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Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs – nicht registrierte Raucherpausen

Landesarbeitsgericht Bremen – Az.: 2 Sa 43/11 – Urteil vom 27.06.2012

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen- Bremerhaven vom 02.12.2010 – 5 Ca 5220/10 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand

Mit ihrer am 28.07.2010 eingegangenen Klage wendet die Klägerin sich gegen eine außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung vom 07.07.2010. Mit Klagerweiterung vom 03.09.2010, die am 06.09.2010 einging, wendet die Klägerin sich gegen eine weitere außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung vom 19.08.2010. Ferner macht sie Weiterbeschäftigung geltend.

Die … 1960 geborene, über 50 Jahre alte Klägerin ist verheiratet und einem Kind gegenüber zum Unterhalt verpflichtet.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen der Metallindustrie, das Stromversorgungseinrichtungen aller Art entwickelt und produziert. Die Beklagte beschäftigt in ihrem Betrieb in Bremen gut 50 Arbeitnehmer, ein Betriebsrat ist gewählt.

Die Klägerin ist seit dem 01.04.1981, also seit etwa 30 Jahren bei der Beklagten als Montiererin beschäftigt. Ihre letzte durchschnittliche monatliche Bruttovergütung beträgt € 2.652,42.

Mit Schreiben vom 28.06.2007 (Bl. 126 d.A.) wurde die Klägerin abgemahnt, weil sie sich einer Kollegin gegenüber ungebührlich verhalten haben soll.

Die Klägerin ist Raucherin. Im Betrieb gilt die Betriebsvereinbarung vom 01.05.2004, nach der in allen Gebäuden der Beklagten ein uneingeschränktes Rauchverbot besteht. In Ziffer 3 der Betriebsvereinbarung heißt es:

„Unterbrechung der Arbeitszeit

Beginn und Ende der Rauchpausen sind durch Ab- und Anstempeln im Personalzeiterfassungssystem und im AMS-System (durch Unterbrechungsbuchung) zu dokumentieren.“ (Bl. 88 d. A.).

Auf die Verpflichtung, die Arbeitszeit korrekt zu erfassen, wird von der Beklagten im Rahmen von Ethik-Schulungen hingewiesen. Im Einzelnen heißt es in einer für eine solchen Schulung verwendeten Folie:

„Ethikkodex und Geschäftsgebaren

Erfassung der Arbeitszeit: Genauigkeit und Ehrlichkeit

Staatliche Gesetze und Bestimmungen wie der zivil- und strafgesetzliche False Claim Act, FAR und sonstige Gesetze verhängen erhebliche verwaltungsrechtliche, zivilrechtliche und strafrechtliche Strafen für das Fälschen oder die fehlerhafte Erfassung von Arbeitszeiten.

Denken Sie daran, dass ihre Firma unehrliches Verhalten melden muss, sobald ihr eindeutige Beweise dafür vorliegen.

Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs - nicht registrierte Raucherpausen
Symbolfoto: Von Nutlegal Photographer /Shutterstock.com

Wenn Sie dazu angestiftet werden, an betrügerischen oder fehlerhaften Zeiterfassungen teilzunehmen oder wenn sie ein solches Verhalten bei anderen bemerken, melden Sie dieses Problem unverzüglich. Sie können sich hierzu entweder an den Vorgesetzten wenden oder, falls notwendig, anonym die Ethik-Hotline der Firma anrufen.

Jeder Mitarbeiter, der Betrug, Verschwendung oder Missbrauch in gutem Glauben meldet, wird vor Vergeltungsmaßnahmen geschützt.

Denken Sie daran, jede Stunde ihrer Arbeitszeit stets ehrlich und genau zu erfassen. Sollten Sie Fragen oder Bedenken haben, raten sie nicht – wenden Sie sich lieber an ihre Vorgesetzten.“

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin nicht in allen Fällen, in denen sie eine Rauchpause außerhalb des Gebäudes gemacht hat, das Zeiterfassungssystem ordnungsgemäß betätigt hat.

Die Beklagte führte dazu im Juni 2010 Ermittlungen durch, nachdem eine Mitarbeiterin der Personalabteilung davon informiert wurde, das rauchende Beschäftigte Raucherpausen nehmen würden, die sie nicht – wie vorgeschrieben – durch Ab- und an Stempeln im Personal Zeiterfassungssystem dokumentieren.

Die Zeiterfassung der Beklagten findet über 2 Standterminals statt, die sich am Haupteingang/-Ausgang sowie an einem Seiteneingang/-Ausgang finden. Letzterer wird benutzt, um zum Rauchen hinaus und wieder hinein zugehen und zum Parkplatz zu gelangen. Der Seiteneingang kann zum Hinausgehen auch ohne Betätigung des Terminals genutzt werden. Zum wieder Hineingehen muss jeweils eine „Danke“- bzw. „Konto-0“-Betätigung erfolgen. Bei der Durchsicht der Buchungen ist der Beklagten bei der Klägerin aufgefallen, dass sich bei ihr tagsüber „Danke-“ und „Konto-0“ Einträge im Abstand von wenigen Minuten finden. Solche Buchungen entstehen, wenn der entsprechende Mikrochip, der für die Zeiterfassung benutzt wird, nur an das Terminal gehalten wird, ohne dass eine weitere Funktion durch Tastendruck ausgelöst wird. Eine An- oder Abmeldung setzt demgegenüber voraus, dass jeweils sowohl der Mikrochip vorgehalten, als auch die entsprechende grüne „Kommen-“ und rote „Gehen-“ Taste gedrückt wird. Die Klägerin wurde daraufhin im Zeitraum vom 22. bis 29.06.2010 während ihrer Raucherpause beobachtet. Die Klägerin hat an diesen Tagen mindestens einmal geraucht, ohne korrekt zu stempeln, wobei Einzelheiten zwischen den Parteien streitig sind. Unstreitig hingegen ist, dass die Klägerin auch Raucherpausen gemacht hat, die korrekt gestempelt sind. Entsprechende Buchungen finden sich auch in den Daten der Zeiterfassung seit Oktober 2009.

Nach Bewertung der Ermittlungen kam die Beklagte zu dem Schluss, dass das Vertrauen gegenüber der Klägerin zerstört und eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr möglich sei.

Mit Schreiben vom 07.07.2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich und hilfsweise ordentlich (Bl. 14 d. A.). Die Kündigung wurde durch ein Betriebsratsmitglied am 07.07.2010 in den Briefkasten der Klägerin eingeworfen, der dem Betriebsratsvorsitzenden nachträglich unmittelbar bestätigt hat, dies getan zu haben.

Mit ihrer Kündigungsschutzklage vom 28.07.2010 beantragte die Klägerin hilfsweise die nachträgliche Zulassung und legte mit Schriftsatz vom 30.07.2010 eine eidesstattliche Versicherung vor, in der sie unter anderem erklärt, sie sei erst am 23.07.2010 gegen Mitternacht wieder nach Bremen zurückgekehrt und habe daher auch erst am 23.07.2010 ein Kündigungsschreiben ihres Arbeitgebers mit dem Datum vom 07.07.2010 aufgefunden. Es sei ihr vor dem 23.07.2010 nicht möglich gewesen, Kenntnis von der Kündigung zu erhalten. Der Briefkasten sei während ihrer Abwesenheit zwar geleert worden, sie habe jedoch keine Mitteilung über den Zugang eines Kündigungsschreibens erhalten. Wegen des weiteren Inhalts der Erklärung wird auf diese verwiesen (Bl. 20 d.A.). Die Klägerin war vom 24.06.2010 bis zum 23.07.2010 mit ihrer Familie im Urlaub in der Türkei gewesen, der Urlaub war der Beklagten bekannt. Am 14.07.2010 hatte die Klägerin ein Telefonat mit dem Vorsitzenden des Betriebsrats der Beklagten geführt.

In einem, an den Geschäftsführer der Beklagten adressierten Vermerk des Betriebsratsvorsitzenden heißt es unter anderem:

„Im weiterem Gespräch bestätigte ich ihr, dass ihr am 07.07.2010 eine fristlose Kündigung zugestellt worden ist. Ich schilderte ihr den Sachverhalt, welcher zu dieser Maßnahme geführt hat. (Arbeitszeitbetrug während der Raucherpause)

Während des Gesprächs erörterte ich mit ihr die Vor,- und Nachteile einer fristlosen Kündigung oder eines Aufhebungsvertrages in Bezug auf ein weiteres Arbeitsleben. Ich gab den Hinweis, dass Frau G. nach reiflicher Überlegung einen Aufhebungsvertrag bevorzugt hat.

Hierauf teilte mir Frau A. mit, dass Sie sich erst einmal Gedanken machen müsse. Sie fragte mich, ob denn ihre Tochter – die wohl eher aus dem Urlaub zurückkommen würde – für sie eine Kündigungsschutzklage einreichen könne?

Ich verneinte diese Frage und sagte, dass es nach meinem Wissensstand nicht möglich ist, ich aber auch kein Jurist bin.

Wir verblieben mit den Sätzen – sie möge sich nach Ihrer Rückkehr bitte bei Frau R. telefonisch melden, um den weiteren Verlauf zu besprechen und dass der Betriebsrat sowie die Geschäftsleitung gerne für eine Anhörung zur Verfügung stehen.“

Mit weiterem Schreiben vom 19.08.2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis vorsorglich erneut außerordentlich und hilfsweise ordentlich (Bl. 29 d. A.).

Der Betriebsrat stimmte der ersten außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung mit Beschluss vom 07.07.2010 zu (Bl. 86 d. A.). Der zweiten außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung stimmte der Betriebsrat mit Beschluss vom 17.08.2010 zu (Bl. 94/95 d.A.).

Die Beklagte erstattete Anzeige. Gegen die Klägerin wurde ein Strafverfahren eingeleitet, das nach Eröffnung der Hauptverhandlung eingestellt worden ist. Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der eigenen notwendigen Kosten der Klägerin wurden der Staatskasse auferlegt.

Die Klägerin meint, wichtige Gründe für die außerordentlichen Kündigungen bestünden nicht, die hilfsweise ordentlichen Kündigungen seien sozial nicht gerechtfertigt. Sie rügt die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats.

Die Klägerin hat beantragt:

1. Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die außerordentlich fristlose noch durch die ordentlich fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 07.07.2010 aufgelöst wird.

2. Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 19.08.2010 nicht aufgelöst wird.

3. Die Beklagte zu verurteilen, sie zu unveränderten Arbeitsbedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Montiererin weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, als Ergebnis ihrer Ermittlungen sei der dringende Verdacht entstanden, dass die Klägerin in dem jeweiligen Zeitraum von nur wenigen Minuten zwischen den entsprechenden „Scheinbuchungen“ ihre Raucherpausen genommen habe. Entsprechendes Verhalten der Klägerin sei bis März 2010 zurückverfolgbar. Während sie überwiegend korrekt gestempelt habe, habe sie an einer Vielzahl von Tagen in ca. 1 bis 3 Fällen pro Tag das Stempeln nur vorgetäuscht. Es liege ein Arbeitszeitbetrug von mindestens ca. 10 Minuten an vielen Arbeitstagen über einen Zeitraum von mindestens vier Monaten vor. Sie habe gegen die Betriebsvereinbarung fortgesetzt verstoßen und bewirkt, dass tatsächliche Pausen als Arbeitszeit gewertet worden seien. Erschwerend komme hinzu, dass sie ebenfalls über mehrere Monate verschleiernde Handlungen vorgenommen habe. Sie habe jeweils, um dies gegenüber begleitenden Kollegen zu verschleiern, ihren persönlichen Chip vor das Arbeitszeiterfassungsterminal gehalten, um den Eindruck zu erwecken, sie stempele korrekt. Es handele sich also nicht nur um einen monatelangen systematischen Arbeitszeitbetrug, sondern auch um entsprechende systematische Verschleierungshandlungen. Sie habe sich bewusst und eigenmächtig systematisch über Regelungen des Arbeitsverhältnisses hinweggesetzt und in einem Bereich, in dem ihr Vertrauen gewährt worden sei, deutlich gemacht, dass sie gewillt sei, zu seinem eigenen finanziellen Vorteil zu betrügen.

Dies rechtfertige die Kündigung vom 07.07.2010.

Die Kündigung vom 19.08.20120 sei gerechtfertigt, weil die Klägerin versucht habe, den Kündigungsschutzprozess betrügerisch zu beeinflussen und hierzu eine Straftat zu begehen. Die Behauptung der Klägerin in der eidesstattlichen Versicherung vom 30.7.2010, es sei ihr vor dem 23.07.2010 nicht möglich gewesen, Kenntnis von der Kündigung zu erhalten und sie habe während ihres Urlaubes auch keine Mitteilung über den Zugang eines Kündigungsschreibens erhalten, seien falsch. Im Telefongespräch mit dem Betriebsratsvorsitzenden am 14.07.2010 habe der Betriebsratsvorsitzende bestätigt, dass ihr am 07.07.2010 eine fristlose Kündigung zugestellt worden sei. Die Ausführungen der Klägerin in der eidesstattlichen Versicherung entsprächen damit offensichtlich nicht der Wahrheit, sie seien schlicht gelogen. Die Klägerin habe zudem gerade im maßgeblichen Bereich des § 5 KSchG, nämlich der Art und dem Zeitpunkt der Kenntnis vom Zugang der Kündigung die Unwahrheit geschildert. Vor diesem Hintergrund sei für die Beklagte erst recht jegliches Vertrauen gegenüber der Klägerin zerstört.

Die Anhörungen des Betriebsrats seien ordnungsgemäß erfolgt.

Die Klägerin hat erwidert, sie hätte, wenn sie hinsichtlich der Rauchpausen befragt worden wäre, ausgeführt, dass sie das Verlassen des Arbeitsplatzes in der Regel am Zeiterfassungssystem mit „gehen und kommen“ quittiere. Die Frühstückspause von 9:30 Uhr bis 9:45 Uhr und die Mittagspause von 12:30 Uhr bis 13:00 Uhr tauchten in der Zeiterfassung aber nicht auf. Diese Pausen verbringe sie am Arbeitsplatz. Sie könne nicht buchen, wenn sie ihre Pause gar nicht vollständig genommen habe. Oft sei es so, dass sie beim Pausenklingeln nicht die Arbeit sofort fallen lasse, sondern manchmal 5 Minuten, 10 Minuten oder eine Viertelstunde in die Pause hineinarbeite. Dies sei erforderlich, um komplexe Arbeiten, in die sie gerade gedanklich stark eingespannt sei, fertig zustellen. Aus Gerechtigkeitsgründen habe sie dann gedacht, warum sie jetzt eine Raucherpause abstempeln solle, wenn die Firma S. ihr nicht ermögliche, in der Zeiterfassung zu dokumentieren, dass sie ihre Pause nicht vollständig habe nehmen können. Manchmal stempele sie dann eine Raucherpause nicht aus, könne sich an genaue Daten aber nicht erinnern. Die Auswertung des Zeiterfassungssystems nach „Danke-“ Buchungen sei nicht geeignet, zu belegen, ob und in welchem Umfang sie von ihr genommene Pausen nicht ordnungsgemäß verbucht habe. Die Aufzeichnungen der Beklagten enthielten auch Buchungen, die durch sie nicht bewusst ausgelöst worden seien. Zudem sei sowohl dem Betriebsratsvorsitzenden wie auch der Geschäftsführung bekannt gewesen, dass von einer Vielzahl von Mitarbeitern Raucherpausen abgehalten worden seien, ohne dass dies im Zeiterfassungssystem verbucht worden sei. Daher habe sie nicht davon ausgehen müssen, dass die Beklagte ihr Verhalten als Verstoß gegen die Betriebsvereinbarung und damit gegen arbeitsvertragliche Pflichten werten würde. Keineswegs habe sie davon ausgehen müssen, dass ihr Verhalten als derart schwerwiegend angesehen werde, dass es die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und sogar eine fristlose Kündigung zur Folge haben würde. Sie sei sich einer Schuld nicht bewusst gewesen, sondern sei davon ausgegangen, dass sich ihr Verhalten innerhalb des von der Beklagten tolerierten und akzeptierten Arbeitsverhaltens halten würde. Daher sei eine Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung keineswegs entbehrlich gewesen, diese sei vielmehr erfolgversprechend gewesen, die ausgesprochene Kündigung sei unverhältnismäßig. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin seit 30 Jahren beschäftigt sei und sich stets loyal verhalten und zum Beispiel zahlreiche Verbesserungsvorschläge eingereicht habe.

Eine falsche eidesstattliche Versicherung habe sie nicht abgegeben. Der Betriebsratsvorsitzende habe ihr im Telefonat am 14.07.2010 nicht definitiv sagen können, dass ihr eine Kündigung bereits zugestellt worden sei. Er habe davon gesprochen, dass wohl auch sie eine Kündigung erhalten solle. Ihre Tochter sei am 17.07.2010 in der Wohnung gewesen und habe die Post kontrolliert. Sie habe ihr gegenüber gesagt, dass in der Post kein Kündigungsschreiben Vorgelegen habe. Die – wie sich im Verlauf des Prozesses gezeigt hat – überflüssige eidesstattliche Versicherung sei auch richtig, soweit die Klägerin erklärt habe, vor dem 23.07.2010 nicht die Möglichkeit gehabt zu haben, Kenntnis von der Kündigung zu erhalten. Damit sei Kenntnis vom konkreten Kündigungsschreiben gemeint. Auch der weitere Inhalt der eidesstattlichen Versicherung sei zutreffend. Es könne allerdings sein, dass ihre Tochter das Kündigungsschreiben übersehen habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in 1. Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven hat am 02.12.2010 folgendes Urteil verkündet:

1. Es wird festgestellt, dass Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die außerordentliche fristlose, noch durch die ordentliche fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 07.07.2010 aufgelöst worden ist oder aufgelöst wird.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 19.08.2010 nicht aufgelöst worden ist oder aufgelöst wird.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Montiererin weiter zu beschäftigen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

5. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf Euro 15.915,52 festgesetzt.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Zur Begründung seiner Entscheidung führt das Arbeitsgericht aus, Manipulationen im Zusammenhang mit der elektronischen Erfassung von Arbeitszeiten seien wegen des damit verbundenen schweren Vertrauensmissbrauchs grundsätzlich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Im vorliegenden Falle führten allerdings die Umstände des Einzelfalles bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung aber dazu, dass ein hinreichender Grund für eine außerordentliche Kündigung nicht bestehe. Als Reaktion der Beklagten auf das Fehlverhalten der Klägerin hätte vielmehr eine Abmahnung ausgereicht. Zweck einer verhaltensbedingten Kündigung sei nicht die Sanktion für Vertragspflichtverletzungen, sie diene vielmehr der Vermeidung des Risikos weiterer Pflichtverletzungen. Die Klägerin habe seit ca. 30 Jahren im Wesentlichen unbeanstandet ihre Pflichten bei der Beklagten erfüllt und fast ihr gesamtes Arbeitsleben bei der Beklagten verbracht. Angesichts der Dauer der im Wesentlichen ungestörten Vertragsbeziehungen sei der aufgebaute Vertrauensvorrat durch das Fehlverhalten der Klägerin nicht vollständig aufgezehrt. Es habe sich zwar nicht um einmalige Vorfälle gehandelt, sondern um ein mehrere Monate andauerndes Fehlverhalten. Dabei müsse aber auch berücksichtigt werden, dass es die Beklagte nicht für nötig befunden habe, nach Vereinbarung der Betriebsvereinbarung darauf hinzuweisen, welche Konsequenzen ein Unterlassen des Ausstempelns bei Raucherpausen habe. Sie habe auch keine Kontrollen durchgeführt und es der Klägerin also leicht gemacht, ihr Verhalten fortzusetzen. Die Klägerin habe bei der erstmaligen Konfrontation mit den gegen sie erhobenen Vorwürfen ihr Fehlverhalten grundsätzlich eingeräumt. Sie habe zwar aus ihrer Sicht Gründe vorgetragen, die sie entlasten sollten, sie habe aber den Kern der Vorwürfe nicht bestritten. Auch dies sei ein Gesichtspunkt, der zu ihren Gunsten zu berücksichtigen sei. Die Darlegungen der Klägerin überzeugten die Kammer, dass sie nicht perfide und böswillig in betrügerischer Absicht gehandelt habe. Sie sei offenbar der Meinung gewesen, im Wege des Ausgleiches für ansonsten nicht erfasste Arbeitszeit die eine oder andere Raucherpause nicht stempeln zu müssen. Dies sei zwar eine Fehleinschätzung, da dem einzelnen Arbeitnehmer nicht überlassen werden können, durch entsprechende Manipulationen der Zeiterfassung selbst darüber zu bestimmen, wann Arbeitszeit vorliege und wann nicht. Durch ihre Darlegung entstehe aber das Bild einer unbedacht handelnden Arbeitnehmerin, die sich zwar darüber im Klaren sei, falsch zu handeln, ihren Fehler aber nicht als gravierendes Fehlverhalten einschätze, das bei Entdeckung zu einer Kündigung führen könne. Auch dies mache deutlich, dass eine Abmahnung zu einer Verhaltensänderung der Klägerin geführt hätte.

Der der Klägerin zu machende Vorwurf würde zwar verschärft, weil die Klägerin durch Vornahme von scheinbaren Buchungen den Eindruck erweckt habe, vorschriftsmäßig zu handeln. Dies könne aber nicht dazu führen, dass eine Abmahnung entbehrlich wäre, da die Klägerin zur Überzeugung der Kammer durchaus gewusst habe, die betrieblichen Regeln zu verletzen, was nahe lege, dies nicht öffentlich zu tun, sondern zu kaschieren. Schließlich müsse zugunsten der Klägerin berücksichtigt werden, dass sie mit über 50 in einem Alter sei, in dem der Verlust des langjährigen Arbeitsplatzes bei der Beklagten zum völligen sozialen Absturz zu führen drohe. Weiter sei zu beachten, dass die Klägerin einem Kind gegenüber unterhaltspflichtig sei.

Es sei ferner zu berücksichtigen, dass der Beklagten durch das Verhalten der Klägerin kein messbarer wirtschaftlicher Schaden entstanden sei. Die Beklagte trage nicht vor, dass die Klägerin ihrer Arbeit wegen der nicht gestempelten Raucherpausen schlechter, langsamer oder nicht termingerecht erledigt hätte. Im Fehlverhalten der Klägerin liege daher auch kein Betrug im strafrechtlichen Sinne. Die Beklagte habe auch nicht widerlegt, dass die Klägerin mit den nicht gestempelten Raucherpausen auch Pausenarbeit habe ausgleichen wollen.

Die Auffassung, eine Abmahnung sei im vorliegenden Fall ausreichend, entspreche auch den immer wieder angeführten Grundsätzen unseres christlich-abendländisch geprägten Kulturkreises, die bei einer rechtlichen Bewertung, ob ein weiteres Zusammensein den Beteiligten zuzumuten ist, als ethischer und kultureller Standard heranzuziehen seien.

Danach sei keine alttestamentarische Strenge geboten, vielmehr hätten die Grundsätze der Einsicht in menschliche Fehlbarkeit zu gelten.

Die weitere Kündigung der Beklagten sei nicht wirksam, weil der Klägerin nicht vorgehalten werden könne, durch Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung einen versuchten Prozessbetrug begangen zu haben.

Für die hilfsweise ausgesprochenen fristgerechten Kündigungen könne nichts anderes gelten.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung der Entscheidung wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils (Blatt 216-226 der Akte) verwiesen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Beklagten am 18.03.2011 zugestellt. Deren Berufung ging am 28.03.2011, die Berufungsbegründung nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 20.06.2011 beim Landesarbeitsgericht Bremen ein.

Die Beklagte greift die erstinstanzliche Entscheidung mit vertieften Rechtsausführungen und erweitertem Sachvortrag an.

Sie führt aus, es stelle die Dinge auf den Kopf, wenn das Arbeitsgericht ausführe, der Beklagten sei vorzuwerfen, sie habe die Klägerin nicht explizit darauf hingewiesen, welche Konsequenzen ein Unterlassen es Ausstempeln bei Raucherpausen haben könne. Schuld sei nicht mehr „der Täter“, sondern das „Opfer“, denn es habe dem Täter die Tat ja zu leicht gemacht. Das Arbeitsgericht werfe der Beklagten vor, sie habe quasi damit rechnen müssen, dass Mitarbeiter über Jahre hinweg falsch stempeln und dies verschleiern und sie hätte deshalb ein entsprechendes ausgefeiltes Kontrollsystem aufbauen müssen. Weil sie nicht mit der entsprechenden kriminellen Energie ihrer Mitarbeiter gerechnet habe, dürften diese sich zugutehalten, dass ihre kriminelle Energie gar nicht so schlimm sei. Statt mit der Aufforderung des Bundesarbeitsgerichts die Heimlichkeit des Verhaltens einem Arbeitnehmer gerade hinsichtlich der Prognose zur Last zu legen, setze das Arbeitsgericht die Klägerin umgekehrt in ein milderes Licht, weil die Beklagte nicht auch noch Kontrollmaßnahmen für verschleierndes heimliches Verhalten erdacht und durchgeführt habe. Der Beklagten könne auch nicht vorgehalten werden, sie habe die Klägerin nicht auf die Konsequenzen des Unterlassens des Ausstellers bei Raucherpausen hingewiesen. Kein Arbeitnehmer rechne damit, dass ein Arbeitgeber im Vorfeld für die Verletzung jeglicher Pflichten einen Katalog aufstelle, wann in welcher Form bei Verletzung mit einer Kündigung zu rechnen sei.

Der Umstand, dass die Klägerin im Verlauf des Prozesses die Vorwürfe im Kern eingeräumt habe, sei ohne näheren Einfluss auf die Interessenabwägung. Prozessuales Verhalten könne auch prozesstaktisch bestimmt sein. Im Übrigen habe die Klägerin ihre Handlung bislang keineswegs bedauert. Sie habe diese im Prozess gerade als gerechtfertigt verteidigt. Dies führe erst recht zu einer negativen Zukunftsprognose.

Gleiches gelte für den Umstand, dass die Klägerin versucht habe, Kollegen gleichartige Verstöße in die Schuhe zu schieben, die diese nicht begangen hätten.

Das Arbeitsgericht werte auch die Verdeckungshandlungen der Klägerin falsch. Gerade dieser Umstand begründe eine negative Prognose. Wer bewusst und gewollt über Tage und Monate hinweg zusätzlich verschleiernde Handlungen einsetzte, mache deutlich, dass ihm die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens jeden Tag neu bewusst sei, er vor Entdeckung Angst habe und sie diese dennoch an jedem neuen Tag von neuem begehe. Wer hierzu über einen langen Zeitraum in der Lage sei, dessen Verhalten werde keine Abmahnung ändern, allenfalls würde die Klägerin ihr Verhalten – aus Angst erwischt zu werden – noch besser „neu organisieren“. Für die Klägerin sei offensichtlich und erkennbar ausgeschlossen gewesen, dass die Beklagte ihre Falschbuchungen hinnehmen wolle. Verschleierndes Verhalten werte das Bundesarbeitsgericht im Übrigen im Zusammenhang mit der Anhörung einer Verdachtskündigung als belastend für den Arbeitnehmer.

Das Arbeitsgericht gehe auch zu Unrecht davon aus, dass der Beklagten kein messbarer wirtschaftlicher Schaden entstanden sei. Gehe man von durchschnittlich 2 Falschbuchungen pro Arbeitstag aus, ergebe sich bereits für den Zeitraum März bis Juni 2010 unterschlagene Arbeitszeit im Umfang von 13,33 h. Die Klägern habe damit Arbeitszeit im Wert von ca. 235 € unterschlagen. Entsprechender Diebstahl oder Unterschlagung schon deutlich geringere Summen rechtfertigte fraglos eine fristlose und erst recht eine fristgerechte Kündigung. Die Klägerin habe nichts anderes getan, sondern ihre betrügerischen Handlungen nur geschickter in Szene gesetzt. Ihre Prognose ist deshalb nicht besser, sondern noch schlechter als im Fall eines einzelnen Vermögensdelikts. Im Übrigen sei es auch nicht Aufgabe der Beklagten, einen Schaden durch die entsprechend entgangene Arbeitszeit zu belegen. Dies könne nach ständiger Rechtsprechung aufgrund ausgefallener Arbeitszeit unterstellt werden.

Unverständlich sei die Auffassung des Arbeitsgerichts, die Klägerin wolle mit unbestimmter Raucherpausen auch eigene Arbeit in ihren Pausen ausgleichen. Arbeitszeit liege auch dann nicht vor, wenn der Arbeitnehmer aus eigener Vollkommenheit rechtsirrig meine, sie anordnen zu dürfen. Überdies habe die Klägerin nur völlig pauschal behauptet, sie habe „oft“ 5-10 min in die Pause hinein gearbeitet. Die Beklagte habe dies substantiiert bestritten. Spätestens dann hätte die Klägerin mindestens beispielhaft Zeitpunkt und Arbeiten nennen müssen, um der Beklagten den Gegenbeweis zu ermöglichen. Was nicht detailliert beschrieben worden sei, könne auch von der Beklagten nicht widerlegt werden. Darauf hinzuweisen sei, dass die Klägerin zum einen nicht komplexe, sondern einfache Arbeiten erledigt habe, die arbeitstechnisch jederzeit unterbrochen werden können. Es sei auch völlig unbekannt und nicht beobachtet worden, dass sie in die Pausen hinein gearbeitet habe. Sie habe ihre Pausen stets ganz draußen verbracht.

Es sei weiter darauf hinzuweisen, dass die Beklagte nach einem entsprechenden Vortrag der Klägerin alle in Betracht kommenden und von der Klägerin genannten Kollegen gefragt habe, ob diese das Gebäude zum Rauchen verlassen hätten, ohne auszubuchen. Dies sei mit einer Ausnahme nicht der Fall gewesen. Hierfür habe die Beklagte auch keine Anhaltspunkte. Ausschließlich die Klägerin und 2 weitere Mitarbeiter, die ebenfalls gekündigt wurden bzw. ausgeschieden sind, hätten sich so verhalten. Eingeräumt habe den Vorwurf nur ein Mitarbeiter, bei dem die Beklagte unter Zurückstellung von Bedenken von einer Kündigung abgesehen und eine Abmahnung hat ausreichen lassen. Dies deshalb, weil sich einzelne Tage nicht näher hätten nachweisen lassen und auch keine verschleiernden Buchungen vorgenommen worden seien. Außerdem habe der Mitarbeiter sofort zugegeben, dass es für sein Verhalten keine Entschuldigung gebe und dass er dies bedaure.

Die Klägerin sei noch zuletzt hinsichtlich Ehrlichkeit, insbesondere auch im Hinblick auf Arbeitszeitaufzeichnungen geschult worden. Thema der Schulungen zum Thema Ethik sei unter anderem der Aspekt „Genauigkeit und Ehrlichkeit bei der Erfassung der Arbeitszeit“ gewesen. Der Klägerin sei demnach in jeder Hinsicht bewusst gewesen, welchen Wert die Beklagte auf dieses Thema lege.

Das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin sei auch keinesfalls unbelastet gewesen. Die Klägerin sei am 28.06.2007 wegen ihres Umgangs mit Arbeitskollegen und bereits im Jahr 1998 wegen ihres Arbeitsverhaltens abgemahnt worden.

Auch die fristlose Kündigung vom 19.08.2010 sei wirksam. Die Bewertung des Arbeitsgerichtes sei offensichtlich falsch. Das Arbeitsgericht habe sich mit den rechtlichen Voraussetzungen einer eidesstattlichen Versicherung wie auch einer nachträglichen Zulassung gar nicht näher befasst. Es wäre sonst zu einem anderen Ergebnis gekommen. Die Erklärung der Klägerin in der eidesstattlichen Versicherung, sie habe keine Mitteilung über den Zugang des Kündigungsschreibens erhalten, sei falsch, weil der Betriebsratsvorsitzende der Klägerin am 14.07.2010 mitgeteilt habe, dass ihr ein Kündigungsschreiben zugegangen sei und sogar die mögliche Reaktion hierauf ausführlich mit ihr erörtert habe.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 02.12.2000 hin zum Az. 5 Ca 5220/10 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung unter Vertiefung ihres eigenen Sachvortrages mit Rechtsausführungen.

Die Klägerin führt zum Vorwurf falscher eidesstattlicher Versicherung aus, sie habe am 14.07.2010, nachdem sie einen Anruf einer Kollegin erhalten habe, mit dem Betriebsratsvorsitzenden telefoniert. Für sie habe sich aus dem Gespräch ergeben, dass ihr wohl auch gekündigt werden solle, oder dass sie gekündigt worden sei. Ein genaues Datum des Zugangs der Kündigung ergab sich für die Klägerin aus diesem Gespräch nicht. Die Klägerin habe ihre Tochter beauftragt, die bereits am 17.07.2010 aus dem Urlaub nach Bremen zurückgekehrt sei, die eingegangene Post durchzusehen und sie unverzüglich zu unterrichten, wenn sich ein Kündigungsschreiben der Beklagten darunter befinde. Die Tochter habe ihr mitgeteilt, dass sie kein Kündigungsschreiben in der Post gefunden habe. Das Kündigungsschreiben habe die Klägerin nach ihrer Rückkehraus dem Urlaub am 23.07. vorgefunden. Wegen der nicht vorhandenen Kenntnisse des genauen Zugangs des Kündigungsschreibens sei mit der Kündigungsschutzklage vom 28.07.2010 vorsorglich ein Antrag gemäß § 5 auf nachträgliche Zulassung gestellt worden. Wenn die Klägerin durch das Gespräch mit dem Betriebsratsvorsitzenden Kenntnis davon erlangt hätte, dass ihr das Kündigungsschreiben am 07.07.2010 zugestellt worden sei, hätte es keines Antrags auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage mehr bedurft.

Die Aktennotiz des Betriebsratsvorsitzenden sei an den Arbeitgeber weitergegeben, ohne dass die Klägerin diesen autorisiert hätte, über den Inhalt des zwischen ihnen geführten Gesprächs Dritte zu informieren.

Die Klägerin bekräftigt ihre Auffassung, dass die Kündigung wegen nicht gestempelter Raucherpausen schon deshalb unwirksam sei, weil es an einer einschlägigen Abmahnung fehle. Die Klägerin sei von einer gewissen Üblichkeit des zeitweiligen Unterlassens des Ausstempelns bei den Raucherpausen oder von einer Kenntnis dieser Handlungsweise durch Vorgesetzte und andere Mitarbeiter ausgegangen. Selbst wenn die Klägerin hierin irren sollte, so habe gerade die langjährig vorgenommene Handhabung diesen Irrtum bestärkt. Da die Klägerin in der gesamten Zeit seit Inkrafttreten der Betriebsvereinbarung zum Nichtraucherschutz von keinem Vorgesetzten, aber auch von keinem sonstigen Mitarbeiter darauf angesprochen wurde, dass Zweifel an ihrem ordnungsgemäßen Verhalten bestehe, sei bei ihr der Eindruck entstanden, sie verhalte sich beanstandungsfrei.

Richtig sei, dass die Klägerin an Schulungen teilgenommen habe. Hierbei habe es Erläuterungen gegeben und es seien kurze Filme gezeigt worden, die jeweils ein Fehlverhalten eines Mitarbeiters beinhalten sollten. Anschließend hätten die Schulungsteilnehmer Fragen per Ankreuzen/Anklicken zu beantworten gehabt. Diese Fragen hätten sich in den meisten Fällen nicht auf den Mitarbeiter selbst, der das Verhalten begangen haben soll, sondern auf jemanden, der dies beobachtet habe und dessen erforderliche Reaktion bezogen. Auf arbeitsrechtliche Konsequenzen bei Fehlverhalten hätten sich die Schulungen nicht bezogen.

Aufgrund der langjährigen Handhabung „Danke“-Buchungen oder „Konto-Null“- Buchungen auszulösen, anstelle jede Raucherpause als Arbeitszeitunterbrechung zu erfassen, habe auch keine beabsichtigte Verschleierung mehr Vorgelegen. Diese Buchungen hätten sich als übliche Handhabung eingeschlichen. Dies sei auch von anderen so gehandhabt worden, ohne dass dies trotz Kenntnis der Vorgesetzten zu arbeitsvertraglichen Sanktionen geführt hätte. Die Klägerin wolle ihren Kollegen nichts in die Schuhe schieben, die Klägerin sei jedenfalls irrtümlich davon ausgegangen, dass dies von der Beklagten toleriert werde.

Der Klägerin könne nicht unterstellt werden, sie hätte sich auch nach Abmahnung weiterhin vertragswidrig verhalten. Natürlich hätte die Klägerin Veranlassung gehabt, ihr Verhalten nach einer entsprechenden Abmahnung zu ändern.

Die Klägerin habe gemeint, ihre Praxis werde toleriert, weil sie immer wieder in reguläre Pausenzeiten hinein gearbeitet habe, um eine begonnene Arbeit fertig zustellen oder soweit auszuführen, dass nach der Pause der Anschluss leicht zu finden sei. Die Bestückung von Leiterplatten, mit der sie befasst sein, könne je nach Art nur wenige Minuten dauern, zum Teil aber auch mehrere Tage. Genaue Daten könne die Klägerin, gerade weil dies alltägliche Praxis war, nicht nennen. Anderen Kollegen sei das Verhalten der Klägerin jedoch aufgefallen.

Die Beklagte könne ihr nicht vorwerfen, sie habe die ihr übertragenen Aufgaben nicht vollständig oder nicht fristgerecht erledigt. Die Klägerin habe sich ganz im Gegenteil im Interesse der Beklagten verhalten und beispielsweise noch schnell Leiterplatten fertig gestellt, deren rechtzeitige Fertigstellung erforderlich war, damit die Beklagte keine Vertragsstrafe zahlen müsse. Der von der Beklagten behauptete Schaden werde sowohl im Grunde als auch der Höhe nach bestritten.

Es sei unzutreffend, wenn die Beklagte die von ihr angenommenen „unterschlagene Arbeitszeit“ mit dem Stundensatz der Klägerin multipliziere. Arbeitsunterbrechungen entstünden auch durch andere Handlungen von Mitarbeitern, die nicht rauchen. Die Arbeitsleistung vieler Mitarbeiter werde beispielsweise durch Kaffeetrinken oder andere nicht produktive Pausen unterbrochen, was erforderlich sei, um die Konzentration zu wahren.

Die Klägerin trägt weiter vor, das Zeiterfassungssystem der Beklagten sei kein in sich geschlossenes System, welches vor nachträglichen Änderungen geschützt wäre. Angesichts der erheblichen nachträglichen Änderungen und Löschungen sei der von der Beklagten vorgelegte Ausdruck aus dem Zeiterfassungssystem nicht geeignet, ein entsprechendes Fehlverhalten der Klägerin nachzuweisen. Angesichts des Zeitablaufs könne die Klägerin nicht aus eigener Erinnerung heraus bestätigen, dass die von der Beklagten vorgetragenen unterbliebenen Pausenmeldungen zutreffend seien.

Die Beklagte erwidert, die Einwände der Klägerin gegen die Wirksamkeit der Kündigung seien nicht stichhaltig. Die Klägerin könne keinerlei konkrete Handlung von Vorgesetzten nennen, die die Annahme einer Tolerierung hätte wecken können. Kaffee werde am Arbeitsplatz und während der Arbeit getrunken, während die Klägerin das Gebäude zum Zwecke des Raums hätte verlassen müssen. Die überwiegende Anzahl der Kollegen der Klägerin hätte korrekt gestempelt, was der Klägern die Illegalität ihres Verhaltens jeden Tag neu hätte vor Augen führen müssen.

Der Umstand, dass die Klägerin teils korrekt, teils inkorrekt gestempelt habe, könne nur damit erklärt werden, dass Sie sehr wohl um die Illegalität ihres Verhaltens gewusst habe, es aber nicht noch dreister hätte treiben wollen. Insgesamt sei der Vortrag der Klägerin in diesem Zusammenhang vage.

Die Beklagte betont erneut, es sei völlig unbekannt, dass die Klägerin in Pausen hinein gearbeitet habe. Für Arbeitsfleiß sei sie und die ebenfalls aus gleichem Grund gekündigte Kollegin nicht bekannt gewesen. Sie hätte auch nicht, wie von der Klägerin unsubstantiiert und unbeachtlich vorgetragen wurde, Leiterplatten noch schnell in der Pause zur Vermeidung von Vertragsstrafen fertig gestellt.

Die Ethik-Schulungen zur Arbeitszeit hätten auch etwaige Sanktionen bei einem Verstoß gegen Arbeitszeitvorschriften thematisiert. Auf erhebliche Strafen für das Fälschen oder die fehlerhafte Erfassung von Arbeitszeiten sei hingewiesen worden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in 2. Instanz wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Mit Beschluss vom 11.01.2012 wurde Beweis erhoben über die Behauptung der Beklagten, es sei unzutreffend, dass die Klägerin durch ihre Tochter erfahren habe, dass am 17.07.2010 keine Kündigung in der Post gewesen sei.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 27.06.2012 verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung der Beklagten ist nach § 64 Abs. 2 c) Arbeitsgerichtsgesetz statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und ist somit insgesamt zulässig.

II.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, sie war daher zurückzuweisen.

Die Berufungskammer teilt das Ergebnis und in weiten Teilen auch die Begründung der angegriffenen Entscheidung des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven und verweist insoweit gemäß § 69 Absatz 2 ArbGG auf Seite 8 bis Seite 11, 2. Absatz, Seite 14, 3. Absatz und Seite 15 3. Absatz bis Seite 16 der angegriffenen Entscheidung.

Ergänzend und teilweise modifizierend ist im Hinblick auf den Vortrag der Parteien und insbesondere dem der Beklagten und die durchgeführte Beweisaufnahme Folgendes auszuführen:

1. Das Arbeitsgericht ist zu recht davon ausgegangen, dass die Klägerin ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt hat. Diese werden unter anderem durch die normativ auf ihr Arbeitsverhältnis einwirkende Betriebsvereinbarung zum Raucherschutz bestimmt. Danach ist unzweifelhaft geregelt und für die Klägerin verbindlich, dass Rauchen in den Betriebsräumen der Beklagten verboten ist und das Verlassen der Räume zum Zwecke des Rauchens in dem Zeiterfassungssystem zu vermerken ist. Damit ist klargestellt, dass die Beklagte und ihr Betriebsrat eine Raucherpause anders werten, als andere kurzzeitige Arbeitszeitunterbrechungen außerhalb der festgesetzten Pausen wie Kaffeekochen & -trinken, privates Telefonieren, Internetsurfen, nicht auf die Arbeit bezogene Gespräche mit Kollegen und Ähnliches. Dem Vortrag der Parteien jedenfalls ist nicht zu entnehmen, dass diese Arbeitsunterbrechungen im Zeitsystem zu erfassen sind.

Diese deutlich erkennbare Bewertung des Rauchens als nicht bezahlte Arbeitszeit durch die Beklagte und ihrem Betriebsrat hat jeder, auch die Klägerin zu respektieren. Ob das Rauchen, wie andere Arbeitsunterbrechungen teilweise auch durch seine stimulierende Wirkung einen positiven Einfluss auf die Arbeitsleistung insgesamt haben kann, ist in diesem Zusammenhang ohne rechtliche Relevanz. Der Beklagten ist insoweit zuzustimmen, dass es nicht der Klägerin überlassen bleibt, zu bestimmen, ob sie die außerhalb der Zone des Rauchverbots verbrachte Zeit zur Arbeitszeit zählt. Die von der Klägerin vorgetragenen „Verrechnung“ eigener überobligatorischer Leistungen – Arbeit in die betrieblich festgelegte Pause hinein – mit nicht gebuchten Raucherpausen, ist daher nicht möglich, auch wenn der Klägerin dies nicht gerecht erscheinen mag.

Da die Klägerin im Zeitlohn arbeitet, ist die in dem Zeiterfassungssystem registrierte Arbeitszeit Grundlage für deren Entlohnung. Die Arbeitszeiterfassung dient der Kontrolle, ob die Klägerin der Beklagten in der arbeitsvertraglich festgelegten Zeit zur Arbeitsleistung zur Verfügung steht. Diese Form von Kontrolle ist zweifelsfrei legitim und rechtlich nicht zu beanstanden.

2. Die von der Beklagten der Klägern vorgehaltene Pflichtverletzung kann unter verschiedenen rechtlichen Aspekten kündigungsrelevant sein.

a) Verstoß gegen die Betriebsvereinbarung zum Raucherschutz.

b) Entziehung von Arbeitszeit durch ihre nicht registrierten Raucherpausen zulasten der Beklagten, in der sie der Beklagten zur Arbeitsleistung zur Verfügung stehen müssen.

c) Täuschung und Verheimlichung ihres Verhaltens mit dem Ziel, die Beklagte zu veranlassen, ihr gleichwohl Arbeitsentgelt für einen Teil ihrer Raucherpausen zu zahlen.

a) Ein Verstoß gegen die Betriebsvereinbarung zum Raucherschutz stellt isoliert betrachtet „an sich“ keinen wichtigen Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB dar. Dieser Verstoß ist nur deshalb von kündigungsrechtlicher Relevanz im Hinblick auf § 626. Abs. 1 BGB, weil die Betriebsvereinbarung – in Ergänzung zu der dem Gericht nicht vorgelegten Regelung der Zeiterfassung – bestimmt, dass Raucherpausen ausgestempelt werden müssen, was damit verbunden ist, dass die mit Rauchen außerhalb der Räume der Beklagten verbundene Zeit nicht entlohnt wird.

b) Der erste Schwerpunkt des Vorwurfs, der gegen die Klägerin erhoben werden kann, liegt mithin darauf, dass sie der Beklagten ihre Arbeitskraft entzogen hat.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Klägerin eine dauerhafte Praxis vorzuhalten ist, ihre regelmäßigen Raucherpausen zum Teil nicht in das Zeiterfassungssystem korrekt eingegeben zu haben.

Soweit die Klägerin die Aussagekraft der von der Beklagten vorgelegten Ausdrucke aus dem EDV-Systeme in Zweifel gezogen hat, mindert das die Überzeugung der Berufungskammer von der dauerhaften Praxis der Klägerin nicht. Vereinzelt mögen Fehler im Zeiterfassungssystem aufgetreten sein, aus welchem Grund auch immer, dies ändert aber nichts daran, dass die Klägerin in ihrer Verteidigung insbesondere in 2. Instanz darauf abstellt, es hätten sich durch die jahrelange – von Vorgesetzten nicht beanstandete – Praxis Verhaltensweisen eingeschliffen, die die Klägerin für von der Beklagten akzeptiert gehalten hat. Insofern ist von einer jahrelangen Praxis der Klägerin auszugehen.

Die Beklagte geht dabei von einem hochgerechneten Schaden von 285 EUR allein für die letzten 3 Monate aus, den ihr die Klägerin zugefügt habe. Der Hochrechnung der Beklagten liegt die Annahme zugrunde, die Klägerin habe Raucherpausen von täglich ca. 10 Minuten nicht in das Zeiterfassungssystem eingegeben.

Die Berufungskammer kann den Ausgangspunkt der Hochrechnung der Beklagten anhand der in 1. Instanz vorgelegten Unterlagen, mit denen sie den Umfang der Vertragsverletzungen der Klägerin darlegen will, nicht nachvollziehen. Der nach Aktenlage festzustellende Umfang ist erheblich geringer. Dies ergibt eine Auswertung der von der Beklagten überreichten Ausdrucke für die Monate März bis Juni 2010. In den Ausdrucken hat die Beklagte die ihr auffälligen Manipulationen markiert. Danach zeigt sich folgendes Bild:

Insgesamt enthalten diese Ausdrucke 50 Arbeitstage, die ein vollständiges Bild der Nutzung des Zeiterfassungssystems durch die Klägerin ergeben. Weitere in den Ausdrucken enthaltene Tage sind nicht ohne Weiteres interpretierbar. An diesen 50 Tagen hat die Klägerin 33 mal mit ihrem Chip das Zeiterfassungsgerät passiert, ohne die grüne bzw. rote Taste für Kommen und Gehen zu bedienen. Die hieraus ablesbare Zeitspanne außerhalb der Gebäude der Beklagten und damit für die Raucherpause beträgt im Durchschnitt rund 4 Minuten. Insgesamt ergibt sich daraus eine vertragswidrig nicht gebuchte unbezahlte Arbeitszeit von ca. 132 Minuten. Bezogen auf die 50 erfassten Tage ergibt sich ein Tagesdurchschnitt von rund 2,6 Minuten.

Die in 2. Instanz vorgelegte Auswertung der Daten der Zeiterfassung umfasst den Zeitraum vom 01.10.2009 bis Juni 2010. Insgesamt sind für diesen Zeitraum 59 Buchungen im Zeiterfassungssystem als falsch angegeben.

Die Rechtsprechung zur unberechtigten privaten Nutzung bezahlter Arbeitszeit hält ein solches vertragswidriges Verhalten grundsätzlich als wichtigen Grund für geeignet. Feste Grenzen, in welchem Ausmaß ein solches Verhalten aufgetreten sein muss, damit eine außerordentliche Kündigung in Betracht kommt, gibt es allerdings nicht. Das LAG Hamm hält eine Nutzung von 195 Minuten innerhalb dreier Arbeitstage für ausreichend (LAG Hamm Urteil vom 03.05.2007 – Az.: 15 Sa 1880/06 – Juris). Das BAG hat eine fristlose Kündigung für wirksam gehalten, in der ein Mitarbeiter 2 Monate fast täglich 15 Minuten bis zu 3 Stunden das Internet privat genutzt hat (BAG Urteil vom 27. 4. 2006 – Az.: 2 AZR 386/05 – AP Nummer 202 zu § 626. BGB), und eine „ausschweifende“ private Nutzung des Internets während der Arbeitszeit für einen wichtigen Grund „an sich“ gehalten (BAG Urteil vom 07.07.2005 – Az.: 2 AZR 581/04 – AP Nr. 192 zu § 626 BGB).

Angesichts dieser Rechtspraxis mögen Zweifel aufkommen, ob die dokumentierten Raucherpausen der Klägerin den Umfang erreichen, den die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zur Rechtfertigung einer fristlosen Kündigung für erforderlich hält. Allerdings hat die Klägerin eingeräumt, dass sie sich nicht nur in den dokumentierten Zeiträumen, sondern seit Jahren entsprechend verhalten hat. Über die Jahre hinweg betrachtet summiert sich die der Klägerin vorenthaltene Arbeitszeit beträchtlich auf, wenn sie auch bei einem Anteil – bei Übertragung des Umfangs der nicht gestempelten Raucherpause auf die Jahre „praktische Übung“ – von einem Prozentsatz von rund 0,6 % der geschuldeten Arbeitszeit bleibt. Damit ist nicht auszuschließen, dass die Grenze zum „an sich“ geeigneten wichtigen Grund überschritten ist, wenn auch nicht in dem von der Beklagten angenommenen Ausmaß.

Die Berufungskammer hält weiter die Bewertung des Geldwertes des Verhaltens der Klägerin für deutlich überzogen. Die Kammer hält es für verfehlt, der Beklagten vorenthaltene Arbeitszeit 1:1 in Geld umzurechnen. Bei 7,5 Arbeitsstunden pro Tag verliert sich diese Zeitspanne. Sie ist angesichts ihres geringen Umfangs nicht von den Zeiten sauber zu trennen, die ohnehin durch Zeiten nachlassender Spannung, durch Toilettengänge, Luftholen oder soziale Kontakte mit Kollegen verloren gehen. Insofern relativiert sich das Ausmaß der Schädigung der Beklagten durch die Klägerin deutlich.

Weiterhin hält die Berufungskammer die Bewertung des Verhaltens der Klägerin durch die Beklagte als Ausdruck krimineller Energie für deutlich überzogen. Mit der Etikettierung des Verhaltens der Klägerin als Arbeitszeitbetrug verwendet die Beklagte einen Begriff, der die Klägerin unangemessen kriminalisiert. Arbeitszeitbetrug wird nach den Erfahrungen der Berufungskammer inzwischen inflationär verwendet. Mit ihm wird das bezeichnet, was früher – vor Einführung elektronischer Arbeitszeiterfassung – und zum Teil auch heute noch unter dem Stichwort Arbeitsbummelei abgehandelt wurde (vergleiche LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.05.2010 – Az.: 13 Sa 19/10 – NZA-RR 2010, 637 ff.). In der Entscheidung der Berufungskammer vom 13.04.2011 (Az.: 2 Sa 345/10) musste sie sich beispielsweise damit auseinandersetzen, dass einen Mitarbeiter Arbeitszeitbetrug vorgehalten wurde, der eine nach den betrieblichen Regeln über die Arbeitszeiterfassung zu registrierende aber bezahlte Pause nicht gestempelt hat.

Es mag strafrechtsdogmatisch reizvoll sein, ein Verhalten, wie das hier zu beurteilende, unter den Tatbestand des § 263 StGB zu subsumieren. Eine Täuschungshandlung ist sicherlich gegeben, ebenso wie eine Vermögensverfügung. Ob ein Vermögensschaden vorliegt, könnte problematisch sein. Hierbei wäre zu prüfen, ob die Einlassung des Täters, er habe seinem Arbeitgeber über seine Arbeitsverpflichtung hinaus Arbeitsleistung zukommen lassen, mit den von ihm als Arbeitsleistung deklarierten Räucherpausen zu verrechnen wären. Immerhin sieht der strafrechtliche Begriff des Vermögensschadens eine Verrechnung von Zu und Abflüsse von Vermögenswerten vor (vgl. Cramer/Peron in Schönke/Schröder StGB-Kommentar 27. Auflage, § 263, Anm. 99, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Weiter wäre fraglich, ob ein ausreichender Tatvorsatz gegeben ist, wenn der Täter in dem Bewusstsein handelt, er gleiche lediglich dem Arbeitgeber zugeflossene, unbezahlte Arbeitszeit mit seiner Täuschung aus.

Bezeichnenderweise findet man unter dem Stichwort „Arbeitszeitbetrug“ in der Juris-Datenbank ausschließlich arbeitsgerichtliche Entscheidungen, nicht aber solche der Strafgerichte. Die einzige gerichtliche Entscheidung, die über Google aufgefunden werden konnte, war eine des Obergerichts des Kantons Bern, in der strafrechtlich relevanter Arbeitszeitbetrug nur bei Zeiterfassungsmanipulationen angenommen wird, die nicht mehr als „gewöhnlicher Verstoß“ gegen die betrieblichen Regelungen zur Zeiterfassung angesehen werden können (Obergericht des Kantons Bern, Urteil vom 20.09.2011 Az.: SK 2011 129).

Nach Auffassung der Berufungskammer belegt dies, dass es eine offenbar weithin akzeptierte Grauzone bei alltäglichen Manipulationen der Arbeitszeiterfassung gibt, die sich strafrechtlicher Beurteilung entzieht und die ausschließlich unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten beurteilt wird.

Die Berufungskammer hält das Vorgehen der Klägerin jedenfalls nicht für einen „außergewöhnlichen Verstoß“.

Zweifellos will die Klägerin eine Bezahlung ihrer Raucherpause erhalten, d.h. eine Zahlung ohne Rechtsgrund. Ob sie damit die Schädigung der Beklagten beabsichtigt, bleibt allerdings fraglich. Eindeutige Indizien für eine Schädigungsabsicht liegen in ausreichendem Umfang letztlich nicht vor. Die Klägerin legt ihre Vorstellung dar, die nicht ausgewiesene Raucherpause werde dadurch kompensiert, dass sie es mit ihrer von der Beklagten festgelegten Pause nicht so genau nehme und „oft“ nach Ertönen des Pausenzeichens ihre Arbeit fortsetze, bis zu einem sinnvollen Zeitpunkt der Arbeitsunterbrechung. Die Klägerin will damit zum Ausdruck bringen, in der Vorstellung gehandelt zu haben, dass gelegentliche oder oft durchgeführte Pausenarbeit der Beklagten zugute komme und sie dies durch eine oder zwei ungebuchte Raucherpausen ausgleiche.

Ob die Klägerin diese Vorstellung des tatsächlichen Ausgleichs „überobligatorischer“ mit unterschlagener Arbeitszeit hat berechtigterweise haben können, lässt sich angesichts der jahrelangen Praxis der Klägerin nicht gerichtlich aufklären. Ein individuelles „Arbeitszeitverrechnungskonto“ hat die Klägerin natürlich nicht geführt. Hinweise der Beklagten, die Klägerin habe ihre Arbeit nicht ordnungsgemäß ausgeführt und ihre Arbeitsleistung und Präsenz am Arbeitsplatz lasse zu wünschen übrig, fehlen. Der Vortrag der Beklagten, es sei völlig unbekannt, dass die Klägerin in Pausen hinein gearbeitet habe, ist wenig aussagekräftig. Die Formulierung, sie habe stets ihre Pausen draußen verbracht, schließt ebenfalls nicht aus, dass es zeitliche Unschärfen im hier feststellbaren Umfang gegeben hat. Immerhin ist es nicht unplausibel, wenn eine Montiererin vorträgt, sie unterbreche ihrer Arbeit gelegentlich oder öfter nicht unmittelbar bei Pausenbeginn, sondern dann, wenn sie einen Teilarbeitsschritt abgeschlossen habe. Auf die von den Parteien thematisierte Problematik, ob die Klägerin komplexe oder einfache Tätigkeiten verrichtet, kommt es hierbei letztlich nicht an. Sinnvoll jedenfalls ist es, eine Tätigkeit, sei sie einfacher oder komplexer Natur nicht beim Ertönen des Pausenzeichens zu unterbrechen.

Für die von der Klägerin behauptete Vorstellungswelt, es gäbe zu verrechnende Zeiten spricht jedenfalls, dass die Klägerin Raucherpausen nur teilweise nicht hat registrieren lassen, nicht jeden Tag auf Kosten der Beklagten eine Raucherpause eingelegt hat, die ungebuchten Raucherpausen recht kurz sind und die Anzahl dieser Pausen pro Tag variiert.

c) Ein weiterer Schwerpunkt des gegen die Klägerin erhobenen Vorwurfs liegt darin, dass sie das Zeiterfassungssystem missbraucht hat, um die Beklagte zu täuschen und dies dadurch verschleiert hat, dass sie so getan hat, als bediene sie das Standterminal ordnungsgemäß.

Die Einlassung der Klägerin, sie habe geglaubt, sie verhalte sich beanstandungsfrei, weil sie auf ihre jahrelange Praxis nicht angesprochen worden sei, ist für die Berufungskammer schwer nachvollziehbar. Bezieht sich dies auf ihre Vorstellung von durch die Beklagte akzeptierter Verrechnung von Arbeit in den Pausen mit den Raucherpausen, mag dies plausibel erscheinen. Die bewussten Fehlbuchungen am Zeiterfassungsgerät wäre aber dann überflüssig. Es ist mithin davon auszugehen, dass die Klägerin davon ausging, ihr Verhalten werde von der Beklagten gerade nicht akzeptiert und müsse deshalb verschleiert werden.

Das Gewicht dieses Verhaltens lässt sich nicht, wie das Arbeitsgericht dies getan hat, damit relativieren, dass dies notwendigerweise mit der Zielsetzung des Handelns der Klägerin verbunden ist. Es verliert aber dadurch doch erheblich an Gewicht, wenn man Art und Inhalt der „Ethik-Schulung“, wie die Beklagte ihre Mitarbeiter im Hinblick auf ehrliches Verhalten im Zusammenhang mit der Arbeitszeiterfassung durchführt, mit einbezieht. Wie die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen der „Ethik-Schulung“ zur Genauigkeit und Ehrlichkeit der Arbeitszeiterfassung zeigen, fordert die Beklagte ihre Mitarbeiter auf, ihnen bekannt gewordene Verstöße den Vorgesetzten, bzw. anonym der „Ethik-Hotline“ zu melden. Das verschleiernde Verhalten der Klägerin ist somit nicht zwingend Ausdruck krimineller Energie, sondern offenbar der Angst geschuldet, denunziert zu werden. Diese Angst wird noch zusätzlich verstärkt durch unspezifische Hinweise auf zivil-, straf- und verwaltungsrechtliche Vorschriften, die erhebliche Strafen mit sich brächten und auf die Verpflichtung der Beklagten, Verstöße gegen die korrekte Arbeitszeiterfassung zu melden, offenbar den dafür zuständigen Behörden. Der in diesem Zusammenhang in Bezug genommene False Claim Act ist als Grundlage für „erhebliche Strafen“ in der Bundesrepublik nicht geeignet. Es handelt sich um ein Gesetz aus dem 19. Jahrhundert, das die US-Regierung vor betrügerischen Lieferanten schützen soll. Eine Bedeutung für arbeitsrechtliche Beziehungen in der Bundesrepublik hat dies Gesetz erkennbar nicht. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Inhalte der „Ethik-Schulung“ aus unserem Kultur- und Rechtskreis in dieser Absolutheit fremde, US-amerikanische Vorstellungen und gesetzliche Regelungen stützt.

Dies rechtfertigt das Verhalten der Klägerin zwar nicht, macht aber das atmosphärische Umfeld deutlich, in dem die Klägerin gehandelt hat.

Im Übrigen teilt die Berufungskammer die These der Beklagten nicht, das Arbeitsgericht habe der Beklagten vorgeworfen, kein ausgefeiltes Kontrollsystem aufgebaut zu haben. Die Beklagte versteht offenbar das Arbeitsgericht falsch. Mit seiner Entscheidung wollte es offenkundig keine umfassende flächendeckende Kontrolle des Arbeitsverhaltens der Arbeitnehmer empfehlen, sondern darauf hinweisen, dass im Umgang mit Fehlverhalten eine größere Toleranzbreite unseren soziokulturellen Standards angemessener ist.

Grundsätzlich bleibt das Verhalten der Klägerin aber „an sich“ geeignet, als wichtiger Grund i.S.v. § 626 BGB beurteilt zu werden.

3. Bei Berücksichtigung der gesamten Umstände fällt allerdings eine Abwägung der Interessen der Klägerin am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und der Beklagten an dessen Beendigung zugunsten der Klägerin aus.

Die rund dreißigjährige Betriebszugehörigkeit der Klägerin, die praktisch ihr gesamtes Arbeitsleben bei der Beklagten verbracht hat, verbunden mit der weitgehend beanstandungsfreien Tätigkeit für diese, dem Lebensalter der Klägerin und dem damit verbundenen Risiko, ihre Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt wegen ihres Alters nicht mehr verwerten zu können sowie ihre Unterhaltsverpflichtung gegenüber ihrer Tochter geben dem Interesse der Klägerin an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ein starkes Gewicht. Demgegenüber kann bei der gebotenen objektiven Betrachtung nicht angenommen werden, die Weiterbeschäftigung der Klägerin sei für die Beklagte nicht zumutbar. Eine Prognose, die Klägerin werde bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ihr Verhalten mit verfeinerten Methoden fortsetzen, findet im tatsächlichen Geschehen keine ausreichende Grundlage. Die „kriminelle“ Energie der Klägerin leitet die Beklagte aus einer übersetzten Schadensberechnung ab. Das Argument, das verlorene Vertrauen in die Redlichkeit der Klägerin könne nicht wieder hergestellt werden, ist vor dem Hintergrund, dass die Beklagte ihre Mitarbeiter zur Anzeige von Verstößen auffordert, wenig überzeugend. Droht die Beklagte damit, sie selbst sei verpflichtet, den zuständigen Behörden zu melden, dass Missbrauch der Arbeitszeiterfassung stattgefunden hat und setzt sie auf die Mithilfe ihrer eigenen Beschäftigten bei der Aufklärung solcher Verstöße, spricht dies nicht für Vertrauen, das verloren gehen kann, sondern von grundsätzlichem Misstrauen. Befremdlich in diesem Zusammenhang ist, dass die Beklagte ihre Negativprognose auf den Umstand stützt, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Verteidigung versucht habe, Kollegen gleichartige Verstöße in die Schuhe zu schieben. Zumindest in einem Fall war dies, wie die Beklagte vorträgt, nicht falsch. Die Klägerin hat sich insoweit an den „Ethikkodex“ gehalten. Dass sie dies nicht in „guten Glauben“ getan hat, ergibt sich aus dem Sachvortrag der Beklagten nicht.

Mit welchen Mitteln die Klägerin die Fortsetzung ihrer bisherigen Praxis vertuschen könnte – auch ein Argument der Beklagten, mit dem die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses begründet werden soll – bleibt offen. Die Berufungskammer sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin unbelehrbar an ihrer Auffassung festhält, sie sei „eigentlich“ zur Verrechnung von Arbeitszeit unabhängig von zwingenden betrieblichen Regelungen berechtigt.

Im Interesse der Stärkung der Disziplin ihrer Arbeitnehmer ist die Kündigung der Klägerin ebenfalls nicht geboten. Ein grundsätzliches Verständnis von Arbeitskollegen dafür, dass der Arbeitgeber auch bei beachtlichen Verletzungen arbeitsvertraglicher Pflichten geeignete mildere Mittel einer fristlosen Kündigung vorzieht, kann vorausgesetzt werden. Die Berufungskammer hält daher eine Abmahnung mit Kündigungsandrohung für ausreichend, um das Arbeitsverhältnis für die Zukunft auf eine solide und ungefährdete Grundlage zu stellen. Die Beklagte hat ja durchaus positive Erfahrungen mit Abmahnung unerwünschten Verhaltens bei der Klägerin. Gleichartige Pflichtverstöße sind offenbar nach den erteilten Abmahnungen nicht mehr vorgekommen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die „Ethik-Schulung“ keineswegs auf das naheliegende, nämlich die Gefährdung des Arbeitsverhältnisses hinweist, sondern auf Bestrafung nach Rechtsnormen, die für die Bundesrepublik so nicht gelten.

Die fristlose Kündigung der Beklagten vom 07.07.2010 ist somit nicht gerechtfertigt.

3. Die eidesstattliche Versicherung der Klägerin rechtfertigt die fristlose Kündigung der Beklagten vom 19.08.2010 ebenfalls nicht. Mithin scheidet ein versuchter Prozessbetrug als Kündigungsgrund aus. Aus dem Vermerk des Betriebsratsvorsitzenden über ein Telefongespräch mit der Klägerin am 14.07.2010, den dieser offenbar am 15.07.2010 verfasst, lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit ableiten, dass die Klägerin eine vorsätzlich falsche eidesstattliche Versicherung, die nach § 156 StGB strafbar ist, verfasst hat. Die Beklagte leitet den der Klägerin unterstellten Vorsatz daraus ab, dass im Vermerk festgehalten worden ist, dessen Verfasser habe der Klägerin bestätigt, dass ihr am 07.07.2010 eine fristlose Kündigung zugestellt worden sei, während die Klägerin erklärt hat, es sei ihr nicht möglich gewesen, Kenntnis von der Kündigung vor dem 23.07.2010 zu erhalten.

Die Klägerin hat im Rahmen ihres Parteivorbringens erklärt, der Betriebsratsvorsitzende habe ihr nicht definitiv erklärt, dass bereits eine Kündigungserklärung zugegangen sei.

Die Berufungskammer hält dies für nachvollziehbar und glaubhaft. Der Inhalt des Vermerks des Betriebsratsvorsitzenden selbst ist widersprüchlich. Einerseits will er die vollzogene Zustellung der Kündigung mitgeteilt haben. Andererseits führt er aus, dass er der Klägerin die Vor- und Nachteile eines Aufhebungsvertrages dargelegt habe. Weiter bietet er der Klägerin an, dass Betriebsrat und Geschäftsleitung nach der Rückkehr der Klägerin aus dem Urlaub gerne für eine Anhörung zur Verfügung stehen. Im Gesamtzusammenhang betrachtet kann dies durchaus so verstanden werden, als sei noch nicht entschieden, ob die Kündigung ausgesprochen worden ist. Üblicherweise geht eine Anhörung eines Mitarbeiters, dem Pflichtverletzungen vorgeworfen werden, dem Ausspruch einer Kündigung voraus. Der Hinweis des Betriebsratsvorsitzenden auf die Vor- und Nachteile des Aufhebungsvertrages anstelle einer Kündigung hat letztlich auch nur dann Sinn, wenn beides in einem Alternativverhältnis zueinander steht. Die Erörterung der Frage, ob die Tochter der Klägerin eine Kündigungsschutzklage einreichen könne, zwingt nicht zu der Annahme, dass die Klägerin die Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden so verstanden hat, als sei die Kündigung bereits ausgesprochen. Dass eine solche im Raume steht, war der Klägerin sicherlich klar.

Die aus dem Gesprächsvermerk sprechende Botschaft des Betriebsratsvorsitzenden ist mithin widersprüchlich und leistet Missverständnissen Vorschub.

Angesichts dessen liegt auch keine fahrlässige falsche eidesstattliche Versicherung vor, die ohnehin keine fristlose Kündigung rechtfertigen könnte.

Die Beweisaufnahme hat zwar nicht ergeben, dass die Klägerin – wie von ihr vorgetragen – von ihrer Tochter erfahren hat, dass bei deren vorzeitiger Rückkehr nach Bremen keine Kündigungserklärung im Postkasten war. Die Aussage ihrer Tochter, die erklärt hat, sie habe mit der Klägerin telefonisch nicht kommunizieren können, überzeugt die Berufungskammer jedoch davon, dass die Klägerin erst unmittelbar vor Rückkehr, Gewissheit über den Ausspruch der Kündigung hatte. Somit ist nicht bewiesen, dass die Klägerin bereits am 14.07.2010 definitiv gewusst hat, dass ihr die Kündigung bereits ausgesprochen worden ist.

Abgesehen davon wäre bei der Beurteilung der Frage, ob Vertrauen bei der Beklagten zerstört worden ist, in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass sich die Beklagte zur Begründung ihrer Kündigung der unbefugten Mitteilung eines vertraulichen Gespräches zwischen der Klägerin und dem Betriebsratsvorsitzenden bedient.

Da der Klägerin eine falsche eidesstattliche Versicherung nicht vorgehalten werden kann, erübrigt sich die Prüfung der Frage, ob die unter Verletzung der Pflichten eines Betriebsrates begangene Weitergabe des Inhalts eines vertraulichen Gesprächs zivilprozessual zu einem Verwertungsverbot führt (vergleiche dazu: BAG Urteil vom 05.09.1967 – Az.: 1 ABR 1/67 – AP Nr. 8 zu § 23 BetrVG).

4. Da die Berufungskammer wegen der Manipulationen der Klägerin eine Abmahnung für ausreichend und erforderlich hält, ist die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 07.07.2010 ebenfalls unwirksam. Der Klägerin kann auch kein Prozessbetrug wegen falscher eidesstattlicher Versicherung vorgehalten werden. Die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 19.08.2010 ist deshalb ebenfalls unwirksam.

5. Die Verurteilung zur Weiterbeschäftigung war daher zu bestätigen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Berufungskammer die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

 

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