Skip to content

Kündigung in Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG

Nach Jahren als geschätzter Leiharbeiter schien für Herrn M. der Traum von der Festanstellung endlich wahr zu werden. Doch noch bevor er sich in seinen neuen Aufgaben richtig einarbeiten konnte, endete die Reise abrupt: Mitten in der gesetzlichen Wartezeit erhielt er die Kündigung. Das Landesarbeitsgericht musste nun klären, wie weit die Freiheit des Arbeitgebers in diesen heiklen Anfangsmonaten eines neuen Jobs wirklich reicht.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 7 Sa 251/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
  • Datum: 16.02.2022
  • Aktenzeichen: 7 Sa 251/21
  • Verfahrensart: Berufung
  • Rechtsbereiche: Kündigungsschutzgesetz (KSchG), Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein Arbeitnehmer, der zunächst als Leiharbeiter und später direkt bei der Beklagten angestellt war. Er klagte gegen seine Kündigung, da er die Betriebsratsanhörung für mangelhaft hielt und die Kündigung als Maßregelung für die Ausübung seiner Rechte oder als Verstoß gegen Treu und Glauben ansah.
  • Beklagte: Das Unternehmen, das dem Kläger innerhalb der Wartezeit gekündigte hatte. Sie verteidigte die Kündigung mit der Begründung mangelnden handwerklichen Geschicks und zu langsamer Arbeitsweise des Klägers. Zudem vertrat sie die Ansicht, die Betriebsratsanhörung sei korrekt gewesen und es liege kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Der Kläger war nach einer Zeit als Leiharbeiter zum 1. August 2020 direkt bei der Beklagten angestellt worden. Während einer Einlernphase in einer neuen Tätigkeit bat er um Rückversetzung auf seinen früheren Einsatzplatz als Lkw-Fahrer. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31. Dezember 2020.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob die Kündigung des Arbeitsverhältnisses in der sechsmonatigen Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes wirksam war. Dabei standen die korrekte Anhörung des Betriebsrats, das Verbot der Benachteiligung wegen Rechtsausübung (Maßregelungsverbot) und der Grundsatz von Treu und Glauben im Fokus.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung des Klägers gegen die erstinstanzliche Klageabweisung wurde zurückgewiesen. Das Arbeitsverhältnis endete demnach wirksam durch die Kündigung der Beklagten.
  • Begründung: Das Gericht befand die Kündigung als wirksam, da sie innerhalb der Wartezeit erfolgte. Die Betriebsratsanhörung war ordnungsgemäß, und es wurde kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot oder Treu und Glauben festgestellt.
  • Folgen: Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete wie von der Beklagten beabsichtigt zum 31. Dezember 2020. Eine weitere Überprüfung der Entscheidung durch ein höheres Gericht (Revision) wurde nicht zugelassen.

Der Fall vor Gericht


Kündigung in der Probezeit: Muss der Chef immer detaillierte Gründe nennen?

Die ersten Monate in einem neuen Job sind oft eine aufregende Zeit des Kennenlernens und Einarbeitens. Viele sehen diese Anfangsphase als eine Art Probezeit, in der sich beide Seiten – Arbeitnehmer und Arbeitgeber – beschnuppern können. Doch was geschieht, wenn gerade in dieser sensiblen Phase, in der man vielleicht noch dabei ist, sich in neue Aufgaben einzuarbeiten, eine Kündigung ausgesprochen wird? Fühlt man sich da nicht oft schutzlos und fragt sich, ob das so einfach geht? Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz beleuchtet genau solch einen Fall und gibt wichtige Antworten.

Vom geschätzten Leiharbeiter zum gekündigten Festangestellten

Arbeiter erhält in Fabrik Kündigungsschreiben von Vorgesetztem, in Produktionshalle
Kündigung vom Vorgesetzten in der Produktionshalle: Arbeitnehmer überrascht, Einarbeitung endet. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Herr M. (der gekündigte Arbeitnehmer) hatte über drei Jahre lang als Leiharbeiter für ein Unternehmen (den späteren Arbeitgeber) gearbeitet. Seine Leistungen, unter anderem als Lkw-Fahrer, müssen gut gewesen sein, denn zum 1. August 2020 bot ihm das Unternehmen einen festen Arbeitsvertrag an. Sein Monatsgehalt sollte über 3.200 Euro brutto betragen. Doch mit der Festanstellung änderten sich auch seine Aufgaben: Er wurde nun in der Produktion eingesetzt, in einer bestimmten Meisterei, und musste sich in neue Tätigkeiten am Band einarbeiten. Sein früherer Arbeitsplatz als Lkw-Fahrer wurde anderweitig besetzt.

Während dieser Einarbeitungsphase, die für viele eine Herausforderung darstellt, äußerte Herr M. gegenüber seinem Vorgesetzten den Wunsch, wieder als Lkw-Fahrer eingesetzt zu werden. Ein Gespräch darüber fand am 24. November 2020 statt. Was Herr M. zu diesem Zeitpunkt vielleicht nicht wusste: Sein Arbeitgeber hatte bereits am 16. November 2020 den Betriebsrat – die Vertretung der Arbeitnehmer im Betrieb – über die Absicht informiert, ihm zu kündigen. Der Betriebsrat äußerte am 23. November 2020 Bedenken gegen diese Kündigung. Trotzdem erhielt Herr M. am 24. November 2020 die Kündigung, die sein Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2020 beenden sollte. Begründet wurde sie als „personenbedingt“.

Der Streit vor Gericht: War die Kündigung rechtens?

Herr M. wollte diese Kündigung nicht akzeptieren und zog vor das Arbeitsgericht. Er war der Meinung, es gäbe keinen wirklichen Grund für seine Entlassung. Vor allem bemängelte er, dass der Betriebsrat nicht korrekt informiert worden sei. Der Arbeitgeber hätte dem Betriebsrat nicht klar genug gesagt, dass die Kündigung innerhalb der sogenannten Wartezeit erfolgte. Die Wartezeit, das sind die ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses, geregelt im § 1 Absatz 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG). Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist ein wichtiges Gesetz, das Arbeitnehmer vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen schützt, aber dieser Schutz greift in der Regel erst nach Ablauf dieser sechsmonatigen Wartezeit. Stellen Sie sich diese Wartezeit wie eine verlängerte Kennenlernphase vor, in der der Arbeitgeber leichter kündigen kann.

Weiterhin argumentierte Herr M., die angeblichen Fehler, die ihm vorgeworfen wurden, seien nicht konkret genug benannt worden. Ein pauschaler Hinweis auf „Schlechtleistungen“ reiche nicht aus, um den Betriebsrat ordnungsgemäß nach § 102 Absatz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) anzuhören. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) regelt die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, und dieser Paragraph schreibt vor, dass der Betriebsrat vor jeder Kündigung angehört werden muss, wobei ihm die Kündigungsgründe mitzuteilen sind.

Herr M. sah die Kündigung auch als eine Art Strafe dafür an, dass er um eine Rückversetzung auf seinen alten Posten als Lkw-Fahrer gebeten hatte. Dies sei eine unzulässige Benachteiligung nach § 612a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), dem sogenannten Maßregelungsverbot. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enthält grundlegende Regeln für Rechtsbeziehungen, und das Maßregelungsverbot schützt Arbeitnehmer davor, bestraft zu werden, weil sie ihre Rechte in zulässiger Weise wahrnehmen.

Das Unternehmen (der Arbeitgeber und damit die Beklagte in diesem Verfahren) sah das naturgemäß anders. Es betonte, dass aus den dem Betriebsrat vorgelegten Daten – insbesondere dem Eintrittsdatum von Herrn M. – klar ersichtlich gewesen sei, dass er sich noch in der Wartezeit befand. Die Kündigung sei mit mangelndem handwerklichem Geschick und zu langsamer Arbeitsweise an seinem neuen Arbeitsplatz in der Produktion begründet worden. Seine Bitte um Rückversetzung habe damit nichts zu tun.

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein wies die Klage von Herrn M. zunächst ab. Doch Herr M. gab nicht auf und legte Berufung beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz ein. Eine Berufung ist ein Rechtsmittel, mit dem eine Partei eine gerichtliche Entscheidung von einer höheren Instanz überprüfen lassen kann.

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts: Kündigung bleibt wirksam

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz prüfte den Fall erneut und kam zu dem Ergebnis: Die Berufung von Herrn M. hat keinen Erfolg. Die Kündigung durch den Arbeitgeber war wirksam, und das Arbeitsverhältnis endete somit zum 31. Dezember 2020. Aber warum kamen die Richter zu dieser Entscheidung? Das wollen wir uns genauer ansehen.

Die Rolle des Betriebsrats: Was muss der Arbeitgeber in der Wartezeit mitteilen?

Ein zentraler Punkt war die Frage, ob der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört wurde. Das Gericht stellte klar: Ja, auch wenn eine Kündigung innerhalb der sechsmonatigen Wartezeit erfolgt, muss der Betriebsrat angehört werden. Das soll ihm die Möglichkeit geben, auf den Arbeitgeber einzuwirken und vielleicht die Kündigung abzuwenden oder andere Lösungen vorzuschlagen.

Der Grundsatz der „subjektiven Determination“: Auf das Gefühl des Chefs kommt es an

Aber was genau muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat mitteilen, wenn er in der Wartezeit kündigt? Hier gilt der Grundsatz der subjektiven Determination. Das klingt kompliziert, bedeutet aber vereinfacht: Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Gründe nennen, die ihn persönlich zu der Kündigungsentscheidung bewogen haben. Selbst wenn es „nur“ ein Gefühl ist, dass es mit dem neuen Mitarbeiter nicht passt, muss er das so mitteilen.

Das Gericht unterscheidet dabei:

  1. Stützt der Arbeitgeber die Kündigung auf konkrete, belegbare Tatsachen (z.B. wiederholtes Zuspätkommen trotz Abmahnung), muss er diese Tatsachen dem Betriebsrat nennen.
  2. Beruht die Kündigung aber auf einem eher allgemeinen, personenbezogenen Werturteil (z.B. „der Mitarbeiter hat sich nicht bewährt“, „er ist für die Aufgabe nicht geeignet“), dann reicht es, wenn der Arbeitgeber dieses Werturteil mitteilt. Er muss dieses Werturteil nicht bis ins kleinste Detail mit Fakten untermauern oder eine umfangreiche Begründung liefern.

Warum ist das so? Die Wartezeit dient ja gerade dazu, dass sich beide Seiten prüfen können. Der Arbeitgeber hat in dieser Zeit eine größere Freiheit zu entscheiden, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen will. Diese Freiheit soll nicht dadurch unterlaufen werden, dass man an die Begründung gegenüber dem Betriebsrat dieselben strengen Anforderungen stellt wie bei einer Kündigung nach der Wartezeit, wenn der volle Kündigungsschutz greift. Oft basiert so ein Werturteil auf vielen kleinen Beobachtungen, die sich schwer objektiv belegen lassen, aber in der Summe dem Arbeitgeber das Gefühl geben, dass eine Zusammenarbeit nicht sinnvoll ist.

Anwendung auf den Fall von Herrn M.

Im Fall von Herrn M. hatte der Arbeitgeber dem Betriebsrat mitgeteilt, dass der zuständige Meister Herrn M. für die neuen Aufgaben in der Produktion nicht für geeignet hielt. Es sei nicht um einen einzelnen groben Fehler gegangen, sondern um die allgemeine Einschätzung, dass Herr M. aufgrund vieler kleiner Unaufmerksamkeiten nicht in der geplanten Arbeitsrotation eingesetzt werden könne. Das Gericht sah dies als ein solches personenbezogenes Werturteil an. Die vom Arbeitgeber genannten Beispiele (vergessene Kabelbinder, nicht ausgepackte Kabelsätze) dienten lediglich dazu, diesen Eindruck des Meisters zu verdeutlichen, waren aber nicht die alleinigen, isolierten Kündigungsgründe.

Musste der Arbeitgeber extra darauf hinweisen, dass die Kündigung in der Wartezeit erfolgt? Nein, sagte das Gericht. Das Eintrittsdatum (1. August 2020) und das Datum der Betriebsratsanhörung (16. November 2020) zeigten eindeutig, dass Herr M. noch keine sechs Monate beschäftigt war. Das war für den Betriebsrat offensichtlich. Die Erwähnung von „personenbedingten Gründen“ – also Gründen, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, ohne dass ihm ein direktes Fehlverhalten vorgeworfen wird – passte zu diesem Werturteil. Der Betriebsrat konnte aufgrund der Informationen des Arbeitgebers seine Bedenken äußern und auf die frühere gute Leistung von Herrn M. hinweisen, was er auch tat. Damit war der Zweck der Anhörung erfüllt.

Kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot: Der Wunsch nach Versetzung war nicht der Kündigungsgrund

Als Nächstes prüfte das Gericht, ob die Kündigung eine unzulässige Maßregelung nach § 612a BGB darstellte. Hätte Herr M. also die Kündigung bekommen, weil er um eine Rückversetzung auf seinen alten Arbeitsplatz als Lkw-Fahrer gebeten hatte?

Eine Kündigung kann eine solche Maßregelung sein, wenn die Ausübung eines Rechts (hier: der Wunsch nach einer anderen Tätigkeit) der tragende Beweggrund, also das wesentliche Motiv für die Kündigung war. Es reicht nicht, wenn der Wunsch nur ein äußerer Anlass war oder einer von vielen Gründen. Derjenige, der sich auf das Maßregelungsverbot beruft – hier also Herr M. – muss beweisen, dass genau dieser Wunsch der ausschlaggebende Punkt für die Kündigungsentscheidung war.

Das Gericht fand hierfür keine Anhaltspunkte. Entscheidend war der zeitliche Ablauf:

  • Der Arbeitgeber hörte den Betriebsrat bereits am 16. November 2020 zur Kündigungsabsicht an.
  • Der Betriebsrat äußerte seine Bedenken am 23. November 2020.
  • Herr M. äußerte seinen Wunsch nach Rückversetzung erst in einem Gespräch am 24. November 2020.

Dieser Ablauf zeigt deutlich: Die Entscheidung zur Kündigung stand bereits fest, bevor Herr M. seinen Wunsch äußerte. Sein Wunsch konnte also gar nicht der tragende Grund für die Kündigung gewesen sein. Es ist, als würde man jemandem vorwerfen, eine Verabredung wegen einer bestimmten Aussage abgesagt zu haben, obwohl die Absage schon verschickt war, bevor die Aussage fiel. Die Behauptung von Herrn M., Personalmitarbeiter hätten ihm gesagt, er bekäme die Kündigung wegen seiner „Sonderwünsche“, war für das Gericht nicht ausreichend konkret dargelegt.

Kein Verstoß gegen Treu und Glauben: Die Kündigung war nicht unfair

Zuletzt untersuchte das Gericht, ob die Kündigung gegen den allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstieß. Dieser Grundsatz verlangt von allen Beteiligten im Rechtsverkehr, sich fair und anständig zu verhalten und nicht widersprüchlich zu handeln oder berechtigtes Vertrauen zu enttäuschen. Stellt eine Kündigung einen solchen Verstoß dar, kann sie nichtig sein.

Aber das Gericht betonte auch: Dieser Grundsatz darf nicht dazu führen, den Kündigungsschutz, der in der Wartezeit gesetzlich nicht vorgesehen ist, durch die Hintertür doch wieder einzuführen. Der Arbeitgeber hat in der Wartezeit das Recht, die Eignung des Arbeitnehmers zu prüfen.

War die Kündigung von Herrn M. also treuwidrig? Das Gericht verneinte dies. Herr M. hatte nicht behauptet, dass ihm der Arbeitgeber bei der Festanstellung zugesichert hätte, ihn trotz seiner neuen Aufgaben und der Wartezeit nicht zu kündigen, nur weil er zuvor als Leiharbeiter gute Arbeit geleistet hatte. Seine frühere Tätigkeit als Leiharbeiter wurde auch nicht auf die Betriebszugehörigkeit für die Wartezeit angerechnet.

Da Herr M. im Rahmen seiner Festanstellung einen neuen Arbeitsplatz mit neuen Aufgaben erhielt, konnte er nicht einfach davon ausgehen, dass seine Leistung ohne Weiteres den neuen Anforderungen genügen würde. Der Arbeitgeber nutzte lediglich sein Recht, innerhalb der Wartezeit zu kündigen, weil er nach seiner Einschätzung zu dem Ergebnis kam, dass Herr M. für die neuen Aufgaben nicht ausreichend geeignet sei. Das allein macht eine Kündigung nicht unfair oder treuwidrig.

Die Berufung von Herrn M. wurde daher zurückgewiesen, und er musste die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Eine weitere Überprüfung durch das Bundesarbeitsgericht, die sogenannte Revision, wurde nicht zugelassen. Das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen wurde damit bestätigt.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt deutlich, dass Arbeitgeber während der ersten sechs Monate im Job (Wartezeit) erheblich mehr Freiheiten bei Kündigungen haben und dem Betriebsrat nicht immer detaillierte Begründungen liefern müssen. Wenn die Kündigung auf einem allgemeinen Eindruck beruht, dass der Mitarbeiter nicht geeignet ist, reicht es aus, diesen Eindruck mitzuteilen – eine ausführliche Auflistung einzelner Fehler ist nicht zwingend erforderlich. Auch eine vorherige gute Arbeitsleistung in anderer Position schützt nicht automatisch vor einer Kündigung, wenn neue Aufgaben übertragen werden und der Arbeitgeber zur Einschätzung gelangt, dass diese nicht zufriedenstellend erfüllt werden. Das Urteil macht klar, dass die Wartezeit tatsächlich eine echte Erprobungsphase ist, in der beide Seiten prüfen können, ob die Zusammenarbeit funktioniert – mit entsprechend geringerem Kündigungsschutz für Arbeitnehmer.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet die Wartezeit bei einer Kündigung für mich als Arbeitnehmer?

Die Wartezeit bei einer Kündigung ist eine wichtige Phase zu Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses. Sie umfasst die ersten sechs Monate Ihrer Beschäftigung in einem Betrieb. Diese Frist beginnt mit dem ersten Arbeitstag.

Keine Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes

Der entscheidende Punkt der Wartezeit ist, dass während dieser Periode der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) noch nicht gilt. Das Kündigungsschutzgesetz schützt Arbeitnehmer vor willkürlichen Kündigungen, indem es dem Arbeitgeber nur unter bestimmten, eng gefassten Voraussetzungen eine Kündigung erlaubt (z.B. bei verhaltensbedingten, personenbedingten oder betriebsbedingten Gründen).

Für Sie als Arbeitnehmer bedeutet das, dass Ihr Arbeitgeber Ihnen innerhalb der ersten sechs Monate ohne die strengen Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes kündigen kann. Eine Kündigung muss in dieser Zeit nicht sozial gerechtfertigt sein. Der Arbeitgeber benötigt also keine spezifischen Gründe wie beispielsweise Fehlverhalten, Krankheit oder betriebliche Erfordernisse, um das Arbeitsverhältnis zu beenden.

Die Konsequenzen für den Arbeitnehmer

Diese Besonderheit der Wartezeit räumt dem Arbeitgeber eine deutlich größere Freiheit bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein. Eine Kündigung während dieser sechs Monate ist deshalb vergleichsweise einfacher auszusprechen. Für Sie als Arbeitnehmer ist es wichtig, sich dieser Besonderheit bewusst zu sein, da eine Kündigung in dieser Zeit anders behandelt wird als später.

Erst nach Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit, also ab dem siebten Monat Ihrer Beschäftigung, greift der allgemeine Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes. Ab diesem Zeitpunkt muss jede Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber sozial gerechtfertigt sein.


zurück

Muss der Arbeitgeber Gründe nennen, wenn er mir in der Wartezeit kündigt?

Grundsätzlich muss der Arbeitgeber Ihnen als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer keine detaillierten oder „sozial gerechtfertigten“ Gründe nennen, wenn er Ihnen innerhalb der Wartezeit kündigt. Die Wartezeit umfasst die ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses. In dieser Phase gilt das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) noch nicht in vollem Umfang.

Kündigungsschutz in der Wartezeit

Während der ersten sechs Monate Ihres Arbeitsverhältnisses, der sogenannten Wartezeit, genießt Ihr Arbeitsverhältnis keinen besonderen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Dieses Gesetz, das Arbeitnehmer vor willkürlichen Kündigungen schützt, greift erst nach Ablauf dieser sechs Monate. Für Sie als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer bedeutet das, dass der Arbeitgeber in dieser Anfangsphase eine deutlich leichtere Möglichkeit hat, das Arbeitsverhältnis zu beenden, als nach Ablauf der Wartezeit. Er muss die Kündigung in der Regel nicht begründen.

Welche Gründe genügen in der Wartezeit?

Für eine Kündigung in der Wartezeit benötigt der Arbeitgeber keine „sozial gerechtfertigten“ Gründe im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes. Das heißt, er muss sich nicht auf betriebsbedingte, personenbedingte oder verhaltensbedingte Gründe berufen, die vor Gericht streng überprüft werden könnten. Stattdessen genügt es, wenn die Kündigung auf einem Werturteil des Arbeitgebers beruht.

Stellen Sie sich vor, Ihr Arbeitgeber hat während der Wartezeit den Eindruck gewonnen, dass:

  • Ihre Eignung für die konkrete Aufgabe doch nicht ausreichend ist.
  • Die Zusammenarbeit im Team nicht wie gewünscht funktioniert.
  • Ihre Leistungen nicht den Erwartungen entsprechen.
  • Oder es andere sachliche Zweifel an der Fortführung des Arbeitsverhältnisses gibt.

Solche allgemeinen, auf einer Einschätzung beruhenden Gründe sind in der Wartezeit in der Regel ausreichend. Eine Ausnahme bilden jedoch Kündigungen, die sittenwidrig oder willkürlich sind, beispielsweise aufgrund von Diskriminierung (z.B. wegen Geschlecht, Religion, Herkunft) oder einer plötzlichen Wende im Privatleben, die nichts mit der Arbeitsleistung zu tun hat. Solche Fälle sind aber selten und müssen gesondert geprüft werden.

Informationspflicht gegenüber dem Betriebsrat

Auch wenn der Arbeitgeber Ihnen gegenüber keine detaillierte Begründung geben muss, besteht dennoch eine wichtige Pflicht, falls in Ihrem Betrieb ein Betriebsrat existiert. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören und ihm die Kündigungsgründe mitzuteilen. Der Betriebsrat hat dann das Recht, innerhalb einer bestimmten Frist Stellung zu nehmen. Diese Informationspflicht gegenüber dem Betriebsrat besteht unabhängig davon, ob die Kündigung in oder nach der Wartezeit erfolgt. Für Sie als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer bedeutet dies jedoch nicht, dass Sie selbst Anspruch auf diese Begründung haben.


zurück

Welche Rolle spielt der Betriebsrat, wenn mir in der Wartezeit gekündigt wird?

Der Betriebsrat spielt auch bei einer Kündigung in der Wartezeit, also innerhalb der ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses, eine wichtige Rolle. Gemäß § 102 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) muss der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Kündigung anhören, unabhängig davon, ob das Kündigungsschutzgesetz bereits Anwendung findet. Eine Kündigung, die ohne diese vorherige Anhörung des Betriebsrats ausgesprochen wird, ist grundsätzlich unwirksam.

Welche Informationen erhält der Betriebsrat?

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung alle für die Kündigung maßgeblichen Gründe mitzuteilen. Dies umfasst die genaue Person des betroffenen Arbeitnehmers und die subjektiven Gründe, die den Arbeitgeber zur Kündigung bewegen. Auch wenn in der Wartezeit kein umfassender Kündigungsschutz besteht, muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat seine Beweggründe offenlegen.

Stellen Sie sich vor, der Arbeitgeber möchte einem neuen Mitarbeiter in der Wartezeit kündigen. Er muss dem Betriebsrat mitteilen, warum er zu dieser Entscheidung gekommen ist, beispielsweise weil die Leistung des Mitarbeiters nicht den Erwartungen entspricht oder es Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit gibt. Der Betriebsrat erhält dadurch Einblick in die Sichtweise des Arbeitgebers.

Welche Möglichkeiten hat der Betriebsrat?

Nach der umfassenden Information durch den Arbeitgeber hat der Betriebsrat eine bestimmte Frist – bei einer ordentlichen Kündigung in der Regel eine Woche – um seine Stellungnahme abzugeben. In dieser Zeit kann der Betriebsrat:

  • Bedenken äußern: Der Betriebsrat kann Einwände gegen die Kündigung vorbringen, etwa wenn er der Meinung ist, dass die Gründe des Arbeitgebers nicht zutreffend sind, auf Missverständnissen beruhen oder nicht ausreichend belegt sind.
  • Alternativen vorschlagen: Er kann dem Arbeitgeber vorschlagen, die Kündigung zurückzunehmen und stattdessen andere Maßnahmen zu ergreifen, wie beispielsweise eine Versetzung oder gezielte Unterstützung für den Mitarbeiter.
  • Für den Mitarbeiter eintreten: Der Betriebsrat kann dem Arbeitnehmer die Möglichkeit geben, seine Sicht der Dinge darzulegen.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Möglichkeiten des Betriebsrats, die Kündigung zu verhindern, in der Wartezeit eingeschränkter sind als nach Ablauf der Wartezeit. Nach sechs Monaten genießen Arbeitnehmer Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz, was bedeutet, dass eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein muss. In der Wartezeit hingegen braucht der Arbeitgeber keinen „sozial gerechtfertigten“ Grund. Die Anhörungspflicht des Betriebsrats dient hier vor allem der Transparenz und der Möglichkeit des Betriebsrats, eine interner Kontrolle auszuüben und auf mögliche Fehlentscheidungen hinzuweisen. Eine begründete Stellungnahme des Betriebsrats kann den Arbeitgeber dennoch dazu bewegen, seine Entscheidung zu überdenken.


zurück

Kann ich gekündigt werden, weil ich in der Wartezeit eine Bitte geäußert oder ein Recht in Anspruch genommen habe?

Grundsätzlich ist es nicht zulässig, Sie zu kündigen, weil Sie berechtigterweise eine Bitte geäußert oder ein Ihnen zustehendes Recht wahrgenommen haben. Dieses Prinzip wird als Maßregelungsverbot bezeichnet.

Was das Maßregelungsverbot bedeutet

Das Maßregelungsverbot schützt Sie davor, dass Ihr Arbeitgeber Sie wegen einer rechtlich erlaubten Handlung benachteiligt oder bestraft. Es besagt, dass eine Kündigung nicht als Racheakt oder Bestrafung dafür erfolgen darf, dass Sie sich als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin gesetzeskonform verhalten oder Ihre legitimen Interessen vertreten haben. Dies gilt auch, wenn der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz in der sogenannten Wartezeit (oft die ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses) noch nicht greift.

Kündigungsgrund und Nachweis

Entscheidend ist hierbei der wirkliche Grund für die Kündigung. Wenn Sie gekündigt werden, muss der Arbeitgeber einen anderen, sachlichen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses haben, der nichts mit der Ausübung Ihrer Rechte oder dem Äußern einer zulässigen Bitte zu tun hat.

Stellen Sie sich vor, Sie fragen Ihren Arbeitgeber nach der Möglichkeit, eine andere Position im Unternehmen zu besetzen, oder Sie äußern einen Wunsch bezüglich Ihrer Arbeitszeiten. Eine Kündigung, die gerade deshalb ausgesprochen wird, wäre unzulässig.

Umgekehrt bedeutet das aber auch: Wenn Sie gekündigt werden und den Verdacht haben, dass die Kündigung eine Maßregelung ist, ist es Ihre Aufgabe, den ursächlichen Zusammenhang zwischen der von Ihnen geäußerten Bitte oder der Ausübung eines Rechts und der Kündigung glaubhaft zu machen. Das kann beispielsweise durch die zeitliche Nähe zur Handlung oder durch frühere Äußerungen des Arbeitgebers geschehen. Der Arbeitgeber müsste dann im Gegenzug darlegen, dass die Kündigung aus einem ganz anderen, unabhängigen Grund erfolgte.

Wichtig ist die Abgrenzung: Das Maßregelungsverbot schützt die zulässige Ausübung von Rechten oder das Äußern angemessener Bitten. Es schützt nicht vor einer Kündigung, wenn das Verhalten selbst nicht zulässig war (z.B. wiederholte Arbeitsverweigerung, Beleidigungen) oder wenn der Arbeitgeber einen anderen, nicht mit der Ausübung Ihrer Rechte zusammenhängenden, berechtigten Kündigungsgrund hat.


zurück

Wann ist eine Kündigung in der Wartezeit trotzdem unwirksam, auch wenn der Kündigungsschutz noch nicht gilt?

Normalerweise gilt der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) erst, wenn Ihr Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht. Diese ersten sechs Monate werden als Wartezeit bezeichnet. In dieser Zeit benötigt der Arbeitgeber in der Regel keinen besonderen Grund für eine Kündigung. Es gibt jedoch wichtige Ausnahmen, in denen eine Kündigung auch innerhalb dieser Wartezeit unwirksam sein kann.

Diskriminierung ist unzulässig

Eine Kündigung ist stets unwirksam, wenn sie diskriminierend ist. Das bedeutet, der Arbeitgeber darf Sie nicht aufgrund bestimmter Merkmale kündigen, die durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geschützt sind. Dazu gehören:

  • Rasse oder ethnische Herkunft
  • Geschlecht (z.B. weil Sie schwanger sind oder Elternzeit nehmen möchten)
  • Religion oder Weltanschauung
  • Behinderung
  • Alter
  • sexuelle Identität

Wenn die Kündigung auf einem dieser Gründe beruht, ist sie unzulässig, selbst wenn Sie noch keine sechs Monate im Betrieb sind. Dies ist eine direkte Folge des Diskriminierungsverbots.

Besondere Schutzvorschriften bleiben bestehen

Bestimmte Personengruppen genießen auch in der Wartezeit einen besonderen Kündigungsschutz, der über den allgemeinen Kündigungsschutz hinausgeht:

  • Mutterschutz: Schwangere Frauen und Mütter kurz nach der Geburt sind durch das Mutterschutzgesetz (MuSchG) besonders geschützt. Eine Kündigung ist in dieser Zeit in der Regel unzulässig, es sei denn, die zuständige Behörde stimmt ausnahmsweise zu.
  • Schwerbehinderte Menschen: Arbeitnehmer mit anerkannter Schwerbehinderung genießen einen besonderen Schutz nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX). Eine Kündigung ist hier nur mit Zustimmung des Integrationsamtes möglich, selbst in der Wartezeit.
  • Mitglieder von Betriebsräten oder Jugend- und Auszubildendenvertretungen: Gewählte oder noch nicht gewählte, aber bereits im Wahlprozess befindliche Mitglieder dieser Gremien genießen ebenfalls besonderen Schutz.

Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB)

Eine Kündigung kann auch dann unwirksam sein, wenn sie einen groben Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben darstellt. Dieser Grundsatz aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 242 BGB) besagt, dass jeder so handeln muss, wie es die Redlichkeit im Verkehr erfordert.

Dies ist eine sehr seltene Ausnahme und betrifft Fälle, in denen die Kündigung offensichtlich schikanös ist oder aus einem besonders verwerflichen Grund erfolgt, der nichts mit dem Arbeitsverhältnis zu tun hat. Stellen Sie sich vor, die Kündigung wird aus reiner Willkür, aus Rache oder aus einem völlig unsachlichen, extrem unfairen Motiv ausgesprochen. Ein Beispiel könnte eine Kündigung sein, die nur deshalb erfolgt, weil Sie eine rechtlich zulässige Beschwerde eingelegt oder ein Ihnen zustehendes Recht eingefordert haben.

Diese Fälle sind in der Praxis schwierig zu beweisen, da die Latte für einen solchen Verstoß sehr hoch liegt. Es reicht nicht aus, dass eine Kündigung einfach nur als unfair empfunden wird; sie muss gravierend missbräuchlich sein.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Arbeitgeber in der Wartezeit zwar keine Gründe nach dem Kündigungsschutzgesetz benötigt, aber er ist nicht völlig uneingeschränkt. Die genannten Ausnahmen stellen wichtige Grenzen dar, um grundlegende Rechte und Schutzbedürfnisse von Arbeitnehmern zu gewährleisten.


zurück

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Wartezeit

Die Wartezeit bezeichnet die ersten sechs Monate eines neu begonnenen Arbeitsverhältnisses, in denen der volle Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) noch nicht gilt (§ 1 Abs. 1 KSchG). Während dieser Phase kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis leichter beenden, ohne die umfangreichen sozialen oder personenbedingten Gründe nachweisen zu müssen, die sonst erforderlich sind. Die Wartezeit dient praktisch als Probephase, in der sich beide Seiten besser kennenlernen können, der Schutz vor Kündigung ist aber eingeschränkt.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer wird seit drei Monaten beschäftigt. Innerhalb dieser Zeit kann der Arbeitgeber ihn kündigen, ohne einen strengen Kündigungsschutz begründen zu müssen.


Zurück

Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG

Gemäß § 102 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) muss der Arbeitgeber vor jeder Kündigung den Betriebsrat anhören und ihm die Kündigungsgründe mitteilen. Die Anhörung dient dazu, den Betriebsrat in den Kündigungsprozess einzubeziehen und ihm die Möglichkeit zu geben, Stellung zu nehmen oder Einwände vorzubringen. Eine Kündigung ohne vorherige Betriebsratsanhörung ist grundsätzlich unwirksam. Diese Regel gilt auch in der Wartezeit, selbst wenn dort der volle Kündigungsschutz nicht greift.

Beispiel: Bevor ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter kündigt, informiert er den Betriebsrat schriftlich über die Gründe, damit dieser seine Sichtweise äußern kann.


Zurück

Maßregelungsverbot (§ 612a BGB)

Das Maßregelungsverbot nach § 612a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) schützt Arbeitnehmer davor, vom Arbeitgeber wegen der Ausübung ihrer Rechte benachteiligt oder bestraft zu werden. Eine Kündigung, die als unzulässige Maßnahme (also als „Strafe“) für ein zulässiges Verhalten wie etwa das Einfordern von Rechten oder eine berechtigte Bitte erfolgt, ist damit unwirksam. Entscheidend ist, ob die Kündigung tatsächlich wegen der geäußerten Handlung erfolgen soll, also ob diese Handlung der „tragende Beweggrund“ der Kündigung ist.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer bittet um eine Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz. Wird er deshalb gekündigt, kann dies einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot darstellen.


Zurück

Subjektive Determination

Die subjektive Determination ist ein rechtlicher Grundsatz, wonach der Arbeitgeber im Rahmen der Betriebsratsanhörung die eigenen, persönlichen Gründe für die Kündigungsentscheidung mitteilen muss. Dabei genügt bei einer Kündigung in der Wartezeit oft eine allgemeine persönliche Einschätzung oder ein Werturteil (etwa: „Der Arbeitnehmer ist für den Arbeitsplatz nicht geeignet“). Eine detaillierte, objektive Begründung oder Beweispflicht besteht nicht. Die subjektive Determination stellt sicher, dass der Betriebsrat nachvollzieht, welche Überlegungen den Arbeitgeber zur Kündigung bewogen haben.

Beispiel: Der Chef sagt dem Betriebsrat, dass er glaubt, der Mitarbeiter passe wegen mangelnder Eignung nicht zur neuen Aufgabe, ohne alle einzelnen Fehler aufzulisten.


Zurück

Kündigungsschutzgesetz (KSchG)

Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) reguliert, wann und unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer kündigen darf, um ihn vor willkürlichen oder sozial ungerechtfertigten Kündigungen zu schützen. Grundsätzlich gilt das KSchG erst nach Ablauf der sechmonatigen Wartezeit (§ 1 Abs. 1 KSchG). Danach muss der Arbeitgeber für eine Kündigung Gründe wie betriebliche Erfordernisse, personenbedingte Nachteile oder verhaltensbedingte Gründe nachweisen, die sozial gerechtfertigt sind. In der Wartezeit hingegen ist der Kündigungsschutz eingeschränkt, der Arbeitgeber benötigt keine detaillierte Begründung.

Beispiel: Nach bereits einem Jahr Betriebszugehörigkeit kann ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter nicht ohne Grund kündigen, sondern muss eine sozial gerechtfertigte Ursache angeben.

Zurück


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1 Absatz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Dieser Paragraph regelt die sogenannte Wartezeit von sechs Monaten, bevor der volle Kündigungsschutz für Arbeitnehmer greift. Innerhalb dieser Zeit kann der Arbeitgeber leichter kündigen, da das Gesetz hier keinen umfassenden sozialen Schutz vorsieht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Herr M. befand sich zum Zeitpunkt der Kündigung noch in der Wartezeit, weshalb der volle Schutz des KSchG nicht anwendbar war und die Kündigung leichter durchsetzbar ist.
  • § 102 Absatz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG): Vor jeder Kündigung muss der Arbeitgeber den Betriebsrat anhören und ihm die Kündigungsgründe mitteilen, damit dieser seine Stellungnahme abgeben kann. Die Mitteilungspflicht erstreckt sich auch auf Kündigungen während der Wartezeit, wobei der Arbeitgeber die subjektiven Motive für die Kündigung darlegen muss. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stellte fest, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Gründe, die ihn persönlich zur Kündigung bewogen, ausreichend mitgeteilt hat und die Mitteilung nicht durch explizite Nennung der Wartezeit ergänzt werden musste.
  • § 612a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Maßregelungsverbot: Dieses Verbot schützt Arbeitnehmer davor, wegen der Ausübung eines Rechts benachteiligt oder gekündigt zu werden. Die Maßregelung muss dabei der wesentliche Grund für die Kündigung sein, was der Arbeitnehmer beweisen muss. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Herr M. konnte nicht nachweisen, dass sein Wunsch nach Rückversetzung der entscheidende Kündigungsgrund war, da die Kündigungsentscheidung schon vor seiner Äußerung getroffen wurde.
  • § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Grundsatz von Treu und Glauben: Dieser Grundsatz verpflichtet zu einem fairen und loyalen Verhalten im Rechtsverkehr und kann Kündigungen verhindern, wenn sie gegen berechtigtes Vertrauen verstoßen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht sah keinen Verstoß gegen Treu und Glauben, da keine Zusicherung oder Erwartung bestand, dass Herr M. trotz der Wartezeit und der neuen Aufgaben nicht gekündigt werden würde.
  • Arbeitsrechtliche Grundsätze zur subjektiven Determination bei Betriebsratsanhörung: Die subjektive Determination verpflichtet den Arbeitgeber, dem Betriebsrat die persönliche Sichtweise und die Beweggründe für die Kündigung zu benennen, auch wenn diese auf allgemeinen Werturteilen beruhen und keine detaillierte Sachverhaltsaufbereitung erforderlich ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Arbeitgeber musste dem Betriebsrat nicht jede einzelne kleine Fehlleistung minutiös darlegen; die allgemeine Bewertung der Eignung von Herrn M. reichte aus, um den Anhörungszweck zu erfüllen.
  • Rechtsbegriff „Berufung“ im Arbeitsgerichtliches Verfahren: Die Berufung erlaubt es, eine erstinstanzliche gerichtliche Entscheidung durch ein höheres Gericht überprüfen zu lassen, wobei sowohl Rechts- als auch Tatsachenfragen geprüft werden können. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Herr M. nutzte die Berufung, um die Wirksamkeit der Kündigung überprüfen zu lassen, doch das Landesarbeitsgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung zugunsten des Arbeitgebers.

Das vorliegende Urteil


Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 7 Sa 251/21 – Urteil vom 16.02.2022


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Arbeitsrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Arbeitsrecht. Vom Arbeitsvertrag bis zur Kündigung. Nehmen Sie noch heute Kontakt zu uns auf.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Arbeitsrecht einfach erklärt

Weitere interessante arbeitsrechtliche Urteile

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!