Arbeitgeber zuzuordnen als ein abhängiger Arbeitnehmer. Juristisch spricht man davon, dass er kein persönlich abhängiger Arbeitnehmer ist.

Was ist mit einem Geschäftsführer, der früher Arbeitnehmer war?

Stellen Sie sich vor, jemand war lange Angestellter und wird dann zum Geschäftsführer bestellt, während der alte Arbeitsvertrag vielleicht noch formal existiert oder die Stellung als Geschäftsführer auf diesem „aufbaut“. Auch in diesem Fall kommt es darauf an, wie die Rolle tatsächlich ausgestaltet ist. Wenn der Betreffende als Geschäftsführer tatsächlich die üblichen Befugnisse und Freiheiten eines Geschäftsführers hat und nicht mehr weisungsgebunden ist wie ein normaler Mitarbeiter, gilt auch für ihn das KSchG meistens nicht. Es zählt die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit und das Maß der persönlichen Abhängigkeit. Ein echter Geschäftsführer hat in der Regel nicht die persönliche Abhängigkeit, die das KSchG voraussetzt.

Das bedeutet für Sie: Die Position als Geschäftsführer ist von der eines Arbeitnehmers im Sinne des KSchG grundsätzlich verschieden. Selbst wenn Sie vor Ihrer Bestellung zum Geschäftsführer Arbeitnehmer waren, verlieren Sie in der Regel den Schutz des Kündigungsschutzgesetzes, sobald Ihre Tätigkeit als Geschäftsführer mit den entsprechenden weitreichenden Befugnissen beginnt.

Kurz gesagt: Das KSchG schützt Arbeitnehmer, die persönlich abhängig sind. Ein GmbH-Geschäftsführer gilt normalerweise als Vertreter des Unternehmens und nicht als solcher abhängiger Arbeitnehmer, selbst wenn er früher Arbeitnehmer war.


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Was bedeutet „Organschaft“ im Zusammenhang mit dem Kündigungsschutz von Geschäftsführern?

Ein Geschäftsführer einer GmbH nimmt eine besondere Stellung ein. Er ist nicht nur ein Mitarbeiter, der Weisungen empfängt, sondern er ist Teil des „Organs“ der Gesellschaft. Stellen Sie sich die GmbH als eine Art juristische Person vor, die „handeln“ muss. Dafür braucht sie Organe, ähnlich wie ein Körper Organe hat, um zu funktionieren. Der Geschäftsführer ist ein solches wichtiges Organ, das die GmbH nach außen und innen vertritt und die Geschäfte führt.

Diese „Organstellung“ unterscheidet den Geschäftsführer grundlegend von einem „normalen“ Arbeitnehmer. Ein Arbeitnehmer ist in der Regel weisungsgebunden und persönlich abhängig. Ein Geschäftsführer hingegen gestaltet und leitet die Geschäfte der GmbH eigenverantwortlich im Rahmen der Gesetze und des Gesellschaftsvertrags.

Für Sie bedeutet diese Organstellung, dass die typischen Regeln des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), die Arbeitnehmer vor willkürlicher Kündigung schützen sollen, auf Geschäftsführer in ihrer Eigenschaft als Organ grundsätzlich nicht anwendbar sind.

Der Grund dafür findet sich direkt im Kündigungsschutzgesetz selbst. In § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG ist festgelegt, dass das Gesetz nicht für Mitglieder des Organs gilt, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist. Da der Geschäftsführer das zur gesetzlichen Vertretung einer GmbH berufene Organ ist, fällt er unter diese Ausnahme.

Die Beziehung zwischen der GmbH und ihrem Geschäftsführer wird meist nicht durch einen Arbeitsvertrag, sondern durch einen sogenannten Dienstvertrag geregelt. Die Beendigung dieses Dienstvertrags und die Abberufung als Geschäftsführer richten sich in erster Linie nach den Vereinbarungen in diesem Dienstvertrag und den Regeln im Gesellschaftsvertrag sowie dem GmbH-Gesetz. Die Kündigung des Dienstvertrags ist oft mit weniger strengen Vorgaben verbunden als die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nach dem KSchG.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Organstellung eines GmbH-Geschäftsführers führt dazu, dass er vom Schutz des Kündigungsschutzgesetzes ausgeschlossen ist. Seine Anstellung und Kündigung folgen anderen Regeln, die sich aus seiner besonderen Rolle als Organ der Gesellschaft ergeben.


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Wie wirkt sich eine Insolvenz des Unternehmens auf die Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers aus?

Wenn eine GmbH insolvent wird, hat das weitreichende Folgen. Auch die Position des Geschäftsführers ist davon betroffen. Die Insolvenz bedeutet, dass ein Insolvenzverwalter die Kontrolle über das Unternehmen übernimmt. Dieser Verwalter entscheidet im Namen des Unternehmens und der Gläubiger über alle wichtigen Fragen, auch über Personalangelegenheiten.

Für die Kündigung eines Geschäftsführers in der Insolvenz gibt es einige Besonderheiten. Es ist wichtig zu wissen, dass die Position als Geschäftsführer oft aus zwei Teilen besteht:

  1. Die formelle Bestellung zum Geschäftsführer: Das ist die sogenannte Organstellung.
  2. Ein zugrundeliegender Anstellungsvertrag: Dieser regelt das Gehalt, Urlaubsanspruch und andere Arbeitsbedingungen, ähnlich wie bei einem normalen Angestellten, aber oft mit anderen Details.

Der Insolvenzverwalter hat die Möglichkeit, beide Aspekte zu beenden. Die formelle Bestellung zum Geschäftsführer kann vom Insolvenzverwalter oder auch weiterhin von den Gesellschaftern widerrufen werden. Damit endet die Vertretungsberechtigung nach außen.

Für den Anstellungsvertrag des Geschäftsführers gelten in der Insolvenz oft spezielle Regeln. Der Insolvenzverwalter kann diesen Vertrag grundsätzlich kündigen. Das Besondere ist: Das Insolvenzrecht sieht für solche Verträge, die die laufenden Geschäfte betreffen, oft verkürzte Kündigungsfristen vor, auch wenn im Vertrag längere Fristen vereinbart wurden. Das Ziel ist, das insolvente Unternehmen schnell neu aufstellen zu können.

Das bedeutet für Sie als Geschäftsführer: Der Insolvenzverwalter kann Ihren Vertrag unter Umständen leichter und schneller beenden, als es außerhalb der Insolvenz der Fall wäre. Die gesetzliche Regelung im Insolvenzrecht ermöglicht hier kürzere Fristen, um die Insolvenzabwicklung zu beschleunigen.

Ihre Rechte als Geschäftsführer in dieser Situation beziehen sich meist auf mögliche Gehaltsansprüche, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind. Diese Ansprüche müssen Sie zur Insolvenztabelle anmelden. Auch Kündigungsschutzregeln, wie sie normale Arbeitnehmer haben, gelten für Geschäftsführer in der Regel nicht – unabhängig davon, ob Insolvenz vorliegt oder nicht. Die Kündigung des Anstellungsvertrages durch den Insolvenzverwalter richtet sich primär nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften.


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Was ist ein Betriebsübergang und welche Rechte haben Arbeitnehmer (und Geschäftsführer) in diesem Fall?

Ein Betriebsübergang liegt im rechtlichen Sinne vor, wenn ein Unternehmen oder ein abgrenzbarer Teil davon auf einen neuen Inhaber übergeht. Wichtig ist dabei, dass die wirtschaftliche Einheit, also der Betrieb oder Betriebsteil, im Wesentlichen erhalten bleibt und vom neuen Inhaber fortgeführt wird. Die gesetzliche Grundlage dafür ist vor allem § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).

Die Rechte der Arbeitnehmer

Für Arbeitnehmer hat ein Betriebsübergang weitreichende Folgen, die durch § 613a BGB geschützt werden. Das zentrale Prinzip ist, dass der neue Inhaber in die Rechte und Pflichten der bestehenden Arbeitsverhältnisse eintritt.

  • Automatische Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses: Ihr Arbeitsvertrag geht automatisch auf den neuen Inhaber über. Sie müssen nichts unterschreiben, damit Ihr Arbeitsverhältnis beim neuen Unternehmen weitergeführt wird.
  • Bestand der Arbeitsbedingungen: Die im Arbeitsvertrag geregelten Bedingungen wie Gehalt, Arbeitszeit, Urlaub und Kündigungsschutz bleiben grundsätzlich bestehen. Auch Vereinbarungen aus Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen haben weiterhin Gültigkeit, allerdings unterliegen diese bestimmten zeitlichen Beschränkungen.
  • Kündigungsschutz: Eine Kündigung allein wegen des Betriebsübergangs ist unwirksam. Das bedeutet, der neue Inhaber kann Sie nicht einfach entlassen, nur weil er den Betrieb übernommen hat. Kündigungen sind nur aus anderen Gründen möglich, zum Beispiel aus betriebs-, personen- oder verhaltensbedingten Gründen, die auch ohne den Übergang eine Kündigung rechtfertigen würden.
  • Widerspruchsrecht: Arbeitnehmer haben das Recht, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den neuen Inhaber zu widersprechen. Dieser Widerspruch muss schriftlich innerhalb eines Monats nach Erhalt einer korrekten Information über den Betriebsübergang erfolgen. Wenn Sie widersprechen, geht Ihr Arbeitsvertrag nicht auf den neuen Inhaber über. Er bleibt dann beim alten Inhaber bestehen.

Was gilt für Geschäftsführer?

Die Anwendbarkeit von § 613a BGB auf Geschäftsführer ist komplexer als bei ’normalen‘ Arbeitnehmern.

  • Geschäftsführer als Organ: Ein GmbH-Geschäftsführer ist rechtlich gesehen primär ein Organ der Gesellschaft und nicht in erster Linie ein Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsrechts. Für die meisten Geschäftsführer, deren Anstellungsverhältnis ausschließlich auf ihrer Organstellung basiert, findet § 613a BGB grundsätzlich keine Anwendung. Das bedeutet, ihr Anstellungsvertrag geht im Falle eines Betriebsübergangs nicht automatisch auf den neuen Inhaber über.
  • Geschäftsführer mit Arbeitsvertrag: Es gibt jedoch Fälle, in denen ein Geschäftsführer zusätzlich zu seiner Organstellung einen separaten Arbeitsvertrag mit der Gesellschaft hat oder bei dem das Anstellungsverhältnis, auch wenn es ‚Geschäftsführervertrag‘ genannt wird, aufgrund seiner konkreten Ausgestaltung tatsächlich einem Arbeitsverhältnis ähnelt. In solchen Ausnahmefällen kann § 613a BGB unter bestimmten Voraussetzungen doch anwendbar sein, ähnlich wie bei anderen Arbeitnehmern.
  • Einzelfallprüfung notwendig: Ob ein Geschäftsführer als Arbeitnehmer im Sinne von § 613a BGB anzusehen ist, hängt stark von den konkreten Umständen des Anstellungsverhältnisses, den vertraglichen Vereinbarungen und der tatsächlichen Tätigkeit ab. Eine pauschale Aussage ist hier schwierig.

Sowohl Arbeitnehmer als auch eventuell von § 613a BGB erfasste Geschäftsführer müssen vor dem Betriebsübergang vom bisherigen Arbeitgeber über den geplanten Übergang und ihre Rechte informiert werden.


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Kann ein Arbeitsvertrag, der als Grundlage für eine Geschäftsführerposition dient, gekündigt werden, obwohl der Betroffene noch als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen ist?

Ja, das ist grundsätzlich möglich, denn die Position als Geschäftsführer (Organstellung) und der zugrundeliegende Vertrag (Anstellungsverhältnis) sind rechtlich getrennt zu betrachten.

Zwei getrennte Ebenen: Organstellung und Vertrag

Stellen Sie sich vor, die Tätigkeit als Geschäftsführer hat zwei Seiten:

  1. Die Organstellung: Das ist die eigentliche Position als Geschäftsführer der Gesellschaft. Man ist damit offiziell bestellt, vertritt die Gesellschaft nach außen und ist meist im Handelsregister eingetragen. Das ist wie ein „Amt“, das man innehat.
  2. Das Anstellungsverhältnis: Das ist der Vertrag (oft ein Arbeitsvertrag oder ein Dienstvertrag), der die Bedingungen der Zusammenarbeit regelt. Hier stehen Dinge wie Gehalt, Urlaub, Arbeitszeit, und so weiter.

Das deutsche Recht unterscheidet hier klar. Man spricht von der „Trennungstheorie“. Das Ende des einen führt nicht automatisch zum Ende des anderen.

Kündigung des Vertrags und Ende der Organstellung

Deshalb kann der Arbeitsvertrag (oder Anstellungsvertrag) für den Geschäftsführer nach den Regeln, die für solche Verträge gelten, gekündigt werden – zum Beispiel mit den vereinbarten Fristen.

Parallel dazu oder davor muss die Bestellung als Geschäftsführer durch die Gesellschafter widerrufen werden oder der Geschäftsführer muss sein Amt niederlegen. Erst wenn die Organstellung beendet ist, kann auch die Eintragung im Handelsregister gelöscht werden.

Die Bedeutung des Zeitpunkts

In der Praxis wird oft zuerst die Bestellung zum Geschäftsführer widerrufen, was die Organstellung beendet. Gleichzeitig oder kurz danach folgt dann die Kündigung des zugrundeliegenden Anstellungsvertrags.

Wird nur der Vertrag gekündigt, ist die Person formal immer noch Geschäftsführer, kann aber aufgrund des fehlenden Vertrages in der Regel keine Vergütung mehr verlangen und hat keine vertragliche Grundlage mehr für ihre Tätigkeit. Das ist für beide Seiten meist keine sinnvolle Situation.

Die Eintragung im Handelsregister ist eher die öffentliche Bekanntmachung und Bestätigung, dass die Organstellung beendet ist. Die rechtliche Wirkung der Beendigung der Organstellung tritt meist schon vorher ein, nämlich mit dem Widerruf der Bestellung oder der Niederlegung des Amtes. Die Kündigung des Vertrags folgt ihren eigenen Regeln unabhängig vom Registereintrag.

Für Sie bedeutet das: Es sind zwei rechtliche Vorgänge zu beachten – die Beendigung der Organstellung und die Kündigung des Vertrages. Die Eintragung im Handelsregister ist dabei eher der formelle Abschluss nach außen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Organstellung

Die Organstellung bezeichnet die Position eines Geschäftsführers als Mitglied eines der sogenannten Organe einer GmbH, das heißt als gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft. Ein Geschäftsführer ist damit nicht nur ein Arbeitnehmer, sondern Teil der Unternehmensführung mit eigenständiger Vertretungsmacht. Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sind Organmitglieder vom allgemeinen Kündigungsschutz ausgenommen, weil ihre Stellung auf einer Trennung zwischen Organbestellung (formelle Stellung) und Anstellungsvertrag beruht. Diese Unterscheidung bedeutet, dass die Kündigung des Arbeitsvertrags den Status als Organ nicht automatisch beendet und umgekehrt.

Beispiel: Ein GmbH-Geschäftsführer wird zwar gekündigt, ist aber zum Kündigungszeitpunkt noch im Handelsregister als Geschäftsführer eingetragen und übt formal sein Amt aus – er ist somit Organmitglied und unterliegt nicht dem KSchG.


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§ 613a BGB – Schutz bei Betriebsübergang

§ 613a des Bürgerlichen Gesetzbuchs regelt den Schutz von Arbeitnehmern bei einem Betriebsübergang, also wenn ein Unternehmen oder Betriebsteil auf einen neuen Inhaber übergeht. Nach dieser Norm gehen alle Arbeitsverhältnisse automatisch auf den Käufer über, die Arbeitsbedingungen bleiben dabei bestehen, und eine Kündigung allein wegen des Übergangs ist unwirksam. Zweck ist es, Arbeitnehmer vor einem Arbeitsplatzverlust durch den Eigentümerwechsel zu schützen. Allerdings gilt dieser Schutz nach der Rechtsprechung und dem LAG Hamm nicht für GmbH-Geschäftsführer, die Organmitglieder sind, selbst wenn ihr Vertrag einem Arbeitsvertrag ähnelt.

Beispiel: Bei der Übernahme eines Logistikunternehmens durch eine neue Firma gehen die Arbeitsverträge der Angestellten automatisch über, deren Kündigung wegen des Übergangs verboten ist. Ein Geschäftsführer mit Organstellung bleibt jedoch vom Schutz ausgeschlossen.


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Kündigungsschutzgesetz (KSchG)

Das Kündigungsschutzgesetz dient dazu, Arbeitnehmer vor ungerechtfertigten Kündigungen zu schützen und verlangt z.B. eine soziale Rechtfertigung nach § 1 KSchG für betriebsbedingte oder verhaltensbedingte Kündigungen. Allerdings ist das KSchG gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG nicht auf Organmitglieder wie GmbH-Geschäftsführer anwendbar, da diese keine typisch abhängigen Arbeitnehmer sind, sondern eigenverantwortliche vertretungsberechtigte Organe. Für diese Personen entfällt der allgemeine Kündigungsschutz, sodass ihre Kündigung keiner besonderen Rechtfertigung bedarf.

Beispiel: Ein normaler Lagerarbeiter benötigt bei einer Kündigung einen bestimmten Kündigungsschutz, ein gleichzeitig amtierender Geschäftsführer dagegen nicht.


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Betriebsübergang

Ein Betriebsübergang liegt vor, wenn ein Betrieb oder ein wesentlicher Teil davon auf einen neuen Inhaber übergeht, wobei die wirtschaftliche Einheit erhalten bleibt. Dies führt in der Regel zum automatischen Übergang der Arbeitsverhältnisse gemäß § 613a BGB. Entscheidend ist, ob die neue Firma die wesentlichen Betriebsmittel und Mitarbeiter übernimmt und den Betrieb wirtschaftlich fortführt. Im Fall des GmbH-Geschäftsführers war strittig, ob ein solcher Betriebsübergang vorlag, was Auswirkungen auf die Frage hatte, ob sein Arbeitsverhältnis auf den neuen Eigentümer überging.

Beispiel: Wenn eine Spedition inklusive aller Fahrzeuge, Lagerhallen und Belegschaft von Firma A auf Firma B übertragen wird, liegt meist ein Betriebsübergang vor.


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Teleologische Reduktion

Die teleologische Reduktion ist eine Auslegungsmethode im Recht, bei der der Anwendungsbereich einer Norm aufgrund ihres Zwecks (der sogenannten „Teleologie“) eingeschränkt wird, selbst wenn der Wortlaut weiter gefasst ist. Im vorliegenden Fall wendete das Gericht diese Methode an, um § 613a BGB nicht auf GmbH-Geschäftsführer anzuwenden, weil der Gesetzeszweck – Schutz von Arbeitnehmern – nicht auf Organmitglieder übertragbar ist, die ohnehin keinen Kündigungsschutz genießen. Dadurch wird eine ungewollte bessere Stellung für Geschäftsführer vermieden, die dem Sinn der Vorschrift widersprechen würde.

Beispiel: Ein Gesetz zum Schutz von Mietern könnte teleologisch reduziert werden, um bestimmte gewerbliche Nutzer auszuschließen, wenn der Gesetzeszweck nur Wohnraummieter schützen soll.


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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 14 Abs. 1 Nr. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Dieses Gesetz regelt den allgemeinen Kündigungsschutz für Arbeitnehmer, schließt aber Organmitglieder, also beispielsweise GmbH-Geschäftsführer, explizit aus. Der Schutz ist an die Organstellung zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs geknüpft und gilt unabhängig von der vertraglichen Einordnung des Rechtsverhältnisses. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da der Geschäftsführer bei Zugang der Kündigung noch im Amt und im Handelsregister eingetragen war, greift für ihn kein allgemeiner Kündigungsschutz, wodurch die Kündigung wirksam und keiner sozialen Rechtfertigung nach § 1 KSchG bedurfte.
  • § 613a Abs. 4 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Diese Vorschrift schützt Arbeitnehmer bei einem Betriebsübergang davor, allein wegen dieses Übergangs gekündigt zu werden. Sie sichert den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse beim Inhaberwechsel und verbietet Kündigungen aus diesem Anlass. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht lehnte die Anwendung des Betriebsübergangsschutzes auf den Geschäftsführer ab, da er als Organmitglied ohnehin keinen allgemeinen Kündigungsschutz hat; eine Anwendung von § 613a BGB würde ihm zu Unrecht eine Besserstellung verschaffen.
  • Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z.B. Urteil 8 AZR 654/01): Das Bundesarbeitsgericht stellt klar, dass der besondere Kündigungsschutz bei Betriebsübergang nach § 613a BGB nicht auf Organmitglieder anwendbar ist, auch wenn diese materiell Arbeitnehmer sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das LAG Hamm folgt dieser Linie und setzt die teleologische Reduktion des § 613a BGB durch, um die Schutznorm nicht auf den Geschäftsführer anzuwenden, obwohl dessen Verhältnis formal arbeitsrechtlich eingeordnet ist.
  • § 91 Zivilprozessordnung (ZPO): Diese Norm regelt die Kostenentscheidung in Zivilprozessen und bestimmt, dass die unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Klage des Geschäftsführers vollumfänglich abgewiesen wurde, wurde ihm die Kostenlast des gesamten Rechtsstreits auferlegt.
  • Insolvenzrechtliche Grundsätze (insbesondere Bestellung und Befugnisse des Insolvenzverwalters): Der Insolvenzverwalter kann Kündigungen aussprechen und in der Regel das Unternehmen restrukturieren oder abwickeln. Seine organisatorischen Entscheidungen sind maßgeblich, solange sie im Rahmen des Insolvenzverfahrens erfolgen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Insolvenzverwalter kündigte wirksam das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers; der weitere Verbleib oder Betriebsübergang beeinträchtigte die Wirksamkeit der Kündigung nicht.
  • Betriebsübergang nach Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG und deren Umsetzung in deutsches Recht: Ziel ist der Schutz der Arbeitnehmerrechte bei Inhaberwechsel eines Betriebs. Das deutsche Recht setzt diese Vorschriften insbesondere durch § 613a BGB um. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die EU-Richtlinie verlangt Schutz bei Betriebsübergang für Arbeitnehmer, nicht aber für Organmitglieder; somit verweigerte das Gericht den Schutz für den Geschäftsführer trotz möglichem Betriebsübergang.

Das vorliegende Urteil


Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen) – Az.: 16 Sa 522/21 – Urteil vom 25.03.2022


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